Methoden zur Bewertung von Credit Default Swaps

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Methoden zur Bewertung von Credit Default Swaps
Dr. Walter Gruber (1 PLUS i GmbH); Sylvia Lause (Sparkasse Hannover)

Inhalt

    Einführung......................................................................................................... 1
    Modell der Discounted Spreads........................................................................ 3
    Modell der Adjusted Spreads............................................................................ 4
    Modell von JPMorgan ....................................................................................... 5

    Einführung1

In einem Credit Default Swap (CDS) zahlt ein Kontrahent A (Sicherungsnehmer (SN))
eine periodische Versicherungsprämie an den Kontrahenten B (Sicherungsgeber (SG)).
                                                                                      2
Tritt ein festgelegtes Kreditereignis (sog. Credit Event) wie z.B.:
             bankruptcy
             restructuring
             failure to pay
ein, so liefert der Sicherungsnehmer das (ausgefallene) Referenzasset (oder eines aus
einem Basket von lieferbaren Referenzassets) an den Sicherungsgeber und bekommt im
Austausch den Nominalbetrag vergütet (sog. physical delivery). Alternativ kann auch
„Cash settlement“ vereinbart werden; hier wird der Nominalbetrag abzüglich des gehan-
delten Marktwertes des Referenzassets vom Sicherungsgeber an den Sicherungsneh-
mer gezahlt.

                                     Periodische Prämie
           A (SN)                                                                B (SG)
                                  Zahlung bei Credit Event

Die vorliegende Ausarbeitung behandelt nun verschiedene grundlegende Bewertungs-
verfahren für einfache Credit Default Swaps (CDS).

Um einen CDS bewerten zu können, muss zunächst folgende Notation eingeführt wer-
den:
             N: Nominalbetrag des CDS (z.B. 10 Mio. EUR)

1
      Im Folgenden wird das Vorhandensein von Grundlagenwissen über den Aufbau von risikolosen
      und risikoadäquaten Zins- und Diskontkurven, Zinsswaps, Day-Count-Conventions, etc. vor-
      ausgesetzt.
2
      Vollständige Liste der Credit Events sowie die genauen Spezifikationen siehe Credit Event
      Definitions der ISDA, 2003.
T: Restlaufzeit des CDS (z.B. 5 Jahre)
           n: Anzahl der ausstehenden Payments bis zum Ende des CDS
           s: Par-Credit-Spread p.a. des Referenzassets; dabei bezeichnet:
                  •   s0 = Par-Credit-Spread des Referenzassets bei Eintritt in den CDS = ausge-
                      machte Versicherungsprämie
                  •   sT = aktuell gehandelter Par-Credit-Spread des Referenzassets zur Restlaufzeit
                      T des CDS
                  •   si = aktuell gehandelter Par-Credit-Spread des Referenzassets zur Restlaufzeit
                      ti, i = 1, …, n
           R: unterstellte Recovery Rate
           ∆i: Länge der i-ten Periode des CDS, i = 1, …, n
           ri: risikolose Par-Rate zur Zeit ti, i = 1, …, n

           p i kum : kumulierte Ausfallwahrscheinlichkeit des Referenzassets zur Zeit ti, i =

           1, …, n

           psurv
            i    : Überlebenswahrscheinlichkeit des Referenzassets zur Zeit ti, i = 1, …, n;

           es gilt: psurv
                     i
                          = 1−pkum
                               i

Schaut man sich die Zahlungsströme in einem CDS während seiner Laufzeit an, so
werden entsprechend der ausgemachten Zahlungsfrequenz (annually, semi-annually,
quartely) die Prämienzahlungen vom SN an den SG geleistet. Zahlungen, die auf ein
Wochenende oder einen Feiertag fallen, werden angepasst (i.d.R. nach der Konvention
following). Der SG erhält somit zu den Zahlungsterminen ti die Beträge: N ×s0 ×∆ i , i = 1,

…, n.

Für den Fall, dass das Credit Event vor der Fälligkeit eintritt (entweder physical delivery
oder cash settlement) erhält der SN vom SG die Ausgleichszahlung N × (1 − R) ; gleichzei-
tig wird der CDS terminiert; d.h. die Zahlungen des SN an den SG terminieren.

Diejenige Prämie s, für die der Wert des CDS Null ist, bezeichnet den „fairen“ CDS-
Spread für die entsprechende Laufzeit.

Bei der Bewertung eines CDS müssten „genau genommen“, neben der Bonität des Re-
ferenzassets, auch die Bonitäten der beiden Kontrahenten (also SG und SN) berücksich-
tigt werden. Alle gängigen, so auch die folgenden, Pricingmethoden ignorieren jedoch
die Bonitäten der beiden Kontrahenten, wodurch implizit das Vorhandensein von geeig-
neten Collateral Agreements (= Hinterlegung von Sicherheiten in Höhe des aktuellen
Marktwertes des CDS beim jeweils „vorne liegenden“ Kontrahenten) vorausgesetzt wird.

Zum Zeitpunkt des Eintritts in einen CDS ist die CDS-Prämie durch den Markt gegeben;
der Fair Value ist Null. Für den Fall, dass das Credit Event eintritt, ist der Fair Value
entsprechend über den Wert der Ausgleichszahlung gegeben. Die Frage der Bewertung
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stellt sich also gerade dann, wenn ein bestehender CDS in Abhängigkeit des aktuell
gehandelten Spreads bewertet werden soll, z.B. da er vorzeitig aufgelöst werden soll,
ohne dass das Credit Event eingetreten ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass neben
dem Fair Value des CDS auch noch die seit der letzten Prämienzahlung aufgelaufene
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CDS-Prämie berücksichtigt werden muss, die der SN an den SG zu leisten hat.

Im Folgenden werden drei Pricingverfahren erläutert: Discounted Spreads, Adjusted
Spreads und JPMorgan, die jeweils auch in Bloomberg gewählt werden können. Die
Bewertungsmethoden werden dabei aus Sicht des SG illustriert. Der Fair Value des CDS
für den SN ist offensichtlich gerade der negative Wert hiervon.

    Modell der Discounted Spreads

Der Vorgehensweise dieses Modells liegt folgende Überlegung zugrunde:

So wie ein Zinswap sich in zwei Legs (z.B. Receive Leg: fest erhalten; Pay Leg: variabel
zahlen) aufteilen lässt, kann auch ein CDS in zwei Legs zerlegt werden. Das Premium
Leg, in dem der SG die bei Abschluss festgelegte CDS-Prämie entsprechend der Zah-
lungsfrequenz erhält und das Protection Leg. Dabei ist die aktuelle Werthaltigkeit des
Protection Legs einfach durch den aktuell gehandelten Spread des Referenzassets zur
verbleibenden Restlaufzeit gegeben. Es ist zu beachten, dass zwar der Spread des
Premium Legs tatsächlich als Cash Flow fliesst; der Cash Flow des Protection Legs
jedoch „fiktiv“ ist, also nicht fliesst; er könnte jedoch – z.B. falls der SN die Protection
weiterverkauft – in einen tatsächlichen Cash-Flow umgewandelt werden.

Die aktuelle „Werthaltigkeit“ des CDS ist dann einfach durch den Barwert der Differenz
aus originärem und aktuellem Spread für die Restlaufzeit gegeben. Bei der Abzinsung
der Spreaddifferenzen ist zu beachten, dass diese Differenz terminiert, sobald das Credit
Event bzgl. des Referenzassets eingetreten ist und somit selbst auch einem Ausfallrisiko
unterliegt, weswegen der Barwert nicht auf der risikolosen,4 sondern auf der risikoadä-
quaten (bezogen auf die Bonität des Referenzassets) Zinskurve bewertet wird. Dabei
ergibt sich die risikoadäquate Renditekurve aus der (Par-)Swapkurve zzgl. der Par-
Credit-Spread-Struktur des Referenzassets ri + si, i = 1, …,n.5

3
     Die Vorgehensweise ist hier völlig analog zur Vorgehensweise bei einem einfachen Zinsswap,
     der vorzeitig terminiert werden soll.
4
     Hierfür wird in der Praxis die Swapkurve verwendet.
5
     Dabei wird in der Praxis oft eine flache Par-Credit-Spread-Struktur verwendet.
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Stop der Zahlung bei Credit Event
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                                                                     Originär ausgemachte CDS-Prämie

                                ...
    Heute         t2                            ti               T
                                ...
                                                                     Protection Leg:
                                                                     Aktuell gehandelte CDS-Prämie

                                 ...                                          Verbleibender Netto-
                                                                              Cash-Flow
                       ...      Abzinsung ergibt Fair Value

Sei dRA
     i  der aus der risikoadäquaten Zinskurve6 ermittelte Diskontfaktor zur Zeit ti; dann
ist der Fair Value des CDS gegeben durch:
                                                     n
                  i ; n) = N × (s0 −sT ) × ∑  ∆ i ×di 
CDS(N; s0 ; sT ; dRA                                 RA 
                                                     i =1

    Modell der Adjusted Spreads

Die Vorgehensweise beim Adjusted-Spreads-Modell ist fast vollkommen analog zur
Vorgehensweise beim Discounted-Spreads-Modell. Bei der Konstruktion der risikoadä-
quaten Renditekurve wird jedoch folgender Sachverhalt berücksichtigt: Die gehandelte
Par-Credit-Spread-Struktur des Referenzassets impliziert neben einer gehandelten Aus-
fallwahrscheinlichkeit gleichzeitig eine gehandelte Recovery-Rate. Insbesondere ist der
Sachverhalt gegeben, dass bei Eintritt des Credit Events kein Komplettausfall des Refe-
renzassets geschieht, sondern die Recovery-Rate auf den Nominalbetrag erhalten wird.
Im Gegensatz dazu terminieren die Zahlungen und die Protection auf den CDS komplett.
Aus diesem Grund wird im Adjusted-Spreads-Modell der gehandelte Spread (impliziert
die gehandelte Recovery Rate) angepasst auf einen synthetischen Spread mit Recove-
ry-Rate Null; er sei bezeichnet mit sadj
                                     i   und es gilt:

                           si
si =sadj            adj
     i ×(1 − R ) ⇔ s i = 1 − R

Die im Adjusted-Spreads-Modell verwendete risikoadäquate Renditekurve aus der (Par-)
Swapkurve zzgl. der (adjusted) Par-Credit-Spread-Struktur des Referenzassets ist damit
gegeben durch: r i +s iadj , i = 1, …,n. Auf der Basis dieser risikoadäquaten Renditekurve
werden die risikoadäquaten Diskontfaktoren ermittelt.

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     Die risikoadäquate Zins(= Zero)-Kurve wird mittels Bootstrapping aus der risikoadäquaten
     Renditekurve gewonnen.
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Die weitere Vorgehensweise ist vollkommen analog wie beim Discounted-Spreads-
Modell.

    Modell von JPMorgan

Beim JPMorgan-Modell erfolgt die Bewertung eines CDS auf der Basis von impliziten
Ausfallwahrscheinlichkeiten. Dabei werden diese impliziten Ausfallwahrscheinlichkeiten
auf der Basis der folgenden „Idee“ aus den quotierten Par-Credit-Spreads si, i = 1, …n,
abgeleitet.

Ein CDS setzt sich wertmäßig aus der Differenz des Wertes des Premium Legs sowie
des Protection Legs zusammen.

Für einen CDS der Restlaufzeit ti (i = 1, …, n) der heute abgeschlossen wird, muss der
Wert des Premium und des Protection Legs gerade übereinstimmen. Sei (k = 1, …, i)
der aus der risikolosen Zinskurve abgeleitete Diskontfaktor zur Zeit tk,       dRLk   dann gilt
für die beiden Legs des CDS:

Premium Leg:7
         i                             i  ∆                           
                                                                 surv  
N × si × ∑  ∆ k ×dkRL ×pksurv  + ∑  k ×d RL∆k × pksurv −p       
        k =1                               2        −1        k     
                                      k =1     k+
                                                 2                     

Hierbei beschreibt der erste Term in der Klammer, den Wert der Prämienzahlungen für
die einzelnen Zahlungsperioden. Da diese Prämienzahlungen ausfallen, sobald das
Credit Event eintritt, müssen sie mit den entsprechenden Überlebenswahrscheinlichkei-
ten gewichtet werden.

Der zweite Term in der Klammer beschreibt den Wert der bei Ausfall innerhalb einer
Periode aufgelaufenen Prämie. Hierbei wird vereinfachend angenommen, dass der Aus-
fall – falls er geschieht – jeweils in der Mitte des Zeitintervalls anfällt. Dabei ist die Wahr-
scheinlichkeit, dass das Credit Event innerhalb der Periode passiert, gerade durch
p ksurv
    −1
        −p ksurv gegeben.

Protection Leg:
Bei der Bestimmung der Werthaltigkeit des Protection Legs wird unterstellt, dass:
Der Wert des CDS im Falle des Eintritts des Credit Events gerade durch den unbesicher-
ten Teil des Nominalbetrags gegeben ist.
Der Ausfall wiederum in der Mitte der Zahlungsperiode geschieht.

     Hierbei gilt: p surv
7
                     0
                          =1
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Unter diesen Annahmen ist der Wert des Protection Legs gegeben durch:
                  i                          
                                               
N × (1 − R ) ×   ∑  d RL∆k × pksurv  surv 
                                    −1 −pk    
                                              
                 k =1 k +                     
                            2                 

Aus der Notwendigkeit der Gleichheit der beiden Legs für jede Laufzeit ti (i = 1, …, n)
können nun sukzessive die Überlebensquoten p surv
                                              i   und damit auch die kumulierten
Ausfallquoten pkum
               i   bestimmt werden.8

Nun kann (aus Sicht des SG) leicht der Wert des CDS – abgeschlossen zum Spread s0 -
als Differenz von Premium und Protection Leg bestimmt werden:
       n                            n                                    
       
N× s0 ×∑  ∆i ×dRL      surv            ∆i RL          psurv −psurv  
                    i × p i     +  ∑       ×  d       ×
                                                      ∆i  i−1      i       
       i=1                   
                                    i=1
                                           2       i+                      
                                                    2                     
                    
                 ni                             
− N× (1 − R ) × ∑  dRL ∆i × psurv −psurv    
                                                 
                     i +     i−1       i     
                i=1
                         2                      

8
    Beachte: Diese impliziten Ausfallwahrscheinlichkeiten sind i.d.R. inkonsistent mit historisch
    erhobenen Ausfallquoten; sie geben gerade die Einschätzung des CDS-Marktes bzgl. des
    Eintretens des Credit Events an.
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