KONTROLLAMT DER STADT WIEN

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KONTROLLAMT DER STADT WIEN
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              KONTROLLAMT DER STADT WIEN
              Rathausstraße 9
              A-1082 Wien

              Tel.: 01 4000 82829 Fax: 01 4000 99 82810
              e-mail: post@kontrollamt.wien.gv.at
              www.kontrollamt.wien.at
              DVR: 0000191

                       KA V - GU 230-3/11

WIENER LINIEN GmbH & Co KG, Nutzung der Erdwärme

                      Tätigkeitsbericht 2011
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KURZFASSUNG

Die WIENER LINIEN GmbH & Co KG errichtete im Zuge der Verlängerung der U-Bahn-
linie U2 Erdwärmeanlagen zur umweltfreundlichen Beheizung und Kühlung von Be-
triebsräumen in den U-Bahn-Stationen Schottenring, Taborstraße, Praterstern und Mes-
se.

Da es sich dabei um ein Pilotprojekt handelte, wurde eine externe Machbarkeitsstudie
in Auftrag gegeben. Diese kam zum Schluss, dass sich die Erdwärmeanlage in der
U-Bahn-Station Taborstraße nach 4,8 Jahren amortisieren würde. Berechnungen der
Amortisationszeit anhand der tatsächlichen Errichtungskosten bei dieser U-Bahn-Sta-
tion ergaben jedoch eine Amortisationszeit von rd. 20 Jahren. In den U-Bahn-Stationen
Schottenring und Praterstern waren die nachträglich ermittelten Amortisationszeiten für
die Erdwärmeanlagen sogar noch höher.

Außerdem stellte das Kontrollamt fest, dass die Signalkabel für die Messeinrichtungen
zur Erfassung der Temperaturen in den Fundamenten insofern ungeeignet waren, als
ihnen die Längswasserdichtheit fehlte und dadurch Grundwasser in die Elektroverteiler
eintreten konnte.
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INHALTSVERZEICHNIS

1. Vorbemerkungen .........................................................................................................4
2. Prinzip der alternativen Energiegewinnung aus Erdwärme in Tiefbauten....................4
3. Machbarkeitsstudie über die Erdwärmenutzung in der U-Bahn-Station Taborstraße ..5
4. Vergabe Machbarkeitsstudien Erdwärmenutzung für die U-Bahn-Stationen
Schottenring, Praterstern und Messe ..............................................................................7
5. Ausschreibungs-, Detailplanung und Bauüberwachung für die Tiefbaugewerke der
Erdwärmeanlagen ...........................................................................................................7
6. Detailplanung und Ausschreibung der Heizung-, Klima-, Lüftung und Sanitär-
Gewerke ..........................................................................................................................9
7. Wahrnehmungen des Kontrollamtes ...........................................................................9
8. Nachprüfung der Berechnungen über Amortisationszeiten .......................................12

Anhang
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS UND ALLGEMEINE HINWEISE ..................................15
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PRÜFUNGSERGEBNIS

1. Vorbemerkungen
Die WL führte im Zuge der Verlängerung der U-Bahnlinie 2 von der U-Bahn-Station
Schottenring bis zur U-Bahn-Station Stadion ein Pilotprojekt durch. Das Projekt betraf
die Beheizung und Kühlung von Betriebsräumen von vier in Tieflage befindlichen
U-Bahn-Stationen mit Erdwärme. Für die Nutzung der Erdwärme wurden von der WL
die Stationen Schottenring, Taborstraße, Praterstern und Messe herangezogen.

Der Ausgangspunkt für die Wahl und letztlich für die Umsetzung dieser bisher in Wiener
U-Bahn-Stationen einmaligen Form einer alternativen Heizung und Kühlung von Be-
triebsräumen war eine von der WL in Auftrag gegebene grundlegende Machbarkeits-
studie vom Juni 2001.

Die gegenständliche Prüfung des Kontrollamtes bezog sich einerseits auf die techni-
sche Ausführung der Erdwärmeanlagen und andererseits auf die Betrachtung der Wirt-
schaftlichkeit und der Amortisation im Vergleich zu konventionellen Heiz- und Kühlme-
thoden.

2. Prinzip der alternativen Energiegewinnung aus Erdwärme in Tiefbauten
Um ausreichend Erdwärme gewinnen zu können, ist für die Aufnahme bzw. Abgabe von
Wärme ein großflächiges Absorberbauwerk erforderlich. Als Absorberbauwerk eignen
sich bei den Tiefbauten von U-Bahn-Stationen die ohnehin zu errichtenden Fundamen-
te, Pfahlkonstruktionen und Schlitzwände.

Bei den Eisenbewehrungen der Fundamente werden Kunststoffleitungen als Absorber-
schläuche nach fix vorgegebenen schematischen Verläufen eingebaut. Die Absorber-
schläuche werden in der Folge mit einem flüssigen Wärmetransportmittel gefüllt und an
Wärmepumpen angeschlossen. Die von den Wärmepumpen gewonnene Heiz- bzw.
Kühlleistung wird je nach Bedarf in den Betriebsräumen der U-Bahn-Stationen zur
Verfügung gestellt.
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3. Machbarkeitsstudie über die Erdwärmenutzung in der U-Bahn-Station Tabor-
straße
3.1 Die WL beauftragte am 23. Mai 2001 ein Universitätsinstitut gemeinsam mit einer
Planungsgemeinschaft mit der Erstellung einer Machbarkeitsstudie. Die Planungsge-
meinschaft stand unter der Federführung der Firma A.

Es galt zu untersuchen, inwieweit die grundsätzliche Nutzung von alternativer Energie
aus Erdwärme in U-Bahn-Stationen in Tieflage möglich wäre. Die Machbarkeitsstudie
über die geothermische Energienutzung sollte sich nur auf die U-Bahn-Station Tabor-
straße beziehen. Besonderes Augenmerk war dabei auf die erdberührenden Bauteile
der U-Bahn-Station zu richten, welche zur Gewinnung von Erdwärme für das Heizen
und Kühlen herangezogen werden sollten. Das Ergebnis der Machbarkeitsstudie sollte
nach der entsprechenden Vorgabe der WL künftig richtungweisend für den Einsatz von
geothermischer Energienutzung in anderen U-Bahn-Stationen der WL sein. Die Kosten
für die Machbarkeitsstudie betrugen rd. 13.100,-- EUR (dieser Betrag sowie alle folgen-
den Beträge ohne USt).

3.2 Im Juni 2001 lag das Ergebnis der Machbarkeitsstudie für die U-Bahn-Station
Taborstraße vor. Die Machbarkeitsstudie wies auf volkswirtschaftliche Vorteile beim
Einsatz einer geothermischen Energienutzung hin. Mit der Energiegewinnung aus Erd-
wärme könnte die WL einen Beitrag zum Klimabündnis und zur Erreichung der Kyoto-
und Toronto-Ziele leisten, zumal Erdwärme ein umweltfreundlicher Energieträger ist.
Darüber hinaus würde hier ein besonderer Synergieeffekt entstehen, da ein öffentliches
Verkehrsbauwerk gleichzeitig als sogenanntes Erdwärmekraftwerk dienen könnte.

3.3 Die Machbarkeitsstudie enthielt auch eine betriebswirtschaftliche Grundsatzunter-
suchung für den Betrieb der geothermischen Energienutzungsanlage in der U-Bahn-
Station Taborstraße, in der ermittelt wurde, in wie vielen Jahren sich die Errichtung
einer geothermischen Anlage im Vergleich zu einer konventionellen Anlage unter Nut-
zung von Fernwärme amortisieren würde.
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Bei der Berechnung der Amortisationszeit wurde von verschiedenen Annahmen ausge-
gangen. Die erforderliche Wärmeleistung für die Betriebsräume in der U-Bahn-Station
Taborstraße wurde mit 40 kW bis 50 kW angenommen, die erforderliche Kälteleistung
mit 30 kW bis 40 kW.

Die Herstellungskosten für die Belegung der Schlitzwände mit den Absorberleitungen in
der U-Bahn-Station Taborstraße einschließlich der nötigen Installationen bis hin zum
Verteilernetz mit den Verteilerleitungen wurden in der Machbarkeitsstudie auf rd.
109.000,-- EUR geschätzt. Die Beschaffungskosten für die auf das Verteilernetz folgen-
den technischen Anlagen wie beispielsweise die Wärmepumpe wurden mit Kosten von
lediglich rd. 18.000,-- EUR angesetzt. Somit ergaben sich für die Errichtung der geo-
thermischen Anlage prognostizierte Kosten von rd. 127.000,-- EUR. Demgegenüber
wurden die Errichtungskosten für eine herkömmliche Anlage unter Nutzung von Fern-
wärme mit rd. 22.000,-- EUR angenommen.

Die jährlichen Betriebskosten der geothermischen Anlage wurden in der Machbarkeits-
studie mit rd. 19.300,-- EUR berechnet, die der herkömmlichen Anlage mit rd. 30.900,--
EUR.

Schließlich ergab die Gegenüberstellung der Kosten für die Errichtung und den Betrieb
der beiden Energieversorgungsanlagen in der Machbarkeitsstudie, dass sich die geo-
thermische Anlage gegenüber der konventionellen Anlage bereits nach 4,8 Jahren
amortisieren würde.

3.4 Die Machbarkeitsstudie kam somit zum Schluss, dass die Errichtungskosten einer
geothermischen Anlage gegenüber einer konventionellen Anlage zwar deutlich höher
wären, dafür aber die Betriebskosten einer geothermischen Anlage wesentlich niedriger
ausfallen würden. Mittel- und langfristig wären somit Einsparungen im beträchtlichen
Ausmaß möglich. Zusätzlich wären bei einer Nutzbarmachung des gesamten geother-
mischen Energiepotenzials des behandelten U-Bahn-Bauabschnitts durch eine mögli-
che Versorgung von Anrainerbauwerken sogar Einnahmen mit nennenswerten Beträ-
gen zu erzielen, so die Studie.
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Ausgehend von den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie bewertete die WL die alterna-
tive Energiegewinnung aus Erdwärme als positiv und für die gegenständliche U-Bahn-
Station auch als umsetzbar.

4. Vergabe Machbarkeitsstudien Erdwärmenutzung für die U-Bahn-Stationen
Schottenring, Praterstern und Messe
Im Anschluss an die Machbarkeitsstudie für die U-Bahn-Station Taborstraße beauftrag-
te die WL im Jahr 2002 weitere drei Firmen mit der Erstellung von Machbarkeitsstudien
für Erdwärmeanlagen u.zw. für die U-Bahn-Stationen Schottenring, Praterstern und
Messe. Auftragnehmerinnen waren für die U-Bahn-Station Schottenring die Firma B.,
für die U-Bahn-Station Praterstern die Firma C. und für die U-Bahn-Station Messe die
Firma D. Die Angebote für die Erstellung einer Machbarkeitsstudie enthielten Honorar-
pauschalen.

Aus der nachstehenden Tabelle gehen die von der WL geleisteten Vergütungen für die
Erstellung der Machbarkeitsstudien hervor.

 U-Bahn-Station                    Auftragnehmerin bzw.          Kosten für die
                                       Auftragnehmer        Machbarkeitsstudie in EUR
 Schottenring                 Firma B.                                           9.200,00
 Praterstern                  Firma C.                                           9.200,00
 Messe                        Firma D.                                           7.500,00
 Summe                                                                          25.900,00

5. Ausschreibungs-, Detailplanung und Bauüberwachung für die Tiefbaugewerke
der Erdwärmeanlagen
5.1 Ausgehend vom Ergebnis der Machbarkeitsstudie für die U-Bahn-Station Tabor-
straße begann die WL mit der Umsetzung des Projektes, wobei ein Universitätsinstitut
herangezogen wurde. Die WL entschied sich für diese Kooperation, da für die Errich-
tung von geothermischen Anlagen in U-Bahn-Stationen noch keine eigenen Erfahrungs-
werte vorlagen. Die Fundamente der U-Bahn-Station Taborstraße wurden mit zahl-
reichen speziellen Messinstrumenten bestückt. Diese Messinstrumente waren für die
laufende Beobachtung und Dokumentation von Temperaturen und mechanischen
Spannungen in den Fundamenten vorgesehen. Die gewonnenen Daten sollten vom
Universitätsinstitut gesammelt und ausgewertet werden.
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5.2 Die WL beschloss, dass die Ausschreibungs- und Detailplanung sowie die Bau-
überwachung der Tiefbaugewerke für die Erdwärmeanlagen in den vier U-Bahn-Statio-
nen von einem technischen Büro vorgenommen werden sollte. Das Ergebnis der Detail-
planung sollte jeweils - getrennt nach den vier U-Bahn-Stationen - Niederschlag in den
Leistungsverzeichnissen der Ausschreibungen für die Bauleistungen des Tiefbaues
finden. Dazu zählte insbesondere das Einbringen von Absorberschläuchen und Mess-
systemen in die Fundamente vor deren Betonausguss. Aus Haftungsgründen wurde
eine klare Abgrenzung der Leistungen zwischen den unterschiedlichen Gewerken fest-
gelegt. Die Schnittstelle zwischen den Gewerken für Tiefbau und für Heizung, Klima,
Lüftung und Sanitär bildete der Verteiler, in den die Absorberschläuche einmünden. Die
WL beauftragte für die Errichtung dieser fachlich getrennten Gewerke unterschiedliche
Auftragnehmerinnen.

5.3 Im Mai 2002 beauftragte die WL die Firma E. mit der Ausschreibungs-, Detailpla-
nung und Bauüberwachung für die Erdwärmeversorgung der Tiefbaugewerke der
U-Bahn-Stationen Schottenring, Taborstraße, Praterstern und Messe mit einem voraus-
sichtlichen Wert von 375.000,-- EUR. Die von dieser Firma erstellte Leistungsgruppe für
die Nutzung der Erdwärme für die U-Bahn-Stationen Schottenring, Taborstraße, Prater-
stern und Messe wurde in die Leistungsverzeichnisse für die Rohbau- und Baumeister-
arbeiten aufgenommen. Diese wurden einem offenen Verfahren mit EU-weiter Be-
kanntmachung zugeführt. Die Rohbau- und Baumeisterarbeiten der U-Bahn-Stationen
wurden vom Kontrollamt nicht geprüft, sofern sie nicht im unmittelbaren Zusammen-
hang mit der Errichtung der Erdwärmeanlagen standen.

Die Auftragnehmerinnen bzw. Auftragnehmer für die Rohbau- und Baumeisterarbeiten
führten die Einbauten für die Erdwärmeanlagen der U-Bahn-Stationen Schottenring,
Taborstraße, Praterstern und Messe nach den Angaben und den Instruktionen der Bau-
überwachung der Firma E. aus. Dies betraf vorwiegend die Einbringung von insgesamt
rd. 100 km Absorberschläuche in die Bewehrung der Fundamente. Diese Absorber-
schläuche wurden zu sogenannten Verteilern zusammengefasst, auf Dichtheit geprüft
und mit Frostschutz befüllt. Parallel zu diesen Leistungen wurde auch das Einbringen
von Messeinrichtungen bestehend aus Messkabeln mit Temperatursensoren und Mess-
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lanzen in die Bewehrungen der Fundamente durchgeführt. Nach der Durchführung die-
ses Leistungssegmentes wurde mit der Inangriffnahme des Betonausgusses begonnen.
In der nachstehenden Tabelle sind die Kosten für die Einbringung aller Absorber-
schläuche in die Fundamente dargestellt.

                             Länge der          Kosten aller Erdwärmekomponenten in den
 U-Bahn-Station
                       Absorberschläuche in m              Fundamenten in EUR
 Schottenring                          12.765                                   147.991,60
 Taborstraße                           16.003                                   271.654,84
 Praterstern                           61.034                                   516.481,12
 Messe                                 11.690                                    96.987,33
 Summe                                101.492                                 1.033.114,89

6. Detailplanung und Ausschreibung der Heizung-, Klima-, Lüftung und Sanitär-
Gewerke
Die Planung und die Erstellung von vier Leistungsbeschreibungen für die gesamten
Heizungs-, Klima-, Lüftungs- und Sanitär-Gewerke der U-Bahn-Stationen wurden von
der WL der Firma F. übertragen. In den Leistungsbeschreibungen waren auch die haus-
technischen Komponenten für die Erdwärmeanlagen mit einzubeziehen. Das Ergebnis
der Planungsleistungen war schließlich die Basis von vier Ausschreibungen, die von der
WL einem offenen Verfahren mit EU-weiter Bekanntmachung zugeführt wurden. Die
Kosten für die Planungsleistungen für den Anteil der Erdwärmeanlage an den
Heizungs-, Klima-, Lüftungs- und Sanitär-Gewerken für die U-Bahn-Stationen Schotten-
ring, Taborstraße, Praterstern und Messe betrugen 14.250,-- EUR.

7. Wahrnehmungen des Kontrollamtes
7.1 Das Kontrollamt führte mit Vertretern der WL Begehungen in allen vier U-Bahn-Sta-
tionen (Schottenring, Taborstraße, Praterstern und Messe) durch, in denen Erdwärme
genutzt wird. Im Rahmen dieser Begehung wurde geprüft, ob bzw. inwieweit die vorge-
fundenen Gegebenheiten den Ausschreibungsunterlagen für die Errichtung einer geo-
thermischen Anlage entsprachen.

Die stichprobenartige Überprüfung des Kontrollamtes vor Ort ergab keine offensichtli-
chen Abweichungen zu den Ausschreibungsunterlagen.
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7.2 Den Prüfern des Kontrollamtes fiel allerdings auf, dass die Absorberverteiler bereits
nach wenigen Jahren Betriebszeit einer starken Korrosion unterlagen. In den Absorber-
verteilern wurden die in den Fundamenten der U-Bahn-Stationen verlegten Absorberlei-
tungen zusammengeführt. Darüber hinaus gab es permanente Undichtheiten im Be-
reich der Absorberverteiler, deren Ursache lt. WL der aufgrund der Tieflage anstehende
hohe Grundwasserdruck war. Aufgrund der Undichtheiten musste das ausgetretene
Grundwasser mit Tauchpumpen immer wieder abgeführt werden.

Das Kontrollamt empfahl daher der WL, der Korrosion an den Absorberverteilern durch
geeignete Maßnahmen zu begegnen. Außerdem wären bautechnische Maßnahmen wie
beispielsweise Verpressungen durchzuführen, um den permanenten Grundwasserein-
tritt zu verhindern bzw. auf ein vernachlässigbares Ausmaß zu verringern.

                     Stellungnahme der WIENER LINIEN GmbH & Co KG:
                     In den U-Bahn-Stationen Taborstraße, Messe und Praterstern
                     konnte ein Fortschreiten der Korrosion eingedämmt werden. In der
                     U-Bahn-Station    Schottenring   wurden       bereits   Verpressungen
                     durchgeführt. Die Situation wurde damit wesentlich verbessert. Die
                     entstandenen Korrosionserscheinungen sind nach Ansicht der WL
                     sicherheitstechnisch unbedenklich. Deshalb ist kein akuter Hand-
                     lungsbedarf gegeben.

7.3 Das Kontrollamt stellte bei der Begehung der U-Bahn-Station Taborstraße weiters
fest, dass Grundwasser auch in einen Elektroverteiler mit elektrischen Steuerungskom-
ponenten eingedrungen war. Die Steuerungskomponenten waren u.a. für die wissen-
schaftliche Datenerhebung durch das Universitätsinstitut in Verwendung. Das Grund-
wasser trat über die Signalkabel, die zu den Temperatursensoren in den Fundament-
bauwerken führten, ständig in den Elektroverteiler ein. Dadurch wurden die technischen
Einrichtungen im Elektroverteiler bereits stark in Mitleidenschaft gezogen. Mittelfristig
war mit einem völligen Ausfall des Elektroverteilers zu rechnen.
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Das Kontrollamt gelangte durch eine vertiefende Prüfung zur Auffassung, dass die Ur-
sache dieses Grundwassereintrittes die fehlende Längswasserdichtheit der Signalkabel
war. Dadurch ergab sich eine für den Einsatz der Signalkabel ungeeignete Material-
wahl, die zu Einschränkungen der beabsichtigten Datenübertragung der Signale der
Temperatur- und Dehnungssensoren aus den Fundamenten führte, da der Grundwas-
sereintritt innerhalb des Mantels der Signalkabel die Messergebnisse von den Sensoren
verfälschen bzw. unbrauchbar machen kann. Ein nachträglicher Austausch der Mess-
kabel konnte deshalb nicht mehr erfolgen, weil die Signalkabel in den Beton der Funda-
mente eingegossen wurden.

Das Kontrollamt überprüfte auch die Signalkabel in den U-Bahn-Stationen Schottenring,
Praterstern und Messe und gelangte auch dort zu dem Ergebnis, dass technisch nicht
geeignete Signalkabel verwendet wurden. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die
Signalkabel, die Temperatursensoren und andere Teile der Messeinrichtungen in die-
sen drei U-Bahn-Stationen zwar installiert, aber nicht in Betrieb genommen wurden.

In der nachstehenden Tabelle ist der durch technisch nicht geeignete Signalkabel ent-
standene verlorene Aufwand für die Herstellung von Messeinrichtungen zur Erfassung
der Temperaturen in den geprüften vier U-Bahn-Stationen dargestellt.

U-Bahn-Station                                 Verlorener Aufwand für Messeinrichtungen
                                                               in EUR
Schottenring                                                                      19.544,02
Taborstraße                                                                       70.586,64
Praterstern                                                                       20.945,11
Messe                                                                             11.698,48
Summe                                                                            122.774,25

Das Kontrollamt empfahl der WL zu prüfen, inwieweit der verlorene Aufwand und gege-
benenfalls Schadenersatzansprüche bei den verantwortlichen Auftragnehmerinnen für
die nicht erzielten Messergebnisse geltend gemacht werden können.

                     Stellungnahme der WIENER LINIEN GmbH & Co KG:
                     Nach intensiven Gesprächen hat die WL bereits einen Teil der an-
                     geführten Aufwände von den Bauunternehmen zurückgefordert.
                     Weitere Schadenersatzansprüche werden noch geprüft.
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8. Nachprüfung der Berechnungen über Amortisationszeiten
Dem Kontrollamt fiel die in der Machbarkeitsstudie für die Erdwärmeanlage der U-Bahn-
Station Taborstraße berechnete Amortisationszeit von nur 4,8 Jahren als bemerkens-
wert kurz auf. Das Kontrollamt beschloss daher unter Heranziehung der nach der
Fertigstellung der U-Bahn-Station Taborstraße bekanntgewordenen tatsächlichen Er-
richtungskosten die realistischerweise zu erwartende Amortisationszeit von der WL er-
mitteln zu lassen und diese mit der Amortisationszeit der Machbarkeitsstudie zu verglei-
chen, die eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für die Errichtung von Erdwärme-
anlagen bildete.

Die nachträgliche Berechnung der Amortisationszeiten wurde im Auftrag der WL von
der Firma F. vorgenommen. In der Berechnung wurden die Mehrkosten für die Errich-
tung einer Erdwärmeanlage gegenüber einer herkömmlichen Anlage mit Fernwärme in
Relation zur jährlichen Energieeinsparung durch die Erdwärmeanlage gesetzt. Der da-
durch gebildete Quotient ist die Amortisationszeit in Jahren. Als Grundlage für die
Strom- und Fernwärmekosten wurden von der Firma F. die jeweiligen Tarife angesetzt,
die zum Zeitpunkt der Errichtung gegolten hatten.

 U-Bahn-Station    Energiebedarf    Strombedarf        Stromkosten  Energiekosten   Jährliche
                     für Heizen    für die Erdwär-        für die   für herkömmli- Einsparung
                    und Kühlen        meanlage       Erdwärmeanlageche Anlagen mit   in EUR
                    in kWh/Jahr      in kWh/Jahr       in EUR/Jahr    Fernwärme
                                                                     in EUR/Jahr
 Schottenring            112.660           38.710         2.717,00         9.094,00   6.377,00
 Taborstraße             554.695          144.911        10.171,00        25.658,00 15.488,00
 Praterstern             731.499          243.731        17.107,00        38.404,00 21.297,00
 Messe                   360.058           91.825         6.445,00        13.621,00   7.176,00
Jährliche Einsparung für Heizen und Kühlen bei Verwendung von Erdwärmeanlagen gegenüber her-
kömmlichen Anlagen mit Fernwärme.

 U-Bahn-Station            Errichtungskosten für    Errichtungskosten für      Mehrkosten
                            Erdwärmeanlagen        herkömmliche Anlagen          in EUR
                                  in EUR               mit Fernwärme
                                                           in EUR
 Schottenring                           354.150,00             138.427,00             215.723,00
 Taborstraße                            456.373,00             144.806,00             311.567,00
 Praterstern                          1.082.684,00             367.665,00             715.010,00
 Messe                                  198.430,00              82.084,00             116.346,00
Mehrkosten für die Errichtung von Erdwärmeanlagen gegenüber herkömmlichen Anlagen mit Fernwärme.
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 U-Bahn-Station                                               Amortisationszeit in Jahren
 Schottenring                                                            33,8
 Taborstraße                                                             20,1
 Praterstern                                                             33,6
 Messe                                                                   16,2
Amortisationszeit für die Errichtung von Erdwärmeanlagen gegenüber herkömmlichen Anlagen mit Fern-
wärme.

Die nachträglich mit den tatsächlichen Errichtungskosten berechnete Amortisationszeit
für die U-Bahn-Station Taborstraße von 20,1 Jahren wich stark von der in der Machbar-
keitsstudie ermittelten Amortisationszeit von 4,8 Jahren ab. In den U-Bahn-Stationen
Schottenring und Praterstern war die Amortisationszeit mit beinahe 34 Jahren noch hö-
her.

Die nachträglich berechneten Amortisationszeiten für die Erdwärmeanlagen der
U-Bahn-Stationen Schottenring und Praterstern waren so hoch, dass realistischerweise
angenommen werden musste, dass die Wärmepumpen und Kältemaschinen der Erd-
wärmeanlagen noch deutlich vor Erreichen der Amortisationszeit altersbedingt auszu-
tauschen sein werden, um in weiterer Folge unnötig hohe Wartungskosten der dann
schon veralteten Anlagen sowie größere Ausfälle der Heizung und Kühlung zu vermei-
den.

Das Kontrollamt empfahl der WL, die aus den Pilotprojekten gewonnenen Erkenntnisse
- vor allem hinsichtlich der Ermittlung realitätsnaher Amortisationszeiten - bei künftigen
Planungen entsprechend zu berücksichtigen.

                       Stellungnahme der WIENER LINIEN GmbH & Co KG:
                       Die dargestellten Anlagen wurden im Rahmen eines Pilotprojektes
                       installiert. Dabei kam die Technologie in einem U-Bahn-Bauwerk
                       erstmalig zum Einsatz. Für diese Innovationsleistung wurde der
                       WL und ihren Kooperationspartnerinnen im Jahr 2008 vom Bun-
                       desministerium für Verkehr, Innovation und Technologie der
                       Staatspreis Verkehr verliehen. Aufgrund von fehlenden Erfah-
                       rungswerten mussten Anlagenteile großzügiger dimensioniert wer-
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                     den, als nach heutiger Bewertung erforderlich gewesen wäre. Die
                     höheren Planungs- und Errichtungskosten sind als Entwicklungs-
                     kosten bzw. als strategische Investition für Folgeprojekte zu be-
                     trachten. Entwicklungsprojekte können in den wenigsten Fällen die
                     sonst üblichen Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit erfüllen.

                     Unter Berücksichtigung dieser Aspekte sind die im Bericht ange-
                     führten Amortisationszeiten zu relativieren. Zudem zeigte sich, wie
                     zu erwarten war, dass sich die laufenden Kosten der in den U-
                     Bahn-Stationen errichteten Erdwärmeanlagen gegenüber konven-
                     tionellen Anlagen als günstiger erwiesen haben (Einsparungspo-
                     tenzial von mindestens 50 %). Bei weiteren Projektierungen flie-
                     ßen die gesammelten Erfahrungen als Lerneffekte in die Bewer-
                     tungen und Investitionsentscheidungen ein. Kosten-Nutzen-Be-
                     trachtungen solcher Vorhaben sind bei der WL Standard.

Die Stellungnahme der geprüften Einrichtung ist den jeweiligen Berichtsabschnitten zu-
geordnet worden.

                               Der Kontrollamtsdirektor:
                                Dr. Peter Pollak, MBA
                                Wien, im Oktober 2011
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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS UND ALLGEMEINE HINWEISE

EU ............................................Europäische Union
kW ............................................Kilowatt
kWh ..........................................Kilowattstunde
WL ............................................WIENER LINIEN GmbH & Co KG

Allfällige Rundungsdifferenzen bei der Darstellung von Berechnungen wurden nicht
ausgeglichen.

Es wurden schützenswerte personenbezogene Daten im Sinn der rechtlichen Verpflich-
tung anonymisiert sowie auf die Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen
Bedacht genommen, wodurch die Lesbarkeit des Berichtes beeinträchtigt sein könnte.
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