Kosten und Nutzen in der ambulanten Medizin - Vaduz, 15. März 2005 Thomas D. Szucs Universität Zürich
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Kosten und Nutzen in der ambulanten Medizin Vaduz, 15. März 2005 Thomas D. Szucs Universität Zürich 16.03.2005
Übersicht Welches sind die ökonomischen Herausforderungen? Was sind die strategischen Optionen? Die Rolle des Arztes in der Zukunft
Was ist Ökonomie? “Die Lehre, wie Menschen und Gesellschaften letzendlich KNAPPE RESSOURCEN WÄHLEN die eine ANDERWEITIGE VERWENDUNG hätten” Paul Samuelson, Nobelpreisträger (1980)
Studie National Bureau of Economic Research (2001) 1 zusätzliches 4 % Zunahme Jahr Lebenserwartung Sozialprodukt
Warum ökonomische Evaluationen? Alternative: Der Markt soll entscheiden, wer was erhalten soll Aber, gibt es einen perfekten im Gesundheitswesen?
Marktversagen im Gesundheitswesen Patient: Informationsasymmetrie Arzt: entscheidet (Agent) Kasse: keines von beidem
Philosophische Wurzeln der Kosten-Nutzen-Erwägungen John Stuart Mill Jeremy Bentham Utilitarismus „Diejenige Handlung ist moralisch richtig, die das Wohlergehen aller von der Handlung betroffenen maximiert“
Alles ist relativ…
US$ pro gerettetes Lebensjahr Ch 10000 100000 1000000 10000000 lo r ie r un g T ri nkw ass e r 31000 Se ku nd är prä ve n ti on Tengs TO, Risk Analysis 1995 33000 A ir bag 42000 K in de rsi c her Bo de e Feu Prävention nb e leu erz eu cht ge un Umweltschutz g 42000 No tau sgä ng e Flu Transportsicherheit gz e ug 54000 Pri mä rpr äve n ti on 94800 Ers te Hil Ve fe Ku rb o rs tC Au h lo t of rb e ahr nz i er nat 180000 Pe stiz id e Zit rus f rü ch Sit te zgu rt 1200000 e In sa s sen Sc hu Ve kb uss rb o tA e sb 2800000 e st Ve rp a nicht-medizinischer Massnahmen cku Kosten pro gerettetes Lebensjahr ng sm ate ria l 5700000
Was ist Medizinökonomie? Bewertung von Kosten und Nutzen der Pharmakotherapie als Entscheidungshilfe Ist das Pharmakon sein Preis wert?
Was ist Medizinökonomie NICHT? Methode, um zu zeigen, welches Leistung Kosten reduziert Methode, die eine kollektive klinische oder finanzielle Entscheidungsverantwortung überflüssig macht Methode, welche verteilungsneutrale Ergebnisse liefert.
Typische Fehlurteile Teure(re) Leistungen sind nicht kosten-effektiv Billige(re) Leistungen sind kosten-effektiv.
Sind billige(re) Leistungen immer kosten-effektiv?
Kann eine teurere Leistung kosten-effektiv sein?
Die Zukunft aus ökonomischer Sicht
Strategische Optionen
Drei strategische Optionen 1. Downsizing 2. Upsizing („big is beautiful“) 3. Resizing (focused factories)
Module der Vernetzung Kommunikation Präsenz Qualitätssicherung Module der Vernetzung Neue Verträge und Gemeinsames Aufgabenfelder Praxismanage ment
Integrierte Versorgungssysteme Horizontale Kooperation (Praxisnetze) Vertikale (sektorübergreifende) Kooperation (ambulant-stationär) Indikationsbezogene Kooperation (Diabetes) Teilbereiche der Versorgung umfassend die gesamte Versorgung umfassend
Um Ihr Leistungsspektrum patientengerecht gestalten zu können, müssen Sie folgendes überprüfen: Wie sieht mein Angebots-Mix aus? Wie viel Prozent Kassenleistungen, wie viel Prozent aus direkter Liquidation, d.h. nicht kassenpflichtige Leistungen? Passt mein Angebot zu meinen PatientInnen? (dafür brauchen Sie die Patientengut-Analyse) Ist die Ausstattung und Präsentation meiner Praxis zeitgemäss und patientengerecht? Welches Image hat meine Praxis? Langweilig? Modern? Exklusiv? (Patientenbefragung) Verfüge ich über Differenzierungs- und Profilierungsinstrumente?
Wer ist für Sie ein guter Arzt? 86% der gründlich untersucht, ob ich eine schwere Erkrankung habe 84% der sich ausreichend Zeit nimmt 67% der mich schnell überweist 44% der mir sympathisch ist 44% der telefonisch auch am Wochenende erreichbar ist 14% der mir Medikamente verschreibt, die ich will 7,8% der mich krankschreibt, wenn ich will Focus Umfrage 2000
Wofür wären Sie bereit, mehr Geld auszugeben? 40%: wenn der Arzt bei schweren Erkrankungen von sich aus einen Spezialisten zu rate zieht 40%: für mehr Qualität in der medizinischen Versorgung 36%: für aufwendige Diagnosemethoden 24%: wenn mein Hausarzt mich besser versorgt 18%: für einen Arzt, der mehr mein Gesundheitsberater wäre (Prävention) 17%: mehr Zeit für ein Gespräch mit dem Arzt 11%: keine Wartezeit in der Praxis Focus Umfrage 2000
Multiplikation von Erfahrungen in der Arztpraxis Positive Erfahrungen Negative Erfahrungen 4 - 5 Personen 9 - 12 Personen Damsey, 1993 erfahren sie erfahren sie
Die Rolle des niedergelassenen Arztes in der Zukunft
Effektive & effiziente Anreiz- Medizin strukturen Evaluation & Rechenschaft Populations- Management bezogene und Führung Medizin
1. Effektive und effiziente Medizin Verbesserte Wertschöpfung durch ↓ der Variabilität & bessere Koordination Nutzen von Skaleneffekten Verlust individueller Autonomie zugunsten verbesserter Prozesse (Kultur) ↑ Abstimmung Spezialist & Generalist
2. Anreizstrukturen • Umwandlung globaler Anreize in individuelle Anreize • Kombination finanzieller und nicht- finanzieller Anreize • Ergebnis- und prozessorientierte Vergütungsformen (pay for results)
Ökonomisch verursachte Qualitätsprobleme Beispiel Australische Fallpauschalen HO4B Cholezystektomie ohne Komplikation CHF 2850 HO4A ... mit post-operativer Komplikation CHF 5700 HO4A ... mit Verletzung Gallengang CHF 5700 HO4A ... mit Verletzung Darm CHF 5700 HO4A ... mit verlorenem Clip CHF 5700 H02B ... Gallengangsnaht CHF 11700
3. Management und Führung Strategie Strategie Qualitäts-und Qualitäts- und Schlüssel- Organisations- Organisations- Prozessmanagement Prozessmanagement Faktoren entwicklung entwicklung Kostenrechnung Kostenrechnung Budget Budget
Neues Bild des Leistungserbringers ...zum technologiegestützten Team-Player Vom „Einzelkämpfer“...
4. Populationsbezogene Medizin Individuum und erweiterte Behandlungs-population berücksichtigen (Versicherungs- modell, Klinik, Ärztenetzwerk) Ausweiten der Arztrolle im Blick auf Bevölkerungsgruppen
Verteilung der Gesundheitsausgaben 1% der teuersten Patienten: 30% der Ausgaben Teuerste 5% der Patienten: 58% der Ausgaben “Billigste” 50% der Patienten: 3% der Ausgaben aus Pareto
5. Evaluation und Rechenschaft • Investition in klinische Informationssysteme • Klinische Information wichtig für Qualitätssicherung in Echtzeit Berichterstattung und Rechenschaft nach Aussen Verfolgen von Patienten, um Langzeittrends zu erkennen
Schlussfolgerungen
If you don‘t measure it, you can‘t manage it! Peter Drucker
Konsequenzen für die Leistungserbringer Massnahmen auf Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen mit entsprechender Überprüfungsverfahren beurteilen. Ressourcen dorthin umverteilen, wo sie den grösstmöglichen Nutzen erzielen. Lernen über Kosten und Nutzen nachzudenken und sich auf ergebnisorientierte, pauschalierte Leistungsvergütungen einstellen. Ökonomische Terminologie aneignen.
Sparen wir uns nicht zu Tode!
Ein Schlusswort... „Es gibt kaum etwas auf dieser Welt, das nicht irgend jemand ein wenig billiger machen oder etwas billiger verkaufen könnte, und die Menschen, die sich nur am Preis orientieren, werden die gerechte Beute solcher Machenschaften. Es ist unklug, zuviel zu bezahlen, aber es ist noch schlechter, zu wenig zu bezahlen. Wenn Sie zuviel bezahlen, verlieren Sie etwas Geld, das ist alles. Wenn Sie dagegen zu wenig bezahlen, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann. Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten. Nehmen Sie das niedrigste Angebot an, müssen Sie das Risiko eingehen, etwas hinzuzurechnen. Und wenn Sie das tun, dann haben Sie auch genug Geld, um für etwas besseres zu bezahlen.“ John Ruskin engl. Sozialreformer (1819-1900)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sie können auch lesen