NUR MAL KURZ DIE WELT RETTEN - Studie zum politischen Interesse junger Menschen in Baden-Württemberg - Friedrich-Naumann ...
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NUR MAL KURZ DIE WELT RETTEN Studie zum politischen Interesse junger Menschen in Baden-Württemberg Axel Dammler ANALYSE
Impressum Inhalt Herausgeberin VORWORT 4 Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Truman-Haus ZUM AUTOR 5 Karl-Marx-Straße 2 14482 Potsdam-Babelsberg DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE DER STUDIE IM ÜBERBLICK 6 Reinhold-Maier-Stiftung 1. EINLEITUNG 7 Feuerseeplatz 14 70176 Stuttgart 2. HINTERGRUND: DIE HARTEN FAKTEN 8 2.1. Steigende Wahlbeteiligung bei jungen Menschen 8 /freiheit.org /FriedrichNaumannStiftungFreiheit 2.2. Starke Position der FDP bei jungen Wählern 8 /FNFreiheit 2.3. Positive Entwicklung bei den jungen Mitgliedern der FDP 10 Autor 2.4. Zusammenfassung 11 Axel Dammler, geschäftsführender Gesellschafter von iconkids & youth 3. STUDIENERGEBNISSE I: POLITISCHE INTERESSEN UND PARTIZIPATION DER 16- BIS 35 JÄHRIGEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG 12 Redaktion Liberales Institut 3.1. Politikinteresse: Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Junge Menschen schätzen ihr eigenes Politikinteresse als eher gering ein 12 und Landesbüro Baden-Württemberg 3.2. Themeninteressen: Reinhold-Maier-Stiftung Großes Interesse an den „großen“ gesellschaftlichen Themen unserer Zeit 13 Produktion 3.3. Nutzung politischer Partizipationsformen: COMDOK GmbH Mehr als das politische Interesse erwarten lassen würde 14 Kontakt 3.4. Mitgliedschaft in politischen Parteien: Telefon +49 30 220126-34 Insgesamt nur geringes Interesse an einer Parteimitgliedschaft 16 Telefax +49 30 690881-02 3.5. Der Blick auf die jungen Wähler der FDP: Sehr nahe an „erwachsener“ Politik 20 E-Mail service@freiheit.org 3.6. Zusammenfassung 26 Stand Februar 2021 4. STUDIENERGEBNISSE II: BEFRAGUNG VON MITGLIEDERN DER JUNGEN LIBERALEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG 27 Hinweis zur Nutzung dieser Publikation 4.1. Motivation für die Mitgliedschaft bei den Jungen Liberalen 27 Diese Publikation ist ein Informationsangebot der Friedrich- Naumann-Stiftung für die Freiheit und der Reinhold-Maier- 4.2. Beurteilung der Mitgliedschaft bei den Jungen Liberalen 30 Stiftung. Die Publikation ist kostenlos erhältlich und nicht zum 4.3. Zusammenfassung 31 Verkauf bestimmt. Sie darf nicht von Parteien oder von Wahl- helfern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer- 5. SCHLUSSFOLGERUNGEN 33 bung verwendet werden (Bundestags-, Landtags- und Kommu- nalwahlen sowie Wahlen zum Europäischen Parlament). 5.1. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie im Überblick 33 5.2. Erklärungsansätze: Was treibt junge Menschen um? 33 5.2.1. Mediennutzung 33 5.1.2. Wertekosmos 34 5.2.3. Wahrnehmung von Parteien 34 5.3. Fazit: Was heißt das für die Politik? 34
4 Nur mal kurz die Welt retten 5 Vorwort Zum Autor Wir leben in bewegten Zeiten. Demokratie lebt vom Mit- b Der erste Teil der Studie ist eine Auswertung der Wahldaten machen. Die liberale Demokratie ist keine Selbstverständ- in Baden-Württemberg unter den 18-35-Jährigen. Dabei lichkeit und sie ist kein Selbstläufer. Das Selbstverständnis werden insbesondere die Gründe für die jeweilige Stimm- des Einzelnen, Teil der Gesellschaft zu sein und es für wichtig abgabe und die Parteibindung der Befragten analysiert. zu erachten, sich in gesellschaftliche Prozesse einzubringen, ist entscheidend. b Der zweite Teil beleuchtet die wichtigsten Aspekte zum all- gemeinen politischen Engagement von jungen Menschen, Demokratie ist – so der bekannte Satz von Theodor Heuss – z.B. in politischen Bewegungen. Außerdem wird ein Blick keine Glücksversicherung, sondern das Ergebnis politischer auf die Mitwirkung junger Menschen in politischen Parteien Bildung und demokratischer Gesinnung. Beides zusammen gelegt. bildet das Fundament des demokratischen Staatswesens. Demokratien beruhen auf einer aufgeklärten und politisch b Im dritten Teil erläutern wir, basierend auf einer aktuellen gebildeten Bürgerschaft, die sich im demokratischen Ent- Befragung unter Mitgliedern der Jungen Liberalen Baden- scheidungsfindungsprozess beteiligt. Württemberg, warum sie sich zur Mitgliedschaft entschie- den haben, wie groß ihr Engagement ist und ob sie mit der Axel Dammler Die in der Studie verwendeten Daten beruhen auf einer Genau hier aber scheint sich derzeit etwas zu ändern: Über Wirkung ihres Engagements zufrieden sind. Uns ist be- ist geschäftsführender Gesellschafter von iconkids & youth, Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der lange Zeit waren es ganz selbstverständlich Parteien und Par- wusst, dass die Umfrage unter den Jungen Liberalen auf dem größten deutschen Spezialinstitut für Kinder- und Jugend- 1007 Personen in Baden-Württemberg, im Alter von 16 bis lamente, denen das Recht und die Fähigkeit zugesprochen einer nur sehr kleinen Datenmenge beruht. Wir erachten forschung. Geboren in Lemgo, hat er nach seinem Abitur in 35 Jahren, zwischen dem 01.09.2020 und 10.09.2020 teil- wurde, Entscheidungen zu treffen. Derzeit bringen vor allem die Ergebnisse im Kontext der Gesamtstudie jedoch als München Kommunikationswissenschaft studiert. Er arbei- nahmen. Eine zweite Befragung unter Mitgliedern der Jungen junge Menschen neue, oftmals außerparlamentarische Ent- relevant und interessant und haben daher entschieden, sie tet seit 1992 mit jungen Zielgruppen und hat seitdem zahl- Liberalen Baden-Württemberg wurde durch die Universum scheidungsmuster und -wege ins Spiel. Die Fridays for Future- dennoch einzubeziehen. reiche Studien zu nationalen und internationalen Medien- und Kommunikation und Medien AG durchgeführt. Hierzu wurden Bewegung ist hier nur ein Beispiel. Konsumgütermärkten durchgeführt. Er ist außerdem als Be- im Zeitraum 16.09.2020 bis 15.10.2020 Mitglieder der Jungen Die Studie, die wir in Zusammenarbeit mit dem Institut icon- rater tätig und hat neben mehr als 50 Artikeln auch mehrere Liberalen mithilfe einer Online-Befragung befragt. Daran Junge Menschen verlangen völlig zu Recht politisches Mit- kids & youth international research GmbH vorlegen, liefert Bücher veröffentlicht. haben 85 Personen teilgenommen, 44 davon vollständig. spracherecht. Politische Entscheidungen und Verpflichtun- eine Vielzahl aufschlussreicher Erkenntnisse. Wichtigster gen von heute wirken sich auf die Zukunft der Jugendlichen Punkt: Es gibt eine massive Diskrepanz zwischen dem, was oft noch stärker aus als auf die Gegenwart – Stichwort junge Erwachsene mit „Politik“ verbinden und den für sie in- Generationengerechtigkeit. teressanten (durchaus politischen) Themen. Viele junge Men- schen verorten sich demnach nicht als „politisch interessiert“, Junge Menschen sind nicht unpolitisch. Aber auf welche Art zeigen aber großes Interesse an bestimmten politischen The- und Weise artikulieren sie ihre Interessen? Welche Interessen men. Der Autor der Studie führt dies auf eine Entfremdung der sind das? Wie sind sie politisch tätig? Wie organisieren sie jungen Menschen von der klassischen Politik und ihren Arti- sich? Was bewegt junge Menschen, sich gerade für liberale kulationsformen zurück. Wer junge Menschen also für Politik Politik zu engagieren? begeistern will, muss Zugänge vielmehr über politische Themen als über politische Institutionen schaffen. Darauf Anlässlich der Gründung der Jungen Liberalen als Bundesver- muss „die Politik“ reagieren. Wie das gelingen kann, lesen band und in Baden-Württemberg vor genau 40 Jahren greifen Sie in den Schlussfolgerungen dieser Studie. wir diese Fragen im Rahmen der vorliegenden Studie auf. Sie ist in drei Teile geteilt: Wir wünschen Ihnen eine interessante und erkenntnisreiche Lektüre. Birgit Homburger Patrick Luik Mitglied des Verwaltungsrates Mitglied des Verwaltungsrates der Reinhold-Maier-Stiftung der Reinhold-Maier-Stiftung
6 Nur mal kurz die Welt retten 7 Die wichtigsten Ergebnisse der Studie 1. Einleitung im Überblick Wie sieht es mit der Bereitschaft junger Menschen zu poli- Aus den verschiedenen Datenquellen ergibt sich das Bild tischem Engagement aus? Welche Themen spielen dabei einer jungen Generation, die viel politischer ist, als sie sich b Junge Menschen in Baden-Württemberg zeigen großes b Um mehr junge Menschen zur Partizipation an (institu- eine Rolle? Wie können junge Menschen zur Mitarbeit in selbst einschätzt. Sie kann sich in weiten Teilen nicht mehr Interesse an den Themen Demokratie und Bürgerrechte, tionalisierter) Politik zu bewegen, müssen zwei Heraus- politischen Jugendverbänden, wie z.B. den Jungen Liberalen, mit dem traditionellen, institutionellen Politikbegriff identi- Menschenrechte sowie Umwelt‐ und Klimapolitik. Poli- forderungen angenommen werden: gewonnen werden? Die vorliegende Studie hat zum Ziel, auf fizieren. Stattdessen werden die detaillierten Ergebnisse zei- tische Themenfelder wie Bildungspolitik, Internationale diese Fragen eine Antwort zu geben. gen, dass insbesondere durch Social Media und die Fridays Politik und Europa, Wirtschafts‐ und Finanzpolitik und 1. Große gesellschaftliche Themen müssen stärker als for Future Bewegung neue Artikulationsformen für Partizipa- insbesondere Kommunalpolitik sind für diese Altersgrup- Politikfelder aufgegriffen werden. Klassische Politik- Ausgangspunkt ist die Analyse aktueller Daten zum Wahlver- tion genutzt werden. Die Herausforderung für Parteien wird pe eher uninteressant. themen müssen greifbarer und relevanter gemacht halten und zur Mitgliedschaft in politischen Parteien. Darauf darin liegen, diese „neue außerparlamentarische Stimme“ zu werden. aufbauend wurde in einer Umfrage unter 16-35-Jährigen in erreichen und den konkreten Nutzen einer Mitgliedschaft in b Der Begriff „Politik“ wird von jungen Leuten mit eher als Baden-Württemberg untersucht, wie es um das Politikinteres- einer Partei bzw. deren Jugendorganisation aufzuzeigen. klassisch empfundenen politischen Themen verbunden. 2. Es müssen niederschwellige Partizipationsmöglichkei- se dieser Altersgruppe steht. Über 1000 Jugendliche wurden Das führt dazu, dass junge Menschen ihr Interesse an ten in der Parteiarbeit geboten werden, um die Furcht dabei befragt, welche Formen politischer Partizipation sie Das abschließende Kapitel zeigt mögliche Wege, aber auch Politik als eher gering einordnen. Besonders ausgeprägt vor zeitraubenden Sitzungen und unergiebiger Gremi- nutzen, wie sie der Mitgliedschaft in einer politischen Partei Herausforderungen auf, denen sich politische Jugendver- ist das Desinteresse an institutioneller Politik und an der enarbeit zu zerstreuen. gegenüberstehen bzw. was sie davon abhält. Kontrastiert bände wie die Jungen Liberalen stellen müssen, wenn sie FDP in der Gruppe der jungen Frauen. werden diese Erkenntnisse mit einer Befragung aktueller zur attraktiven Heimat für die nachwachsende Generation Mitglieder der Jungen Liberalen Baden-Württemberg. Über werden wollen. b Es haben sich außerparlamentarische Partizipations- 40 Mitglieder des politischen Jugendverbandes gaben da- formen wie Demonstrationen oder Online-Protestaktio- rüber Auskunft, warum sie sich zur Mitgliedschaft entschie- nen entwickelt, die gerade bei den großen Themen wie den haben, wie groß ihr Engagement ist und ob sie mit der Klimawandel und Menschenrechte viel Zuspruch finden Wirkung ihres Engagements zufrieden sind. (Fridays for Future, Black lives matter, etc.). Die Neigung, bei institutionalisierter Politik mitzuwirken, ist eher gering. Dies trifft die Mitgliedschaft in einer politischen Partei ebenso wie die Mitarbeit bei Bürgerinitiativen. b Eine grundsätzliche Ablehnung der Mitwirkung in politi- schen Parteien ist aber nicht zu erkennen: Lediglich 13 Prozent finden die Angebote der Parteien nicht interessant und nur 5 Prozent lehnen das Parteiensystem grundsätz- lich ab. b Man kann aber festhalten, dass es der FDP deutlich stärker als anderen Parteien gelingt, junge Menschen für eine Mit- gliedschaft zu gewinnen.
8 Nur mal kurz die Welt retten 9 2. Hintergrund: Die harten Fakten weise ähnliches Wahlverhalten bei jüngeren und älteren Zwischen den beiden Wahlen lag der Hitzesommer 2018 und Wählern zu beobachten, doch bei der Europawahl zeigten das Aufkommen der Fridays for Future Bewegung, die im sich gravierende Unterschiede zwischen den Altersgruppen. Frühjahr 2019 auch Deutschland mit voller Wucht erreichte. Die CDU war bei der Bundestagswahl 2017 auch bei den Der Wahlerfolg der Bündnis 90/Die Grünen in der Altersgrup- Bevor auf die Ergebnisse der durchgeführten Befragungen Bei der Bundestagswahl 2017 wurde in den vier ausgewiese- Jungwählern noch stärkste Partei (26,4 % bei den 18- und pe der 18- bis 34-Jährigen bei der Europawahl 2019 ist hiermit eingegangen wird, macht es Sinn, zunächst das tatsächliche nen Altersgruppen eine Wahlbeteiligung zwischen 67 Prozent 24-Jährigen, 30,1 % bei den 25- bis 34-Jährigen), hat- sicherlich genauso direkt verknüpft wie der Abstieg der CDU. politische Verhalten junger Menschen in den letzten Jahren bei den 21- bis 24-Jährigen und 72,0 Prozent bei den 30- bis te bei der Europawahl 2019 dann aber massive Einbrüche Gleiches gilt auch für die SPD, die bei dieser Wahl bei den jun- zu betrachten. Hier zeigen sich einige durchaus positive Ent- 34-Jährigen gemessen. Dies entspricht im Vergleich zur Wahl zu verzeichnen. Dagegen konnte Bündnis 90/Die Grünen gen Wählern ebenfalls deutlich weniger punkten konnte. wicklungen. von 2012 einem Zuwachs zwischen 6,2 Prozentpunkten und ihren Anteil an den jungen Wählern etwa verdoppeln: In der 7,4 Prozentpunkten, der jeweils deutlich über dem bundes- Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen von 17,4 Prozent bei Die FDP war offensichtlich nicht von diesem Fridays for Future weiten Zuwachs von 4,7 Punkten liegt. Ähnliches zeigte sich der Bundestagswahl 2017 auf 35,4 Prozent bei der Europa- Effekt betroffen. Die FDP konnte – wie oben bereits be- 2.1. Steigende Wahlbeteiligung bei der Europawahl im Jahr 2019: Hier lag die Wahlbeteiligung wahl 2019 und bei den 25- bis 34-Jährigen von 13,6 Prozent schrieben – anteilig sogar mehr jüngere als ältere Wähler für bei jungen Menschen in der betrachteten Altersgruppe zwischen 54,0 Prozent bei auf 26,9 Prozent. sich gewinnen. den 25- bis 29 Jährigen und 58,6 Prozent bei den 18- bis 20 Der Blick auf die Wahlstatistiken zeigt in Bezug auf die jungen Jährigen. Die Zuwächse betragen in den vier ausgewiesenen Grafik 1 | Zweitstimmenabgabe bei der Bundestagswahl Grafik 2 | Stimmenabgabe bei der Europawahl 2019 Erwachsenen ein durchaus positives Bild: Sowohl bei der letz- Altersgruppen im Vergleich zur Wahl von 2014 mit Werten 2017 in Baden-Württemberg nach Altersgruppen nach Altersgruppen ten Bundestagswahl 2017 als auch bei der darauffolgenden zwischen 16,7 und 21,4 Prozentpunkten. Das liegt jeweils Europawahl ist eine gestiegene Wahlbeteiligung festzustellen. deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt von 13,3 Pro- Anteile in % Anteile in % Die Zahlen in Baden-Württemberg fallen sogar jeweils noch zentpunkten. 1,9 1,0 Sonstige 4,5 6,3 4,0 Sonstige 7,5 7,5 5,0 9,3 8,8 3,1 9,5 etwas höher aus als auf Bundesebene (Tabelle 1). DIE LINKE 6,4 6,8 6,6 6,7 8,4 2,0 13,7 11,9 5,3 8,5 8,4 Die PARTEI 3,2 5,4 6,0 13,2 7,8 AfD 12,2 14,5 14,5 13,1 6,8 3,1 7,0 6,8 7,8 11,7 FREIE 5,1 7,5 11,5 FDP 12,7 WÄHLER 10,0 5,1 12,7 7,8 7,9 12,2 18,8 14,9 11,5 9,5 11,1 13,0 Tabelle 1 | Wahlbeteiligung der 18- bis 34-Jährigen bei den letzten Wahlen auf Bundesebene Bündnis 90/ 13,3 12,2 DIE LINKE 13,3 5,5 8,5 11,8 16,8 Die Grünen 13,5 15,9 18,7 9,9 11,6 (Zahlen für Baden-Württemberg in Klammern, Angaben in Prozent) FDP 8,1 10,1 17,4 13,6 15,2 SPD 20,8 16,4 19,1 AfD 23,3 15,9 26,1 26,9 WAHLBETEILIGUNG IN % BUNDESTAGSWAHLEN1 EUROPAWAHLEN 2 CDU 13,9 12,5 15,6 SPD 35,4 26,9 In Klammer: Wahlbeteiligung 2012 2017 2014 2019 50,7 in Baden-Württemberg 46,8 Bündnis 90/ 34,4 30,1 31,7 31,6 34,3 Die Grünen 30,8 33,7 26,4 26,0 26,6 20,5 Insgesamt 71,5 76,2 (78,3) 48,1 61,4 (64,0) CDU 12,9 Insgesamt 18–24 25–34 35–44 45–59 60–69 70 > Insgesamt 18–24 25–34 35–44 45–59 60–69 70 > 18 – 20 Jahre 63,7 69,9 (72,4) 39,0 58,6 (60,4) Wähler/-innen im Alter von ... bis ... Jahren Wähler/-innen im Alter von ... bis ... Jahren 21 – 24 Jahre 59,6 67,0 (69,7) 34,6 56,0 (59,8) 25 – 29 Jahre 61,6 68,6 (72,6) 35,4 54,0 (57,6) Interessanterweise war die Wahlbeteiligung bei jungen Frauen jungen Männern. Auf diesen Fakt werden wir im weiteren bei beiden betrachteten Wahlen jeweils höher als bei den Verlauf dieses Reports noch zurückkommen. 30 – 34 Jahre 64,8 72,0 (75,9) 37,7 54,4 (57,7) Grafik 3 | Wahlbeteiligung* bei der Bundestagswahl 2017 in Baden-Würtemberg nach Geschlecht und Altersgruppe Die junge Generation beweist also durch ihre höhere Wahl- b Bei der Bundestagswahl 2017 gewann die FDP 14,9 Pro- Ergebnisse der Repräsentativen Bundestagswahlstatistik 2017 in Baden-Württemberg beteiligung ein steigendes Interesse an Partizipation bei der zent der Stimmen bei den 18- und 24-Jährigen und 13,3 politischen Willensbildung. Dies geschieht zudem in einem Prozent bei den 25- bis 34-Jährigen. Der Landesschnitt in % 85 Maße, das über die parallel verlaufende Entwicklung in der Baden-Württemberg lag bei 12,7 Prozent3. Gesamtbevölkerung hinausgeht. Frauen b Bei der Europawahl 2019 konnte die FDP 9,5 Prozent der 80 Stimmen bei den 18- und 24-Jährigen und 7,9 Prozent bei 2.2. Starke Position der FDP bei den 25- bis 34-Jährigen holen, und das bei einem Landes- 75 jungen Wählern in Baden-Württemberg schnitt von 6,8 Prozent in Baden-Württemberg4. Männer 70 Sowohl bei der letzten Bundestagswahl 2017 als auch bei Das Abschneiden der FDP insbesondere bei der Europawahl der letzten Europawahl hat die FDP in Baden-Württemberg 2019 ist auch deswegen bemerkenswert, weil sich die poli- 65 überdurchschnittlich viele Stimmen bei jüngeren Wählern tische Landschaft im Vergleich zu 2017 deutlich verändert gewonnen: hat. Bei der Bundestagswahl 2017 war noch ein vergleichs- 60 18–20 21–24 25–29 30–34 35–39 40–44 45–49 50–59 60–69 70 und mehr Wähler/-innen im Alter von ... bis ... Jahren * Die Wahlbeteiligung wurde anhand der Anzahl der Wählerinnen und Wähler ohne Wahlschein zuzüglich der Anzahl der Wahlberechtigten mit Wahlschein gemessen an der Anzahl der 1 Informationen des Bundeswahlleiters | Statistisches Bundesamt, Bundestagswahl 2017, Heft 4: Repräsentative Wahlstatistik Wahlberechtigten insgesamt berechnet. Bei den Wahlberechtigten mit Wahlschein wurde berücksichtigt, dass nicht alle Wahlscheininhaberinnen und -inhaber an der Wahl teilnahmen. 2 Informationen des Bundeswahlleiters | Statistisches Bundesamt, Europawahl 2019, Heft 4: Repräsentative Wahlstatistik* Dazu wurde der aus der allgemeinen Wahlstatistik bekannte Anteil der tatsächlichen Wahlscheinwählerinnen und -wähler mit der Anzahl der Wahlberechtigten mit Sperrvermerk über 3 Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Ergebnisse der Repräsentativen Bundestagswahlstatistik 2017 in Baden-Württemberg, alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen multipliziert. Dadurch wurde eine Annäherung der Wahlbeteiligung an die amtlich festgestellte Wahlbeteiligung erreicht. zitiert nach: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 1/2018 4 Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Vorläufige Ergebnisse der Repräsentativen Wahlstatistik zur Europawahl 2019, Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg zitiert nach: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 10/2019
10 Nur mal kurz die Welt retten 11 2.3. Positive Entwicklung bei Jahr 2008 nur 12,1 Prozent waren5. Sie zeichnen damit heute Tabelle 2 | Anteil jüngerer Personen an den Parteieintritten im Jahr 2019 in Deutschland den jungen Mitgliedern der FDP vergleichsweise gut den Anteil ab, den junge Menschen an (100 % entspricht allen Parteieintritten, Angaben in Prozent) auf niedrigem Niveau der wahlberechtigten Bevölkerung haben: 15,8 Prozent der Bündnis 90/ Wahlberechtigten bei der Europawahl 2019 waren 18 bis 29 Die Linke Die Grünen FDP SPD CDU Seit etwa 2015 verzeichnet die FDP einen positiven Trend Jahre alt6. Die Parteimitgliedschaft bei der FDP widersetzt > 13 Jahre 0 0 0 0 0 im Hinblick auf den Anteil jüngerer Parteimitglieder an der sich damit dem demografischen Megatrend: Obwohl es Gesamtzahl der Mitglieder. Im Jahr 2019 waren 17,7 Pro- eine wachsende Zahl älterer Menschen in Deutschland gibt, 14 – 15 Jahre 0,8 0,3 0 0,8 0 zent der Mitglieder nicht älter als 30 Jahre, während es im steigt der Anteil junger Mitglieder in dieser Partei. 16 – 20 Jahre 16,1 6,9 15,7 10,5 8,2 21 – 25 Jahre 20,6 11,0 18,4 11,9 8,7 Grafik 4 | Anteil jüngerer Parteimitglieder seit 1974 (bis 29/30 Jahre; ab 2008: bis 30 Jahre; Angaben in Prozent) 26 – 30 Jahre 15,4 12,3 13,3 11,5 9,5 Summe: Parteieintritte 52,9 30,5 47,4 34,7 26,4 Bündnis 90/ CDU SPD CSU FDP DIE LINKE von Personen bis 30 Jahre Die Grünen 20 Trotzdem ist auch die FDP keine junge Partei. Der Alters- bei der Linken: Dieser Partei scheint gerade der Abschied durchschnitt liegt 2019 mit 51 Jahre nur knapp über dem von den „Alt-Kommunisten“ und eine Verjüngung zu gelin- von Bündnis 90/Die Grünen (48 Jahre) und deutlich unter gen. Es entsteht also vielleicht eine neue Kohorte linker Wäh- dem der Linken (55 Jahre), der SPD (60 Jahre) und der CDU ler und Parteimitglieder, die der Partei langfristig die Zukunft 15 (61 Jahre). Man kann aber festhalten, dass es der FDP deut- sichern könnte. lich stärker als anderen Parteien gelingt, junge Menschen für eine Mitgliedschaft zu gewinnen Interessant ist zudem die Europawahl von 2019, die eine mögliche Zeitenwende darstellt: Die massive Hinwendung zu Bündnis 90/Die Grünen (wohl aufgrund der vor allem von 2.4. Zusammenfassung Fridays for Future gesetzten Themen) könnte der CDU und SPD dauerhaft schaden. Bei der FDP sind die (negativen) 10 Der Blick auf die Daten aus der Wahlforschung und zu den Effekte dagegen nicht sichtbar. Dies spricht dafür, dass der Mitgliederzahlen zeigt, dass sich die FDP bei jungen Men- Zuspruch zur FDP von anderen Themen und Faktoren ge- schen im Vergleich mit den anderen Alt-Parteien SPD und trieben wird. Wäre dies der Fall, dann ist die FDP einerseits CDU gut schlägt. Bei den Mitgliederzahlen braucht die FDP „unangreifbar“ und weniger anfällig für aktuelle politische auch den Vergleich mit Bündnis 90/Die Grünen nicht zu Trends. scheuen. Spannend ist aber insbesondere die Entwicklung 5 0 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2019 Quelle: Niedermayer, Oskar: Parteimitglieder in Deutschland: Version 2019. Arbeitshefte aus dem OSZ, Nr. 30, FU Berlin 2019. Auch im Vergleich mit den anderen Parteien steht die FDP gut Die FDP kann neben der Linken auch den stärksten anteiligen da: Bündnis 90/Die Grünen mit 17,8 Prozent jungen Mitglie- Zuwachs junger Mitglieder verzeichnen (Tabelle 2): 47,4 Pro- dern und Die Linke mit 17,5 Prozent haben im Vergleich nur zent der Neu-Mitglieder der FDP im Jahr 2019 waren nicht äl- geringfügig mehr junge Mitglieder, die CDU mit 5,6 Prozent ter als 30 Jahre. Lediglich Die Linke weist hier mit 52,9 Prozent und die SPD mit 7,8 Prozent liegen dagegen deutlich zurück. einen höheren Wert aus. Bündnis 90/Die Grünen scheitern mit nur 30,5 Prozent jungen Neumitgliedern offensichtlich daran, den Drive der Fridays for Future Bewegung für sich zu nutzen! 5 Quelle für alle Daten zur Parteimitgliedschaft in diesem Kapitel: Oskar Niedermayer: Parteimitglieder in Deutschland: Version 2020; Arbeitshefte aus dem Otto-Stammer-Zentrum, Nr. 31; Berlin: Freie Universität Berlin 2020; https://www.polsoz.fu-berlin.de/polwiss/forschung/systeme/empsoz/team/ehemalige/Publikationen/schriften/Arbeitshefte/index.html 6 Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 10/2019: Vorläufige Ergebnisse der repräsentativen Wahlstatistik zur Europawahl 2019
12 Nur mal kurz die Welt retten 13 3. Studienergebnisse I: Über die möglichen Ursachen des geringeren Interesses junger Frauen liegen zwar verschiedene Hypothesen, aber sche Interesse. Dagegen geben Befragte mit bzw. während der (betrieblichen) Ausbildung am wenigsten Interesse an Politische Interessen und Partizipation der keine empirisch fundierten Analysen vor, z.B.: Politik (Grafik 6). 16- bis 35-Jährigen in Baden-Württemberg b Politikfernere Sozialisation von Mädchen: Mädchen wer- den in der Kindheit seltener mit Politik konfrontiert als 3.2. Themeninteressen: Großes Interesse Jungen und können deswegen u.U. kein Interesse daran an den „großen“ gesellschaftlichen entwickeln. Themen unserer Zeit Das aktuelle Stimmungs- und Einstellungsbild bei jungen 3.1. Politikinteresse: Junge Menschen Erwachsenen in Baden-Württemberg wurde im September schätzen ihr eigenes Politikinteresse b Die politische Kultur in Deutschland ist immer noch Die Ergebnisse verdeutlichen eine massive Diskrepanz zwi- 2020 in einer Umfrage mit n = 1.007 Befragten im Alter von als eher gering ein männlich und von ausgeprägtem Konkurrenzdenken so- schen dem, was junge Erwachsene offensichtlich mit dem 16 bis 35 Jahren erfasst. Themen der Studie waren konkrete wie männlichem Profilierungsstreben geprägt. Dies kann Begriff „Politik“ verbinden, und ihrem Interesse an konkreten Fragen zum politischen Interesse in dieser Altersgruppe so- Die Selbsteinschätzung des eigenen Politikinteresses führt auf junge Frauen abschreckend wirken. gesellschaftlichen und politischen Themen (Grafik 6). wie zu den Gründen, die für oder gegen die Mitgliedschaft in zu Ergebnissen, die man eigentlich nur als deprimierend be- einer politischen Partei sprechen7. In diesem Kapitel werden zeichnen kann. Lediglich 35 Prozent der 16- bis 35-Jährigen b Für mehr Interesse bei jungen Frauen scheint es zudem Das eigene Politikinteresse gibt die große Mehrheit als nur nun die wesentlichen Ergebnisse der Studie dargestellt8. geben an, dass sie sich „stark“ oder „sehr stark“ für Politik in- massiv polarisierende politische Themen zu brauchen. In mäßig bis gering an. Nur 35 Prozent der 16- bis 35-Jährigen teressieren. 29 Prozent sind dagegen wenig oder überhaupt Österreich war dies beim Bundespräsidentschaftswahl- interessieren sich „stark“ oder „sehr stark“ für Politik. Aber 50 nicht an Politik interessiert (Grafik 5). Die Zahl der politisch kampf im Jahr 2016 der Fall (Hofer / FPÖ gegen Van der Prozent der Befragten in dieser Altersgruppe interessieren Interessierten scheint sogar noch etwas abzunehmen: In Bellen / Grüne). sich „stark“ oder „sehr stark“ für Demokratie und Bürgerrech- einer DJI-Studie aus dem Jahr 2014 waren zwar nur 32 Pro- te, 49 Prozent für Menschenrechte und 47 Prozent für Um- zent der 12- bis 29-Jährigen „stark oder sehr stark“ politisch Wie nicht anders zu erwarten, zeigen Befragte mit abge- welt- und Klimapolitik. interessiert. Allerdings wurde 2014 auch eine deutlich jünge- schlossenem Studium bzw. Studierende das stärkste politi- re Altersgruppe befragt.9 Grafik 6 | Interesse der 16- bis 35-Jährigen in Baden-Württemberg an verschiedenen politischen Themen Grafik 5 | Politikinteresse der 16- bis 35-Jährigen in Baden-Württemberg nach Alter und Geschlecht „Wie stark interessieren Sie sich für die folgenden politischen Themen?“ Basis: n = 1.007 16- bis 35-Jährige in Baden-Württemberg, Angaben in Prozent „Wie stark interessieren Sie sich für Politik?“ Basis: n = 1.007 16- bis 35-Jährige in Baden-Württemberg, Angaben in Prozent Politikinteresse allgemein 10 19 34 22 13 Gesamt 10 19 34 22 13 Demokratie und Bürgerrechte 5 11 31 35 15 3 16 bis 19 Jahre 8 28 31 20 11 Menschenrechte 4 12 32 33 16 3 20 bis 24 Jahre 12 19 32 26 9 Umwelt und Klimapolitik 5 15 30 30 17 3 25 bis 29 Jahre 9 21 33 21 15 Bildungspolitik 6 18 35 25 12 3 30 bis 35 Jahre 10 15 38 20 15 Internationale Politik, Europa 7 20 33 23 13 4 männlich 6 13 30 30 19 Wirtschafts- und Finanzpolitik 10 23 29 21 13 3 weiblich 14 26 39 14 6 Kommunalpolitik 14 29 30 15 5 6 Überhaupt nicht Wenig Mittel Stark Sehr stark Überhaupt nicht Wenig Mittel Stark Sehr stark Weiß nicht / keine Angaben Der Blick auf die demografischen Untergruppen zeigt ein im ressierten ist die Zahl insbesondere bei den jungen Frauen Damit dominieren die „großen“ gesellschaftlichen Themen deutlichem Abstand nur auf Platz 4. Am wenigsten Interesse Altersverlauf leicht ansteigendes Interesse. Die Zahl der Inte- niedrig: 40 Prozent (!) sind wenig oder überhaupt nicht an Poli- die Interessen der 16- bis 35-Jährigen. Hier spiegelt sich wird eindeutig für Kommunal- sowie auch für Wirtschafts- ressierten steigt von 31 Prozent bei den 16- bis 19-Jährigen tik interessiert. Bei den jungen Männern sind es immerhin 50 mit großer Sicherheit die v.a. von Fridays for Future gesetz- und Finanzpolitik gezeigt. Das angegebene Interesse liegt bei auf 35 Prozent bei den 30- bis 35-Jährigen. Es bestätigen sich Prozent Interessierte, und nur 19 Prozent geben offen ihr Des- te Agenda wieder sowie die Black Lives Matter-Bewegung, Wirtschafts-/Finanzpolitik, internationaler Politik und Kom- zudem die geschlechtsspezifischen Unterschiede, die bereits interesse zu. die in Social Media einen bedeutenden Resonanzraum fin- munalpolitik ungefähr auf dem niedrigen Niveau des gene- aus anderen Studien bekannt sind. Mit nur 20 Prozent Inte- det. Es sind zudem jeweils leicht zugängliche und positiv rellen Politikinteresses bzw. darunter. Diese deutliche Korre- besetzte Themen, bei denen die Zustimmung größer ist. lation legt nahe, dass der Begriff „Politik“ für Jugendliche vor 7 Online-Befragung vom 01. - 10.09.2020, durchführendes Feldinstitut: YouGov, Analyse der Ergebnisse: iconkids & youth. Hinweis: Die Stichprobe der Befragung ist nicht repräsentativ für allem mit diesen Bereichen verbunden wird und eben nicht die Grundgesamtheit. Vor der Analyse wurde nach dem Geschlecht gewichtet, um bei dieser Variable Realitätsnähe herzustellen. Die für diese Altersgruppe oft noch unmittelbar relevante, mit den interessanteren großen Themen. 8 Weitere Ergebnisse der Studie (insbesondere Auswertungen nach demografischen Untergruppen bzw. dem Wahlverhalten bei der letzten Bundestagswahl sind in einem separaten Report enthalten. aber eben deutlich kompliziertere Bildungspolitik folgt mit 9 Quelle: DJI-Survey AID:A 2014
14 Nur mal kurz die Welt retten 15 Tabelle 3 | Interesse der 16- bis 35-Jährigen in Baden-Württemberg j Protestwähler (18 %) bzw. Nicht-Wähler aus Protest (10 %) an verschiedenen politischen Themen nach Geschlecht und Altersgruppen finden sich dagegen eher wenige. „Wie stark interessieren Sie sich für die folgenden politischen Themen?“ Basis: n = 1.007 16- bis 35-Jährige in Baden-Württemberg, Angaben in Prozent; Top 2 „Sehr stark“ und „Stark“ j Nur 9 % arbeiten (dauerhaft) bei einer Bürgerinitiative mit. Gesamt Männer Frauen 16 bis 19 20 bis 24 25 bis 29 30 bis 35 Jahre Jahre Jahre Jahre Grafik 7 | Politische Partizipation der 16- bis 35-Jährigen in Baden-Württemberg „Bitte geben Sie für die folgenden Aktivtäten jeweils an, ob Sie diese schon einmal gemacht haben.“ Interesse an Politik allgemein 34,8 49,7 19,3 31,1 35,2 35,7 35,2 Basis: n = 1.007 16- bis 35-Jährige in Baden-Württemberg, Angaben in Prozent Demokratie und Bürgerrechte 50,2 53,8 46,3 50,2 44,4 55,3 50,8 Menschenrechte 49,1 41,6 57,1 54,4 47,9 53,6 44,5 Sich an Wahlen beteiligt 73 Umwelt‐ und Klimapolitik 47,1 48,4 45,8 55,7 45,6 47,3 44,4 Sich online über das Wahlprogramm 70 von Parteien informiert Bildungspolitik 37,4 37,4 37,4 41,3 41,0 34,9 34,6 Seine Meinung zu einem politischen Thema im Internationale Politik, Europa 36,3 49,0 23,0 29,2 37,8 38,3 36,8 68 Bekanntenkreis und/oder am Arbeitsplatz gesagt Wirtschafts‐ und Finanzpolitik 33,8 46,4 20,7 19,8 31,8 36,3 39,8 Sich an einer Unterschriftensammlung beteiligt 49 Kommunalpolitik 19,8 25,6 13,8 7,5 15,4 21,3 27,7 Sich an einer Online-Protestaktion beteiligt 39 Ø Anzahl „Sehr stark“ und „Stark“ 3,6 4,0 3,3 3,5 3,5 3,7 3,8 interessierender Themen Im Internet über politische Themen diskutiert 37 Besonders ausgeprägt ist die Diskrepanz zwischen dem 3.3. Nutzung politischer Partizipationsformen: An Demonstrationen teilgenommen 30 generellen Interesse an Politik bzw. den „großen“ Themen Mehr als das politische Interesse Demokratie- und Bürgerrechte, Menschenrechte sowie Um- erwarten lassen würde An einer Veranstaltung einer Partei teilgenommen 19 welt- und Klimapolitik bei den 16- bis 19-Jährigen und bei Frauen (Tabelle 3): Trotz der wenigen politisch Interessierten unter den befragten Sich in Versammlungen an öffentlichen 16- bis 35-Jährigen (nur 35 %), ist die Nutzung von politischen 18 Diskussionen beteiligt j Bei den 16- bis 19-Jährigen sind nur 31 Prozent an Politik Partizipationsformen teilweise erstaunlich häufig (Grafik 7). Aus Protest mal eine andere Partei gewählt interessiert (30- bis 35-Jährige: 35 %). Für Umwelt- und 18 als die, der man nahesteht Klimapolitik interessieren sich aber 56 Prozent der 16- bis Wahlen sind offensichtlich der stärkste Anreiz, politisch aktiv 19-Jährigen (30- bis 35-Jährige: 44 %), und Menschen- zu werden: 73 Prozent geben an, selbst schon gewählt zu ha- Sich aus Protest nicht an Wahlen beteiligt 10 rechte sind bei 54 Prozent der 16- bis 19-Jährigen ein ben (diese Zahl liegt über der Wahlbeteiligung in den letzten Thema (30- bis 35-Jährige: 45 %). Jahren, siehe Kapitel 2.1.). Aber immerhin 70 Prozent geben an, sich online über das Wahlprogramm von Parteien infor- In der Bürgerinitiative mitgearbeitet 9 GESAMT j Lediglich 19 Prozent der 16- bis 35-jährigen Frauen ge- miert zu haben (dies könnte am Wahl-O-Mat liegen!). 68 Pro- ben an, generell Interesse an Politik zu haben (Männer: zent haben sich im persönlichen Umfeld an politischen Dis- 50 %). 57 Prozent der Frauen interessieren sich aber für kussionen beteiligt. Menschenrechte (Männer: 42 %) und 46 Prozent für Demo- Bei allen abgefragten Partizipationsformen sind mehr junge Mit ansteigendem Alter ergibt sich eine höhere Wahlbeteili- kratie und Bürgerrechte (Männer: 54 %). Interessant ist das deutliche Gefälle bei den weiteren Aktivi- Männer als junge Frauen aktiv (Tabelle 4). Besonders groß ist gung bzw. -verweigerung und eine häufigere Beteiligung an täten. Je niederschwelliger und weniger aufwändig das An- der Unterschied zwischen Männern und Frauen bei der Teil- Unterschriftenaktionen, für die man jeweils 18 Jahre alt sein Über die Gründe für dieses Ergebnis kann nur spekuliert wer- gebot, desto höher die Zahl der Aktiven: nahme an Diskussionen im Internet (20 % Differenz zwischen muss. Darüber hinaus sind die wesentlichen Unterschiede den, aber hier mag neben Black Lives Matter wohl auch Me Männern und Frauen) und bei den Protestwählern (14 % zwischen den Altersgruppen aber wohl vor allem auf Fridays Too Wirkung zeigen: Junge Frauen in Deutschland fühlen sich j Unterschriftenlisten liegen oft dort aus, wo man gerade ist Differenz). Dies ist ein klares Indiz dafür, dass es unter den for Future zurückzuführen. Die höchsten Werte für die Teil- vom Thema Menschenrechte vermutlich stärker betroffen als oder man wird aktiv angesprochen – so kommen vermut- jungen Männern ein deutlich höheres Protest- und Konflikt- nahme an Demonstrationen und die Beteiligung an Online- junge Männer. lich die 49 Prozent zustande. potenzial gibt. Gleiches gilt für die Beteiligung an institutio- Aktivitäten zeigen sich nämlich bei den 16- bis 19-Jährigen. nalisierter Politik in Form von Partei-Veranstaltungen (9 % Auch hier steht das subjektiv oft niedrig eingeschätzte politi- Bei der Bildungspolitik sowie Umwelt- und Klimapolitik liegen j Online-Protestaktionen (39 %) oder Diskussionen (37 %) er- Differenz) und öffentlichen Diskussionen (7 % Differenz). sche Interesse vergleichsweise aktiver Partizipation gegen- die Geschlechter gleichauf, bei allen anderen Themen sind fordern schon das aktive Aufrufen bestimmter Seiten oder über. Die noch fehlende Wahlberechtigung wird quasi kom- aber teilweise deutlich mehr Männer interessiert als Frauen. Threads. Das beschränkte Verständnis des (eher männlich besetzten) pensiert. Möglicherweise liegt hierin sogar ein Argument für Junge Männer zeigen mit durchschnittlich 4,0 genannten Konzeptes „Politik“ zeigt sich also insbesondere bei jungen die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Themen entsprechend auch ein etwas breiteres Themeninte- j Demonstrationen (30 %) sind durch Fridays for Future zu Frauen. resse als junge Frauen (3,3 interessante Themen). einem gesellschaftlichen Happening geworden, während Parteiveranstaltungen (19 %) und andere Versammlungen (18 %) mehr bewusstes Engagement erfordern.
16 Nur mal kurz die Welt retten 17 Tabelle 4 | Politische Partizipation der 16- bis 35-Jährigen in Baden-Württemberg nach Alter und Geschlecht Grafik 8 | Mitgliedschaft in politischen Parteien bei den 16- bis 35-Jährigen in Baden-Württemberg „Bitte geben Sie für die folgenden Aktivtäten jeweils an, ob Sie diese schon einmal gemacht haben.“ „Sind Sie Mitglied einer politischen Partei?“ Basis: n = 1.007 16- bis 35-Jährige in Baden-Württemberg, Angaben in Prozent Basis: n = 1.007 16- bis 35-Jährige in Baden-Württemberg, Angaben in Prozent Gesamt Männer Frauen 16 bis 19 20 bis 24 25 bis 29 30 bis 35 Jahre Jahre Jahre Jahre Gesamt 6 92 3 Sich an Wahlen beteiligt 73 75 71 54 71 78 79 Sich online über das Wahlprogramm 70 72 67 70 69 70 69 16 bis 19 Jahre 7 89 4 von Parteien informiert 20 bis 24 Jahre 5 93 2 Seine Meinung zu einem politischen 68 70 66 74 67 67 67 Thema im Bekanntenkreis und / oder 25 bis 29 Jahre 7 90 3 am Arbeitsplatz gesagt 30 bis 35 Jahre 4 93 3 Sich an einer Unterschriftensammlung 49 49 48 45 49 48 50 beteiligt Sich an einer Online‐Protestaktion 39 40 37 41 34 39 41 männlich 7 90 3 beteiligt weiblich 4 93 3 Im Internet über politische Themen 37 47 27 46 37 38 33 diskutiert Ja Nein Weiß nicht / keine Angaben An Demonstrationen teilgenommen 30 32 27 39 27 29 28 Etwa ein Viertel aller Mitglieder in der befragten Stichprobe ist Der am häufigsten genannte Grund ist die fehlende Überein- An einer Veranstaltung einer Partei 19 23 14 17 17 21 19 bei der SPD und dann meistens auch bei den JuSos, jede(r) stimmung mit den politischen Zielen der Parteien, doch wird teilgenommen Fünfte ist bei der CDU Mitglied, und jeweils etwa jede(r) Achte auch das nur von 26 Prozent genannt. Mit 22 Prozent gibt nur Sich in Versammlungen an öffentlichen 18 21 14 18 17 19 18 ist bei Bündnis 90/Die Grünen bzw. der FDP. Auch hier geht etwa jede(r) fünfte Befragte fehlendes Interesse an Politik als Diskussionen beteiligt die Mitgliedschaft in einer Partei fast immer auch mit der Mit- Barriere an. Diese Zahl erscheint im direkten Vergleich zum gliedschaft in deren Jugendorganisation einher. genannten eigenen Politikinteresse sehr niedrig. 20 Prozent Aus Protest mal eine andere Partei 18 24 10 5 13 19 25 fürchten sich vor zu viel Arbeit, 16 Prozent sagen, sie hätten gewählt als die, der man nahesteht Die Gründe dafür, dass man nicht Mitglied ist, sind insgesamt zu wenig Zeit. Lediglich 13 Prozent finden die Angebote der vielfältig und diffus (Grafik 9): Es zeichnet sich keine eindeu- Parteien nicht interessant und nur 5 Prozent lehnen das Sich aus Protest nicht an Wahlen 10 11 9 4 9 11 13 beteiligt tige Hauptbarriere ab, die von einer Parteimitgliedschaft ab- Parteiensystem grundsätzlich ab. halten würde. In einer Bürgerinitiative mitgearbeitet 9 11 7 8 7 9 11 Grafik 9 | Gründe, warum man nicht Mitglied in einer politischen Partei ist (16- bis 35-Jährige in Baden-Württemberg) „Aus welchen der folgenden Gründe sind Sie in keiner Partei Mitglied?“ Basis: n = 923 16- bis 35-Jährige in Baden-Württemberg, die nicht Mitglied in einer Partei sind, Angaben in Prozent Vor allem Jüngere und junge Frauen entfremden sich also 3.4. Mitgliedschaft in politischen Parteien: von der klassischen Politik und ihren Artikulationsformen. Insgesamt nur geringes Interesse an einer Ich stimme mit keiner Partei 26 in ihren Zielen ausreichend überein. Gleichzeitig wenden sie sich hin zu informellen, quasi außer- Parteimitgliedschaft parlamentarischen Partizipationsformen. Diese Zahlen be- Ich interessiere mich nicht für Politik. 22 stätigen auch, dass viele Jüngere nicht nur Interesse an Nur 6 Prozent der befragten 16- bis 35-Jährigen sind Mit- politischen Themen haben, sondern auch willens sind, ihre glied in einer politischen Partei (Grafik 8). Dabei bestätigen Mir ist das zuviel Arbeit. 20 Meinung in den Diskurs einzubringen. Sie wählen dafür aber sich die bereits beobachteten Geschlechterunterschiede: Es niederschwellige, informelle, spontan nutzbare und wenig in- finden sich deutlich mehr Parteimitglieder bei den Männern Ich würde gern beitreten, habe aber 16 stitutionalisierte Partizipationsformen, statt Bürgerinitiativen (7 %) als bei den Frauen (4 %). Im Altersverlauf sind die Un- zu wenig Zeit, um vernünftig mitzuarbeiten. oder öffentliche (Partei-) Versammlungen. terschiede dagegen nicht konsistent: Bei den 16- bis 19-Jäh- Ich finde die Angebote der Parteien 13 rigen sowie den 25- bis 29-Jährigen ergibt sich eine leicht nicht interessant. höhere Anzahl an Mitgliedern. Die Unterschiede sind aber Ich könnte mir vorstellen, Mitglied zu werden, 11 nicht wirklich signifikant. konnte mich aber bisher nicht dazu entschließen. Ich lehne das Parteiensystem grundsätzlich ab. 5 Ich war einmal Mitglied, bin aber ausgetreten. 4 Andere Gründe. 3 Keine der genannten Gründe. 10 Weiß nicht / keine Angaben. 7
18 Nur mal kurz die Welt retten 19 Die grundsätzliche Gewichtung der Barrieren ist über alle Partei „vernünftig mitzuarbeiten“ (Frauen 13 %). Mehr junge Interessant ist ein Vergleich der Themeninteressen in Ab- Wenig verlockend ist auch bei diesen Befragten die Kom- Altersgruppen relativ ähnlich (Tabelle 6), dennoch gibt es Männer finden die Angebote der Parteien uninteressant als hängigkeit vom Interesse an der Mitgliedschaft in einer Partei munalpolitik, während Bildungspolitik und Menschenrechte einige auffällige Abweichungen. So ist mangelndes Interes- Frauen (Männer: 15 %, Frauen 10 %). Diese Zahlen drücken (Grafik 10). Junge Erwachsene, die sich eine Mitgliedschaft zwar interessant sind, aber doch klar hinter den Top-Themen se an Politik (29 %) die Hauptbarriere, die Frauen von einer einen größeren Gestaltungswillen der Männer aus. Dagegen vorstellen können, zeigen vor allem ein größeres Interesse zurückliegen. Parteimitgliedschaft abhält (Männer 14 %). Junge Frauen steht die Befürchtung, im Falle einer Mitgliedschaft dann an Demokratie und Bürgerrechten, Umwelt- und Klimapolitik, können mit dem Politikbegriff, wie er insbesondere auch von eben doch nicht ausreichend aktiv werden zu können. aber auch an internationaler Politik. den Parteien verkörpert wird, weniger anfangen als junge Männer. Beim Vergleich der Altersgruppen sind die Unterschiede generell nicht sehr groß. Bei den Jüngeren gibt es weniger Grafik 10 | Interesse der 16- bis 35-Jährigen in Baden-Württemberg an verschiedenen politischen Themen Bei den Männern ist der Anteil derjenigen, die an einer Mit- Interesse an Politik, aber auch die Befürchtung, dass eine nach Interesse an einer Parteimitgliedschaft gliedschaft interessiert sind, mit 15 Prozent deutlich höher Mitgliedschaft viel Arbeit bedeuten könnte. Die 20- bis „Wie stark interessieren Sie sich für die folgenden politischen Themen?“ Basis: n = 923 16- bis 35-Jährige in Baden-Württemberg, die nicht Mitglied in einer Partei sind, in Prozent; Top 2 „Sehr stark“ und „Stark“, Angaben in Prozent als bei Frauen (7 %). Männer fürchten mit 20 Prozent aber 24-Jährigen sehen bei sich selbst am häufigsten eine Dis- auch häufiger, nicht genügend Zeit zu haben, um in einer krepanz zu den Zielen der Parteien (31 %). Tabelle 6 | Gründe, warum man nicht Mitglied in einer politischen Partei ist – 22 % Differenz nach Alter und Geschlecht der befragten 16- bis 35-Jährigen in Baden-Württemberg Demokratie und Bürgerrechte 48 50 72 „Aus welchen der folgenden Gründe sind Sie in keiner Partei Mitglied?“ Basis: n = 923 16- bis 35-Jährige in Baden-Württemberg, die nicht Mitglied in einer Partei sind, Angaben in Prozent Menschenrechte 48 49 56 Gesamt Männer Frauen 16 bis 19 20 bis 24 25 bis 29 30 bis 35 Jahre Jahre Jahre Jahre 22 % Differenz Umwelt- und Klimapolitik 44 47 69 Ich stimme mit keiner der Parteien 26 29 24 24 31 26 24 in ihren Zielen ausreichend überein. Ich interessiere mich nicht für Politik. 22 14 29 24 27 19 19 Bildungspolitik 35 37 50 Mir ist das zu viel Arbeit. 20 19 22 25 23 20 16 29 % Differenz Internationale Politik, Europa 31 36 65 Ich würde gerne beitreten, habe aber 16 20 13 16 18 13 17 zu wenig Zeit, um vernünftig mitzuarbeiten. Ich finde die Angebote der Parteien 13 15 10 10 14 11 14 Wirtschafts- und Finanzpolitik 31 34 50 nicht interessant. Ich könnte mir vorstellen, Mitglied zu 11 15 7 13 11 11 11 Kommunalpolitik 18 20 27 werden, konnte mich aber bisher nicht 0 10 20 30 40 50 60 70 80 dazu entschließen. Gesamt Kein Interesse an einer Mitgliedschaft Mitgliedschaft ist vorstellbar Ich lehne das Parteiensystem 5 5 5 1 6 6 5 grundsätzlich ab. Lesebeispiel: Von den Befragten mit Interesse an einer Mitgliedschaft interessieren sich 72 Prozent „stark“ oder „sehr stark“ für das Thema Demokratie und Bürger- Ich war mal Mitglied, bin aber ausgetreten. 4 6 2 1 4 7 3 rechte, das sind 22 Prozent mehr als in der Gesamtstichprobe. Von den Befragten, die sich nicht für eine Mitgliedschaft interessieren, sind nur 48 Prozent am Thema Demokratie und Bürgerrechte interessiert. Andere Gründe 3 3 2 3 3 2 3 Keine der genannten Gründe. 10 8 12 12 7 11 10 Weiß nicht / keine Angabe 7 6 9 7 6 9 7 Die jungen Mitglieder in einer politischen Partei nennen den Auffällig ist, dass Männer die Mitgliedschaft deutlich posten- Willen, die Gesellschaft zu verändern, am häufigsten als Akti- und karriereorientierter nutzen, als Frauen das tun. Der Anteil vität in der Partei (35 %, Grafik 11). Dies ist wohl auch der we- der Mitglieder, die ein Amt bekleiden, ist bei den jungen Män- sentliche Grund für die Mitgliedschaft. Auffällig ist, dass jedes nern (42 %) fast dreimal so hoch wie bei den Frauen (15 %). dritte Parteimitglied auch ein Amt in der Partei innehat (32 %). Kein einziges weibliches Mitglied gibt an, sich gut vorstellen 32 Prozent nutzen die Mitgliedschaft, um sich zu informieren zu können, in der Partei „Karriere zu machen“. Politik als Be- und zu diskutieren. Immerhin 24 Prozent sind aber auch nicht rufsweg scheint also ähnlich männlich konnotiert zu sein wie selbst aktiv bzw. wollen das auch nicht werden. das allgemeine Politikinteresse.
20 Nur mal kurz die Welt retten 21 Grafik 11 | Aktivitäten im Rahmen der Mitgliedschaft in einer politischen Partei Grafik 12 | Wahlverhalten bei der letzten Bundestagswahl 2017 (16- bis 35-Jährigen Parteimitglieder in Baden-Württemberg) Wahlverhalten Bundestagswahl 2017 / Basis: n = 1.007 16- bis 35-Jährige in Baden-Württemberg, Angaben in Prozent „Wie würden Sie Ihre Aktivitäten als Mitglied der jeweiligen Partei beschreiben?“ Basis: n = 55 16- bis 35-Jährige in Baden-Württemberg, die Mitglied in einer Partei sind, Angaben in Prozent (Achtung! Geringe Basis) Gesamt 11 6 6 13 7 5 7 32 12 16 bis 19 Jahre 3 3 2 1 111 83 5 Ich will in der Gesellschaft etwas verändern. 35 20 bis 24 Jahre 10 4 5 14 8 2 8 36 13 25 bis 29 Jahre 14 7 9 16 8 4 7 19 18 Ich übe in der Partei ein Amt aus. 32 30 bis 35 Jahre 14 9 6 14 9 10 9 18 12 Ich nutze meine Mitgliedschaft, um mich 31 zu informieren und zu diskutieren. männlich 11 6 7 13 10 8 7 28 10 Ich bin Mitglied, wirke aber nicht aktiv mit / 24 möchte nicht aktiv mitwirken. weiblich 11 7 5 12 4 3 7 37 15 Ich bin seit Kurzem (unter 2 Jahre) Mitglied. 23 Kein Abschluss 2 3 5 3 3 2 77 5 Ich könnte mir gut vorstellen, in der Partei Noch in Ausbildung 3 1 6 6 2 3 9 60 11 8 „Karriere zu machen“. Noch im Studium 10 6 6 14 8 5 8 35 7 Ich arbeite hauptberuflich für eine Partei / 7 politische Organisation. Lehre oder vergleich- 16 11 6 10 6 6 7 22 15 barer Abschluss Sonstige Aktivitäten 1 Universitäts- oder 14 5 6 21 12 6 7 17 14 FH-Abschuss Keine der Aktivitäten trifft zu. 3 CDU SPD DIE LINKE GRÜNE FDP AfD Sonstige Nichtwähler Weiß nicht Weiß nicht / keine Angabe 1 Eine genauere Analyse der FDP-Wähler und -Wählerinnen knapp vor Bündnis 90/Die Grünen (auch 49 %, aber weniger innerhalb der vorliegenden Stichprobe zeigt, dass deren „sehr stark“ Interessierte) und der SPD (46 %). Das stärkste Antwortverhalten von einem eher „erwachsenen“ Politikbe- politische Interesse zeigt sich bei den Wählern und Wähle- griff geprägt ist. Wähler und Wählerinnen der FDP liegen mit rinnen der Parteien, die jeweils außen im Parteienspektrum 49 Prozent „starkem“ bzw. „sehr starkem“ Politikinteresse stehen, d.h. der Linken bzw. der AfD. Das geringste Interesse 3.5. Der Blick auf die jungen Wähler der FDP: Die FDP ist bei Männern deutlich stärker als bei den Frauen, deutlich über dem Durchschnitt der Befragten mit 35 Pro- findet sich bei den Wählern und Wählerinnen der CDU, obwohl Sehr nahe an institutioneller Politik während bei allen anderen Parteien das Verhältnis zwischen zent (Grafik 13). Die Wählerschaft der FDP liegt hier sogar diese relativ alt sind12. Männern und Frauen ausgewogener ist (mit Ausnahme der Bei der letzten Bundestagswahl haben nach eigenen Anga- AfD). Grafik 13 | Politikinteresse der 16- bis 35-Jährigen in Baden-Württemberg nach Wahlverhalten ben 7 Prozent der in dieser Studie befragten Personen die „Wie stark interessieren Sie sich für Politik?“ / Basis: n = 1.007 16- bis 35-Jährige in Baden-Württemberg, Angaben in Prozent FDP gewählt (Grafik 12) Die FDP hat dabei keinen klaren Al- FDP und Bündnis 90/Die Grünen gewinnen ihre Wähler und tersschwerpunkt bei den Wählern, während CDU, SPD und Wählerinnen vor allem bei Akademikern. Die SPD hat den Gesamt 10 19 34 22 13 AfD im Altersverlauf hinzugewinnen. höchsten Anteil an Wählern und Wählerinnen bei Befragten mit Lehre oder vergleichbarem Abschluss. Die CDU ist ge- CDU 7 19 39 18 15 Eine interessante Entwicklung deutet sich bei den Freien De- nerell bei „gesettelten“ Personen mit abgeschlossener Aus- mokraten bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg im bildung (= den älteren Befragten) am stärksten. SPD 2 21 31 23 22 März 2021 an. Hier gab es deutliche Zugewinne gegenüber DIE LINKE 3 10 31 37 19 der Wahl vor fünf Jahren insbesondere bei den jüngsten Wäh- lerinnen und Wählern, und hier insbesondere bei den jungen BÜNDNIS 90/ 2 14 35 34 15 Männern. DIE GRÜNEN FDP 2 10 38 22 27 AfD 9 1 34 22 32 Sonstige 7 16 47 23 8 Nichtwähler 20 26 27 18 7 Überhaupt nicht Wenig Mittel Stark Sehr stark 12 73 Prozent der CDU-Wähler in der Stichprobe dieser Studie sind mindestens 25 Jahre alt.
22 Nur mal kurz die Welt retten 23 Der spezifische Zugang der FDP-Wähler und -Wählerinnen j SPD-Wähler und -Wählerinnen: Recht deutlicher Fokus auf Generell ist zu erkennen, dass Befragte, die gewählt haben, in Das Verhalten der Wähler und Wählerinnen der anderen Par- zur Politik zeigt sich auch beim Interesse an spezifischen Demokratie, Bürger - und Menschenrechte der Regel ein stärkeres Interesse an allen politischen Themen teien spiegelt deren politische Positionierung wider: politischen Themen (Grafik 14). Den Schwerpunkten der Par- NB: Sozial- oder Arbeitsmarktpolitik als mögliche weitere haben (Ausnahme: AfD). tei entsprechend, zeigen FDP-Wähler und Wählerinnen mehr SPD-Themen wurden nicht abgefragt! j Stärkste „außerparlamentarische“ Partizipation z.B. an Interesse an Demokratie und Bürgerrechten sowie vor allem Bei den Wählern und Wählerinnen der FDP fällt auf, dass Online-Protest-Aktionen oder Diskussionen im Internet bei auch an Wirtschafts- und Finanzpolitik. Dazu kommen aber j Linke-Wähler und -Wählerinnen: Wähler dieser Partei nen- diese nur an Demokratie und Bürgerrechten klar überdurch- den Wählern und Wählerinnen der Linken. auch Internationale und Kommunalpolitik. Dies sind - bis auf nen die mit Abstand höchste Anzahl interessanter The- schnittlich interessiert sind. Dagegen bleibt das Interesse an Ebenso wie die AfD, polarisiert die Linke gerade in einem Demokratie und Bürgerrechte - Themen, die die Mehrheit der men, neben den „großen Themen“ ist das insbesondere den beiden anderen „großen“ Themen Umwelt- und Klima- Bundesland wie Baden-Württemberg sehr. Die Linke ist jungen Menschen nicht so sehr interessieren. auch die internationale Politik. politik sowie insbesondere den Menschenrechten klar hinter eine klare Entscheidung gegen die „Alt-Parteien“, und ent- den Wählern und Wählerinnen anderer Parteien zurück. Bei sprechend involviert und engagiert sind vermutlich die Die Ergebnisse spiegeln auch sonst die inhaltlichen Schwer- j Bündnis 90/Die Grünen-Wähler und -Wählerinnen: Ver- den Menschenrechten ist das Interesse unter den FDP-Wäh- Wähler dieser Partei. punkte der jeweils gewählten Parteien wieder: gleichsweise monothematische Interessen mit Fokus auf lern und -Wählerinnen sogar niedriger als in der Gesamt- Umwelt- und Klimapolitik sowie Menschenrechte. stichprobe. Die FDP-Wähler und -Wählerinnen zeigen aber j Das größte Protestpotenzial findet sich bei den Wählern j CDU-Wähler und -Wählerinnen: Relativ breit gestreute Inte- überdurchschnittliches Interesse an Wirtschafts- und Fi- und Wählerinnen der AfD (Protestwähler, Nichtwähler aus ressen, aber hier nennen die Wähler im Vergleich mit den j AfD-Wähler und -Wählerinnen: Fokus auf Demokratie und nanzpolitik, Internationaler Politik und Kommunalpolitik. Protest, aber auch Partizipation an politischen Diskussio- anderen etablierten Parteien im Durchschnitt die geringste Bürgerrechte, aber auch auf Wirtschafts- und Finanz- nen im Internet). Zahl relevanter Themen. themen. Die Wähler und Wählerinnen der FDP zeigen sich damit stär- j Im Vergleich am wenigsten über das „Normale“ hinaus- NB: Migrationspolitik oder Gesundheit (Corona!) als mög- ker an den politischen Themen interessiert, die für die breite gehendes Verhalten bei den (älteren und oft schon „ge- liche weitere AfD-Themen wurden nicht abgefragt! Mehrheit der jungen Erwachsenen nicht von so großem In- settelten“) Wählern der CDU. teresse sind. Die Frage nach den Gründen, warum man nicht Mitglied einer Die größte Übereinstimmung mit den Interessen der jungen Partei ist, zeigt bei den FDP-Wählern und -Wählerinnen inte- Erwachsenen insgesamt zeigen die Wähler und Wählerinnen ressante Ausschläge (Grafik 16): Dieser Personenkreis zeigt Grafik 14 | Interesse der 16- bis 35-Jährigen in Baden-Württemberg an verschiedenen politischen Themen nach dem Wahlverhalten bei der letzten Bundestagswahl der Linken. Bei ihnen haben alle drei Top-Themen Demokratie von allen Wählergruppen am häufigsten latentes Interesse an „Wie stark interessieren Sie sich für die folgenden politischen Themen?“ und Bürgerrechte, Menschenrechte sowie Umwelt- und Kli- einer Mitgliedschaft (25 %). Von ihnen werden die Angebote Basis: n = 1.007 16- bis 35-Jährige in Baden-Württemberg, Angaben in Prozent; Top 2 „Sehr stark“ und „Stark“ mapolitik hohe Relevanz. der Parteien gleichzeitig aber auch am häufigsten als nicht interessant gesehen (24 %). Dies spricht dafür, dass es vor Die Wähler und Wählerinnen von Bündnis 90/Die Grünen sind allem an denAngeboten selbst liegt, wenn aus einem latenten dagegen vor allem auf die Umwelt- und Klimapolitik festge- Interesse keine Mitgliedschaft wird. legt, bei den Wählern und Wählerinnen der SPD sind es eher Demokratie und Bürgerrechte 50 60 63 74 Demokratie und Bürgerrechte sowie Menschenrechte. Bei den genutzten politischen Partizipationsformen zeigen Menschenrechte 32 38 49 64 74 sich die Wähler und Wählerinnen der FDP generell sehr engagiert (Grafik 15). Sie haben sich relativ stark am „normalen“ politischen Verhalten (Wahlen, Online-Informa- Umwelt- und Klimapolitik 29 47 50 69 tion zum Wahlprogramm, Diskussionen im eigenen Umfeld), aber auch an Online-Protestaktionen beteiligt. Bildungspolitik 27 37 43 47 50 Internationale Politik, Europa 36 41 44 50 51 Wirtschafts- und Finanzpolitik 33 34 36 44 56 Kommunalpolitik 20 22 26 32 39 0 10 20 30 40 50 60 70 80 BÜNDNIS 90/ Gesamt CDU SPD DIE LINKE FDP AfD DIE GRÜNEN Anzahl der interessierenden Themen Ø 3,6 Ø 3,5 Ø 4,0 Ø 5,0 Ø 4,3 Ø 4,7 Ø 4,6 Lesebeispiel: Von den Befragten, die die FDP gewählt haben, interessieren sich 62 Prozent „stark“ oder „sehr stark“ für das Thema Demokratie und Bürgerrechte, in der Gesamtstichprobe sind es 50 Prozent, bei den Wählern der Linken sind es 74 Prozent. Wähler der FDP geben im Durchschnitt bei 4,7 der angebotenen 7 Themen an, dass sie sich dafür „stark“ oder „sehr stark“ interessieren, in der Gesamtstichprobe sind es 3,6 Themen.
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