Lob und positive Bestärkung im Umgang und Training mit dem Pferd - Daniela Schinko
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Über den Autor Daniela Schinko ist ausgebildete veterinärmedizinische Assistentin und hat sich auf die Physiotherapie am Pferd spezialisiert. Frau Schinko darf auf diesem Gebiet auf einen langjährigen Erfahrungsschatz zurückgreifen, und arbeitet zu dem als ganzheitliche Pferdetrainerin bei Hippovital. Hippovital steht für die Gesunderhaltung des Pferdes. Für Mobilität, Vitalität und Motivation. Sie vermittelt ihr Wissen rund ums Pferd mit viel Leidenschaft österreichweit in Kursen, Vorträgen und Pferdetrainings nach biomechanischen Grundlagen. 2
Inhaltsverzeichnis Was bedeutet „Leistung“? ____________________________________4-5 Lob und Motivation__________________________________________6-8 „Futterlob“- des einen Freud`, des anderen Leid__________________9-12 Positive Bestärkung – verbales Lob – freies Formen_______________13-16 Zusammenfassung____________________________________________17 Kontakt____________________________________________________18 3
Was bedeutet „Leistung“? Ich definiere Leistung - auf das Pferd und die Ausbildung bezogen - primär mit ALLEM was der Mensch vom Pferd verlangt, und sozusagen ein „künstliches“ Verhalten oder Handlungen darstellt. So betrachte ich beispielsweise das erste Anlegen des Halfters beim Fohlen, wie das Führen am Strick genauso als Leistung wie korrekt ausgeführte Gangartwechsel an der Longe, jede weiterführende Arbeit unter dem Sattel, aber auch den entspannten Spaziergang oder Ausritt. Nichts von all dem ist als selbstverständlich hinzunehmen, selbst beim älteren und ausgebildeten Pferd nicht! Dabei gilt es sowohl die körperlich erbrachte, als auch geistige Leistung zu erkennen und in JEDEM Fall zu würdigen. Oft höre ich von Pferdebesitzern „ich gehe nur im Schritt ins Gelände, da braucht mein Pferd ja nichts zu tun…“. Aus meiner Sicht erbringt das Pferd unter Umständen sogar HOCHLEISTUNG! Nämlich dann, wenn es aufgrund seines Trainingszustandes (zum Beispiel fehlerhaft ausgeprägte oder kaum vorhandene Muskulatur, Muskelatrophie) dazu gar nicht in der Lage ist. Untrainierte Pferde sind häufig schon alleine mit dem Reitergewicht überfordert, was eine enorme körperliche Belastung darstellt! Du kannst dir vorstellen, was für Leistung dieses Pferd erfüllen muss, wenn der Reiter dann noch einen unausbalancierten Sitz hat und das Pferd im Gleichgewicht stört? Das ist sowohl körperliche Leistung, (beispielsweise beansprucht das Pferd Muskelgruppen kompensatorisch und muss sich ständig neu ausbalancieren) als auch geistige, da die Konzentration enorm gefordert ist. 4
Auch ruhig zu stehen bedeutet Leistung, wie bei diesem jungen Hengst zu sehen! Im weiteren Trainingsverlauf wird er lernen selbstständig so lange still zu stehen, bis er die Stimmhilfe zum Antreten erhält. Das erfordert Konzentration und ist geistige Leistung! Wie lange ein Pferd sich konzentrieren kann, hängt unter anderem vom Alter ab. Aber auch Umweltfaktoren und die Erfahrung des Pferdes an sich spielen bei der Konzentrations-fähigkeit eine Rolle. Die Anforderungen an das Pferd sollen daher immer der aktuellen Tagesverfassung angepasst werden. Selbst das Geritten werden an sich möchte ich generell als Leistung bezeichnen. Unabhängig von der Ausbildungsstufe oder dem erreichten Niveau. Es ist nicht selbstverständlich für das Pferd den Menschen auf dem Rücken zu tragen! 5
Lob und Motivation Lob und Motivation stehen in unmittelbarem Verhältnis zueinander, sofern das Lob auch als solches erkannt wird. Ein Beispiel aus menschlicher Sicht: Du arbeitest in Unternehmen A, und dein Chef scheint deine Leistung dahingehend nicht wahr zu nehmen, da er dir dies nie vermittelt, dich lobt oder dir das Gefühl gibt ein wichtiger Bestandteil des Unternehmens zu sein. Wenn überhaupt, dann hörst du Kritik. Kritik die dir Angst macht, denn durch die ausbleibende Anerkennung wirst du vermutlich früher oder später verunsichert sein. Verunsichert, ob du deine Arbeit überhaupt zur Zufriedenheit verrichtest? Das fehlende Lob und die daraus resultierende Unsicherheit werden in Folge auch deine Motivation sinken lassen. Bist du in dieser Stimmung in der Lage Höchstleistung zu erbringen? In Unternehmen B jedoch wertschätzt man dich ganz offensichtlich. Der Chef spart nicht mit Lob wenn du deine Sacht gut gemacht hast, und zeigt dir das auch. Mal bekommst du Urlaubstage, mal einfach eine nette Aufmerksamkeit, und für ganz besondere Leistungen gibt es sogar den „Jackpot“, eine Geldprämie. Ich denke, wir sind uns einig, und du wirst in diesem Unternehmen hoch motiviert und gerne deine Arbeit verrichten. Möglicherweise wirst du in deiner Leistung sogar über dich hinauswachsen. Auch wirst du in diesem Unternehmen keine Angst vor Kritik haben, da du sie nicht als negativen Bestandteil empfindest. Kritik in respektvoller Weise vermittelt stellt immer eine Möglichkeit dar sich selbst zu verbessern! 6
Was bedeutet das in Bezug auf die Pferdeausbildung? Zuerst muss man verstehen aus welchen Beweggründen Pferde reagieren. Zum einen weil sie Unbehagen vermeiden möchten, zum anderen weil sie sich Vergünstigungen erhoffen. Pferde, die vom Ausbildner häufig gelobt und belohnt werden sind erfahrungsgemäß motivierter und freudiger bei der Arbeit. Selbst der tägliche Umgang mit schwierigen Pferden kann sich durch positive Verstärkung des gewünschten Verhaltens deutlich verbessern! Für uns Menschen kann Lob oder Belohnung im Allgemeinen vieles sein und richtet sich nach den persönlichen Vorlieben, aber auch der Leistung entsprechende Erwartungshaltung. Schokolade, Wellness, Urlaub oder auch das neue Auto könnte unsere menschliche Belohnung darstellen. Das Pferd muss erst die Verknüpfung des Lobes mit etwas ihm angenehmen begreifen lernen um es mit einer unmittelbar von ihm gesetzten Handlung in Verbindung setzen zu können. Denn auch gelobt werden muss erst erlernt werden! 7
Lobt man sein Pferd allein mit den Worten „gut“ oder „brav“ so wird es diese gar nicht zu deuten wissen und demnach nicht verstehen wenn es zuvor nicht mit etwas ihm Angenehmen in Verbindung gebracht wurde. Was das jeweilige Pferd als angenehm empfindet ist individuell. Mal kann kraulen an einer selbst unzugänglichen Stelle (zum Beispiel am Bauch oder an den Schenkelinnenseiten) eine Belohnung darstellen… …oder nach einer anstrengenden Übung das Vorwärts– abwärts-Dehnen am hingegebenen Zügel. Futter stellt in jeder Hinsicht großes Lob dar, und ist gerade im Anfangs-stadium des Erlernens ein hoher Motivator! 8
„Futterlob“ – des einen Freud´, des anderen Leid Futter im Training kann eine sehr wertvolle Hilfe darstellen. Entscheidend ist der richtige Einsatz von Futter als Belohnungsmittel. Dieser will jedoch gelernt sein, möchte man die negativen Konsequenzen (betteln) von falscher Futterbelohnung vermeiden! Pferde, die das Futterlob in Verbindung mit ihrer Leistung oder ihren Handlungen bringen, betteln nicht! Pferde, die jedoch zu allen Gelegenheiten mit Leckerlis nahezu vollgestopft werden, neigen zum Betteln und fordern ihre „Goodies“ zum Teil recht forsch, manche gar aggressiv ein. Diese Pferde fordern ihre Leckerlis grundsätzlich ein, da sie sie als normalen Bestandteil der Fütterung ansehen aber nicht als Lohn für ihre Bemühung. Sinnvoller Einsatz von Futterlob hat mit wahllosem „Leckerli stopfen“ nichts zu tun! 9
Praxistipp: Futterlob - richtig eingesetzt Verzichte auf unbedachte Leckerli Gaben (zum Beispiel „Begrüßungsleckerli“) denn so erhöhst du den Reiz der Belohnungsgabe und erziehst dir kein bettelndes Pferd. Baue die Übung in kleinen Schritten auf, dass das Pferd auch eine reelle Chance hat seine Belohnung (das betrifft nicht ausschließlich das Futterlob!) zu bekommen. Bei der Auswahl des Belohnungsmittels gilt es primär heraus zu finden, was das Pferd richtig begehrenswert findet. Das gewohnte Müsli oder Hafer kann dabei weniger reizvoll sein als beispielsweise eine Rosine oder sonstiges was das Pferd eben nur zu besonderen Anlässen bekommt. Der Geschmack soll begeistern! Die Leckerlis sollen klein sein damit das Pferd nicht zu lange mit Kauen und Abschlucken beschäftigt ist, denn das könnte die Konzentration stören! Ich persönlich verwende gerne natürliche Belohnungsmittel. Getrocknete Hagebutten, Bananenchips, frische oder getrocknete Apfel- oder Karottenspalten, rote Beete Chips, Rosinen etc. Wer gerne selbst backt, kann für sein Pferd natürlich köstliche Leckerli selbst herstellen, oder auf die im Handel angebotenen Produkte zurückgreifen. 10
Praktisch ist, die Leckerlis in einer Bauch- oder Gürteltasche aufzubewahren. Ich trage die Bauchtasche immer an der dem Pferd abgewandten Seite hinter der Hüfte. So ist sie auch von Pferden, die den Einsatz vom Futterlob erst lernen müssen nicht gleich frei zugänglich! Überreicht wird das Futterlob immer mit ausgestreckter Hand und geöffneter Handinnenfläche weg vom eigenen Körper! Das ist eine ganz wichtige Maßnahme um Distanz zu wahren und betteln oder gar eigenmächtiges Bedienen von Seiten des Pferdes in der „Leckerli Tasche“ zu vermeiden! Neigt das Pferd dennoch zu ungestümen Verhalten (schnappen, aufdringlich bedrängen etc.), baue ich gerne eine kleine Gehorsamsübung mit ein, welche aber unbedingt vorab vom Pferd verstanden und erlernt werden muss. Zum Beispiel lasse ich manche Pferde erst noch den Kopf senken bevor sie ihre Futterbelohnung erhalten. Die Abfolge geht dabei fließend sodass für das Pferd noch klar ist wofür es gelobt wurde. Nämlich für die gelungene Übung. 11
Das Ausmaß der Belohnung kann und soll unterschiedlich ausfallen, denn dies erhöht wiederum den Reiz! So gibt es als kleine Anerkennung für eine gelungene Übung die das Pferd schon kann von mir beispielsweise eine Rosine. Hat das Pferd die Übung beim Nächsten abrufen hervorragend ausgeführt, so zeige ich mich natürlich großzügiger und gebe zur Rosine noch Bananenchips, verbales Lob (dazu später mehr) UND Streicheleinheiten dazu! Der „Jackpot“ stellt für das Pferd einen großen Gewinn dar und ist demnach besonders erstrebenswert. Der Jackpot soll für das Pferd auch nicht vorhersehbar sein. Auch das erhöht den Reiz und steigert die Motivation! Lernt das Pferd eine Übung gerade neu, werde ich zu Beginn immer besonders großzügig mit Lob und Belohnungsmittel umgehen um dem Pferd zum einen zu vermitteln „du bist am richtigen Weg, das möchte ich sehen“ und zum anderen, um das Pferd zu motivieren weiter zu machen und den Reiz der Übung zu erhalten beziehungsweise zu erhöhen. Du verwaltest die Ressourcen! Achte darauf, dass die Leckerlis für das Pferd nicht frei zugänglich sind. Das Pferd wird sehr bald verstehen dass eine Handlung von ihm der Belohnungsgabe vorausgeht. Diese Pferde betteln nicht indem sie den Besitzer bedrängen und seine Taschen durchsuchen. Es kann aber wohl passieren, dass Pferde aus eigenen Stücken heraus beginnen Übungen oder Lektionen anzubieten um zu ihrer Belohnung zu kommen. Meist sind diese Angebote Übungen die das Pferd besonders gut kann, ihm besonders leicht fallen, oder für die es bereits häufig den „Jackpot“ erhalten hat. In diesem Fall rate ich dazu das Pferd zu ignorieren und gegebenenfalls den gemeinsamen Platz kurz zu verlassen. 12
Positive Bestärkung – verbales Lob – freies Formen Unter Anbetracht dieser Punkte kann die Ausbildung mittels positiver Verstärkung beginnen und dem Pferd die ersten Hilfen in Form von verbalem Lob vermittelt werden. Da das Pferd unsere Sprache nicht versteht hat das Wort an sich, welches unsere Begeisterung ausdrücken soll für das Pferd solange keine Bedeutung bis es mit Lob verknüpft wurde. „Gut, brav, fein“ untermauere ich mit Streicheleinheiten und Futterlob. Dabei ist es wichtig, das Lob Wort stets in gleicher Stimmlage und Betonung auszusprechen. Schlussendlich wird das Pferd darauf konditioniert, dass das Aussprechen des Lob Wortes auch das Beenden der gezeigten Übung oder Handlung darstellt. Um dem Pferd den Weg zum Ziel (= Lob Wort + Belohnungsgabe) zu erleichtern, installiere ich ein weiteres Stimmkommando mit der Bedeutung „du bist am richtigen Weg, mach weiter“. Dieses „keep going“ Wort soll sich vom eigentlichen Lob Wort unterscheiden. Erfahrungsgemäß lernt das Pferd die Bedeutung der Worte sehr einfach und schnell durch freies Formen. Das bedeutet, das Pferd zeigt von selbst eine Reaktion oder Handlung die für den Ausbildner positiv und förderlich ist. Das Pferd wird konsequent jedes Mal, wenn es diese zufällige Handlung zeigt überschwänglich mit allen zur Verfügung stehenden Lobmitteln (Stimme, Futter, Streicheleinheiten) bestätigt. Bald wird das Pferd beginnen, diese Handlung von selbst öfter anzubieten und nun kann der Ausbildner beginnen, die Übung zu formen und abrufbar zu machen. 13
Praxistipp: senken des Kopfes frei formen Das senken des Kopfes abrufbar zu machen ist eine sehr nützliche Übung zur Entspannung bei nervösen Pferden oder übermütigen „Halbstarken“, aber auch für die Arbeit an der Longe eine wertvolle Hilfestellung. Begib dich mit deinem Pferd in angenehme und ruhige Umgebung. Bringe Geduld, eigene Motivation und natürlich auch Belohnungsmittel (Futterlob) mit. Fördern kannst du das Kopf senken in dem du das Pferd entspannend streichelst, oder auch einen Zeitpunkt wählst indem das Pferd normalerweise döst. Sobald das Pferd auch nur im Ansatz (!) den Kopf senkt und damit seinen Hals fallen lässt, sprichst du dein Lob Wort und gibst ZEITGLEICH das Futterlob. Das Timing ist hier ganz entscheidend! Nämlich den Moment so „einzufangen“, dass das Pferd zum Zeitpunkt der Belohnung den Kopf tatsächlich noch gesenkt hat. Würde es seine Belohnung zu spät erhalten, nämlich dann wenn der Kopf bereits wieder erhoben ist, würdest du genau das belohnen was eigentlich nicht Ziel ist. Biete dem Pferd seine Futterbelohnung in der Tiefe an! Das verhindert das rasche hochnehmen des Kopfes und stellt sicher, dass das Pferd für das Senken belohnt wird. 14
Nach einigen Wiederholungen wird das Pferd meist verstanden haben worum es geht, und eventuell das Kopf senken bereits von selbst anbieten. Nun ist es sinnvoll, der Übung ein Handsignal hinzuzufügen um später das Kopf senken auch auf Distanz abrufen zu können. Ich deute beispielsweise wenn das Pferd den Kopf am Senken ist in Richtung Genick und lobe wie gehabt mit Stimme und Futter in der Tiefe. Die Übung eignet sich sehr gut um die Losgelassenheit zu fördern oder wiederherzustellen! Trainiere in kleinen, aber erfolgversprechenden Schritten! So stellst du sicher, dass das Lernen positiv verknüpft wird, wogegen es bei zu vielen erfolglosen Versuchen zu Frust und dadurch Desinteresse nicht nur bei dir, sondern auch bei deinem Pferd kommt. Durch wiederholtes Üben bei immer gleichem Ablauf wird das Pferd bald abrufbar das Kopf senken zeigen können. 15
Treten Probleme auf, gilt es primär folgende Faktoren zu überprüfen: War das Timing auf den Punkt oder habe ich womöglich zu spät, und damit eine ganz andere Handlung vom Pferd bestärkt? War die Situation grundsätzlich richtig „eingefangen“? Hat das Pferd die Bedeutung des Lobes erkannt und wurde dieses auch richtig eingesetzt? Und nicht zuletzt spielt Geduld natürlich eine große Rolle! Berücksichtige, dass die Konzentrationsfähigkeit des Pferdes begrenzt ist und gerade Jungpferde oft innerhalb weniger Minuten geistig ermüden. Gehe nötigenfalls an den Anfang zurück, und erarbeite den jeweiligen Punkt sorgfältig erneut. Oft muss man als Trainer auch einen anderen Weg wählen um zum selben Ziel zu gelangen! Merke: Durch positive Verstärkung des ERWÜNSCHTEN Verhaltens lässt sich auch unerwünschtes „auslöschen“! 16
Zusammenfassung Lob bedeutet Anerkennung und Wertschätzung für besondere Leistungen und motiviert in höchstem Maße. Dadurch verbessern sich das Arbeitsklima und das Leistungsvermögen, denn Lob spornt an! Buchtipp: Karen Pryor „Positiv bestärken, sanft erziehen. Die verblüffende Methode nicht nur für Hunde“ 17
Kontakt Daniela Schinko – ganzheitliches Pferdetraining info@hippovital.at +43 664/503 26 33 www.hippovital.at www.facebook.com/Hippovital 18
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