Mit einer vollen Vorratskammer kann der Winter ruhig kommen.
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LEBEN Speierling Mit einer vollen Vorratskammer kann der Winter ruhig kommen. Dirndl 34 UMWELT & energie 04|2021
LEBEN Vogelbeere Jetzt wird’s wild! © TWILIGHTARTPICTURES/STOCK.ADOBE.COM (LI. O.), MOSTVIERTEL TOURISMUS/WEINFRANZ (LI. U.), RAFFALO/STOCK.ADOBE.COM (RE. O.) Ernten, verwerten, einlagern – der Herbst ist die Zeit, in der Vorräte und Reserven für den Winter angelegt werden. Wildobst schmeckt nicht nur den Vögeln, sondern lässt sich zu Kompott, Marmelade, Schnaps und mehr verarbeiten. TEXT: ELKE PAPOUSCHEK W ildfrüchte waren früher entstehen daraus Köstlichkeiten für die ten werden. Die Nutzung der Früchte hat ein wichtiger Bestandteil Vorratskammer. hier jahrhundertelange Tradition und gab des Nahrungsangebo- der Gegend auch den Namen Dirndltal. tes. In Zeiten, in denen Rote Dirndln. Erst im fast schon überrei- Nicht nur kulinarische, auch ökologische im Winter Mangel an fen Stadium entwickeln die Früchte der Aspekte sprechen für das Pflanzen eines frischem Obst herrschte, war man froh Kornelkirsche im Herbst ihr süß-säuerli- Dirndlstrauches im eigenen Garten. Die über einen Vorrat eingekochter Früch- ches, an Weichseln erinnerndes Aroma. nektar- und pollenreichen Blüten sind im te, der Abwechslung in den Speiseplan Dann fallen sie geradezu von allein vom Frühling erste Nahrung für die Bienen. brachte. Heute ist es keine Frage des Strauch und schmecken sowohl frisch Was der Mensch später an Früchten am Angebotes, sondern der Nachhaltigkeit, verzehrt als auch zu Saft, Gelee, Kompott Strauch lässt, wird für die Vogelwelt zum verwertbare heimische Früchte nicht oder Marmelade verarbeitet. Wie keine Festschmaus. Für guten Fruchtertrag gänzlich ungenutzt zu lassen. Ob im andere Frucht gehören die dunkelroten muss man mindestens zwei verschiede- eigenen Garten oder bei der letzten Wan- Dirndln zum niederösterreichischen Pie- ne Sorten pflanzen, z. B. Schönbrunner derung gesammelt – in Mispel, Schlehe, lachtal (s. S. 30). Hier findet man sehr alte Gourmet Dirndl und Jolico, beides Selek- Dirndl und Co stecken wertvolle In- landschaftsprägende Sträucher, die seit tionen der Höheren Bundeslehr- und For- haltsstoffe. Mit den passenden Rezepten vielen Generationen gepflegt und erhal- schungsanstalt für Gartenbau in Wien. KÜCHENGEHEIMNIS © JANVIER/FARBKOMBINAT/EXQUISINE/THE PICTURE PANTRY/STOCK.ADOBE.COM Mispel-Topfen-Soufflé Zubereitung: Die Mispeln häuten, entkernen, grob zerkleinern. Eier trennen und Eidotter mit Zucker cremig schlagen. Topfen und Obers einrühren. Die Mispeln und die Hälfte der Mandelblättchen untermi- schen. Das Eiklar mit einer Prise Salz steif schlagen, unterheben und die Masse in eine gefettete Auflauf- form füllen. Mit den restlichen Mandelblättchen bestreuen. Bei 180° C rd. 30 Minuten goldbraun backen. Zutaten: 3/4 kg Mispeln, 3 Eier, 8 dag Zucker, 3/4 kg Magertopfen, 1/8 l Schlagobers, 10 dag Mandelblättchen, Salz, Fett für die Form ← QUELLE: www.umweltberatung.at UMWELT & energie 04|2021 35
LEBEN ©DESIGNPICS/STOCK.ADOBE.COM (LI.), SASS ACHIM/WESTEND61/STOCK.ADOBE.COM (RE.) Apfelbeeren (li) müssen verarbeitet werden und sind roh nicht genießbar. Von den Dirndln (re) gibt es Kultursorten, die auch als Naschobst schmecken. Wiederentdeckung. Unauffällige braune vier Jahre nach der Pflanzung gibt es Geschmack und duften nach Äpfeln und Früchte trägt die auch als Asperl be- etwas zu ernten. Da die Pflanzen selbst- Birnen – eine feine Voraussetzung für zeichnete Mispel. Einst war sie in Süd- fruchtbar sind, ist nur ein Strauch nötig, Marmeladen und Gelees. Wer nicht auf und Mitteleuropa ein weit verbreiteter, um Früchte zu bekommen. den Frost warten will, kann die Früch- geschätzter Obstbaum. In der 812 n. Chr. te schon früher pflücken und für etwa verfassten Landgüterverordnung „Capi- fünf Stunden ins Gefrierfach des Kühl- tuare de Villis“ von Kaiser Karl dem Gro- Wildobstgehölze zeichnen sich schranks legen. Ein Mus aus Mispeln ßen wurden detaillierte Vorschriften zur durch schlichte Schönheit und lässt sich einfrieren und passt gut zu Bewirtschaftung der kaiserlichen Güter Wild und Desserts aus Schokolade, aber ein anspruchsloses Wesen aus. gegeben. Sie schrieb den Anbau von auch zum Binden von Saucen. Der Frost Nutzpflanzen und Obstgehölzen vor, muss auch durchs Land ziehen, damit die unter denen auch die Mispel genannt Der Frost sorgt für Geschmack. Sobald die dunkelblauen, Vitamin C-reichen Beeren wurde. Wer heute im Garten Früchte ersten Frostnächte übers Land gekom- des Schlehdorns für den Menschen ge- ernten möchte, greift besser auf ver- men sind, sind die Mispeln auch roh nießbar werden. Wer den Vögeln bei der edelte Sorten, z. B. Mispel von Notting- genießbar. Die Kälteeinwirkung macht Ernte zuvorkommen möchte, kann sie ham, Schönbrunner Riesenmispel oder sie weich, die Gerbsäure wird abgebaut, aber vor der Verarbeitung im Tiefkühler Westerwald, zurück. Sie sind dornenlos, die Früchte entfalten ihr volles Aroma. über Nacht schockfrosten. Die Früchte tragen größere Früchte und bereits etwa Sie haben dann einen süß-säuerlichen können sowohl süß für Saft, Marmelade KÜCHENGEHEIMNIS Pikante Schlehen © NAILIA SCHWARZ/EXQUISINE (2)/OXIE99/STOCK.ADOBE.COM Zubereitung: Schlehen in Wasser kurz überkochen und abseihen. Den Weinessig mit Zucker aufkochen lassen und den Schaum abschöpfen. Gewürznelken, Zimtrinde und Schlehen zugeben und nochmals kurz aufkochen. Die Schlehen in saubere Gläser abschöpfen und mit dem Zucker-Essiggemisch übergießen. Nach dem Erkalten Gläser gut verschließen. Ein Vorrat pikanter Schlehen ist eine schnelle und köstliche Beilage zu diversen Wildgerichten. Zutaten: 3/4 kg Schlehen, 1/4 l Weinessig, 30 dag Zucker, 3 Gewürznelken, 1 Zimtrinde ← QUELLE: www.umweltberatung.at 36 UMWELT & energie 04|2021
LEBEN © MICHAEL MÖLLER/STOCK.ADOBE.COM (LI.), ANNAREINERT/STOCK.ADOBE.COM (RE.) Speierling (li) und Vogelbeere (re) wachsen zu stattlichen Bäumen heran und sind wertvolle Landschaftsgehölze. und Gelee als auch pikant eingelegt ge- farbstoffe (Anthocyane) enthalten. Für verarbeitet. Gedörrt verwendet man sie nossen werden. Getrocknete Schlehen den Rohgenuss schmecken sie zu herb, für Müsli oder Tee. wurden früher zur Abwehrsteigerung lassen sich aber zu Saft, Marmeladen, auch gerne als Tee getrunken. Gelees und Likören verarbeiten oder als Hotspot der Artenvielfalt. Eine Wildobst- Trockenfrüchte genießen. Eine Pflanze hecke bietet Nahrung sowie Unter- Rarität der Landschaft. Auch die Kultivie- der selbstfruchtbaren Apfelbeere reicht schlupf für zahlreiche Tiere und fördert rung des heute in freier Natur bereits für eine sichere Ernte der Früchte, die ab somit die Artenvielfalt. Von den ersten selten gewordenen Speierlings war einst Mitte August reif werden. Auffallend ist Blüten im Frühling bis zur Ernte im in der Landgüterverordnung von Kaiser der stark färbende Fruchtsaft, der sich Herbst ist hier immer etwas los: Zwi- Karl dem Großen vorgeschrieben. Der als natürlicher Farbstoff einsetzen lässt. schen den Blüten und Blättern summen Baum benötigt warme, nährstoffreiche Empfehlenswerte Sorten mit geringe- die Bienen und singen die Vögel, im Böden und trägt im April/Mai leicht rem Gerbstoffgehalt sind Viking, Aron Laub darunter raschelt der Igel und zur rosa gefärbte Blüten. Von September bis und Nero. Neben den Früchten ist es die Erntezeit freuen sich Mensch und Tier. Oktober werden die kleinen, birnen- bis prächtige rote Herbstfärbung, die die apfelförmigen Früchte reif. Sie sind gelb Apfelbeere für den Garten interessant Sammeltipps. Gesammelt werden sollten oder gelbgrün, an der Sonnenseite rot macht. Wem der Geschmack der Beeren ausschließlich jene Früchte, die man ausgefärbt und nicht nur ein hübscher nicht zusagt, verwendet die Fruchtstän- zweifelsfrei erkennt. Dabei leisten Hand- herbstlicher Fruchtschmuck, sondern in de für herbstliche Dekorationen. schuhe gute Dienste, um die Hände vor Überreife auch zum Rohgenuss geeignet. wehrhaften Sträuchern wie Schlehen Am besten verwendet man dazu die be- Orangerote Früchte. Drosselbeere, Am- und Mispeln zu schützen. Bäume und reits abgefallenen Früchte. Harte Früchte selbeere, Gimpelbeere – all diese bild- Sträucher erntet man niemals rück- können in luftigen, trockenen Räumen reichen Namen bezeichnen dasselbe sichtslos ab, sondern nimmt nur so nachreifen. Auch die Verarbeitung zu Gehölz, die Vogelbeere oder Eberesche. viel mit, wie man für den Eigenbedarf Most, Likör oder Marmelade ist möglich. Mit ihren orangerot glänzenden Beeren braucht. In Naturschutzgebieten ist das leuchtet sie oft aus Heckenpflanzungen Sammeln grundsätzlich verboten, ent- in Gärten und Parks hervor und gilt als lang von Straßen und im Einzugsbereich Mehr Früchte als angenommen wichtige Futterpflanze für 31 Säugetier- von Industriegebieten sollte man es sind essbar und lassen sich und 72 Insektenarten. Nach den ersten wegen möglicher Schadstoffbelastung Frösten werden auch die Früchte der unterlassen. Die geernteten Früchte wer- verarbeiten. Vogelbeere weicher und süßer. Dann den am besten in einem luftdurchlässi- mischt man sie mit Äpfeln, Brombeeren gen Korb transportiert. Es lohnt sich in Erbsengroße Beeren. Auf die cremewei- oder Himbeeren und macht daraus Mar- jedem Fall, Wildobst mit seinem feinen ßen Blüten der Apfelbeere im Frühling melade. Für den Garten empfehlen sich Aroma Aufmerksamkeit zu schenken folgen im Spätsommer schwarze Früch- bitterstofffreie Züchtungen, die Edel- und Rezepte auszuprobieren. Vielleicht te, die viele Vitamine, Mineralstoffe ebereschen. Sie werden zu Sirup, Kom- wird aus dem einen oder anderen sogar und antioxidativ wirkende Pflanzen- pott, Likör, Wein und Vogelbeerschnaps ein Lieblingsgericht. ← REDAKTION UMWELT & energie 04|2021 37
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