NEUE BERUFE UND LAUFBAHNEN IN DER LEBENSMITTEL- UND GETRÄNKEINDUSTRIE: HOCHWERTIGE FÄHIGKEITEN DER LEBENSMITTELINDUSTRIE IN DER DIGITALEN ...

Die Seite wird erstellt Hortensia-Solange Schäfer
 
WEITER LESEN
NEUE BERUFE UND LAUFBAHNEN IN DER LEBENSMITTEL- UND GETRÄNKEINDUSTRIE: HOCHWERTIGE FÄHIGKEITEN DER LEBENSMITTELINDUSTRIE IN DER DIGITALEN ...
NEUE BERUFE UND LAUFBAHNEN IN DER
LEBENSMITTEL- UND GETRÄNKEINDUSTRIE:
HOCHWERTIGE FÄHIGKEITEN DER
LEBENSMITTELINDUSTRIE IN DER DIGITALEN
WIRTSCHAFT BEREITSTELLEN
KURZFASSUNG
Vereinbarung Nr. VS/2017/0381

                                  Mit der finanziellen
                                  Unterstützung der
                                  Europäischen Union.
NEUE BERUFE UND LAUFBAHNEN IN DER LEBENSMITTEL- UND GETRÄNKEINDUSTRIE: HOCHWERTIGE FÄHIGKEITEN DER LEBENSMITTELINDUSTRIE IN DER DIGITALEN ...
EINLEITUNG
    Die Lebensmittel- und Getränkeindustrie ist der füh-           Der Bericht baut auf den Ergebnissen eines früheren von
    rende Produktionssektor in Europa und untrennbar mit           der EU finanzierten Projekts für den sozialen Dialog mit
    dem sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Gefüge          dem Titel „Neue Talente und alternde Belegschaften: Zwei
    Europas verflochten. Im Vergleich zu anderen Produkti-         Seiten einer Medaille – Einführung von Good-Practice-Mo-
    onssektoren in der EU ist die Branche ein bedeutender          dellen für eine attraktive europäische Lebensmittel- und
    Beschäftigungsmotor und ein relativ stabiler Arbeitgeber.      Getränkeindustrie“ http://fooddrinkeurope-effat-toolbox.eu/
    Die Digitalisierung im Lebensmittel- und Getränkesektor        auf. Dessen Ziel bestand darin, Engpässe bei der Einstel-
    ist ein wesentlicher Treiber für strategische Lösungen,        lung neuer und qualifizierter Arbeitnehmer zu identifi-
    die zu nachhaltigem Wachstum und Beschäftigung in              zieren und das Augenmerk gleichzeitig auf potenzielle
    Europa beitragen. Die digitale Technologie und auto-           Herausforderungen zu legen, wenn Unternehmen mit
    matisierte Systeme in all ihren Formen verändern auf           einer alternden Belegschaft konfrontiert sind.
    drastische Weise das Erscheinungsbild der Fertigung in
    der Lebensmittel- und Getränkeindustrie. Aufgrund von          Grundlage des Projektes ist eine auf der Sekundär-
    Produktinnovationen, Marktwettbewerbsfähigkeit und             forschung beruhende Bestandsaufnahme der neuen
    technologischem Fortschritt werden zunehmend neue              digitalen und automatisierten Technologien in der euro-
    Fähigkeiten in einer Vielzahl von Bereichen benötigt.          päischen Lebensmittelindustrie sowie der Auswirkungen
                                                                   auf die Arbeit, der erforderlichen Fähigkeiten und der
    Dieser Bericht ist Teil eines von der EU finanzierten          Karrierewege. Bei dem Projekt kommt ein exploratives
    Projekts für den sozialen Dialog, mit dem aktuelle Ver-        und qualitatives Forschungsformat zum Einsatz, und es
    änderungen in der Beschäftigung und arbeitsbezogene            werden Beispiele aus mehreren EU-Ländern zur Veran-
    Herausforderungen untersucht werden. Konkret geht              schaulichung der lokalen Bedingungen herangezogen.
    es darum, dass die europäischen Sozialpartner des              Regionale Workshops in Budapest, Kopenhagen und Bolo-
    Lebensmittel- und Getränkesektors die folgenden Ziele          gna wurden als Foren für die Sozialpartner, Unterneh-
    erreichen:                                                     men, Gewerkschaften und unabhängige Sachverständige
                                                                   für den Wissensaustausch und die Diskussion sowie für
    •       Identifizierung neuer Technologien in der Lebens-      zukunftsorientierte Überlegungen durchgeführt. Das
            mittel- und Getränkeindustrie, entstehender Arbeits-   Projekt wurde gemeinsam von EFFAT und FoodDrinkEuro-
            plätze und der erforderlichen neuen Kompetenzen        pe in Zusammenarbeit mit einer Lenkungsgruppe und
            und Qualifikationsformen;                              dem Expertenteam durchgeführt.
    •       Vorausschauende Überlegungen in der Frage, welche
            Kriterien für eine sozial erfolgreiche Anpassung der   Für die Durchführung des Projektes zeichnet fol-
            Lebensmittelindustrie 4.0 entscheidend sind.           gendes Expertenteam verantwortlich:
                                                                   Karen Hamann, IFAU Institute for Food Studies & Agri
                                                                   Industrial Development (Dänemark);
                                                                   Mario Gentile und Alberico Loi, Areté s.r.l. (Italien);
                                                                   Adrienn Hegyi und Levente Zelenák, Camden BRI
                                                                   (Ungarn)

    AUFNAHME DER INDUSTRIE 4.0 IN DEN KON-
    TEXT DER LEBENSMITTEL- UND GETRÄNKEHER-
    STELLUNG
    Industrie 4.0 ist auch bekannt als die vierte industrielle
    Revolution, die in der Fertigung stattfindet. Diese vierte
    industrielle Revolution wird Computer und die Auto-
    matisierung weiter etablieren und durch intelligente
    und autonome Systeme ergänzen, die durch Daten und
    Maschinenlernen angetrieben werden. Industrie 4.0 ist
    die Integration digitaler und physischer (Maschinen-)
    Technologien in Anwendungen für Produktion und Lo-
    gistik1. In diesem Zusammenhang bildet das Internet das
    Rückgrat von Industrie 4.0, und die digital verbundenen
    Maschinen (Computer und Verarbeitungsanlagen) prä-
    gen die Herausforderungen und Chancen von Industrie            Abbildung 1: Die Vernetzung von Industrie 4.0
    4.0, Abbildung 1.
                                                                   Quelle: https://www.foodmanufacture.co.uk/Article/2017/06/15/
                                                                   Smart-food-factories-move-even-closer

2   1
        Maier J. (2017): Made Smarter Review
NEUE BERUFE UND LAUFBAHNEN IN DER LEBENSMITTEL- UND GETRÄNKEINDUSTRIE: HOCHWERTIGE FÄHIGKEITEN DER LEBENSMITTELINDUSTRIE IN DER DIGITALEN ...
„LEBENSMITTELINDUSTRIE 4.0“: DIE ÜBERTRA-                                 Unternehmen bereits signifikant in automatisierte und
GUNG DER TECHNOLOGIEN DER INDUSTRIE                                       digitalisierte Lösungen für die Produktion und Logistik von
                                                                          Nahrungsmitteln und Getränken investiert haben, wäh-
4.0 IN DIE LEBENSMITTEL- UND GETRÄNKE-                                    rend kleinere und mittlere Unternehmen auf dem Weg
HERSTELLUNG                                                               zur Digitalisierung von Prozessen eher noch am Anfang
                                                                          standen. So wurde beispielsweise in einer Umfrage2 unter
Die Lebensmittelindustrie 4.0 wird Veränderungen in                       der deutschen Lebensmittelindustrie festgestellt, dass
der Art und Weise bewirken, wie die Herstellung von                       zwei Drittel der Befragten aktiv digitale und automatisier-
Lebensmitteln und Getränken erfolgt, und wie die Arbeit                   te Systeme implementierten.
organisiert wird. Außerdem wird dies veränderte Kompe-
tenzanforderungen zur Folge haben.                                        BESCHÄFTIGUNG IN DER EUROPÄISCHEN LE-
                                                                          BENSMITTEL- UND GETRÄNKEINDUSTRIE
DIE BESONDERHEITEN DER EUROPÄISCHEN LE-
BENSMITTEL- UND GETRÄNKEINDUSTRIE UND                                     Die Lebensmittel- und Getränkeindustrie leistet einen
DIE AUTOMATISIERUNG                                                       wichtigen Beitrag zur Wirtschaft der Europäischen Union
                                                                          und ist ein relativ stabiler Anbieter von Arbeitsplätzen,
Mehr als 98 % der Unternehmen der europäischen Le-                        Abbildung 3. Innerhalb der verarbeitenden Industrie der
bensmittel- und Getränkeindustrie sind KMU. Die Branche                   EU nimmt die Lebensmittel- und Getränkeindustrie beim
zeichnet sich durch eine Reihe von Besonderheiten aus,                    Umsatz eine führende Position ein und beschäftigt 4,7
z.B.: strenge Anforderungen an die Handhabung und                         Millionen Menschen.
Lagerung der verwendeten Rohstoffe, die komplexen und
vielfältigen Lieferketten sowie technologische Herausfor-                 Trotz zunehmender Automatisierung in der europäischen
derungen bei der Automatisierung der Lebensmittelverar-                   Lebensmittel- und Getränkeindustrie herrscht in mehreren
beitung. Dies erklärt, warum letztere in dem Sektor weni-                 Mitgliedstaaten Arbeitskräftemangel. So fehlen in der
ger verbreitet ist als in anderen Fertigungsbereichen. Die                deutschen Lebensmittel- und Getränkeindustrie mehr als
Automatisierung und ihre Auswirkungen gehen mit einer                     6.000 Bewerber/innen für eine Berufsausbildung in Le-
Vielzahl von Betrachtungsweisen und Beispielen einher.                    bensmittelberufen. Die Zahl der unbesetzten Stellen steigt,
Gemäß einer Erkenntnis dieses Forschungsprojektes muss                    und die Stellen sind länger vakant; bei lebensmittelbezoge-
bei der „Auswirkung“ auch der lokale Kontext und nicht                    nen Stellen durchschnittlich mehr als 140 Tage3. Auch das
nur die Automatisierung miteinbezogen werden.                             Vereinigte Königreich hat Schwierigkeiten, Arbeitskräfte
Bis 2017 waren mehr als 31.000 Roboter in der europäi-                    einzustellen: Für die kommenden Jahre geht man von einem
schen Lebensmittel- und Getränkeindustrie installiert,                    Arbeitskräftemangel in der Lebensmittelproduktion von
die meisten in den nördlichen und westlichen Mitglied-                    fast 140.000 Beschäftigten aus, und 40 % der Unternehmen
staaten. Es wird erwartet, dass die Zahl in den kommen-                   in der Lebensmittelverarbeitung und der Landwirtschaft,
den Jahren weiter ansteigt, Abbildung 2.                                  die Zeitarbeiter/innen beschäftigen, kämpfen darum, die
                                                                          notwendigen (in diesem Fall ungelernten) Arbeitnehmer/
                                                                          innen zu finden4.

                                                                          ARBEIT IN DER LEBENSMITTELINDUSTRIE 4.0
                                                                          Die Arbeit in einer Produktionsumgebung für Lebens-
                                                                          mittel und Getränke, in der die Fertigung und das
                                                                          Fabrikkonzept so organisiert sind, dass sie den Prinzi-
                                                                          pien der Industrie 4.0 entsprechen, unterscheidet sich
                                                                          von der Arbeit in einer Umgebung mit Montagelinien
                                                                          und Handarbeit. Im Bereich der Produktion werden
                                                                          die Beschäftigten höchstwahrscheinlich eher für wis-
                                                                          sensbasierte Produktionsaufgaben als für manuelle
                                                                          Arbeit eingestellt. Das digitale Umfeld wirkt sich auf die
                                                                          Arbeitsbedingungen aus, d.h. die Arbeitsorganisation,
Abbildung 2: Roboterbestand in der Lebensmittel- und Getränkein-
                                                                          die auszuführenden Aufgaben, die verwendeten Techno-
dustrie pro 10.000 Beschäftigte (2017)
                                                                          logien, das Recht der Arbeitskräfte auf Privatsphäre und
Quelle: ING (2019) – Food Tech: technology in the food industry           den Bedarf an bestimmten Fertigkeiten.

                                                                          Die digitale Umgebung schafft Rahmenbedingungen
Bei einer näheren Betrachtung der Lebensmittel- und                       für den Arbeiter, den Prozess und die Steuereinrichtung,
Getränkeherstellung in der EU zeigt sich, dass die                        definiert also den „Arbeitsbereich“, so dass die Anpas-
Anpassungsstrategien der Unternehmen an die Indus-                        sung an eine digitale Umgebung für den Menschen
trie 4.0 sehr unterschiedlich sind. Die verschiedenen                     manchmal eine Herausforderung darstellen kann. Zum
Projektworkshops führten zu der Erkenntnis, dass große                    Beispiel der Übergang von der routinemäßigen manuel-

2
  Quelle: Ernährung 4.0 – Status Quo, Chancen und Herausforderungen. Präsentation von B. Rohleder (Bitkom Research)
und C. Minhoff, (BVE), Berlin, 26. März 2019. Die Umfrage wurde in Form von Telefoninterviews mit einer repräsentativen
Stichprobe von 304 Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten durchgeführt.
https://www.bve-online.de/presse/pressemitteilungen/pm-20190326                                                              3
3
  ANG, personal communication, 2019
4
  Grand Thornton (2017) – FDF Economic contribution and growth opportunities; and ALP (Association of Labour
Providers), (2019): ALF Food Supply Chain Labour Survey Results
NEUE BERUFE UND LAUFBAHNEN IN DER LEBENSMITTEL- UND GETRÄNKEINDUSTRIE: HOCHWERTIGE FÄHIGKEITEN DER LEBENSMITTELINDUSTRIE IN DER DIGITALEN ...
Abbildung 3: Anzahl der Unternehmen und der Beschäftigten in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie der EU (2011-2017)

    Quelle: Eurostat (Structural Business Statistics) - https://ec.europa.eu/EURtat/web/structural-business-statistics/overview

    len Arbeit zu Tätigkeiten, die mehr kognitive Fähigkeiten                    Notwendigkeit, den Arbeitskräften die erforderlichen Prä-
    erfordern; oder die Anpassung an sich ständig weiter-                        ventiv- und Schutzmaßnahmen zur Verfügung zu stellen,
    entwickelnde Technologien und neue Arbeitsverfahren.                         beispielsweise die Gewährleistung, dass jeder Beschäftigte
    Beide Beispiele veranschaulichen die Notwendigkeit,                          die erforderlichen Informationen und Schulungen zu
    digitale Fähigkeiten und Fertigkeiten für den Betrieb                        Gesundheit und Sicherheit erhalten hat. Die Verschiebung
    fortschrittlicher Ausrüstung und Datensysteme zu                             der Qualifikationsanforderungen verdeutlicht auch die
    entwickeln. Technologie ist keine Lösung - sie ist ein                       Notwendigkeit, digitale Kompetenzen in Aufgaben wie
    Wegbereiter, auch in der Lebensmittelindustrie 4.0. Fazit:                   Überwachung, Registrierung oder Steuerungsausrüs-
    Ohne ausreichende Fachkräfte kann das Potenzial der                          tung zu integrieren. Das Projekt hat die Notwendigkeit
    Technologie nicht voll ausgeschöpft werden.                                  aufgezeigt, grundlegende digitale Kompetenzen für alle
                                                                                 Beschäftigten bereitzustellen.
    KOMPETENZ- UND AUSBILDUNGSANFORDE-
                                                                                 Das Projekt hat die erwarteten Fähigkeiten der zu-
    RUNGEN                                                                       künftigen Beschäftigten der Lebensmittelindustrie 4.0
                                                                                 identifiziert, wie folgende Beispiele zeigen:
    Das Projekt hat den Kompetenzaufbaubedarf in drei Ka-
    tegorien analysiert: Handfertigkeiten, kognitive Fähigkei-
    ten und soziale Kompetenzen. Darüber hinaus wurde die                        •     Der zukünftige Beschäftigte wird ein/e hochspe-
    Entwicklung digitaler Fähigkeiten in einem transversalen                           zialisierter/e „Super-Techniker/in“ sein, der/die
    Ansatz betrachtet. Kognitive Fähigkeiten bilden zusam-                             über angemessene IT-Kompetenzen, Flexibilität,
    men mit manuellen Fähigkeiten die Kompetenzkategorie,                              Interpretationsfähigkeit für die aufkommenden
    deren relative Bedeutung für die Lebensmittelproduktion                            und sich ständig ändernden Bedürfnisse der mo-
    und -logistik durch die Einführung automatisierter und                             dernen Lebensmittelverarbeitung und eine hohe
    digitalisierter Systeme am stärksten zunehmen dürfte.                              Anpassungsbereitschaft verfügt. Der Schwerpunkt
    Kognitive Fähigkeiten beziehen sich auf die Fähigkeit zu                           der Arbeit liegt auf der Implementierung von Tech-
    denken, zu handeln und zu kommunizieren, daher sind                                nologien der Industrie 4.0.
    Lesen, Schreiben und Rechnen Kernkompetenzen in                              •     Der zukünftige Beschäftigte in der europäischen
    dieser Kategorie.                                                                  Lebensmittel- und Getränkeindustrie wird sich mit
                                                                                       Fragen von erhöhter Komplexität auseinander-
    Kompetenzen für den Betrieb von digitalisierten Produk-                            setzen und mehr Verantwortung übernehmen
    tionsanlagen sind unerlässlich, wobei einige traditionell                          müssen; der/die Arbeitnehmer/in muss eine
    unter manueller Arbeit laufende Aufgaben übernommen                                umfassendere Reihe von Kompetenzen beherrschen
    werden. Dies legt den Schluss nahe, dass es notwendig ist,                         und flexibel genug sein, um nahtlos zwischen ver-
    den Beschäftigten Fähigkeiten zur Bedienung fortschrittli-                         schiedenen Aufgaben zu wechseln (Multitasking vs.
    cher Fertigungsanlagen zu vermitteln. Zum Beispiel Fähig-                          Spezialisierung).
    keiten zum Verständnis des Prozessablaufs, der Grenzen                       •     Der zukünftige Beschäftigte wird aufgrund der
    und Möglichkeiten der Maschinen. Es besteht auch die                               Online- und Echtzeit-Datenflüsse und der Über-

4
NEUE BERUFE UND LAUFBAHNEN IN DER LEBENSMITTEL- UND GETRÄNKEINDUSTRIE: HOCHWERTIGE FÄHIGKEITEN DER LEBENSMITTELINDUSTRIE IN DER DIGITALEN ...
wachungsaktivitäten, die sich aus der Lebensmittelin-                  der Bedeutung sicherzustellen, dass die Kompetenzen
dustrie 4.0 ergeben, mit einem verstärkten Gefühl der                  erfahrener Mitarbeiter/innen an neue (und jüngere)
externen Kontrolle zurechtkommen müssen.                               Kollegen/innen weitergegeben werden und dass die über-
                                                                       tragenen Kompetenzen zeitgemäß sind. Dies ist relevant
Es wird behauptet, dass mehrere hunderttausend Be-                     für manuelle, kognitive und soziale sowie auch digitale
schäftigte in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie                  Kompetenzen, jedoch ist beim Erwerb von Fähigkeiten für
eine Umschulung oder Weiterqualifizierung benötigen,                   die Bedienung von Ausrüstungen und Datensystemen
um die Anforderungen für die Anpassung an die Lebens-                  im Rahmen der Lebensmittelindustrie 4.0 eher unklar,
mittelindustrie 4.0 zu erfüllen. Mit dieser Situation sind             inwieweit Kompetenzen zwischen Kollegen/innen weiter-
große Probleme verbunden: Arbeitnehmer, die keinen                     gegeben werden.
Arbeitsvertrag haben, haben keinen Zugang oder An-
spruch auf eine bezahlte Ausbildung; in vielen Ländern                 SCHLUSSFOLGERUNG
fehlen moderne Lehrpläne für die berufliche Bildung; und
die Ansichten über die notwendige Qualifikationsbasis
                                                                       Der Wettbewerb auf dem Markt ist die treibende Kraft
sind sehr unterschiedlich. Die Sozialpartner spielen eine
                                                                       für die Anpassung an die Lebensmittelindustrie 4.0, und
entscheidende Rolle bei der Förderung einer angemesse-
                                                                       die Umstellung der Lebensmittel- und Getränkeindustrie
nen Ausbildung der Arbeitnehmer/innen. Initiativen auf
                                                                       auf das Format 4.0 nimmt Fahrt auf. Dieser Prozess bietet
Zutun der Gewerkschaften (z.B. Mittel zur Finanzierung
                                                                       zwar Vorteile für Arbeit und Kapital, aber ernsthafte sozi-
der Ausbildung) oder kooperative Maßnahmen zur Erfas-
                                                                       ale Herausforderungen dürfen nicht übersehen werden.
sung der vorhandenen Qualifikationsbasis und der für
                                                                       Es gibt eine gemeinsame Schlussfolgerung bezüglich der
die kommenden Arbeitsplätze erforderlichen Fähigkeiten
                                                                       Auswirkungen der Anpassung der Industrie-4.0-Techno-
sind nur einige Beispiele dafür, wie Herausforderungen im
                                                                       logien in der europäischen Lebensmittel- und Geträn-
Zusammenhang mit der Ausbildung und der Qualifikati-
                                                                       keindustrie: Ohne Arbeitskräfte gibt es keine Produktion.
onsbasis bewältigt werden können. Dies geht einher mit
                                                                       Die Sicherung einer angemessenen Zahl von Arbeitskräf-
der Förderung von Beschäftigungsmöglichkeiten für be-
                                                                       ten ist von grundlegender Bedeutung und erfordert die
troffene Mitarbeiter/innen (Stellenabbau), um die besten
                                                                       Aufmerksamkeit von Arbeitgebern und Beschäftigten.
Voraussetzungen für das Weiterkommen und die Suche
                                                                       Damit sind die Sozialpartner in einer zentralen Position,
nach anderen Karrieremöglichkeiten zu schaffen.
                                                                       um eine sozial tragfähige Anpassung an die Lebensmit-
                                                                       telindustrie 4.0 zu gewährleisten; ein Prozess, der für
HOCHWERTIGE KOMPETENZEN FÜR DIE LE-                                    Beschäftigte und Arbeitgeber relevant ist und von ihnen
BENSMITTELINDUSTRIE 4.0 BEREITSTELLEN                                  akzeptiert wird, und bei dem der soziale und der humane
                                                                       Aspekt der Anpassung an digitalisierte und automati-
Die berufliche Bildung muss die Bereitstellung digitaler               sierte Systeme angemessen berücksichtigt wird.
Kompetenzen sowie die Schulung im Umgang mit
automatisierten Anlagen umfassen und Wege finden,                      Die Lücke zwischen der Automatisierung und den Men-
den Aufbau von Sozialkompetenzen zu stärken (z.B. Pro-                 schen zu schließen, ist entscheidend für einen erfolgrei-
zessorganisation, Prozessdenken, Zusammenarbeit und                    chen Übergang zur Lebensmittelindustrie 4.0. Das Projekt
Teamarbeit). Mehrere Beispiele aus dem Projekt haben ge-               hat gezeigt, dass ein sehr großer Teil der Arbeitskräfte in
zeigt, wie wichtig es für die Beschäftigten ist, über starke           der europäischen Lebensmittel- und Getränkeindustrie
soziale und kommunikative Fähigkeiten zu verfügen und                  einen erheblichen Bedarf an Umschulungen oder Weiter-
mit vielen verschiedenen Nationalitäten und Mitarbeiter-               bildungsmaßnahmen hat. Diese Situation unterstreicht
gruppen in einem Unternehmen interagieren zu können.                   die Bedeutung einer angemessenen Ausbildung und die
Die folgenden Beispiele5 könnten als relevante Themen                  Notwendigkeit, die Anbieter von allgemeiner und berufli-
Eingang in eine aufgewertete Berufsausbildung für die                  cher Bildung in den Dialog darüber einzubeziehen, wie die
Lebensmittelverarbeitung im digitalen Zeitalter finden:                Arbeitskräfte mit modernen Fähigkeiten ausgestattet wer-
                                                                       den können. Die Hersteller von digitalen Systemen und
                                                                       automatisierten Produktionslinien können davon profitie-
•   Erwerb von Fähigkeiten zur Steuerung des Produkti-
                                                                       ren, mehr über die Arbeitsabläufe in der Lebensmittelpro-
    onsprozesses über eine Mensch-Maschine-Schnitt-
                                                                       duktion zu erfahren, während Lebensmittelunternehmen
    stelle, die auf Prozesse der Lebensmittelherstellung               mehr darüber lernen können, wie Lösungen der Industrie
    angewendet wird;                                                   4.0 in einem bestehenden Kontext umgesetzt werden
•   Verständnis der Integration von Lieferkette und                    können. Dies erfordert einen offenen und erweiterten
    Bestandssystemen und Erwerb von Kompetenzen                        Dialog mit mehr Interessengruppen - darunter Bildungs-
    für die Arbeit mit RFID-Tags oder anderen fortschritt-             anbieter und Lieferanten von Verarbeitungsanlagen und
    lichen Technologien zur Überwachung und Kontrolle                  digitalen Lösungen.
    digitalisierter Produktionsprozesse und der Logistik.
                                                                       Die europäische Lebensmittel- und Getränkeindustrie
Interviews, Projektworkshops und Fachliteratur haben                   wird ein zentraler und großer Produktionssektor mit
darauf hingewiesen, dass die Mehrheit der Beschäftigten                einem enormen und nützlichen Beitrag zur Gesell-
in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie durch An-                   schaft bleiben. Die Sozialpartner müssen ihrer Rolle
weisungen und Unterstützung der Kollegen/innen für                     gerecht werden, um diese Position der Lebensmittel-
ihre Arbeit geschult wird. Daher ist es von entscheiden-               und Getränkeindustrie zu sichern. Die Zusammenar-

New education pathways for new positions (aufbauend auf der Präsentation von Prof. Marco Dalla Rosa, Bologna -
5
                                                                                                                          5
Workshop, Juni 2019)
beit mit Bildungsanbietern, Herstellern von Produkti-        empfehlungen sind in drei Themenbereiche unterteilt.
    onssystemen und politischen Entscheidungsträgern             Im Thema 1 geht es um die Sicherung der Beschäftigung
    könnte nachhaltig den Weg zu einer sozial kohäsiven          und ihrer Vielfalt. Thema 2 befasst sich damit, wie man
    und florierenden Lebensmittelindustrie 4.0 weisen.           die Vorteile der Lebensmittelindustrie 4.0 teilen kann,
                                                                 indem man sich auf die Menschen konzentriert; und
    Im folgenden Abschnitt (Abbildungen 4-6) finden Sie          bei Themenstellung 3 geht es darum, wie die Menschen
    Handlungsempfehlungen für die Interessengruppen:             und die Lebensmittel- und Getränkeindustrie eine
    die Sozialpartner, Bildungsanbieter, Anbieter von digi-      erfolgreiche Entwicklung durch die Arbeit mit der Tech-
    talen Systemen und automatisierten Produktionslinien         nologie erzielen können.
    sowie politische Entscheidungsträger. Die Handlungs-

                          ABBILDUNG 4:
                          HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR THEMA 1:
                          SICHERUNG DER BESCHÄFTIGUNG UND IH-
                          RER VIELFALT

                          THEMA 1: SICHERUNG DER BESCHÄFTIGUNG UND IHRER VIELFALT

    SOZIALPART-            •   Aus dem sozialen Dialog einen Vorreiter machen, um die Lebensmittel- und Getränkeindus-
                               trie als attraktiven Arbeitsplatz zu fördern;
    NER                    •   Festlegung einer ehrgeizigen Ausbildungspolitik, die das Recht der Beschäftigten auf Aus-
                               bildung und bezahlten Bildungsurlaub sowie den Zugang zu angemessenen Ausbildungs-
    (die Sozial-               einrichtungen umfasst;
                           •   Bereitstellung einer Qualifikationsgarantie-Bescheinigung für Fertigkeiten und Kompeten-
    partner sind               zen geringqualifizierter Arbeiternehmer/innen;
    die Organe, die        •   Bereitstellung geschlechtsspezifischer Maßnahmen zur Schließung der digitalen Kluft,
                               insbesondere für Arbeitnehmerinnen;
    beide Seiten           •   Definition geeigneter Arbeits- und Beschäftigungsfunktionen und Einbeziehung von Bil-
    der Branche                dungsmöglichkeiten;
    vertreten: Ar-         •   Ausarbeitung von Skills Maps, um die Übereinstimmung zwischen Kompetenzen und
                               Aufgaben zu klären und die Motivation für Umschulungen/Weiterqualifizierungen zu
    beitgeber und              gewährleisten;
    Beschäftigte)          •   Einführung eines Systems mit persönlichen Mitarbeiter-Entwicklungsplänen in Betracht ziehen;
                           •   Entwicklung von Schulungsprogrammen auf der Grundlage der vorhandenen Fähigkeiten
                               der Arbeitskräfte;
                           •   Entwicklung eines Ansatzes für den Wissenstransfer zwischen Arbeitnehmern/innen;
                           •   Entwicklung einer offenen Kultur für moderne Lernformen;
                           •   Beteiligung der Arbeitnehmervertreter/innen an Diskussionen über soziale Aspekte;
                           •   Sicherstellen, dass Maßnahmen und Richtlinien integrativ sind, um auch den Bedürfnissen
                               weniger gebildeter Arbeitskräfte gerecht zu werden;
                           •   Geschlechteraspekte müssen in den Dialog und die Politikgestaltung einbezogen werden,
                               was insbesondere für Frauen und sozial schwache Beschäftigte von Bedeutung ist;
                           •   Einbeziehung der Sozialpartner in den Prozess der Modernisierung von Bildungsprogram-
                               men für den Lebensmittel- und Getränkebereich;
                           •   Schaffung von Sozialfonds, die Schulungsprogramme für alle Unternehmen einschließlich
                               KMU zugänglich machen;
                           •   Gemeinsamer Ansatz zur Behandlung der „Online-Sein-Option“ im Hinblick auf das Recht
                               der Arbeitnehmer/innen, außerhalb der Arbeitszeit abzuschalten

6
THEMA 1: SICHERUNG DER BESCHÄFTIGUNG UND IHRER VIELFALT

POLITISCHE     •   Sicherstellen, dass junge Menschen arbeitsbereit sind und Grundkenntnisse in den Bereichen
                   Lesen/Schreiben, Rechnen, digitale, sprachliche und soziale Kompetenzen erworben haben;
ENTSCHEI-      •   Entwicklung zeitgemäßer Lehrpläne für die Berufsbildungseinrichtungen, die sich an junge
DUNGS-TRÄ-         Talente und erfahrene Arbeitnehmer richten;
GER UND        •   Schaffung von Rahmenbedingungen, die eine Modernisierung der Organisation und Durch-
                   führung der beruflichen Bildung ermöglichen;
REGIERUNG      •   Unterstützung und Zusammenarbeit mit Lebensmittel- und Getränkeunternehmen mit
                   dem Ziel, die Lebensmittel- und Getränkeindustrie als Karriereweg zu fördern;
               •   Einrichtung anerkannter Zertifizierungssysteme zur Bewertung und Anerkennung von
                   Kompetenzen;
               •   Um die Überalterung der betroffenen Arbeitsplätze und Berufe zu verhindern, sollten Politi-
                   ken zur Weiterqualifizierung und Umschulung skizziert werden;
               •   Entwicklung präventiver Gesundheits - und Sicherheitsrichtlinien (z.B. Stress, Burn-out, usw.);

ANBIETER VON   •   Modernisierung der Fachhochschulen und der Systeme der beruflichen Aus- und Weiter-
                   bildung, um die Fähigkeiten für die Arbeit in einer digitalisierten und automatisierten
AUS- UND           Umgebung zu verbessern;
WEITERBIL-     •   Entwicklung einer Ausbildung für junge Menschen, die in die Lebensmittel- und Geträn-
DUNGA              keindustrie einsteigen, und für erfahrene Arbeitnehmer, die eine Umschulung und Weiter-
                   qualifizierung benötigen;
               •   Entwicklung zeitgemäßer Bildungsprogramme, die handwerkliche und digitale Fähigkeiten, so-
                   ziale Kompetenzen, Sprach- und Grundkenntnisse, Rechenkenntnisse und Computer umfassen;
               •   Modernisierung der Lehrlingsausbildung in Zusammenarbeit mit Vertretern der Lebens-
                   mittel- und Getränkeindustrie und der Gewerkschaften, um die Zweckmäßigkeit der Ausbil-
                   dung, die Einbeziehung fortschrittlicher und sich weiterentwickelnder Fertigungstechniken
                   und die Attraktivität einer Ausbildung in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie für den
                   Berufseinstieg sicherzustellen;
               •   Die Lehrlingsausbildung sollte Formen des dualen Lernens (Arbeit/Lernprogramme) umfas-
                   sen; gleichzeitig sollte das Berufsbildungssystem in Richtung allgemein gültiger statt enger,
                   spezialisierter Fachberufe entwickelt werden;
               •   Einbeziehung von Möglichkeiten zur Entwicklung von sozialen Kompetenzen in die Lehrpläne;
               •   Neue Wege zur Organisation von Schulungen in Betracht ziehen, indem mit Technologie-
                   anbietern, Lebensmittelunternehmen, Lehrkräften und anderen Interessengruppen zusam-
                   mengearbeitet wird;

ANBIETER VON   •   Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern bei der Entwicklung eines Systems zur Erfassung
                   von Kompetenzen (Skills-Mapping-Plattform) und Jobfunktionen;
DIGITALEN      •   Sicherstellen, dass die Systeme und Produktionsmittel benutzerfreundlich und motivierend
UND AUTO-          für die Arbeitskräfte sind und Ausfallzeiten ermöglichen;
MATISIERTEN    •   Einbeziehung der Erfahrung der Beschäftigten bei der Konstruktion automatischer Produk-
                   tionseinrichtungen, um gute Arbeitsbedingungen zu gewährleisten;
LÖSUNGEN       •   Entwicklung von Produktionssystemen, die den Anforderungen einer heterogenen Gruppe
                   von Menschen gerecht werden, die in Teams zusammenarbeiten müssen;
               •   Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern, um einen ordnungsgemäßen und einbeziehen-
                   den Prozess für die Einführung digitalisierter und automatisierter Produktionssysteme
                   sicherzustellen, einschließlich Anweisungen, Schulungen und Unterstützung bei der Neu-
                   organisation von Arbeitsabläufen.

                                                                                                          7
ABBILDUNG 5:
                                  HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR THEMA 2:
                                  DIE VORTEILE VON INDUSTRIE 4.0 TEILEN -
                                  EIN AUF DEN MENSCHEN AUSGERICHTETER
                                  ANSATZ
                                  THEMA 2: DIE VORTEILE VON INDUSTRIE 4.0 TEILEN - EIN AUF
                                  DEN MENSCHEN AUSGERICHTETER ANSATZ

    SOZIALPART-                    •    Den sozialen Dialog zum Vorreiter dafür machen, dass die Arbeitnehmer/innen im Mittel-
                                        punkt der Anpassung der Lebensmittelindustrie 4.0 stehen;
    NER6                           •    Förderung von Richtlinien, die den Wert des digitalen Eigentums neu verteilen. In diesem
                                        Zusammenhang sind Tarifverhandlungsrechte wichtig.
                                   •    Förderung der Transparenz und Beteiligung an Entscheidungen über die Einführung digita-
                                        lisierter und automatisierter Systeme (Gründe, Kosten, Nutzen und Risiko);
                                   •    Robuste Risikobewertungs- und Managementsysteme, um sicherzustellen, dass digitale
                                        Prozesse und automatisierte Systeme sicher, schnell und zuverlässig sind; Ergonomie und
                                        ein Faktor-Mensch-Ansatz spielen eine Schlüsselrolle;
                                   •    Einbeziehung der Arbeitnehmervertreter/innen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen,
                                        zur Verringerung schädlicher und gefährlicher Arbeiten und zur Arbeitsorganisation im
                                        Rahmen der Lebensmittelindustrie 4.0;
                                   •    Ausbau der technologischen Möglichkeiten zur Schaffung von Arbeitsplätzen für sozial
                                        schwache Menschen (z.B. ältere Arbeitskräfte);
                                   •    Fortsetzung des sozialen Dialogs zur Gewährleistung transparenter Arbeitsbedingungen in
                                        einem automatisierten Arbeitsumfeld mit dem Ziel einer Arbeitszeitcharta;
                                   •    Weiterentwicklung eines gemeinsamen Ansatzes (Beschäftigte und Arbeitgeber) für das
                                        Recht der Arbeitskräfte auf Privatsphäre und Menschenwürde durch Tarifverhandlungen
                                        (Diskussionen über den Einsatz von Kameras und digitale Überwachung am Arbeitsplatz);
                                   •    Weiterentwicklung eines gemeinsamen Ansatzes (Beschäftigte und Arbeitgeber) zur allge-
                                        meinen Implementierung digitaler oder automatisierter Systeme;
                                   •    Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Arbeitsplätzen und Aufgaben, die die Motivation
                                        der Beschäftigten, Möglichkeiten der persönlichen Entwicklung und die bestmögliche An-
                                        wendung der Fertigkeiten gewährleisten;
                                   •    Aktualisierung der Stellenbeschreibungen und Einbeziehung der neuen Fähigkeiten, Ver-
                                        antwortlichkeiten und Arbeitsweisen sowie Anpassung der Vergütung der Beschäftigten;

    POLITISCHE                     •    Bereitstellung öffentlicher Mittel zur Förderung der Anpassung der Lebensmittelindustrie
                                        4.0, einschließlich Mittel für die Schulung der Beschäftigten;
    ENTSCHEI-                      •    Bereitstellung von Mitteln zur Verbesserung der Qualität von Statistiken über Arbeit und
    DUNGS-TRÄ-                          Wirtschaft im Zusammenhang mit der automatisierten Fertigung und der Industrie;
    GER UND                        •    Einbeziehung der nationalen (Arbeits-)Agenturen, um KMU bei der Umschulung und Wei-
                                        terqualifizierung von Arbeitskräften zu unterstützen;
    REGIERUNG                      •    Das Recht auf und der Zugang zu Ausbildung, bezahltem Bildungsurlaub sowie das Recht
                                        der Arbeitnehmer/innen abzuschalten in die nationalen Rechtsvorschriften aufnehmen;
                                   •    Stärkung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung im Falle von
                                        Stellenabbau im Zuge der Anpassung an die Lebensmittelindustrie 4.0;
                                   •    Bereitstellung von Foren oder Plattformen zur Förderung des Wissensaustauschs und der
                                        Zusammenarbeit zwischen den Interessengruppen der Lebensmittelindustrie 4.0;

8   6
        Die Sozialpartner sind die Organe, die beide Seiten der Branche vertreten: Arbeitgeber und Beschäftigte.
THEMA 2: DIE VORTEILE VON INDUSTRIE 4.0 TEILEN - EIN AUF
               DEN MENSCHEN AUSGERICHTETER ANSATZ

ANBIETER VON   •   Entwicklung neuer Lernmethoden, einschließlich Online-Trainingskurse für Arbeitskräfte
                   der Lebensmittel- und Getränkeindustrie (damit die Schulungen während der Arbeitszeit
AUS- UND           stattfinden können);
WEITERBIL-     •   Aufrechterhaltung von Ausbildungsprogrammen, mit denen Beschäftigten in der Lebens-
DUNG               mittel- und Getränkeindustrie die handwerklichen Fähigkeiten und traditionellen Kurse
                   angeboten werden;
               •   Entwicklung von Bildungsprogrammen und Kursen, die darauf abzielen, allgemeine anstel-
                   le von speziellen Kompetenzen aufzubauen;

ANBIETER VON   •   Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern, um einen geeigneten Prozess zur Implementie-
                   rung automatisierter Systeme zu fördern;
DIGITALEN      •   Berücksichtigung von Kenntnissen und Erfahrung der Arbeitskräfte bei der Planung von
UND AUTO-          Produktionsanlagen.
MATISIERTEN
LÖSUNGEN

                                                                                                  9
ABBILDUNG 6:
                                   HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR THEMA 3:
                                   MIT DER TECHNOLOGIE WACHSEN -
                                   PERSÖNLICH UND TECHNOLOGISCH

                                   THEMA 3: MIT DER TECHNOLOGIE WACHSEN - PERSÖNLICH
                                   UND TECHNOLOGISCH

     SOZIALPART-                    •    Den sozialen Dialog zum Vorreiter für die Förderung der Lebensmittelindustrie 4.0 im Hin-
                                         blick auf Karrierewege, Einstellung und angemessene Arbeitsbedingungen machen;
     NER6                           •    Tarifverhandlungen als Instrument zur Gestaltung der digitalen Transformation der
                                         Arbeit nutzen;
                                    •    Ausstattung der Mitarbeiter mit Fähigkeiten, die es ihnen ermöglichen, ihre Aufgaben in
                                         einem digitalisierten Umfeld zu erfüllen;
                                    •    Entwicklung einer Lernkultur, die den Einsatz digitaler Interaktionen beinhaltet;
                                    •    Die Arbeitnehmervertreter/innen in die Planung neuer, zu erwerbender Kompetenzen ein-
                                         beziehen, um den Stress der Arbeitnehmer/innen durch Lernanforderungen zu verringern;
                                    •    Zusammenarbeit mit Anbietern von Industrie-4.0-Lösungen, um die Möglichkeiten und
                                         Herausforderungen für den Einsatz von Cloud Computing zu erkunden und zu erfahren,
                                         wie solche Technologien zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen beitragen können;
                                    •    Förderung des Wissensaustauschs zwischen Unternehmen, um das Verständnis für die
                                         Vorteile und Herausforderungen des Zugangs zu Industrie-4.0-Lösungen zu verbessern;
                                    •    Schulung von Vorgesetzten und Führungskräften im Umgang mit digitalen Tools und Un-
                                         terstützung ihrer Teams;

     POLITISCHE                     •    Förderung der Nutzung digitaler Systeme für das Lernen in Schulen, Berufsbildungsstätten
                                         und an Arbeitsplätzen;
     ENTSCHEI-                      •    Schutz des sozialen Dialogs und der Rechte bei Tarifverhandlungen, einschließlich des
     DUNGS-TRÄ-                          Rechts auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmervertreter/innen;
     GER UND                        •    Unterstützung bei der Entwicklung eines Systems oder einer Plattform, um den Wis-
                                         sensaustausch zwischen Unternehmen (insbesondere KMU und Kleinunternehmen) über
     REGIERUNG                           den Umgang mit Industrie 4.0 zu fördern;
                                    •    Einrichtung einer Industrie-4.0-Pilotanlage für die Lebensmittelverarbeitung, um das
                                         Verständnis moderner Technologien für Produktentwicklung, Wertschöpfungsketten, Un-
                                         ternehmensleistung und Arbeitsbedingungen zu erörtern und zu fördern;
                                    •    Klarer Rechtsrahmen für die Datensicherheit;
                                    •    Praktischer Datenschutz;
                                    •    Mehr Investitionen in Forschung und Kompetenzaufbau für die Lebensmittel- und Geträn-
                                         keindustrie;

10   6
         Die Sozialpartner sind die Organe, die beide Seiten der Branche vertreten: Arbeitgeber und Beschäftigte.
THEMA 3: MIT DER TECHNOLOGIE WACHSEN - PERSÖNLICH
               UND TECHNOLOGISCH

ANBIETER VON   •   Förderung der integrativen Nutzung digitaler Systeme und automatisierter Fertigungseinrich-
                   tungen in Aus- und Weiterbildungsprogrammen der Lebensmittel- und Getränkeindustrie;
AUS- UND       •   Entwicklung in Zusammenarbeit mit den Lernprogrammen der Sozialpartner, die auf die
WEITERBIL-         kurz- und mittelfristige Qualifizierung der derzeitigen Arbeitnehmer abzielen;
DUNG           •   Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern bei der Umsetzung eines lebenslangen Lernan-
                   satzes in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie;
               •   Zusammenarbeit mit Anbietern von automatisierten Systemen und digitalisierten Lösun-
                   gen, um die Ausbildung auf dem neuesten Stand der Technik zu halten;
               •   Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern über die Entwicklung eines Systems für die Lehr-
                   lingsausbildung in der Lebensmittelindustrie 4.0 erwägen und Maßnahmen einbeziehen,
                   die es ermöglichen, die Weiterbildung zu einem „Lehrlingsabschluss“ hinzuzufügen;

ANBIETER VON   •   Zusammenarbeit mit Anbietern von Aus- und Weiterbildung, um digitale Systeme und
                   automatisierte Anlagen in Programme für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie
DIGITALEN          aufzunehmen;
UND AUTO-      •   Zusammenarbeit mit Sozialpartnern zur Förderung des Wissensaustauschs (länder-
MATISIERTEN        oder sektorenübergreifend) über bewährte Verfahren zur Umsetzung von Industrie 4.0.
LÖSUNGEN

                                                                                                       11
EFFAT ist der Europäische Verband der   FoodDrinkEurope ist das
Gewerkschaften für Nahrungsmittel,      repräsentative Sprachrohr für Europas
Landwirtschaft und Tourismus, der       Lebensmittel- und Getränkeindustrie
auch Hausangestellte vertritt. Als      – den größten Fertigungssektor
Europäischer Gewerkschaftsverband,      in der EU in Bezug auf Umsatz,
der 120 nationale Gewerkschaften        Beschäftigung und Mehrwert. Die
aus 35 europäischen Ländern             Organisation vereint 25 nationale
vertritt, repräsentiert EFFAT die       Lebensmittel- und Getränkeverbände,
Interessen von mehr als 22 Millionen    darunter ein Beobachter-Mitglied,
Arbeitnehmern/innen gegenüber           27 europäische Branchenverbände
den europäischen Institutionen,         und 22 führende Lebensmittel- und
europäischen Arbeitgeberverbänden       Getränkeunternehmen.
und transnationalen Unternehmen.
EFFAT ist Mitglied des EGB und die
europäische IUL-Regionalorganisation.

EFFAT                                   FoodDrinkEurope
Avenue Louise 130A, Box 3               Avenue des Nerviens 9-31
BE-1050 Bruxelles                       1040 Bruxelles
Tel: +32 2 218 77 30                    Tel: +32 2 514 11 11
Fax: +32 2 218 30 18                    Fax: +32 2 511 29 05
www.effat.org                           info@fooddrinkeurope.eu
                                        www.fooddrinkeurope.eu

                                        Haftungsausschluss
                                        Diese Publikation spiegelt nur die Meinung des Autors wider.
                                        Die Europäische Kommission ist nicht verantwortlich für die
                                        Verwendung der darin enthaltenen Informationen.
                                        Brüssel 2019
Sie können auch lesen