Logistik braucht neue Konzepte - GLOBAL INVESTOR
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Logistik braucht neue Konzepte Der Logistiksektor ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Das künftige Potenzial wird weiterhin positiv bewertet, nicht zuletzt durch den anhaltenden Aufwärtstrend des Onlinehandels sowie immer kürzere Lieferzeiten. Mit jeder Milliarde Mehrumsatz im Onlinehandel ergibt sich ein zusätzlicher Logistikflächenbedarf von über 70.000 Quadratmetern. Entsprechend ist davon auszugehen, dass die Nachfrage nach Logistikobjekten, vor allem in der Nähe von Ballungsräumen und etablierten Logistikknotenpunkten weiter steigen wird. Vor diesem Hintergrund haben Logistikimmobilien ihr Nischen-Dasein verlassen und wurden von institutionellen Investoren als attraktive Investitionsziele entdeckt. Der Anlagedruck dieser Investorengruppe, die regelmäßige Zahlungsverpflichtungen gegenüber ihren Endkunden erfüllen muss, ist weiterhin hoch. Gleichzeitig sind in Zeiten der anhaltenden Niedrigzinsphase Anlagealternativen selten. Logistikobjekte bieten kontinuierlich hohe Ausschüttungen. So beobachtet Savills Invetment Management seit Jahren eine stetig steigende Nachfrage. Die Nettoanfangsrenditen von Logistikimmobilien liegen höher als in den Bereichen Büro und Einzelhandel. Derzeit sind bei einer Fremdfinanzierungsquote von rund 50 Prozent im europäischen Durchschnitt etwa sechs Prozent Ausschüttung erzielbar. Zwar haben aufgrund der gestiegenen Nachfrage die Preise in den letzten
Jahren ebenfalls angezogen, dennoch bieten Logistikimmobilien gegenüber Staatsanleihen der jeweiligen Länder, in denen sich die Objekte befinden, ein historisch hohes Renditeplus von etwa fünf bis sechs Prozent. Gleichzeitig schwan- ken sowohl die Gesamtrenditen als auch Mieten historisch bei Logistikimmobilien weniger stark als bei Büro- und Einzelhandelsimmobilien. Die geringeren Schwankungen bei den Mieten sind auf die starke Preissensibilität der Nachfrager sowie die hohe Angebotsflexibilität zurückzuführen. Das Mietwachstum ist zwar limitiert, gleichzeitig ist jedoch auch das Potenzial für Rückschläge in Krisenzeiten geringer als bei anderen Assetklassen. Dadurch stabilisieren Logistikimmobilien als Beimischung die Ausschüttung und Wertentwicklung des Portfolios. Veränderung der Strukturen durch digitale Wirtschaft Waren Logistikimmobilien früher „quadratisch, praktisch, gut“, hat sich der Markt in den letzten Jahren, insbesondere getrieben durch den E-Commerce, stark diversifiziert. Die Standard-Logistikimmobilie gibt es nicht mehr. Zu Logistikimmobilien der ersten Meile gehören beispielsweise Distributionszentren und produktionsnahe Lagerhallen. Logistikimmobilien der letzten Meile sind relativ kleine hochtechnisierte Verteilzentren wie Umschlaghallen oder urbane Logistik- und Paketabholstationen. Während Logistikobjekte der ersten Meile meist auf der grünen Wiese in der Nähe der Beschaffungs- oder Absatzmärkte angesiedelt sind, müssen Logistikimmobilien der letzten Meile immer näher in die Innenstädte vorrücken, um das stark wachsende
Paketvolumen bei zugleich immer kürzeren Lieferzeiten bewältigen zu können. Diese hochmodernen Zustellbasen in den Innenstädten sind jedoch nicht beliebig zu duplizieren: Geeignete Flächen sind sehr begrenzt und die Bodenpreise aufgrund der zentralen Lage sehr teuer. Dazu kommen hohe Auflagen wegen Lärmschutz und Verkehrsbelastung. Regional lassen sich in Europa die bedeutendsten Logistikzentren auf der Landkarte in Form von zwei Bananen darstellen. Die sogenannte blaue Banane reicht von den Industriezentren in Mittelengland über jene in den Benelux-Staaten, das Ruhrgebiet bis hin zu Südfrankreich und Norditalien. Die sogenannte goldene Banane deckt den ebenfalls verdichteten
Großraum entlang der Mittelmeerküste mit Städten wie Nizza, Marseille, Montpellier und Barcelona bis Valencia ab. Seit Mitte der 90er-Jahre bildet sich eine zunehmende Verflechtung der westeuropäischen mit den zentral- und osteuropäischen Ländern heraus. Insbesondere ist hier der Korridor des Ruhrgebiets über Frankfurt, Berlin und Leipzig nach Prag und Warschau von hoher Bedeutung. Durch den Trend des „Right-Shorings“ gewinnen die osteuropäischen Länder mittelfristig weiter an Bedeutung, hier vor allem Polen, Tschechien und die Slowakei. Logistikimmobilien betreffen acht Prozent des Gesamtmarktes Der Teilmarkt der Logistikimmobilien repräsentiert in Europa ungefähr acht Prozent des gesamten für institutionelle Investoren investierbaren Immobilienmarkts von etwa zwei Billionen Euro. Damit hat er sich dynamisch entwickelt, ist aber weiterhin deutlich kleiner als die Märkte Büro (883 Milliarden Euro) und Einzelhandel (694 Milliarden Euro). 2016 lag das gesamteuropäische Transaktionsvolumen von Logistikimmobilien bei 27 Milliarden Euro. Den größten Anteil verbucht traditionell Großbritannien mit 30 Prozent des gesamten Investmentvolumens, wenngleich dieses auch aufgrund des Brexit-Votums spürbar zurückging. Darauf folgt Deutschland als zweitgrößter Markt mit einem Anteil von 18 Prozent – dort erreicht das Investmentvolumen im Logistikbereich immer neue Rekorde. Die nordischen Länder und Frank- reich folgen auf Rang drei und vier mit 14 und zehn Prozent des gesamten Transaktionsvolumens. Die steigenden Transaktionsvolumina sind nicht allein
renditegetrieben, sondern basieren auf einem gesunden und wachsenden Nutzermarkt. Aktuell liegt der Flächenumsatz bei über 19 Millionen Quadratmetern. Der Mehrbedarf an Logistikflächen wird auf rund 15 Millionen Quadratmeter bis 2021 prognostiziert, allein aufgrund des Wachstums im Onlinehandel. Gleichzeitig ist das Flächenangebot in den größten Märkten begrenzt, und es gibt kaum spekulative Projektentwicklungen. In der Regel wird erst gebaut, nachdem bereits ein Nutzer akquiriert wurde. Trend in der Logistikbranche: Urbanisierung Auch die Logistikbranche wird durch Trends geprägt. Schon beim Kauf sollte man berücksichtigen, wie diese die Eigenschaften der Immobilie beeinflussen werden. Die Urbanisierung und die damit zunehmende Konkurrenz um Flächen, der Onlinehandel und die steigenden Anforderungen an ein nachhaltiges Wirtschaften stellen die Logistikbranche vor Probleme. Die Nähe zu den Ballungszentren und den Endkunden wird immer wichtiger, um die wachsende Paketmenge zu bewältigen und schneller liefern zu können – Stichwort „same hour delivery“. Vor allem in wachsenden Metropolen sind jedoch die Flächen in Innenstadtnähe mit optimalem Infrastrukturanschluss stark verknappt und Logistikobjekte mit ihrem hohen Flächenverbrauch konkurrieren hier zunehmend mit Büro- und Wohnobjekten. Die Logistikbranche muss deshalb neue Konzepte entwickeln. Dies können zum Beispiel, wie in Asien schon üblich, mehrstöckige Logistikgebäude sein, um ein Grundstück bestmöglich auszunutzen. Auch die
Revitalisierung von Bestandslogistikimmobilien wird immer wichtiger. Zudem werden Logistikimmobilien durch ihre Automatisierung effizienter. Hinzu kommt, dass die Branche eine Lösung dafür finden muss, wie trotz des zunehmenden Lieferverkehrs die Infrastruktur entlastet und Nachhaltigkeitsziele wie Lärmschutz und Emissionsreduktion erfüllt werden können. Mögliche Ansätze wie Elektromobilität, autonom fahrende Fahrzeuge und Lieferroboter sind beispielhafte Entwicklungen, die entweder in der fortgeschrittenen Erprobung oder bereits im Testbetrieb sind. Auf was sollten Investoren setzen? Sicherheitsorientierte Investoren sollten sich auf moderne Distributionszentren in Europas liquiden Logistik-Kernmärkten fokussieren sowie auf Umschlaghallen, sogenannte Cross-Docking-Objekte mit 2.000 bis 10.000 Quadratmetern in der Nähe der europäischen Ballungszentren. Dabei werden vor allem jene Regionen von der dynamischen Entwicklung des Logistiksektors profitieren, deren Infrastruktur bereits gut ausgebaut ist, die ein günstiges Kostenumfeld haben und die in der Nähe der relevanten Beschaffungs- und Absatzmärkten liegen. Bei den Umschlaganlagen ist der hohe Bodenwert aufgrund der stadtnahen Lage ein wichtiges Asset, vor allem in Metropolregionen, in denen die Bodenpreise durch die positive Bevölkerungsprognose weiter steigen werden. Der vergleichsweise hohe Anteil des Bodenwertes an der Gesamtinvestition sowie Mietvertragslaufzeiten, die die Mietzeit von Distributionszentren in der Regel übertreffen, helfen, den Nachteil einer eingeschränkten Drittverwendungsfähigkeit auszugleichen, denn
Umschlaghallen kommen aktuell nur für einen eingeschränkten Nutzerkreis, wie Kurier-Express- Paketdienstleister und große Onlinehändler in Frage. Der Fokus sollte hier auf Märkten liegen, in denen der Anteil des Onlinehandels am Einzelhandelsumsatz die Fünf-Pro- zent-Schwelle bereits überschritten hat oder dies demnächst tun wird – dazu gehören Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Schweden und die Niederlande. Doch für Distributionszentren gibt es einen Pool potenzieller Mieter aus Logistik, Industrie und Handel. Savills IM bevorzugt Standorte, die als trimodale Knotenpunkte die Nutzung der Verkehrswege auf Schiene, Wasser und Straße ermöglichen. //
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