Das SGB VIII im Wandel - Reinhard Wiesner Fachdialog Landkreis Oder-Spree Burg Storkow

Die Seite wird erstellt Jörn Brand
 
WEITER LESEN
Das SGB VIII im Wandel - Reinhard Wiesner Fachdialog Landkreis Oder-Spree Burg Storkow
Das SGB VIII im Wandel
      Reinhard Wiesner

            Fachdialog
       Landkreis Oder- Spree
           Burg Storkow
        26.September 2017
Das SGB VIII im Wandel - Reinhard Wiesner Fachdialog Landkreis Oder-Spree Burg Storkow
Übersicht

• Reformbedarf? – Ausgangslage und Chronologie

• Zentrale Themen in den Arbeitsentwürfen

• Die Stellungnahme der Länder vom 4.November 2016

• Der Regierungsentwurf vom 12.April 2017
1990: Verabschiedung des KJHG

• Die Reformdiskussion der 70er und 80er Jahre und mehrere Anläufe des
  Gesetzgebers in der ehemaligen „BRD“

• Ein neues Verständnis von Kinder- und Jugendhilfe:
    – Von der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
    – zur Förderung der Entwicklung junger Menschen

• Ein anderer Blick auf Eltern und Kinder:
    – Vom Objekt staatlicher Fürsorge
    – zum Subjekt staatlich finanzierter Leistungen („Subjektorientierung“)

• Der Start im wieder vereinigten Deutschland

                                                                              3
                              Wiesner Zukunft HzE Erfurt                      3
Das Kinder- und Jugendhilferecht wird weiterentwickelt:
                       Die wichtigsten Stationen

1992:      Der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz

1998:      Die Kindschaftsrechtsreform

1999:      Die Neuordnung der Entgeltfinanzierung

2004:      Das Tagesbetreuungsausbaugesetz

2005:      Das Kinder –und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz

2008:      Das Kinderförderungsgesetz

2009:      Die FGG-Reform

2012:      Das Bundeskinderschutzgesetz

2015:      Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer
           Kinder und Jugendlicher

2017:     Eine neue Reform des Kinder- und Jugendhilferechts ???

                                         Wiesner Zukunft HzE Erfurt                            4
Zuerst einmal:
            Wie die Sachverständigenkommission zum
      14.Kinder- und Jugendbericht das SGB VIII einschätzt:
„Spätestens seit Beginn des 21. Jahrhunderts ist das SGB VIII als ein

modernes, präventiv ausgerichtetes Leistungsgesetz in der
Fachöffentlichkeit breit akzeptiert. Das SGB VIII hat sich nachhaltig
bewährt und – nicht zuletzt aufgrund der Statuierung von
Rechtsansprüchen – im Unterschied zum JWG den Stand eines
modernen Sozialleistungsgesetzes erreicht.“

(14. Kinder und Jugendbericht 2013 S. 261)
Was im Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode (2013-2017)
           zum Thema „Kinder- und Jugendhilfe“ steht:

Die Kinder -und Jugendhilfe soll auf einer fundierten empirischen Grundlage in einem sorgfältig
strukturierten Prozess zu einem inklusiven, effizienten und dauerhaft tragfähigen und
belastbaren Hilfesystem weiterentwickelt werden. Dazu gehören geeignete
Finanzierungsmodelle für systemische Unterstützungsformen (z. B. an den Schnittstellen von SGB
VIII, SGB XII, und Schulträger).

Wir brauchen starke Jugendämter und eine funktionierende Partnerschaft mit der freien
Jugendhilfe. Wir werden daher die Steuerungsinstrumente der Jugendämter deutlich verbessern
und gleichzeitig die Rechte der Kinder und ihrer Familien sicherstellen, sowie
sozialraumorientierte und präventive Ansätze verfolgen. Dazu wollen wir mit Ländern,
Kommunen und Verbänden in einen Qualitätsdialog treten und uns über die Weiterentwicklung in
wichtigen Handlungsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe verständigen.
Die erste Etappe des Diskussionsprozesses:
        Da verliert der Leser/ die Leserin leicht die Fassung

• 07.06.2016 :        Arbeitsentwurf

• 23.08.2016 :        Arbeitsentwurf

• 04.11.2016:         Stellungnahme der Länder

• 03.02.2017 :        Arbeitsentwurf

• 17.03.2017 :        Referentenentwurf

• 12.04.2017 :        Regierungsentwurf
Übersicht

• Reformbedarf? – Ausgangslage und Chronologie

• Zentrale Themen in den Arbeitsentwürfen

• Die Stellungnahme der Länder vom 4.November 2016

• Der Regierungsentwurf vom 12.April 2017
Zentrale Themen in den
       Arbeitsentwürfen des BMFSFJ
• Weiterentwicklung und Steuerung der Hilfen zur Erziehung:
  Einzelfallhilfe versus „Sozialraumorientierung“

• Zusammenführung der Zuständigkeit für junge Menschen mit
  Behinderungen im SGB VIII – Umsetzung der sogenannten
  „inklusiven Lösung“

• Änderungen bei der Hilfe für Junge Volljährige

• Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen

• Stärkung von Pflegekindern und ihren Familien
Weiterentwicklung und Steuerung der Hilfen zur Erziehung

►Dazu schon das legendäre Papier der A-Länder
(Koordinierungssitzung der A-Staatssekretäre am 13.5.2011 in Berlin) :
•   „…Die Ausgestaltung des Hilfeangebots als individueller Rechtsanspruch und
    die starke Stellung freier Träger bei der Ausgestaltung des Hilfeangebots
    macht dieses System immer teuerer“
•   Es fehlt eine Steuerung des Angebots !
•   Mangelnde Wirksamkeit ambulanter Hilfen (SpFH) !
•   „Wirksamere und kostengünstigere sozialräumliche Alternativen sind
    gegenüber den Rechtsansprüchen nachrangig und können nicht ausgebaut
    werden“ !
Weiterentwicklung und Steuerung der Hilfen zur
                    Erziehung

►Deshalb:
so der „Therapievorschlag“ der A-Länder 2011 :

►Ersetzung des Rechtsanspruchs (auf HzE)
durch eine Gewährleistungsverpflichtung

►Vorrangige Bedarfsdeckung durch
infrastrukturelle Angebote
Abb. 1: Ausgaben der öffentlichen Hand für die Kinder- und Jugendhilfe
                                                  in Deutschland in Mrd. Euro (1993 bis 2014)
               40                                                                                                                                                      37,8
                                                                                                                                                                35,5   2,9
               35
                                                                                                                                                         32,2   2,7
                                                                                                                                                  30,5
                                                                                                                                           28,9          2,4
               30                                                                                                                                 2,6
                                                                                                                                    26,9
                                                                                                                                           2,6
                                                                                                                             24,6   2,6
               25                                                                                                     22,8
in Mrd. Euro

                                                                                                                             2,3
                                                                                   20,2 20,6 20,7 20,9 20,9           2,3
                                                            19,2
               20                  17,5 17,5 17,7 18,1 18,5                         2,2   2,2    2,1    2,0    2,2
                    16,4 16,8 17,0                      2,0
                                                             2,1
                                                                                                                                                                       34,9
                                         1,9    1,9    2,0    2,0
                                  1,9                                                                                                                           32,8
                     2,1   2,0
               15                                                                                                                                        29,8
                                                                                                                                                  27,9
                                                                                                                                           26,3
                                                                                                                                    24,3
                                                                                                                             22,3
               10                                                                         18,4   18,5   18,8   18,8
                                                                                                                      20,5
                                                                            17,1   18,0
                                         15,6   15,6   15,7   16,0   16,4
                    14,4   14,7   15,1

                5

                0
                    1993199419951996199719981999200020012002200320042005200620072008200920102011201220132014

                                                 Reine Ausgaben             Einnahmen            Brutto-Ausgaben                    Ausgaben insgesamt
Ausgaben der öffentlichen Hand für die Kinder- und Jugendhilfe nach
                     Arbeitsfeldern/Aufgabenbereichen in Deutschland 2014 (in % von Insgesamt)
                                                                                          Jugendarbeit; 4,5
                                                        Sonstige Ausgaben; 3,9

                           Jugendhilfeverwaltung;
                                     0,4                                                   Jugendsozialarbeit; 1,3         Allgemeine
                                                                                                                          Förderung der
                                                                                                                         Erziehung in der
                                                                                                                           Familie; 0,1

                                         Hilfen zur Erziehung und
                                            sonstige Hilfe; 24,6 37,8 Mrd.
                                                                         Euro
                                                                                 Kindertagesbetreuung
                                                                                    (Kita+KTP); 65,1

Quelle: Statistisches Bundesamt: Ausgaben und Einnahmen der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe, Wiesbaden, versch. Jahrgänge; Berechnungen der Dortmunder
Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik
Weiterentwicklung und Steuerung der Hilfen zur Erziehung:
       Was findet sich davon in den Arbeitsentwürfen?
        (aus der Begründung zu den Arbeitsentwürfen)
• Zur Steigerung der Bedarfsgerechtigkeit sollen sozialräumliche
  Infrastrukturangebote und Individualhilfen verknüpft und gestärkt werden
• Das Auswahlermessen des Trägers der öffentl. Jugendhilfe
    – richtet sich nicht mehr nur auf geeignete und notwendige Individualleistungen
      und deren Kombination
    – sondern schließt auch
        • die Bereitstellung eines Infrastruktur -bzw. Regelangebots
        • die Gewährung von Gruppenleistungen
        ein

 ► Der individuelle Rechtsanspruch (auf HzE) wird damit auch durch
 Infrastrukturelle Angebote im Sozialraum, Gruppenleistungen und die
 Kombination dieser Leistungsformen mit Individualleistungen erfüllbar.

 ►Der Begriff HzE wird zur beliebig füllbaren Hülle
Umsetzung in den Arbeitsentwürfen 2016:
       Die neue Steuerung bei der Leistungsauswahl (§ 36b- E)

1.   Entscheidung über die Auswahl der im Einzelfall geeigneten und
     notwendigen Leistungen nach pflichtgemäßem Ermessen

2.   Vorrang infrastruktureller oder Regelangebote vor individuellen
     Leistungen zur Entwicklung und Teilhabe

3.   Vorrang von Gruppenangeboten vor Einzelfallhilfen
1. Ermessen bei der Entscheidung über den Hilfebedarf
                  (§ 36 b Abs.1 –E)

Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe entscheidet über die
Auswahl der im Einzelfall geeigneten und notwendigen
Leistungen nach pflichtgemäßem Ermessen auf der
Grundlage des Leistungsplans nach § 38 einschließlich Art,
Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung.

► Damit werden die Möglichkeiten der
gerichtlichen Kontrolle auf Ermessensfehler
beschränkt
2. Vorrang sozialräumlicher Hilfen und Regelangebote
         vor Einzelfallhilfen (§ 36 b Abs.2-E)

(2) Sofern infrastrukturelle Angebote oder Regelangebote
insbesondere nach §§ 16 bis 18, §§ 22 bis 25 oder § 13
im Hinblick auf den Bedarf des Kindes oder des Jugendlichen
im Einzelfall geeigneter oder gleichermaßen geeignet sind,
werden diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe als geeignete
und notwendige Leistung gewährt. Dem Leistungsberechtigten nach §
41 werden vorrangig geeignete Angebote nach § 13 gewährt.
3. Vorrang von Gruppenangeboten vor Einzelfallhilfen
                  (§ 36 b Abs.3 - E)

(3) Insbesondere
   Hilfen nach § 31 (= SpFH) oder
   § 35a Absatz 2 Nummer 1, die nach Maßgabe von § 112 des
   Neunten Buches geleistet werden (=Elternassistenz),

werden als Gruppenangebote mehreren Leistungsberechtigten
gemeinsam gewährt, sofern diese gleichermaßen geeignet
sind.
Das alte und neue Thema:
   Sozialraumorientierung und Regelangebote als „Allzweckwaffe“

• Sozialraumorientierung ist eine fachliche Methode neben anderen

• Soziale Räume und Lebenswelten decken sich nicht

• „Vom Fall zum Feld“ suggeriert Alternativität statt Komplementarität

• Ursachen der Hilfebedürftigkeit sind vielfältig und komplex

• Sozialräumlich aktivierbare Ressourcen werden überschätzt

• Die behaupteten fachlichen und finanziellen Vorteile sind nicht evaluiert

• Geht es darum, was die Menschen wollen oder was Ihnen von oben
  verordnet wird?
Zwischenfazit
Ja:         Sozialräumliche Angebote bedürfen einer (besseren) rechtlichen Grundlage

Aber:

•     Sie müssen ein fachliches Profil erhalten und auf individuelle Hilfen bezogen werden, sie

      dürfen nicht gegen sie ausgespielt werden.

•     Infrastrukturelle Angebote sind Teil der lokalen Daseinsvorsorge; sie dürfen nicht aus dem

      Topf der Einzelfallhilfen finanziert werden, sondern müssen gemeinsames Thema der

      örtlichen Stadtentwicklungs-, Jugendhilfe-, Sozial- und Schulplanung sein

•     Die aktuelle Strategie birgt die Gefahr, dass Familien mit hohem Unterstützungsbedarf

      systematisch unterversorgt bleiben und Kinder dadurch erheblich gefährdet werden.
Arbeitsentwürfe 2016:
 Neue Steuerung: Freie Wahl der Finanzierungsarten (§ 76 c-E)

Im Rahmen seiner Gesamt- und Planungsverantwortung (§ 79)
entscheidet der Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe nach
pflichtgemäßem Ermessen über die Wahl der Finanzierungsart. Das
Ermessen über die Wahl der Finanzierungsart ist so auszuüben, dass
der Bedarf von Kindern und Jugendlichen in größtmöglicher Qualität
unter Beachtung sozialräumlicher Gestaltungserfordernisse und der
Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gesichert ist. Bei
stationären Einrichtungen gilt zudem § 78b Absatz 2 und 4.
Das Spektrum der Finanzierungsmodelle
          in den Arbeitsentwürfen
• Entgeltfinanzierung im Rahmen des
  rechtlichen Dreiecksverhältnisses („altes“
  System) - §§ 78a ff. SGB VIII

• Zuwendungsfinanzierung - § 74 SGB VIII

• Künftig auch: Ausschreibung – Vergaberecht
Zentrale Themen in den
       Arbeitsentwürfen des BMFSFJ
• Weiterentwicklung und Steuerung der Hilfen zur Erziehung:
  „Sozialraumorientierung“

• Zusammenführung der Zuständigkeit für junge Menschen mit
  Behinderungen im SGB VIII – Umsetzung der sogenannten
  inklusiven Lösung

• Änderungen bei der Hilfe für Junge Volljährige

• Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen

• Stärkung von Pflegekindern und ihren Familien
Die (alte) Frage: Wohin „gehören“ junge
         Menschen mit Behinderung ?
• Was ist der primäre Anknüpfungspunkt?

  – die Behinderung des jungen Menschen:
  ► Eingliederungshilfe als Teil der Sozialhilfe bzw.
    des SGB IX i. d. F. des Bundesteilhabegesetz

  oder

  – die Lebenslage Kindheit und Jugend:
  ► Kinder- und Jugendhilfe?
„Die große Lösung“ und ihre Umsetzung
        in den Arbeitsentwürfen 2016
• Ein neues Leistungskonstrukt:
  „Leistung zur Entwicklung und Teilhabe“
• Fusion von HzE und Eingliederungshilfe
  – Kind und Jugendlicher als Anspruchsinhaber
  – Bezugnahme auf das SGB IX
  – Nur noch akzessorischer Anspruch der Eltern auf
    Hilfe zur Stärkung ihrer Erziehungskompetenz
Aus der Begründung zum Arbeitsentwurf 2016
              „Der einheitliche Leistungszugang
                als Forderung der Inklusion“!?

„Die Umsetzung eines inklusiven Systems der Kinder- und
Jugendhilfe setzt grundsätzlich
• eine einheitliche Betrachtung entwicklungs- und
  teilhaberelevanter Aspekte von Kindern und Jugendlichen mit
  und ohne Behinderungen und damit
• einen einheitlichen Leistungszugang für Kinder und
  Jugendliche mit und ohne Behinderungen voraus, der die
  Gesamtsituation des jungen Menschen in den Blick nimmt.“
Aus der Begründung zum Arbeitsentwurf 2016:
               künftig: „Leistung statt Hilfe“

„Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Abkehr vom Handlungsbild
der „Hilfe“.
Hilfe impliziert ein Über- bzw. Unterordnungsverhältnis oder
zumindest das Leitprinzip der Integration: Menschen mit
Defiziten muss geholfen werden, damit sie am Leben in der
Gemeinschaft der Normalen teilhaben können.
Inklusion verlangt Augenhöhe und Leistungen für Menschen
mit Bedarfen, die in ihrer Vielfalt Teil der Gemeinschaft sind.“
Das Bundesministerium übersieht dabei….
•   dass
     –     dem Tatbestand der Eingliederungshilfe als Einzelfallhilfe gerade keine einheitliche Betrachtung
           von Menschen mit und ohne Behinderung zugrunde liegt, sondern er sich als „Reha-Leistung“ nur an
           (junge) Menschen richtet, die behindert „werden“

     –     dieser Tatbestand eine Teilhabebeeinträchtigung voraussetzt, aber nicht auf die Beseitigung der
           Barrieren, sondern auf die individuelle Teilhabe trotz struktureller Barrieren ausgerichtet ist

•   dass unterschiedlichen Bedarfen (diversity –Konzept) durch unterschiedliche
    Leistungstypen Rechnung zu tragen ist

•   dass erzieherische und behinderungsspezifische Bedarfe
     –     anhand verschiedener Systemlogiken festzustellen sind

     –     hinsichtlich ihrer Deckung auf unterschiedliche Ziele ausgerichtet sind und

     –     die Eltern hinsichtlich dieser Bedarfe in unterschiedlicher Weise betroffen bzw. zu beteiligen sind
Offene Fragen
•   Eine „große Lösung im SGB VIII“ muss sich
     –   an der Lebenslage Kindheit und Jugend
     –   aber auch an den Vorgaben des SGB IX für die Rehabilitationsträger orientieren

►Sind im SGB IX die spezifischen Bedarfe und Lebenssituationen von Kindern und
 Jugendlichen überhaupt im Blick?

► Was bedeuten die Begriffe „Selbstbestimmung“ und „Teilhabe an der Gesellschaft“ im Hinblick auf
  die (dynamische) Entwicklung von Kindern und Jugendlichen

►Kann mit einer großen Lösung im SGB VIII das Reformziel
 („Ausgangspunkt ist die Lebenslage Kindheit und Jugend“) erreicht werden oder
  wird der sozialpädagogische Blick von einer im SGB IX zugrundeliegenden medizinischen
  Betrachtungsweise verdrängt?

► Kann es gelingen, im SGB VIII einheitliche Verfahrensregelungen zur Hilfeplanung zu entwickeln,
  die sowohl den Anforderungen an die Gestaltung pädagogischer Prozesse als
  auch medizinischer Behandlung gerecht werden?
Deshalb muss/ müssen….
•   das Thema „große Lösung“ noch einmal grundsätzlich diskutiert werden

•   die Abhängigkeit von den Vorgaben des SGB IX stärker in den Blick genommen
    werden bzw. die Potentiale einer auf die Lebenslage Kindheit und Jugend
    bezogenen Eingliederungshilfe ausgelotet und im SGB VIII formuliert werden

•   die unterschiedlichen Systemfunktionen
     – von Eingliederungshilfe
     – von Hilfe zur Erziehung
    in den Blick genommen werden

•   wegen unterschiedlicher Bedarfe an den verschiedenen Leistungstypen im SGB VIII
    festgehalten werden

•   alle Aufgaben nach dem SGB VIII (aber auch in den anderen Leistungsfeldern!) auf
    ihre Relevanz für junge Menschen mit Behinderung geprüft und entsprechende
    konzeptionell ausgestaltet werden
Zentrale Themen in den Entwürfen

• Weiterentwicklung und Steuerung der Hilfen zur Erziehung

• Zusammenführung der Zuständigkeit für junge Menschen
  mit Behinderungen im SGB VIII – Umsetzung der
  sogenannten inklusiven Lösung

• Änderungen bei der Hilfe für Junge Volljährige

• Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen

• Stärkung von Pflegekindern und ihren Familien
Was passiert in den Arbeitsentwürfen 2016
       mit der Hilfe für junge Volljährige?

•    Zwar wird in den Arbeitsentwürfen die bisherige Soll-Vorschrift
     (Regelrechtsanspruch) als Rechtsanspruch ausgestaltet werden

•    Aber: die Leistung soll wie nach dem JWG als Fortsetzungshilfe gewährt
     werden, nur in begründeten Einzelfällen sollen Leistungen nach Erreichen der
     Volljährigkeit erstmals gewährt werden können.

•    Darüber hinaus muss (künftig) bis zum Abschluss des Hilfeprozesses das Ziel
     der Verselbständigung erreichbar sein. Damit wird eine wesentlich höhere
     Anforderung an die Hilfeziele gestellt als sie der gegenwärtigen Regelung
     aufgrund der dazu ergangenen Rechtsprechung zu Grunde liegt: Der
     Anwendungsbereich der Vorschrift wird damit erheblich eingeschränkt.
Zentrale Themen in den
       Arbeitsentwürfen des BMFSFJ
• Weiterentwicklung und Steuerung der Hilfen zur Erziehung:
  „Sozialraumorientierung“

• Zusammenführung der Zuständigkeit für junge Menschen mit
  Behinderungen im SGB VIII – Umsetzung der sogenannten
  inklusiven Lösung

• Änderungen bei der Hilfe für Junge Volljährige

• Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen

• Stärkung von Pflegekindern und ihren Familien
Verbesserung des Schutzes
         von Kindern und Jugendlichen
• (Unbedingter) Anspruch von Kindern und
  Jugendlichen auf Beratung (§ 8 Abs.3)

• Qualifizierung der Heimaufsicht (§§ 45 ff.)

• Zulässigkeit von Auslandsmaßnahmen

• Neufassung der Vorschrift über die
  Gefährdungseinschätzung der
  Berufsgeheimnisträger (§ 4 KKG)
Qualifizierung der Heimaufsicht:
            Der Hintergrund

• Erfahrungen aus spektakulären Einzelfällen
  (Haasenburg/ Friesenhof)

• Beschlüsse der Jugend- und
  Familienministerkonferenz

• Evaluation des Bundeskinderschutzgesetzes
Qualifizierung der Heimaufsicht
•   Definition des Begriffs Einrichtung (§ 45 a neu)

•   Einführung des Kriteriums der Zuverlässigkeit des Trägers (§ 45 Abs.2 Nr.1)

•   zwingende Etablierung von externen Beschwerdemöglichkeiten (§ 45 Abs.2 Nr.4)

•   Verpflichtung zur Vorlage von Aufzeichnungen über den Betrieb der Einrichtung,
    die den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Buch- und Aktenführung
    entsprechen (§ 45 Abs.3 Nr.3)

•   Differenzierung zwischen individueller und struktureller Kindeswohlgefährdung als
    Grundlage für Widerruf und Rücknahme der Erlaubnis ( § 45 Abs.7)

•   Erweiterung und Konkretisierung der Möglichkeiten zur örtl. Prüfung (§ 46)

•   Gegenseitige Information (Jugendamt/ Landesjugendamt) über Ereignisse und
    Entwicklungen mit Gefährdungspotential (§ 47 Abs.2)
Definition der Einrichtung:
                         § 45a
Eine Einrichtung ist eine auf gewisse Dauer angelegte förmliche Verbindung
ortsgebundener räumlicher, personeller und sachlicher Mittel mit dem Zweck
der ganztägigen oder über einen Teil des Tages erfolgenden
Unterkunftsgewährung sowie Betreuung, Beaufsichtigung, Erziehung, Bildung,
Ausbildung von Kindern und Jugendlichen außerhalb ihrer Familie, wenn der
Bestand unabhängig von bestimmten Kindern und Jugendlichen, den dort
tätigen Personen und der Zuordnung bestimmter Kinder und Jugendlicher zu
bestimmten dort tätigen Personen ist.
Zulässigkeit von Auslandsmaßnahmen

       Geltendes Recht                  Arbeitsentwürfe
• § 27 Abs.2: HzE im Ausland    • Zusammenfassung der bisherigen
  nur im begründeten              Anforderungen in § 38 neu
  Ausnahmefall
                                • Zusätzlich:
                                    – Überprüfung und Fortschreibung
• § 36 Abs.4: Identifizierung         des Hilfeplans unter Beteiligung
  seelischer Störungen vor            des Kindes oder Jugendlichen in
  Auslandsaufenthalten                der Regel am Ort der
                                      Leistungserbringung
                                    – Überprüfung der
• § 78b Abs.2: Spezielle              leistungserbringenden Person bzw.
  Anforderungen an Träger von         Einrichtung vor Ort
  Auslandsmaßnahmen                 – Information des LJA über Ort,
                                      Beginn und Ende des Aufenthalts
Zentrale Themen in den
       Arbeitsentwürfen des BMFSFJ
• Weiterentwicklung und Steuerung der Hilfen zur Erziehung:
  „Sozialraumorientierung“

• Zusammenführung der Zuständigkeit für junge Menschen mit
  Behinderungen im SGB VIII – Umsetzung der sogenannten
  inklusiven Lösung

• Änderungen bei der Hilfe für Junge Volljährige

• Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen

• Stärkung von Pflegekindern und ihren Familien
„Stärkung von Pflegekindern und
           ihren Familien“
• Pflicht zur Perspektivklärung zu Beginn des
  Hilfeprozesses ( 36a –neu)

• Splitting der Beratung
  – der Pflegeltern und
  – der Herkunftseltern
  in zwei Vorschriften (§ 37 und § 37a neu)
In letzter Minute (Febr. 2017) eingefügt:
    Absicherung des Verbleibs in der Pflegefamilie
•    Erlass einer Dauerverbleibensanordnung durch das Familiengericht, „wenn die
     Anordnung zum Wohl des Kindes erforderlich ist“

•    Bedingt das „Grundbedürfnis des Kindes nach kontinuierlichen und stabilen
     Lebensverhältnissen“ eine Polarisierung von Herkunftseltern und Pflegeeltern ?

•    Hilfe zur Erziehung als Hilfe zur Entziehung

•    Alternative: Das Konzept der Erziehungspartnerschaft
Übersicht

• Reformbedarf? – Ausgangslage und Chronologie

• Zentrale Themen in den Arbeitsentwürfen

• Die Stellungnahme der Länder vom 4.November 2016

• Der Regierungsentwurf vom 12.April 2017
Aus dem Länderpapier vom 8.11.2016:
                   Einführung
• Zielstellungen einer SGB VIII-Reform des BMFSFJ „werden grundsätzlich
   geteilt“
• Es wird aber eine Änderung der vorgelegten Gesetzesformulierungen für
   erforderlich gehalten
• Vor einer Zusammenführung der Eingliederungshilfe im SGB VIII sind die
   Probleme im Hinblick auf die damit im Zusammenhang stehenden
   erforderlichen finanziellen, personellen, organisatorischen und
   strukturellen Verschiebungen zwischen Landes-und kommunaler Ebene
   grundsätzlich zu erörtern und zu lösen: dies ist bisher noch nicht
   gelungen
Aus dem Länderpapier vom 8.11.2016:
  Wo die Länder grundsätzlichen Änderungsbedarf in dem
                  Arbeitsentwurf sehen
• Keine Leistungsausweitung und kein unverhältnismäßiger
   Verwaltungsmehraufwand!
    – Begriffe und (Hilfeplan)Verfahren des SGB VIII beibehalten
    – Bei Leistungen zur Teilhabe: Orientierung an im Bundesteilhabegesetz
       vorgesehenen Gesamtplanverfahren und Verweis auf die dort geregelten
       Leistungen

• Eltern müssen (neben Kindern und Jugendlichen) Adressaten des
   Anspruchs auf Hilfe zur Erziehung bleiben
• Grundlegende Umgestaltung der Regelungen zur Finanzierung:
   Orientierung an den Regelungen zur Dreiecksfinanzierung und
   rechtssichere Finanzierungsformen für Sozialräumliche Angebote
Übersicht

• Reformbedarf? – Ausgangslage und Chronologie

• Zentrale Themen in den Arbeitsentwürfen

• Die Stellungnahme der Länder vom 4.November 2016

• Der Regierungsentwurf vom 12.April 2017
Zunächst: Was ist in den letzten Monaten
         passiert (Januar- September 2017):
•   Kritische Stellungnahmen der Fachverbände

•   Geordneter Rückzug des Familienministeriums bei der „inklusiven Lösung“
     –   Stufe 1    : Februar 2017
     –   Stufe 2    : April 2017

•   Die Bundesregierung legt am 12.April den Regierungsentwurf vor

•   Die erste Lesung im Bundestag fand am 18.Mai (zur Geisterstunde) statt

•   Der Bundesrat hat am 2.Juni seine Stellungnahme abgegeben (1.Durchgang)

•   Die zweite und dritte Lesung im Bundestag fand am 30. Juni (wieder zur Geisterstunde)
    statt

•   Der Bundesrat hat das Gesetz beim 2. Durchgang am 7. Juli und erneut am
    22.September von der TO abgesetzt.
Der (ausgedünnte) Regierungsentwurf vom 12. April 2017:
           Dazu die Schlagzeilen in der Begründung

1. Verbesserung der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

2. Stärkung von Pflegekindern und ihren Familien

3. Qualifizierung von Schutzinstrumenten und –maßnahmen

4. Verbesserung der Kooperation im Kinderschutz

5. Bedarfsgerechtere Leistungen und Angebote der Kinder- und
   Jugendhilfe

6. Stärkung der frühkindlichen Bildung
1.Verbesserung der Beteiligung
        von Kindern und Jugendlichen
- Erweiterung des Beratungsanspruchs für
  Kinder und Jugendliche (§ 8 Abs.3 SGB VIII)

- Programmatische Implementierung von
  einrichtungsexternen Ombudsstellen (§ 9a
  SGB VIII)
2. Stärkung von Pflegekindern und ihren Familien

• Verbesserung der Perspektivklärung für
  Pflegekinder

• Verbesserung der Beratung und Unterstützung
  von Herkunftseltern und Pflegeeltern

• Absicherung von Dauerpflegeverhältnissen
3. Qualifizierung von Schutzinstrumenten und –
                        maßnahmen

• Qualifizierung der Heimaufsicht (§§ 45 ff.)

• Qualifizierung der Zulässigkeit von Auslandsmaßnahmen (§ 38)

• Sicherstellung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in
   Einrichtungen der offenen Jugendarbeit ( § 48b)

• Praxistauglichere Datenschutzregelung im Kontext der Einsichtnahme in
   das erweiterte Führungszeugnis von neben- und ehrenamtlich tätigen
   Personen (§ 72a Abs.5)

• Klarstellung zur Vermittlung von Medienkompetenz als Aufgabe der
   Kinder- und Jugendhilfe (§ 14 Abs.2)
4. Verbesserung der Kooperation im Kinderschutz

• Stärkere Einbindung der gesetzlichen Krankenversicherung in die

   Verantwortungsgemeinschaft für den Kinderschutz (§ 28 Abs.1 SGB V)

• Adressatenorientierte Anpassung der Befugnisnorm für

   Berufsgeheimnisträger (§ 4 KKG)

• Verbesserung der Kooperation zwischen Strafverfolgungsbehörden und

   Jugendamt (§ 5 KKG )

• Verbesserung der Kooperation zwischen Jugendamt und Jugendstrafjustiz

   (§ 52)
5. Bedarfsgerechtere Leistungen und Angebote
               der Kinder- und Jugendhilfe

• Verankerung der Inklusion als Leitprinzip in der Kinder- und
   Jugendhilfe (§ 22a Abs.4, § 79a Satz 2, § 80 Abs.2 , § 81 SGB VIII)

• Einführung eines Übergangsmanagements (§ 36b SGB VIII)

• Ausbau der Qualitätsentwicklung der Leistungen ( § 78 Abs.2)
6. Stärkung der frühkindlichen Bildung

•   Konkretisierung des Förderungsauftrags der Bildung, Erziehung und Betreuung in
    Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege durch Ergänzung der zentralen Elemente der
    Gesundheitsförderung und sprachlichen Bildung für alle Kinder von Anfang an (§ 22 Abs.4 SGB VIII)

•   Fortführung einer jährlichen Berichtspflicht der Bundesregierung – nach Außer-krafttreten des §
    24a SGB VIII a.F. – über das Förderangebot für Kinder in Tageseinrichtungen und in der
    Kindertagespflege in quantitativer Hinsicht (§ 24a SGB VIII)

•   Stärkung der Einbeziehung der Elternverantwortung und -interessen durch die Einrichtung einer
    Elternvertretung für den Bereich der Kindertagesbetreuung auf Bundesebene (§ 83 Abs.3 SGB
    VIII).
Was in der Begründung verschleiert wird:

• Einschränkung der Zugänge zur Unterkunft in sozialpädagogisch
   begleiteten Wohnformen auf Teilnehmende an sozialpädagogisch
   begleiteten Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen unter der Regie
   der Jugendhilfe (§ 13 Abs. 3 –E)

• Koppelung der Erstattung der Kosten für Inobhutnahme und Leistungen
   für unbegleitete ausländische junge Menschen an Rahmenverträge zu
   fachlichen Standards den mit den Ländern (§ 78f –E) : „Jugendhilfe zweiter
   Klasse“
Was der Bundesrat im ersten Durchgang
        (2.6.2017) empfiehlt (1)
• 61 Änderungsanträge im Plenum,
• davon 55 angenommen

• Die Hilfe für Junge Volljährige soll auf eine Kann-Regelung reduziert
  werden

• Die Reduzierung der Jugendsozialarbeit im Regierungsentwurf
  wurde abgelehnt

• An den Rahmenvereinbarung als Grundlage für die
  Kostenerstattung bei Jungen Flüchtlingen wird festgehalten,
  aber es soll eine Verpflichtung zur Gleichbehandlung deutscher und
  ausländischer junger Menschen eingeführt werden
Was der Bundesrat im ersten Durchgang
          (2.6.2017) empfiehlt (2)
• § 36a:Relativierung der Perspektivplanung
  (vor und während stationärer Leistungen)

• § 48b: Streichung der Meldepflichten für
  Einrichtungen der offenen Jugendarbeit

• § 50: Keine Verpflichtung zur Vorlage des
  Hilfeplans beim Familiengericht
Was der Bundesrat
  zum Gesetzentwurf insgesamt sagt (S. 34 ff.)
• Der Bundesrat hält es für erforderlich, über die beabsichtigten
   Änderungen hinaus in der neuen Legislaturperiode des Deutschen
   Bundestages weiterhin eine SGB VIII-Reform zu verfolgen.

• Bei einer Weiterverfolgung einer SGB VIII-Reform sollten folgende
   Punkte aufgegriffen und bearbeitet werden:
    – Stärkung und Weiterentwicklung einer inklusiven Ausrichtung und Praxis in allen
       Handlungsfeldern und Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe

    – Ausbau der Sozialraumorientierung bei den Leistungen des SGB VIII und Verknüpfung von
       Individualleistungen und Leistungen des Regelsystems

    – Aufwertung von Kindertagesstätten im Hinblick auf ihren präventiven Charakter
Was die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung
vom 14.6. zur Stellungnahme des Bundesrates sagt
Die Bundesregierung

•   lehnt mehr als die Hälfte der Vorschläge des Bundesrates ab

•   stimmt der Rückkehr zu § 13 Abs.3 alt zu

•   rückt von der Pflicht zur Perspektivklärung zu Beginn des Hilfeplanverfahrens ab

•   will die Notwendigkeit von § 48b nochmal prüfen

•   stimmt der Ergänzung von § 78 f zu

•   lehnt die Einführung einer „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ im
    Bundeszentralregistergesetz (BZRG) bzw. entsprechende Folgeänderungen in § 72a
     SGB VIII ab
Was die Sachverständigen bei der Anhörung im FSFJ-Ausschuss
  des Bundestages am 19.Juni vom Gesetzentwurf halten

• Die schriftlichen Stellungnahmen der
  Sachverständigen sind abrufbar unter:

• https://www.bundestag.de/ausschuesse18/a13/anh
  oerungen/stellungnahmen-inhalt/510182
Was die Sachverständigen vom Gesetzentwurf halten
  (aus der PM der stellv. Vorsitzenden der CDU/ CSU Fraktion Nadine Schön)

Reform des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes braucht breite fachliche Debatte

Geplante Regelungen sind unangemessen und nicht praxistauglich

„Die Anhörung hat die Kritik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion an der Vorgehensweise des Familienministeriums zur Abstimmung des Gesetzentwurfs mit

den Fachverbänden eindrucksvoll bestätigt. Auch das Tempo, mit dem das Gesetz durch Bundestag und Bundesrat gedrückt werden soll, ist nicht

akzeptabel. Eine Reform, die tief in die Grundrechte von Eltern und Kindern eingreift, benötigt ausreichend Zeit und intensive Diskussionen. Doch die in der

Sache gebotene breite fachliche Debatte hat das Familienministerium nicht zugelassen.

So ist es nicht verwunderlich, dass der Gesetzentwurf viele höchst bedenkliche Regelungsvorschläge enthält, die die CDU/CSU-Bundestagsfraktion nicht

mittragen kann. Die unprofessionelle Arbeit des Ministeriums kann in der kurzen Zeit bis zum Ende der Legislaturperiode auch bei größter Bereitschaft und

höchsten Anstrengungen nicht mehr ausgemerzt werden.

In der Fachwelt stark kritisiert wird die frühe Festlegung bei der Perspektivklärung im Hilfeplanverfahren. Diese Kritik teilen wir. Auch die Einschränkung

des Jugendwohnens für junge Menschen, die an einer schulischen oder beruflichen Bildungsmaßnahme teilnehmen, lehnen wir ab. Berechtigte Kritik gibt

es auch von den Jugendverbänden. Und zwar an der Regelung, dass Einrichtungen der offenen Jugendarbeit, wie Jugendclubs, Kinder- und Jugendtheater,

Jugendzentren, künftig mit neuen Verpflichtungen konfrontiert werden. Dazu gehören Meldepflichten über die Betriebsaufnahme oder eine Änderung des

Konzepts und die Pflicht, Konzepte zum Kinderschutz zu entwickeln. Natürlich ist der Schutz von Kindern und Jugendlichen wichtig. Aber dieser ist für

Träger, bei denen ausschließlich neben- oder ehrenamtliches Personal tätig sind und die keine öffentliche Förderung erhalten, auch mit weniger

aufwändigen Maßnahmen sicherzustellen. Die geplanten Regelungen dagegen sind unangemessen und nicht praxistauglich und würden ehrenamtliches

Engagement erschweren, selbstorganisierte Jugendarbeit verhindern und so Freiräume von jungen Menschen zerstören. Das ist mit der Union nicht zu

machen.
Was der Bundestag am 30.6. in einer lauen
    Sommernacht um 0.20 h verabschiedet hat:

•   Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen (§§ 45 ff) ohne § 48b

•   engere Kooperation zwischen Ärzten und Jugendamt bei Verdacht auf
    Kindeswohlgefährdung (§ 8a)

•   Vorlage von Hilfeplänen beim FamG (§ 50)

•   Rahmenvereinbarungen für die Erstattung der Kosten bei Leistungen an junge
    Flüchtlinge (§ 78f )

•   Keine Neuregelung zur Pflegekindschaft im SGB VIII und im BGB

•   Keine Änderung der Jugendsozialarbeit (§ 13 Abs.3)

► Forderung: Einrichtung einer Enquetekommission für eine breit angelegte Reform
Stimmt der Bundesrat dem Gesetz zu?

• Die Befassung mit dem KJSG wurde kurz vor den Plenarsitzungen am 7.
   Juli und am 22. September von der Tagesordnung genommen.

• Der Bundesrat ist nicht an den Grundsatz der Diskontinuität gebunden,
   kann also immer noch zustimmen oder ablehnen.

• Die bisherige Verschiebung wird damit begründet, dass die Entscheidung
   über die Ablehnung (über den Tag der Bundestagswahl hinaus) vertagt
   werden sollte. Ist also noch mit einer Zustimmung zu rechnen?
Vielen Dank
               fürs
             Zuhören
               und
        Ihr Engagement
in der Kinder- und Jugendhilfe !
Sie können auch lesen