Ophthalmologie inklusiv gestalten - CBM
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Gute Nachrichten Millionenfach gegen Katarakt Große Freude nach erfolgreicher Jubiläums-Kataraktoperation: die dreijährige Nakisinde mit ihrer Mutter Madinah. Foto: CBM Im September 2020 feierte die Christoffel-Blinden- Ein großer Erfolg – der Kampf gegen den Grauen mission (CBM) ein historisches Jubiläum: Im Mengo- Star geht aber weiter: Weltweit sind fast 13 Millionen Hospital in Ugandas Hauptstadt Kampala wurde die Menschen durch Katarakt erblindet, vor allem in Asien Katarakt der dreijährigen Nakisinde operiert. Für das und Afrika. Die Linsentrübung ist für 35 Prozent aller Mädchen ein lebensverändernder Moment. Und für Erblindungen weltweit verantwortlich. die CBM war Nakisindes Operation die 15-millionste von ihr geförderte Katarakt-OP seit 1966. Myanmar besiegt Trachom Myanmar hat die Augeninfektion Trachom elimi- niert. Das bestätigte kürzlich die Weltgesundheits- organisation (WHO). Trachom zählt zu den vernachlässigten Tropen- krankheiten. Die durch Chlamydia trachomatis der Serotypen A bis C hervorgerufene Konjunktivitis gilt als häufigste entzündliche Blindheitsursache weltweit. Bereits seit den achtziger Jahren kämpfte die CBM an der Seite der Regierung Myanmars und der WHO, Foto: CBM/Diemer um die Infektionsketten zu durchbrechen. Das ge- meinsame Trachom-Programm verbesserte dafür maßgeblich die hygienischen Maßnahmen im Land. Die CBM stellte zudem Antibiotika bereit, schulte ein- In mindestens 44 Ländern ist Trachom noch ein Problem. heimische Fachkräfte und unterstützte mit medizini- Die CBM kämpft deshalb weiterhin gegen die Ausbreitung scher Ausrüstung sowie Fahrzeugen. der Krankheit, z.B. durch Brunnenbau in Äthiopien. 2 GLOBAL VISION 1-2021
Fotos (2): Christiane Paschke Mit regelmäßigen Reihenuntersuchungen an Schulen verbessert das Karibu-Projekt die augenmedizinische Versorgung kenianischer Kinder. Rechts die Orthoptistin und Projektinitiatorin Christiane Paschke bei einer praktischen Schulung. Kinderaugen schützen Augenmedizinische Früherkennung in Kenia In den ländlichen Gebieten Kenias gibt es nur Karibu ist aktuell an fünf Standorten in Kenia aktiv. eine sehr begrenzte augenärztliche Versorgung. Vor Ort erfolgen regelmäßig Reihenuntersuchungen in Das ist besonders für die Kinder tragisch: Ihre ländlichen Gebieten. Von den untersuchten Kindern Sehprobleme werden oft nicht oder zu spät werden zehn bis zwanzig Prozent zur weiteren Abklä- erkannt, nicht selten droht eine vermeidbare rung in lokale Augenkliniken überwiesen. Häufig Erblindung. Hier hakt das Projekt „Karibu“ ein, finden sich z.B. allergische Keratokonjunktivitis mit geleitet von der Orthoptistin Christiane Paschke. Sehschärfenminderung oder Hornhautnarben nach Verletzungen. Aber auch Katarakt oder Retinoblastom 2007 wurde in Zusammenarbeit mit dem keniani- wird nicht selten diagnostiziert. schen Gesundheitsministerium (MOH) ein dreijähriges Pilotprojekt zur Früherkennung von Augenkrankheiten Workshops für Fachpersonal bei Kindern durchgeführt. Ziel war es, Kranken- Jährlich bietet das Projekt eine fünftägige Schulung schwestern für dieses Thema zu sensibilisieren und ent- für medizinisches Personal an, geleitet von Christiane sprechende praktische Untersuchungen einzuüben. Im Paschke und kenianischen Kollegen. Die Teilnehmerin- Anschluss sollten die Schwestern Reihenuntersuchungen nen und Teilnehmer lernen Augenerkrankungen zu er- z.B. in Schulen, Kindergärten, etc. vornehmen können. kennen sowie Sehtests durchzuführen. Rund 200 Fach- kräfte haben bisher einen solchen Workshop absolviert. Bereits an fünf Standorten tätig Die Pilotphase ist lange vorbei, doch das Projekt Projekt wird ausgeweitet läuft erfolgreich weiter, in Kooperation mit der kenia- „Wir haben die Verbesserung der Kinderophthalmo- nischen Regierung. Es trägt den Namen „Karibu“ logie im ländlichen Kenia initiiert. Nun gehen wir (= „Willkommen“ auf Kisuaheli). Finanziert wird es weiter und arbeiten z.B. daran, auch in Nigeria orthop- über Spenden, u. a. auch vom Deutschen Komitee zur tische Untersuchungen zu ermöglichen“, so Christiane Verhütung von Blindheit (DKVB). Paschke zu den Zukunftsplänen des Projekts. GLOBAL VISION 1-2019 GLOBAL VISION 1-2021 3
Foto: CBM Zugang zu augenärztlicher Versorgung für alle — Leitgedanke für Dr. Manfred Mörchen (links). Leave no one behind Inklusive augenmedizinische Versorgung in Südostasien/von Dr. Manfred Mörchen Blindheit und Sehbehinderung gehören aufgrund des Wachstums und der Überalterung der Weltbevöl- kerung zu den größten Gesundheitsproblemen in armen Ländern des Südens. Sie haben insbesondere auch für Menschen mit Behinderungen weitreichende Auswirkungen auf das wirtschaftliche und soziale Leben. Der deutsche Augenarzt Dr. Manfred Mörchen hat die Entwicklung inklusiver Augenarbeit in Südostasien und anderen Projektländern der Christoffel-Blindenmission (CBM) 14 Jahre lang geformt und begleitet. Sein Fazit fällt positiv aus, doch es bleibt noch viel zu tun. 2006 war meine erste Station in Südostasien die Macht auch die Inklusion Fortschritte? Augenklinik in Takeo/Kambodscha. Katarakte wurden Haben wir aber auch Fortschritte beim barriere- dort bereits operiert, aber unter schwierigen Verhält- freien Zugang zu Katarakt-Operationen für benachtei- nissen. Wir bauten eine neue Klinik auf, die schon bald ligte Bevölkerungsgruppen gemacht? Erfüllen wir das auf hohem medizinischem Niveau mit gut geschultem Leitmotiv der UN-Agenda 2030 „Leave no one behind“ Personal nachhaltig arbeitete. (Niemanden zurücklassen) mit Leben? Als Regionalbe- rater der CBM für inklusive Augenarbeit in Südost- Augenmedizinische Versorgung verbessert asien war das für mich eine der wichtigsten Fragen. Das Augenkrankenhaus in Takeo ist ein Beispiel für eine insgesamt positive Entwicklung. Weltweit Fakt ist: Frauen, Menschen mit verschiedenen werden immer mehr Katarakt-Operationen in besser Behinderungen, mit geringem Einkommen oder anderen ausgestatteten Kliniken durchgeführt und die Einschränkungen bleibt der Zugang zu augenmedizini- Qualität der Eingriffe steigt – auch in weniger scher Versorgung noch häufig verwehrt. Ein Beispiel: Bei entwickelten Ländern. Reihenuntersuchungen auf den Philippinen zeigte sich, 4 GLOBAL VISION 1-2021
Fotos (2): CBM Links: Vom Taifun Yolanda betroffene philippinische Familien leben manchmal noch jahrelang in einfachsten Behelfshütten. Rechts: Viele Patienten werden aufgrund ihrer Behinderung stigmatisiert, wie dieses Mädchen mit Albinismus aus Kambodscha. Faktoren wie Armut, Behinderung, Naturkatastrophen etc. erschweren das Ziel, Zugang zu augenmedizinischer Versorgung für alle zu schaffen. dass besonders alleinlebende Frauen mit Katarakt in Station das Problem gar nicht sehen. Die Schulung entfernten, ländlichen Regionen keinen Zugang zur des Personals ist also wesentlich. Es gilt, sie für Inklu- Behandlung haben. Studien in Nigeria und Sri Lanka sion und barrierefreien Zugang zu augenmedizinischer erhärten diese These. Versorgung zu sensibilisieren. Valide Daten fehlen Ein fruchtbarer Ansatz sind hier spartenübergrei- Leider wird der Faktor Behinderung als Ursache für fende Fortbildungen, u.a. für Fachkräfte gemeindenaher, mangelnden Zugang zu Katarakt-Operationen oft inklusiver Dienste. In Laos führen wir dazu zum Bei- vernachlässigt. Valide Daten über die Häufigkeit von spiel Augenärzte mit Vertretern von Organisationen Katarakt-Blindheit bei Menschen mit Behinderungen für Menschen mit Behinderungen zusammen. So sind extrem wichtig. Nur so wissen wir, wer - und wer erfahren jene aus erster Hand, welche Kommunika- nicht - augenmedizinisch versorgt wird. tionsschwierigkeiten z.B. Patienten mit Katarakt und In den CBM-unterstützten Augenprojekten legen wir zusätzlicher Hörbehinderung haben. deshalb großen Wert darauf, epidemiologische und qua- litative Studien über mögliche Barrieren zu augenmedi- Leave no one behind ernst nehmen zinischer Versorgung zu erstellen.1,2 Mein Fazit: Wir haben in den letzten Jahren viel bewe- gen können, der Trend ist durchaus positiv. Es gilt nun Bewusstsein für Inklusion schaffen weiterhin konsequent dranzubleiben und das Leitmotiv Insgesamt ist das Bewusstsein und das Verständnis „Leave no one behind“ ernst zu nehmen. Nur so können für Menschen mit Behinderungen noch ausbaufähig, wir langfristig soziale Ungerechtigkeit überwinden. auch und gerade bei medizinischem Personal. Was 1 Mörchen M, Bush A, Kiel P et al. Leaving No One Behind: Strengthening access to nutzt beispielsweise die Rollstuhlrampe zu einer Ge- eye health programs for people with disabilities in 6 low- and middle-income coun- tries. Asia Pac J Ophthalmol 2018;7:331-338. DOI: 10.22608/APO.2018148. sundheitsstation, wenn sie als Parkplatz missbraucht 2 Marella M, Smith F, Hilfi L. Factors influencing disability inclusion in general eye health services in Bandung, Indonesia: A Qualitative Study. Int J Environ Res Public wird – und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Health 2019;16:23. DOI:10.3390/ijerph16010023 GLOBAL VISION 1-2021 5
Foto: Hans-Joachim Miertsch Seit 14 Jahren führt Dr. Miertsch (rechts) Phakotrainings am Kilimandscharo Christian Medical Centre (KCMC)/Tansania durch. Arbeitsurlaub mit Phako Ehrenamtliches OP-Training in Tansania 2004: Eine neue Augenklinik in Kibosho/Tansania – aber kein Arzt, der sie führen kann. Und hun- derte Augenpatienten, die dort dringend auf eine Behandlung warten. Der afrikaerfahrene Augenarzt Dr. Hans-Joachim Miertsch aus Eckernförde zögerte nicht lange: Er nahm all seinen Urlaub und reiste für fünf Monate nach Afrika, um die Klinik aufzubauen. Schritt eins einer bereits 16 Jahre andauernden, medizinischen und menschlichen Leidenschaft. Der Aktionskreis Ostafrika e.V. (AKO) hatte in Augenmedizinischer Netzwerker Kibosho, einem kleinen Ort nördlich von Moshi, am Schnell knüpfte Dr. Miertsch auch Kontakt zum Hang des Kilimandscharo, eine neue Augenklinik Kilimandscharo Christian Medical Centre (KCMC) in fertiggestellt. Aber es fand sich zunächst kein einheimi- Moshi, nur rund 15 Kilometer von Kibosho entfernt. scher Augenarzt, der das Hospital inhaltlich aufbauen Die renommierte Klinik mit aktuell 630 Betten ist auch und führen konnte. “Über Dr. Johann Dillinger, der das Universitätslehrkrankenhaus für das Kilimanjaro wie ich Mitglied im Deutschen Komitee zur Verhütung Christian Medical University College (KCMUCO). von Blindheit (DKVB) ist, kam der Kontakt zu mir zustande“, erinnert sich Dr. Hans-Joachim Miertsch. Platz eins der Wunschliste: Phakotraining „Der größte Wunsch bei allen Kolleginnen und Klinikstruktur in fünf Monaten Kollegen im KCMC war damals das Erlernen der mitt- Kurzentschlossen reiste der Eckernförder nach lerweile sehr gängigen Operationsmethode Tansania. Von November 2004 bis März 2005 struktu- Phakoemulsifikation, kurz Phako. Im Klinikalltag blieb rierte er dort Abläufe, schulte Personal, operierte – den wenigen Ärzten, die diese Technik beherrschten, und fand sogar einen tansanischen Augenarzt für die keine Zeit für Trainings. Das ist heute nicht anders. neue Klinik – Dr. Christian Mlundwa, der auch heute Und so war und ist der Bedarf groß“, berichtet noch in Kibosho arbeitet. Dr. Miertsch. Seit 2007 arbeitet er deshalb jedes Jahr 6 GLOBAL VISION 1-2021
Gemeinsame Initiative Foto: Hans-Joachim Miertsch CBM Christoffel-Blindenmission Christian Blind Mission e.V. Stubenwald-Allee 5 64625 Bensheim Tel.: (0 62 51) 1 31 -131 Immer häufiger nehmen auch angehende Augenärztinnen an Dr. Miertschs (Mitte) Phakotraining teil. E-Mail: info@cbm.de fünf bis sieben Wochen in Kibosho und im KCMC, Spendenkonto CBM häufig unterstützt durch Kurzzeitdozenturen der IBAN: DE46 3702 0500 0000 0020 20 Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG). BIC: BFSWDE33XXX Immer mit dabei: Ehefrau Ingrid Miertsch, die sein ehrenamtliches Engagement mitträgt und zudem ein Kinderhilfsprojekt in Tansania gegründet hat. 50 Phakoausbildungen durchgeführt Nahezu jeder Augenarzt bzw. Augenärztin im KCMC hat bei Dr. Miertsch ein Phako-Training absol- DKVB viert, ebenso wie etliche Studierende und Mediziner c/o Deutsches Blindenhilfswerk aus dem gesamten Subsahararaum – rund 50 Phako- Schulte-Marxloh-Straße 15 ausbildungen kommen so zusammen. 47169 Duisburg „Wer einmal OP-Training unterrichtet hat, weiß, E-Mail: schriftfuehrer@dkvb.org wie anstrengend das sein kann. Man muss schon im Voraus ahnen, ob und wann etwas schiefgehen kann. Spendenkonto DKVB Auf der anderen Seite ist es auch ein schönes und be- IBAN: DE91 7904 0047 0692 2223 00 friedigendes Gefühl zu erleben, welche Fortschritte die BIC: COBADEFFXXX jungen Kolleginnen und Kollegen in der kurzen Zeit machen können. Man muss sich nur viel Zeit nehmen Die Herausgeber von Global Vision und Geduld haben“, so Dr. Miertsch. bedanken sich für die freundliche Unterstützung von Dr. Reinhard Nächster Einsatz für 2021 geplant Kaden und dem Kaden Verlag. Ob auch im Jahr 2021ein Einsatz in Tansania möglich sein wird, hängt von der Entwicklung der COVID-19-Pandemie ab. Dr. Miertsch ist zuversicht- Redaktion: lich: „Mag sein, dass es im Spätsommer klappt. Viel- Dr. H. Philippin, Dr. R. Balmes, leicht auch wieder gemeinsam mit unserem Sohn, der C. Ellendorff, Prof. Dr. V. Klauß, auch Augenarzt ist. Irgendwann brauche ich schließ- Hilke Hantel, Ulrike Loos. lich einen oder auch mehrere Nachfolger. Es müssen Layout/Grafik: Fred Zimmermann ja nicht gleich so lange Einsätze sein“. GLOBAL VISION 1-2021 7
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