Lokale Ökonomie im Essener Westen - Ausgabe III der Serie Vorstellung des Projektes "Essener Wirtschaftsdialog West" Zahlen, Daten & Fakten aus ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Ausgabe III der Serie Lokale Ökonomie im Essener Westen Vorstellung des Projektes „Essener Wirtschaftsdialog West“ Zahlen, Daten & Fakten aus Holsterhausen Interview mit Tanja Fortkord aus dem JobCenter Essen Vorstellung des Teilhabechangengesetzes 1
Informationsbrücke zwischen Behörden und Unternehmen Gute Kommunikationsstrukturen sind für den wirtschaftlichen Erfolg unverzichtbar, gerade in schlechten Zeiten, wie die aktuelle Corona-Krise deutlich zeigt. Das Essener Projekt „Wirtschaftsdialog West“ informiert, berät und vernetzt kleine und mittelständische Unternehmen im Essener Westen und baut Brücken zu Behörden. Das Projekt „Essener Wirtschaftsdialog West“ wurde 2019 als Pilotprojekt gestartet und läuft mittlerweile im 2. Jahr. Im Mittelpunkt des Projektes steht der Aufbau einer Kommunikationsstruktur, die die Unternehmen im Essener Westen mit den Institutionen des Arbeitsmarkts und mit den zentralen Akteuren der Integration zusammenbringt. In bisherigen Veranstaltungen des Projekts wurden durch Experten die Förderinstrumente und Angebote verschiedener Institutionen wie JobCenter Essen, NRW.Bank, Regional Agentur MEO und ZENIT vorgestellt. Neue Zeiten, neue Wege! Die Corona-Pandemie und die erforderlichen Maßnahmen zur Verlangsamung ihrer Ausbreitung haben für unser Projekt neue Rahmenbedingungen geschaffen, die einerseits die Durchführung von Vor-Ort-Veranstaltungen und Beratungen erschweren bzw. verhindern. Andererseits ist ein enormer Informationsbedarf bei Unternehmern entstanden, die plötzlich mit massiven Unsicherheitsgefühlen vor großen Herausforderungen stehen. Das Projekt hat auf diese Situation schnell reagiert und stellt auf der Projektwebseite nun regelmäßig neue Informationen zu Fördermöglichkeiten vor. In der Online Publikation „Lokale Ökonomie im Essener Westen“ werden nun außerdem der Stadtbezirk und seine Unternehmen genauer beleuchtet und vorgestellt. Weitere Informationen finden Sie unter: https://www.wirtschaftsdialog-west.de/ 2
Zahlen, Daten & Fakten aus Holsterhausen Um den Stadtteil Holsterhausen besser kennenzulernen, beleuchten wir diesen in dieser Rubrik etwas genauer. Neben Zahlen, Daten & Fakten zu der hier lebenden Bevölkerung präsentieren wir Ihnen Informationen zu den ansässigen Unternehmen und weiteren interessanten Punkten. Da die Corona Pandemie unser aller Leben stark beeinflusst, halten wir sie auch über den aktuellen Stand auf dem Laufenden! Quelle: Stadt Essen, Amt für Statistik, Stadtforschung und Wahlen: Bevölkerung nach Alter in Stadtbezirken und Stadtteilen am 31.3.2020 3
Holsterhausen Einwohner Altersstruktur 26.451 Ø 41,7 Jahre Fläche Wohnfläche 2.968.639m2 1.082.418m2 Essen-Holsterhausen zählt mit über 26.000 Einwohner/innen zu einem der bevölkerungsreichsten Stadtteile in Essen. Von Mehrfamilienhäusern, über viele Einfamilienhäuser ist in Holsterhausen für jeden etwas dabei. Das pulsierende Zentrum von Holsterhausen und gleichzeitig die Haupteinkaufsstraße ist die Gemarkenstraße. Hier findet man eine sehr gute Mischung aus Gastronomiebetrieben und Einzelhandel. Die Produktpalette reicht von Artikeln des täglichen Gebrauchs bis hin zu Spezialgeschäften. Mit dem Mühlenbachtal und dem Alfredspark gibt es nur wenige ausgewiesene Grünzonen im Stadtteil, aber die meisten Wohnhäuser verfügen über Gärten und begrünte Innenhöfe. Diese laden Besucher, egal ob jung oder alt, zum Entspannen und Verweilen ein und sorgen für einen im grünen gelegenen Stadtteil. Quelle: Stadt Essen, Amt für Statistik, Stadtforschung und Wahlen: Ein Blick auf…. Stadtteile in Essen – Frohnhausen 4
Corona in Essen Wie mittlerweile die ganze Welt, ist auch die Stadt Essen von der Corona Pandemie betroffen. Tagesaktuelle Informationen zu den Infektionszahlen in der Stadt, finden Sie auf der Webseite: www.essen.de/leben/gesundheit/corona _virus/coronavirus_updates.de.html Für die Zeit der Corona Pandemie hat die Stadt ein Bürgertelefon eingerichtet, die Montags bis Samstag von 9 bis 15 Uhr für sie erreichbar ist. Rufnummer ist die: 0201 123-8888 Quelle: https://www.essen.de/gesundheit/coronavirus_aktuell.de.html 5
Im WirtschaftsDIALOG mit…. Der Essener Wirtschaftsdialog-West stellt in seiner Interview Reihe verschiedene Unternehmen aus dem Stadtbezirk III in Essen vor. Und befragt sie zu verschiedenen Themen rund um ihre Arbeit, die Beziehung zur Stadt Essen und ihren aktuellen Erfahrungen in der Corona Pandemie. Das dritte Interview der Reihe ist mit Tanja Fortkord vom JobCenter in Essen. 6
Interview mit Tanja Fortkord aus dem JobCenter Essen Wirtschaftsdialog West: Ziel des Wirtschaftsdialogs ist es, Unternehmen des Stadtbezirks III mit den Regelinstitutionen des Arbeitsmarktes der Stadt Essen zusammen zu bringen. Dazu gehört auch das JobCenter. In Gesprächen mit Unternehmern ist allerdings herausgekommen, dass diese die Arbeitsmarktinstitutionen und ihre Angebote wenig kennen. Dies wollen wir mit diesem Gespräch ändern. Frau Fortkord, was macht das JobCenter Essen eigentlich? Tanja Fortkord: Das JobCenter Essen ist seit 2012 Optionskommune und somit hat die Stadt Essen die Betreuung der Menschen, die Arbeitslosengeld II – umgangssprachlich Hartz IV – bekommen, komplett übernommen. In vielen anderen Kommunen ist das Jobcenter als gemeinsame Einrichtung bei der Agentur für Arbeit mit angeschlossen. Wenn es bei einem Arbeitnehmer in Essen zum Verlust des Arbeitsplatzes kommt, wendet sich dieser zunächst an die Agentur für Arbeit am Berliner Platz. Je nachdem, wie lange jemand gearbeitet hat, besteht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld I. Wenn dieser Anspruch nicht besteht oder abgelaufen ist, kommen wir als JobCenter ins Spiel. Bei weiter anhaltender Arbeitslosigkeit kann sich die oder der Ratsuchende an uns wenden und einen Antrag auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV) stellen. Unsere Kunden können allerdings auch Studenten oder Selbständige sein, die nicht in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt und somit grundsätzlich keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben. Aktuell sind in unserer Stadt 25.271 Menschen im JobCenter Essen als arbeitslos gemeldet (Stand 03.11.2020).Wir bestehen aus zwei großen Abteilungen: Die Leistungsabteilung trägt dafür Sorge, dass die Menschen ihren Lebensunterhalt sicherstellen können und ihre Miete bezahlt bekommen. Der andere große Zweig ist die Arbeitsvermittlung. Diese sorgt dafür, dass Leistungsbeziehende zeitnah wieder vermittelt werden und in Brot und Lohn kommen. Das JobCenter soll dazu beitragen, die Beschäftigungsfähigkeit der Kundinnen und Kunden zu erhalten, zu verbessert und/oder wieder herzustellen. Ein besonderes Augenmerk richtet sich dabei auf die Integration von Leistungsbeziehenden mit einem hohen Verbleibe-Risiko im SGB II (Langzeitarbeitslose). Dazu leisten wir mit unserem Team über das Teilhabechancengesetz auch einen wichtigen Beitrag. 7
Interview mit Tanja Fortkord aus dem JobCenter Essen WW: Das ist gut zu wissen, dass Sie da auch nochmal den Unterschied zwischen Arbeitsagentur und Jobcenter so klar gemacht haben. Wie läuft denn die Vermittlung von ALG II-Beziehenden in eine neue Arbeit ab? TF: Dafür gibt es speziell den JSE, das ist der JobService Essen (JSE). Seine Arbeitgeberberaterinnen und -berater, sind für verschiedene Branchen wie z.B. den Einzelhandel, handwerkliche Berufe oder auch Callcenter verantwortlich. Das heißt, es gibt für jeden Bereich Ansprechpartner, bei denen Unternehmen immer anrufen und ganz speziell ihr Stellenangebot aufgeben können. Ein Beispiel: der „Lebensmittelladen um die Ecke“ sucht Verkäufer/-innen und meldet sich deswegen beim Arbeitgeberberater im JobService. Dort gibt er an, welche Voraussetzungen die neuen potenziellen Mitarbeiter/-innen mitbringen müssen. Der Arbeitgeberberater sichtet gemeinsam mit den bewerberorientierten Vermittler/-innen den Kundenpool, nach passenden Arbeitssuchenden und vermittelt dann den passenden Kandidaten weiter an das Unternehmen. Umgekehrt schauen wir auch auf Stellenportalen nach dort ausgeschriebenen Stellen. Findet sich etwas Passendes, bietet der Berater die Hilfe des JobCenters an. Durch die Bekanntmachung des Teilhabechancengesetzes kommen mittlerweile auch viele Arbeitgeber/-innen direkt auf uns zu. WW: Was ist das Teilhabechancengesetz §16i? TF: Das Teilhabechancengesetz gibt es seit dem 01.01.2019; es ist ein neues Instrument des Sozialgesetzbuches II zur Eingliederung von Langzeitarbeitslosen. Unternehmen, die eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung für Weitere Langzeitarbeitslose schaffen, bekommen Informationen zum Lohnkostenzuschüsse für bis zu fünf Jahre. In den ersten beiden Jahren des Teilhabechancen- Arbeitsverhältnisses beträgt der Zuschuss 100%, gesetz auf Seite 15 im dritten Jahr 90%, im vierten Jahr 80% und im fünften Jahr 70%. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass eventuelle Weiterbildungskosten für die/den neue(n) Mitarbeitenden während des Arbeitsverhältnisses in Höhe von bis zu 3.000 Euro übernommen werden. 8
Interview mit Tanja Fortkord aus dem JobCenter Essen TF: Für Arbeitnehmer/-innen gibt es außerdem ein beschäftigungsbegleitendes Coachings. Ab dem ersten Tag steht dem neuen Mitarbeitenden ein Coach betreuend zur Seite. Das Coaching führt unter anderem auch dazu, dass es weniger Kündigungen in den ersten Beschäftigungsmonaten gibt. Unsere Kunden sind bereits lange ohne eine Arbeitsstelle und müssen am Anfang erst einmal wieder eine Struktur aufbauen, was enorm schwierig ist. Sie lernen die Zusammenarbeit mit Chefs und Kollegen und finden sich wieder in einen Arbeitsalltag ein. Der Coach ist in diesem Fall sowohl für den Kunden als auch für den Arbeitgeber ein Ansprechpartner vor Ort. Das ist ein großartiges Instrument, welches wir an dieser Stelle nicht missen möchten. Das Coaching liegt bei einem privaten Träger. Hiermit haben wir gute Erfahrungen gemacht, weil die Kundinnen und Kunden dadurch noch einmal eine unabhängige Beratung jenseits des JobCenters erfahren. Durch das Teilhabechancengesetz werden erwerbsfähige Leistungsbezieher gefördert, die mindestens 6 Jahre lang Arbeitslosengeld II bezogen haben und in diesem Zeitraum gar nicht oder nur kurz gearbeitet haben. Bei Erziehenden gibt es vereinfachte Zugangswege, da es besonders wichtig ist auch Mütter oder Väter, die nur in Teilzeit arbeiten können, wieder in den Arbeitsmarkt zu vermitteln. Deswegen müssen diese nur fünf Jahre lang im Arbeitslosengeld-II-Bezug gewesen sein. Gleiches gilt auch für Menschen mit einer Schwerbehinderung. Außerdem gibt es ein Mindestalter von 25 Jahren. Bei unter 25-jährigen gibt es im Haus einen eigenen Bereich, der nochmals ganz andere Möglichkeiten in der Vermittlung hat und den Fokus auf Ausbildung legt. Die Voraussetzungen werden immer vom Hauptbetreuer am Standort geprüft. Dieser überstellt uns die passenden Kundinnen und Kunden dann auch. Es ist uns außerdem sehr wichtig zu erwähnen, dass das Teilhabechancengesetz ein absolut freiwilliges Instrument ist und zwar für Arbeitnehmer/-innen und Arbeitgeber/-innen. Wenn jemand nicht über den §16i SGB II vermittelt werden möchte, hat dies auch keine Konsequenzen für seine weitere Betreuung. 9
Interview mit Tanja Fortkord aus dem JobCenter Essen WW: Wie hat sich die Vermittlung in Arbeit durch Corona verändert? FK: Der Kontakt mit unseren Kundinnen und Kunden funktioniert weiterhin gut. Vieles findet telefonisch statt. Schwierig wird es bei neuen Kundinnen und Kunden, die man noch nicht lange betreut oder vielleicht sogar gar nicht kennt. Für die Vermittlung in Arbeit ist es das A und O, dass wir den Menschen vorher einmal von Angesicht zu Angesicht gesehen und wir einander persönlich kennengelernt haben. Nur so können wir als Berater/-innen und Vermittler/-innen auch verstehen, was der- bzw. diejenige möchte und wie/wohin ich die Person am besten vermitteln kann. Das kann man nicht über das Telefon oder allein anhand eines Lebenslaufes feststellen, weswegen wir trotz der Corona-Beschränkungen die Erstgespräche weiterhin vor Ort führen. Wir haben eigens eingerichtete Beraterbüros, in denen unter den Hygienebedingungen ein Termin stattfinden kann. Im Kontakt mit den Arbeitgebern hat sich für uns wenig verändert, da wir auch vorher schon im engen Austausch über Telefon und E-Mail standen. Mittlerweile machen wir auch vieles digital. Dies hat den Vorteil, dass wir schneller agieren und Anträge sehr zeitnah bearbeiten können. Arbeitgeber/-innen erhalten so die meisten Unterlagen schon zehn Minuten nach unserem Telefongespräch. Das JobCenter ist normalerweise bei vielen Veranstaltungen wie Jobmessen oder Job-Speeddatings vertreten, aber durch Corona fand leider kaum etwas statt oder wurde nur in digitaler Form angeboten. In Essen gibt es eine große Weiterbildungsmesse, die sonst jeweils im März/April im RWE-Stadion stattfindet und bei der wir gemeinsam mit der Agentur für Arbeit, verschiedenen privaten Weiterbildungs- und Qualifizierungsträgern und vor allem Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern vermitteln. Dies konnte aufgrund von Corona leider alles nicht stattfinden, was sehr schade ist. Wir sind gespannt auf 2021. WW: Sie haben gerade zu Anfang erzählt, dass Sie 25.271 Kunden auf der Arbeitnehmerseite haben. Wie viele Unternehmen betreuen Sie? TF: Alleine in meinem Bereich betreuen wir um die 500 Arbeitgeber/- innen. Diese sind nicht nur in Essen angesiedelt, sondern auch in den umliegenden Städten. Wir als Arbeitgeberberater/-innen achten aber darauf, dass die Unternehmer/-innen unsere Kunden nicht als billige Arbeitskräfte sehen und sich ihrer Verantwortung bewusst sind. 10
Interview mit Tanja Fortkord aus dem JobCenter Essen Sie können sich sicher vorstellen, wenn jemand so lange raus aus dem Job ist und endlich die Chance bekommt, wieder teilzuhaben, und dann einen Arbeitgeber erwischt, der das nicht ernst nimmt, dann ist das für den Arbeitnehmer eine sehr negative Erfahrung. Wir vermitteln daher in seriöse Betriebe und gute Arbeit. WW: Wenn sie einen Kunden haben und dazu ein passendes Unternehmen finden, wie werden die beiden dann zusammengebracht? TF: Bei dem ersten Weg – dem klassischen – gibt der Arbeitgeber bei uns ein Stellenangebot auf und wir schauen bei uns nach passenden Kandidat*innen. Wir schicken anschließend die Lebensläufe zu dem Unternehmen, welches dann mit den Interessierten direkt in Kontakt aufnehmen kann. Der/die Kunde/Kundin wurde natürlich im Vorhinein informiert und weiß, was auf ihn zukommt. Das JobCenter bekommt am Ende eine Rückmeldung, ob Vorstellungsgespräche gelaufen sind und der ganze Prozess erfolgreich war. Wir haben auch oft Arbeitgeber/-innen, die schon eine(n) unserer Kundinnen oder Kunden im Auge haben, weil sie diese/-n über klassische Stellenanzeigen oder Initiativbewerbungen gefunden haben. Dann schauen wir gemeinsam, ob wir hier eine Förderung über den § 16i SGB II hinbekommen können. Falls der Kunde dafür nicht in Frage kommt, so schauen wir, was evtl. alternativ möglich ist. Hier verweisen wir gerne auch auf unsere Kolleginnen und Kollegen, die andere Projekte betreuen und andere Möglichkeiten haben. Die Vernetzung untereinander funktioniert sehr gut und somit können Arbeitgeber/- innen schnell und problemlos beraten werden. WW: Wie wird sich die Arbeitswelt in Zukunft verändern? TF: Die Arbeitswelt wird digitaler, aber es ist auch noch ein langer Weg. In vielen Branchen ist aufgrund von Corona das Modell des Home- Office salonfähig geworden und ich denke, dass diese Form des Arbeitens auch nach der Corona-Pandemie beibehalten und dementsprechend ausgebaut wird. Unsere Aufgabe wird es sein, die Bewerber/-innen hierauf vorzubereiten, um die Techniken, z.B. in Form von Videokonferenzen etc. zu erwerben. 11
Interview mit Tanja Fortkord aus dem JobCenter Essen TF: Ebenfalls verändert hat sich, dass viele von den klassischen Helferstellen weggefallen sind. Das ist allerdings ein Problem, welches wir im Ruhrgebiet schon lange kennen: den Strukturwandel. Die Industrie ist hier immer mehr zurückgegangen. Essen hat dies ganz stark getroffen. Mittlerweile wurde aber der Dreh geschafft, mehr hin zum Dienstleistungssektor. Als Beispiel wären hier u.a. Callcenter zu nennen. Wir haben in Essen richtig gute Arbeitgeber, die nach Tarif bezahlen, ihre Mitarbeiter qualifizieren, sich auf Teilzeitmodelle eingestellt haben und dadurch ihre Mitarbeiter/-innen an sich binden. Hier liegen auch viele Chancen für Bewerber, die keine klassische Ausbildung haben, oder schon länger aus ihrem ursprünglich gelernten Beruf raus sind. Ein wichtiges Thema in dem Bereich ist auch Qualifizierung und lebenslanges Lernen. Dieses klassische „ich habe etwas gelernt und mach das auch mein Leben lang und gehe in meinem Beruf in die Rente“, gibt es ja kaum noch. Man arbeitet nicht mehr wie der Opa auf der Zeche und geht auch dort in Rente. Man muss sich immer weiter qualifizieren und immer neu schauen, was der Trend ist und wie man sich hierzu entsprechend qualifizieren kann. Auf dem Arbeitsmarkt muss man heutzutage viel flexibler sein. Da sollte sich auch der Arbeitsmarkt dementsprechend öffnen und dies gilt für viele Arbeitgeber/-innen genauso. Wir haben einen Fachkräftemangel und die Schere zwischen den Anforderungen der Arbeitgeber/-innen auf der einen Seite und den Qualifikationen der Kundinnen und Kunden im JobCenter auf der anderen Seite geht oft weit auseinander. Bei Arbeitgebern sollte die Bereitschaft vorhanden sein, auch mal jemanden einzustellen, der vielleicht nicht die klassische Ausbildung in diesem Bereich hat, aber vielleicht ein absolutes Talent in diesem Beruf mitbringt. Durch entsprechende Weiterqualifizierung kann man dann alles für eine Tätigkeit in dem Betrieb lernen. Die Agentur für Arbeit und auch das JobCenter bieten in diesen Bereichen sehr viel an und können Unternehmen unterstützen. Die Arbeitgeber/-innen sollten einfach auf uns zukommen und den Kontakt suchen, wir beißen auch nicht. 12
Interview mit Tanja Fortkord aus dem JobCenter Essen WW: Das Teilhabechancengesetz gibt es erst seit knapp zwei Jahren. Kann schon eine erste Bilanz gezogen werden? TF: In Essen hat die Arbeit des JobCenters gut funktioniert und wir haben hier auch viele Arbeitgeber/- innen, die sich dafür geöffnet haben und Kundinnen und Kunden eine Chance bieten. So konnten mittlerweile 750 Arbeitsverhältnisse über den § 16i SGB II generiert werden. Für ein abschließendes Resümee ist es allerdings noch zu früh. Wir entwickeln uns weiter und hoffen, dass wir nach den fünf Jahren der Förderung auch sehen, dass ganz viele in den regulären Arbeitsmarkt ohne Förderung übergegangen sind und Tanja Fortkord so wieder Fuß gefasst haben nach so einer langen Zeit der Arbeitslosigkeit. WW: Frau Fortkord, vielen Dank für das Gespräch und schöne Weihnachten! Das Interview wurde von Lena Halbedel und Theresa Schmid geführt. 13
Das Teilhabechancengesetz Das Teilhabechancengesetz trat am 1. Januar 2019 in Kraft und schafft mit zwei neuen Fördermöglichkeiten neue Chancen für Langzeitarbeitslose auf dem allgemeinen und sozialen Arbeitsmarkt. Mit intensiver Betreuung, individueller Beratung, wirksamer Förderung und der gezielten Suche nach passenden Arbeitgebern schaffen die neuen Förderungen neue Perspektiven für Menschen, die ohne Unterstützung absehbar keine realistische Chance auf einen regulären Arbeitsplatz haben. Denn Arbeit zu haben und für sich selbst sorgen zu können, ist eine Frage der Würde und der sozialen Teilhabe. Wie funktionieren die Förderungen? Mit den beiden neuen Förderungen unterstützt die Bundesregierung Arbeitgeber durch Lohnkostenzuschüsse, wenn sie Personen der jeweiligen Zielgruppe einstellen. Die beiden neuen Förderungen betreffen dabei zwei unterschiedliche Zielgruppen. Von der neuen Förderung "Teilhabe am Arbeitsmarkt" können Menschen profitieren, die I. über 25 Jahre alt sind, II. für mindestens sechs Jahre in den letzten sieben Jahren Arbeitslosengeld II bezogen haben und III.in dieser Zeit nicht oder nur kurzzeitig beschäftigt waren. Für weitere Informationen zum Teilhabechancengesetz können Sie einfach den QR-Code scannen! 14
Schon gewusst? 33.439 Menschen sind im November 2020 in der Stadt Essen ohne eine Arbeit. 11% Beträgt die Arbeitslosenquote der Stadt Essen im November 2020 373 Unversorgte bzw. Nicht vermittelte Bewerber auf dem Ausbildungsmarkt der Stadt Essen im September 2020 Quelle: Bundesagentur für Arbeit – Statistik 2020 15
Die Publikationen können unter www.wirtschaftsdialog-west.de oder über https://www.facebook.com/wirtschaftsdialogwest/ gelesen werden. Impressum Herausgeber: Essener Wirtschaftsdialog-West c/o PCG Projekt Consult GmbH Redaktionsgruppe: Kay Kürschner, Lena Halbedel, Christian Uhl, Sabine Kupferschmidt Der Wirtschaftsdialog West ist ein gemeinsames Projekt von der Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung und der PCG - Project Consult GmbH. Das Projekt wird von der Stadt Essen gefördert. 16
Sie können auch lesen