Kooperation als neues Leitbild - Medienkongress der vbw zur "Weiterentwicklung der dualen Medienordnung" am 20. November 2019 in München - beck ...

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Kooperation als neues Leitbild
8. Medienkongress der vbw zur „Weiterentwicklung der dualen Medienordnung“
am 20. November 2019 in München

Der 8. Medienkongress der Vereinigung der Bayerischen                         Prof. Dr. Tobias Gostomzyk
Wirtschaft vbw am 20. November 2019 stand ganz im                             Technische Universität Dortmund, Institut für Journalistik
Zeichen der Präsentation und Diskussion eines von der                         tobias.gostomzyk@tu-dortmund.de

vbw beauftragten interdisziplinären Gutachtens zum                            Prof. em. Dr. Otfried Jarren
Thema „Kooperationsorientierte Weiterentwicklung der                          Universität Zürich, Institut für Kommunikationswissenschaft
                                                                              und Medienforschung, Prof. mit besonderen Aufgaben
Medienordnung“ durch die Autoren Tobias Gostomzyk
                                                                              o.jarren@ikmz.uzh.ch
(Medienrecht, TU Dortmund), Otfried Jarren (Medienpo-
litik, Universität Zürich/FU Berlin), Frank Lobigs (Medien-                   Prof. Dr. Frank Lobigs
                                                                              Technische Universität Dortmund, Institut für Journalistik
ökonomie, TU Dortmund) und Christoph Neuberger (FU
                                                                              frank.lobigs@tu-dortmund.de
Berlin/Weizenbaum Institut). Der folgende Text dokumen-
tiert die Gutachtenpräsentation in einer Kurzzusammen-                        Prof. Dr. Christoph Neuberger
                                                                              Freie Universität Berlin, Direktor am Weizenbaum-Institut
fassung.
                                                                              für die vernetzte Gesellschaft
                                                                              christoph.neuberger@fu-berlin.de

Warum die Medienordnung kooperationsorientiert weiterentwickelt werden muss

          Unternehmer, Verbandsvertreter und Politiker setzen sich            Weiteres ins Digitale übertragen. Dagegen dominieren
          immer häufiger und teils mit hohem Nachdruck dafür ein,             Plattformkonzerne wie Google und Facebook den digita-
          dass Medien stärker zusammenarbeiten und Allianzen                  len Werbemarkt. Sie haben insbesondere die Vermarktung
          bilden. Dazu gehören etwa der ARD-Vorsitzende Ulrich                personalisierter Werbung etabliert, und aufgrund von Tech-
          Wilhelm, BDZV-Präsident Dr. Matthias Döpfner, Bertels-              nologiemacht und ihrer Dominanz bei der Akkumulation
          mann-CEO Dr. Thomas Rabe oder der bayerische Minis-                 von Nutzerdaten beherrschen sie das Geschäft nahezu
          terpräsident Markus Söder. Allen geht es darum, dass auch           duopolistisch. Gleichzeitig sind nur wenige Nutzer bereit,
          in der digitalen Welt gesellschaftlich qualitätsorientierte         für nationale und regionale journalistische Qualitätsan-
          Medieninhalte nachhaltig produziert und verbreitet werden.          gebote im Netz herkömmliche Abopreise zu zahlen. Die
          Das wird allerdings nur gelingen, wenn die Medienordnung            Einnahmen der Verlage sind deshalb online bekannter-
          kooperationsorientiert weiterentwickelt wird. Dabei stellen         maßen verschwindend gering. Und auch das zunehmend
          sich vorab grundlegende medienpolitische, medienökono-              umkämpfte Video-on-Demand-Geschäft konzentriert sich
          mische sowie medien- und wettbewerbsrechtliche Fragen.              auf große internationale Streaminganbieter wie Netflix
          Kooperation als Leitbild der Medienordnung zu verwirkli-            oder Amazon Prime Video. Deshalb ist es kein Geheimnis:
          chen, setzt ihre Beantwortung voraus.                               Setzt sich diese Gesamtentwicklung ungemindert fort, ist
                                                                              der publizistische Qualitätswettbewerb über kurz oder lang
          Gefährdung des publizistischen                                      gefährdet. Stattdessen träte eine intransparenter Content-
          Qualitätswettbewerbs                                                Wettbewerb nach den Regeln der Plattform-Ökonomie an
                                                                              seine Stelle, wie es etwa auch im Bericht „Rückhalt für den
          Die Märkte für gedruckte Presseprodukte sowie program-              Journalismus“ der Eidgenössischen Medienkommission
          morientierte Rundfunkmedien sind in den vergangenen                 (EMEK) festgestellt wird. Ob die Inhalte öffentlich relevant
          Jahrzehnten deutlich geschrumpft, während der Online-               sind oder nicht, spielt dann kaum noch eine Rolle. Denn es
          wie Plattformmarkt entsprechend gewachsen ist. Die                  geht es Plattformen vor allem darum, die Aufmerksamkeit
          klassischen Medienunternehmen stellt dies inzwischen                von Nutzern auf sich ziehen und zu binden – weitgehend
          unbestreitbar vor wirtschaftliche Herausforderungen. Denn           unabhängig von der öffentlichen Relevanz der Informati-
          ihr angestammtes Kerngeschäft lässt sich nicht ohne                 onen. Gefährdet wäre also nicht nur das herkömmliche

                                                           https://doi.org/10.15358/1613-0669-2020-1-41
                                                   Generiert durch IP '172.22.53.54', am 16.06.2022, 00:13:35.     1/2020   MedienWirtschaft 41
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      Geschäftsmodell der Medien, sondern für die Gesellschaft               Überdies sind aber auch neue Konstellationen der Koopera-
      zugleich auch die Möglichkeit, sich vielfältig und breit zu            tion zwischen Medienunternehmen denkbar; insbesondere
      informieren. Von weiteren Risiken, wie sie aus Falschin-               auch zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Medien. Zu
      formationen oder dem Verschwimmen der Grenzen von                      unterscheiden sind hier infrastrukturelle Projekte, die einen
      Werbung und Inhalten resultieren, ganz abgesehen. Ver-                 wirksamen publizistischen Wettbewerb überhaupt erst erhal-
      lässliche Information gerade über öffentliche Belange ist              ten, und kleinere, komplementäre Kooperationsmodelle, die
      aber die Grundlage für eine freie individuelle und öffentli-           auf einen bestehenden publizistischen Wettbewerb aufbauen
      che Meinungsbildung und damit letztlich Voraussetzung für              und diesen stärken. Und gerade die infrastrukturbezogenen
      das Funktionieren der Demokratie.                                      Projekte wie etwa übergreifende Medienplattformen werden
                                                                             kaum spontan entstehen; sei es etwa, weil Partikularinteres-
      Trend zur Kooperation                                                  sen überwiegen oder weil es der aktuelle Rechtsrahmen nicht
                                                                             zulässt. Um also die Medienordnung kooperationsorientiert
      Eine Stärkung von qualitativ hochwertigen Medienange-                  weiterzuentwickeln, ist somit vor allem auch die (Medien-)
      boten kann unter Netzwerkbedingungen darin bestehen,                   Politik ermöglichend gefordert. So wäre durch den Austausch
      Kooperationen von traditionellen Medien zu begünstigen,                mit Medienunternehmen zu ermitteln, welche Kooperations-
      wenn und solange diese den publizistischen Wettbewerb                  konstellationen als vielversprechend angesehen werden, um
      der Mediananbieter stärken. Für derartige Kooperationen                die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und da-
      gibt es auch bereits etliche Beispiele, wenngleich bisweilen           mit auf den publizistischen Wettbewerb einzuzahlen.
      um den Preis von weniger Vielfalt, wie bei der Einführung
      von Zentralredaktionen für den Mantelteil von Lokalzeitun-             Koordinaten der Kooperation
      gen. Denn regelmäßig verfolgen Medienunternehmen zwei
      Strategien, um unter digitalen Vorzeichen zu bestehen:                 Im Sinne eines neuen Leitbildes sind solche Coopetition-
      Entweder investieren sie in gänzlich neue digitale Geschäf-            Modelle besonders naheliegend: Die Beteiligten kooperieren
      te. Oder sie versuchen ihr angestammtes Geschäft nach                  in begrenztem Umfang wirtschaftlich (cooperation), während
      bekannten Methoden zu stärken, indem sie es kosten- und                sie weiter im publizistischen Wettbewerb zueinanderstehen
      wertschöpfungseffizienter gestalten. Dabei entstehen vor               (competition). Es sind auch neue Konstellationen denkbar;
      allem neue Strukturen der Zusammenarbeit: innerhalb des                insbesondere könnten öffentlich-rechtliche und private Medi-
      eigenen Unternehmens, aber zunehmend auch in Koope-                    en künftig stärker kooperieren. Will man Kooperationsmodelle
      rationen und Allianzen mit anderen, sogar konkurrierenden              systematisieren, lassen sich diese drei Kategorien zuordnen:
      Unternehmen. Viele Beispiele hierfür finden sich im Bereich            „privat – privat“, „öffentlich-rechtlich – öffentlich-rechtlich“
      der digitalen Werbevermarktung.                                        und „privat – öffentlich-rechtlich“. Dabei zielen Allianzen und

                                                                                     Qualitativ hochwertige Medienangebote
                                                                                     unter Netzwerkbedingungen ermöglichen!
                                                                                     - Prof. em. Dr. Otfried Jarren, Präsident
                                                                                     der Schweizerischen Eidgenössischen
                                                                                     Medienkommission EMEK.
                                                                                                                                                © Stefan Obermeier, Muenchen

                                                https://doi.org/10.15358/1613-0669-2020-1-41
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  Positive Systemwirkungen der öffent-
  lich-rechtlichen Medien kooperativ
  neu konzipieren! – Prof. Dr. Christoph
  Neuberger, Direktor am Weizenbaum-
  Institut für die vernetzte Gesellschaft.

                                                                                                                                       © Stefan Obermeier, Muenchen
Kooperationen privater Medienunternehmen wesentlich dar-              chung des Bundesverfassungsgerichts ergeben sich unter-
auf ab, Kostensynergien zu schaffen, indem sie Leistungen             schiedliche wirtschaftliche Voraussetzungen für Rundfunk
gemeinsam produzieren und vermarkten. Damit senken die                und Presse: Sie führten bei der Presse zu einem marktwirt-
Unternehmen ihre Fixkosten. Dies stärkt aber bestenfalls auch         schaftlich geprägten außenpluralen Vielfaltsmodell, beim
den publizistischen Wettbewerb, da der ökonomische Wert               Rundfunk zunächst zu einem binnenplural angelegten
jedes publizistischen Erfolgs steigt – und mit ihm die Anreize,       öffentlich-rechtlichen Rundfunk und später – insbesonde-
publizistisch tätig zu bleiben. Selbst Synergie-Kooperationen         re nach technischen Fortentwicklungen – zu einer dualen
im redaktionellen Bereich können den publizistischen Wett-            Rundfunkordnung. Hier kommt dem öffentlich-rechtlichen
bewerb fördern, wenn die erzielten Synergien vor allem dazu           Rundfunk bekanntlich ein Funktionsauftrag zu, das heißt
dienen, publizistische Angebote zu erhalten oder zu stärken.          Programme für die gesamte Bevölkerung zu bieten, die
                                                                      umfassend und in voller Breite informieren und Vielfalt si-
Vergleichbares gilt auch für Kooperationen zwischen öffent-           chern. Vorrangig diese Vielfaltsorientierung rechtfertigt die
lich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Sie können ebenfalls zu           Gebühren- bzw. Beitragsfinanzierung des öffentlich-recht-
Kostensynergien führen, wenn freiwerdende Ressourcen der              lichen Rundfunks. Dagegen wurde beim privaten Rundfunk
Produktion von redaktionellen Inhalten zugutekommen. Medi-            eine Absenkung der Erwartung an die Vielfaltssicherung in
enpolitisch gesehen wurden allerdings die Anreize für solche          Kauf genommen, um hier – zu Lasten des publizistischen
Kooperationen in den vergangenen Jahren eher verringert               Wettbewerbs – eine stärkere Wirtschaftsorientierung zu
als gefördert. Sie wurden mit dem Entzug von Ressourcen               ermöglichen; also die Fokussierung auf unterhaltende
bedroht, nicht etwa belohnt. Deshalb wäre es beispielsweise           Angebote. Es entstand mithin eine Trennung zwischen
auch besser, flexibel und investiv einsetzbare sowie verläss-         öffentlich-rechtlichen und privaten (Rundfunk-)Medien.
lich planbare Festbudgets einzuführen, wie dies eine Mehr-            Diese historische Entwicklung ist ein wesentlicher Grund,
zahl der Bundesländer in der lange geführten Debatte über             warum Kooperationen zwischen öffentlich-rechtlichen und
eine Auftrags- und Strukturreform des öffentlich-rechtlichen          privaten Medien bislang eher selten sind. In einer koopera-
Rundfunks gefordert hat – freilich bislang vergeblich.                tionsorientierten Medienordnung sollte dagegen die beste-
                                                                      hende Dualität in eine eher kooperative Partnerschaft mit
Systemübergreifende                                                   systemischem Charakter umgewandelt werden, die durch
Kooperation stärken                                                   Coopetition geprägt ist. Das gilt nicht zuletzt, weil hier ein
                                                                      großes Potential für kostensynergetische Kooperationen
Die hiesige Medienordnung ist, historisch bedingt, dual               besteht. Sie sollten alsdann nicht zu finanziellen Kürzungen
angelegt („publizistische Gewaltenteilung“, „duale Rund-              führen, sondern Ressourcen für journalistische Produkti-
funkordnung“). Aus den Entwicklungslinien der Rechtspre-              onen freisetzen. Eine Möglichkeit wäre es beispielsweise,

                                                   https://doi.org/10.15358/1613-0669-2020-1-41
                                           Generiert durch IP '172.22.53.54', am 16.06.2022, 00:13:35.     1/2020   MedienWirtschaft 43
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      gemeinsam fiktive Filmen und Serien zu produzieren, die               wie Amazons und Germany’s Gold vom Kartellamt durch
      mit internationalen Großproduktionen mithalten können.                hohen Auflagen unattraktiv, was die dynamischen Heraus-
      Das ist etwa zum beiderseitigen Vorteil bei der Fernsehse-            forderungen für Medien unter Netzwerkbedingungen nicht
      rie „Babylon Berlin“ geschehen. Sie lief sowohl und zuerst            hinreichend berücksichtigte. Staat dessen sollten auch hier
      im privaten Bezahlfernsehen als auch im Anschluss im                  Kooperationen von Medien im höheren Maße ermöglicht
      öffentlich-rechtlichen Fernsehen, jeweils erfolgreich. Auch           werden, sofern sie nicht den publizistischen Wettbewerb
      sind beispielsweise Kooperationen bei der Erprobung neu-              gefährden. Ein Muster hierfür bietet schließlich das Pres-
      er Technologien wie der Verbreitung von Medieninhalten                sekartellrecht: Danach fällt die wirtschaftliche Zusammen-
      über 5G oder des Einsatzes von redaktionellen Ressourcen              arbeit von Zeitungs- und Zeitschriftenverlegern nicht unter
      wie Auslandsstudios denkbar.                                          das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen,
                                                                            soweit sie den Beteiligten wirtschaftlich zugute kommen,
      Rechtliche Voraussetzungen schaffen                                   was das Vertreiben ihrer Produkte betrifft oder das Wer-
                                                                            begeschäft. Eine wettbewerbsbeschränkende Zusammen-
      Was weiterhin die Kooperation von Medien oftmals verhin-              arbeit im redaktionellen Bereich ist dabei ausgeschlossen.
      dert – gerade zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten
      Medien –, ist allerdings der derzeitige Rechtsrahmen. Er              Bestehende Chancen erkennen
      erschwert bereits einfachere Kooperationsformen zwischen
      öffentlich-rechtlichem Rundfunk und privaten Medienun-                Jenseits der Ermöglichung wettbewerbsbeschränkender
      ternehmen wie Rechercheverbünde. Hierfür existieren bis-              Vereinbarungen zwischen Presseunternehmen lassen sich
      lang nur vereinzelt Rechtsgrundlagen wie im WDR-Gesetz.               in der Rechtsordnung derzeit nur vereinzelt Ansätze für
      Demnach muss der WDR bei der Auswahl von Kooperati-                   Kooperationen von Medien finden. Zu denken ist etwa an
      onspartnern die Grundsätze der Meinungsfreiheit einhalten             Branchenvereinbarungen für Presse-Grossisten, die eben-
      und diskriminierungsfrei vorgehen. Hinzu kommen sowohl                falls einen kartellrechtlichen Ausnahmetatbestand bilden.
      vergabe- als auch EU-beihilferechtliche Hürden. Künftig               Voraussetzung ist auch hier, dass Presse-Grossisten Zei-
      muss deshalb das Ziel sein, stärker ein publizistisch kon-            tungs- und Zeitschriftensortimente flächendeckend und
      zipiertes Medien- und Wettbewerbsrecht zu entwickeln,                 diskriminierungsfrei vertreiben. Ebenso lässt sich der Deut-
      das sowohl Kooperations- als auch Konkurrenzverhältnisse              sche Presserat als freiwillige Selbstkontrolle der Print- und
      von Medien betrachtet. Das betrifft insbesondere auch das             Onlinemedien in Deutschland als Form der Kooperation an-
      Kartellrecht, das vorrangig ökonomische und nicht publizis-           sehen – und die kann zudem auf weitere Mediengattungen
      tische Auswirkungen von Kooperationen im Blick hat. Aus               sogar noch ausgeweitet werden.
      diesem Grund wurden beispielsweise Mediathek-Projekte

                                                                                 Rechtliche Voraussetzungen für ein publizis-
                                                                                 tisches Wettbewerbsrecht schaffen! –
                                                                                 Medienrechtler Prof. Dr. Tobias Gostomzyk.
                                                                                                                                            © Stefan Obermeier, Muenchen

                                               https://doi.org/10.15358/1613-0669-2020-1-41
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                                 Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
Kooperation als neues Leitbild - Medienkongress der vbw zur "Weiterentwicklung der dualen Medienordnung" am 20. November 2019 in München - beck ...
Service

                                                                                 Den publizistischen Qualitätswettbe-
                                                                                 werb durch geeignete Coopetition-
                                                                                 Modelle unterstützen! –
                                                                                 Medienökonom Prof. Dr. Frank Lobigs.

                                                                                                                                 © Stefan Obermeier, Muenchen
Und auch die einzelnen Sendeanstalten des öffentlich-              Kooperationen zwischen öffentlich-rechtlichen und priva-
rechtlichen Rundfunks können grundsätzlich wesentlich              ten Medien. Doch lässt sich das Leitbild der Kooperation
stärker kooperieren, sei es auf der Ebene von Arbeitsge-           systematisch auf weitere Bereiche ausweiten, die wie
meinschaften, Transferleistungen oder der Markenbildung,           Nachrichtenagenturen oder Journalistenschulen infra-
wie sich aus einer Bestimmung des Rundfunkstaatsver-               strukturell wichtig sind. Das hat zum einen sicher Gründe
trags ergibt. Dies gilt insbesondere für die Produktion,           in der Entwicklung der Medienordnung, geprägt durch Ent-
Produktionsstandards, Programmrechteerwerb, Pro-                   wicklungslinien des Rundfunkverfassungsrechts. Es trennt
grammaustausch, Verbreitung und Weiterverbreitung von              bis heute stark zwischen Presse und Rundfunk sowie öf-
Angeboten, Beschaffungswesen, Sendernetzbetrieb, in-               fentlich-rechtlichen und privaten Medien. Das gilt teilwei-
formationstechnische und sonstige Infrastrukturen, Verein-         se auch, weil die Wettbewerber hierauf bestehen, wie das
heitlichung von Geschäftsprozessen, Beitragsservice und            teilweise Verbot der Presseähnlichkeit oder das internetbe-
allgemeine Verwaltung. Kommerzielle Tätigkeiten dagegen            zogene Werbeverbot gegenüber dem öffentlich-rechtlichen
gehören nicht dazu, etwa Werbung und Sponsoring, Ver-              Rundfunks vor Augen führt. Das Verfassungsrecht – und
wertungsaktivitäten, Merchandising, Produktion für Dritte          letztlich auch das Europarecht – stünde einer stärker ko-
sowie die Vermietung von Sendestandorten an Dritte. Der            operationsorientierten Ausgestaltung der Medienordnung
Rundfunkstaatsvertrag sieht zudem vor, dass sich der               zumindest letztlich nicht entgegen; zumal dem Gesetzge-
öffentlich-rechtliche Rundfunk an privaten Unternehmen             ber ein weiter Ausgestaltungsspielraum zukommt. Ange-
beteiligt. Auch einzelne Landesrundfunkgesetze gestatten,          zeigt wäre vor allem ein publizistisches Wettbewerbsrecht,
dass die Sendeanstalten des öffentlich-rechtlichen Rund-           das den publizistischen Wettbewerb erhält und stärkt. Das
funks kooperieren – sofern sie hierbei das Grundgesetz             herkömmliche – vor allem ökonomisch zentrierte – Wett-
achten. Die Landesgesetzgeber ermöglichen Kooperatio-              bewerbsrecht ist darauf nur begrenzt einstellbar. Die Na-
nen teilweise – wie genannt – auch im lokalen Bereich.             gelprobe hierfür wäre sicher, einen Rechtsrahmen für eine
                                                                   medienübergreifende Plattform auszugestalten, der einer-
Ein publizistisches                                                seits zu Wettbewerb, aber anderseits auch zu Kooperation
Wettbewerbsrecht gestalten                                         zwischen verschiedenen Medien führen würde.

Die Rechtsordnung enthält zwar bereits vereinzelt Bestim-          Diese Schritte sind zu gehen
mungen zu Kooperationen. Sie betreffen vor allem jene
zwischen öffentlich-rechtlichen Medien untereinander               Um die Medienordnung tatsächlich kooperationsorientiert
sowie «privat – privat»-Kooperationen. Wenig ausgestaltet          neu aufstellen zu können, darf und müsste allerdings zu-
und rechtlich am meisten herausfordernd sind dagegen               nächst die Medienpolitik selbst stärker zusammenarbeiten.

                                                https://doi.org/10.15358/1613-0669-2020-1-41
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Service – Veranstaltungsrückblick

      Ihre bundesweite und branchenübergreifende Fähigkeit                   planbaren Budget-Entwicklung könnten beim öffentlich-
      zu gestalten, sind stärker zu fördern. Mit Mitteln der fö-             rechtlichen Rundfunk dabei weitere Kooperationspotenzi-
      deralen Medienpolitik könnte etwa auf Bundesebene ein                  ale heben. Er erhielte eine stabilisierende Rolle im Ökosys-
      Beratungsgremium unabhängiger Experten wie beim Digi-                  tem der Medien insgesamt, durch sinnvolle Bereitstellung
      tal- oder Ethikrat etabliert werden. Länder und Bund sollten           von Ressourcen zum Vorteil für andere Medien, ohne sie
      gemeinsam zusammenwirken, um die neue Medien- und                      also zu verdrängen. Im Gegenzug könnte sich der öffent-
      Kommunikationsordnung zu entwickeln. Erste Ansätze                     lich-rechtliche Rundfunk legitimatorisch entlasten: Immer
      hierzu gab es bereits bei der Bund-Länder-Kommission zur               mehr Zuschauer, vor allem die jüngeren, nutzen kaum noch
      Medienkonvergenz. Diese könnte konkrete Vorschläge er-                 öffentlich-rechtliche Programme. Deswegen wird – selbst
      arbeiten und administrieren, wie die kooperationsorientier-            wenn rechtlich inzwischen abgesichert – die allgemeine
      te Zielvorgaben umgesetzt, gefördert und evaluiert werden              Diskussion über die Notwendigkeit eines Rundfunkbeitrags
      können. Eine erste Aufgabe des Expertengremiums sollte                 wohl nicht verstummen. Letztlich ginge es auch um ein
      dabei sein, Vorschläge für eine solche sinnvolle institutio-           größeres Ziel, nämlich ein Eigengewicht des publizistischen
      nelle und organisationsbezogene Neuordung von Aufgaben                 Wettbewerbs gegenüber dem massiven Wettbewerbsdruck
      und Kompetenzen einer dann «kooperativen» Medienpolitik                unter den technischen und wirtschaftlichen Bedingungen
      zu erarbeiten. Diese könnte dann wiederum die Kompe-                   von YouTube, Facebook und Co. zu gewährleisten.
      tenz und politische Gestaltungskraft entwickeln, die neuen
      Kooperationsprojekte, wo sinnvoll, auch aufsetzen und zu               Abschließend auf den Punkt gebracht, sollten alle Überle-
      evaluieren.                                                            gungen und Maßnahmen dem Grundprinzip einer beson-
                                                                             deren Ausprägung von «Coopetition» folgen: Zusätzlich
      Dabei wird eine wirksame Medienpolitik künftig überhaupt               ermöglichte Kooperationen sind demnach grundsätzlich
      nur noch dann eine kritische Masse aktivieren und sichern              erwünscht, solange sie mithelfen, den so wichtigen publi-
      können, wenn sie darauf setzt, möglichst umfassende, res-              zistischen Wettbewerb nachhaltig zu stützen. Zielgröße ist,
      sourcenhebelnde Kooperationsprojekte zu organisieren. In               den Medienwettbewerb publizistisch zu stärken - und nicht
      der neuen Winner-takes-all-Plattform- und globalen Ska-                allein dem wirtschaftlichen Wettbewerb zu dienen. Wenn
      lierungsökonomie des Digitalen ist ein gezieltes Zusam-                die deutsche Medienlandschaft in ihrer jetzigen Form wei-
      menwirken großer Ressourcen eine Grundbedingung. Nur                   ter existieren und ihre so wichtige Funktion für die Demo-
      dann ist noch eine (Hebel-)Wirkung eines fördernden Mit-               kratie und die soziale Marktwirtschaft weiter erfüllen soll,
      teleinsatzes zu erzielen. Von großer Bedeutung wird hierbei            muss die Medienordnung einem neuen Grundprinzip fol-
      sein, dem starken und unabhängigen öffentlich-rechtlichen              gen. Und das lautet Kooperation unter den Bedingungen
      Rundfunk Freiheit und Anreize zu geben, sich in der neu-               von Coopetition.
      en digitalen Welt auch als eine zentrale Ordnungsinstanz
      im Gesamt-Ökosystem der Medien zu begreifen. Eine                      Eine gekürzte Fassung des Textes ist zuvor in epd medien (48/2019) unter der
                                                                             Rubrik „Debatte“ veröffentlicht worden.
      konsequente Budget-Flexibilisierung bei einer zuverlässig                                                                                             © Stefan Obermeier, Muenchen

      Diskussionsrunde beim 8. Medienkongress der vbw (v.l.): Prof. Dr. Christoph Neuberger, Prof. em. Dr. Otfried
      Jarren, Prof. Dr. Tobias Gostomzyk und Prof. Dr. Frank Lobigs.

                                                https://doi.org/10.15358/1613-0669-2020-1-41
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Call for Participation
                      MedienWirtschaft
Die Zeitschrift MedienWirtschaft (MW) ist ein Periodikum für aktuelle betriebswirtschaftliche und volkswirt-
schaftliche Fragestellungen im Kontext von Medienunternehmen, Medienmanagement und Medienökonomie
vor dem Hintergrund der digitalen Transformation. Sie betont dabei insbesondere auch den interdisziplinären
Bezug zu kommunikations-, technik- und rechtswissenschaftlichen Perspektiven. Als Zeitschrift der angewand-
ten Forschung will die MedienWirtschaft sowohl Leser aus der Wissenschaft als auch aus der Praxis erreichen.

Zur Einreichung eingeladen werden Beiträge aus den oben genannten Themenfeldern in folgenden Kategorien:
Aktuelle Themen
■■   Standpunkte: Diese Rubrik enthält pointierte Statements zu kontroversen Themen.
■■   Aktuelles Stichwort: Wissenschaftlich fundiert und in kompakter Form wird ein in der aktuellen Diskussion relevan-
     tes Stichwort präsentiert.
Aufsätze
■■   Abhandlungen: In diese Kategorie werden wissenschaftliche Beiträge aufgenommen, die sich innovativ mit relevan-
     ten, aktuellen Fragestellungen aus den genannten Bereichen sowohl methodisch als auch theoretisch fundiert ausein-
     andersetzen. Im Fokus sollen betriebs- und volkswirtschaftliche Fragen stehen, diese sollen aber durch den Einbezug
     weiterer, insbesondere kommunikations-, technik- und rechtswissenschaftliche Perspektiven ergänzt werden.
■■   Übersichtsbeiträge: Hier werden Beiträge veröffentlicht, die eine systematische Übersicht über die Entwicklung
     oder den State of the Art medienwirtschaftlicher Gebiete oder Konzepte präsentieren. Besonders erwünscht ist die
     Berücksichtigung interdisziplinärer Zusammenhänge.
■■   Praxisforum: Hier werden Aufsätze zu aktuellen praxisrelevanten Fragen und Problemen aus der Praxis des Medien-
     managements, der Medienökonomie und der Medienpolitik im weiteren Sinne publiziert.
Service
■■   Nachrichten aus Forschung und Lehre: Unter dieser Überschrift wird in kurzer Form über neuere Entwicklungen im
     akademischen Bereich berichtet, z. B. über Konferenzen, neue Institutionen und Studiengänge oder Forschungsprojekte.
Allgemeine Hinweise
■■   Interessierte Autorinnen und Autoren werden gebeten, Manuskripte an die Schriftleitung (glaeser.martin@t-online.de
     oder glaeser@hdm-stuttgart.de) oder an einen der Herausgeber einzureichen.
■■   Die Schriftleitung und jeder Herausgeber stehen für etwaige Rückfragen zur Verfügung.
■■   Die eingereichten Beiträge dürfen nicht anderweitig schon veröffentlicht bzw. zur Veröffentlichung eingereicht worden
     sein; mit der Einsendung an die MedienWirtschaft verpflichtet sich der/die Autor/in, das Manuskript bis zum Ab-
     schluss des Review-Verfahrens nicht anderweitig zur Veröffentlichung anzubieten oder zu veröffentlichen.
■■   Die Beiträge in den Kategorien Abhandlungen, Übersichtsbeiträge und Praxisforum werden einem Review-Prozess
     unterzogen. In einem Vorverfahren prüfen die Herausgeber zunächst, ob ein Review-Verfahren in Gang gesetzt wird.
     Das Review-Verfahren selbst erfolgt beiderseitig anonym.
Formalia
■■   Die Beiträge für die Kategorien Abhandlungen, Übersichtsbeiträge und Praxisforum sollten eine Zeichenzahl (inkl.
     Leerzeichen) von 50.000 nicht überschreiten. Begründete Ausnahmen sind nach Absprache möglich.
■■   Für die Anonymisierung der Beiträge ist es erforderlich, dass dem Manuskript eine Titelseite vorangestellt wird, die
     die Namens- und Adressangaben aller Autoren enthält. Im Manuskript sind Hinweise auf die Autoren zu vermeiden.

Herausgeber: Prof. Dr. Martin Gläser, Hochschule der Medien Stuttgart, glaeser@hdm-stuttgart.de / Prof. Dr. Georgios Gounalakis, Philipps-
Universität Marburg, gouna@jura.uni-marburg.de / Prof. Dr. Thomas Hess, Ludwig-Maximilians-Universität München, thess@bwl.lmu.de / Prof.
Dr. Frank Lobigs, Technische Universität Dortmund, frank.lobigs@udo.edu / Prof. Dr. Christoph Neuberger, Freie Universität Berlin, christoph.
neuberger@fu-berlin.de / Prof. Dr. Insa Sjurts, HSBA Hamburg School of Business Administration, insa.sjurts@hsba.de
Schriftleitung: Prof. Dr. Martin Gläser, Hochschule der Medien, Nobelstraße 10, 70569 Stuttgart, glaeser.martin@t-online.de; glaeser@hdm-
stuttgart.de
Verlag: New Business Verlag GmbH & Co. KG, Nebendahlstraße 16, 22041 Hamburg

                                                  https://doi.org/10.15358/1613-0669-2020-1-41
                                          Generiert durch IP '172.22.53.54', am 16.06.2022, 00:13:35.
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