Niki Laudas Gipfelbuch 1968 - Die Bergrennen von Niki Lauda. Christian Sandler über das erste Jahr einer großen Karriere - Motorsport IG Bad ...
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ÖSTERREICHISCHE MOTORSPORTGESCHICHTE Niki Laudas Gipfelbuch 1968 Die Bergrennen von Niki Lauda. Christian Sandler über das erste Jahr einer großen Karriere … 86 AUSTRO CLASSIC 2/2018 02_2018_Lauda68_FINAL.indd 86 21.03.18 20:26
Die Laudas waren wer in der gehobenen ßeres vorzubereiten. Niki borgte sich von einem Geschäftswelt des 20. Jahrhunderts Opa und Onkel einen BMW V8 samt Anhänger und Vater von Andreas Nikolaus Lauda waren als trat damit am 15. April 1968 die Reise zu sei- Aufsichtsratsvorsitzende und Präsidenten ver- nem ersten Autorennen nach Bad Mühllacken, schiedener Banken und Industriebetriebe in den im oberösterreichischen Mühlviertel, an. Im Wirtschaftsblättern stets präsent. Zu deren Be- Schlepptau war natürlich Fritz Baumgartner, um sitzungen zählten die Villa in Pötzleinsdorf, ein gute Ratschläge zu geben. Ob Freundin Ursula Haus am Schubertring, Ländereien in Reichenau Pischinger auch dabei war, ist nicht überliefert. an der Rax und ein Domizil in St. Moritz. 15.000 Fans pilgerten bei prächtigem Wetter Beste Voraussetzungen also für Klein-Niki, dem am Ostersonntag zur Strecke – bei 12.000 Ein- wohlerzogenen Jungen, dem auf seinen Lebens- weg die besten Manieren mitgegeben wurden. tritten jedoch sind dem Veranstalter die Kar- ten ausgegangen. Lauda trat in der Klasse der „Lauda … hielt Das Leben in der Finanzwelt war für ihn vorpro- Tourenwagen bis 1.300 ccm an und hielt sich sich im ersten grammiert, aber der Jungspund hatte nur Autos im ersten Lauf an eine Empfehlung von Baum- Lauf an eine im Kopf. So kam es, dass er sehr zum Leidwesen gartner, nicht über 8.000 zu drehen und wurde Empfehlung von seiner Familie zuerst eine Mechaniker-Lehre Dritter. In Lauf 2 durfte er an die 8.500 drehen begann. „Ein Lauda macht sich die Finger dre- und gewann somit diesen Lauf. Er war damals Baumgartner, ckig …“, soll der Patriarch Dr. Hans von Lauda schon außergewöhnlich diszipliniert. In Additi- nicht über 8.000 mokiert geäußert haben. on beider Läufe wurde er zweiter hinter Herbert zu drehen und Dann schlug Niki doch noch den intellektuellen Grünsteidl, ebenfalls auf Cooper. Im offiziellen Weg ein und machte die Matura in Abendkur- Rennprogramm war er unter A. N. Lauder ge- wurde Dritter. sen. Angeblich hat er mit dem Zeugnis etwas führt. In Lauf 2 durfte „getrickst“, aber 15.000 Schilling Maturaprä- Nächster Auftritt, zwei Wochen später, war am er an die 8.500 mie waren eine tolle Sache. Mit dem Geld ging sich gerade noch ein gebrauchter, etwas lahmer, Dobratsch. Am Morgen des 28. April strömten 9.000 Fans zur Villacher Alpenstraße. Die Sen- drehen und ge- VW Käfer aus. sation auf dieser fahrerisch sehr ansprechenden wann somit die- Peter Draxler, ein Schulfreund Nikis, zeigte ihm Strecke war perfekt und Lauda gewann sein ers- sen Lauf. Er war eines Tages den neuen Cooper S seines Vaters tes Rennen. In dieser heiß umkämpften Klasse, wo jeder jeden schlagen kann, gewann er mit damals schon und Niki kam sofort ins Schwärmen. Draxler hatte noch keinen „Schein“ und so wurde Lau- knappem Vorsprung vor Lambert (Lammy) außergewöhnlich da als Fahrer diverser Spritztouren auserkoren. Hofer. Gesamtsieger wurde übrigens Rudi Lins diszipliniert.“ Höhenstraße rauf und runter aber irgendwann im Porsche 906. Niki fuhr erst am Montag nach gegen 4 Uhr früh ging dem Hobbyrennfahrer dem Rennen nach Hause, wo in schon sein Vater die Straße aus. Der Mini war ziemlich rampo- mit dem aufgeschlagenen Sportteil der „Presse“ niert und Niki musste der Familie Draxler den empfing und dem Bub ordentlich zurecht stutz- Schrott abkaufen; die 38.000 Schilling kamen te. von der Oma. Jetzt ging es Schlag auf Schlag, am 5. Mai stand Jetzt standen in der Garage der elterlichen Villa das Alpl-Bergrennen in Peter Roseggers Wald- ein müder Käfer und ein zerbeulter Mini. Der heimat am Kalender. Niki Lauda nahm dem Käfer wurde veräußert, der Erlös floss in die Er- Zweitplatzierten in der 1.300er-Klasse, Hans satzteile für den Mini. Die begonnene Lehre als Himmetsberger, auf der 6,5 km langen Strecke Mechaniker kam ihm dabei zugute. gleich volle 11 Sekunden ab. Tagessieger wurde Zu jener Zeit gab es in Österreich Fritz Baum- wieder ein Porsche 906, diesmal gefahren von gartner, eine große Nummer im Tourenwagen- Richard Gerin. sport. Er annoncierte in der Autorevue seinen Am 26. Mai kehrte Lauda rennfahrerisch wieder dunkelblauen Renn-Mini ohne Motor. Also nach Oberösterreich zurück. In Engelhartszell runter nach Baden. Der Deal sah in etwa so ist der nächste Gipfelsturm angesagt. Starkregen aus: Renn-Mini gegen reparierten Straßen-Mini dominierte den Rennsonntag, auch für Niki plus 20.000 Schilling Bares, die der angehende eine neue Situation. Unter solchen Bedingungen Rennfahrer jedoch nicht hatte. Nikis Vater hat trennt sich normalerweise die Spreu vom Wei- irgendwann auf Baumgartners Druck die Schul- zen. Wieder schlug der Neuling zu und gewann den bezahlt. beide Läufe souverän vor Lambert Hofer. Axel Im Kaufpreis waren auch einige Testrunden in Höfer schrieb damals in der Autorevue: „Als Kottingbrunn inkludiert. Daheim in der Pötz- großartiger Regenfahrer entpuppte sich Nicki leinsdorfer Straße wurde mit Baumgartners Hil- Lauda und errang einen weiteren Klassensieg.“ fe ein Rennmotor eingebaut. Die Laudas waren In der Zeitschrift Austro-Motor schrieb der „not amused“, der Bub wird doch nicht eine unvergessene Ritchie Riegler folgendes: „… er Karriere als Rennfahrer anstreben, jetzt wo er hat sich Baumgartners Mini angeschafft, kein Matura hat soll er doch …! Mensch hatte diese Siege erwartet, auf einem für Im Frühjahr 1968 stand der Mini fertig und ein- Fritz zurechtgeschneiderten Wagen, Nicki ist sam in der Villengarage, ohne Schleppfahrzeug, die personifizierte Sensation“. Anmerkung: in ohne Hänger und ohne Bargeld. Der Mini war den zeitgenössischen Printmedien stand am An- hauptsächlich für Bergrennen geeignet – eine fang seiner Karriere immer „Nicki“ statt „Niki“. Text & Photos: Christian Sandler durchaus taugliche Disziplin, um sich auf grö- Nun fühlte er sich reif genug, um eine sportliche sandlerchristian@aon.at 2/2018 AUSTRO CLASSIC 87 02_2018_Lauda68_FINAL.indd 87 21.03.18 20:26
ÖSTERREICHISCHE MOTORSPORTGESCHICHTE Sprosse höher zu steigen. Mitten in der Saison Bergrennen in Kärnten. Tagessieger wurde Ri- wurde der Mini an Helmut Koinigg verkauft, chard Gerin auf Porsche 906. Niki war wieder dafür besorgte er sich den Porsche 911 von Peter einmal als bester Tourenwagenfahrer nicht zu Peter. biegen, wurde mit einer Fabelzeit gesamt Fünf- Dieser Deal war, wie die vorangegangenen, ter und sammelte dabei wichtige Zähler für die natürlich wieder ein finanzielles Husarenstück. Staatsmeisterschaft. Aber Lauda glaubte an Lauda. Bei Gerhard Mit- Das Rennen am 4. August von Bad Mitterndorf ter wurde der 11er mit ein paar Zusatz-PS aus- auf die Tauplitz war der nächste Berglauf gegen gestattet, die Bezahlung erfolgte später. Lambert die Uhr. Während das Training unter Schlecht- Hofer, ebenfalls Mitglied der Wiener Jeunesse wetterverhältnissen stattfand, zeigte sich der dorée, war damals über Laudas Reife, Fahrkön- Wettergott für den Renntag gnädig und es nen und Disziplin extrem begeistert. herrschte bestes Bergwetter. Diese anfangs tolle Beflügelt mit diesem neuen Gerät reiste er zwei Stimmung trübte der Todessturz von Kary Seitz. Wochen nach Engelhartszell wieder ins Donau- Seitz kam mit seinem Porsche RSK von der Stre- tal, in Kasten-Viechtenstein fand der nächste cke ab, er wurde dabei aus dem Wagen geschleu- Aufstieg statt. Abermals bahnt sich eine Regen- dert. Die Verletzungen waren so groß, dass er schlacht an, dennoch war er Zweitschnellster im in der folgenden Nacht im Krankenhaus seinen ersten Lauf. Im zweiten Durchgang wollte er es letzten Kampf verlor. dann genau wissen, rutschte von der Strecke und Lauda befuhr die 9,8 km lange Mautstraße mit beschädigte sich dabei den Benzintank. Weiter- einer Zeit von 5:59,6 Minuten, gewann damit fahren unmöglich, es war der erste kleine Dämp- seine Klasse und wurde insgesamt Siebenter. fer in seiner jungen Karriere. Zwischen Koralpe und Tauplitz fuhr Niki sein Lauda nimmt die 9,8 km bis Nächster Auftritt am 23. Juni beim Koralpe erstes Rennen auf einer geschlossenen Renn zur Tauplitzalm in Angriff. Motorsportgeschichte dokumentiert in historischen Druckerzeugnissen … 88 AUSTRO CLASSIC 2/2018 02_2018_Lauda68_FINAL.indd 88 21.03.18 20:26
Oben: Stainz – Engelweingarten Straße. Rechts: Mit Start Nr. 33 zum Klassensieg in „Walding nach Gramastetten“. strecke – Ausfall mit Motorschaden in Langenle- orte. Meistens im bekannten 911er, aber auch barn. Am 11. August reisten die Gipfelstürmer sein Debüt in Kurt Bergmanns Kaimann fiel in ins Schilcherland nach Stainz. Alle gegen Jochen diese Zeitspanne. Rindt, war das freundlich gemeinte Motto. Es Niki Laudas Gipfeleintrag der Saison 1968 en- war dies das einzige Duell Laudas gegen Rindt dete mit dem Bergpreis am 27. Oktober von auf der Rennstrecke (s. Austro Classic 1/2017). Königstetten auf die Dopplerhütte, geführt als Gewonnen hat das Rennen unser damaliger Na- Kary-Seitz-Gedächtnisrennen. tionalheld mit den markanten und unvergessli- Bei schönem Spätherbstwetter verfolgten be- chen Gesichtszügen auf Brabham Formel 2. achtliche Zuschauermassen die letzte Berg Lauda driftete den 911er in gekonnter Ma- wertung des Jahres. Es waren wieder alle großen nier durch die Weingärten und gewann wieder Namen des heimischen Motorsports vertreten. einmal seine Klasse. Er belegte den neunten Platz 1 und 2 gingen an die „Plastikbomber“ Gesamtrang und platzierte sich damit zwischen aus Zuffenhausen, Rudi Lins gewann auf 910 Franz Alberts Ford GT 40 und Dr. Helmut Mar- vor Peter Peter auf 906. Lauda übte sich erst- kos Kaimann Mk III. mals als Doppelstarter. Platz acht erreichte er Weil es immer so schön war in Oberösterreich, mit dem Porsche 911 und Platz neun, 3 Zehn- fuhr Niki am 15. August gleich zum vierten tel langsamer, mit dem Kaimann Mk III aus der Mal zu einem Bergrennen ins Land ob der Enns: Rennwagenschmiede von „Masta“ Kurt Berg- „Walding – Gramastetten“ lautete die Parole. mann. Unmittelbar vor Niki platzierte sich Ste- Die ganze heimische Elite war wieder ange- fan Sklenar mit dem interessanten Ferrari 250 treten: Franz Albert, Gerhard Krammer, Sepp LM, mit dieser Art Fahrzeug gewann Rindt die Manhalter, Peter Peter, Richard Moser, Klaus spannenden 24 Stunden von Le Mans 1965. Sterzinger … also Spannung pur. Niki Laudas Premierensaison brachte bei zehn Dieses Rennen, vom MSC Rottenegg durchge- Bergrennen insgesamt acht Klassensiege und führt, zählte nicht zur Meisterschaft, sondern einen zweiten Platz, einmal schied er durch Un- zum „Goldenen Band“ der OSK. Peter Peter be- fall aus. herrschte nicht nur im Training, sondern auch 1969 fuhr Niki nur noch ein Bergrennen, für das im Rennen den Berg. Bestzeit, sowohl im ersten Team Kaimann am Rossfeld, dann war Schluss (trockenen) als auch im zweiten (verregneten) mit den Bergtouren. Diese Erfolge legten den Durchgang. Lauda heimste wieder einmal den Grundstein für seinen unaufhaltsamen Aufstieg Klassensieg ein und erreichte dabei den sechsten von Klasse zu Klasse, bis hin zu seinen drei Gesamtrang mit seinem von „Bali Kaffee“ ge- Weltmeistertiteln der Formel 1. sponserten Porsche. Lauda, ein Name der mit Mozart, Klammer und Langsam aber sicher wuchs seine Fangemeinde Schwarzenegger auf der ganzen Welt in einem und der rote Porsche mit dem amtlichen Num- Atemzug genannt wird. Und alles hat vor 50 merntaferl W 2.879 schlich sich unaufhaltsam Jahren, am 15. April 1968, in Bad Mühllacken ins Gedächtnis ein. beim Bergrennen begonnen. Der Herbst des Jahres 1968 gehörte aus Niki Anmerkung vom Verfasser dieser Zeilen: Soll- Laudas Sicht den Flugplatzkursen: Zeltweg, te jemand über den Verbleib des Renn-Mini Aspern und Innsbruck waren die Austragungs- Bescheid wissen, bitte melden. 2/2018 AUSTRO CLASSIC 89 02_2018_Lauda68_FINAL.indd 89 21.03.18 20:26
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