Kooperationen beim Netzausbau und Kartellrecht - Dr. Christian Bahr

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Kooperationen beim Netzausbau und Kartellrecht - Dr. Christian Bahr
Kooperationen beim Netzausbau
und Kartellrecht
Dr. Christian Bahr

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Einleitung

• Hintergrund: Die "4-Säulen-Strategie" der BReg
   – Nutzung von Synergien beim Infrastrukturausbau
   – Unterstützende Frequenzpolitik
   – Finanzielle Förderung
   – Wachstums- und innovationsorientierte Regulierung
       • Schaffung von Rechtssicherheit durch BNetzA und BKartA
• BNetzA, Eckpunkte über die regulatorischen Rahmenbedingungen für
  die Weiterentwicklung moderner Telekommunikationsnetze und die
  Schaffung einer leistungsfähigen Breitbandinfrastruktur
• MonKom, Sondergutachten Telekommunikation 2009
• BKartA, Positionspapier Glasfaserausbau, Januar 2010

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Kooperationsformen

•   Grad / Umfang der gemeinsamen Infrastrukturnutzung
     – Paralleler Netzausbau:
          • Partner betreiben eigene Netze / Gemeinsame Nutzung von MFG und Lehrrohren
     – Komplementärer Netzausbau:
          • Partner teilen Gebiete auf
•   Organisationsform
     – Vertragliche Kooperation oder Gründung eines GU
•   Beteiligte
     –   Mit oder ohne DTAG
     –   Mit oder ohne eigene DSL-Teilnehmernetze
     –   Mehrere Stadt- oder Regionalnetzbetreiber
     –   Mehrere Telekommunikationsanbieter
     –   Mehrere Netzebenen (z.B. Regionalnetz und IP-Backbone)
     –   TKU und Energie- oder Wasserversorger
     –   TKU und Gemeinden
•   Betroffene Regionen
     – "weiße Flecken" oder FTTx-Ausbau

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Überblick

                          Kartellrecht

   Fusionskontrolle          Kartellverbot             Missbrauchsverbot
   (FKVO, § 35 ff. GWB)   (Art. 101 AEUV; § 1 GWB)   (Art. 102 AEUV; §§ 19, 20 GWB)

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Das Kartellverbot (Art. 101 AEUV; § 1 GWB)

   Vereinbarungen zwischen Unternehmen, […] die eine
   Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des
   Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, [und geeignet sind,
   den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen],
   sind verboten.

   - Vereinbarung: (+)
   - Zwischen Unternehmen (+) (Ausnahme Gemeinden?)
   - Wettbewerbsbeschränkung?

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„Bezweckte“
Wettbewerbsbeschränkungen

• „Hardcore“-Beschränkungen
   – Nachweis tatsächlicher Auswirkungen auf den Wettbewerb nicht
     erforderlich
• Zwischen Wettbewerbern (horizontal)
   – Preise und Preisbestandteile
   – Aufteilung von Märkten oder Kunden
   – Produktions- und Absatzbeschränkungen
• Zwischen Nicht-Wettbewerbern (vertikal): Beschränkungen des Käufers
  im Hinblick auf
   – Wiederverkaufspreise (Ausnahme: Höchstpreise und UVP)
   – Kunden und Gebiete
• „Schwarze Listen“ der GVOen

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„Bewirkte“
Wettbewerbsbeschränkungen

•   Haben die Parteien Marktmacht?

•   Bagatellbekanntmachung: 10% (15%) Marktanteil

•   Horizontalleitlinien
     – F&E, Produktion, Einkauf, Verkauf, Normierung, Umwelt

•   Gruppenfreistellungsverordnungen
     – FuE
     – Spezialisierung (Produktionsvereinbarungen)

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Wettbewerbsbeschränkung

• Betroffene Märkte
   – Bundesweiter Breitbandanschlussmarkt für Endkunden
       • u.a. VDSL, ADSL, Kabel (BKartA, 3.4.2008 - KDG/Orion)
   – Bundesweiter Markt für Bitstromzugangsprodukte
       • u.a. VDSL-Bitstrom, ADSL-Bitstrom, Bitstromzugang zu FTTB
   – Bundesweiter Markt für den Zugang zur TAL

• Beschränkung des Infrastrukturwettbewerbs durch FTTx-Ausbau?
   – TK-Netze sind duplizierbar
   – Je umfangreicher die eigene Infrastruktur, umso größer der
     individuelle Preissetzungsspielraum
   – Unterscheide zwischen komplementärem und parallelem Netzausbau

• Preis- und sonstige Absprachen

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Komplementärer Netzausbau

•   Gebietsaufteilung mit wechselseitiger Zugangsgewährung
•   Im Grundsatz keine Hardcore-Vereinbarung, da Wettbewerb auf dem Breitband-
    Endkundenmarkt erhalten bleibt (a.A. MonKom)
•   Aber ggf. bewirkte Wettbewerbsbeschränkung:
     – durch Rückgang des xDSL-Angebots, wenn die Partner im Gebiet bereits auf
        Grundlage der DTAG-TAL mit infrastrukturbasiertem Angebot tätig sind
          • In diesem Fall wird Infrastrukturwettbewerb in Bitstromzugang umgewandelt
          • Positiver zu beurteilen, wenn Ausbau FTTB-basiert, da dann Alternative zur DTAG-TAL
            geschaffen wird (Intensivierung des Infrastrukturwettbewerbs)
      – durch (Teil-)Verzicht auf parallelen Ausbau (z.B. in dicht besiedelten
         Innenstadtregionen)
      – Arbeitsgemeinschaftsgedanke: Wären die Partner ohne die Kooperation in den
         betroffenen Gebieten gar nicht tätig geworden?
•   Keine Wettbewerbsbeschränkung, wenn keiner der Partner im betreffenden Gebiet mit
    infrastrukturbasierten Breitbandanschlüssen aktiv ist und die Beteiligung ausschließlich der
    Erschließung eines solchen Gebietes dient
•   Beteiligung der DTAG kann Zugangsmöglichkeiten Dritter zum DTAG-Netz verschlechtern

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Paralleler Netzausbau

• Wettbewerbsbelebung zwischen den Beteiligten:
   – Ausbau eigener Netze bis zum MFG
   – Gemeinsame Nutzung / Aufbau von MFG und Lehrrohren
   – Zugang zur TAL der DTAG

• Verschlechterung der Bedingungen für Dritte:
   – Abbau von HVt?

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Preis- und sonstige Absprachen

• Abstimmung der Preise für (Bitstrom-)Zugangsprodukte für Dritte ist nicht
  freistellungsfähig (Ausnahme: GU)

• Gemeinsame Vermarktung von Vor- oder Endprodukten stellt ebenfalls
  Wettbewerbsbeschränkung dar

• Informationsaustausch muss auf das für die Netzplanung und den
  Netzausbau erforderliche Maß beschränkt sein

• Spürbarkeit? => Welche Unternehmen / Gebiete
   – DTAG: idR spürbar
   – Bundesweit / regional?

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Freistellung? (Art. 101 Abs. 3 AEUV; §2 GWB)

  •   Voraussetzungen für eine Freistellung vom Verbot:
       – Effizienzgewinne (bessere oder billigere Produkte)
       – Angemessene Beteiligung der Verbraucher
       – Verhältnismäßigkeit der Beschränkungen
       – Keine Ausschaltung des Wettbewerbs

  •   Konkretisierung durch GVOen und Leitlinien

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Freistellungsfähigkeit

•   Effizienzen
     – Umfangreicherer Ausbau der Netze => verbesserter Zugang auf dem
         Breitbandanschlussmarkt für Endkunden
     – Kosteneinsparungen
•   Verbraucherbeteiligung
     – durch Qualitätssteigerung und / oder Preissenkungen
     – Bei Beteiligung DTAG Abwägung erforderlich mit negativen Auswirkungen
         auf Zugangsmöglichkeiten Dritter
•   Unerlässlich, wenn ohne Kooperation der Ausbau nicht in der Form erfolgt wäre
•   Ausschaltung des Wettbewerbs eher unwahrscheinlich:
     – wenn DTAG nicht beteiligt
     – Bei parallelem Ausbau
     – Bei kleinen Gebieten
•   Voraussetzungen müssen von den Beteiligten plausibel dargelegt werden

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Missbrauchsverbot
(Art. 102 AEUV, §§19, 20 GWB)

 •   Normadressat: marktbeherrschende Unternehmen
      – wichtigstes Indiz: Marktanteil
          • Deutschland: 33% (Vermutungsregel)
          • EU: 40% (Entscheidungspraxis)
      – Nationales Recht kann strenger sein!
          • D: nach §2 GWB freigestellte Kartelle

 •   Missbräuchliche Verhaltensweisen
      – Behinderungsmissbrauch
          • (Preis-)diskriminierung
          • Lieferverweigerung
      – Ausbeutungsmissbrauch

 •   => Diskriminierungsfreier Zugang für Dritte

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Fusionskontrolle

 • Anmelde- und Genehmigungspflicht von Zusammenschlüssen
    – Strukturänderungsmaßnahmen
    – Anteils-, Kontroll- oder Vermögenserwerb
 • Erst ab bestimmter Größenordnung (Umsatzschwellen)
    – Deutschland: €500 Millionen weltweit; €25 + €5 Millionen in D
    – EU: €2,5 Milliarden weltweit; €100 Millionen EU (vereinfacht)
 • Verbot des Vollzugs vor Genehmigung
 • Kein Konzentrationsprivileg in D (parallele Anwendbarkeit von § 1 GWB,
   Art. 101 AEUV)

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Fusionskontrolle - Materielle Prüfung

• Materielle Prüfung: Entstehung oder Verstärkung einer
  marktbeherrschenden Stellung
• DTAG hat "beträchtliche Marktmacht" = marktbeherrschende Stellung
   – Gründung eines GU mit anderem TKU führt zur Verstärkung der
     marktbeherrschenden Stellung auf den betroffenen Endkunden- und
     Vorleistungsmärkten
   – Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen auf anderen Märkten?
     (Abwägungsklausel)
       • Belieferung von Endkunden mit Fernseh- und Rundfunksignalen (IPTV)
• Ministererlaubnis (gesamtwirtschaftliche Vorteile / überwiegendes
  Interesse der Allgemeinheit)

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Kontakt

          Dr. Christian Bahr
          E-Mail: bahr@sbr-net.com
          Tel: + 49 211 68 78 88 35
          Fax: + 49 211 68 78 88 68
          Mobil: + 49 177 74 73 88 0
          SBR Schuster Berger Bahr Ahrens
          Rechtsanwälte
          Nordstraße 116
          D-40477 Düsseldorf

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