Bibliotheks-entwicklungsplan 2021 - Baden-Württemberg - landesverband baden-württemberg im deutschen bibliotheksverband
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Bibliotheks- entwicklungsplan Baden-Württemberg 2021 landesverband baden-württemberg im deutschen bibliotheksverband
Bibliotheks- entwicklungsplan Baden-Württemberg 2021 landesverband baden-württemberg im deutschen bibliotheksverband
SEITE Inhalt 5 I. Vorbemerkung 9 II. Bibliotheken – Best Places für die Zukunft 13 III. Zehn Leitgedanken für die Bibliotheksentwicklung 27 IV. Handlungsfelder für die Bibliotheksentwicklung • Entwicklung von öffentlichen Bibliotheken und Stärkung ihrer Leistungsfähigkeit • Flächendeckende Bibliotheksversorgung • Begleitende Strukturen und Rahmenbedingungen • Wissenschaftliche Bibliotheken 84 V. Ausblick / Vision: Morgendorf 4
Der Landesverband Baden-Württemberg im Deutschen Bibliotheksverband e.V. (dbv) wird im folgenden Text als dbv-Landesverband bezeichnet.
forderte, mit einem breiten Bündnis Biblio- I. theken aller Sparten und Größen besser in der Wissensgesellschaft zu verankern. Vorbemerkung Im Sommer 2019 fand das öffentliche Fach- Im Oktober 2016 fand aus Anlass des Tags gespräch „Fit für die Zukunft? Bibliotheken in der Bibliotheken eine Podiumsdiskussion statt Baden-Württemberg“ im Stuttgarter Landtag unter dem Motto „Wo geht die Reise hin? statt, initiiert von den Fraktionen CDU und Bibliotheken fragen – Politiker antworten“.1 Bündnis 90/Die Grünen. Der dbv-Landes- Der Vorschlag des dbv-Landesverbands, das verband stellte dort seine Forderungen vor. Bibliothekswesen des Landes extern analysie- Die kommunalen Landesverbände, Kollegin- ren zu lassen, um dann auf dieser Grundlage nen und Kollegen der Bibliotheken und der das Gespräch mit den politisch Verantwort- Fachstellen für das öffentliche Bibliotheks- lichen weiterzuführen, wurde von den anwe- wesen hatten ebenfalls die Gelegenheit, ihre senden Abgeordneten einstimmig begrüßt. Sicht darzustellen. Ende Dezember kam die gute Nachricht, dass auf Antrag der beiden Bei einer „Wissenspause“ im Landtag im Regierungsfraktionen ein Zuschuss für den Herbst 2017 stellte der Verband dar, dass dbv-Landesverband in den Landeshaushalt Bibliotheken auch im digitalen Zeitalter als aufgenommen wird. Veranschlagt wurde im Garanten des freien Zugangs zu Information Doppelhaushalt 2020/2021 zur Entwicklung dienen und in der Vermittlung digitaler eines Bibliotheksentwicklungsplans die Bildung eine Kernaufgabe sehen. Sie können Förderung einer Geschäftsstelle beim dbv- so die digitale Spaltung in der Bevölkerung Landesverband.3 verringern und bei den Qualifikationsanforde- rungen in der Arbeitswelt maßgebliche Unter- Nun liegt mit diesem Papier ein erstes stützung leisten. Der dbv-Landesverband Ergebnis vor. Der dbv-Landesverband will bekräftigte seine Forderung nach einer lan- damit einen Prozess einleiten, in dem unter desweiten, sparten-übergreifenden, landes- Beteiligung aller relevanten Kräfte – Landes- weit abgestimmten Entwicklungsstrategie für regierung, Fraktionen des Landtags, Kommu- die Bibliotheken. nen, Bibliotheken und ihnen unterstützend zur Seite stehenden Einrichtungen – eine Ein Jahr später stellte der Verband im Rah- verbindliche Bibliotheksstrategie für die men eines parlamentarischen Abends seine nächsten zehn Jahre entwickelt wird. politischen Positionen für eine strategische Weiterentwicklung der öffentlichen und wis- Dieses Vorhaben unterstützt der aktuelle senschaftlichen Bibliotheken in Baden-Würt- Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung. temberg vor. Die Forderungen und Hand- „Wir wollen die Potenziale öffentlicher Biblio- lungsempfehlungen wurden auf der Basis von theken als „Dritte Orte“ erschließen und An- Expertisen zusammen mit Vertreterinnen und reize zur Zusammenarbeit schaffen. Dazu wer- Vertretern aus der Bibliothekspraxis erarbeitet den wir die Ergebnisse des Bibliotheksent- und in einem Papier „Gemeinsam die Zukunft wicklungsplans auch im Hinblick auf eine Um- von Stadt und Land gestalten“2 zusammenge- setzung prüfen, die Fachstellen für das öffent- fasst. Damit positionierte sich der dbv-Landes- liche Bibliothekswesen stärken und die Bera- verband zu elementaren Zukunftsfragen des tung von öffentlichen Bibliotheken insbeson- Bibliothekswesens in Baden-Württemberg und dere in Fragen der Digitalisierung intensivieren.“ 4 1 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren die Landtagsabgeordneten Jürgen Filius (Bündnis 90/Die Grünen), Martin Rivoir (SPD), Raimund Haser (CDU) und Nico Weinmann (FDP/DVP) sowie Gudrun Heute-Bluhm, geschäftsführendes Vor- standsmitglied des Städtetags Baden-Württemberg, und Monika Ziller, damals Vorstandsmitglied und Geschäftsführerin des dbv-Landesverbandes Baden-Württemberg. 2 Gemeinsam die Zukunft von Stadt und Land gestalten: Ein Bündnis für Bibliotheken https://www.bibliotheksverband. de/fileadmin/user_upload/Landesverbaende/Baden-Wuerttemberg/2018–10_Positionen_dbv_final.pdf 3 Staatshaushaltsplan für 2020/2021 – https://www.statistik-bw.de/shp/2020–21/ S. 80 4 Jetzt für Morgen: Der Erneuerungsvertrag für Baden-Württemberg – https://www.gruene-bw.de/wp-content/ uploads/2021/05/Jetzt-fuer-morgen-Der-Erneuerungsvertrag-fuer-Baden-Wuerttemberg-gruen-schwarze- Koalition-2021–2026.pdf, S. 55 7
Die Erarbeitung des Papiers erfolgte zeit- Die Universitäts-, Landes- und Hochschul- gleich und war geprägt durch den Ausbruch bibliotheken Baden-Württembergs haben der Covid-19-Pandemie und den daraus in einem Strategiepapier die aus ihrer Sicht resultierenden speziellen Bedingungen. So zentralen Entwicklungsfelder und Herausfor- war der Partizipations- und Kommunika- derungen der kommenden Jahre formuliert.5 tionsprozess mit Verbandsmitgliedern sowie Die Bibliotheken und das Bibliotheksservice- Kooperationspartnerinnen und Koopera- Zentrum Baden-Württemberg (BSZ) sorgen tionspartnern nur eingeschränkt möglich. als Wissenschafts- und Kultureinrichtungen Alle ehrenamtlichen Vorstände sowie weitere gemeinsam für die akademische Informa- Ansprechpartnerinnen und -partner hatten tionsinfrastruktur. Der dbv-Landesverband durch die Pandemie auch erhebliche Mehr- unterstützt dieses Papier vollumfänglich und belastungen, die Gewinnung und Einarbei- nimmt es unverändert als Bestandteil dieses tung hauptamtlichen Personals war deutlich Bibliotheksentwicklungsplans auf (S.67 ff.). erschwert. Eine Nachsteuerung beziehungs- weise Änderung der Zielsetzung war daher Einen eigenen Entwicklungsbedarf sieht der notwendig. Verband auf dem Feld der Schulbibliothe- ken. Wie viele Schulen in Baden-Württem- Das hier vorgelegte Papier ist als erste Stufe berg über eine Bibliothek oder Mediathek für die Bibliotheksentwicklungsplanung zu verfügen und wie diese ausgestattet sind, verstehen. Es umfasst Leitgedanken für die ist nicht bekannt. Da es keine verlässliche Bibliotheksentwicklung, beschreibt für Hand- Datengrundlage für die Beurteilung des lungsfelder die Potenziale und schlägt erste Ist-Zustands gibt, wurde darauf verzichtet, Maßnahmen vor. Es fokussiert auf die öffentli- dieses Thema zu behandeln. Die Klärung chen und wissenschaftlichen Bibliotheken der Datenlage wäre ein erster Schritt, um in der Trägerschaft der öffentlichen Hand. einen eigenen Entwicklungsplan für Schul- bibliotheken aufzustellen sowie den Bedarf Eine zweite Stufe der Bibliotheksentwick- für weitere Unterstützungsmaßnahmen zu lungsplanung müsste aus Sicht des identifizieren. Ein weiterer Schritt könnte, dbv-Landesverbands dem Beispiel des Landes Bayern folgend, • die gesamte Bibliothekslandschaft die Schaffung von schulbibliothekarischen betrachten Arbeitsstellen bei den Fachstellen für das • alle Träger (beziehungsweise deren öffentliche Bibliothekswesen sein.6 Verbände) einbeziehen • auf einem partizipativen Prozess beruhen, Die in Teil IV genannten Indikatoren basieren, der die Träger, die Bibliotheken und sie soweit keine andere Quelle angegeben ist, begleitende Strukturen, ihre Nutzenden auf den „Grundlagen für gute Bibliotheken“.7 und wichtige Kooperationspartnerinnen Der dbv-Landesverband verwendet diese und -partner einbezieht Indikatoren in dem Bewusstsein, dass sie für • die Vernetzung von Bibliotheken mit unter- die heutige Realität der Bibliotheksarbeit schiedlichen Aufgaben und Zielgruppen aktualisiert werden müssten. Er schlägt vor, besonders in den Fokus nehmen dass ein noch zu gründender Landesbei- • mit einer politischen Entscheidung der Trä- rat „Zukunft des Bibliothekswesens“ zeit- ger und ihrer politischen Gremien in Kraft gemäße Standards und Indikatoren für das gesetzt werden. Bibliothekswesen in Baden-Württemberg entwickelt. 5 Wissenschaftliche Bibliotheken in Baden-Württemberg: aktive Gestalter der Informationsinfrastruktur für Forschung, Studium und Lehre, Perspektive 2030 – https://madoc.bib.uni-mannheim.de/58955/ 6 https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP16/Drucksachen/9000/16_9940_D.pdf; sowie https://www.oebib.de/bibliothek-schule-bildungspartner/schulbibliothek/ 7 Grundlagen für gute Bibliotheken: Leitlinien für Entscheider, Berlin 2008 – https://media02.culturebase.org/data/ docs-bideutschland/21%20gute%20Gruende_Anlagen.pdf 8
II. Hochschulbibliothek LIV Heilbronn
II. Bibliotheken bilden ein unverzichtbares Fundament der Wissensgesellschaft. Sie Bibliotheken – bedienen Informations- und Wissensbedürf- nisse eines großen Spektrums gesellschaftli- Best Places „ cher Gruppen: vom Kleinkind bis zum älteren Menschen, von Schülerinnen und Schülern für die Zukunft sowie Studierenden bis zu Spitzenforscherin- nen und -forschern, vom Weiterbildungsinte- Bibliotheken sind nicht nur Garan- ressierten bis zu Fachleuten. Sie leisten einen ten für freien Zugang zu Wissen wichtigen Beitrag für die Bildung im Land und daher beliebt wie nie zuvor. und für die Attraktivität des Studien- und Sie stellen sich vielmehr, auf beein- Forschungsstandorts Baden-Württemberg. druckende Weise und mit hohem Aufwand, Mit ihrem breiten Spektrum an Angeboten den neuen Herausforderungen. In den durch sind sie ideale Orte des Zugangs zu Bildung die Digitalisierung neu entstehenden Frei- und Kultur. Menschen jeglicher Herkunft sind räumen reizen Bibliotheken die Spielräume hier willkommen. Bibliotheken unterstützen aus, die den wachsenden Bedarf der Infor- Bürgerinnen und Bürger bei der Bewältigung mations- und Wissensgesellschaft berück- von Alltagsproblemen und bieten vielfältige sichtigen. Öffentliche und wissenschaftliche Möglichkeiten für sinnvolle Freizeitgestal- Bibliotheken in ihrer künftigen Ausrichtung tung. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag, sehe ich als wichtige Orte, deren Mitarbei- Baden-Württemberg fit für die Zukunft zu terinnen und Mitarbeiter als Lotsen einer machen sowie das Land nachhaltig, gerecht mündigen Wissensgesellschaft in der neuen und erfolgreich zu gestalten. Sie fungieren Informationswelt fungieren.“8 als Katalysator des gesellschaftlichen Zusam- So beschrieb 2017 der damalige Landtags- menhalts. Bibliotheken nehmen mit ihren vizepräsident Wilfried Klenk den Stellenwert hohen Besucherzahlen und der breiten Ver- der Bibliotheken in Baden-Württemberg. teilung der Standorte unter den außerschu- lischen Kultur- und Bildungseinrichtungen Ihre Systemrelevanz wurde gerade in den einen Spitzenplatz bei der Reichweite in die vergangenen Monaten deutlich. Bevölkerung ein. Nicht zuletzt die Covid-19-Pandemie hat ihre Bibliotheken und Relevanz für alle Felder des sozialen, kulturel- len und wirtschaftlichen Lebens verdeutlicht. Büchereien tragen Die Schließung beziehungsweise einge- schränkte Nutzbarkeit war ein schmerzlicher wesentlich zur Verlust für die Besucherinnen und Besucher. Gerade vor dem Hintergrund dieser Gesundheit einer Erfahrung müssen Bibliotheken in Baden- Württemberg für die Zukunft gestärkt werden. Gesellschaft in geistiger, sozialer und psychologi- scher Hinsicht bei. 8 https://www.bibliotheksverband.de/landesverbaende/baden-wuerttemberg/presse/presse-details/archive/2017/ october/article/das-land-braucht-eine-strategische-bibliotheksentwicklung-bibliotheksverband-baden-wuerttemberg- pr.html?tx_ttnews%5Bday%5D=25&cHash=636bc9024ec620d23ae823151046fc29 11
Der vorliegende Bibliotheksentwicklungs- ehrenamtlich geführten Bibliotheken im plan ist als erste Stufe für einen Prozess ländlichen Raum zugeschnitten werden. der Bibliotheksentwicklung in Baden- Daneben gibt es auch einen Bedarf an Württemberg zu verstehen. neuen, bibliotheksspezifischen Förder- programmen, die für die Träger Anreize Baden-Württemberg, seine Bürgerinnen und schaffen, in Gebäude, technische Aus- Bürger und Kommunen brauchen stattung und Infrastruktur, Personal und Programme zu investieren. 1. Bibliotheken als wichtigen Teil einer Ein wichtiges Ziel ist die Schließung weißer guten Infrastruktur für Bildung und Flecken in der Bibliotheksversorgung in Forschung der Fläche. Über zwei Millionen Bürgerinnen und Bürger, das sind 17 Prozent, haben kein 2. niedrigschwellige Einrichtungen, die Angebot vor Ort. 54 Prozent der öffentlichen gesellschaftlichen Zusammenhalt und Bibliotheken werden ehren- oder nebenamt- Teilhabe fördern lich geführt. Hier sollen vor allem Modelle der Kooperation, zum Beispiel von öffent- 3. Bibliotheken als Akteure der lichen Bibliotheken und Schulen, der inter- Nachhaltigkeit kommunalen Zusammenarbeit sowie dem Wiedereinstieg der Landkreise in die Biblio- 4. Bibliotheken als Standortfaktor für die theksförderung Abhilfe schaffen. Ziel muss Stadt- und Gemeindeentwicklung es sein, in den nächsten zehn Jahren die Zahl der weißen Flecken deutlich zu reduzieren. 5. Orte gegen Einsamkeit und niedrig- schwellige Zugänge zu Kultur Um diesen Prozess zu begleiten, bedarf es besserer Rahmenbedingungen und eines 6. Weiterentwicklung der Bibliotheken als Ausbaus der begleitenden Strukturen. Orte für offene Beteiligungsprozesse So wird vorgeschlagen, einen Landesbeirat Zukunft des Bibliothekswesens zu installieren, 7. eine vernetzte Bibliothekslandschaft der die wesentlichen Akteure (die Landes- regierung mit den beteiligten Ministerien, die 8. qualifizierte und motivierte Mitarbeiter- Kommunen und Landkreise, die Fachstellen innen und Mitarbeiter als Voraussetzung für das öffentliche Bibliothekswesen bei den für hochwertige Bibliotheksarbeit Regierungspräsidien, das Bibliotheksservice- zentrum, den dbv-Landesverband und andere) 9. Bibliotheken aller Sparten für die zusammenführt und der den Prozess der Herstellung gleichwertiger Lebens- Bibliotheksentwicklung intensiv begleitet. verhältnisse Im Bereich der öffentlichen Bibliotheken 10. Stärkung von Bibliotheken durch bedarf es einer Stärkung der Fachstellen für begleitende Strukturen und eine starke das öffentliche Bibliothekswesen bei den unabhängige Interessensvertretung. Regierungspräsidien durch eine bessere Personal- und Finanzausstattung in Relation Des Weiteren werden Handlungsfelder zur Einwohnerzahl und Struktur des jeweili- identifiziert, Potenziale beschrieben und gen Regierungsbezirks. erste Maßnahmen vorgeschlagen. Zur Herstellung leistungsfähiger Strukturen Das Land ist gefordert, die kommunalen benötigt das baden-württembergische Bib- öffentlichen Bibliotheken stärker in den liothekswesen eine strategische, gebündelte Fokus zu nehmen und ihre Entwicklung zu und unabhängige Vertretung. Dazu ist der fördern. Vorhandene Förderprogramme dbv-Landesverband mit hauptamtlichem sollen auf die Bedürfnisse dieser Einrichtun- Personal analog zu anderen Verbänden wie gen und ihrer Vielfalt – von großstädtischen beispielsweise dem der Musikschulen oder Bibliothekssystemen bis hin zu kleinen, Volkshochschulen auszustatten. 12
III. Universitätsbibliothek Mannheim 13
III. 1. Baden-Württemberg, seine Bürgerinnen und Zehn Leitgedanken Bürger und Kommunen brauchen Bibliotheken als wichtigen Teil einer guten Infrastruktur für die Bibliotheks- für Bildung und Forschung Bibliotheken verstehen sich als Teil der schuli- entwicklung schen, hochschulischen und außerschulischen Bildungslandschaft. Sie fördern Lese-, Medien-, Baden-Württemberg ist ein wirtschafts- Daten- und Informationskompetenz. Dabei starkes Bundesland. Bei der Innovations- arbeiten sie eng mit den Institutionen der schu- kraft nimmt es einen Spitzenplatz unter den lischen, hochschulischen und außerschulischen europäischen Regionen ein. Außerdem hat Bildung zusammen. Sie sorgen gemeinsam und das Land europaweit eine der niedrigsten vernetzt für die Informationsinfrastruktur. Bib- Arbeitslosenraten. Damit das Land in Zukunft liotheken sind niedrigschwellige Bildungs- und erfolgreich bleibt, bedarf es insbesondere Kultureinrichtungen. Dabei kommt ihnen in der eines leistungsfähigen, sozial gerechten Bildungslandschaft eine besondere Rolle als und modernen Bildungssystems. Besonde- Orte der Begegnung zu. Bibliotheken ermögli- res Augenmerk wird – im Rahmen der Digi- chen Zugang zu Wissensquellen. Sie sichern so talisierungsstrategie des Landes – auf die Chancengerechtigkeit sowie Möglichkeiten der digitale Bildung gelegt. Mit einer attraktiven gesellschaftlichen Entwicklung. Sie gehören zu und breit angelegten Kulturlandschaft will den wenigen Bildungseinrichtungen, die alle das Land Kreativität und Aktivität fördern. Altersgruppen mit ihren Angeboten durch alle Die Bibliotheksentwicklung ist eingebettet Lebensphasen begleiten. in die Ziele und Zukunftsstrategien für die Entwicklung des Landes und der Kommunen, Gerade die Pandemie und die dadurch der Bildung, Forschung und Kultur.9 Für den erzwungene Schließung haben ihre Bedeu- Studien-, Forschungs- und Wirtschaftsstand- tung schmerzlich sichtbar gemacht. Junge ort Baden-Württemberg sind Bibliotheken Menschen aus einkommensschwachen Fami- weiche, notwendige Standortfaktoren. lien waren vom Medienangebot, aber vor allem auch von den Arbeitsplätzen und der digitalen Infrastruktur, die Bibliotheken bie- ten, weitgehend abgeschnitten. Studierende mussten auf das analoge Medienangebot der Hochschul- und Landesbibliotheken und deren differenzierte Lerninfrastruktur verzichten. Bibliotheks- und medienpädagogische An- gebote mussten eingeschränkt werden. Die Folgen werden spürbar sein, auch wenn sie zur Zeit noch nicht konkret zu beziffern sind. Bibliotheken leisten mit ihrem hochwertigen Informations- und Veranstaltungsangebot auch einen wichtigen Beitrag zur politischen Bildung. 9 Insbesondere wird hier Bezug genommen auf den „Dialog Kultur 2020 – Kulturpolitik für die Zukunft“ – (https://mwk. baden-wuerttemberg.de/de/service/publikation/did/dialog-kulturpolitik-fuer-die-zukunft/) sowie digital@BW, die Digitalisierungsstrategie der Landesregierung Baden-Württemberg – https://www.baden-wuerttemberg.de/ fileadmin/redaktion/dateien/PDF/Digitalisierungsstrategie-BW.pdf 15
In der Kinder- und Jugendbücherei der 2. Stadtbücherei in Geislingen an der Steige Baden-Württemberg, seine Bürgerinnen und gibt es einen besonderen Ort: Bürger und Kommunen brauchen niedrig- Die TechnoThek. schwellige Einrichtungen, die gesellschaftli- chen Zusammenhalt und Teilhabe fördern In der TechnoThek können Kinder Ingenieurs- In Bibliotheken sind alle willkommen, hier wissen entdecken, Naturphänomene kennen- gibt es keine Zutrittsschwellen, hier ist kein lernen, mit Technik experimentieren und Eintritt fällig, hier muss nichts konsumiert neugierig ausprobieren. Die TechnoThek in werden. Es begegnen sich Menschen unter- der Stadtbücherei gibt Technik-Baukästen, schiedlichster Ethnie und Gesellschafts- Maker-Boxen und Konstruktionsspielzeugen schicht, auch unterschiedlichen Alters und ein öffentliches Zuhause und macht sie Geschlechts. Die Bibliotheken ermöglichen damit allen Kindern und Jugendlichen mit ihren Angeboten gesellschaftliche Teil- kostenlos zugänglich. habe und stärken durch die Begegnung unter- Im Sach- und Lehrbuchbestand im Oberge- schiedlicher Gruppen den Zusammenhalt. schoss der Stadtbücherei finden sich weiße Probiers-Aus-Boxen. Hier warten interessante Das Publikum von Bibliotheken spiegelt, im Materialien darauf, in der Bücherei erprobt Vergleich mit anderen Kultureinrichtungen, zu werden, wie ein Dualzähler zum Erlernen bereits eine große Bandbreite der Bevöl- des Binärcodes, ein Set für Experimente im kerung wider. Angesichts der gesellschaft- Bereich Optik, das Modell eines menschlichen lichen Entwicklung sollten ihre Medien-, Torsos, ein Modell eines Viertakt-Otto-Motors Veranstaltungs- und Raumangebote den und vieles mehr. Ansprüchen einer diverser werdenden Der Verein Deutscher Ingenieure e.V. (VDI) Bevölkerung besser genügen können. fördert die TechnoThek und liefert das Know-how für viele spannende Veranstal- Bibliotheken bieten neben den physischen tungen. Räumen mit Angeboten vor Ort auch eine virtuelle Bibliothek: mit digitalen Medien, Beratungs- und Schulungsangeboten, Veran- staltungen sowie Beteiligungsformaten. Sie sind niedrigschwellige Orte zur Vermittlung von Medien-, Recherche-, Daten- und Infor- mationskompetenz, stärken damit die Demo- kratie und sichern die Freiheit der Informa- tion. Sie vermitteln den souveränen Umgang mit digitalen Medien. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag gegen die digitale Spal- tung. Sie nehmen die Herausforderungen der Digitalisierung an und gestalten den Wandel aktiv mit. 16
„ Von dem Grundgedanken her wären also die Bibliotheken hervorragend geeignet, um die digitale Transfor- mation insbesondere im ländlichen Raum voranzutreiben… drängen sie In den vergangenen Jahren wurden zahl- reiche Alltagsvorgänge, die bis dahin analog erledigt werden konnten, digitalisiert, zum Beispiel Behördengänge, Bestellungen im Restaurant, Terminvereinbarungen oder sich geradezu auf, wenn es um die Digitali- Einkäufe. Selbst einfache Alltagsaufgaben sierung von Alltagserfahrungen, den Erwerb verlangen nun Lese- und Schreibkompeten- von Medienkompetenz und Partizipation der zen und ein Smartphone. Diese Verlagerung Bürger geht. Hier können Coworking- und in den digitalen Raum hat zur Folge, dass Makerspaces entstehen sowie soziale Räume sich die Ungleichheit verschärft und die für lokale, regionale und digitale Netzwerke Zugangschancen der Bürgerinnen und und die Menschen, die ihre Region gestalten Bürger auseinanderstreben. wollen.“ 10 Erwachsene mit einfacher Bildung Bildungsferne schauen eher mit Befürchtungen auf den digitalen Wandel. 11 Bevölkerungs- Frage: „Durch das Internet und digitale gruppen drohen Technologien verändert sich ja vieles, zum Beispiel wie die Menschen einkaufen, wie sie durch die mit persönlichen Daten umgehen oder auch, wie sie sich austauschen und informieren (…) Digitalisierung Sehen Sie diesen Veränderungen eher mit Hoffnung oder eher mit Befürchtungen abgehängt entgegen?“ *Anteil in Prozent (gewichtet) zu werden. 32 „Mit Hoffnung“ 23 32 „Mit Befürchtungen“ 40 22 „Weder noch“ 23 14 Unentschieden 15 Gesamt (n=1.022) Einfache Bildung (n=236) 10 https://blog.wegweiser-kommune.de/digitalisierung/bibliotheken-als-orte-fuer-innovation-im-laendlichen-raum 11 https://www.alphadekade.de/de/bildungsferne-bevoelkerungsgruppen-drohen-durch-digitalisierung-abgehaengt- zu-werden-2833.html 17
3. Baden-Württemberg, seine Bürgerinnen und Bürger und Kommunen brauchen Bibliotheken als Akteure der Nachhaltigkeit Bibliotheken sind als Institutionen bereits nachhaltige Einrichtungen: Information, Wissen und digitale Infrastruktur werden hier langfristig, niederschwellig und kon- sumfrei für alle Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung gestellt und geteilt. So tragen sie jeden Tag zu den 17 Nachhaltigkeitszielen LEIHBAR: der Agenda 2030 der Vereinten Nationen12 Leihen statt kaufen, teilen statt haben bei: durch den Zugang zu hochwertiger Bildung, zu Informations- und Kommunika- Als Leihspezialist gibt es in der Stadtbücherei tionstechnologien, durch die Bewahrung Waldenbuch schon lange nicht nur Bücher: des kulturellen Erbes oder die nachhaltige E-Reader, Spiele, DVDs, Hörbücher gehören Entwicklung von Städten und Gemeinden. selbstverständlich zum Angebot. Konse- Darüber hinaus setzen sich immer mehr quente Kundenorientierung und Bemühungen Bibliotheken aktiv für das Thema ein – sei um Nachhaltigkeit haben den Impuls zur es durch die thematische Erweiterung ihres Bibliothek der Dinge gegeben, finanzielle Medienbestandes oder durch Diskussions- Unterstützung kam von der Volksbank-Stif- runden zum Thema Nachhaltigkeit. tung. Damit konnte am 2. Oktober 2019 die LEIHBAR eröffnet werden. Hier gibt es Dinge, die man nur selten benötigt sowie Sachen, Saatgutbücherei in der Stadtbücherei die man erst einmal testen möchte. Metzingen – alte und regionale Gemüsesamen Kreativität, Entdeckerfreude und Fitness ausleihen, anbauen, essen und vermehren sollen angeregt werden, etwa durch Arm- und Beintrainer, Beamer, Blutdruckmessgerät, Am 8. März 2021 startete die Stadtbücherei Dörrautomat, Eismaschine, Energiemess- Metzingen mit einem ganz neuen Angebot. gerät, Fenstersauger, Sofortbildkamera. Saatgut lokaler und alter Gemüsesorten kann Technische Unterstützung gibt es vom Repair- dort in der Saatgutbücherei ausgeliehen und cafe Waldenbuch und der lokalen Agenda 21. im heimischen Garten, auf dem Balkon oder Für den Umweltaspekt sorgt das Nachhaltig- im Blumentopf angebaut, geerntet, geges- keitsbüro der Stadt Waldenbuch. sen und vermehrt werden. Dieses Angebot steht sinnbildlich für das, was Bibliotheken immer schon leisten: Menschen zusammen- bringen, Wissen bereitstellen und teilen, persönliche Bildung und Wachstum ermögli- chen. Die Saatgutbücherei Metzingen koope- riert mit VEN und dem Genbänkle. Der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V. (VEN) stellt als Projektpartner für den Start einen Großteil des Saatguts zur Verfügung. 12 2015 unterzeichneten 193 Staaten der Erde die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. Das Kernstück der Agenda 2030 sind die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung. https://www.bundesregierung.de/ breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/die-un-nachhaltigkeitsziele-1553514 18
FaBio – Die Fahrradbibliothek der Stadtbibliothek Mannheim Seit 2012 ist im Sommer bei gutem Wetter ein speziell angefertigtes Lastenfahrrad als kleinste Bibliothekszweigstelle unterwegs in den Mannheimer Stadtparks, auf Spielplätzen und in Schwimmbädern. Ziel der Aktion ist es, dort zu sein, wo Eltern und Kinder sich aufhalten und Menschen zu erreichen, die nicht in die Bibliothek kommen. Eltern und Kinder können sich für den Aufenthalt im Park ein Buch oder Spiel ausleihen, es wird aber auch vorgelesen und gespielt. Wer Offener Nähtreff in Wernau einen Bibliotheksausweis besitzt, kann sogar ein Buch mit nach Hause nehmen. Wichtig Seit fast zwei Jahren treffen sich Nähbegeis- war von Anfang an der Umweltgedanke. terte einmal im Monat in der Stadtbücherei Nicht mit dem normalen Bücherbus oder in Wernau zum Offenen Nähtreff. einem anderen Fahrzeug mit Verbrennungs- Ein Abend in entspannter Atmosphäre, wo motor, sondern umweltfreundlich sollte das alles, von Kinder- oder Erwachsenenkleidung Angebot sein! bis hin zu Dekoration oder Taschen, genäht werden kann. Alle bringen Nähsachen und Nähmaschine selbst mit, in lockerer Runde können Nähprojekte bearbeitet werden. Und alle finden jederzeit Rat bei der Initia- torin der Runde, Petra Utpadel, oder bei anderen Besucherinnen und Besuchern des Abends. Einige Projekte sind in dieser Näh- runde bereits entstanden. Im Herbst letzten Jahres wurden Kissen, sogenannte „Lese- knochen“ genäht, die in der Bücherei zum Verkauf angeboten wurden. Vom Erlös wur- den Bücher gekauft, die in der Stadtbücherei zur Verfügung stehen. Zu Beginn der Corona- zeit wurden Mund-Nase-Bedeckungen von zu Hause aus genäht und der Ortsgruppe Wernau des Roten Kreuzes gespendet. 19
Wissenschaftliche Bibliotheken engagieren sich bei der gemeinsamen Lizenzierung digi- Die Bibliotheken in taler Angebote. Sie sorgen dafür, dass wis- senschaftliche Erkenntnisse offen zugänglich Baden-Württemberg sind und schnell verbreitet werden. sichern analoges und digitales Wissen, das sonst verloren- ginge, und machen es langfristig nutz- bar. Ihre Rolle bei der Sicherung unseres kulturellen Erbes muss gestärkt werden. Digitale Handschriften in der Universitätsbibliothek Heidelberg Die Universitätsbibliothek Heidelberg ver- Mit der Einrichtung eines hauseigenen Digi- wahrt in ihren Tresoren sowohl bezüglich talisierungszentrums hat die Universitäts- ihrer Inhalte als auch bezüglich ihrer Größe bibliothek Heidelberg 2003 damit begonnen, überaus bedeutende Handschriften, dar- diesen wertvollen Altbestand zu digitali- unter mit den Codices Palatini germanici sieren. Ein Schwerpunkt lag dabei auf den die älteste, über Jahrhunderte gewachsene Handschriften der Palatina; sie sind inzwi- Sammlung deutscher Manuskripte, die sich schen vollständig digitalisiert. geschlossen erhalten hat. Ihre mittelalter- Durch die Digitalisierung und Aufbereitung lichen Teile machen sie zum viertgrößten für das Internet können die wertvollen Bestand dieser Art nach den Sammlungen in Handschriften orts- und zeitunabhängig Berlin, München und Wien. und ohne Belastung für die Originale ein- gesehen werden und stehen einem breiten Benutzerkreis zur Verfügung. 20
4. Baden-Württemberg, seine Bürgerinnen und Bürger und Kommunen brauchen Bibliotheken als Standortfaktor für die Stadt- und Gemeindeentwicklung Attraktive Bibliotheken mit einem hochwer- „ Für Städte, die schon vor der Pandemie mit der Abwanderung des Einzelhandels zu kämpfen hatten, wird es eine schwere Zeit werden“, sagt Stadtentwicklungsexpertin tigen Angebot und guter Aufenthaltsqualität Cordelia Polinna. „Mein Wunsch wäre natür- leisten als nicht-kommerzielle Erlebnisorte lich, dass dort, wo Leerstände entstehen, einen wichtigen Beitrag zur Belebung von Kitas, Bibliotheken und andere wichtige Innenstädten und Ortszentren. Mit einer öffentliche Einrichtungen die Lücken attraktiven Bibliothek werden tote Fußgän- gewinnbringend für die Gesellschaft füllen …. gerzonen und Ortszentren oder neue Stadt- In der Realität jedoch wird dieses enorme quartiere belebt. Potenzial der Bibliotheken selten erkannt und gefördert. Die Kommunen haben mit ihren Stadt- und Gemeindebüchereien ein Die Bibliotheks- vielseitiges und starkes Instrument, doch sie nutzen es nicht oder selten.“ 14 versorgung in Baden-Württemberg ist regional sehr unterschiedlich. In den letzten Jahren sind einige beispiel- hafte Bibliotheksneubauten entstanden, wie der Erweiterungsbau der Württembergi- schen Landesbibliothek, die Neubauten der Universitätsbibliothek Freiburg, der Hoch- schulbibliothek LIV in Heilbronn, der Stadt- bibliotheken in Stuttgart und Heidenheim. Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Bibliotheken, im städtischen wie im ländlichen Raum, im kommunalen wie im Hochschulbereich, mit ihrem Rauman- gebot den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Moderne Bibliotheken müssen ausreichend Fläche für Lern- und Arbeitsplätze, für große und kleine Gruppen, dazu angemessene Ausstattung für kreatives und kollaboratives Lernen, für analoge und hybride Veranstaltungen und für Menschen aller Generationen bieten. Barrierefreiheit und ausreichende Belüftung müssen ebenso selbstverständlich sein wie gute Erreichbar- keit und Open-Library-Konzepte13 zur Nut- zung der Bibliotheksräume außerhalb der regulären Öffnungszeiten. 13 https://www.treffpunkt-kommune.de/open-library-mehr-bibliothek-fuer-die-buerger/ 14 https://blog.wegweiser-kommune.de/digitalisierung/bibliotheken-als-orte-fuer-innovation-im-laendlichen-raum 21
5. Baden-Württemberg, seine Bürgerinnen und Bürger und Kommunen brauchen Orte gegen Einsamkeit und niedrigschwellige Zugänge zu Kultur Für viele Menschen in einer Gemeinde bieten „ Einsamkeit kennt viele Formen. In der modernen kapitalistischen Gesellschaft haben sie inzwischen zu einer kollektiven Vereinzelung geführt. Experten sprechen von einem Bibliotheken eine Möglichkeit, der häuslichen Phänomen, das sich ausweitet wie eine Einsamkeit zu entfliehen. Dort finden sie die Epidemie: Allen ein Deutschland sagen Gemeinschaft mit anderen oder sie können 14 Millionen Menschen, dass sie sich einsam Kontakte knüpfen. fühlen. Und spätestens seit Corona ist das Gefühl der Isolation zum globalen Status Mit ihrer Standortdichte und ihren Medien- quo geworden“, so Diana Kinnert in ihrem und Veranstaltungsangeboten bieten Biblio- Buch „Die neue Einsamkeit“. theken vielfältige Zugänge zu Literatur, Film, Sie plädiert für Anti-Einsamkeitsräume, Musik und bildender Kunst. Sie arbeiten eng Cafés, Büchereien, Bars. „Was schaffen diese mit anderen Akteuren des Kulturbereichs Orte, was andere nicht schaffen? Zu welchen zusammen, agieren als Kulturvermittler und Schnittstellen werden sie? Diese Dritten dienen der kulturellen Bildung. Dieses Poten- Orte sind Kommunikationsplätze, die über zial der Bibliotheken muss stärker gefördert Familie, Freunde und Kollegen hinausge- werden. Insbesondere im ländlichen Raum hen. Sie reichen hinein in einen Raum der kann es sich in der Vernetzung mit anderen unvorhersehbaren Meinungen und zufälligen lokalen Institutionen entfalten. Begegnungen.“ 15 Literaturcafé Bibliotheken helfen Jeden zweiten Mittwoch im Monat lädt die gegen Einsamkeit. Stadtbibliothek am Muslenplatz im Stadt- bezirk Schwenningen zum Literaturcafé. In fröhlicher Runde werden die unter- schiedlichsten Themen rund um die Litera- tur beleuchtet und diskutiert. Beispiele für besonders beliebte Themen sind ein Litera- turquiz, die Vorstellung von Künstlerinnen und Künstlern sowie Autorinnen und Autoren der Region oder eines bestimmten Landes. 15 Kinnert, D. und Bielefeld, Marc: Die neue Einsamkeit. Und wie wir sie als Gesellschaft überwinden können. Hoffmann und Campe, 2021 22
6. Baden-Württemberg, seine Bürgerinnen und Digitale Bürgerbeteiligung: Bürger und Kommunen brauchen die Weiter- Neue Stadtbücherei Esslingen entwicklung der Bibliotheken als Orte für offene Beteiligungsprozesse Die Bürgerbeteiligung zur neuen Stadt- Bibliotheken sollen sich zu Orten gesell- bücherei ging kürzlich in die nächste Runde. schaftlicher Debattenkultur entwickeln. Nachdem das Gremium der Expertinnen Bibliotheken können Kommunikationsräume und Experten vergangenen Sommer den bieten, in denen die Aushandlung unter- Siegerentwurf begutachtet und mit sehr schiedlicher Ideen und zivilgesellschaftliche gut bewertet hatte, wurde es nun bei zwei Debatten möglich sind. Online-Terminen erneut einbezogen und Die Weiterentwicklung der Bibliotheksarbeit aufgefordert, sich zum aktuellen Planungs- soll im dialogischen Prozess unter Beteili- stand zu äußern. Das Gremium besteht aus gung der Nutzenden erfolgen. Bibliotheken Vertreterinnen und Vertretern zahlreicher ermöglichen bürgerschaftliches Engage- Interessengruppen wie Büchereikundinnen ment, zum Beispiel über Freundeskreise oder und -kunden, Jugendlichen, Seniorinnen und Nutzerforen. Senioren, Menschen mit Behinderungen usw. Beim ersten Termin standen das Foyer, die Willkommensatmosphäre sowie die Orientie- rung im Gebäude der zukünftigen Bücherei im Mittelpunkt. Die Vertreterinnen und Vertre- ter waren sehr zufrieden mit der bisherigen Planung, brachten jedoch noch viele Hin- weise für die Gestaltung der Innenräume ein. Beim zweiten Treffen des Gremiums lag der Fokus auf der Kinderbücherei. Vorberei- tend wurden Telefoninterviews mit Familien geführt, um deren Bedürfnisse besser zu verstehen. Gefragt war, welche Rahmenbe- dingungen wichtig sind, damit sich Familien an einem Ort wohlfühlen. … Nach erfolgrei- chem Abschluss der beiden Termine werden nun die Anregungen des Gremiums auf ihre Umsetzbarkeit geprüft und nach Möglichkeit in die Planung integriert. Pressemitteilung der Stadt Esslingen, 8.3.2021 23
7. Baden-Württemberg, seine Bürgerinnen und Die Vernetzung von öffentlichen und wissen- Bürger und Kommunen brauchen eine schaftlichen Bibliotheken muss dagegen vernetzte Bibliothekslandschaft noch ausgebaut werden. Je besser Biblio- Die Bibliotheken in Baden-Württemberg theken ihr Netz ausbauen, je übersichtlicher bilden ein Netzwerk und teilen die jeweils sie ihre Bestände, Dienstleistungen und bei ihnen verfügbare Wissensbasis und Infra- Angebote aufeinander beziehen, desto effek- struktur. Die wissenschaftlichen Bibliotheken tiver können diese genutzt und auch von erschließen ihr Angebot über einen gemein- der kleinsten Bibliothek im Land vermittelt samen Katalog und stellen ihre Bestände werden und desto rentabler wird die Investi- über die Fernleihe bereit. Sie arbeiten, auch tion in das Gesamtsystem. Diese Vernetzung mit Unterstützung des Landes, eng vernetzt. muss vom Land aktiv gefördert und unter- Die Lizenzierung digitaler Informationen stützt werden. (E-Book, E-Journals, Datenbanken) findet im Wesentlichen in konsortialen Kontexten statt. Das Konsortium Baden-Württemberg mit knapp 60 Mitgliedseinrichtungen und einem Portfolio von knapp 300 Produkten ist eine der größten und erfolgreichsten bibliothekarischen Einkaufsgemeinschaften im deutschsprachigen Raum. Bibliotheken haben sich für die Bereitstellung digitaler Angebote in Verbünden zusammen- geschlossen. 24
8. 9. Baden-Württemberg, seine Bürgerinnen Baden-Württemberg, seine Bürgerinnen und und Bürger und Kommunen brauchen Bürger und Kommunen brauchen qualifizierte und motivierte Mitarbeiterinnen Bibliotheken aller Sparten für die Herstellung und Mitarbeiter als Voraussetzung für hoch- gleichwertiger Lebensverhältnisse16 wertige Bibliotheksarbeit Baden-Württembergs Bibliothekslandschaft Für ein zukunftsfähiges und innovatives reicht von räumlich, finanziell und personell öffentliches Bibliothekssystem ist das Per- sehr gut aufgestellten Einrichtungen bis sonal die wichtigste Ressource. Leitungen hin zu ehrenamtlich geführten Bibliotheks- und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen angeboten mit Minimalausstattung. Biblio- für ausgezeichnete Services, entwickeln theksförderung muss diese Unterschiede neue Konzepte und setzen diese um. Die berücksichtigen und bei den Schwächeren quantitative und qualitative Bemessung des ansetzen. Die Hochschul- und Landesbiblio- Personalbedarfs, die Berücksichtigung neuer theken als Einrichtungen des Landes stehen Anforderungen und Kompetenzen für die im direkten Fokus der Landespolitik. Gleich- Bibliotheksarbeit, ausgezeichnete Ausbil- wohl gibt es auch hier Handlungsbedarf dung, attraktive Arbeitsbedingungen, ange- bei den kleineren Hochschulbibliotheken. messene Bezahlung, systematische Fort- und Weiterbildung, Führungskräfteentwicklung, Die öffentlichen Bibliotheken befinden sich Personalentwicklung, organisationales Ler- überwiegend in der Trägerschaft der Kom- nen und die Gewinnung neuer Mitarbeiterin- munen. Sie arbeiten vereinzelt in kommuna- nen und Mitarbeiter sind Schlüsselfaktoren len Strukturen. Seit mit der Novellierung des für den Erfolg der Bibliotheksarbeit. Weiterbildungsförderungsgesetzes in den 1980er Jahren die bibliotheksspezifischen Fördermittel des Landes im kommunalen Finanzausgleich aufgegangen sind, mangelt es sowohl an Unterstützung als auch an finanziellem Anreiz für die Weiterentwick- lung des kommunalen Bibliothekswesens in Baden-Württemberg. Benötigt wird eine Wiederaufnahme von Förderprogrammen. Bestehende Förderstrukturen und -projekte in der Digitalisierung, der Weiterbildung, der Kulturförderung, der kulturellen Bildung, der Jugendbildung und der Förderung des länd- lichen Raums sind für die Bibliotheken effi- zienter zu öffnen. Gute Beispiele liefern die Bundesförderprogramme „Vor Ort für alle“17 und „WissensWandel“18. Es muss für Kommunen attraktiv sein, in Bibliotheken zu investieren. 16 Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art 3a, Abs. 2 17 https://www.bibliotheksverband.de/dbv/projekte/vor-ort-fuer-alle.html 18 https://www.bibliotheksverband.de/dbv/projekte/wissenswandel.html 25
10. Baden-Württemberg, seine Bürgerinnen Daneben fehlt auf Landesebene eine gebün- und Bürger und Kommunen brauchen delte Zuständigkeit für alle Aspekte des die Stärkung von Bibliotheken durch öffentlichen und wissenschaftlichen Biblio- begleitende Strukturen und eine starke thekswesens inklusive der Schulbibliothe- unabhängige Interessenvertretung ken. Insbesondere für die Digitalisierung ist Bibliotheken brauchen mehr politische, die Schaffung begleitender Strukturen für strategische und finanzielle Unterstützung die Öffentlichen Bibliotheken (analog zum bei der Entwicklung zu Orten und Platt- Bibliotheksservicezentrum und zum Konsor- formen der Kommunikation, Kooperation tium Baden-Württemberg) eine wichtige und des gemeinsamen aktiven Lernens und Zukunftsaufgabe. Forschens. Die Fachstellen für das öffentli- che Bibliothekswesen bei den vier Regie- Zur Herstellung rungspräsidien sind wichtige Partner der Bibliotheksentwicklung im Land. Deren leistungsfähiger Ressourcenausstattung ist aufgabengerecht, zukunftsorientiert sowie förder- und steue- Strukturen benötigt rungsrelevant fortzuschreiben. das baden- württembergische Bibliothekswesen eine unabhängige Vertretung. Dazu ist der dbv-Landesverband mit hauptamtlichen Strukturen analog zu anderen Verbänden wie beispielsweise dem der Musik- oder Volkshochschulen auszustatten. 26
IV. Württembergische Landesbibliothek Stuttgart
IV. Entwicklung von öffentlichen Bibliotheken und Stärkung ihrer Leistungsfähigkeit Handlungsfelder Potenziale für die Bibliotheks- Auf der Basis ihrer Offenheit und Niedrig- schwelligkeit bieten sich öffentliche Bibliothe- entwicklung ken als Orte der Information, Bildung, Kultur und sozialen Teilhabe für alle Bürgerinnen und Bürger an. Sie können die Funktion des Entwicklung von öffentlichen Bibliotheken Dritten Orts19, des Wohnzimmers der Stadt, und Stärkung ihrer Leistungsfähigkeit der Kommune, des Stadtteils wahrnehmen 1. Angebot und Programm und bieten vor allem einen Raum frei von 2. Digitalisierung Konsumzwängen an. Bibliotheken begleiten 3. Gebäude und Infrastruktur Menschen über ihre gesamte Biografie mit 4. Personal Angeboten. So ist ein nahtloser Übergang von der Sprach- über die Leseförderung bis Flächendeckende Bibliotheksversorgung hin zur Förderung der Medien-, Recherche und Informationskompetenz möglich. Mit ent- Begleitende Strukturen und sprechender Netzinfrastruktur und bedarfsge- Rahmenbedingungen rechter technischer Ausstattung sind Biblio- theken die außerschulischen Einrichtungen, Wissenschaftliche Bibliotheken die maßgeblich zur digitalen Teilhabe bei- tragen können: mit der Bereitstellung und Ausleihe von Hardware, mit Beratung und der Durchführung von niedrigschwelligen Qualifikationsangeboten, oft in Kooperation mit Kindertagesstätten, (Hoch-)Schulen und Einrichtungen der Erwachsenenbildung. Ihre Angebote reichen von der Hilfestellung bei der alltäglichen Lebensbewältigung und sinn- vollen Freizeitgestaltung über Unterstützung für Familien, Schülerinnen und Schüler, Studie- rende, Zugewanderte, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bis hin zu Angeboten für Ältere. Zusammen mit Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen sowie Bildungspartnern wird das lebenslange Lernen gefördert und unter- stützt. 19 Der von dem US-amerikanischen Soziologen Ray Oldenbourg (1989) entwickelte Begriff des Dritten Ortes meint neben dem ersten Ort des eigenen Zuhauses und dem zweiten Ort der Arbeitswelt oder Ausbildungsstätte einen öffentlichen Ort, an dem Menschen zusammenkommen und sich wohl fühlen. Ursprünglich waren damit zum Beispiel Cafés oder Einkaufszentren gemeint als neutrale, einladende, leicht zugängliche Orte, an denen ein informelles Zusammenkommen und der Austausch untereinander möglich sind. Auch Bibliotheken verstehen sich in zunehmen- dem Maße als Dritte Orte, indem sie sich als Orte der (informellen) Begegnung, der Inspiration, des Lernens und der Bildung positionieren, womit die Aufenthaltsqualität in den Fokus gerät. 29
„ Bibliotheken erhöhen damit die Bildungs- Gesellschaftlicher Zusammenhalt: und Teilhabegerechtigkeit. Sie wirken aus- Mittelpunkt Mensch in Bibliotheken gleichend in Bezug auf ethnische, soziale und weltanschauliche Unterschiede, sie Zweitens wünsche ich mir, dass sich sind ein diskriminierungsfreier Bereich für die Eigentümer und Betreiber von die Nutzenden.20 Sie bieten Lernorte sowie Alltagsorten stärker bewusst sind, Freiräume für kreativen Ausdruck an. welche Gestaltungsmöglichkeiten sie Sie vermitteln jene Kenntnisse und Fertigkei- in ihren Händen halten. Es gibt bereits gute ten, die gebraucht werden, um Informations- und kreative Beispiele: So haben sich die bedarf zu erkennen, Informationen zu ermit- öffentlichen Bibliotheken, ausgehend von teln, zu beschaffen, zu bewerten, effektiv zu den USA und Skandinavien, in den vergange- nutzen und verantwortungsbewusst sowie nen Jahrzehnten in ihrem Selbstverständnis ethisch und rechtlich korrekt damit umzuge- zu Orten gewandelt, an denen nicht mehr hen. Diese Kompetenz ist ein entscheiden- das Buch, sondern der Mensch im Mittel- der Erfolgsfaktor für Ausbildung und Beruf punkt steht.“ sowie für die Teilhabe am gesellschaftlichen, Laura-Kristine Krause, Geschäftsführerin von kulturellen und politischen Leben. Bibliothe- More in Common Deutschland, einer Initia- ken machen ein quantitativ umfassendes und tive für gesellschaftlichen Zusammenhalt21 qualitativ hochwertiges Angebot. Bibliothe- ken agieren dabei marktunabhängig, quali- tätsorientiert, weltanschaulich neutral und frei von kommerziellen Interessen. Bibliothe- ken in Baden-Württemberg nutzen ihre hohe Standortdichte und arbeiten vernetzt. Ihr Ziel ist es, jedem Bürger und jeder Bürgerin Zugang zu den im Land vorhanden Medien und frei verfügbaren Informationsquellen zu verschaffen. 20 In Hinblick auf die Hautfarbe/ethnische Herkunft, soziale Herkunft, geistige und körperliche Fähigkeiten, Geschlecht, Lebensalter, Religion/Weltanschauung, sexuelle Identität und Orientierung. 21 In „Der Tagesspiegel“ 14.3.2021 https://m.tagesspiegel.de/kultur/gesellschaftlicher-zusammenhalt-melting-pot- moebelhaus/27004148.html?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F 30
Beschreibung des Handlungsfelds Die Covid-19-Pandemie hat die System- Zur Entfaltung ihrer Potenziale benötigen relevanz von Bibliotheken verdeutlicht, aber Bibliotheken ausreichende räumliche, auch Schwächen in den oben genannten technische und personelle Ressourcen. Bereichen sichtbar gemacht. Handlungs- Kommunale öffentliche Bibliotheken sind bedarf gibt es vor allem bei den Raum- eine freiwillige Aufgabe der Kommunen. größen, der Belüftung und dem Grad der Zuständig für den Betrieb und den Unterhalt Digitalisierung. Wenn alle Bibliotheken einen der Bibliotheken sind die jeweiligen Träger. substanziellen Beitrag zur digitalen Informa- Die Kommunen sind in erster Linie dafür tionsversorgung und zur Digitalkompetenz verantwortlich, ihre Bibliotheken nach zeit- der Bürgerinnen und Bürger leisten sollen, gemäßen Standards mit einer sachgerechten brauchen kleinere kommunale Bibliotheken Grundfinanzierung auszustatten. Zur Pla- bibliothekarischen IT-Support. Die dafür nungssicherheit und Verlässlichkeit ist dies nötigen Strukturen können die kleineren auf die Grundlage einer politisch beschlosse- Gemeinden nicht selbst aufbauen. Hier ist nen Bibliothekskonzeption zu stellen. Dieser das Land gefordert. Verantwortung kommen viele Kommunen vorbildlich nach. In finanzschwächeren Kommunen und Regionen gibt es Entwick- lungsbedarf von öffentlichen Bibliotheken insbesondere in den Bereichen Gebäude und Infrastruktur, bei der Digitalisierung, bei Angeboten und Programmen sowie beim Personal. Hier sollte das Land mit entspre- chender gezielter Förderung ein Anreiz- system schaffen. 31
Alle im Folgenden verwendeten Daten zum Ist-Zustand basieren auf der Deutschen Bibliotheksstatistik, Berichtsjahr 2019. Sie beziehen sich auf die kommunalen öffentlichen Bibliotheken.22 1. Angebot und Programm Bibliotheken als Treffpunkte und Orte Indikatoren für die Qualität des Angebots der Kultur und Information • Die Bibliothek aktualisiert jährlich zehn Prozent ihres Medienangebots. Ziele • Die Bibliothek stellt gemäß internationalen Das Medien- und Dienstleistungsangebot Standards 2.000 Medien je 1.000 Einwoh- der Bibliothek ist auf die Nachfrage der ner/-innen des Einzugsgebiets zur Kunden ausgerichtet. Gemessen wird die Verfügung. Akzeptanz des Angebots an der Intensität der Nutzung. Die Ausleihe von Medien oder Indikator für die Akzeptanz des Angebots die Inanspruchnahme der Medienangebote Die Bibliothek erzielt jährlich mindestens und Dienstleistungen, wie zum Beispiel 3.000 physische und virtuelle Besuche je 1.000 Informationsanfragen oder Datenbank- Einwohner/-innen ihres Einzugsgebietes. recherchen, sind Formen der Nutzung Die breite Streuung von 1,1 Medien je von Bibliotheken. Voraussetzung für diese Einwohner/-in im Regierungsbezirk Freiburg Nutzungsformen ist der Besuch der zu 1,7 Medien je Einwohner/-in im Regie- Bibliothek (vor Ort oder im Netz). rungsbezirk Tübingen bei einem empfohle- nen Wert von zwei Medien je Einwohner/-in ist ein deutlicher Indikator, dass auch bei bestehenden Einrichtungen Ausbaubedarf besteht. Je Einwohner/-in wurden im Jahr 2019 von kommunaler Seite 16,72 EUR aus- gegeben, davon 1,89 EUR für den Medien- erwerb. Daten zum Ist-Zustand Regierungs- Medien- Physische bezirk bestand Bibliotheks- je besuche Einwohner/ je 1.000 -in Einwohner/- innen Freiburg 1,1 1.443 Karlsruhe 1,3 1.422 Stuttgart 1,6 2.360 Tübingen 1,7 1.939 22 https://www.bibliotheksstatistik.de/ 32
24/7 Maßnahmen Die Medienangebote werden an die gültigen Indikatoren angepasst. Die Träger stellen einen angemessener Medienetat für die Aktualisierung bereit. Die Zahl der Bibliotheksbesuche kann vor allem durch eine Verbesserung des Ange- bots, durch Erweiterung von Öffnungszeiten und mehr Standorte erhöht werden. Empfehlung Förderprogramme auflegen, die Anreize setzen für die Schaffung von Open-Library- Lösungen oder Erprobung von Sonntags- öffnungen. Bibliothek mit langen Öffnungszeiten Best Practice Stadtbibliothek Stuttgart Die Stuttgarter Bibliothek steht mit langen Öffnungszeiten (Montag bis Samstag von 9.00 bis 21.00 Uhr), den 24-Stunden-Angeboten wie zum Beispiel der „Bibliothek für Schlaflose“, einem ausgebauten mehrsprachigem Angebot und mehr als 4.000 Veranstal- tungen im Jahr für ein qualitativ hochwertiges Bibliotheks- und Kulturangebot. 33
Bibliotheken als Zentren der Lese- und Sprachförderung, des Lernens und des sozialen Zusammenhalts stärken (interkulturell, inklusiv, barrierefrei) Ziele Indikatoren Öffentliche Bibliotheken bieten als wichti- • Für die Bibliothek als Bildungseinrichtung ger Teil der Bildungslandschaft allgemein- sind Schülerinnen und Schüler eine bildende, beruflich fortbildende wie auch besonders wichtige Zielgruppe. Ihrer kulturelle Angebote an. Eine hohe Priorität Akzeptanz der Angebote wird besondere hat die Förderung der Lese-, Medien- und Bedeutung beigemessen. Informationskompetenz. Mindestens 60 Prozent der Schülerinnen und Schüler einer Kommune sind aktive Nutzende der öffentlichen Bibliothek. • In jeder Kommune gibt es eine Koopera- tionsvereinbarung zwischen Bibliotheken, Schulen, Kindertageseinrichtungen und Einrichtungen der Erwachsenenbildung. • Bibliotheken stellen Arbeitsplätze / Lernräume zur Verfügung. Daten zum Ist-Zustand Regierungs- Anzahl Anzahl bezirk Veranstaltungen Veranstaltungen je Bibliothek je 1.000 im Durchschnitt Einwohner/- innen im Durchschnitt Freiburg 75 4,3 Karlsruhe 97 5 Stuttgart 101 4,2 Tübingen 81 5,9 2019 führten die öffentlichen Bibliotheken in Baden-Württemberg insgesamt rund 51.000 Veranstaltungen und Führungen mit einer Million Besucherinnen und Besuchern durch. 34
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