LIFE BOVAR: Ein neues LIFE-Projekt zum Schutz der Gelbbauchunke im Kreis Soest
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56 LIFE BOVAR: Ein neues LIFE-Projekt zum Schutz der Gelbbauchunke im Kreis Soest von C. Härting, C. Höppner & B. Beckers Die Gelbbauchunke Das Projekt Wichtigste Ziele des Projektes sind die Umsetzung von Arten- Die Gelbbauchunke ist mit drei Im März 2018 ist ein neues EU schutzmaßnahmen für die Zielarten bis fünf cm Größe ein kleiner LIFE-Projekt LIFE Bovar gestartet, Gelbbauchunke, Geburtshelferkröte, Froschlurch. Auffallend ist die na- welches sich dem Management Kreuzkröte und Kammmolch, die mensgebende gelb-schwarze Muste- der Gelbbauchunke und anderer Wiederherstellung und Optimierung rung auf dem Bauch der Tiere. Die gefährdeter Amphibienarten dy- günstiger Lebensraumbedingungen Gelbbauchunke ist als Pionierart ein namischer Lebensräume widmet. und die Stärkung des Biotopver- Bewohner von dynamischen Lebens- Der Name Bovar ist ein Akronym bundes. Außerdem sind Wiederan- räumen: Das sind kleine Pfützen, aus dem wissenschaftlichen Na- siedlungen geplant, um isolierte Tümpel und Lachen, welche nach men der Gelbbauchunke Bombina Populationen miteinander zu ver- der Entstehung sehr schnell von variegata. Unter Federführung des netzen und einen Beitrag zur Wie- den Unken besiedelt werden und NABU Niedersachsen werden in derherstellung des ursprünglichen zum Ablaichen genutzt werden. Ur- dem LIFE-Projekt zusammen mit Verbreitungsgebietes zu leisten. sprünglich fand die Gelbbauchunke Projektpartnern in Niedersachsen Wie für LIFE-Projekte üblich, ihre Lebensräume in dynamischen (Schulbiologiezentrum Hildesheim), werden dabei Instrumente für die Fluss- und Bachauen. Mit dem Ver- Nordrhein-Westfalen (NABU-Natur- langfristige Sicherung und Pflege schwinden dieser Elemente in den schutzstation Aachen; ABU) und den der Lebensräume entwickelt. Um vergangenen Jahrhunderten konnte Niederlanden (Stichting IKL) sowie das Bewusstsein für die biologische sich die Art zunächst erfolgreich als mit den Ländern Niedersachsen und Vielfalt zu stärken, werden Informa- Kulturfolger etablieren und nutzte Nordrhein-Westfalen Aktionen und tionen über Exkursionen, Vorträge, als neue Lebensräume kleine Ton- Schutzmaßnahmen über einen Zeit- das Aufstellen von Informationstafeln gruben, Steinbrüche, Radspuren und raum von acht Jahren durchgeführt. und regelmäßige Artikel in der Presse andere „Störstellen“ in der Kultur- Nach einer Auftaktveranstaltung vermittelt. landschaft. Mit dem Verschwinden in Niedersachsen fiel der offizielle Die EU-Kommission, die Pro- oder Aufgabe dieser Strukturen ging NRW-Startschuss für das Projekt am jektpartner, die Kofinanzierer und auch der Bestand der Unken zurück 18. Juli 2018 bei der ABU in Bad die Unterstützer haben das Projekt und die ehemalige Allerweltsart ist Sassendorf-Lohne in Anwesenheit mit einem Gesamtvolumen von gut heute in Nordrhein-Westfalen vom von Umweltministerin Ursula Hei- 4,6 Mio. Euro ermöglicht. In der Aussterben bedroht (Schlüpmann et nen-Esser, dem NABU Niedersachen Fläche kann das Projekt Dank der al. 2011). Den verbliebenen Vorkom- und NABU NRW, Vertretern von verschiedenen Flächeneigentümer men im Kreis Soest kommt daher eine Behörden, Kommunen sowie aus der große Bedeutung zu. Politik und weiteren Projektförderern. und Unterstützer umgesetzt werden. Foto: M. Scharf ABU info 41-42 (2019)
57 Gelbbauchunken Foto: M. Scharf im Kreis Soest Die Zielart des LIFE-Projekts im Kreis Soest ist die Gelbbauchunke. Die Vorkommen liegen hier an der nördlichen Verbreitungsgrenze der Art. Schon seit Jahrzehnten bemüht sich die ABU um den Erhalt und Schutz der Gelbbauchunken. Durch Anlage und Pflege von Tümpeln und dem Offenhalten geeigneter Land- lebensräume konnte der Bestand in den letzten Vorkommen bis heute erhalten werden. Im neuen LIFE-Projekt möchten wir mit verschiedenen Maßnahmen die bestehenden Populationen stärken und langfristig stabilisieren. Im zeitigen Frühjahr werden auf dem Kleiberg mit schwerem Gefährt Fahrspuren Hierfür werden die Bestände jedes gefahren und so kleinflächig der Boden verdichtet. Jahr genau erfasst. Für die Zeit nach Foto: C. Härting dem LIFE-Projekt wird ein Pflege- und Managementkonzept erarbeitet. Die Maßnahmen werden in den letzten drei bekannten größeren Vorkommen umgesetzt. Die Gebiete sind als Naturschutz- und FFH Ge- biete ausgewiesen. Das Pöppelsche-Tal bei Eikeloh ist das bedeutendste Schleddental der Hellwegbörde. Schledden sind „westfälische Wadis“: periodisch wasserführende, teilweise stark in den Kalkuntergrund des Haar- strangs eingetiefte Trockentäler. An den Hängen finden sich vor allem Halbtrockenrasen und Grünland von Hecken gesäumt, aber auch kleine Feldgehölze und Baumreihen. Historisch besiedelten die Gelb- Nach einem starken Sommerregen sind die Fahrspuren mit Wasser gefüllt und bauchunken hier die Furten und werden direkt von Gelbbauchunken zum Ablaichen benutzt. Fahrspuren, welche durch eine ehe- malige landwirtschatliche Nutzung Gelbbauchunke durch die Entnahme ABU der Wasserhaushalt optimiert des Tales entstanden. Nach Aufgabe von Gebüschen optimiert werden. und viele Bereiche wiedervernässt, dieser Nutzung verschwanden diese Der Muckenbruch bei Bad We- wovon auch die Unken profitieren. wichtigen Lebensräume und die sterkotten ist Teil des FFH-Gebietes Mit den Maßnahmen im LIFE-Projekt Unken leben heute in eigens für „Manninghofer Bach sowie Gieseler möchten wir einige stark zugewach- sie angelegten Kleinstgewässern. und Muckenbruch“. Er ist ein struk- sene Flächen wieder öffnen und Ein Teil der Fläche wird heute nach turreiches Niedermoor mit einem Kleinstgewässer anlegen. einem Pflegekonzept als Hudeweide Mosaik aus Grünland, Schilf und Der ehemalige militärische Stand- von Schafen beweidet. Eine weitere Feuchtwald. Die Gelbbauchunke ortübungsplatz auf dem Kleiberg Fläche wird durch eine ganzjährige profitiert von einem kleinflächig be- südlich von Soest (Büecke und Beweidung mit Exmoor-Ponies und triebenen Torfstich, durch den immer Hiddingser Schledde) ist heute eine Heckrindern offen gehalten. Im wieder temporäre Kleinstgewässer arten- und strukturreiche Mosaik- Rahmen vom LIFE-Projekt sollen hier entstehen. In den letzten Jahren wur- landschaft mit magerem Offenland, neue Kleinsttümpel angelegt werden den durch den Kreis Soest und die Laubwäldern sowie Buschland. In sowie der Landlebensraum für die ABU info 41-42 (2019)
58 kleinflächig verdichtete Fahrspuren Foto: C. Höppner für Gelbbauchunken zu schaffen. Zusätzlich werden einige kleine Bereiche entbuscht. Einmal im Jahr treffen sich die Be- teiligten aus Verwaltung, Kommune und Flächeneigentümer und bespre- chen den Fortschritt des Projekts und stimmen die nächsten geplanten Maßnahmen ab. Mit Informationsta- feln vor Ort und regelmäßigen Exkur- sionen in die Gebiete möchten wir Informationen zur Gelbbauchunke, zu den Gebieten, zu umgesetzten Naturschutzmaßnahmen und zum LIFE-Projekt vermitteln. In regelmä- ßigen Abständen wird auf der Pro- jektinternetseite (www.life-bovar. com) und auf der Internetseite der ABU über den Fortschritt berichtet. Ein Mosaik aus verschiedenen frisch angelegten Kleinstgewässern bildet einen Bestandsgröße und optimalen Lebensraum für Gelbbauchunken. Populationsdynamik Ziel der Maßnahmen und des LI- FE-Projekts ist es die Populationen der militärischen Nutzung wurde der militärischen Nutzung wird der Gelbbauchunke zu stärken. das Gebiet vor allem durch das Be- das Gebiet heute von halbwilden Hierzu werden die Unken in den drei fahren mit dem Panzer offen gehalten Taurusrindern und Konikpferden Gebieten genau erfasst und Bestands- und es entstanden viele verdichtete der ABU offen gehalten. Die Me- größen ermittelt. Das Vorhandensein Fahrspuren, in welchen sich bei thode der Anlage von Fahrspuren von Laich, Kaulquappen und jungen Regen Wasser sammeln konnte. Die wird im Rahmen des LIFE-Projekts Unken als Nachweis für erfolgreiche Gelbbauchunken – wie auch andere fortgesetzt. So wird regelmäßig im Reproduktion wird ebenfalls notiert. Amphibien – fanden hier optimale zeitigen Frühjahr ein Teil des Gebiets Die erwachsenen Unken werden vor- Bedingungen vor. Nach Aufgabe mit schwerem Gerät befahren um sichtig aus den Tümpeln gefangen, die Unterseite fotografiert und direkt Auf einem lehmigen Untergrund bestens getarnt – Gelbbauchunke von oben. wieder zurückgesetzt. Ihr individu- elles gelb-schwarzes Bauchmuster Foto: C. Härting gleicht einem Fingerabdruck und dient zur Identifikation der einzel- nen Individuen. Die Fotos werden mit Hilfe einer speziellen Software ausgewertet. So können über Jahre hinweg die gefangenen Tiere wieder zugeordnet werden, denn Gelbbau- chunken können über 20 Jahre alt werden. Langfristig können durch die Untersuchungen Aussagen über die Bestandsgröße und Dynamik der Population gemacht werden. ABU info 41-42 (2019)
59 Projektförderer Foto: C. Härting Das LIFE-Projekt „Management der Gelbbauchunke und anderer Am- phibienarten dynamischer Lebens- räume“ – kurz: „LIFE BOVAR“ – ist ein Förderprojekt der Europäischen Union (EU) und wird aus Mitteln des EU-Umweltprogramms – Schwer- punkt Natur und Biodiversität – gefördert. Ferner unterstützen das Land Niedersachsen mit Mitteln des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz (MU), das Land Nordr- hein-Westfalen mit Mitteln des Mini- steriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MULNV), die Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung, die Nieder- sächsischen Landesforsten, der Kreis Minden-Lübbecke, die Landkreise Goslar, Hameln-Pyrmont, Hildes- heim, Holzminden, Schaumburg, die Region Hannover, die Städte Han- nover und Hildesheim, der NABU Landesverband Nordrhein-West- falen, der NABU Kreisverband Minden-Lübbecke und die Firma Saint-Gobain Formula GmbH sowie Vier verschiedene Gelbbauchunken von unten – dank des Bauchmusters gleicht die Projektpartner das Projekt. keine Unke der anderen. Für die Bestandsaufnahmen können die individuellen Bauchmuster wie Fingerabdrücke verwendet werden. Hierbei hilft eine moderne Software, die allein für diesen Zweck entwickelt wurde. Verwendete Literatur Foto: B. Scheel Schlüpmann, M., M. Bussmann, M. Hach- tel & U. Hase (2011): Gelbbauchunke. In: Handbuch der Amphibien und Reptilien Nordrhein-Westfalens, Band 1 (Hrsg. Arbeitskreis Amphibien und Reptilien in Nordrhein-Westfalen in der Akademie für ökologische Landesforschung Mün- ster e.V.). Bielefeld. Feldmann, R. (1981): Die Amphibien und Reptilien Westfalens. Abhandlungen aus dem Landesmuseum für Naturkunde zu Münster in Westfalen. Heft 4. Loske, R. & P. Rinsche (1985): Die Am- phibien und Reptilien des Kreises Soest. Arbeitsgemeinschaft Biologischer Um- weltschutz. Scharf, M. (2012): Gelbbauchunken im Pöppelschetal - Fehler und Erfolge. ABU info 33-35: 34-37. Gelbbauchunkenlarve. ABU info 41-42 (2019)
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