OFFENBACH 2019 - SPE C I AL - WIEDERENTDECKUNGEN ZUM 200. GEBURTSTAG 20 JAHRE OFFENBACH EDITION KECK OEK - BOOSEY & HAWKES

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OFFENBACH 2019 - SPE C I AL - WIEDERENTDECKUNGEN ZUM 200. GEBURTSTAG 20 JAHRE OFFENBACH EDITION KECK OEK - BOOSEY & HAWKES
Frühjahr 2018 www.boosey.de

S P ECIA L

Offenbach 2019                                    Verlags-
                                                    News
                                                            en
Wiederentdeckungen zum 200. Geburtstag           im hinter
                                                   Heft-te il
20 Jahre Offenbach Edition Keck OEK
OFFENBACH 2019 - SPE C I AL - WIEDERENTDECKUNGEN ZUM 200. GEBURTSTAG 20 JAHRE OFFENBACH EDITION KECK OEK - BOOSEY & HAWKES
diejenigen Wagners, machte ihn untaug­
                                                                                                                                                                   lich für den Zug ins Monumentale, der
                                                                                                                                                                   einer Spätromantik à la Bruckner zu eigen
                                                                                                                                                                   war. Offenbach misstraute dem Pathos,
                                                                                                                                                                   dem Anspruch auf das „Erhabene“.

                                                                                                                                                                   Die spielerische, persiflierende Vorge­
... so lautet das Motto, unter dem die Stadt und Region Köln          bis zu den Brigands, zu denen – trotz ihrer Notorietät – keine                               hensweise Offenbachs setzt die Beherr­
nächstes Jahr den 200. Geburtstag Jacques Offenbachs mit einer        verlässlichen Ausgaben zur Verfügung standen, sondern auch                                   schung des obwaltenden Formenkanons
Fülle von Veranstaltungen feiern wird ( yeswecancan.koeln). Es        bei den weniger bekannten Werken, die aus Gründen des Zeit­                                  und seiner traditionellen Stilmittel aller­
hätte auch das Motto sein können, mit dem der Verlag Boosey           geschmacks ihren Weg nicht ins Repertoire gemacht hatten. Sie                                dings voraus – und ebenfalls ein hohes
& Hawkes 1999 seine monumentale Offenbach Edition in Angriff          waren aber nach dem Kenntnisstand unseres Herausgebers sowie                                 Maß an Imitationsfähigkeit. Er konnte in
nahm unter der Ägide des Offenbach-Spezialisten Jean-Christophe       namhafter, dem Projekt von Anfang an verbundener Offenbach-                                  der Tat perfekt „im Stile von ...“ schrei­
Keck. Aber das Bonmot lag noch nicht in der Luft. 2019 feiern         Forscher von entscheidender Bedeutung zum Verständnis von                                    ben. Sein Komponieren ist eines in Anfüh­
wir den 20. Geburtstag der Ausgabe zusammen mit dem 200.              Offenbachs Theater und hatten das Potenzial zu einer Neubewer­                               rungszeichen, eines, das den Zitatcharak­
unseres Komponisten, und wir freuen uns, dass dies in so enger        tung. Zu den wichtigsten Schätzen, die es zu heben galt, gehörte                             ter des Produktes erkennbar macht. Sein
Kooperation mit der Stadt Köln, ihren Institutionen, den Organi­      zweifelsohne Offenbachs einzige durchkomponierte romantische                                 Umgang mit den erodierenden Formen
satorinnen und Organisatoren geschehen kann.                          Oper Les Fées du Rhin, mit der das hartnäckige Vorurteil über                                lässt sich auf einen doppelten Nenner
                                                                      Offenbach als ein Komponist der leichten Muse, dem nur am                                    bringen: einen innermusikalischen und
„Ansichten (k)eines Clowns“ – so könnte, in Anlehnung an              Ende seines Lebens einmal eine ernste Oper gelang, nämlich Les                               einen musikdramatischen. Er jongliert
einen anderen großen Sohn der Stadt Köln, Offenbachs Werk             Contes d’Hoffmann, endgültig ausgeräumt werden konnte. Den                                   mit den Formen, reibt sie produktiv anei­
auf den Punkt gebracht werden. Denn Ambivalenz ist wohl das           Wiederentdeckungen der letzten Jahre, die sich der Zusammen­                                 nander, und aus der Reibung entsteht die
                                                                                                                                                                                                                   OEK en marche | Start der Edition 1999 mit Brigitte Fassbaenders Innsbrucker Orphée-Inszenierung
wichtigste Markenzeichen des gar nicht so „kleinen Mozarts der        arbeit mit neugierigen Intendanten, Dramaturgen, Dirigenten                                  Persiflage auf das Klischeehafte, auf das
Champs-Elysées“ (Rossini), der mit Scherz, Satire und Ironie,         und Regisseuren verdanken, ist dieses Heft gewidmet. Vieles                                  schon Versteinerte der Vorlage, auf die
aber eben auch mit tieferer Bedeutung zu jonglieren wusste. Wie       steht noch aus – und wir freuen uns auf die nächsten 20 Jahre –,                             er sich bezieht. Auf einer zweiten Ebene,     wie man zu Recht gesagt hat. Le Papillon            nur als einer der bedeutenden musikthea­
kein Zweiter verlieh er dem Überschwang, dem Elan und dem             aber ein wichtiger und vielleicht der wichtigste Teil der Arbeit ist                         im Verbund mit den Textbüchern (von           ist hochromantisches Ballett, wie auch              tralischen Neuerer, nicht nur als „Hofnarr
Rhythmus der Epoche des 2. Kaiserreichs Ausdruck. Wie kein            bereits geleistet: Das Offenbach-Verständnis ist heute, dank der                             zumeist hervorragender Qualität!), kann       Tschaikowsky es nicht besser komponiert             des romantischen Säkulums“ (was ein gut
Zweiter legte er aber auch den Finger in die Wunden seiner            Pionierarbeit von Jean-Christophe Keck, ein anderes als 1999.                                dann gesellschaftliche Satire entstehen.      hat. (Die Rheinnixen und Le Papillon zei­           gefundenes Dictum Walter Abendroths
Zeit, die der unseren ja nicht so ganz unähnlich ist. Frenesie und    Dank gilt auch dem unermüdlichen Offenbach-Forscher Dr. Peter                                                                              gen übrigens, dass Offenbach sehr wohl              ist) gewürdigt, sondern als Transforma­
Melancholie sind zwei Seiten derselben Offenbach’schen Medail­        Hawig, der uns, wie schon beim Startschuss der OEK, publizis­                                Jonglierendes Spiel ist ein Konstituens der   auch den Zug ins Pathetische und Mo­                tionsriemen seiner Zeit begriffen wird,
le. Es ist diese feine Dissonanz, die immer wieder in den größten     tische Schützenhilfe leistet.                                                                Komödie schlechthin. Im musikgeschicht­       numentale mitmachen konnte, wenn er                 dessen „vokabulare Musik“ in einer Li­
Taumel der Offenbachiaden hineinklingt, und die vielleicht das                                                                                                     lichen Diskurs des zweiten Drittels des       es denn wollte!) Aber solchen perfekten             nie zu sehen ist, die bei Gustav Mahler
Geheimnis ihrer Unsterblichkeit ist. Bereits in den ersten Bespre­    Herzlich Ihre Boosey & Hawkes Promotion                                                      19. Jahrhunderts positioniert Offenbach       Imitaten (in der Regel auf Texte, die die           endet und in diesem Sinne Vorbote der
chungen mit Jean-Christophe Keck wurde die programmatische                                                                                                         das Komödiantische als Seismografen der       Qualität der Offenbachiaden und der Con-            Moderne ist;
Leitlinie für die Ausgabe definiert: Dringenden Handlungsbedarf       Sämtliche Aktivitäten unserer vielen Partner zum Offenbach-Jahr                              Zeit. Anders gesagt: Er sichert der Komö­     tes nicht erreichen), zu denen auch die
gab es nicht nur bei den berühmten opéra-bouffes von Orphée           2019 finden Sie immer aktuell auch online: offenbach-edition.de                              die zu dieser Zeit ihre musikgeschichtli­     „klassischen“ opéras-comiques der Zeit              – wenn in den Operettenführern nicht nur
                                                                                                                                                                   che Dignität. Überflüssig zu sagen, dass      nach 1871 zu rechnen sind, von La Jolie             die fünf internationalen „Klassiker“ Offen­
                                                                                                                                                                   solchem Umgang mit der Tradition immer        Parfumeuse bis Madame Favart und La                 bachs erscheinen (Orphée aux Enfers, La
                                                                                                                                                                   auch Wehmut, Trauer um das Verlorene          Fille du tambour-major, fehlt der ironische         Belle Hélène, La Vie parisienne, La Grande-
                                                                                                                                                                   der klassischen „Unschuld“ zu eigen ist.      Zugriff. Es fehlen die Anführungszeichen,           Duchesse de Gérolstein, La Périchole),
                                                                                                            Zur                                                                                                  die das Imitat als solches durchschaubar
Ein neues Offenbach-Verständnis
                                                                                                                                                                   Das par excellence melancholische Werk                                                            sondern auch Le Pont des Soupirs, Barbe-
                                                                                                                   g
                                                                                                              hrun
                                                                                                        Einfü
                                                                                                                                                                   Offenbachs ist die Oper Fantasio. Und         machen. Ihnen steht demnach, trotz aller            Bleue, Les Brigands und La Princesse de
                                                                                                                                                                   wenn man die Schraube noch ein wenig          musikalischen Schönheit, das Signum des             Trébizonde, Madame l’Archiduc und Ma-
von Peter Hawig                                                                                                                                                    weiter dreht, wenn man, bildlich gespro­      Genialen nicht an, das Offenbach in jenen           dame Favart;
                                                                                                                                                                   chen, die „Maske der Thalia“ nur ein we­      Werken erreicht, in denen er zu erkennen
                                              wohl einem ganzen Land, genauer dessen          1. die überlieferten Formen bis an die                               nig deformiert, entsteht eine Grimasse:       gibt, dass die glückliche Stunde des klassi­        – wenn in den Opernführern neben den
20 Jahre OEK: Warum die                       Hauptstadt Paris, musikalische Flügel, die      Gren­zen des Möglichen zu dehnen –                                   die der Groteske, des Phantastischen, des     schen Formenkanons, als hohe Kunst und              Contes d’Hoffmann auch die Rheinnixen
Mühe einer aufwendigen                        freilich kosmopolitisch sind. Und sie kennt     Beispiel aus der Symphonik: die Riesen­                              „Hoffmannesken“. Darum beruhen die Of­        breite Wirkung noch in eins verschmolzen            und Fantasio besprochen werden;
                                              sehr wohl die Verwandlung ihres Bühnen­         werke Bruckners oder Mahlers,                                        fenbachiaden und die Contes d’Hoffmann        waren, zu Ende geht: langsam, aber si­
Editionsarbeit wie die der                    geschehens in einen „magischen Traum ...,       2. die überlieferten Formen als verbraucht                           auf der gleichen Verfahrensweise, auf         cher. Das Kichern darüber, aber auch die            – wenn in Standardwerken über das Cello
Offenbach Edition Keck?                       als ginge es nicht um wirkliche Personen,       abzulegen und radikal umzugestalten –                                dem gleichen Grundansatz. Zwischen ih­        Wehmut, auch die Abgründe, die sich hier            die drei Dutzend Cello-Duos Offenbachs
                                              sondern um ihr Spiegelbild im Wasser ei­        Beispiel aus dem Musiktheater: das Musik-                            nen geschieht nur eine Akzentverschie­        auftun, spiegeln sich in dem eigentlichen           als kammermusikalische Fundgrube an­

W
            arum all die Mühe um Pro­         nes schlummernden Teiches“ (Robert Pour­        drama Wagners,                                                       bung, und nichts wäre falscher, als darin     Kern seines Œuvres, seinem „Erbe an die             gegeben sind, das Cello-Konzert zum
            dukte eines Unterhaltungsthe­     voyeur über La Princesse de Trébizonde).        3. mit den überlieferten Formen zu spie­                             eine Dichotomie zu sehen.                     Nachwelt“: den 13 Offenbachiaden und                internationalen Repertoire der Solisten
            aters, das keine gravitätischen                                                   len, zu jonglieren, sie zu persiflieren –                                                                          den beiden Opern Fantasio und Les Con-              gerechnet wird und wenn dieses Cello-
Ansprüche auf die Beantwortung letzter        Ich möchte die Frage nach dem Wa­rum und        Beispiel: das Musiktheater Offenbachs in                             Offenbach konnte, wie gesagt, perfekt         tes d’Hoffmann. „Nur“ 15 Werke von un­              Konzert zusammen mit der Ouverture à
Menschheitsfragen erhebt (wie Wagner),        Wozu all der Mühe um Offenbach umfas­           seinen entscheidenden Hervorbringungen.                              imitieren. Niemand hört der Musik von         gefähr 120, die er für die Bühne schrieb!           grand orchestre in den symphonischen
nicht einer ganzen Nation zum musikali­       sender beantworten: nicht in Abgrenzung                                                                              Apothicaire et Perruquier an, dass sie        Was keineswegs heißt, dass es jenseits              Konzertführern vorkommt;
schen Ausdruck verhilft (wie Verdi) oder      von anderen, sondern in Einbettung in den       Offenbachs Schaffen ist also insofern völ­                           1861 geschrieben wurde. Es ist eine Mu­       davon nichts zu entdecken gäbe.
mit gefälligen Traumlandschaften zum Es­      großen Zusammenhang der Zeit. Dabei             lig auf der Höhe der Zeit, als es eine der                           sik aus der Zeit von ca. 1800. Vert-Vert                                                          – wenn die Schüler-Polka, Walzer wie die
kapismus einlädt (wie die Wiener Operet­      gehe ich von der grundsätzlichen Feststel­      drei möglichen Antworten auf einen unum­                             ist opéra-comique reinsten Wassers à la       Und so dürfte es vielleicht erlaubt sein zu         Abendblätter, Les Belles Américaines oder
te)? Weil die Offenbach’sche opéra-bouffe     lung aus, dass Offenbachs Musiktheater          kehrbaren musikgeschichtlichen Prozess                               Auber. Die Rheinnixen, in den Dimensio­       träumen, was eine systematische Arbeit              Souvenir d’Aix-les-Bains in Neujahrskon­
und zumal die Offenbachiade von alldem        eine der drei möglichen Antworten Mitte         bietet, der mit dem Anbruch der Moderne                              nen der französischen grand opéra und,        wie die der OEK in Jahrzehnten erreichen            zerten keine Überraschungen mehr sind.
durchaus etwas beinhaltet. Denn ihr ko­       des 19. Jahrhunderts war, auf die fortschrei­   im frühen 20. Jahrhundert in die Negation                            in Abwandlung eines bekannten Wortes,         kann: Sie hat ihre Aufgabe erfüllt,
                                                                                                                                               Foto: Rupert Larl

mödiantischer Ansatz dreht sich sehr wohl     tende Erosion des noch aus der Klassik          des klassischen Formenkanons mündet.                                 vielleicht „die beste Oper Meyerbeers“,                                                           Das Ende der Zeit mit Überraschungen
um eine „ewige Frage“, nämlich die nach       stammenden musikalischen Formenkanons                                                                                klingen nach spätem Weber, liefern je­        – wenn in den musikgeschichtlichen Dar­             durch Offenbach wird die jetzige Genera­
den Folgeerscheinungen der unausrottbaren     zu reagieren. Es gibt im Prinzip nur drei       Offenbachs skeptisches Naturell machte                               denfalls das „fehlende Kettenglied“ zwi­      stellungen des 19. Jahrhunderts Offen­              tion freilich nicht erleben. Was denn auch
menschlichen Dummheit. Sie verleiht sehr      Möglichkeiten:                                  ihn untauglich für revolutionäre Akte wie                            schen Weber und Wagner verspätet nach,        bach in dem eben skizzierten Sinne nicht            wieder sein Tröstliches hat. ■

2   | Nota Bene special | Frühjahr 2018                                                                                                  Oek                                                                                                                            Nota Bene special | Frühjahr 2018 |           3
OFFENBACH 2019 - SPE C I AL - WIEDERENTDECKUNGEN ZUM 200. GEBURTSTAG 20 JAHRE OFFENBACH EDITION KECK OEK - BOOSEY & HAWKES
OEK-Premieren                                                                             Einspielung
der Künstl e r al s m e lan c h oli s c h e r n a r r                                                                                                                                           15.12.2013 | Royal Festival Hall, London                                                  Sarah Connolly (Fantasio), Brenda Rae (Elsbeth),
                                                                                                                                                                                                (konzertant)                                                                              Russell Braun (Prinz), Robert Murray (Marinoni),
                                                                                                                                                                                                Orchestra of the Age of Enlightenment |                                                   Brindley Sherratt (König), Neal Davies (Sparck),
                                                                                                                                                                                                Mus. Ltg.: Sir Mark Elder                                                                 Victoria Simmonds (Flamel) u. a. | Orchestra of the
                                                                                                                                                                                                                                                                                          Age of Enlightenment | Opera Rara Chorus |

Fantasio                                                                                                                                                                                        13.12.2014 | Badisches Staatstheater
                                                                                                                                                                                                (Deutsche Erstaufführung) Regie:
                                                                                                                                                                                                Bernd Mottl | Mus. Ltg.: Andreas Schüller
                                                                                                                                                                                                                                                                                          Mus. Ltg.: Sir Mark Elder
                                                                                                                                                                                                                                                                                          Opera Rara ORC51
                                                                                                                                                                                                                                                                                            www.opera-rara.com/fantasio.html

Opéra-comique in drei Akten | 1869–70                                                                                                                                                           18.07.2015 | Le Corum, Montpellier
                                                                                                                                                                                                (konzertant) Orchestre national
                                                                                                                                                                                                                                                    Pressestimmen
                                                                                                                                                                                                Montpellier | Mus. Ltg.: Friedemann Layer           „Dieses Revival offenbart ein Werk voll nuancierter Stimmungsumschwünge.
                                                                                                                                                                                                                                                    Offenbachs Unbehagen, als populärer Spaßmacher abgestempelt zu sein, durchdringt
                                                                                                                                                                                                13.02.2016 | Komische Oper Berlin                   die von feiner Melancholie charakterisierte Partitur. Sarah Connolly gab den Träumer
Libretto von Paul de Musset und Charles Nuitter nach der Komödie von                                                                                                                            (konzertant, Uraufführung der Urfassung)            Fantasio mit Understatement.“ (Tim Ashley, The Guardian, 16.12.2013)
Alfred de Musset; dt. Fassung von Carsten Golbeck                                                                                                                                               Mus. Ltg.: Titus Engel
                                                                                                                                                                                                                                                    „Fantasio ist die Geschichte eines Dandys mit scharfer Zunge und weichem Herz,
Uraufführung                                                                                                                                                                                    12.02.2017 | Théâtre du Châtelet, Paris             der sein Leben hingäbe ‚für ein wenig Liebe‘ und dabei so weit geht, halb zum Trotz,
18.01.1872 | Opéra-Comique, Paris                                                                                                                                                               Prod.: Opéra Comique | Regie: Thomas                halb zum Spiel in die Haut des verstorbenen königlichen Hofnarren zu schlüpfen.
                                                                                                                                                                                                Jolly | Mus. Ltg.: Laurent Campellone               Und der damit am Ende die Prinzessin Elsbeth vor einer Zwangsheirat bewahrt, die
Orchesterbesetzung                                                                                                                                                                              Kooperationspartner:                                den Frieden zwischen den Königtümern Bayern und Mantua sichern soll. Über dem
                                                                                                                                                                                                Genf | Premiere: 03.11.2017                         scheinbar sentimentalem Grund liefert das politische Maskenspiel dieser mitten im
2(II=Picc).2.2.2–4.2.3.0–Pkn.Schlz–Str
                                                                                                                                                                                                Mus. Ltg.: Gergely Madaras                          Krieg von 1870 komponierten Oper in fine ein erstaunliches Pazifismus-Manifest.
                                                                                                                                                                                                Rouen | Premiere: 26.01.2018                        Indem die Autokratie (ein hilfloser alter König und ein erschreckend anmaßender
Rollen                                                                                                                                                                                          Mus. Ltg.: Jean-Pierre Haeck    High-               Thronprätendent) der Lächerlichkeit preisgegeben werden, verkündet Offenbach nicht
Der König von Bayern	Lyrischer Bass                                                                                                                                                             sowie die Opern Zagreb           light              weniger als die Befreiung der Völker vom Kriegführen, sobald nur die ‚Entscheider‘
Fantasio, Student	Lyrischer Tenor / Mezzosopran / Sopran                                                                                                                                        und Montpellier                   18 / 19           ihr eigenes Leben zu riskieren hätten.“ (Marie-Aude Roux, Le Monde, 17.02.2017)
Prinz von Mantua	Lyrischer Bariton
Marinoni, sein Adjutant	Tenorbuffo
Prinzessin Elsbeth          Koloratursopran
Flamel, Amme der Prinzessin Mezzosopran
Studenten:
Sparck, 	Bassbariton
                                                                                            Karlsruhe 2014: I. Schlingensiepen, K. Tier
Facio,	Tenor
Max	Tenor
und Hartmann	Bass                                                                         Victor Capoul verkörpert werden, einem
                                                                                          Liebling des Pariser Publikums. Er hatte
Hofstaat, Bürger, Studenten                    gemischter Chor
                                                                                          zuvor schon in Offenbachs Vert-Vert
                                                                                          brilliert, verließ allerdings noch während
Handlung und Hintergrund                                                                  der Fertigstellung des Fantasio Paris gen
„Die Handlung spielt sich zwischen der königlichen Residenz und der Universität mit       London, um nach Ende des Deutsch-
ihren freiheitlich gesinnten Studenten ab, und zwar in München, allerdings in einem       Französischen Krieges nicht zurück­
märchenhaften Opern-München der Romantik. Die hübsche und junge Prinzessin, für           zukehren. Die Ausgabe der OEK enthält
die gar mancher Student schwärmt, soll einen Fürsten heiraten, den sie nicht kennt.       alle drei Fassungen, mit sämtlichen, zum
Die frohen Bürger feiern den Vorabend der Begegnung mit Sang und Fackelzug. Die           Teil stark unterschiedlichen Varianten.
Studenten teilen nicht unbedingt diesen Jubel der Unbekümmerten, und besonders
Fantasio bedauert die Prinzessin, die ihre erste Liebe an einen ihr völlig Fremden ver-   Kaufausgabe
schenken soll. Gerne nimmt er die Gelegenheit war, sich als Hofnarr zu verkleiden, um     Klavierauszug (frz., Fassung Paris 1872)
so helfend in ihre Nähe zu kommen, umso mehr, als er jeden Augenblick Gefahr läuft,       ISMN 979-0-2025-3472-4
seiner Schulden wegen von der Polizei aufgegriffen und hinter Schloss und Riegel
gesetzt zu werden. Zufällig ist der alte Hofnarr gerade gestorben und wird pathetisch
ironisch zu Grabe getragen. Fantasio erklettert im Narrenkostüm die Parkmauer
und verschwindet dem Abenteuer und der Prinzessin entgegen ins Dunkel ...”
(Ludwig Berger)
                                                                                                                                                Fotos: Falk von Traubenberg | Pierre Grosbois

Das lange und zu Unrecht vernachlässigte Meisterwerk Fantasio – ein Teil des Partitur­
autografs befindet sich in London, ein weiterer in New York, und ein weiterer im
Archiv eines Zweiges der Familie Offenbach, dessen Türen sich erst vor kurzem geöff-
net haben – ist ein ‚missing link‘ zwischen Offenbachs großer romantischer Oper Les
Fées du Rhin und seinem musiktheatralischen Vermächtnis, den Contes d’Hoffmann.
Es existiert in drei Fassungen: die sogenannte „version de Paris“, die Fassung der Ur-
aufführung des Werkes im Januar 1872, in der die Titelpartie von einem Mezzosopran
gesungen wird; die Wiener Fassung, die am 21.02.1872 zur Erstaufführung kam und in
der Offenbach die Titelpartie für Marie Geistinger in eine Sopran-Partie umarbeitete;
schließlich die Urfassung des Werkes, in der die Titelpartie für Tenor konzipiert ist.
                                                                                                                                                                                                  Paris 2017: Marianne Crebassa (Fantasio), Marie-Eve Munger (Elsbeth) und Franck Leguérinel (König)
Denn die Rolle des melancholischen Studenten Fantasio sollte ursprünglich von

4   | Nota Bene special | Frühjahr 2018                                                                                                   Oek                                                                                                                                                           Nota Bene special | Frühjahr 2018 |     5
OFFENBACH 2019 - SPE C I AL - WIEDERENTDECKUNGEN ZUM 200. GEBURTSTAG 20 JAHRE OFFENBACH EDITION KECK OEK - BOOSEY & HAWKES
OEK-Premieren
g ros s e Op e r Zw isc h e n M ac h t un d M ä r c h e n                                                                                                                                                           30.07.2002 | Festival de Montpellier
                                                                                                                                                                                                                    (vollständige Uraufführung konzertant)
                                                                                                                                                                                                                    Orchestre National de Montpellier |
                                                                                                                                                                                                                    Mus. Ltg.: Friedemann Layer

Les Fées du Rhin                                                                                                                                                                                                    13.01.2005 | Cankarjev Dom, Ljublana
                                                                                                                                                                                                                    (vollständige Uraufführung szenisch)
                                                                                                                                                                                                                    Regie: Manfred Schweigkofler |
                                                                                                                                                                                                                    Mus. Ltg.: Dieter Rossberg
Romantische Oper in vier Akten | 1863–64                                                                                                                                                                            Folgeauff. Winterthur, St. Pölten, Bozen

                                                                                                                                                                                                                    15.04.2005 | Theater Trier
                                                                                                                                                                                                                    (vollständige deutsche Erstaufführung)
                                                                                                                                                                                                                    Regie: Bruno Berger-Gorski |
Libretto von Nuitter (Charles Louis Étienne Truinet) und Jacques Offenbach;             schütterungen zu Verstand und schwört                                                                                       Mus. Ltg.: István Dénes
originale dt. Fassung von Alfred von Wolzogen                                           am Ende dem Kriegshandwerk ab.                                                                                              mit Folgeaufführung in Bad Ems

Uraufführung                                                                            Die Oper kam 1864 unter dem irrigen                                                                                         01.12.2005 | Opéra National de Lyon            Ljubljana 2005: Jože Vidic (Conrad)
08.02.1864 | Hofoper, Wien                                                              Titel Die Rheinnixen heraus, allerdings in                                                                                  (konzertant) Mus. Ltg.: Marc Minkowski |
                                                                                        einer zerstückelten, dreiaktigen Fassung,                                                                                   mit Brigitte Hahn, Nicolas Cavallier u. a.
Orchesterbesetzung                                                                      da der Tenor Alois Ander seine Rolle                                                                                                                                     Pressestimmen
                                                                                        nicht vollständig lernen konnte (er starb                                                                                   27.05.2006 | Staatstheater Cottbus           „Eine musikgeschichtlich einzigartige Schöpfung." (Wolfgang Kutzschbach, Das
3(III=Picc).2(I,II=EH).2.2–4.2.3.1–Pkn.Schlz(3)–2Hrf–Str                                einige Monate nach der Uraufführung                                                                                         (halbszenisch) Regie: Martin Schüler |       Opernglas 9/2002)
Bühnenmusik: 2Fl.2Ob.2Fg–2Hr–Str(5.3.0.0.0); 2Trp hinter der Bühne                      vermutlich an einem Gehirntumor). Etwa                                                                                      Mus. Ltg.: Reinhard Petersen
                                                                                        eine Stunde Musik war damals gekürzt                                                                                        mit Folgeaufführungen in Potsdam             „Dies ist nicht nur eine wundervolle Wiederentdeckung – es ist nicht weniger als
Rollen                                                                                  worden – darunter einige der aufregends-                                                                                                                                 ein gänzliches aggiornamento, nach dem niemand je wieder das vielgestaltige
Conrad von Wenckheim,                                                                   ten Passagen des Werkes. Im Rahmen                                                                                          07.10.2007 | Opernhaus Zürich                Genie Jacques Offenbachs auf die gleiche Weise wird beurteilen können. Ein
Anführer der Landsknechte                                                               der OEK konnte erstmals eine kohärente                                                                                      (gekürzte Fassung, konzertant)               bemerkenswerter musikwissenschaftlicher Fortschritt, eine unverzichtbare
im Dienst des Kurfürsten von der Pfalz Kavalierbariton                                  Ausgabe erstellt und das Werk für den                                                                                       Mus. Ltg.: Marc Minkowski | mit Malin        Anerkennung für diesen auf trügerische Weise populären Komponisten.“ (Jacques
Franz Baldung, ebenso	Jugendlicher Heldentenor                                          Aufführungsbereich erschlossen werden.                                                                                      Hartelius, Nora Gubisch, Michael Volle       Duffourg, resmusica.com, 8/2002)
Gottfried, ein Jäger aus dem Nahetal	Bassbariton
                                                                                        Armgard ist sowohl handelnde Person                                                                                         25.12.2007 | Stadttheater Bremerhaven        „Jetzt ist das musikalisch reiche Werk in seiner wahren Dimension zu entdecken: als
Hedwig, Besitzerin eines
                                                                                        als auch symbolisch erhöhte Figur. Sie                                                                                      Regie: Peter Grisebach | Mus. Ltg.:          Panorama über die Misere des Kriegs und den Glauben an die Liebe ... Wir blicken
Sickingen’schen Pachthofes am Rhein	Dramatischer Mezzosopran
                                                                                        steht für die 1864 noch immer virulente                                                                                     Hartmut Brüsch                               auf den Seelengrund des Musikdramatikers Offenbach, aus dem heraus dieses
Armgard, deren Tochter	Lyrischer Sopran (mit Koloratur)
                                                                                        Sehnsucht nach einem geeinten Deutsch-                                                                                                                                   erstaunliche Werk entstanden ist: dramaturgisch stringent in seiner melodischen
Eine Fee	Sopran                                                                         land – neben dem „Elfenlied“, das später                                                                                    21.10.2009 | New Sussex Opera                Eloquenz und szenisch flexiblen Orchesterdramatik insgesamt und mit unerhörten
Erster Landsknecht	Tenor                                                                als „Barcarolle“ in Les Contes d’Hoffmann                                                                                   (britische EA, konzertant)                   Momenten im Einzelnen. Faszinierend die Spannweite zwischen drängender Dramatik,
Zweiter Landsknecht	Bariton                                                             Berühmtheit erlangte, durchzieht Offen-                                                                                     Mus. Ltg.: Nicholas Jenkins                  intimer Lyrik und ,phantastischer‘ Tonmalerei ... Die Fées du Rhin rücken das wahre
Ein Bauer	Tenor                                                                         bachs 1848 komponiertes „Vaterlands-                                                                                                                                     Format Offenbachs nur um so mehr in ein helles Licht, als sie mit vielem vergleichbar
Winzer, Bauern, Landsknechte           gemischter Chor                                  lied“ die Oper als ein zweiter musikali-                                                                                    24.02.2018 | Ungarische Staatsoper           sind, was damals zwischen Weber und Meyerbeer, Verdi und Wagner Oper bedeuten
                                                                                        scher roter Faden – doch eine Einigung                                                                                      (ungarische EA) Regie: Ferenc Anger |        konnte. Was sich abzeichnet, ist die Vision einer anderen Musikgeschichte.“ (Herbert
Elfen, Geister des Rheins                      Frauenchor, Ballett
                                                                                        wird hier beschworen, die nicht das                                                                                         Mus. Ltg.: Gergely Kesselyák                 Büttiker, Der Landbote, 25.02.2005)
                                                                                        Ergebnis machtpolitischer Spekulationen
Handlung und Hintergrund                                                                                                                                                                                                                               h-
                                                                                        à la Bismarck ist, sondern der kulturellen                                                                                  28.09.2018 | Opéra de Tours Hight            „Mögen die Rheinnixen in der von Jean-Christophe Keck akribisch edierten Edition
In Deutschland tobt ein Krieg unter den Kleinstaaten, Provinzen und Fürstentümern.      Identität. Ein außerordentliches Doku-                                                                                                                     lig
                                                                                                                                                                                                                    Regie: Pierre-Emmanuel                       ihren Siegeszug auf den Bühnen der Welt antreten.“ (Dieter-David Scholz, Opernwelt,
Die Landgrafen der Pfalz, Hessens und Triers haben sich gegen den Grafen Franz von      ment europäischer Romantik!                                                                                                 Rousseau | Mus. Ltg.: Benjamin Pionnier      3/2005)
Sickingen verbündet, dessen Burg unweit Kreuznach von den Pfälzischen Landsknech-                                                                                                                                   Übernahme ab 02.11.2018 am
ten unter der Führung Conrad von Wenckheims eingenommen werden soll. Ein Haupt-         Kaufausgabe                                                                                                                 Theater Biel-Solothurn
mann der Wenckheimschen Truppe ist Franz Baldung, der seit einer Kriegsverletzung       Klavierauszug (dt.)

                                                                                                                                           Fotos: Robert Baden – SNG Opera in balet Ljubljana | Friedemann Vetter
am Kopf an einer Amnesie leidet. So fehlt ihm jegliche Erinnerung, als die Soldaten     ISMN 979-0-2025-3039-9
durch seinen Heimatort ziehen und auf einem der Sickingen’schen Pachthöfe Quartier
machen. Dort leben Hedwig und ihre Tochter Armgard, Franz’ Jugendliebe, die wäh-
rend des abendlichen Gelages von Wenckheim und den Landsknechten drangsaliert
wird. Erst als Armgard, die zur Unterhaltung der Soldaten singen muss, scheinbar tot
zusammenbricht, erwacht Franz aus seinem Trauma.

Traum und Realität durchkreuzen sich in den nun folgenden nächtlichen Ereignissen,
in denen das durch Menschen verursachte Chaos durch Elementargeister auf die Spit-
ze getrieben wird, wodurch sich erst der Wahn lösen kann. Wenckheim lässt seine Sol-
daten zur Sickingschen Burg vorrücken, die im Morgengrauen genommmen werden
soll. Doch der Sickingen treue Jäger Gottfried, als Ortskundiger gezwungen, den Trupp
                                                                                                                                                                                                                    Einspielung
durch den nächtlichen Wald zu führen, bringt die Soldaten zum Elfenstein, wo sie dem                                                                                                                                Regina Schörg (Armgard), Nora Gubisch
Zauber der elfischen Gesänge erliegen sollen. Armgard, die nicht gestorben, sondern                                                                                                                                 (Hedwig), Piotr Beczala (Franz), Dalibor
lediglich in Ohnmacht gefallen war, mischt sich unter die Elfen, um Franz zu retten.                                                                                                                                Jenis (Conrad) u. a. | Chor des Lettischen
Hedwig will sich an Conrad rächen, in dem sie den Mann wiedererkennt, der sie vor                                                                                                                                   Rundfunks | Orchestre National de Mont-
vielen Jahren durch eine vorgetäuschte Eheschließung betrog und der Vater ihrer                                                                                                                                     pellier | Mus. Ltg.: Friedemann Layer
                                                                                                                                                                                                                                                                   Trier 2005: Eva Maria Günschmann (Hedwig), Jana Havranová (Armgard)
Tochter ist. Aber auch der zynische Krieger Conrad kommt durch die seelischen Er-                                                                                                                                   Universal / Accord CD 472 920-2

6   | Nota Bene special | Frühjahr 2018                                                                                              Oek                                                                                                                                                                              Nota Bene special | Frühjahr 2018 |   7
OFFENBACH 2019 - SPE C I AL - WIEDERENTDECKUNGEN ZUM 200. GEBURTSTAG 20 JAHRE OFFENBACH EDITION KECK OEK - BOOSEY & HAWKES
Der rettende Ratschlag für Fridolin                OEK-Premieren
Gen re- exp e r im e nt in be w e g t e r Z e i t                                                                                                                        kommt von Quiribibi, einem uralten
                                                                                                                                                                                                                            12.12.2015 | Opéra de Lyon
                                                                                                                                                                         Zauberer: Wenn Fridolin in den Besitz
                                                                                                                                                                                                                            Regie: Laurent Pelly | Mus. Ltg.: Victor Aviat
                                                                                                                                                                         des Rings von König Salomon gelangt,
                                                                                                                                                                                                                            mit Folgeaufführungen ab 01.02.2018 Opéra, Lille | Mus. Ltg.: Claude Schnitzler
                                                                                                                                                                         dann gibt es Hoffnung für ihn. Die Suche
                                                                                                                                                                         danach führt den Prinzen und seine we-                                                                                  ight
                                                                                                                                                                                                                            03.11.2018 | Staatsoper Hannover                              Highl

Le Roi Carotte
                                                                                                                                                                         nigen ihm treu gebliebenen Begleiter auf                                                                            18 / 19
                                                                                                                                                                                                                            Regie: Matthias Davids | Mus. Ltg.: Valtteri Rauhalammi
                                                                                                                                                                         einer Zeitreise ins antike Pompeji – und
                                                                                                                                                                         weiter in eine unterirdische Ameisen­
                                                                                                                                                                         kolonie, ins Reich der Insekten und auf            Pressestimmen
Opéra-bouffe-féerie in vier Akten | 1871–72                                                                                                                              eine karibische Affeninsel. Dort erkennt
                                                                                                                                                                         er Rosée-du-soirs wahre Identität, ent-
                                                                                                                                                                                                                            „Seit Jahren wartet man auf diesen Roi Carotte: vielleicht das verrückteste, irrwitzigste
                                                                                                                                                                                                                            Werk vom Vater der Contes d’Hoffmann. Mitunter wird geglaubt, Offenbachs Musik sei
                                                                                                                                                                         brennt in Liebe zu ihr und schwört, sich           mit dem Zweiten Kaiserreich verschwunden – dabei waren seine Opern der 1870er
                                                                                                                                                                         ihrer würdig zu erweisen.                          Jahre noch ambitionierter, und sie boten eine verschwenderische Virtuosität auf, um
                                                                                                                                                                                                                            das Publikum zu verführen.“ (Nicolas d’Estienne d’Orves, Le Figaro, 19.12.2015)
                                                                                                                                                                         Die guten Tage von König Karotte, der
Libretto von Victorien Sardou; dt. Fassung von Jean Abel                                  Handlung                                                                       sich als noch schlechterer Regent erwie-           „Auf halbem Weg zwischen der Schönen Helena und Hoffmanns Erzählungen
                                                                                          Prinz Fridolin ist ein schlechter Regent                                       sen hat als vor ihm Fridolin, sind unter-          angesiedelt, verströmt Offenbachs geniale Musik unendlichen Einfallsreichtum,
Uraufführung                                                                              und nur auf Vergnügungen aus. Die                                              dessen gezählt. Er welkt zunehmend vor             gespickt mit ‚gelahrten‘ Zitaten und Parodien seiner ‚ernsthafteren‘ Komponisten­
15.01.1872 | Théâtre de la Gaîté, Paris                                                   Staatskassen sind leer. Eine Hochzeit                                          sich hin. Die Bürger der Stadt zetteln             zeitgenossen. Und das in jener subtilen Mischung aus Melancholie und Heiterkeit, die
                                                                                          mit Prinzessin Cunégonde aus dem be­                                           eine Revolution gegen ihn an, aber die             im deutschen Sprachraum so schwer verstanden wird ... Wenn es mit rechten Dingen
Orchesterbesetzung                                                                        nachbarten Königreich soll ihn aus der                                         Hexe Coloquinte beruhigt ihn: Keine                zuginge, müsste die EU nach der Gurkenrichtlinie nun eine Karottenrichtlinie erlassen:
                                                                                          prekären Lage befreien. Er spekuliert                                          menschliche Hand könne ihn entthronen.             gefälligst sofort überall nachzuspielen!“ (Robert Quitta, Die Presse, 20.12.2015)
2(II=Picc).2.2.2–2.2.3.0–Pkn.Schlz(3)–Str; 2 Trp hinter der Bühne
                                                                                          auf die Mitgift, will Cunégonde aber nur                                       Doch Coloquinte hat die Rechnung ohne
                                                                                          zur Frau nehmen, wenn sie ihm auch                                             Robin-Luron gemacht. Am Ende von                   „Meisterwerk – das Wort ist nicht übertrieben, zu solchen Höhen schwingt sich
Rollen                                                                                    gefällt. Robin-Luron, ein guter Geist mit                                      Fridolins Odyssee bringt der gute Geist            Offenbachs Einfallsreichstum hier empor, sich durch elf Bilder immer wieder
Fridolin XXIV., Erbprinz von Krokodyne	Jugendlicher Heldentenor                           Zauberkräften, der zunächst als Student                                        einen Affen ins Spiel, mit dessen Hilfe die        erneuernd. Diese geben zu zahlreichen Chören und Ensembles Anlass und fegen im
Le Roi Carotte (König Karotte)	Spieltenor                                                 verkleidet ins Spiel kommt, will ihn auf                                       Hexe, König Karotte und sein gesamter              Lauf der Erzählung vorbei, vom apokalyptischen Vesuv-Ausbruch über eine komische
Truck, Hofnekromant	Hoher lyrischer Bariton                                               den rechten Weg zurückführen. Seine                                            Gemüse-Hofstaat unter die Erde zurück              Ode an die Eisenbahn, ein brillantes Ameisen-Defilee bis zu einer Szene, die an die
                                                                                          Gegenspielerin ist die böse Hexe Colo-                                         verbannt werden. Prinz Fridolin kehrt als          Schrecken der Pariser Commune erinnert.“ (Emmanuel Dupuy, Diapason, 16.12.2015)
Pipertrunck, Polizeichef	Spielbass
                                                                                          quinte, die sich Fridolins Absetzung als                                       besserer Mensch und Herrscher zurück
Quiribibi, Zauberer	Charakterbariton
                                                                                          Landesherrscher zum Ziel gesetzt hat,                                          auf den Thron und vermählt sich mit                „Fabelhafte Wiederentdeckung eines Offenbach-Stücks, das ziemlich politisch ist, und
Baron Koffre, Groß-Schatzmeister	Spieltenor                                               weil sie von dessen Vorfahren gedemü-                                          Rosée-du-soir.                                     so unterhaltsam wie kein zweites.“ (Beate Langenbruch, Bachtrack, 17.12.2015)
Graf Schopp, Berater 	Spielbass                                                           tigt wurde. Im Turm des alten verlasse-
Psitt, Kammerherr 	Bariton                                                                nen Königsschlosses hält sie Rosée-du-
Marschall Trac, Kriegsminister 	Spieltenor                                                soir, die Tochter eines Grafen, gefangen
Robin-Luron, ein Geist                          Mezzosopran                               und lässt sie für sich arbeiten. Rosée ist
Rosée-du-soir	Lyrischer Sopran                                                            unendlich verliebt in Prinz Fridolin.
Prinzessin Cunégonde                            Mezzosopran
                                                                                          Für ein erstes Treffen mit Prinzessin
Coloquinte, Zauberin 	Sprechrolle
                                                                                          Cunégonde tritt Fridolin incognito in
Baronin Koffre	Soubrette                                                                  Erscheinung, um ihr Wesen zu ergrün-
Gräfin Schopp	Lyrischer Sopran oder Mezzosopran                                           den. Als Lebemann ist er entzückt von
Marschallin Trac	Soubrette                                                                der ungenierten und weltläufigen Art der
Madame Pipertrunck	Lyrischer Sopran oder Mezzosopran                                      Prinzessin. Er eröffnet seinem Kabinett –
Höflinge und Kurtisanen, Studentinnen und                                                 bestehend aus dem nichtsnutzigen Geister­
Studenten, Sklavinnen, Römer, Perser, Soldaten,                                           beschwörer Truck, dem Polizeichef
Gladiatoren, Komödianten, Brauer, Gastwirt,                                               Pipertrunck, dem Schatzmeister Baron
Herold, Polizist, Insekten, das Echo            Nebenrollen/Chorsoli                      Koffre und einigen anderen –, dass er sie
Volk, Soldaten, Hofstaat, Rüstungen, Gemüse-                                              heiraten wird, auch wenn sie ohne die er-
Gefolge, Bewohner Pompejis, Insekten, Affen     gemischter Chor                           hoffte Mitgift kommt. Ein festlicher Emp-
                                                                                          fang zu ihren Ehren findet ein jähes Ende
                                                                                          durch den Auftritt von König Karotte
Hintergrund                                                                               und seinem Gefolge aus allerlei Gemüse.
Le Roi Carotte zählt zu den aufwendigsten Editionsprojekten im Rahmen der Offenbach       Coloquinte hat die Gewächse des könig-
Edition Keck OEK und wurde bei den International Opera Awards 2016 in der Katego-         lichen Gartens lebendig werden lassen.
rie „Wiederentdeckung“ ausgezeichnet. Mit diesem Werk schufen Jacques Offenbach           Durch bösartige Verwechslungsspiele
und sein genialer Librettist Victorien Sardou – einer der erfolgreichsten französischen   verdrängt König Karotte den Prinzen vom
Bühnenautoren der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – nicht weniger als ein neues,      Thron und vertreibt ihn aus der Stadt.
revueartiges Genre: eine Kreuzung aus opéra-bouffe und opéra-féerie, angesiedelt          Auch die plötzlich lebendig gewordenen
zwischen Politsatire und großer Ausstattungsoper, ein Kaleidoskop von Elementen           Rüstungen von Fridolins Vorfahren, die
europäischer Kulturgeschichte von der Antike bis zur Romantik. Der Aufwand bei der        dieser leichtfertig verkauft hatte, rächen
Pariser Uraufführung 1872 war enorm, mehr als 22 Bühnenbilder, 200 Akteure und            sich nun für den Mangel an Ehrerbietung
                                                                                                                                               Foto: Bertrand Stofleth

über 1.000 Kostüme verzeichnen die Annalen. Enorm war aber auch der Erfolg: Fast          und verfluchen Fridolin. Rosée-du-soir
200 Aufführungen gab es innerhalb eines halben Jahres allein in Paris; New York,          wurde mittlerweile von Robin-Luron aus
London und Wien folgten. Die humanistische Botschaft hinter dem Zauber eines der          ihrem Gefängnis befreit. Als Bursche
opulentesten und teuersten Bühnenspektakel des gesamten 19. Jahrhunderts wurde            verkleidet, eilt sie Fridolin nach und lässt
                                                                                                                                                                           Lyon 2015: Christophe Mortagne (Le Roi Carotte) und Antoinette Dennefeld (Cunégonde)
allerdings von den Zeitgenossen kaum wahrgenommen.                                        sich von ihm als Knappe anheuern.

8   | Nota Bene special | Frühjahr 2018                                                                                                  Oek                                                                                                                                 Nota Bene special | Frühjahr 2018 |    9
OFFENBACH 2019 - SPE C I AL - WIEDERENTDECKUNGEN ZUM 200. GEBURTSTAG 20 JAHRE OFFENBACH EDITION KECK OEK - BOOSEY & HAWKES
Handlung
Ti telheld : e in H u nd !                                                                                                                                                                                                      Auf dem Markt in Lahore preisen die bei-

                                                                             High-
                                                                                                                                                                                                                                den Händlerinnen Maïma und Balkis ihre
                                                                                                                                                                                                                                Waren an. Bababeck, der korrupte Mund-
                                                                             light                                                                                                                                              schenk des amtierenden Gouverneurs,
                                                                              18 / 19                                                                                                                                           macht ihnen Avancen. Der schon etwas

Barkouf                                                                                                                                                                                                                         in die Jahre gekommene Witwer bildet
                                                                                                                                                                                                                                sich noch einiges auf seine Attraktivität
                                                                                                                                                                                                                                ein. Er sehnt deshalb den Tag herbei, an
                                                                                                                                                                                                                                dem er seine hässliche Tochter Périzade
Opéra-bouffe in drei Akten | 1860                                                                                                                                                                                               unter die Haube gebracht hat, um sich
                                                                                                                                                                                                                                dann ganz seinen eigenen Vergnügun-
                                                                                                                                                                                                                                gen hingeben zu können. Aus der Nähe
                                                                                                                                                                                                                                dröhnt der Lärm eines Aufstandes herü-
                                                                                                                                                                                                                                ber. Bababeck eilt, nachzusehen. Balkis
Libretto von Eugène Scribe und Henry Boisseaux                                           leske und Drama fortwährend ineinan-                                                                                                   macht sich Sorgen um ihren Geliebten
                                                                                         derspielen, in dem sich grotesk-komische                                                                                               Xaïloum, der bei keiner Provokation
Uraufführung                                                                             Tableaus in der Nachfolge Rossinis mit                                                                                                 fehlt. Auch Maïma schüttet ihr Herz aus
                                                                                         den zartesten lyrischen Eingebungen                                                                                                    und berichtet Balkis von dem traurigen
24.12.1860 | Opéra-Comique, Paris
                                                                                         abwechseln. Barkouf wird, das ist zu er-                                                                                               Verlust ihres Geliebten Saëb und ihres
                                                                                         warten, die wichtigste Wiederentdeckung
Orchesterbesetzung                                                                       im Offenbach-Jahr 2019.
                                                                                                                                                                                                                                treuen Hundes Barkouf, die beide vor ei-
                                                                                                                                                                                                                                niger Zeit von Soldatenwerbern entführt
2(II=Picc).2.2.2–4.2.3.0–Pkn.Schlz–Str                                                                                                                                                                                          worden sind.
                                                                                         OEK-Premiere
Rollen                                                                                   07.12.2018 | Opéra National du Rhin,                                                                                                   Inzwischen ist wieder einmal ein Gouver-
Bababeck, Großwesir                                                                      Strasbourg                                                                                                                             neur aus dem Fenster gestürzt worden. In
des Gouverneurs von Lahore	Tenorbuffo                                                    Regie: Mariame Clément | Mus. Ltg.:                                                                                                    regelmäßigen Abständen verschafft sich
                                                                                         Jacques Lacombe                                                                                                                        das ausgebeutete und drangsalierte Volk
Der Großmogul	Spielbass
                                                                                                                                                                                                                                auf diese Weise Luft, mit dem Ergebnis,
Saëb	Lyrischer Tenor
                                                                                                                                                                                                                                dass der vom Großmogul ernannte Nach-
Kaliboul, Eunuch	Charaktertenor                                                                                                                                                                                                 folger die Provinz für gewöhnlich noch
Xaïloum	Lyrischer Tenor                                                                                                                                                                                                         drakonischer regiert als sein Vorgänger.
Maïma, junge Blumenverkäuferin          Koloratursopran                                                                                                                                                                         Unter den Aufständischen befindet sich,
Balkis, Orangenverkäuferin	Sopran oder Koloraturmezzo                                                                                                                                                                           wie vermutet, auch Xaïloum.
Périzade, Bababecks Tochter	Sopran oder Mezzosopran                                        Das richtige Stück aber
                                                                                                                                                                                                                                Der Großmoguls trifft in der aufrühre-
Händlerinnen und Händler, Volk, Diener,                                                    am falschen Ort – in den                                                                                                             rischen Stadt ein. Statt Bababeck, wie
Beamte, Soldaten, Herolde, Wächter,
Sklaven, Gefangene                      gemischter Chor                                    Bouffes-Parisiens hätte                                                                                                              dieser hofft, zum neuen Gouverneur zu
                                                                                                                                                                                                                                ernennen, beschließt der Großmogul
                                                                                           Barkouf vermutlich                                                                                                                   ein Exempel zu statuieren und macht
Hintergrund                                                                                reüssiert, in der Opéra-                                                                                                             kurzerhand seinen Hund zum neuen
Zwei Jahre nach dem triumphalen Erfolg des Orphée aux Enfers machte Offenbach dem                                                                                                                                               Regierungschef von Lahore. Bababeck
Pariser Publikum ein skurriles Weihnachtsgeschenk: am 24.12.1860 kam in der Opéra-         Comique empfand man                                                                                                                  wird in den Rang eines Wesirs erhoben,
Comique, in dem Haus, in dem er 1835/36, fast noch ein Kind, als Cellist im Orchester-     einen Hund in der Titel­                                                                                                             der die Gesetze und Anordnungen des         Doch die kluge junge Frau macht sich        der freigelassene Xaïloum. Allerdings
graben gedient hatte, seine opéra-bouffe Barkouf zur Uraufführung – sein erstes Werk                                                                                                                                            Gouverneur-Hundes pünktlich umzuset-        den Plan zu eigen und „übersetzt“ das       versteht er nur jedes zweite Wort und
für die Salle Favart. Ein Hund in der Hauptrolle einer bittersüßen Polit­satire: damit     rolle als Affront. Die                                                                                                               zen habe, andernfalls ihn, Bababeck, eine   Gebell des Hundegouverneurs zu ihrem        kann Maïma und seiner geliebten Balkis,
konnte zwar das Pariser Publikum leben – bei der Premiere mussten sogar drei Num-          Presse – allen voran                                                                                                                 harte Strafe erwarte. Maïma fällt fast in   eigenen Nutzen – und zu dem des Volkes.     die mit Maïma in den Palast gezogen ist,

                                                                                                                                          Abb. unter Verwendung eines Porträts Napoleons III. von Alexandre Cabanel (um 1865)
mern wiederholt werden –, aber nicht die öffentliche Meinung. Wie schon beim Orphée                                                                                                                                             Ohnmacht, als sie im Gefolge des Groß-      So begnadigt sie nicht nur den zum Tode     nur sehr ungenauen Rapport machen.
wurde Offenbach des schlechten Geschmacks und der Sittenlosigkeit bezichtigt, dazu         Berlioz – diffamierten                                                                                                               moguls nicht nur den vermissten Saëb als    verurteilten Xaïloum und verbietet die      Maïma, die sich mittlerweile mit Saëb
kamen Angriffe auf seine unerwartet komplexe Musik, die ihm sogar den Vergleich mit        die Partitur wegen ihrer                                                                                                             Soldaten der Leibwache wiedererkennt,       Hochzeit Périzades mit Saëb, sondern        aussprechen konnte und nun über
dem in Paris schlecht gelittenen Richard Wagner einbrachte.                                                                                                                                                                     sondern in dem soeben inthronisierten       stimmt einer Petition der Bürger Lahores    die Hintergründe seiner Zwangsehe
                                                                                           Modernität ausgerechnet                                                                                                              Hund auch ihren Barkouf!                    zu, in der um eine Senkung der erdrü-       Bescheid weiß, ist vorgewarnt. Sie stellt
Anders als beim Orphée verhalf der Presserummel dem Werk aber nicht zum Durch-             als wagnerianisch. Dabei                                                                                                                                                         ckenden Steuerlast gebeten wird. Baba-      den Verschwörern eine Falle. Während
bruch, sondern zu seiner Absetzung nach nur acht Vorstellungen. Barkouf wurde                                                                                                                                                   Bababeck hat Beweise, dass Saëbs Vater      beck, zum Opfer seiner eigenen Intrige      des abendlichen Banketts wird Barkouf
nie veröffentlicht, bis auf zehn Einzelnummern als Klavierauszug, und die Partitur         geht es um Denunzie­                                                                                                                 einen Anschlag auf den vorletzten Gou-      geworden, sinnt auf Rache.                  ein Gift in seinen Wein geträufelt. Doch
verschwand auf lange Zeit in einem Archiv der Nachkommen des Komponisten, bis sie          rung einer zynischen                                                                                                                 verneur plante, und erpresst ihn: Saëb                                                  Maïma fordert die Verschwörer im Na-
von Offenbach-Herausgeber Jean-Christophe Keck kürzlich wiederentdeckt wurde und                                                                                                                                                soll Périzade heiraten. Nun bedarf es für   Um Maïma Einhalt zu gebieten, bleibt        men des Gouverneurs auf, vom selben
nun aus Anlass von Offenbachs 200. Geburtstag in der Offenbach Edition Keck OEK            Politik – kein anderes                                                                                                               den Vollzug der Ehe der Zustimmung des      nur ein Mittel: Der Gouverneur selbst       Wein auf sein Wohl zu trinken, wodurch
herausgegeben wird.                                                                        Werk Offenbachs ist von                                                                                                              neuen Gouverneurs. Doch der kläffende       muss aus dem Weg geschafft werden.          der Coup auffliegt. In diesem Augenblick
                                                                                                                                                                                                                                und bissige Hund lässt niemand an sie       Bababeck und die arbeitslos gewordenen      stürmen die Tartaren in die Stadt. Das
Als Satire auf Absolutismus und patriarchale Herrschaftsformen stellt Barkouf zwei-        größerer Aktualität.                                                                                                                 heran. Bababeck versucht, Maïma für         Hofschranzen planen Barkoufs Vergif-        Volk greift zu den Waffen und schlägt,
fellos alles in den Schatten, was das 19. Jahrhundert an politischer Parodie hervor-                                                                                                                                            seine Pläne einzuspannen, da sie als        tung. Gleichzeitig will man sich mit den    von Barkouf und Saëb angeführt, die
gebracht hat, und so wundert es auch nicht, dass die Zensurbehörde Eugène Scribes          Jean-Christophe Keck                                                                                                                 früheres „Frauchen“ die einzige ist, die    Tartaren verbünden, die vor der Stadt       Feinde in die Flucht. Dem zurückkeh-
geniales Libretto zunächst rundherum verbot. Mehrere Interventionen und Umar-                                                                                                                                                   Barkouf in seine Nähe lässt. Maïma wird     lagern. Diese ist nach Abzug des Militärs   renden Großmogul bleibt nur, die neuen
beitungen waren notwendig, bis der Text, stark abgemildert, vertont werden durfte.                                                                                                                                              zur exklusiven Dolmetscherin ernannt,       durch den Großmogul, der zu einer Be-       Verhältnisse zu legitimieren: die Ehe der
Offenbach schuf mit der Partitur zu Barkouf zu einem Zeitpunkt, als seine Entwicklung                                                                                                                                           um Bababecks eigene Regierungsent-          strafungskampagne in eine andere Pro-       klugen Maïma mit dem tapferen Saëb.
zum Großmeister der opéra-bouffe noch gar nicht abzusehen war, einen grandiosen                                                                                                                                                 scheidungen dem Volk als Anordnungen        vinz aufgebrochen ist, eine leichte Beute   Das Volk huldigt dem auf dem Feld der
und operngeschichtlich einmaligen Mix aus seria- und buffa-Elementen, in dem Bur-                                                                                                                                               des Gouverneurs Barkouf zu „verkaufen“.     geworden. Zeuge der Konspiration wird       Ehre gefallenen Gouverneur Barkouf.

10   | Nota Bene special | Frühjahr 2018                                                                                            Oek                                                                                                                                                                                 Nota Bene special | Frühjahr 2018 |   11
OFFENBACH 2019 - SPE C I AL - WIEDERENTDECKUNGEN ZUM 200. GEBURTSTAG 20 JAHRE OFFENBACH EDITION KECK OEK - BOOSEY & HAWKES
Turbulen t e s M itt e lalt e r -M as h -up                                                                                                                                              Da da istis ch er Seh n s u ch ts reig en

Geneviève de Brabant                                                                                                                                                                     La Princesse de Trébizonde
Opéra-bouffe in drei Akten | Fassung 1867                                                                                                                                                Opéra-bouffe in drei Akten | 1869

Libretto von Hector Crémieux und Étienne Tréfeu                                                                                                                                          Libretto von Charles Nuitter und Etienne Tréfeu;                                           OEK-Premieren
                                                                                                                                                                                         originale dt. Fassung von Julius Hopp
                                                                                                                                                                                                                                                                                    28.03.2015 | Theater, Baden-Baden
Uraufführung                                                                                                                                                                                                                                                                        Regie: Anna Drescher | Mus. Ltg.:
19.11.1859 | Théâtre des Bouffes-Parisiens, Paris
                                                                                                                                                                                         Uraufführung                                                                               Stanley Dodds | Akademie Musiktheater
Neufassung: 26.12.1867 | Théâtre des Menus-Plaisirs, Paris                                                                                                                               31.07.1869 | Kurtheater, Baden-Baden                                                       heute & Berliner Philharmoniker

Orchesterbesetzung                                                                                                                                                                       Orchesterbesetzung                                                                         03.11.2018 | TfN Hildesheim    High-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   light
                                                                                                                                                                                         2(I=Picc).1.2.1–2.2.1.0–Pkn.Schlz(3)–Str                                                   Regie: Max Hopp | Mus. Ltg.:
2(I,II=Picc).1.2.1–2.2.1.0–Pkn.Schlz(2)–Str
                                                                                                                                                                                                                                                                                    Adam Benzwi / Sergei Kiselev

Rollen                                                                                                                                                                                   Rollen
                                                                                                                                                                                                                                                                                    Pressestimme
Sifroy, Herzog des flandrischen Curaçao                Komischer Tenor                                                                                                                   Fürst Kasimir	Tenor
                                                                                                                                                                                                                                                                                    „Es gibt Stücke, die kann man nicht
Golo, sein Günstling	Spieltenor                                                                                                                                                          Prinz Raphael, sein Sohn	Tenor
                                                                                                                                                                                                                                                                                    erzählen. Aber umso besser spielen.
Vanderpout, Bürgermeister 	Bariton                                                                                                                                                       Sparadrapp, dessen Erzieher	Sprechrolle
                                                                                                                                                                                                                                                                                    Offenbach, der brillante Musiksatiriker
                                                                                                                                                                                         Cabriolo, Direktor einer Seiltänzertruppe	Bassbariton                                      des 19. Jahrhunderts und Urahn des
Karl Martell	Bass
                                                                                                                                                                                         Zanetta und Regina, seine Töchter	Soprane                                                  Dadaismus hat nicht wenige davon ver­
Grabuge, Sergeant der Wache                            Komischer Bariton
                                                                                                                                                                                         Paola, seine Schwester                     Mezzosopran                                     fasst. Zum Beispiel Die Prinzessin von
Pitou, Füsilier                                        Komischer Tenor
                                                                                                                                                                                         Tremolini, ein Clown	Tenor                                                                 Trapezunt, vom großen Wiener Literatur-
Narcisse, Poet des Herzogs 	Spieltenor                                                                                                                                                                                                                                              und Theaterkenner Karl Kraus als eines
                                                                                                                                                                                         Lotteriedirektor	Bass
Péterpip, Vorsitzender des Magistrats	Spieltenor                                             Montpellier 2016                                                                                                                                                                       der besten Werke Offenbachs gepriesen.
                                                                                                                                                                                         Publikum, Landleute                        gemischter Chor
Eremit	Spieltenor                                                                                                                                                                                                                                                                   Die Ausgrabung am Uraufführungsort
Drogan, Page Genevièves 	Hoher/leichter Mezzosopran                                                                                                                                                                                                                                 lässt nachvollziehen, weshalb. Im Ge­
                                                                                           bekommt den Auftrag, Geneviève zu                                                             Handlung                                                                                   wand blühenden Blödsinns verhandelt
Geneviève, Gattin Sifroys	Sopran                                                           töten. Ihr gelingt die Flucht in den Wald,
                                                                                                                                                                                         Zanetta, Tochter von Cabriolo, dem Direktor einer Gauklertruppe, bricht der berühm-        die Komödie menschliche Fehlbarkei­
Brigitte, ihre Vertraute	Hoher/leichter Mezzosopran                                        gemeinsam mit Drogan und ihrer Ver-
                                                                                                                                                                                         ten Wachsfigur „Die Prinzessin von Trapezunt“ beim Putzen aus Versehen die Nase            ten ... Von der entzückenden, typisch
Isoline, Gattin Golos                                  Mezzosopran                         trauten Brigitte, verfolgt von den Garden
                                                                                                                                                                                         ab. Um die Einnahmen nicht zu gefährden, muss sich Zanetta selbst als Prinzessin ver-      Offenbach’schen Musik, die irgendwann
Saladin, Don Quichotte, Renaud de Montauban            Nebenrollen (Spieltenor)            Grabuge und Pitou. Golo, der es nicht
                                                                                                                                                                                         kleiden und anstelle der Wachsfigur posieren. Der junge Prinz Raphael treibt sich mit      mit dem obligatorischen Cancan auf den
                                                                                           nur auf die Regentschaft im Herzogtum,
Christine / Barberine,                                                                                                                                                                   seinem Erzieher Sparadrap auf dem Jahrmarkt herum und verliebt sich unsterbl­ich in        Tanz auf dem Vulkan zusteuert, ganz zu
                                                                                           sondern auch auf Geneviève abgesehen
Gudule / Grudelinde, Faroline / Irénée,                                                                                                                                                  die „Wachsfigur“. Weil er kein Geld dabei hat, hat er seinen Besuch mit einem Lotterie­-   schweigen.“ (Alexander Dick, Badische
                                                                                           hat, stellt ihr nach. Als sie ihn abweist,
Houblonne / Griselis, Dorothée / Yolande,                                                                                                                                                los bezahlt, das die Gaukler erst später beim Zählen ihrer Einnahmen entdecken.            Zeitung, 31.03.2015)
                                                                                           beschließt er, sie tatsächlich ermorden zu
Gretchen / Rodogune, Rosemonde,                                                                                                                                                          Prompt fällt der Hauptgewinn bei der Ziehung auf das Los der Gaukler. Feierlich lässt
                                                                                           lassen. Doch Geneviève wird von Drogan
Armide, Bradamante, Dulcinée                           Nebenrollen (Mezzosopran)                                                                                                         die Familie den Jahrmarkt hinter sich und zieht in das gewonnene Schloss.
                                                                                           beschützt – der Page erfährt von einem
Feudalherren, Ritter, Magistratsbeamte,                                                    Eremiten, dass der vermeintliche Kriegs-
Volk, Pagen, Soldaten, Küchenjungen,                                                                                                                                                     Aber nach nur wenigen Monaten in der neuen adeligen Heimat langweilen sich die
                                                                                           zug nur dem Amüsement gedient hat.
Musikanten, Narren, Bootsleute,                                                                                                                                                          Gaukler um Cabriolo zu Tode. Eine Einladung beim fürstlichen Nachbarn bleibt aus,
                                                                                           Er reist zu Karl Martells Schloss Asnières
Bacchantinnen, Najaden u. a.                           gemischter Chor                                                                                                                   doch Raphael begegnet auf einer Jagd zufällig den Gauklern. Sofort erkennt er seine
                                                                                           und bewegt dort Sifroy mit der fingier-
                                                                                                                                                                                         „Prinzessin“ Zanetta wieder. Auch sie hat den Prinzen nicht vergessen. Nach der
                                                                                           ten Nachricht, Geneviève sei tot, zur
                                                                                                                                                                                         Rückkehr ins Schloss beichtet Raphael seinem Vater Fürst Kasimir seine neue Liebe zu
HAndlung                                                                                   Heimkehr. Während eines Festes werden
                                                                                                                                                                                         einer „Wachsfigur“. Dieser sieht in der Puppe eine günstige Gelegenheit, seinen Sohn
Herzog Sifroy, Herrscher eines flandrischen Fürstentums, steht unter dem Bann eines        Golos böse Machenschaften entlarvt. Die
                                                                                                                                                                                         zu bändigen. Cabriolo verkauft Kasimir das gesamte Wachsfigurenkabinett und zieht
bösen Zaubers: Mit der schönen Geneviève von Brabant verheiratet, ist seine Ehe            befreite Geneviève und ihre Gefährten
                                                                                                                                                                                         mit Zanetta und seiner restlichen Truppe glücklich als Oberverwalter der fürstlichen
bislang kinderlos geblieben. Nach dem Gesetz soll er entthront werden, wenn er zwei        sind rehabilitiert und werden gefeiert.
                                                                                                                                                                                         Museen an den Hof. Raphael entdeckt, dass seine Liebe zu Zanetta von ernsterer Art
                                                                                                                                              Fotos: Marc Ginot | Stephanie Schweigert

Jahre nach der Hochzeit keinen Erben vorweisen kann. Um den Zauber zu brechen,                                                                                                           ist. Als die Fürstenfamilie wieder zu einer Jagd aufbrechen möchte, bleibt Raphael un-
tritt er eine Pilgerreise an und fühlt sich bei seiner Rückkehr auch erheblich potenter.   OEK-Premieren                                                                                 ter dem Vorwand von Zahnschmerzen bei den Gauklern zurück. Er verabredet sich mit
Doch die angesetzte Liebesnacht scheitert erneut: Sifroy hat sich durch ein Übermaß        16.03.2016 | Opéra Berlioz, Montpellier                                                       seiner Zanetta zum heimlichen Stelldichein und trifft dort zur allgemeinen Verwirrung
von angeblich potenzsteigernden Pas­teten den Magen verdorben. Durch die Pasteten          Regie: Carlos Wagner | Mus. Ltg.:                                                             auf die weiteren Liebespaare: die Gaukler Regina und Tremolini sowie den Erzieher
hat sich der kleine Patissier Drogan die Gunst Genevièves, die er heimlich liebt, erwor-   Claude Schnitzler                                                                             Sparadrap, der sich in Cabriolos Schwester Paola verguckt hat. Cabriolo überrascht die
ben: Er wird von ihr als Page in den Palast aufgenommen.                                   Übernahme: 27.12.2016 Nancy                                                                   Paare, schließt sich dann aber wohlgestimmt einem Festmahl an. Fürst Kasimir kehrt
                                                                                                                                                                                         früher als erwartet von der Jagd zurück und unterbricht das fröhliche Treiben. Sein
Karl Martell tritt auf und fordert Sifroy und seine Mannen auf, ihn zum Kreuzzug nach      26.07.2018 | Festival de Bruniquel    High-                                                   Sohn überrascht ihn mit einem alten Tagebuch, dem Kasimir seine schwärmerische
                                                                                                                                 light
Palästina zu begleiten. Kurz vor dem Aufbruch verstößt Herzog Sifroy seine Frau            Regie: Frank T’Hézan | Mus. Ltg.:                                                             Liebe zur Akrobatin „Stahlfeder“ anvertraut hat. Der Vater lenkt ein. Einer Vereinigung
                                                                                                                                                                                                                                                                                      Baden-Baden 2015
Geneviève, die von seinem intriganten Berater Golo der Untreue bezichtigt wird. Golo       Jean-Christophe Keck                                                                          der beiden Familien steht nun nichts mehr im Wege.

12   | Nota Bene special | Frühjahr 2018                                                                                                Oek                                                                                                                                          Nota Bene special | Frühjahr 2018 |   13
OFFENBACH 2019 - SPE C I AL - WIEDERENTDECKUNGEN ZUM 200. GEBURTSTAG 20 JAHRE OFFENBACH EDITION KECK OEK - BOOSEY & HAWKES
Schlös s er , sc h l ic h e , L I e b e s s c h luc h z e n                                                                                                                           erotis ch es SP iel AUF Moza RTS s P UREN

Le Château à Toto                                                                                                                                                                     Vert-Vert
Opéra-bouffe in drei Akten | 1868                                                                                                                                                     Opéra-comique in drei Akten | 1869

Libretto von Henri Meilhac und Ludovic Halévy; dt. Fassung von Ralf-Olivier Schwarz                                                                                                   Libretto von Henri Meilhac und Charles Nuitter; originale dt. Fassung von Julius Hopp
Herausgegeben von Peter Ackermann und Ralf-Olivier Schwarz
                                                                                                                                                                                      Uraufführung
Uraufführung                                                                                                                                                                          18.01.1872 | Opéra-Comique, Paris
06.05.1868 | Palais-Royal, Paris
                                                                                                                                                                                      Orchesterbesetzung
Orchesterbesetzung                                                                                                                                                                    2(II=Picc).2.2.2–4.2.3.0–Pkn.Schlz(3)–Str
2(II=Picc).1.2.1–2.2.1.0–Pkn.Schlz(2)–Str
                                                                                                                                                                                      Rollen
Rollen                                                                                                                                                                                Valentin, genannt „Vert-Vert“	Tenor
                                                                                         Einspielung
Hector de la Roche-Trompette, genannt „Toto“	Sopran                                                                                                                                   Baladon, Tanzlehrer	Bariton
                                                                                         „Va-t’en donc“ & „Entre Nous“                                                                Binet, Gärtner	Tenor
Raoul de la Pépinière, Freund Hectors	Tenor/Bariton
                                                                                         aus Le Château à Toto
Blanche Taupier, unter dem Namen                                                                                                                                                      Bellecour, Sänger	Tenor
                                                                                         Jennifer Larmore, Loïc Félix,
„Vicomtesse de la Farandole“, Freundin Hectors	Sopran                                                                                                                                 Graf Gaston d’Arlange	Bariton
                                                                                         Laura Claycomb, Yvonne Kenny |
Baron Crécy-Crécy	Tenorbuffo                                                             London Philharmonic Orchestra |                                                              Chevalier de Bergerac	Tenor
Jeanne, seine Tochter	Sopran                                                             Mus. Ltg.: David Parry                                                                       Mainquet, Theaterdirektor	Bariton
Pitou, ihr Milchbruder	Tenor                                                             („Entre nous – Celebrating Offenbach“,                                                       Friquet, ein Dragoner	Sprechrolle
                                                                                                                                                                                                                                                                                Garsington 2014: Robert Murray (Valentin)
Catherine                                       hoher/leichter Mezzosopran               mit weiteren Ausschnitten aus: Le Voyage                                                     La Corilla, Sängerin	Sopran
Massepain, Notar	Tenor oder hoher Bariton                                                dans la lune, Geneviève de Brabant, La                                                       Mimi, Schülerin	Sopran
Niquette, Bäuerin	Sopran                                                                 Jolie parfumeuse, Belle Lurette, La Diva,                                                    Mademoiselle Paturelle, Schuldirektorin Mezzosopran                                     OEK-Premieren
                                                                                         Les Bergers, La Boulangère a des écus,
Der alte Diener	Bass                                                                                                                                                                  Bathilde und Emma, Schülerinnen	Soprane                                                 15.06.2002 | Marmorsaal, Bad Ems
                                                                                         La Créole u. a.)
Bäuerinnen und Bauern                           gemischter Chor                                                                                                                       Mariette, Magd im Gasthof	Sprechrolle                                                   (konzertant) Mus. Ltg.: Jean-Pierre Haeck
                                                                                         Opera Rara ORR243
                                                                                           www.opera-rara.com/                                                                        Schülerinnen, Dragoner, Schauspieler    gemischter Chor
Handlung                                                                                                                                                                                                                                                                      07.06.2014 | Garsington Opera
                                                                                         entre-nous-celebrating-offenbach.html
                                                                                                                                                                                      Handlung                                                                                Regie: Martin Duncan | Mus. Ltg.:
Die benachbarten Sippen Crécy-Crécy und La Roche-Trompette bekriegen sich seit                                                                                                                                                                                                David Parry
Jahrhunderten. Hector, genannt Toto, der jüngste Sproß der La Roche-Trompette, hat                                                                                                    Im Garten eines Mädcheninternats versammeln sich die Schülerinnen Mimi, Bathilde
das Familienvermögen in Paris durchgebracht und kehrt nun nach Hause zurück, um                                                                                                       und Emma mit Valentin, dem Neffen der Direktorin, sowie dem Gärtner. Anlass ist die     Pressestimmen
bei der Versteigerung seines Schlosses dabeizusein. Crécy-Crécy senior sieht end-                                                                                                     Bestattung des Kakadus Vert-Vert, dem Liebling und Maskottchen der Schule, der an
lich die Gelegenheit zur Rache gekommen: das altehrwürdige Schloss seines Rivalen                                                                                                     Verstopfung gestorben ist. Von diesem Moment an trägt Valentin nicht nur den Spitz-     „Offenbach zieht seine bezauberndste
kaufen und zum Stall umbauen! Aber seine Tochter Jeanne liebt Toto heimlich seit                                                                                                      namen Vert-Vert, sondern wird von den Mädchen so verwöhnt wie zuvor der Kakadu ...      Musik wie einen Vorhang unschuldigen
Kindertagen und bittet Pitou, ihren Milchbruder, die Immobilie als ihr Strohmann zu                                                                                                                                                                                           Liebreizes vor ein Stück, das vor ero­
erwerben. Pitou wiederum verehrt die Bäuerin Catherine, die aber nur Augen für Totos                                                                                                  Zwei Wochen zuvor hatten Bathilde und Emma heimlich zwei adlige Dragoner ge-            tischen Untertönen nur so strotzt.“
eleganten Pariser Kumpan Raoul hat.                                                                                                                                                   heiratet. In der Stadt Nevers entdeckt Valentin die beiden Männer in einer Bar. Sie     (Boris Kehrmann, Opernwelt, 5/2010)
                                                                                                                                                                                      scharwenzeln um die Opernsängerin Corilla herum, die auch Valentin nicht kalt lässt.
                                                                                                                                                                                      Sie ist ihm gegenüber umso aufgeschlossener, da er, als begabter Sänger, die Rolle      „Diese komische Oper steht im Jahr
Als General verkleidet, ersteigert Pitou das Schloss. Leider verliert er Perücke und
                                                                                                                                                                                      ihres erkrankten Partners im Theater übernehmen will. Mimi, als Mann verkleidet, ist    1869 am Ende einer der quantitativ und
seinen falschen Bart und muss fliehen. In geckenhafter Aufmachung und parfümiert
                                                                                                                                                                                      Valentin nach Nevers gefolgt. Verzweifelt beobachtet sie den Festschmaus, bei dem in    qualitativ intensivsten Schaffensperioden
von Kopf bis Fuß, kommt er zurück. Catherine, von Raouls Bekenntnis zum ländlich
                                                                                                                                                                                      ausgelassener Stimmung geschäkert wird. In einer nächtlichen Verwechslung findet        von Offenbach ... Von Sujet und musika-
einfachen Leben befremdet, wendet sich Pitou zu. Crécy-Crécy hingegen entflammt
                                                                                                                                                                                      die Verwirrung der Gefühle ihren turbulenten Höhepunkt – und ihre Auflösung.            lischer Behandlung her ein Bindeglied
für Totos Pariser Bekannte Blanche und macht ihr den Hof – um sich nicht zu kom­
                                                                                                                                                                                                                                                                              zwischen Così fan tutte und dem Rosen-
promittieren, verkleidet er sich hierfür als Postbote. Schließlich fallen alle Masken,
                                                                                                                                             Fotos: Jacques Combalbert | Mike Hoban

                                                                                                                                                                                                                                                                              kavalier, in den Verkleidungsszenen des
und Crécy-Crécy gibt Jeanne und Toto seinen Segen sowie das Familien-Schloss als                                                                                                                                       Einspielung                                            3. Aktes an den von Offenbach hoch
Mitgift.
                                                                                                                                                                                                                       Thora Einarsottir (Mimi), Ann Taylor (Emma), Lucy      verehrten Mozart erinnernd, und erst
                                                                                                                                                                                                                       Crowe (Bathilde), Toby Spence (Valentin), Mark         auf den zweiten Blick eine einen ganz
OEK-Premieren                                                                                                                                                                                                          Le Brocq (Binet), Mark Stone (Gaston), Loïc Félix      eigenen musikalischen Charme innerhalb
14.10.2003 | Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main                                                                                                                                             (Bergerac), Jennifer Larmore (La Corilla), Sebastien   seines Œuvres verströmende Komposi­
Regie: Alexander Grün | Mus. Ltg.: Frank Löhr                                                                                                                                                                          Droy (Bellecour) u. a. | Philharmonia Orchestra |      tion ..., der man auch auf der Bühne
                                                                                                                                                                                                                       Geoffrey Mitchell Choir | Mus. Ltg.: David Parry       gern begegnen würde, aber nur in einer
31.07.2008 | Festival Lyrique des Châteaux de Bruniquel                                                                                                                                                                Opera Rara ORC41                                       wirklich geistreichen Inszenierung.“
                                                                                           Bruniquel 2008: Frédéric Mazzotta (Pitou)
Regie: Frank T’Hézan | Mus. Ltg.: Jean-Christophe Keck                                                                                                                                                                   www.opera-rara.com/vert-vert.html                    (Michael Lehnert, Opernglas, 3/2010)

14   | Nota Bene special | Frühjahr 2018                                                                                               Oek                                                                                                                                     Nota Bene special | Frühjahr 2018 |          15
OFFENBACH 2019 - SPE C I AL - WIEDERENTDECKUNGEN ZUM 200. GEBURTSTAG 20 JAHRE OFFENBACH EDITION KECK OEK - BOOSEY & HAWKES OFFENBACH 2019 - SPE C I AL - WIEDERENTDECKUNGEN ZUM 200. GEBURTSTAG 20 JAHRE OFFENBACH EDITION KECK OEK - BOOSEY & HAWKES
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