NEW YORK Blaue Stunde - NDR
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DI 12.10.2021 20 UHR BLAUE STUNDE 1 MI 13.10.2021 18 UHR SPRENGEL MUSEUM Mariya Krasnyuk Violine Das Konzert wird aufgezeichnet und zu einem späteren HANNOVER Susanne Geuer Klarinette Zeitpunkt auf NDR Kultur gesendet. CALDER-SAAL Nikolai Schneider Violoncello Isabel von Bernstorff Klavier Die Reihe Blaue Stunde ist eine Kooperation der NDR Radiophilharmonie und NDR Kultur Sonja Beißwenger Textlesungen mit dem Sprengel Museum Hannover. Bildauswahl und Einführung: „New York“ Gabriele Sand, Sprengel Museum Hannover Auswahl der Texte und Einführung: Anna Hartwich, NDR Kultur Béla Bartók | 1881 – 1945 Kontraste Textquellen: für Violine, Klarinette und Klavier SZ 111 (1938) Ernst Toller: Amerikanische Reisebilder I. Verbunkos. Moderato ben ritmico (Gesammelte Werke Bd. 1, Kritische Schriften und Reportagen, II. Pihenő. Lento Hg. John M. Spalek und Wolfgang Frühwald, Reihe Hanser 250, III. Sebes. Allegro vivace Carl Hanser Verlag, 1978) Mascha Kaléko: New Yorker Sonntagskantate (Verse für Zeitgenossen, Rowohlt Verlag Hamburg, 1958) Teju Cole: Open City Steve Reich | *1936 (Aus dem amerikanischen Englisch von Christine Richter-Nilsson, New York Counterpoint Suhrkamp Verlag, 2012) für Klarinette und Tape (1985) Truman Capote: Frühstück bei Tiffany Fast – Slow – Fast (Deutsch von Hansi Bochow-Blüthgen u. a., Limes Verlag Wiesba- den, 1959) Wir danken der Firma Licht Breust für die Leihgabe Paul Schoenfield | *1947 der Stehleuchte auf der Bühne. Café Music für Violine, Violoncello und Klavier (1985) I. Allegro GEFÖRDERT DURCH: II. Rubato – Andante moderato III. Presto
York der Inbegriff einer nie zur Ruhe kommenden Metropole, in der Kulturen aus al- ler Welt aufeinandertreffen, um nicht zu sagen aufeinanderprallen und miteinander verschmelzen. Leonard Bernstein hat das in seiner „West Side Story“ aufgegriffen, und ob man den Broadway oder die Carnegie Hall besucht: Die musikalische Viel- falt dieser Stadt ist einfach grenzenlos. Max Beckmanns Gemälde „Der verlorene Sohn“ Der Maler Max Beckmann, der in die Vereinigten Staaten emigriert war und Ende 1949 eine Professur für Malen und Zeichnen an der Art School des Brooklyn Muse- ums in New York erhielt, hinterließ 14 Gemälde, die vor seinem Tod 1950 in dieser Metropole entstanden waren. Darunter befindet sich auch das Gemälde zu dieser Blauen Stunde: „Der verlorene Sohn“ aus dem Jahr 1949. Es stellt auf erschüttern- de Weise die Entfremdung eines verzweifelt beide Hände um Ohren und Wangen haltenden Mannes dar. Dieser Mann, vielleicht ein Exilant, ist von lasziven, halb be- kleideten Damen umgeben, die die multikulturelle Vielfalt der Stadt widerspiegeln. Als Max Beckmann zum ersten Mal nach New York City kam, verglich er die Stadt einmal mit einem „Vorkriegs-Berlin, das sich verhundertfacht hat.“ „New York Counterpoint“ von Steve Reich In New York nun sind alle Musikstile der Welt gleichberechtigt neben- und miteinan- der vertreten, egal ob es sich um abstrakte Moderne, Jazz, Klassik, Musical, Oper oder Folk und Country handelt. Wel- che Musik aber mag wohl besser ge- eignet sein, einen Großstadttrubel – wie er in New York auf vielfältige Wei- Steve Reich in seiner Heimatstadt New York, 2005. se zum Alltag gehört – in Musik zu übertragen, als ausgerechnet die Mi- Max Beckmann „Der verlorene Sohn“, 1949 (Sprengel Museum Hannover) nimal Music eines Amerikaners? Das Pulsieren, das Pochen, die nicht ver- ebbende Geräuschkulisse und die rhythmischen, vom Verkehrsfluss „Die aufregendste Stadt der Welt“ ausgelösten Stöße finden sich in die- ser Musik wieder. Musikalische Pat- terns, die sich allmählich verändern, ohne dass ihr Grundcharakter aufge- „Ich war in Paris, ich war in London, ich war in Rom und ich muss sagen, es gibt kei- kündigt wird, sind ein illustratives nen anderen Ort auf der Welt wie New York“, gestand der Hollywoodschauspieler Mittel zur Darstellung dieser Groß- Robert De Niro einmal, „es ist die aufregendste Stadt der Welt.“ In der Tat ist New stadtkulisse, das seine eigene Dyna- 4 5
mik entfaltet. Kein Geringerer als Steve Reich hat den „Kontrapunkten“ dieser Stadt Paul Schoenfields „Café Music“ ein Stück mit dem Titel „New York Counterpoint“ gewidmet, das wir heute in einer Ganz explizit unterhaltend und kompositorisch überaus anspruchsvoll ist Paul Version für Klarinette und Tape bzw. extra vorproduzierte Zuspielungen hören. Schoenfields „Café Music“ für Violine, Violoncello und Klavier aus dem Jahr 1985 ge- Hämmernde Klarinetten-Staccati eröffnen das Stück. Aber wir hören nicht nur eine, raten. Der 1947 in Detroit geborene israelisch-amerikanische Komponist ist in ei- die live gespielte Klarinette, sondern gleich zehn weitere, die synchron, versetzt nem Restaurant auf die Idee zu diesem echten Wurf der Kammermusik gekommen. oder eben kontrapunktisch zugespielt werden und ein turbulentes Treiben mit Man kann diese Musik aber sicher nicht so nebenbei beim Essen hören, weil sie so- rhythmischem Grundmustern entstehen lassen. Wir geraten in einen Groove, bei fort die volle Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Dennoch wünscht sich der Kom- dem man einfach mitgehen muss. Die Tonmeisterin des NDR Radiophilharmonie, ponist, dass sie sowohl im Café als auch im Konzertsaal zur Aufführung gelangt. Rita Hermeyer, und die Klarinettistin des Orchesters, Susanne Geuer, haben das Au- Schoenfield lässt in diesem brillanten Werk wirklich nichts aus. Da gibt es Walzer- dio mit zehn Klarinettenstimmen vorproduziert, sodass die live spielende Solistin klänge, klassische Formate, Jazz, Gypsy und im zweiten Satz auch eine aus dem or- im Konzert in elffacher Ausführung zu hören ist. Dabei sind einige Stimmen auch thodoxen, chassidischen Judentum stammende Melodie. Wie alle Werke dieser mit Bassklarinette besetzt. Über „New York Counterpoint“ aus dem Jahr 1985, das Blauen Stunde ist die „Café Music“ ein Sammelsurium hervorragend ausgewählter Steve Reich wahlweise auch für eine Aufführung mit elf live spielenden Klarinetten musikalischer Zutaten, vielfältig und aufregend wie New York – die laut Robert De gedacht hat, sagte der 1936 in New York geborene Komponist, Pianist und Schlag- Niro nun mal „aufregendste Stadt der Welt“. zeuger: „New York Counterpoint besteht aus drei Sätzen: schnell, langsam, schnell, ohne Pause nacheinander gespielt. Der Tempowechsel erfolgt abrupt und im einfa- HELMUT PETERS chen Verhältnis von 1:2.“ Dabei macht Reich auch von dem wirkungsvollen Effekt Gebrauch, durch die Änderung von Akzenten die Wahrnehmung dessen zu verän- dern, was sich tatsächlich nicht ändert. „Kontraste“ von Béla Bartók Béla Bartók, Joseph Szigeti und Benny Goodman (v. l. n. r.) bei der Aufnahme von Ein Meister vergleichbarer rhythmischer Effekte war auch der Ungar Béla Bartók, „Kontraste“ in den New Yorker Columbia Studios, Foto von 1940. dessen Trio „Kontraste“ zu Beginn dieser Blauen Stunde erklingt. Und es mag kaum überraschen, dass ein Jazzklarinettist wie Benny Goodman, der ja in Sachen Klas- sik versiert und interessiert war und sogar das Klarinettenkonzert von Mozart ein- gespielt hat, dieses Werk bei dem Komponisten bestellte. Noch bevor der erklärte Antifaschist Bartók seine Reise in die USA startete und den, wie er sagte, „Sprung ins Ungewisse aus dem gewusst Unerträglichen“ unternahm, erreichte ihn 1938 Goodmans Auftrag für das Trio. Und noch in Budapest vollendete er die „Kontras- te“, die er Goodman und dem Geiger Joseph Szigeti widmete. Die Widmungsträger brachten das Stück kurz nach Bartóks Ankunft zunächst in Teilen und 1940 dann komplett in den New Yorker Columbia Studios zur Uraufführung. In den drei Sätzen des Werkes Verbunkos (Werbertanz), Pihenő (Entspannung) und Sebes (Schneller Tanz) begegnen wir nicht nur Elementen der ungarischen Folklore und des Jazz, sondern auch einer auffälligen klanglichen und strukturellen Disposition der drei Instrumente. Die Melodieführung obliegt oft der Klarinette, während das Klavier rhythmisch, fast perkussiv begleitet und die Geige mit einer Vielzahl spieltechni- scher Varianten von Tremoli, Pizzicati und Arpeggien das Klangbild konterkariert. 6 7
BIOGRAFIE BIOGRAFIE Sonja Beißwenger Susanne Geuer Klarinette Schauspielerin Susanne Geuer, die in Bergisch Gladbach geboren wurde, stu- dierte an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hanno- Sonja Beißwenger absolvierte ihre Schauspielausbildung an der ver bei Johannes Peitz. Orchestererfahrungen sammelte sie u. a. Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover und wurde als Klarinettistin in der Jungen Deutschen Philharmonie und im bereits während ihres Studiums an das Schauspiel Hannover en- Schleswig-Holstein Festival Orchestra. Darüber hinaus war sie gagiert. Hier war sie u. a. als Desdemona in Shakespeares von 2016 bis 2018 Mitglied in der Orchesterakademie des Baye- „Othello“ und Mephisto in Goethes „Faust“ zu erleben. Von 2009 rischen Staatsorchesters in München, spielte bei zahlreichen bis 2015 war sie festes Ensemblemitglied des Staatsschauspiels Opernaufführungen in der dortigen Staatsoper und lernte die Dresden. 2014 gab sie ihr Debüt bei den Salzburger Festspielen besonderen Arbeitsbedingungen des Opernbetriebs kennen. in Horváths „Don Juan kommt aus dem Krieg“, 2015 spielte sie Gleich im Anschluss an ihr Engagement in München führte Su- dort Polly in „Mackie Messer – Eine Salzburger Dreigroschen- sanne Geuers Weg zur NDR Radiophilharmonie, deren festes oper“. Heute arbeitet sie als freischaffende Schauspielerin für Mitglied sie seit 2018 ist. Im Jahr 2019 nahm sie zudem ein Mas- Theater, Film, Fernsehen und Hörfunk. In dem 2020 erstmals terstudium an der Musikhochschule „Hanns Eisler“ Berlin bei ausgestrahlten ARD/NDR-TV-Dokudrama „Mit Gott gegen Hitler Martin Spangenberg auf. - Bonhoeffer und der christliche Widerstand“ spielte sie die Rol- le der Aenne Vogelsberg. Nikolai Schneider Violoncello Mariya Krasnyuk Violine Nikolai Schneider ist seit 1996 Solo-Cellist der NDR Radiophil- harmonie. Der gebürtige Hannoveraner wurde mit 14 Jahren als Seit 2019 ist Mariya Krasnyuk Stellvertretende Konzertmeisterin Jungstudent an der hiesigen Hochschule für Musik, Theater und der NDR Radiophilharmonie. Zuvor war sie festes Mitglied im Ge- Medien aufgenommen und studierte bei Friedrich Sellheim. Wei- wandhausorchester Leipzig. Sie wurde in Uschhorod (Ukraine) tere prägende Lehrerpersönlichkeiten waren Heinrich Schiff in geboren und begann ihre Ausbildung am Spezialgymnasium für Basel und David Geringas in Lübeck. Seine Ausbildung komplet- Musik in Lemberg (Lwiw). Anschließend absolvierte sie ihr Studi- tierte er mit einem Kammermusikstudium bei Konrad Grahe an um bei Ariadne Daskalakis an der Musikhochschule Köln, bei der Folkwang Universität der Künste in Essen sowie mit Meister- Antje Weithaas an der Musikhochschule „Hanns Eisler“ Berlin so- kursen z. B. bei Walter Levin, Boris Pergamenschikow, Frans Hel- wie bei Rainer Schmidt an der Musikhochschule Basel. Sie wur- merson und André Navarra. Sehr am Herzen liegt Nikolai Schnei- de u. a. beim Max-Rostal-Wettbewerb Berlin und beim Vasco-Ab- der auch die pädagogische Arbeit, u. a. mit den jungen adjiev-Wettbewerb Sofia ausgezeichnet. Als gefragte Solistin Musiker*innen der Joseph Joachim Akademie. Neben seiner Tä- konzertierte sie z. B. mit dem Sinfonieorchester Basel, dem WDR tigkeit bei der NDR Radiophilharmonie ist er ein gefragter Kam- Funkhausorchester Köln und der Kammerakademie Potsdam. mermusiker und tritt darüber hinaus solistisch auf. 8 9
BIOGRAFIE Konzertvorschau Isabel von Bernstorff Die nächste Blaue Stunde: KLAVIER BLAUE STUNDE 2 DI 01.02.2022 | 20 UHR (EINFÜHRUNG UM 19 UHR) Isabel von Bernstorff, geboren in Bad Hersfeld, entwickelte be- MI 02.02.2022 | 18 UHR reits während ihres Studiums an der Musikhochschule „Hanns (EINFÜHRUNG UM 17 UHR) Eisler“ Berlin (bei Georg Sava) und dem Aufbaustudium Klavier- SPRENGEL MUSEUM | CALDER-SAAL kammermusik/Liedbegleitung an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt (bei Rainer Hoffmann) eine intensi- Friederike Starkloff Violine ve Konzertkarriere. Ein Kammermusikstudium führte sie zudem Nikolai Schneider Violoncello zum Alban Berg Quartett an die Musikhochschule Köln. Als Solis- Markus Becker Klavier tin und Kammermusikerin konzertiert die mit zahlreichen re- Agnieszka Arlt Schlagzeug nommierten Preisen ausgezeichnete Pianistin u. a. im Kammer- Oliver Arlt Schlagzeug musiksaal der Philharmonie Berlin, beim Festival Mitte Europa Raimund Peschke Schlagzeug und beim Mozartfest Würzburg sowie an zahlreichen Konzertor- Klaus Reda Schlagzeug ten im Ausland. Seit 2006 ist Isabel von Bernstorff Lehrbeauf- Sonja Beißwenger Textlesungen IMPRESSUM tragte an der Frankfurter Hochschule für Musik und Darstellen- Herausgegeben vom Norddeutschen Rundfunk de Kunst. Zusätzlich ist sie dort seit 2018 als Koordinatorin der Essenz Programmdirektion Hörfunk Bereich Orchester, Chor und Konzerte neugegründeten „Young Academy der HfMDK Frankfurt“, dem NDR Radiophilharmonie PreCollege zur Förderung musikalisch hochbegabter Jugendli- Dmitrij Schostakowitsch Bereich Orchester, Chor und Konzerte cher, tätig. Sinfonie Nr. 15 op. 141a Leitung: Achim Dobschall (Arrangement: Viktor Derevianko) NDR Radiophilharmonie Manager: Matthias Ilkenhans Redaktion des Programmheftes: Andrea Hechtenberg Karten erhalten Sie beim NDR Ticketshop. ndr.de/radiophilharmonie Der Einführungstext ist ein Originalbeitrag für den NDR. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des NDR gestattet. Fotos: Herling/Herling/Werner, Sprengel Muse- um Hannover (Titel); culture-images/fai (S. 4); picture-alliance/dpa | Pulitzer_Board_/_Ho (S. 5); akg-images/De Agostini Picture Lib./A. Dagli Orti (S. 7); Micha Neugebauer (S. 8, S. 9); Uwe Noelke ARCHITEKTURfotografie (S. 10) Druck: Eurodruck in der Printarena Das verwendete Papier ist FSC-zertifiziert und chlorfrei gebleicht. 10 11
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