LIEBE LESERINNEN UND LESER, BUB " FORUM BIBLIOTHEK UND INFORMATION
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EDITORIAL Liebe Leserinnen und Leser, unsere Fachzeitschrift BuB wird vom Berufsverband Information Bibliothek (BIB) getragen, sie ist aber inhaltlich unabhängig. Um das zu gewährleisten, gibt es eine zweiköpfige, journalistisch besetzte Redaktion, einen Beirat und ein Herausgebergremium. Die Namen hinter den Funktionen finden Sie im Impressum die- ser Zeitschrift. Das Herausgebergremium wird alle drei Jahre ge- wählt. Es setzt sich zusammen aus zwei HerausgeberInnen, die von der BIB-Mitgliederversammlung gewählt werden, und einem beziehungsweise einer vom BIB-Vorstand delegierten Herausge- berIn. Gemeinsam mit der Redaktion stimmen die Herausgeber die Inhalte von BuB ab und setzen Akzente. Während des Bibliothekartages 2018 müssen die Herausge- ber neu gewählt werden. Dafür werden geeignete Kandidatinnen und Kandidaten gesucht. Wenn Sie also Interesse haben, BuB fachlich auf der Höhe zu halten, weiterzuentwickeln und noch in- teressanter für alle in unserer Branche Tätigen zu machen, wenn Sie darüber hinaus einen guten Überblick über die Bibliotheks- landschaft haben und gut vernetzt sind, dann bewerben Sie sich doch bitte als HerausgeberIn. Ihre Bewerbung muss bis zum 11. Dezember beim Wahlausschuss eingehen, entweder per E-Mail an wahlausschuss@bib-info.de oder per Post an Kristina Lippold (Wahlangelegenheit – persönlich), BIB-Geschäftsstelle, Postfach 13 24, D-72703 Reutlingen. Dr. Carola Schelle-Wolff, Sprecherin der BuB-Herausgeber Darüber hinaus finden zur selben Zeit die Wahlen zum BIB-Vor- stand statt. Auch hier werden noch KandidatInnen gesucht, die die Geschicke des größten bibliothekarischen Berufsverbands in den nächsten drei Jahren maßgeblich mitbestimmen möchten. Der Bundesvorstand besteht aus der/dem Vorsitzenden, zwei stellvertretenden Vorsitzenden und maximal zwei weiteren Mit- gliedern, die gemeinsam möglichst breit die gesamte Mitglied- schaft repräsentieren sollen. Alle Mitglieder des BIB haben die Möglichkeit, bis zum 11. Dezember Vorschläge für KandidatInnen zu unterbreiten. Selbstverständlich können Sie auch selbst Ihre Kandidatur für ein Vorstandsamt erklären. Die Vorschläge richten Sie bitte an die oben genannte Adresse. Vesna Steyer, BIB-Bundesvorsitzende BuB 69 11/2017 577
BuB Forum Bibliothek und Information 11 / 2017 FOYER LESESAAL POLITIK SCHWERPUNKT: COMPUTERSPIELE 581 Ethische Grundsätze von Bibliothek und Information Deutschland (BID) 596 Spielt Ihr Narren! Möglichkeiten für Bibliotheken durch Gaming und Gamification ÖFFENTLICHE BIBLIOTHEK (Christoph Deeg) SCHWERPUNKT 584 Die Natur als Kooperationspartner Sonnenblumen, Kräuter und Gurken 600 Kein leichtes Spiel in Bibliotheken COMPUTERSPIELE aus der Stadtbibliothek Metzingen (Ulrich Koch) Aktuelle Entwicklungen bei Spiel- konsolen, Apps und Kindersoft- Warum sollten sich Bib- ware (Thomas Feibel) liotheken mit Gaming und AUS- UND FORTBILDUNG Gamification beschäftigen? 586 Berufsbildung im Öffentlichen Dienst Im aktuellen BuB-The- Bundesinstitut für Berufsbildung menschwerpunkt ab Seite stellt mit Entwicklungsprojekt nicht-technische Berufe in den 596 zeigen wir auf, welche Fokus (Karin Holste-Flinspach) Potenziale Computerspiele bieten, aber auch welche Gefahren damit verbunden WISSEN FRAGT ... ? sind und welche rechtlichen 588 Interaktiv – International – 604 Kinder geben den Ton an Regeln einzuhalten sind. Interessen TOMMI – der Deutsche Kindersoft- Auf einen Espresso mit dem warepreis wird seit 2008 in enger Eine aktuelle Umfrage (Seite Gründer des Computerspielemuse- Zusammenarbeit mit Bibliotheken 612) belegt, wie tief Gaming ums Klaus Spieler zur »Atmosphä- ermittelt und vergeben bereits im Alltag der Biblio- re von Bibliotheken« (Dirk Wissen) (Eva-Marie Urban) theken verwurzelt ist. Computerspiele sind indes 606 Ein lohnendes Unterfangen und nicht nur für Öffentliche Bib- neue Herausforderungen Videospiele: Bestände und Services liotheken ein Thema. Ein Bei- der NCSU Libraries (Jason Jeffe- trag aus den USA beschreibt, ries, Darby Orcutt, Markus Wust) wie Gaming in den Wissen- schaftlichen Bibliotheken der 611 Zock dich ins Wochenende North Carolina State Uni- Die Stadtbibliothek Mannheim versity in Raleigh mit Erfolg TAGUNG entwickelt ein vielfältiges eingesetzt wird (Seite 606). Gaming-Angebot (Leonie Bär, 591 Die »grüne« Bibliothek steht Bernd Schmid-Ruhe) Foto: Stadtbibliothek Köln weltweit im Fokus Bericht von der ENSULIB-Konfe- renz in Berlin (Andrea Kaufmann) 612 Gaming in Bibliotheken Ergebnisse einer aktuellen Online-Befragung (Shannon Hain, 592 NACHRICHTEN Andreas Mittrowann) Foto Titelseite: NCSU (Fotomontage: Steffen Heizereder) 595 MARKT Fotos Inhaltsverzeichnis: Dirk Wissen, Stadtbibliothek Straubing, IFLA, Stadtbiblio- thek Bad Oldesloe 578
AUS DEM BERUFSVERBAND 616 Regeln für das Spielen in 634 Wrocław oder Breslau – nach fünf Bibliotheken Tagen IFLA-Bibliothekskongress in 650 Nachlese Studienreise der Das gilt es zu beachten, wenn digi- der polnischen Stadt heißt es nur Landesgruppe Thüringen tale Spiele in öffentlichen Räumen noch WrocLOVE Der Buspanne zum Trotz: BIB-Lan- angeboten werden (Holger Herzog, Impressionen vom 83. IFLA-Welt- desgruppe erkundet Bibliotheken Marlen Korn, Anja Zimmermann) kongress vom 19. bis 25. August in Freiburg und Basel (Petra Kunze) 2017 (Hella Klauser) 651 Englisch in der Bibliothek 618 Mit Gaming wird die Bibliothek Seminar der Landesgruppe Ba- zum Erlebnisraum den-Württemberg in der Mediathek E-Sport-Events eröffnen neue Lahr mit Rachel Bull (Birgit König) Chancen – bergen aber auch 652 FaMIs in Amsterdam einige Risiken / Plädoyer für eine Auszubildende besuchen auf Studi- offene Diskussion enfahrt Bibliotheken des Nachbar- (Bianca Hochstein, Romy Topf) landes (Karin Holste-Flinspach) 653 Kandidatenaufruf zur BIB-Vor- 621 Tetris auf Eimern standswahl 2018 / Projektar- Das Gaming-Event der anderen Art beitsgruppe »Tätigkeiten in GRÜNE BIBLIOTHEK Öffentlichen Bibliotheken und ihre (Bianca Hochstein, Romy Topf) 640 Ernte Deine Stadt Bewertung« gestartet Die Stadtbibliothek Bad Oldesloe 622 Angesagter Treffpunkt für alle betreibt mit ganz unterschiedli- Generationen chen Partnern nachhaltige und Das »Spielfeld« in der Stadtbiblio- grüne Bibliotheksarbeit – und er- 577 EDITORIAL thek Sterkrade lockt neue Besucher hält dafür den »IFLA Green Library an (Monika Altena) Award 2017« (Jens A. Geißler, 654 SUMMARY / RESUME Tim Schumann) 656 STELLENANZEIGEN 626 Ein Quell an Inspiration und IMPRESSUM Bestärkung Der Besuch der Gamescom lohnt sich – auch für Bibliothekare / Zwei Kölner Kolleginnen auf Europas größter elektronischer Spielemesse AB IN DIE APP! (Svenja Isken, Mariska Feil) 594 Highlight der Filmfestspiele Venedig GAMIFICATION Trailer zur Doku »Ex Libris« über die Arbeit der New York Public Library 630 Ermittlung von Kundenbedürf- nissen durch Gamification 612 Wie verbreitet sind Computerspiele? Mit den Augen der Jugendlichen: MAGAZIN Ausführliche Ergebnisse einer Be- Wie sieht der künftige Jugend- fragung zu Gaming in Bibliotheken bereich der Stadtbibliothek 642 Green Library Award für Bad Oldesloe FACHLITERATUR Ditzingen aus? (Tobias Seidl, Fotogalerie mit grünen Ideen der Cornelia Vonhof) 644 Handbuch und Lexikon zugleich ausgezeichneten Stadtbibliothek (Thomas Keiderling) 646 Bibliothek als Werkzeugkasten IFLA-WELTKONGRESS Eine neue Sicht für Entscheider 633 IFLA-Weltkongress 2017: (Ilona Muniqe) Erfahrungen eines Nachwuchssti- 647 NEUE FACHLITERATUR pendiaten (Sebastian Schultheiß) BuB 69 11/2017 579
ANZEIGE ÖFFENTLICHE BIBLIOTHEK BIETIGHEIM-BISSINGEN Raum für Entspannung Die Bibliothek liegt im historischen Zentrum von Bietigheim. Es wurde Wert darauf gelegt in diesem klassischem Umfeld eine Oase der Entspannung aber auch ein modernes Umfeld zu schaffen in dem man sich wohlfühlt. Es wurden Zonen für alle Arten von Nutzern geschaffen um Alt und Jung unter einem Dach zusammenzubringen. Besonders gelungen ist der Kinder- bereich der den Eltern die Möglichkeit gibt, ihrem Nachwuchs einen Aufenthaltsbereich zu nutzen der die Phantasie entwickelt. Raumgestaltung von Tanja Fähndrich aus unserem Designbüro WWW.SCHULZSPEYER.DE PART OF LAMMHULTS DESIGN GROUP 580
FOYER POLITIK Ethische Grundsätze von Bibliothek und Information Deutschland (BID) Präambel auf Meinungsfreiheit und auf freie Mei- • Wir wählen die Informations- nungsäußerung, wie es in Artikel 19 quellen bedarfsorientiert nach fachli- Bibliothek und Information Deutschland der Allgemeinen Erklärung der Men- chen und qualitativen Kriterien aus – (BID) e.V. ist die Dachorganisation der schenrechte der Vereinten Nationen unabhängig von persönlichen Vorlieben Bibliotheks- und Informationsverbände und in Artikel 5 des Grundgesetzes nie- und von Einflüssen Dritter. in Deutschland. Ihre Mitglieder sind der dergelegt ist, sowie aus dem Gleichbe- Deutsche Bibliotheksverband e.V. (dbv), handlungsgrundsatz nach Artikel 3 des • Wir achten auf Absendertrans- der Berufsverband Information Biblio- Grundgesetzes. parenz und Zuverlässigkeit der Informa- thek e.V. (BIB), der VDB – Verein Deut- BID und ihre Mitglieder setzen sich tionsquellen ohne Beeinflussung durch scher Bibliothekarinnen und Bibliothe- für das berufliche Handeln auf der Werbung. kare e.V., das Goethe-Institut und die Basis dieser ethischen Grundsätze ein ekz.bibliotheksservice GmbH. und unterstützen die in Bibliotheken • Wir setzen uns für die Freiheit BID hat sich mit ihren Mitgliedern Beschäftigten bei deren Beachtung. Das von Wissenschaft und Forschung ein auf die folgenden ethischen Grundsätze geschieht unter anderem durch lau- und unterstützen diese durch die Bereit- verständigt, die dem Verband, den Mit- fende Information und durch Koopera- stellung von Informationen, Daten und gliedern selbst und darüber hinaus allen tion mit verwandten Organisationen. durch die damit im Zusammenhang ste- Angehörigen des Bibliothekswesens in Der Dachverband wird auf der Grund- henden Dienstleistungen. Ausbildung und Beruf, in Forschung und lage von Vorstandsbeschlüssen in der Lehre zur Orientierung in berufsethi- Fachöffentlichkeit auch zu ausgewähl- • Wir handeln nach dem Grund- schen Fragen und als Grundsätze guten ten, grundsätzlichen ethischen Fragen satz der Offenheit (Openness), wie er Handelns dienen sollen. Sie sollen zur Stellung beziehen. sich unter anderem in Open Access, Reflexion und Diskussion über Hand- BID wird aktiv mit der Fachöffent- Open Source, Open Educational Resour- lungsprinzipien anregen und Transpa- lichkeit in die Diskussion über diese ces und Open License konkretisiert, um renz gegenüber Nutzerinnen und Nut- Grundsätze treten, diese regelmäßig einen bestmöglichen Zugang zu Infor- zern und gegenüber der Gesellschaft auch im Hinblick auf internationale Ent- mationen zu ermöglichen und die Prin- insgesamt schaffen. wicklungen prüfen und sie nach Bedarf zipien der Partizipation und Kollabora- Zu den traditionellen Aufgaben von überarbeiten. tion zu verwirklichen. Bibliotheken gehört es, Informations- dienstleistungen zur Förderung der so- • Wir engagieren uns für ge- zialen, kulturellen und wirtschaftlichen 1. Zugang zu und Vermittlung von setzliche Regelungen zum Schutz des Entwicklung bereitzustellen sowie Bil- Informationen geistigen Eigentums, die für einen dung und Wissenschaft zu unterstützen. angemessenen Ausgleich zwischen den Bibliotheken dienen damit der informa- • Wir ermöglichen einen öffent- Urheberinnen und Urhebern, den Rechte- tionellen Grundversorgung. lichen Zugang zu unseren realen und inhaberinnen und -inhabern und den Bibliotheken sind Einrichtungen virtuellen Räumen, den physischen Nutzerinteressen sorgen. ohne kommerzielle Interessen, sie sind Medienbeständen, den digitalen Res- Orte der Integration und der Kommu- sourcen und anderen allgemein zugäng- • Wir engagieren uns für die Be- nikation. Sie sind grundlegende Insti- lichen Informationsquellen. wahrung, Erschließung, Vermittlung tutionen der gelebten Demokratie und und die öffentliche Zugänglichkeit des ermöglichen die mündige Teilhabe an • Wir setzen uns für die freie kulturellen Erbes sowie von Informatio- der Gesellschaft. Meinungsbildung, für Pluralität und nen, die als Public Domain öffentliches Insbesondere daraus leitet BID eine für den freien Fluss von Informationen Gemeingut geworden sind. grundsätzliche gesellschaftliche Ver- ein, da der ungehinderte Zugang zu antwortung von Bibliotheken und der Informationen essentiell ist für demo- • Wir unterstützen bei der Re- im Bibliothekswesen Tätigen ab. Diese kratische Gesellschaften. Eine Zensur cherche und fördern die Lese-, Medien- ergibt sich insbesondere aus dem Recht von Inhalten lehnen wir ab. und Informationskompetenz. BuB 69 11/2017 581
FOYER POLITIK 2. Verhältnis zu Interessengruppen, Beispiel zur Gleichbehandlung, zum Ju- mit gesetzlichen Regelungen erbringen. Partnern und Akteuren gendschutz und zum Datenschutz. • Wir arbeiten partnerschaftlich 2.1 Nutzer, Kundinnen und Kunden • Wir unterstützen, dass die Biblio- mit Autorinnen und Autoren, Kreativen sowie allgemeine Öffentlichkeit theken als für jedermann zugängliche und und sonstigen Schöpfern urheberrechtlich gleichzeitig geschützte Räume ohne kom- geschützter Werke sowie deren Rechtein- • Wir behandeln alle Personen, die merzielle Interessen breit genutzt werden. haberinnen und -inhabern zusammen und unsere Bibliotheken und Informationsein- beachten die redaktionelle Freiheit. richtungen nutzen, im Grundsatz gleich. Informationen und Beratung erteilen wir 2.2 Unterhaltsträger sachlich, unparteiisch und freundlich. 2.4 Kolleginnen und Kollegen, • Wir erfüllen den Auftrag unserer Berufsumfeld • Wir strukturieren, präsentieren Unterhaltsträger und arbeiten mit ihnen ver- und bereiten Inhalte in einer Weise auf, die trauensvoll und regelkonform zusammen. • Fachliche Unabhängigkeit, es ermöglicht, selbständig und zielgenau Respekt, Fairness, Kooperationsbereit- Informationen zu finden und zu nutzen. • Wir betonen die fachliche und schaft, kritische Loyalität sowie die Be- inhaltliche Unabhängigkeit der bibliothe- reitschaft, aus Fehlern zu lernen, kenn- • Wir setzen uns für die gesell- karischen Arbeit von politisch motivierter zeichnen unser Verhalten. schaftliche Teilhabe durch einen ent- oder anderer sachfremder Einflussnahme. geltfreien bzw. kostengünstigen Zugang • Wir streben eine Kultur der Ko- zu unseren Beständen, den digitalen An- operation, des selbst verantworteten Han- geboten und Dienstleistungen ein. 2.3 Partnerinnen und Partner delns und des gegenseitigen Vertrauens an. • Wir engagieren uns aus Über- • Wir arbeiten nur mit Geschäfts- • Wir geben unsere Berufserfah- zeugung für die Beachtung der gesetz- partnerinnen und Geschäftspartnern zusam- rung weiter und unterstützen Berufsan- lichen Vorgaben für unsere Arbeit, zum men, die ihre Leistungen in Übereinstimmung fängerinnen und -anfänger. Beitrag zu einer offenen Diskussion Als der Leitende Redakteur von BuB, Bernd Schleh, für wurde, befasste sich schwerpunktmäßig mit den ethischen das Editorial der Januarausgabe 2016 auf Themensu- Grundsätzen im Umgang mit Kundinnen und Kunden sowie che war, fand er auf der Seite unseres Dachverbandes dem daraus resultierendem Aufgabenspektrum. »Bibliothek und Information Deutschland« (BID) die In- Das neue Papier, das nun von Heinz-Jürgen Loren- formation »Die Ethikkommission ist zurzeit nicht be- zen, Präsident von BID, am 5. Oktober 2017 in Berlin unter- setzt«. Er nannte dies eine »Misere«, im Hinblick auf die zeichnet wurde, beinhaltet weitere Aspekte, unter anderem aktuellen »Angriffe auf die Meinungsfreiheit, auf Bür- bezüglich des Zugangs und der Vermittlung von Informatio- ger- und Menschenrechte« und bezüg- nen, dem Berufsumfeld,dem Verhältnis der lich der Verteidigung unserer Demokra- Der Bundesvorstand des Kolleginnen und Kollegen zu anderen In- tie. Schleh fragte: »Sind die Bibliothe- BIB unterstützt und be- teressengruppen, Partnern, Akteuren und kare darauf vorbereitet?« grüßt diese »Ethischen Unterhaltsträgern sowie zu den Themen In- Grundsätze« der BID und tegrität und Fachkompetenz. Die Ethikkommission ist immer noch unbe- Der Bundesvorstand des BIB unter- setzt. Es hatte sich aber eine Arbeitsgruppe möchte seinen Beitrag stützt und begrüßt diese »Ethischen Grund- gefunden, um aktuelle »Ethische Grund- dazu leisten. sätze« der BID und möchte seinen Beitrag sätze« zu erstellen, die darauffolgend mit dazu leisten. Wir haben diese bereits online Fachexperten diskutiert, bei einem Workshop auf dem Bib- verbreitet und befürworten die Veröffentlichung in BuB. Wir liothekartag behandelt und im Vorstand der BID transparent möchten so zu einer offenen Diskussion und einem fachli- fortgeschrieben wurden. Allen Beteiligten gilt hierfür größter chem Dialog beitragen. Bitte lesen Sie selbst! Und wenn Sie Dank. Nun existiert nach genau zehn Jahren ein neues Papier. sich angesprochen fühlen, schreiben Sie uns Ihre Meinung. Das damalige Papier, das in Leipzig, am 19. März 2007 von Dr. Dirk Wissen, der damaligen BID-Sprecherin Barbara Lison unterzeichnet Bundesvorstand des BIB 582
FOYER POLITIK • Wir entwickeln unsere berufliche • Wir setzen uns für die Verbes- Sichtweisen unsere Dienstleistungen zu Qualifikation kontinuierlich weiter und be- serung fachlich relevanter gesetzlicher verbessern. trachten Fort- und Weiterbildung als selbst- Regelungen ein. verständliches Element unserer Arbeit. Die Grundlage für diesen Text legte eine • Wir engagieren uns in der Arbeitsgruppe aus: • Wir fördern das Engage- Vermittlung von Informationskom- ment von Kolleginnen und Kollegen petenz sowie dem ethisch korrekten Prof. Dr. Gabriele Beger in Berufs- und Fachverbänden, in der Gebrauch von Information und leis- Susanne Metz berufsspezifischen Forschung, Lehre ten dadurch unseren Beitrag zur Ver- Dr. Carola Schelle-Wolff und Fortbildung. hinderung von Manipulation durch Dr. Renke Siems Informationsverfälschung. Dr. Bernhard Tempel • Wir fördern die regionale, natio- nale und internationale Zusammenarbeit. • Wir verstehen Bibliotheken Er wurde in einem Workshop auf dem und Informationseinrichtungen als Orte Bibliothekartag am 1. Juni 2017 zur Dis- des lebenslangen Lernens und zugleich kussion gestellt und mit Ergänzungen 3. Integrität und Fachkompetenz als lernende Organisationen, die ihre und Modifikationen im BID-Vorstand Dienstleistungsstandards fortlaufend behandelt und beschlossen. • Wir bekennen uns zum Compli- verbessern. ance-Gedanken und räumen regelkonfor- Berlin, den 5.10.2017 mem Verhalten sowohl in der beruflichen • Wir streben Diversität im Kol- Praxis als auch in unseren Verbänden ei- legium an, um durch unterschiedliche gez. Dr. Heinz-Jürgen Lorenzen, nen zentralen Stellenwert ein. kulturelle, soziale und professionelle Präsident von BID DABIS_A5_quer_cl_ohne_Termin.pdf 1 15.11.2016 14:54:44 ANZEIGE BIS-C 2017 DABIS. eu Gesellschaft für Datenbank-InformationsSysteme Archiv- und Bibliotheks-InformationsSystem DABIS.eu - alle Aufgaben - ein Team Archiv Bibliothek Dokumentation Archiv / Bibliothek Synergien: WB-Qualität und ÖB-Kompetenz singleUser System multiUser Modell: FRBR . FRAD . RDA Szenario 1 + 2 Lokalsystem und Verbund Regelkonform RDA. RAK.RSWK.Marc21.MAB multiDatenbank multiServer C Web . SSL . Integration & Benutzeraccount multiProcessing multiThreading Verbundaufbau.Cloud/Outsourcing-Betrieb skalierbar performance stufenlos M Unicode multiLingual Y Normdaten GND RVK redundanzfrei multiMedia JSon Integration CM Software - State of the art - flexible MY CY 28 Jahre Erfahrung Wissen Kompetenz Portale mit weit über 17 Mio Beständen CMY Leistung Sicherheit Datenschutz K Standards Offenheit Individualität http://Landesbibliothek.eu http://bmlf.at Stabilität Partner Verläßlichkeit http://OeNDV.org http://VThK.eu Service Erfahrenheit Support http://VolksLiedWerk.org http://bmwfw.at Generierung Adaptierung Selfservice http://Behoerdenweb.net http://wkweb.at Outsourcing Cloud SaaS Dienstleistung Zufriedenheit DABIS GmbH GUI-Web-XML-Z39.50-SRU.OAI-METS Heiligenstädter Straße 213, 1190 Wien, Austria Tel. +43-1-318 9777-10 * Fax +43-1-318 9777-15 eMail: support@dabis.eu * http://www.dabis.eu Zweigstellen: 61350 - Bad Homburg vdH, Germany / 1147 - Budapest, Hungary / 39042 - Brixen, Italy Ihr Partner für Archiv-, Bibliotheks- und DokumentationsSysteme BuB 69 11/2017 583
FOYER ÖFFENTLICHE BIBLIOTHEK Die Natur als Kooperationspartner Sonnenblumen, Kräuter und Gurken aus der Stadtbücherei Metzingen »Guten Morgen, ich möchte heute Menschen staunend um die Bücherei he- zeitweise starke Belastung für die Pflege zum Gießen kommen.« So betritt Frau rum gelaufen, um sich Töpfe und Kübel und Versorgung des Gartens gerne in Jäger freundlich lächelnd die Stadt- anzuschauen. Es gab und gibt viele Ge- Kauf genommen. bücherei in Metzingen. Uns ist die spräche darüber, was da wohl wächst Seitdem der Garten die ersten Dame längst bekannt. Vor einigen Wo- und welche Obstsorten wir angepflanzt Früchte trägt, gibt es zum Beispiel regel- chen hat sie Ableger aus ihrem Garten haben. Beim Gießen kommt es regelmä- mäßig einen Salat für das Team in der bei uns abgegeben. Frau Jäger ist mit ßig zu interessanten Gesprächen und Bücherei. Die Ernte von Salaten, Kräu- ihrem Mann nach Metzingen gezogen Begegnungen. Obstsorten werden emp- tern, Kohlrabi und Gurken legen wir in und musste dabei auch ihren gelieb- fohlen und die Verwertung diskutiert. einen Korb für unsere Benutzerinnen ten Garten zurücklassen. Die beiden Den Menschen, die an der Bücherei vor- und Benutzer. Das wird gerne mitge- können nun »ihre Pflanzen« bei uns beikommen, gefällt die Aktion und sie nommen. Auch die Unterstützung beim wiederfinden, unser Garten wurde finden es schön, was wir machen und Gießen und Bepflanzen wächst mit der auch zu ihrem Garten. was im Laufe der Zeit wächst und sich Zeit. Wir bekommen immer wieder Hilfe entwickelt. angeboten. Was hat das nun mit Bibliothek zu tun? Wir hatten die Erwartung, dass mit Wir haben in diesem Jahr das Projekt dieser Aktion eine neue Wahrnehmung auf »Büchereibegrünung« entwickelt und Neue Kompetenzen kommen ans Licht die Stadtbücherei gelenkt werden kann. umgesetzt. Um die Stadtbücherei he- Das Projekt kann als ein Beispiel für eine rum wurde, entlang der Fassade, ein Natürlich macht diese Aktion auch et- konkrete Umsetzung neuer Bibliotheks- temporärer Garten angelegt. Seitdem was mit dem Team. Es gibt eine gemein- konzepte im Kleinen gesehen werden. wachsen dort Obstbäume, Sträucher, same Aufgabe und gemeinsames Han- Um das Projekt umsetzen zu kön- Kräuter und Salate, aber auch viele Blu- deln in einem ganz anderen und neuen nen haben wir uns im Ort mit vorhan- men. Ziel dieser Aktion ist es, die Wahr- Bereich, und es kommen Kompetenzen denen Ressourcen und Akteuren ver- nehmung auf die Bibliothek buchstäb- ans Licht, die bisher im Alltag keinen netzt und die Bevölkerung im Laufe lich zu verändern, unseren Transforma- Platz gefunden haben. Durch das posi- der Zeit stetig eingebunden und einbe- tionsprozess als Stadtbücherei auch als tive Ergebnis und die schöne Resonanz, zogen. Die Bücherei und die Menschen, einen Prozess des Wachsens, der leben- die dieses Projekt auslöst, wird auch die die dort ein- und ausgehen, konnten digen Vielfalt und stetiger Veränderung sichtbar zu machen. Der Start der Begrünung war im April 2017. Durch die Kooperation mit einer örtlichen Baumschule, dem Obst- und Gartenbauverein und einem örtlichen Bauernhof mit Hofladen sowie mit Un- terstützung des städtischen Obstbaus, des Bauhofs, von Sponsoren und Ein- zelpersonen haben wir in einer gemein- samen Aktion die Pflanzen in große Pflanzkübel umgetopft, um die Büche- rei herum verteilt, bepflanzt und ein- gesät. Dabei hatten wir von Anfang an die Idee und die Hoffnung, dass es bei diesem Projekt zu einer Interaktion zwi- schen der Bibliothek und der Bevölke- rung kommen könnte – bisherige Benut- zer genauso wie Menschen, die an der Begrünung vorbeigehen und sich ein- bringen wollen. Schon in den ersten Tagen sind viele Die Stadtbücherei Metzingen im grünen Sommerkleid. Fotos: Stadtbücherei Metzingen 584
FOYER ÖFFENTLICHE BIBLIOTHEK sich ebenso wie das Team der Stadtbü- cherei mit einem schönen, sinnlichen und ansprechenden Experiment ver- binden und identifizieren. Ein neuer Blick auf unsere Arbeit war über die Metapher des Gartens buchstäblich greifbar. Durch das gemeinsame Han- deln entsteht ein ganz neues und ver- ändertes Verhältnis zur Bücherei und ihren Angeboten. In der Stadtverwaltung wurde das Thema Bücherei, ihre Aufgaben und Fleißige Helfer unterstützen die Bibliothekare beim Gießen und Pflegen der Pflanzen. die Transformationsprozesse, in denen sich diese städtische Einrichtung be- werden natürlich immer mit einer Prä- die Stadt hinaus und macht das Haus zu findet, neu gesehen und diskutiert. Die sentation von Medien ergänzt. einem Ort des Wunderns, Staunens und Frage, was dieses Projekt mit Biblio- der Inspiration. theksarbeit zu tun hat musste ebenso Frau Jäger kommt vom Gießen aus besprochen werden, wie die damit ver- Gemeinsame Büchereibegrünung dem Garten zurück. Inzwischen liegen bundenen Ziele und die gewünschten in einem Korb Kräuterbüschel, Gurken, Auswirkungen. Diese Veranstaltungen und die dazu Kohlrabi und die ersten Bohnen. Das Ergänzt wird das Projekt mit zahl- nötigen Vernetzungen mit Einrichtun- können die Benutzer der Stadtbücherei reichen Veranstaltungen für Kinder und gen, Initiativen und Firmen, erschließt mitnehmen und verzehren. Frau Jäger Erwachsene. Wir haben in Kooperation Kooperationsmöglichkeiten über die und ihr Mann nehmen noch eine Hand- mit einer örtlichen Apotheke eine Heil- klassischen Büchereikooperationen mit voll Salat und Pfefferminze für den Tee pflanzenausstellung angeboten, dazu Schulen, Kindergärten und der Volks- mit. Sie freuen sich schon auf die Ap- Workshops zur Nutzung von Kräutern hochschule hinaus. Die Partner erfahren felbeeren. Schwarz und schwer hängen für die Küche mit einer Streuobstpäda- voneinander und können in der Zukunft die Beeren an den Zweigen. Daraus soll gogin. Im Herbst sollte es mit dem städti- besser miteinander umgehen. Die in den Marmelade gekocht werden. Die Jägers schen Obstbaubetrieb eine gemeinsame aktuellen Zukunftskonzepten für Biblio- hatten einen Apfelbeerenstrauch in ih- Apfelsortenausstellung mit Verkostung theken angesprochenen Facetten finden rem Garten bei der alten Wohnung. geben. Diese Veranstaltung ist dem Frost hier eine konkrete Umsetzung: Auch die Tierwelt hat die Bücherei- im Frühjahr zum Opfer gefallen. Darum Die Bibliothek als Lernort: Bürgerin- begrünung entdeckt und genutzt. Wir wird es eine Ausstellung mit Erdäpfeln nen und Bürger, Erwachsene und Kin- haben erstaunlich viele Insekten und (österreichisch für »Kartoffel«) statt mit der nehmen gemeinsam die Bücherei- Vögel in den Pflanzen gefunden. Die »Luftäpfeln« geben. Auch hier gibt es, begrünung vor und lernen voneinander Sperlinge freuen sich an den Sonnen- wie im Bibliothekswesen, eine breite Grundlegendes über einzelne Pflan- blumen und futtern erste Samen, Bie- Vielfalt unterschiedlicher Sorten und zen, Kräuter, Erde und den Anbau von nen und Hummeln umfliegen die blü- Geschmacksrichtungen. Lebensmitteln. henden Kornraden, Ringelblumen und Die Bibliothek als Ort für Koopera- Zinien. Auch die Natur hat die Stadtbü- tion und Kreation: Für Projekte, wie cherei als Kooperationspartner entdeckt Ein weiteres – prämiertes – biblio- die Büchereibegrünung, braucht es ei- und vernetzt sich. thekarisches Gartenprojekt finden nen hohen Anteil an Kooperation und Die Bibliotheksarbeit als eine Gestal- Sie auf Seite 640. gemeinschaftlichem Handeln zwischen tungsarbeit und eine ästhetische Praxis Bibliothek und den Benutzerinnen und zu sehen scheint mir ein Aspekt zu sein, Benutzern sowie den Unterstützern der der in den aktuell diskutierten Aufgaben Für Kinder stehen neben den klassi- Aktion. Aus dem gemeinschaftlichen von Bibliothek noch nicht ausreichend schen Veranstaltungen wie Bilderbuch- Handeln entsteht etwas Neues, Offenes diskutiert wird. Bei diesem Projekt, und kino, Kamishibai und Theater auch die und Sinnvolles. Dies gilt sowohl nach das erscheint erst im Laufe der Zeit als sogenannten Werkstattangebote bereit. außen als auch nach innen ins Team etwas Zartes und Unscheinbares, wächst Diese interaktiven, kreativen und spiele- hinein. neben den schon genannten Verbindun- rischen Werkstätten setzen die Idee des Die Bibliothek als dritter Ort: Die gen und Kooperationen auch eine Ko- Makerspace im Kinderbereich um. Im Bibliothek zeigt sich durch die Begrü- operation mit dem Lebendigen in der Rahmen der Büchereibegrünung sind nung als einen Ort mit einem überra- Natur und in den Menschen in und um die Themen angepasst: Garten, Bienen schenden Angebot und lädt zum Verwei- die Stadtbücherei in Metzingen. und Äpfel. Sowohl die Veranstaltun- len ein. Die Begrünung wächst auf sub- Ulrich Koch, gen für Kinder als auch für Erwachsene tile Weise in die Bücherei hinein und in Leiter der Stadtbücherei Metzingen BuB 69 11/2017 585
FOYER AUS- UND FORTBILDUNG Berufsbildung im Öffentlichen Dienst Bundesinstitut für Berufsbildung stellt mit Entwicklungsprojekt nicht-technische Berufe in den Fokus Das Bundesinstitut für Berufsbildung auf europäische Entwicklungen und Die Junitagung unter dem Titel (BiBB), 1970 in Zusammenhang mit die Durchlässigkeit der Bildungssys- »Markencheck: Berufsbildung im Öf- dem Erlass des Berufsbildungsgeset- teme legen, Verfahren zur Zuordnung fentlichen Dienst: Digitalisierung, Qua- zes (BBiG) gegründet, nimmt, unter von Berufsabschlüssen des Öffentlichen lität, Perspektiven« widmete sich einen der Rechtsaufsicht des Bundesminis- Dienstes zum Deutschen Qualifikations- Tag der Ausbildung, einen weiteren teriums für Bildung und Forschung rahmen behandeln und Angebote zur den Fortbildungsangeboten. Erfreuli- stehend, Aufgaben im Bereich von Professionalisierung der Berufsbildung cherweise war es gelungen, Beiträge Aus- und Fortbildung und Berufsbil- und Institutionen der Berufsbildung zu den nur vier Prozent aller Öffentli- dungsforschung wahr. Es erstellt un- vorstellen. chen-Dienst-Auszubildenden stellen- ter anderem den Berufsbildungsbe- den FaMIs sowohl im Ausbildungs- als richt und die Berufsbildungsstatistik. auch Fortbildungsteil zu platzieren. Ausbildung Für die Ausbildung referierte Klaus-Pe- In der Regel befasst sich das BiBB da- ter Böttger, für die Fortbildung Karin bei fast ausschließlich mit der gewerbli- 4,69 Millionen Beschäftigte wies der Öf- Holste-Flinspach. Die 55 Teilnehmer chen Wirtschaft, auch in seinem Haupt- fentliche Dienst 2015 auf, davon rund der Expertentagung, fast ein »who is ausschuss, dem oftmals so genannten 2,9 Millionen Arbeitnehmer. Am 31. De- who« im Ausbildungsbereich des Öf- Parlament der Berufsbildung, sitzen ar- zember 2015 gab es hier 36 087 Auszu- fentlichen Dienstes, kamen überwie- beitgeberseitig ausschließlich Vertreter bildende, davon 1509 FaMIs. Die Azu- gend von Landes- und Bundesbehör- der freien Wirtschaft. Daraus resultiert bi-Frauenquote betrug insgesamt 65 den, Großstädten, Ministerien, Ver- auch der besondere Stellenwert des so- Prozent, bei den Fachangestellten für waltungsschulen, Zuständigen Stellen genannten »BiBB-Entwicklungsprojekts Medien- und Informationsdienste 80 sowie der Dienstleistungsgewerkschaft 4.2.486« mit dem Fokus diesmal auf der Prozent. ver.di. Berufsbildung im Bereich des nicht-tech- Ausgehend von dem alle Ausbil- nischen Öffentlichen Dienstes. Es ging darum, wie die Attrak- dungsberufe, auch in der gewerblichen Der Projektablauf sah zunächst die tivität des Öffentlichen Dienst Wirtschaft, betreffenden demografi- Berufung eines Projektbeirates vor, zu sichern, zu verbessern und schen Wandel und dem dieser Entwick- der zu einer ersten Sitzung im Feb- lung geschuldeten zunehmenden Fach- ein qualifiziertes Angebot ruar des Jahres zusammenkam. Am kräftemangel, wurde schwerpunkt- 28. und 29. Juni fand in Bonn dann moderner Ausbildungsberufe mäßig die Frage behandelt, wie die eine öffentliche Expertentagung zum zu erhalten ist. zunehmende Digitalisierung der Pro- Thema statt, der eine weitere in die- zesse die Anforderungen an die Fach- sem Oktober folgte. Aus den Ergebnis- kräfte auf mittlerer Ebene ändert, wenn sen beider Tagungen werden in einer Bei den Neuabschlüssen 2015 lag der zahlreiche Routinefunktionen entfallen abschließenden Projektbeiratssitzung (Fach-)Abiturientenanteil bei den FaMIs bei und eigenständige Sachbearbeitung, Schlussfolgerungen und Empfehlun- 59 Prozent und damit 6 Prozent höher als Planungs- und Steuerungsaufgaben gen in den Abschlussbericht des Pro- insgesamt bei den Neuabschlüssen im Öf- zunehmen. jekts übernommen. fentlichen Dienst. Damit korrespondierend Die menschliche Arbeitskraft unter- Im Rahmen der Auseinandersetzung waren FaMIs zu Beginn der Ausbildung ein stützende Automatisierung und Digitali- mit Zukunftsfragen der Berufsbildung Jahr älter als der Durchschnitts-Öffentli- sierung eröffnet positiv zu sehende Ge- und der qualitativen Weiterentwick- cher-Dienst-Azubi: 20,9 Jahre. staltungsmöglichkeiten (Tätigkeitszu- lung der Berufsbildung für nicht-techni- Ausgebildet werden in den Berei- schnitte, Aufgaben und Verantwortung). sche Berufe im Öffentlichen Dienst lag chen der Allgemeinen Verwaltung, Jus- Sie führt aber zu veränderten Qualifika- der Themenschwerpunkt der ersten Ta- tiz, Sozialversicherungen, Sparkassen, tionsanforderungen, auch dazu, dass gung auf Digitalisierung, Qualität und Querschnitts- und sonstigen Aufgaben während der Erstausbildung weniger Perspektiven von Berufsbildung. Die hauptsächlich Kaufleute für Bürokom- Faktenwissen, sondern mehr konzep- noch folgende zweite Tagung »Qualität munikation, Verwaltungsfachangestellte, tualisiertes und anwendungsorientier- in der Beruflichen Bildung des Öffentli- Justiz- und Sozialversicherungsfachange- tes Fachwissen im Vordergrund stehen chen Dienstes – Europa, Rahmenbedin- stellte, Fachangestellte für Arbeitsmarkt- sollte und Selbstlernkompetenzen ge- gungen, Wissenschaft« wird den Fokus dienstleistungen und FaMIs. stärkt werden müssen. 586
FOYER AUS- UND FORTBILDUNG Speziell auf den Öffentlichen Dienst Geschwindigkeit, mit der digitale Me- Fachwirt-Fortbildungsmaßnahmen der bezogen ging es darum, wie die Attrak- dien und Werkzeuge Kommunikations- Bindung von Nachwuchskräften und ge- tivität von Tätigkeiten im Öffentlichen und Arbeitsabläufe verändern. winnt vor dem Hintergrund des demo- Dienst zu sichern, zu verbessern und ein Nur exemplarisch sei aus unserem grafischen Wandels an Bedeutung. qualifiziertes Angebot moderner und zu- Bereich auf die wachsende Bedeutung Mit dem Abschluss einer mindestens kunftsfähiger Ausbildungsberufe zu er- von Medienkompetenzen (Datenschutz, dreijährigen Berufsausbildung befinden halten ist – auch unter Berücksichtigung Social Media, Online-Recherchen, Open sich die Absolventen auf dem Niveau 4 des geänderten Verhältnisses zwischen Access) für FaMIs hingewiesen, die zu- des Deutschen Qualifikationsrahmens Bürger und Staat. Dazu müssen die nehmend auch mit der Erstellung, Prä- (DQR). Durch eine Fachwirtfortbildung Marken der beruflichen Erstausbildung sentation und Pflege von digitalen Infor- – teilweise mit finanzieller Unterstützung im Öffentlichen Dienst gut aufgestellt mationsangeboten befasst sind. und zeitlicher Freistellung durch die Ar- sein, befriedigende Arbeitsinhalte und beitgeber –, angeboten für die vertretenen klare Entwicklungsperspektiven bieten Mit dem Abschluss einer Berufe des Öffentlichen Dienstes mit Aus- und sich nicht als Auffangausbildung mindestens dreijährigen nahme der Justizfachangestellten, kön- für leistungsschwache Auszubildende Berufsausbildung befinden nen Fortbildungswillige beim dreiglied- mit Interesse an einem ruhigen und si- rigen Modell der Fortbildung das zweite sich die Absolventen auf dem cheren Job präsentieren. Dann kann Niveau – DQR 6 – erreichen. entsprechendes Marketing und Emplo- Niveau 4 des Deutschen Probleme bereiten jedoch das Fehlen yer Branding helfen, Personen mit den Qualifikationsrahmens (DQR). klarer Marken durch bundesweite Rege- notwendigen Voraussetzungen für die lungen nach § 53 BBiG, unterschiedliche zu besetzenden Ausbildungsberufe zu Umsetzungen (insbesondere bei den Ver- gewinnen. Zusätzlich sind auch Fachrichtungen waltungsfachwirten, aber auch bei den Neben den mehr übergeordneten als Strukturmerkmal von Ausbildungs- Informationsfachwirten) der zuständi- Fragestellungen müssen allerdings die ordnungen zu hinterfragen, auch die gen Stellen nach § 54 BBiG in Bezug auf Ausbildungsordnungen auch auf die »Zwangsgemeinschaft« im erweiterten Art und Dauer der Fortbildungen. Auch späteren Anforderungen vorbereiten. ABD-Bereich bei den FaMIs. ist ein Ansammeln von Abschlüssen und Bei den erkannten Aktualisierungsbe- Zertifikaten, eine Akkumulation von darfen bei spezifischen Berufsbildern Teilqualifikationen und Anschlussfähig- des Öffentlichen Dienstes, auch beim Fortbildung keit an andere Bildungsbereiche nicht FaMI, stellt sich die Frage, ob die durch- gegeben. In einzelnen Bereichen – zum aus vorhandene Flexibilität der Ausbil- Berufliche Abschlüsse sollten grund- Beispiel im Bibliothekssektor – wären zu- dungsordnung noch ausreicht, genug sätzlich Anschlussmöglichkeiten bie- dem die bessere Akzeptanz der Fortbil- Spielraum bietet oder nur eine Neuord- ten. Und auch wenn seit dem Bologna- dung bei Nachfragern sowie auf dem Ar- nung eine Chance zu einer zukunftsori- Prozess Fortbildungswillige verstärkt beitsmarkt und eine beamtenrechtliche entierten Ausbildung bietet. Zumindest an Bachelorabschlüssen Interesse zei- Anrechnung wünschenswert. sollten veraltete Inhalte gestrichen und gen und einzelne Arbeitgeber inzwi- neue ergänzt werden unter Berücksich- schen auch Studienunterstützungen Karin Holste-Flinspach, tigung anzunehmender Entwicklungen. als Aufstiegsförderinstrument ansehen, Vorsitzende der BIB-Kommission für Handlungsdruck besteht aufgrund der dient hauptsächlich die Förderung von Ausbildung und Berufsbilder ANZEIGE die-spieltruhe.de Das Informationsportal für Spiel-Einkäufer sCoDe ion Spiele kaufen und sparen: kt a 10% BiBliotheksraBatt + 20 € extraBonus 17 beim nächsten Online-Einkauf mit dem Aktionscode 20 G . Ül tiG Bis 31 .12 Fordern Sie Ihren kostenlosen Zugang zum Informationsportal an: info@die-spieltruhe.de | Fon: 08822/948730 | Fax: 08822/9487329 | www.die-spieltruhe.de BuB 69 11/2017 587
FOYER WISSEN FRAGT ...? Wi ss ? ? ? Interaktiv – International ? en ? ? fra ? gt ? – Interessen ? ? Auf einen Espresso mit dem Gründer des Computerspiele- museums Klaus Spieler zur »Atmosphäre von Bibliotheken« ? ? ? ...? Zentral- und Landesbibliothek Berlin Das Berliner Computerspielemuseum allein wenig sinnvoll ist. Das ist nicht Beispiel, wenn man etwas über die ers- feierte in diesem Jahr sein 20-jähriges wie bei Büchern, bei denen man ans ten Mangaspiele wissen möchte, im Ar- Bestehen und war Gewinner des »Deut- Regal gehen und blättern kann. Spiele chiv der USK nichts finden, weil diese an- schen Computerspielpreises 2017«. Als muss man spielen und für Computer- fangs in Deutschland nicht besonders po- das Museum 1997 gegründet wurde, spiele braucht man technische Geräte, pulär gewesen sind. Hier im Archiv des war es das weltweit erste Computer- um diese zugänglich zu machen. Und Computerspielemuseums wird man ei- spielemuseum mit einer eigenen stän- man benötigt Zeit, um ein Spiel auf ei- niges dazu finden. Vergangenes Jahr ha- digen Ausstellung zur digitalen inter- nem Gerät zu installieren. Das ist also ben wir die »Internationale Computer- aktiven Unterhaltungskultur. Der Kul- eine ganz andere Kultur der Einsicht- spielesammlung Berlin Brandenburg« turwissenschaftler Klaus Spieler ist nahme als bei einem Buch. (ICBB) gegründet. Mitglieder sind die Gründer und Geschäftsführer dieses USK, das Computerspielemuseum, die Museums. Durch die physischen Expo- Und die USK hat ein eigenes Archiv Berliner Zentral- und Landesbibliothek nate und durch sein Online-Archiv bie- mit Computerspielen? und das Zentrum für Computerspielfor- tet es dem »Homo Ludens Digitalis« Zu- Ja, genau. Aus diesem Grund hatte schung der Universität Potsdam. Es soll gang zur Historie der Computerspiele. ich mich entschlossen, das USK-Ar- eine Sammlung von circa 65 000 Com- chiv, das durch die Belegexemplare ja puter- und Videospielen entstehen. existierte und auch beachtlich gewach- sen war, durch ein Computerspielemu- Wie stehen Sie dazu, dass Bibliothe- seum zu ergänzen. Das Museum war da- ken Computerspiele ausleihen? mals eigentlich gedacht, als die erleb- Da war ich früher noch voller Eupho- bare Seite des Archivs. Wir fingen an, rie. Ende der 1990er-Jahre hatte die Ber- alles rund um die Computerspiele he- liner Zentral- und Landesbibliothek mit rum zu sammeln. Es ist schon erstaun- Claudia Lux eine sehr engagierte Gene- lich, dass nach einer so kurzen Zeit so raldirektorin. Mit ihr zusammen wollten gewaltige Bestände dabei herauskom- wir in der Bibliothek am Marstall einen men. Die USK ist dann 2008 durch zwei »Software-Lesesaal« einrichten. Die Idee Auf einen Espresso mit Klaus Spieler. neue Wirtschaftsverbände, dem »Bun- war damals verrückt. Das Projekt ist lei- Dirk Wissen: Herr Spieler, wie kam desverband Interaktiver Unterhaltungs- der nie aus den Ebenen der Ideen her- es zur Gründung des Computer- software« und dem »Bundesverband der ausgekommen, obwohl es mal eine zeit- spielemuseums? Entwickler von Computerspielen« über- weilige Gründung gab. Es gab eine Ecke Klaus Spieler: Ich habe in den Jah- nommen worden. Die führen auch das in der Bibliothek, in der man Software ren 1994 und 1995 die Unterhaltungs- Archiv glücklicherweise weiter. Es hat installieren konnte. Aber das Problem software Selbstkontrolle USK aufgebaut, inzwischen eine Größenordnung von für mich war seit dem immer: Compu- mit den beiden Interessen Jugendschutz etwa 35 000 bis 38 000 Computerspie- terspiele haben ein spezielles »hand- und Aufbewahrung. Als wir mit einem len. Für Computerspiele ist das schon ling«. In die Umgebung einer Bibliothek Partnerverband aus der Wirtschaft die sehr viel. Wir haben hier im Computer- passen sie nicht gut hinein. Es ist ein USK gegründet hatten, haben wir ein spielemuseum noch ein eigenes Archiv, Medium für andere Orte, zum Beispiel Statut vereinbart, nach dem von einem das im Wesentlichen durch Spenden ent- für zu Hause. Dass man extra in eine Bi- Spiel, das von uns eine Altersempfeh- standen ist. Das hat nicht ganz diese Grö- bliothek geht, um ein Spiel zu spielen, lung erhalten hat, auch ein Belegexem- ßenordnung aber auch etwa 25 000 Titel. glaube ich eher nicht. Man spielt heut- plar vorgelegt werden musste. Daran lag Während die USK nur in Deutschland he- zutage lieber auf dem Handy. Ich glaube mir viel. Und daraus ist in relativ kur- rausgegebene Spiele sammelt, haben wir auch nicht, dass die heutigen Bibliothe- zer Zeit ein relativ großer Bestand an- im Archiv auch Spiele, die aus ganz un- ken es mit ihrer Logistik erreichen wer- gewachsen. Es wurde schnell deutlich, terschiedlichen Gründen den deutschen den, Spiele für das allgemeine Publikum dass ein Archiv von Computerspielen Markt nie erreicht haben. Man kann zum ausleihbar zu machen. 588
FOYER WISSEN FRAGT ...? Das Computerspielemuseum in Berlin wurde 2017 mit dem Deutschen Computerspielepreis ausgezeichnet. Im Bestand des Museums befinden sich mehr als 25 000 Datenträger und etwa 120 Konsolen und Computersysteme. Im E-Book-Bereich gibt es das ja sollten darauf achten, dass sie von dieser sondern auch mit anderen. Da stelle ich durchaus, warum sollte das nicht mit Spiellizenz eine Sicherheitskopie able- es mir relativ schwierig vor, diese Perso- Computerspielen gehen? gen dürfen. Sie können aber schon Prob- nen zum Spielen in die Bibliothek zu lo- Weil es da andere rechtliche Rege- leme kriegen, wenn sie das Original und cken. Es müsste daher um Spiele gehen, lungen gibt. Bei Computerspielen sind die Kopie gleichzeitig spielen lassen. die relativ aufwendig zu besorgen und die Copyrights eine Mischung aus Mu- nicht unbedingt überall zu haben sind. sik und Software. Ich glaube, die recht- Wenn sie eine Ausleihe nicht befür- Doch dann kommt das nächste Problem: liche Hürde wäre ziemlich hoch, wenn worten, dann vielleicht die Bibliothek Der Besucher kommt am Nachmittag in man dies auf legale Weise als Bibliothek als Ort zum Spielen? die Bibliothek und sie müssen ihn pünkt- anbieten wollte. Das Bibliotheksprivi- Ein Spiel spielt man zu Hause. Oder lich um 18 Uhr rausschmeißen, wenn leg gilt nicht bei Computerspielen. Man man spielt es unterwegs mit Gleichaltri- die Bibliothek schließt. darf auch die Möglichkeiten des Kopie- gen zusammen. Das ist eine ganz andere rens nicht unterschätzen. Bibliotheken Form von Gemeinschaft als die Nutzer- Gibt es »Spielzeiten« in denen am müssten darauf achten, dass sie bei den schaft einer Bibliothek. meisten gespielt wird? Spielen eine Lizenz haben, die man auch Ich würde eher die Trennung nach teilen darf. Das läuft dann zum Beispiel Einen »Spiele-Raum« für Biblio- gebundener und ungebundener Zeit so, dass bei der Bibliothek die Versiche- theken würden Sie also eher nicht vornehmen. Schüler spielen zum Bei- rung abgelegt werden müsste, dass der empfehlen? spiel nicht während der Schulzeit, son- Download nach Nutzung beim Auslei- Ich könnte mir schon vorstellen, dern eher direkt davor und danach in henden gelöscht ist. dass das möglich ist. Bei Bibliotheken der Freizeit. In der Regel ist es nach wie benötigt man aber doch ein paar kleine vor so, dass ein Spiel keine definierten Benötigen Bibliotheken Vorführ- Tricks, um die Hemmschwelle zu sen- Zeiten mag. Das war früher bei der USK rechte für Computerspiele wie beim ken, die Bibliothek überhaupt aufzusu- durchaus eine Frage: »Wie bringe ich das Film? chen. In der Regel spielen Jugendliche Kind dazu, dass es höchstens zwei Stun- In der Regel sind die Bibliotheken heutzutage eh nur Spiele, die sie auf den spielt?« Das halte ich heute für un- auf einem sicheren Weg, wenn sie dar- ihre Handys laden können. Die meis- möglich. Sagen Sie das mal einem Spie- auf achten, dass sie eigene Spiellizenzen ten Spiele haben auch schon eine ziem- ler nach genau zwei Stunden: »Du musst haben. Die hat man in der Regel privat, lich gute Kommunikationsstruktur. Dort jetzt aufhören.« Da kommen wir wieder wenn man ein Spiel gekauft hat. Und sie kann man nicht nur alleine spielen, zu dem Unterschied zwischen Büchern BuB 69 11/2017 589
FOYER WISSEN FRAGT ...? und Videospielen. Bücher sind ein line- Wenn man in die »Virtuellen Welten« und ich mache immer wieder die Erfah- ares Medium. Wer ein Buch liest, wird in viel reinpackt, ist es dann möglich, rung, in solchen großen Spielen, dass einen Vorgang gezwungen, der auch der sich einen riesigen Haufen unnützen ich mich auf die Wertvorstellungen an- Zeit folgt. Erst die eine Geschichte, dann Wissens anzueignen? derer Leute einlassen muss. Da rede ich die nächste Geschichte. Ich kann als Au- Man lernt relativ viel. Man erfährt nicht unbedingt von den großen Werten, tor nicht gleichzeitig mehrere Geschich- Dinge, die man sonst nicht zur Kennt- sondern vielleicht von Pünktlichkeit und ten erzählen. Das ist bei Videospielen nis nehmen würde, auch über die Welt Zuverlässigkeit. Die zweite Sache, die ganz anders, in denen ich mich als Spie- lernt man etwas und über sich selber. hinter Ihrer Frage steckt, ob man Spiele ler in Welten befinde und frei bewege. Man lernt beispielsweise mit digitalen so gestalten kann, dass diese dazu bei- Medien umzugehen. Das ist heute ganz tragen, dass man sozusagen die erspiel- Sie meinen damit Welten in Virtual- wichtig. ten Eigenschaften auch durch das Spie- Reality-Games. Gibt es eine reale Bi- len bei sich entwickeln kann, offen zu bliothek, die in einem solchen Spiel Mit diesen Medien umzugehen, fällt sein für Andere, für andere Kulturen, eine Rolle spielt? in den Bereich »Schulung von Medi- sehe ich mit Zweifeln. Das Computer- Da ist mir nichts bekannt. Die virtu- enkompetenz«. Das ist doch eine der spielen verträgt sich nicht mit pädago- elle Spielwelt »Second Life« ist nun be- Aufgaben von Bibliotheken? gischen Neigungen. reits 15 Jahre alt. Dort gab es von 2009 Ich habe ja auch nicht gesagt, dass bis 2011 eine 3D-Kopie des Dresdner die Bibliotheken dieses Medium meiden Wie schätzen Sie den pädagogischen Zwingers. Das war damals ein riesiges sollen. Ich habe nur gesagt, dass die Art Aspekt von Computerspielen ein? und Weise, wie Bibliotheken ansonsten Die meisten Spiele, die aus päda- mit Medien umgehen, zum Beispiel in gogischen Gründen gefördert worden der Erfassung und Ausleihe, nicht so auf sind, waren auf dem Markt große Flops. Computerspiele zu übertragen sein wird. Man kann offenbar gerade beim Spielen, Ich kann mir durchaus vorstellen, dass nicht erreichen, dass Menschen sich in auch hier eine Lösung gefunden wird. irgendeiner Form pädagogisch belehren Durch Computerspiele lernt man zum lassen oder sich auf pädagogische Re- Beispiel Disziplin, Durchhaltevermögen, geln und pädagogische Ziele einlassen. Offenheit, Neugierde. Ich habe oft mit Lehrern gesprochen und denen gesagt, Warum ist es wichtig, Computerspiele wenn ihr sehen würdet, dass Schüler bei zu bewahren? Computerspielen bereit sind, ausdau- Hier wird ein bestimmtes Kultur- ernd hart zu »arbeiten« und sich dabei zu gut erhalten. Ähnlich der Bibliotheken, Etwa 120 Spielekonsolen sind im Berliner konzentrieren, muss dich das als Lehrer die auch gewissermaßen das Kulturgut Computerspielemuseum zu bestaunen. doch neidisch machen, oder? Wäre das erhalten, indem man dort Bücher auf- nicht toll, wenn ihr das auch erreichen bewahrt, nicht nur die auf der letzten Projekt und hat viel Geld gekostet. Als könntet, diese totale Hingabe und Kon- Buchmesse groß präsentiert wurden, ich mir das anschaute, war ich in einer zentration. Das sind vielleicht Sekun- sondern auch ältere Bücher. Claudia täuschend echt aussehenden Kopie der därtugenden, aber es ist etwas, das man Lux hat mal gesagt: »Wir denken nicht »Dresdner Gemäldegalerie«, mit ihren durch Computerspiele lernen kann. ans nächste Jahr wir denken an die Gemälden und mit ihren Holzvertäfe- nächsten 100 Jahre!« Und das finde ich lungen. Ich war mehrmals dort, weil ich Computerspiele können also für unsere ganz wichtig. einfach mal herausfinden wollte, wie heutige Zeit wichtige Tugenden wie das läuft. Ich war jedes Mal der einzige »Offenheit« und »Neugierde« fördern? Herr Spieler, ich Danke Ihnen. Besucher. Das mit der »Dresdner Staats- Da rede ich jetzt mal von den galerie« in »Second Life« war ein sehr Mehr-Personen-Spielen. Diese sind oft aufwendiges Projekt, das den wohl er- international. Das bedeutet, die Spie- Und was sagen Sie hofften Erfolg nicht hatte. Vor circa acht ler kommen von überall her. Wenn ich als Dichter und Syn- chronsprecher Herr Singh, Jahren gab es noch die ganz großen Dis- ein solches Spiel spiele, merke ich im- gehören Computerspiele kussionen, dass man alles in die »Virtuel- mer wie wichtig die Kommunikation ist, zum erhaltenswerten Kulturgut? len Welten« packen muss – Autohäuser, wie interkulturell wir leben und dass die Schuhgeschäfte und natürlich mussten Welt in Zeitzonen gespalten ist. Wenn auch große Institutionen vertreten sein. ich beim Onlinespielen auf Bekannte der Westküste Amerikas treffe, dann müs- Ihre Meinung: Gehören Computerspiele sen die entweder früher aufstehen oder zum erhaltenswerten Kulturgut? ich muss später ins Bett. Ich hatte schon Mehr dazu in der nächsten Folge von Schreiben Sie an: bub@bib-info.de »Wissen fragt …?«. Selfies: Dirk Wissen eine ganze Menge solcher Begegnungen 590
FOYER TAGUNG Die »grüne« Bibliothek steht und von einem internationalen Gutacht- ergremium aus Bibliothekaren, Studie- weltweit im Fokus renden und Architekten bewertet. 2016 hat ein Gemeinschaftsprojekt zum Auf- bau einer ökologischen Bibliothek an der Bericht von der ENSULIB-Konferenz in Berlin Schule »El pequeño Sol« in San Cristó- bal de las Casas (Mexiko) zum ersten Mal diese Auszeichnung erhalten.4 Hier wurden nach einer Crowdfunding-Ini- tiative gemeinsam von Kindern, Eltern Am 16. und 17. August fand im Vor- schon leisten, sollten sie auch mehr dar- und Lehrern Recyclingmaterialien ge- feld des diesjährigen IFLA-Weltkon- über berichten, um andere Bibliotheken sammelt, aufbereitet und mithilfe von gresses in Berlin eine Satellitenkon- und Bildungseinrichtungen zu ermuti- Lehm und einigen zusätzlichen Bauma- ferenz1 von ENSULIB2 – der Environ- gen, handelnde Netzwerke zu bilden et terialien eine neue Bibliothek errichtet. ment, Sustainability and Libraries cetera. Beim diesjährigen Wettbewerb 5 Special Interest Group der IFLA – wurde die Stadtbibliothek Bad Oldesloe statt, deren Fokus auf ökologischer mit ihrem Projekt »Ernte deine Stadt – Nachhaltigkeit und der gesellschaftli- New Professionals in den Startlöchern Harvest Your City: Three Years of Green chen Rolle der Bibliotheken liegt. Die and Sustainable Library Commitment in Philologische Bibliothek der Freien Naturgemäß bei einer Satellitenkonfe- the Stadtbibliothek Bad Oldesloe« als Universität (FU) war Gastgeber der renz der IFLA gab es viele interessante Gewinner prämiert.6 Konferenz. Sie wurde organisiert von Vorträge aus aller Welt. Auffällig hierbei einem Studierendenteam der Fach- war, dass die Beiträge zum größten Teil hochschule Potsdam unter Leitung aus Graduierungsarbeiten an Universi- Nachhaltigkeit in der Praxis von Stephan Büttner in Kooperation täten und Hochschulen entstanden sind. mit einem kleinen Berliner Team um Dies zeigt, dass die junge Generation der Abgerundet wurde das vielfältige Pro- Petra Hauke und Klaus Ulrich Werner. Bibliotheks- und Informationswissen- gramm der ENSULIB-Konferenz durch schaftler weltweit offensichtlich sehr einige Bibliotheksführungen, die in sehr Zur Einführung sprach Harri Sahavirta, interessiert ist am Thema und erfreuli- verschiedener Weise nachhaltige As- der Vorsitzende von ENSULIB, über das cherweise zukunftsweisende Impulse pekte aufweisen: eine Führung durch Thema der Konferenz: »Collaborative gibt. So gab Nathalice Cardoso (Bra- die Philologische Bibliothek der FU, die Strategies for Successful Green Libra- silien) Empfehlungen für Umweltma- als Vorzeigeprojekt für Energieeffizienz ries: Buildings, Management, Programs nagement (nicht nur) in brasilianischen steht. Die zweite Bibliotheksführung and Services«, wobei er deutlich machte, Bibliotheken. Arnold Mwanzu (Kenia) durch die »Grüne Bibliothek der Nach- dass eine »grüne« Bibliothek eben nicht stellte eine Untersuchung zum Stand barschaft«, einer kleinen Stadtteilbib- nur aus einem grünen Gebäude besteht, der Umsetzung von Umweltfreundlich- liothek in Berlin-Mitte, zeigte sehr an- sondern dass jede Bibliothek – abhängig keit in kenianischen Wissenschaftlichen schaulich, wie eine gelungene aktive von den vor Ort gegebenen Umständen – Bibliotheken und deren Auswirkung auf Rolle von Bibliotheken in der Nachbar- auch dann grün und nachhaltig agieren die Nutzerzufriedenheit vor. Katharina schaft aussehen kann. Hier gibt es Me- können sollte, wenn kein geeignetes Ge- Leyrer (Deutschland) präsentierte die dienausleihe zu einem grünen Schwer- bäude existiert. Ergebnisse ihrer Masterarbeit, in der punkt, Projekte zur Lese- und Sprach- Er drückte seine Verwunderung da- sie eine vergleichende Analyse der Pro- förderung, aber auch ganz praktische rüber aus, dass Bibliotheken, die doch jekte, die für den IFLA Green Library ökologische Angebote wie Nähkurse, in eigentlich den Nachhaltigkeitsaspekt Award 2016 eingereicht wurden, durch- denen zum Beispiel Kleidung repariert schon immanent haben, nicht noch mehr führte. Ebenfalls aus einer Idee zu einer werden kann, und gemeinsames Gärt- dafür tun, diesen Positiv-Faktor auszu- Masterarbeit ist ein Projekt entstanden, nern in Kooperation mit dem anliegen- bauen, sowohl inhaltlich als auch in der welches von Tim Schumann präsentiert den Gemeinschaftsgarten, eine LeihSä- Außendarstellung. Es wäre für Biblio- wurde und den diesjährigen IFLA Green merei und vieles mehr. theken nötig, nicht nur einen Check des Library Award erhalten hat. Damit hat sich die Bibliothek, die eigenen Umweltmanagements durchzu- vor nicht allzu langer Zeit noch von der führen, sondern auch eine aktivere Rolle Schließung bedroht war, seitdem zu ei- dabei einzunehmen, das Bewusstsein für IFLA Green Library Award nem ganzheitlich agierenden Bildungs- einen nachhaltigen Lebensstil in die Be- ort entwickelt, der Theorie und Praxis völkerung zu tragen, ein Ort der gesell- Der vom Verlag De Gruyter Saur gespon- miteinander verbindet. schaftlichen Transformation zu wer- serte IFLA Green Library Award3 wird Eine Bibliotheksbesichtigung ande- den. Und da, wo Bibliotheken, dies alles seit 2016 von ENSULIB ausgeschrieben rer Art fand direkt vor dem FU-Gebäude BuB 69 11/2017 591
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