FOKUS DA-VINCI-ROBOTER - Roboterassistierte Operationen in der Urologie - Kantonsspital Winterthur
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FOKUS Klinik für Urologie DA-VINCI-ROBOTER Roboterassistierte Operationen in der Urologie Hightech im OP: Der Da-Vinci-Roboter im Einsatz Seite 4 Das ganze Spektrum der Robotik Seite 6 Training und Ausbildung Seite 8 Operationen Seite 10 Roboterassistierte rekonstruktive Eingriffe Seite 16 Da-Vinci-System – der 1000. Patient Seite 18
Einleitung Liebe Leserin Lieber Leser Mit viel Pioniergeist wurde vor sieben Jahren am KSW eingeführt, was die Urologie revolutioniert hat: die ro- boterassistierte Operationstechnik. Als erstes Schwei- zer Spital führten wir 2015 die vollständige laparosko- pische Harnblasenentfernung mit Urostoma und 2016 das an wenigen europäischen Zentren vorgenommene Anlegen einer kontinenten Dünndarmersatzblase in die Routine ein. Daneben sind Eingriffe an Prostata und Niere wie auch rekonstruktive Eingriffe im kleinen Be- cken im Alltag fest verankert. Systematisch wurden an unserer Weiterbildungsklinik der Kategorie A die gros- sen Schnittoperationen in die laparoskopisch-roboter- assistierte Eingriffstechnik überführt. Und das Fazit nach rund 1000 Eingriffen: kürzere Heilungsprozesse und stationäre Aufenthalte, weniger Komplikationen und Schmerzfreiheit als Regelfall. Das wissenschaftlich begleitete Robotikprogramm begeistert, doch am KSW ist uns auch bewusst: It’s the team, not the machine! Herzlichen Dank für Ihr Vertrauen. Prof. Dr. med. Hubert John Chefarzt Klinik für Urologie Breites urologisches Wissen Ihr Team der Klinik für Urologie 2
Zahlen und Fakten zur Klinik für Urologie (Beobachtungszeitraum 7/2009–5/2016, KSW) 1000 5 2583 roboterassistierte Eingriffe erfahrene Konsolenoperateure Eingriffe 156 Niereneingriffe 19 11 retroperitoneale Ureterozystoneostomien Lymphadenektomien 65 Zystektomien 674 radikale Prostatektomien 19 Prostataadenomenukleationen 12 Zahlen und Fakten 2018 vesikovaginale Fisteln zur Klinik für Urologie 10 700 Konsultationen 12 Ärztinnen/Ärzte 26 1 Robotikspezialist Sakrokolpopexien 20–30 Betten
Da-Vinci-Roboter Hightech im Operations- saal: Der Da-Vinci-Roboter im Einsatz Drei Instrumentenarme und ein Kameraarm •D rei Instrumentenarme und der Kameraarm werden vom Konsolenchirurgen bedient. • Die Arme haben «übermenschliche» Bewegungs- Im Operationssaal bedient der Operateur den freiheit, Skalierungsmöglichkeiten bis 1:5 und Da-Vinci-Telemanipulator sitzend über eine er- einen Tremorfilter. gonomisch komfortable Steuerkonsole. Es ste- hen ihm mehrere Pedale sowie Zwei-Finger-In- strumentengriffe für jede Hand zur Verfügung. Seine Bewegungen und Befehle werden von Sensoren erfasst und über Seilzüge an die drei steril bezogenen Instrumentenarme weiterge- leitet, die über dem Patienten positioniert sind. Ein Tremorfilter kompensiert das Zittern der Hand, was eine hohe instrumentelle Präzision gewährleistet. Die roboterassistierte Operati- on mit dem Da-Vinci-System bietet Patienten wesentliche Vorteile. Vorteile der Da-Vinci- Technologie gegenüber der laparoskopischen und der offenen Technik • optimierte Sichtbarkeit der Strukturen • gesteigerte Geschicklichkeit bei laparoskopischen Eingriffen • höhere Genauigkeit bei intrakorporalen Anastomosen • wesentlich geringerer Blutverlust • weniger Schmerzen • geringere Infektionsgefahr • kürzere Hospitalisationsdauer und Katheterverweilzeit • schnellere Rehabilitation und Pedale raschere Wiederaufnahme der Arbeit Die Pedale dienen der Bewegung des Kameraarms und aktivieren die strom- führenden Instrumente. Alle Informatio- nen sind auf dem Assistentenmonitor zu sehen. 4
Hochauflösende Kameras Die beiden hochauflösenden Kameras liefern dem Konsolenchirurgen ein stark vergrösser- tes, ruhiges, stereoskopisches Bild (3DHD) des Körperinneren. Bild: Intuitive Surgical Assistententeam Das Assistententeam hat 2-D-Informationen über den Touchscreen sowie die Möglichkeit, Skizzen und Markierungen einfliessen zu lassen. Erfahrung macht den Unterschied Mit Prof. Dr. med. Hubert John leitet einer der erfahrensten Pioniere dieser Operationstechnik das Robotikprogramm am KSW. Er führte 2002 die ersten roboterassistierten urologischen Eingriffe in der Schweiz durch und trug in den folgenden Jahren wesentlich dazu bei, diese Technologie in der Urologie im In- und Ausland zu verbreiten. Erfahrung im Team bildet die Grundlage für den schweizweit einmaligen Erfolg des Robotikprogramms, das auch international beachtet und mit Interesse verfolgt wird. 5
Spektrum der Robotik Das ganze Spektrum der Robotik International anerkanntes Fachwissen, Behandlungen mit modernsten Apparaturen und eine persönliche Atmosphäre – dafür steht die Klinik für Urologie am KSW. Entsprechend professionell und vielfältig ist unser Leistungsangebot. Prostata Niere Bei der radikalen Prostatektomie avanciert Rund 90% der Nierentumoren sind kurativ die roboterassistierte Operationstechnik zum therapierbar. In der Vergangenheit wurden je- weltweiten Goldstandard. Die Vorteile der la- doch viele Nieren selbst bei kleiner Tumorlast paroskopischen Technik sind bekannt: geringe geopfert. postoperative Schmerzen, deutlich kleinerer Mit der etablierten und standardisierten Blutverlust und schnellere Rekonvaleszenz. roboterassistierten Nierenteilresektion steht Die volle Beweglichkeit des Da-Vinci-Roboters neben der klassischen offenen auch eine wei- erleichtert die schonende Präparation der Ge- tere Operationsmethode mit gleichwertigem fässnervenbündel für den Erektionserhalt und onkologischem und funktionellem Outcome die Naht der vesikourethralen Anastomose. zur Verfügung – jedoch als minimalinvasives Die roboterassistierte Adenomenukleation Verfahren bei Nierentumoren ≤ 7 cm. Solche bei der grossvolumigen benignen Prostatahy- operationstechnisch anspruchsvollen Eingrif- perplasie (BPH) wird nur in wenigen Kliniken fe werden dank robotergestützter 3-D-Sicht, durchgeführt. Die Erfahrung zeigt den klaren 8- bis 10-fachem Zoom sowie durch frei beweg- Vorteil dieses Verfahrens gegenüber der offe- liche und abgewinkelte Instrumente wesent- nen Operationstechnik: ein deutlich geringerer lich erleichtert. Die Vorzüge eines präziser Blutverlust trotz längerer Operationsdauer. exzidierten Tumors und einer in adäquater Ischämiezeit durchführbaren Parenchymnaht und Renorrhaphie sind evident. 6
Harnblase Roboterassistierte rekonstruktive Eingriffe Das Urothelkarzinom der Harnblase ist ein An rekonstruktiven Operationen mit Roboter- zunehmend relevantes Krankheitsbild. Wäh- assistenz werden am KSW diverse Eingriffe rend das oberflächliche Karzinom lokal mit- angeboten, unter anderem: die laparoskopi- tels TUR-B meist beherrschbar ist, indiziert sche Sakrokolpopexie für die Wiederherstel- spätestens die Muskelinvasion (pT2) ein chir- lung des Beckenbodens bei Senkungserkran- urgisches Vorgehen. Die Zystektomie besteht kungen der Frau, die Ureterozystoneostomie aus dem ablativen Teil, bei dem die Harnblase für die Neueinpflanzung des Harnleiters in die entfernt wird, und dem rekonstruktiven Teil Blase sowie der Verschluss von vesikovagina- zur Erstellung einer Harnableitung. len Fisteln. Weiter wird die pyeloureterale Ab- Am KSW wird die Zystektomie seit der Pre- gangsstenose ebenfalls roboterassistiert und miere im Jahr 2014 fast ausschliesslich kom- minimalinvasiv behandelt. Solche Eingriffe plett intrakorporal durchgeführt. Das heisst, belasten die Patienten weniger und sind vor- auch die Anlage einer Harnableitung erfolgt teilhaft, weil die altbewährten Bauchschnitt- laparoskopisch. Ohne Laparotomie verlieren Techniken mit jenen der Schlüssellochchirur- Patienten intraoperativ weniger Flüssigkeit gie kombiniert werden können. und Wärme. Die reduzierte Analgesie ermög- licht eine rasche Mobilisation und eine frühe Rekonvaleszenz. 7
Training und Ausbildung Training und Ausbildung Die technologischen Fortschritte bringen es mit sich, dass klassische Operations- methoden durch neuartige Techniken ergänzt oder ersetzt werden. In der Klinik für Urologie am KSW als Weiterbildungsklinik der Kategorie A hat die Aus- und Weiterbildung einen hohen Stellenwert, so auch im fortschrittlichen Bereich der roboterassistierten Operationstechnik. Der Weg des Fortschritts Prof. John führte zwischen 2002 und 2005 die ersten Eingriffe in London, Athen, Rom, Dresden und Mainz unter anderem als Proctor mit den Teams vor Ort durch. In der Schweiz baute er das Programm am Universitätsspital Zürich (2002) und an der Klinik Hirslanden (2005) auf, in Deutschland jenes an der Uni- versitätsklinik Tübingen (2008). Seit 2009 be- treut und betreibt Prof. John das schweizweit führende Robotikprogramm am Kantonsspital Winterthur. Bisher sind am KSW fünf Konso- lenchirurgen ausgebildet worden. Wichtig für den Einstieg und das Training in der roboter- assistierten Operationstechnik ist das Simu- latorprogramm. Mit virtuellen Operationen vermittelt es umfassendes technisches und praxisbezogenes Know-how zu dieser fort- schrittlichen Operationsmethode. Robotikspezialist Kevin Horton ist ein versierter Robotikspezi- alist mit nationaler und internationaler Erfah- rung. Seit den Anfängen des klinischen Robo- tikeinsatzes 2002 stand er Prof. John an jedem seiner Wirkungsorte zur Seite. Am Kantons- spital Winterthur ist er als Robotikspezialist seit 2010 vollumfänglich ins Team integriert – eine schweizweite Besonderheit –, was ihn zum ersten «nurse technician» resp. technischen Fachspezialisten am KSW macht. In dieser Funktion unterstützt er die Pflegefachleute und Assistenzärzte in technischen Belangen und ist laufend damit befasst, den technischen Ablauf zu optimieren. 8
Angehende Konsolenchirurgen haben im integrierten Operati- onssimulator die Möglichkeit, Operationsschritte zu üben. Dazu gehören das exakte Platzieren von kleinen Kugeln (oben) wie auch das Koagulieren und Schneiden von kleineren Gefässen (unten). Studien und Lehrbücher Die Resultate aller Da-Vinci-Eingriffe werden am KSW prospektiv erfasst, ausgewertet und sowohl zur Qualitätskontrolle wie auch als Basis für Publikationen und Kongressbeiträge im In- und Ausland genutzt. Kooperationen mit der Karolinska-Universität und Da-Vinci-Zentren in Deutschland (Gronau) ermöglichen den Austausch über neueste Entwicklungen und Techniken. Von Prof. H. John sind im Springer-Verlag zwei vielbeachtete Lehrbücher erschienen: «Robotic Urology» und «Atlas of Robotic Prostatectomy». Er ist zudem Mitglied des Scientific Committee der ERUS (European Robotic Urologic Society). 9
Prostataoperation Prostataoperation Aufgrund ihrer anatomischen Lage im oft sehr engen kleinen Becken des Mannes sind Eingriffe an der Prostata eine Herausforderung für den Operateur. Die Stärken des Da-Vinci-Roboters kommen bei der Prostataoperation ganz ausgeprägt zum Tragen. Krebs-Neuerkrankungen Lebenszeitrisiko Prostatakrebs An Prostatakrebs erkranken in der Schweiz Die Wahrscheinlichkeit für Männer in der pro Jahr rund 6200 Männer. Damit ist Pro- Schweiz, an Prostatakrebs zu erkranken, statakrebs die häufigste Krebsart überhaupt: liegt bei 16%. Auf ihn entfallen 30% der Krebsdiagnosen bei Männern. 30% Prostatakrebs alle Männer 16% Erkrankungen 5% Tod Quelle: NICER und BFS, Durchschnitt der Jahre 2008 bis 2012 in der Schweiz Männliche Geschlechtsorgane im kleinen Becken Harnblase Samenleiter Samenblase Prostata Harnröhre äusserer Schliessmuskel Beckenboden 10
neurovaskuläres Bündel Beckenbodenmuskulatur mit äusserem Schliessmuskel Apex der Prostata Absetzen der Prostata von der membranösen Harnröhre Enukleation eines Prostataadenoms bei einseitigem Erhalt des neurovaskulären Bündels. Radikale Prostatektomie Adenomenukleation (Millin) Die roboterassistierte Operationstechnik erlaubt bei der Bei sehr grossvolumigen benignen Prostatahyperplasien radikalen Prostatektomie die Sicht auf die umliegenden kommt an der Klinik für Urologie zunehmend die Ade- Strukturen bis ins Detail. Trotz der beengten Platzver- nomenukleation mit dem Da-Vinci-Roboter zum Einsatz. hältnisse ermöglichen die drei beweglichen Instrumen- Anders als bei der offenen Operationstechnik (Millin- tenarme des Da-Vinci-Roboters präzises und schonendes Operation) lassen sich mit der roboterassistierten Tech- Operieren. Dies ist insbesondere für den Erhalt des inne- nik der Blutverlust und die postoperativ auftretende Belas- ren (Blasenhals) und des äusseren Schliessmuskels sowie tungsinkontinenz vermeiden. Diese Vorteile ergeben sich der neurovaskulären Bündel wichtig. Die postoperative dank der Sicht auf die intraprostatischen Blutgefässe, Kontinenz und Erektion kann damit verbessert werden. die apikalen Strukturen der Prostata und somit auch auf Mit der an der Klinik für Urologie mittlerweile zum den angrenzenden Schliessmuskel. Standard erhobenen MRI-TRUS-fusionierten Prostata- biopsie können die Karzinomherde exakter antizipiert werden. Damit ist es bei immer mehr Patienten möglich, die Gefässnervenbündel zu schonen, ohne onkologische Risiken einzugehen. Dokumentation einer MRI-TRUS-fusionierten Prostatabiopsie 11
Nierenoperation Nierenoperation Die Da-Vinci-Operationstechnik erleichtert dem Operateur den Eingriff und verschafft den Patienten gewichtige Vorteile wie eine kürzere Rehabilitationsdau- er. Am KSW kommt die Technologie auch bei der Nierenteilresektion zum Einsatz. Rund 3% aller malignen Tumorerkrankungen onkologische Kontrolle, Erhalt der Nierenfunkti- sind Nierenzellkarzinome. Häufig handelt es on, geringe Morbidität und Reproduzierbarkeit sich dabei um asymptomatische Tumoren und der Methode sind bei der organerhaltenden Zufallsbefunde, die im Rahmen von bildgeben- Nierenteilresektion erfüllt. Aufgrund der nach- den Untersuchungen entdeckt werden. Thera- gewiesenen höheren Lebensqualität und des pie der Wahl ist bei Tumoren unter 4 cm die Gesamtüberlebens bei kurativ durchgeführten Nierenteilresektion. Falls lage- und gefäss- Teilnephrektomien hat die organerhaltende bedingt möglich, gilt dies auch für Tumoren Nierenchirurgie die radikale Nephrektomie bei zwischen 4 und 7 cm Durchmesser. Die Kriterien dieser Indikation verdrängt. 12
Bei der Nierenteilresektion wird nur der Tumor ent- fernt, damit möglichst viel gesundes Nierengewebe erhalten bleibt. Nierenteilresektion Solitärer Nierentumor Die roboterassistierte Operationstechnik er- rechts. Die Nephrek- leichtert mit ihren Vorzügen wie 3-D-Sicht, tomie links erfolgte 8- bis 10-fache Vergrösserung, abgewinkelte wegen eines zentralen Instrumente mit freier Beweglichkeit auch klarzelligen Nieren- diesen technisch anspruchsvollen Eingriff. Ro- zellkarzinoms Fuhr- mann Grad 3, R0, mit boterassistiert kann der Tumor präziser exzi- einem Durchmesser diert werden, und die Parenchymnaht sowie die von 6,6 cm. Schwere Renorrhaphie lassen sich bei adäquater Ischä- linkskonvexe Skoliose miedauer vornehmen. der LWS. Etablierte Robotikzentren mit modernen Nierentumor makro- Robotiksystemen wie am KSW verwenden zur skopisch komplett im selektiveren Ischämie und zur Tumorlokalisati- Gesunden exzidiert. on routinemässig zusätzlich die Fluoreszenzbild- Histologisch fand sich ein klarzelliges und die Ultraschalltechnik. Die Fluoreszenz- Nierenzellkarzinom bildgebung für das Da-Vinci-System basiert auf Fuhrmann Grad 3, R0, dem Farbstoff Indocyaningrün (ICG). Tumoren mit einem Durchmes- und Zysten stellen sich meist hypofluoreszent ser von 1,5 cm. dar und sind deshalb gut vom normalen Nieren- parenchym abgrenzbar. Die roboterassistierte Operation für die Partielle Ischämie anspruchsvolle ablative und rekonstruktive der rechtsseitigen Nierenteilresektion hat sich in der Klinik für Einzelniere. Die Pars intermedia und der Urologie bewährt. Intra- und postoperative Nierenoberpol sind gut Komplikationen und die Hospitalisationsdau- vaskularisiert (grüne er sind im Vergleich zur offenen Operation Farbe: Indozyanin- signifikant geringer, die onkologischen und grün). Die Leber ist funktionellen Resultate vergleichbar. Die robo- am rechten Bildrand abgebildet. terassistierte Technik ist für uns zum Standard geworden. 13
Blasenoperation und Ersatzblase Blasenoperation und Ersatzblase: vollständig roboterassistiert Am KSW findet die Zystektomie praktisch ausschliesslich roboterassistiert statt. Die Operation besteht aus dem ablativen Teil (der eigentlichen Zystektomie) sowie dem rekonstruktiven Teil, dem Anlegen einer Harnableitung mittels Dünndarm-Ersatzblase. Erstellung einer Ersatzblase Zur Erstellung der Um die Oberfläche zu Ersatzblase wird ein vergrössern, wird der Dünndarmsegment Darm eröffnet. von 50 cm isoliert und zum Stumpf der Urethra verlagert. Punkt C wird auf Punkt Punkt C wird dann auf Punkt B Anschliessend wird das Reservoir verschlos- D vernäht, so dass ein vernäht, so dass ein sphäri- sen und die Harnleiter werden eingenäht. Reservoir geformt wird. scher Körper entsteht. 14
Roboterchirurgie ohne Laparotomie Die Ersatzblase wird mit Nähten am Stumpf der durchtrennten Urethra Das Urothelkarzinom der Harnblase ist epide- fixiert. Gezeigt wird eine fortlaufende Naht, wobei mit dem rechten Roboter- miologisch ein zunehmend relevantes Krank- arm der Stich an der Ersatzblase erfolgt. heitsbild. Während das oberflächliche Karzi- nom lokal mittels TUR-B meist beherrschbar ist, indiziert spätestens die Muskelinvasion (pT2) ein chirurgisches Vorgehen. Die Zyst- ektomie besteht einerseits aus dem ablativen Anteil, bei dem die Harnblase entfernt wird, andererseits aus dem rekonstruktiven Anteil zur Erstellung einer inkontinenten oder kon- tinenten Harnableitung. Obwohl der ablative Anteil heute häufig roboterassistiert durch- geführt wird, erfordert die Rekonstruktion der Harnwege meist eine Laparotomie, um die Dünndarmnähte anzulegen. Am KSW wird die Zystektomie seit der Premiere im Jahr 2014 fast ausschliesslich komplett intrakorporal durchgeführt. Das be- deutet, dass der Bauchraum auch zur Anlage einer kontinenten oder inkontinenten Harnab- leitung nicht weiter als über die Mini-Inzisio- Beide Harnleiter sind eröffnet und am distalen Ende mit einem Klipp fixiert. nen der Trokare eröffnet wird. In dieser Position werden die Öffnungen der Harnleiter anastomosiert. Ohne Laparotomie verlieren Patienten in- traoperativ weniger Flüssigkeit und Wärme. Weil weniger Analgetika verabreicht werden müssen, geht die Mobilisation und somit auch die Rekonvaleszenz wesentlich schneller vor sich. Um den Urinabfluss zu gewährleisten und die Anastomosen vor dem Urin zu schützen, werden kurz vor Vollendung der Naht Ureterschienen eingelegt. 15
Roboterassistierte rekonstruktive Eingriffe Roboterassistierte rekonstruktive Eingriffe Durch die Weiterentwicklung der endoskopischen Verfahren hat sich die operative Endoskopie auch in der Beckenbodenchirurgie etabliert. Laparoskopische Opera- tionstechniken verbinden die Vorteile der klassischen Techniken mittels Bauch- schnitt mit jenen der weniger belastenden Technik der Schlüssellochchirurgie. Sakrokolpopexie Urologie seit 2010 durchgeführt. Dieser robo- Die Sakrokolpopexie dient der Wiederherstel- terassistierte Eingriff bringt grosse rekonst- lung des Beckenbodens bei Senkungserkran- ruktive Vorteile mit sich und erzielt gleich gute kungen. Bei der roboterassistierten laparo- postoperative Ergebnisse wie die offene Ope- skopischen Sakrokolpopexie wird eine Fixation ration. Die laparoskopische Sakrokolpopexie der vorderen und der hinteren Vaginawand im ist zudem mit einer deutlich geringeren post- Bereich des Promontoriums vorgenommen. operativen Morbidität und einer rascheren Dazu wird ein dauerhaft im Körper verblei- Rekonvaleszenz verbunden. In der Urologie bendes Kunststoffnetz eingesetzt, wodurch werden damit insbesondere symptomatische die Anatomie wiederhergestellt wird. Die Sa- Zystozelen mit Restharnbildung, obstruktiver krokolpopexie ist eine wichtige Methode der Miktion und rezidivierenden Infekten erfolg- Deszensusoperation und wird an der Klinik für reich behandelt. Kunststoffnetz Enddarm Gebärmutter Blase 16
Blase Peritoneallappen Harnleiter Vaginalnaht eröffnete Blase Sicht auf die eröffnete Blase mit Durchzug des Ureterstumpfes in die Präparation des gestielten Peritoneallappens Blase Ureterozystoneostomie Vesikovaginale Fistel Eine Verengung des Harnleiters, die den Urinfluss von Vesikovaginale Fisteln können zu chronischen Blasen- der Niere zur Blase behindert, kann unterschiedliche Ur- entzündungen und Harninkontinenz führen. Sie entste- sachen haben, beispielsweise in den unteren Harnleiter hen beispielsweise nach geburtshilflichen oder gynä- einwachsende Tumoren, Entzündungen des Harnleiters kologischen Eingriffen, durch Verletzungen oder nach und der umgebenden Organe, oder sie kann als Folge ei- Bestrahlung im Beckenbereich. Je nach Vorerkrankung ner Bestrahlung des Unterbauchs auftreten. Damit der und genauer Lokalisation der Fistel wird in der Klinik Urin aus der Niere wieder ungehindert in die Blase flies- für Urologie minimalinvasiv der sogenannte Da-Vinci- sen kann, muss die Verengung entfernt und der dabei Fistelverschluss durchgeführt. Oft steht nach der Vor- entstehende Defekt überbrückt werden. Der Harnleiter operation oder der Bestrahlung zu wenig gutes Gewebe wird kopfwärts durchtrennt und der verengende Anteil zur Verfügung, so dass zusätzlich körpereigenes Gewebe entfernt. Die dafür angewendeten Operationstechni- zum Fistelverschluss verlagert werden muss. Dazu wird ken der Harnleiterneueinpflanzung im distalen Teil des nach dem Ausschneiden des Fistelgangs zwischen Blase Harnleiters sind hauptsächlich die Psoas-Hitch-Technik und Vagina ein Peritonealflap eingelegt. und die Boari-Plastik. Wichtig ist die spannungsfreie Anastomose zwischen Harnleiter und Blase durch Mobi- lisation und Fixation der Blase an der Sehne des Psoas- muskels. 17
Da-Vinci-System – der 1000. Patient Siegeszug der Schlüssellochchirurgie Dank Prof. Dr. med. Hubert John und seinem Team verfügt das Kantonsspital Winterthur über eine der höchsten Expertisen auf dem Gebiet der roboter- assistierten Chirurgie in der Urologie. Minimalinvasive Prostataoperationen gehören mittlerweile zum Standard und bieten eindrückliche Vorteile. Ein Operationssaal im Kantonsspital Winter- dieser Operationstechnik erkannte Prof. John thur. Auf dem Operationstisch liegt ein älterer bereits vor Jahren. «Wenn man das Operati- Patient, bei dem aufgrund eines Prostatakar- onsfeld besser sieht und präzisere Bewegun- zinoms die Prostata entfernt werden muss. gen machen kann als von Hand, muss das Re- Während man früher eine offene Operation mit sultat konsequenterweise besser ausfallen», Hilfe eines Bauch- oder Dammschnitts durch- beschreibt der Schweizer Spitzenmediziner führte, hat sich heute die minimalinvasive robo- seine damalige und heutige Überzeugung. MRI der Prostata tergestützte Technik mit dem Da-Vinci-System Als Prof. John im September 2002 zusam- mit Prostatakrebs etabliert. Mit dem Verfahren werden bessere men mit seinem Assistenten und Robotik- Resultate erzielt, die Patienten haben weniger spezialisten Kevin Horton in der Schweiz die Schmerzen, die Behandlungszeit ist wesentlich erste roboterassistierte urologische Opera- kürzer und komplikationsärmer. Zwei oder drei tion durchführte, sah er sich mit verschiede- Mal täglich kommt die schonende und äusserst nen Vorbehalten konfrontiert. «Weltweit wa- präzise roboterassistierte Operationstechnik in ren damals erst 600 Eingriffe durchgeführt der Urologie am KSW zum Einsatz – Prof. Dr. worden. Es brauchte viel Mut, um trotz aller med. Hubert John und sein Team haben bereits Widerstände an dieser innovativen Techno- Eröffneter Harn- über 1000 Patienten mit Unterstützung des Da- logie festzuhalten. Am Anfang wurde ich von blasenhals Vinci-Roboters operiert. Prof. John sitzt einige Meter vom Patien- ten entfernt an einer Konsole. Er gehört zu Minimale Belastung, den führenden europäischen Spezialisten auf dem Gebiet des minimalinvasiven und roboter- höchste Präzision assistierten Verfahrens in der Urologie. Hoch konzentriert schaut er auf den Bildschirm und steuert über zwei Joysticks und über Pedale Absetzen der die Kamera und die drei Instrumentenarme im allen Seiten massiv attackiert», erinnert sich Harnröhre Körper des Patienten. Jeder Schritt ist stan- Prof. John. Als immer mehr Kliniken und Spi- dardisiert und das Team perfekt aufeinander täler den Wert dieser revolutionären Technik abgestimmt. erkannten, war Prof. Johns Expertise welt- Auf seinem Bildschirm sieht Prof. John weit gefragt. So führte er – meist zusammen ein dreidimensionales und bis zu zehnfach mit Kevin Horton – beispielsweise in London, vergrössertes Bild des Operationsfeldes. Der Athen, Rom, Dresden, Mainz und Zypern Rechner «übersetzt» seine Hand-, Finger- und die ersten Da-Vinci-Operationen als Proctor Fussbewegungen und leitet die entsprechen- durch. Er baute die Da-Vinci-Programme am Nähen der Harn- den Befehle an die minimalinvasiven Opera- Universitätsspital Zürich (2002), an der Kli- röhre an die Harn- blase nach Prostata- tionsinstrumente weiter. Ein Tremorfilter nik Hirslanden (2005), an der Universitäts- entfernung eliminiert die feinen, bei jedem Menschen auf- klinik Tübingen (2008) und am KSW auf, wo tretenden Zitterbewegungen. Eine so exakte er seit 2009 tätig ist. Im Da-Vinci-Programm Schnittführung kann ein Operateur selbst mit am KSW steckt die jahrelange Expertise von viel Erfahrung und höchster Konzentration Prof. John und seinem Team. Bis heute hat der 18 von Hand nicht erreichen. Den hohen Nutzen Urologe bereits über 2000 roboterassistierte
Operationen durchgeführt. Dieses Wissen gibt er an seine Kolleginnen und Kollegen weiter. So wurden in den letzten fünf Jahren am KSW fünf Konsolenchirurgen ausgebildet – so viele Roboterassistierte Operationen: weniger Schmerzen, kürzere Behandlungsdauer wie sonst nirgendwo in der Schweiz. Während Schon wieder fit: Herr Krämer ist der 1000. Patient, der am KSW der mindestens drei Jahre dauernden struk- mit Hilfe des Da-Vinci-Operationsroboters operiert wurde. turierten Ausbildung nehmen die Mediziner (Links: Prof. Dr. med. Hubert John, Chefarzt Klinik für Urologie; an mindestens 200 Operationen teil, bevor sie rechts: Markus Krämer) selbständig Eingriffe vornehmen. Die Robotic Master Class einmal pro Jahr vereint interna- tionale Robotikexperten am KSW, wobei zu- sammen innovative Techniken vorgenommen Da-Vinci-System – und diskutiert werden. der 1000. Patient Vorreiterrolle bei Blasenableitung Heute gehört der äusserst schonende mini- Herr Krämer, was hat Sie dazu bewogen, den roboter- malinvasive Eingriff vor allem bei der krebsbe- assistierten Eingriff am KSW vornehmen zu lassen? dingten Prostataoperation am KSW zum Stan- Markus Krämer: Der Termin für den konventionellen dard – wie aber inzwischen auch komplexe Eingriff stand bereits fest, als ich von der roboterassistier- Operationen an der Niere und der Harnblase. ten Operationsmethode am KSW erfuhr. Schon bald war So haben Prof. John und sein Team am KSW mir klar, dass im KSW schweizweit die höchste Kompetenz die intrakorporale Anlage der Dünndarm-Er- im Einsatz des Da-Vinci-Roboters in der Urologie liegt. satzblase als erste Schweizer Klinik in die Rou- Drei Wochen vor dem Termin entschied ich mich um. tine umgesetzt. Die Ergebnisse sind mehr als überzeugend. «Man muss sich das einmal vor- Und wie haben Sie diesen modernen Eingriff erlebt? stellen: Morgen wird ein Patient am neunten Der Roboter ist zwar beeindruckend, aber mit einer «auto- Tag nach der Operation mit einer neuen Blase matisierten» Operation hat das nichts zu tun. Mit seinen ohne Stoma nach Hause gehen. Er nimmt nicht Werkzeugarmen ist er vielmehr der verlängerte Präzisi- einmal eine Rehabilitation in Anspruch. Bei onsarm des Operateurs. Jede Bewegung und jeder Griff der konventionellen Operationstechnik ver- wird vom Operateur an der Konsole vorgegeben und vom brachten die Patienten zwei bis drei Wochen Roboter in höchster Präzision ausgeführt. im Spital und anschliessend weitere zwei bis drei Wochen in der Rehabilitation», freut sich Wie zufrieden waren Sie mit dem Spitalaufenthalt? Prof. John. Sehr zufrieden. Als Patient wurde ich regelmässig und Nichts anderes hat die Urologie in den letz- zeitnah über das aktuelle und weitere Vorgehen orientiert. ten 15 Jahren stärker revolutioniert als die Ro- Auch konnte ich erleben, wie gut die Ärzteschaft und botik. In der Urologie werden die grossen Ope- der Pflegedienst zusammenarbeiten. Das alles zeugt von rationen mittlerweile fast vollständig mit der einem hochstehenden Qualitätsmanagement. sogenannten Schlüssellochtechnik durchge- führt. «Technisch und endoskopisch sind wir in der Urologie seit je sehr fortschrittlich. Die Robotik hat ihren Siegeszug längst angetreten und wird nicht aufzuhalten sein. Die Instru- mente werden weiterentwickelt, und die Robo- tik wird am KSW auch in anderen Fachgebie- Operationen bin ich jeden Tag mit Freude an ten wie zum Beispiel in der Viszeralchirurgie der Arbeit. Das Programm läuft sehr ruhig, und der Gynäkologie vermehrt zum Einsatz das Team ist eingespielt, ich fühle mich absolut kommen.» Prof. Johns Begeisterung für die entspannt und begrüsse deshalb auch immer technischen Möglichkeiten widerspiegelt sich gerne Kollegen, die unser Robotikprogramm in seinem Engagement: «Auch nach über 2000 besuchen.» 19
KANTONSSPITAL Alle Informationen im Internet WINTERTHUR www.ksw.ch/urologie Brauerstrasse 15 Postfach 834 8401 Winterthur Tel. 052 266 21 21 info@ksw.ch www.ksw.ch Kontakt und Anmeldung Wer Sie betreut Departement Chirurgie Prof. Dr. med. Hubert John Dr. med. Christian Padevit Klinik für Urologie Chefarzt Stv. Chefarzt Tel. 052 266 29 82 Tel. 052 266 29 83 Sekretariat hubert.john@ksw.ch christian.padevit@ksw.ch Tel. 052 266 29 82 Fax 052 266 45 03 urologische.klinik@ksw.ch www.ksw.ch/urologie Montag–Freitag: Dr. med. Anja Sauck Dr. med. Beat Förster 8.00–12.00 Uhr Oberärztin Oberarzt 13.30–17.00 Uhr Tel. 052 266 37 82 Tel. 052 266 29 91 anja.sauck@ksw.ch beat.foerster@ksw.ch Patientendisposition Tel. 052 266 33 85 patientendisposition1@ksw.ch Montag–Freitag: Dr. med. Nadim Abo Youssef Dr. med. Christoph Schregel 7.30–17.00 Uhr Oberarzt Oberarzt Samstag, Sonntag, Feiertage: Tel. 052 266 29 98 Tel. 052 266 41 71 8.00–15.00 Uhr nadim.aboyoussef@ksw.ch christoph.schregel@ksw.ch Regula Stadler Sabrina Rüegg Abteilungsleiterin Pflege Stv. Abteilungsleiterin Pflege Tel. 052 266 24 69 Tel. 052 266 25 87 regula.stadler@ksw.ch sabrina.rueegg@ksw.ch Esther Bosshard Assistentin Chefarzt Leitung Ambulatorium/Sekretariate Tel. 052 266 29 82 esther.bosshard@ksw.ch 6/2021 | 6. Auflage 300 Exemplare | © Kantonsspital Winterthur
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