PATENT LAW UPDATE GERMANY - PATENTVERLETZUNG DURCH REPARATUR? NEUE RECHTSPRECHUNG ZUM AUSTAUSCH VON TEILEN - DLA Piper

 
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PATENT LAW UPDATE GERMANY - PATENTVERLETZUNG DURCH REPARATUR? NEUE RECHTSPRECHUNG ZUM AUSTAUSCH VON TEILEN - DLA Piper
PATENT LAW UPDATE GERMANY

                                                                                                      April 2018

PATENTVERLETZUNG DURCH REPARATUR?
NEUE RECHTSPRECHUNG ZUM AUSTAUSCH VON TEILEN
Dr. Philipp Krusemarck, Patent Litigation, München

Eine Reparatur eines patentgeschützten Erzeugnisses stellt dann keine Patentverletzung dar, wenn die Rechte des
Patentinhabers durch das Inverkehrbringen des zu reparierenden Erzeugnisses im Hinblick auf die konkret
durchgeführten Reparaturarbeiten erschöpft sind. Eine solche zulässige Reparatur liegt vor, wenn die Reparatur-
maßnahmen als bestimmungsgemäßer Gebrauch des Erzeugnisses anzusehen sind, da sie die Identität dieses
Erzeugnisses wahren. Werden hingegen die wirtschaftlichen oder technischen Vorteile der Erfindung durch die
Reparaturmaßnahmen erneut verwirklicht, handelt es sich wertungsmäßig um eine unzulässige Neuherstellung des
Erzeugnisses. Besondere Bedeutung hat diese Abgrenzung insbesondere dann, wenn im Rahmen der Reparatur Teile
des Erzeugnisses durch nicht vom Patentinhaber stammende Teile ausgetauscht werden oder ein Erzeugnis aus Teilen
mehrerer Erzeugnisse zusammengesetzt wird.

GRUNDSATZ: ZWEISTUFIGE                                        Gebrauch) oder ob die wirtschaftlichen oder
ABGRENZUNG ZWISCHEN                                           technischen Vorteile der Erfindung durch die
ZULÄSSIGER UND UNZULÄSSIGER                                   Reparaturmaßnahmen erneut verwirklicht werden
REPARATUR                                                     (unzulässige Neuherstellung).

Die Grenzziehung zwischen zulässigen und                      Die Prüfung erfolgt in zwei Stufen: Zunächst wird
unzulässigen Reparaturmaßnahmen nimmt die                     ermittelt, ob der Austausch des fraglichen Teils
deutsche Rechtsprechung unter Berücksichtigung                während der Lebensdauer des Erzeugnisses von
der Eigenart des nach dem maßgeblichen                        den relevanten Verkehrskreisen üblicherweise
Patentanspruch geschützten Erzeugnisses im Wege               erwartet wird (Verkehrsauffassung). Ist diese Frage
einer Abwägung der einander widerstreitenden                  zu verneinen, liegt eine unzulässige Neuherstellung
Interessen vor.                                               vor. Ist dies aber der Fall, wird weiter gefragt, ob
                                                              sich gerade in dem ausgetauschten Teil die
Die Interessenabwägung findet statt zwischen den
                                                              technische Wirkung der Erfindung widerspiegelt
Interessen des Patentinhabers an der
                                                              (BGH GRUR 2012, 1118 Rn. 23 und 28 f. –
ungehinderten Verwertung seiner Erfindung
                                                              Palettenbehälter II m.w.N.). Ist auch dies der Fall,
einerseits und den Interessen des Erwerbers am
                                                              wird ebenfalls eine unzulässige Neuherstellung
ungehinderten Gebrauch des Erzeugnisses
                                                              angenommen. Wird die erste Frage bejaht, die
andererseits. Unter Berücksichtigung der Eigenart
                                                              zweite Frage aber verneint, handelt es sich
des nach dem maßgeblichen Patentanspruch
                                                              hingegen um eine zulässige Reparatur.
geschützten Erzeugnisses ist dabei zu ermitteln, ob
die Reparaturmaßnahme die Identität des                       Diese von der Rechtsprechung entwickelten
Erzeugnisses wahrt (bestimmungsgemäßer                        Abgrenzungskriterien werden durch die jüngste
BGH-Entscheidung "Trommeleinheit" (Urt. v.                                         Technische Wirkung
24.10.2017, Az. X ZR 55/16, GRUR 2018, 170,
                                                                                   Zur Beurteilung der Frage, ob gerade in dem
siehe auch gleichlautende Entscheidung vom selben
                                                                                   ausgetauschten Teil die technischen Wirkungen
Tag, Az. X ZR 57/16) für solche Erzeugnisse
                                                                                   der Erfindung in Erscheinung treten, greift die
fortentwickelt, die nicht selbstständig, sondern nur
                                                                                   Rechtsprechung insbesondere auf zwei Kriterien
als Bestandteil eines umfassenderen Gegenstands
                                                                                   zurück. Ist wenigstens eines der Kriterien erfüllt,
in Verkehr gebracht werden. Für solche
                                                                                   erweist sich die Reparatur trotz gegenteiliger
Erzeugnisse ist eine Verkehrsauffassung in der
                                                                                   Verkehrsauffassung als unzulässige Neuherstellung.
Regel nicht feststellbar. Fehlt es an einer
Verkehrsauffassung, kann nach Auffassung des                                       (1) Zum einen wird ein Widerspiegeln der
BGH nicht etwa auf eine vom Gericht normativ                                       technischen Wirkung bejaht, wenn speziell das
ermittelte Verkehrsauffassung abgestellt werden.                                   ausgetauschte Teil für die patentgemäßen Vorteile
Vielmehr darf bei unselbständigen Erzeugnissen                                     verantwortlich ist. Verneint wird es hingegen,
zur Abgrenzung nur auf die Abwägungskriterien                                      wenn das ausgetauschte Teil zwar mit anderen
der zweiten Stufe zurückgegriffen werden. Eine                                     Teilen zusammenwirkt, insoweit aber nur bloßes
unzulässige Neuherstellung liegt nur dann vor,                                     Objekt einer erfindungsgemäßen Wirkung ist, die
wenn sich gerade in den ausgetauschten Teilen die                                  ihre gegenständliche Verkörperung allein in den
technischen Wirkungen der Erfindung                                                anderen Teilen findet.
widerspiegeln.                                                                     (2) Ein Widerspiegeln wird zum anderen bejaht,
                                                                                   wenn die Erfindung die Funktionsweise oder
Verkehrsauffassung
                                                                                   Lebensdauer des ausgetauschten Teils beeinflusst.
Entscheidend ist vorrangig, ob die                                                 Hierfür ist nicht ausreichend, dass zwischen den in
Reparaturmaßnahmen, insbesondere der                                               Rede stehenden Teilen ein funktionaler
Austausch von Teilen, nach der                                                     Zusammenhang besteht. Vielmehr ist zusätzlich
Verkehrsauffassung als übliche Erhaltungs-                                         erforderlich, dass gerade in dem ausgetauschten
maßnahme anzusehen sind, welche die Identität                                      Teil die technischen Wirkungen der Erfindung in
der Gesamtvorrichtung als verkehrsfähiges                                          Erscheinung treten. Dies ist nicht der Fall, wenn
Wirtschaftsgut nicht in Frage stellen. Dies ist etwa                               der Patentanspruch keine Änderungen in Bezug auf
der Fall, wenn die Abnehmerkreise mit dem                                          Sacheigenschaften, Funktionsweise oder
Austausch des in Rede stehenden Teils während                                      Lebensdauer des Teils vorsieht.
der Lebensdauer des geschützten Erzeugnisses
                                                                                   Offen bleibt indes, ob auch die Bekanntheit des
üblicherweise rechnen und der Verbrauch dieses
                                                                                   Austauschteils aus dem Stand der Technik als
Teils nicht zu einer wirtschaftlichen Wertlosigkeit
                                                                                   weiteres Kriterium gegen ein Widerspiegeln der
des geschützten Erzeugnisses führt.
                                                                                   technischen Wirkung sprechen kann. Frühere
Ist nach der Verkehrsauffassung nicht von einer                                    BGH-Entscheidungen lehnten dieses Kriterium als
üblichen Erhaltungsmaßnahme auszugehen, stellt                                     untauglich ab, da einzelne Merkmale eines
die Reparatur eine Neuherstellung des                                              Patentanspruchs üblicherweise als solche bereits
geschützten Erzeugnisses und damit eine                                            im Stand der Technik bekannt sind (BGH GRUR
Patentverletzung dar. Wenn die Verkehrs-                                           2007, 769 Rn. 20 – Pipettensystem; GRUR 2004,
auffassung für eine übliche Erhaltungsmaßnahme                                     758, 761 – Flügelradzähler). In der Entscheidung
spricht, wird zugunsten der Interessen des                                         "Trommeleinheit" berücksichtigten der BGH wie
Patentinhabers in einem weiteren Schritt die                                       auch die Vorinstanz indes beide diesen
nachfolgende, an dem konkret geltend gemachten                                     Gesichtspunkt bei ihrer Interessenabwägung –
Patentanspruch orientierte Prüfung der                                             allerdings nur in Kombination mit der Feststellung,
technischen Wirkung der Erfindung                                                  dass der Patentanspruch keine Änderungen in
vorgenommen.                                                                       Bezug auf Sacheigenschaften, Funktionsweise und
                                                                                   Lebensdauer des Austauschteils vorsehe (OLG
                                                                                   Düsseldorf, Urt. v. 29.04.2016, Az. I-15 U 47/15,
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GRUR-RS 2016, 11301 Rn. 140; BGH GRUR 2018,                                        Die Klägerin sieht Anspruch 1 des Klagepatents
170 Rn. 66 – Trommeleinheit). Bereits letztere                                     verletzt, der eine fotosensitive Trommeleinheit
Feststellung genügt jedoch für eine Verneinung des                                 bestehend unter anderem aus einer Bildtrommel,
Widerspiegelns, so dass unklar bleibt, inwieweit                                   einem Flansch sowie einem Kupplungsbauelement
der BGH dem Kriterium der Bekanntheit aus dem                                      umfasst. Der geltend gemachte Patentanspruch 1
Stand der Technik eigenständige Bedeutung                                          schützt mit der Trommeleinheit ein aus mehreren
zumisst. Klarheit hierüber können nur künftige                                     Teilen bestehendes Erzeugnis. Der Patentinhaber
Entscheidungen schaffen.                                                           bringt mit den Tonerkartuschen jedoch
                                                                                   Gegenstände in Verkehr, die neben der
AUSNAHME: EINSTUFIGE                                                               Trommeleinheit weitere Bestandteile umfassen.
ABGRENZUNG, WENN KEINE
                                                                                   Das OLG Düsseldorf stellte als Vorinstanz fest,
VERKEHRSAUFFASSUNG
                                                                                   dass eine Verkehrsauffassung zu der
ERMITTELBAR                                                                        anspruchsgemäßen Trommeleinheit nicht besteht,
Nicht höchstrichterlich geklärt war bislang, wie die                               da diese den privaten und geschäftlichen
Abgrenzung in Konstellationen erfolgen soll, in                                    Endkunden nicht als sichtbares Wirtschaftsgut
denen keine Verkehrsauffassung feststellbar ist,                                   entgegen tritt, sondern ausschließlich im Inneren
etwa weil es sich bei dem geschützten Erzeugnis                                    der Tonerkartusche verbaut sei. Die Abnehmer
nicht um ein selbständig gehandeltes                                               besäßen keine konkrete Vorstellung vom Inneren
Wirtschaftsgut handelt.                                                            der Kartusche. Auf das Verständnis der Abnehmer
                                                                                   im Hinblick auf die Tonerkartusche konnte daher
Eine Verkehrsauffassung kann sich nur im Hinblick
                                                                                   nach Ansicht der Vorinstanz nicht abgestellt
auf tatsächlich in dieser Form in Verkehr
                                                                                   werden, da Gegenstand und Bezugspunkt der
gebrachte Gegenstände bilden. Für geschützte
                                                                                   Erschöpfung gemäß Anspruch 1 die
Erzeugnisse, die nicht eigenständig, sondern
                                                                                   Trommeleinheit als Ganzes ist. Das OLG griff in
beispielsweise nur als Bestandteile einer
                                                                                   Ermangelung einer tatsächlichen
Gesamtvorrichtung in Verkehr gebracht werden,
                                                                                   Verkehrsauffassung auf eine normativ ermittelte
kann sich mithin keine Verkehrsauffassung bilden.
                                                                                   Verkehrsauffassung zurück. Es stellte darauf ab,
Eine solche Konstellation lag dem BGH in dem                                       was unter Berücksichtigung der gesamten
jüngst entschiedenen Fall "Trommeleinheit"                                         Umstände aus Sicht eines vernünftigen Mitglieds
erstmalig zur Entscheidung vor: Die Beklagte                                       des Verkehrskreises sinnvoll wäre. Da eine
vertreibt wiederaufbereitete Tintenpatronen und                                    Trommeleinheit mit Verbrauch der
Tonerkartuschen für Kopierer und Drucker. Die                                      Tonerkartusche wirtschaftlich wertlos werde,
Tonerkartuschen bestehen unter anderem aus                                         bejahte das OLG eine unzulässige Neuherstellung.
einer Trommeleinheit, die wiederum unter
                                                                                   Der BGH entschied, dass in solchen
anderem aus einer Bildtrommel, einem Flansch
                                                                                   Konstellationen, in denen sich keine Verkehrs-
und einem Kupplungsbauelement bestehen. Im
                                                                                   auffassung im Hinblick auf das geschützte Erzeugnis
Rahmen der Wiederaufbereitung der von der
                                                                                   herausgebildet hat, die Abgrenzung nicht anhand
Klägerin ursprünglich in Verkehr gebrachten
                                                                                   einer normativ ermittelten Verkehrsauffassung
Tonerkartuschen wird die verbrauchte
                                                                                   erfolgen dürfe. Ausschlaggebend sei allein das
Bildtrommel durch eine funktionsgleiche neue,
                                                                                   ansonsten nachgelagerte Kriterium, nämlich ob
nicht von der Klägerin stammende Bildtrommel
                                                                                   sich gerade in dem ausgetauschten Teil die
ersetzt. Bei Bedarf wird auch ein mit der
                                                                                   technische Wirkung der Erfindung widerspiegelt.
Bildtrommel verbundener Flansch ausgetauscht.
                                                                                   Dieses Kriterium diene der wertenden
Das Kupplungsbauelement wird hingegen nicht
                                                                                   Betrachtung anhand patentrechtlicher
ausgetauscht. Eine entsprechende Bildtrommel
                                                                                   Überlegungen, wenn eine Neuherstellung auf der
oder einen Flansch bringt die Klägerin nicht
                                                                                   Grundlage der Verkehrsauffassung nicht bejaht
separat, sondern nur als Bestandteil von
                                                                                   werden kann. Diese Voraussetzung sei auch dann
Tonerkartuschen in Verkehr.

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gegeben, wenn eine Verkehrsauffassung nicht                                        Die Tatsache, dass aus gebrauchten, nicht mehr
festgestellt werden kann.                                                          funktionstüchtigen Erzeugnissen erhalten
                                                                                   gebliebene Teile entnommen und zu
Anders als die Vorinstanz sieht der BGH das
                                                                                   funktionsfähigen patentgemäßen Erzeugnissen
Kupplungsbauelement, nicht jedoch auch die
                                                                                   zusammengebaut werden, wobei das Gehäuse und
Bildtrommel als für die patentgemäßen Vorteile
                                                                                   das Kupplungsbauelement nicht von derselben
verantwortlich an. Die erfindungsgemäße Wirkung
                                                                                   Tonerkartusche stammen, sprach nach Auffassung
finde ihre gegenständliche Verkörperung daher
                                                                                   des OLG für eine unzulässige Neuherstellung. Im
ausschließlich in den Merkmalen des
                                                                                   Einklang mit der schon älteren BGH-Entscheidung
Kupplungsbauelements. Die Bildtrommel sei
                                                                                   "Förderrinne" (GRUR 1959, 232, 234), wonach es
insoweit nur bloßes Objekt, das als Bestandteil der
                                                                                   sich "um eine unzulässige Neuerstellung […] z. B.
Trommeleinheit an der erfindungsgemäßen
                                                                                   bei dem Zusammenbau verschiedener intakt
Wirkung teilhabe, ohne hierzu in seiner Funktion
                                                                                   gebliebener Einzelteile handeln" solle, sah das OLG
oder Lebensdauer beeinflusst zu werden. Der
                                                                                   die Identität der ursprünglichen Tonerkartuschen
BGH wertete den Austausch der Bildtrommel
                                                                                   durch die Wiederaufbereitungsmaßnahmen als
daher als bestimmungsgemäßen Gebrauch und
                                                                                   nicht gewahrt an. Die vom OLG im Übrigen ins
damit als zulässige Reparatur der Trommeleinheit.
                                                                                   Feld geführten Argumente entsprechen denen des
NOCH OFFEN:                                                                        OLG im parallelen "Trommeleinheit"-Verfahren.
WIEDERAUFBEREITUNG DURCH                                                           Legt man den vom BGH in der Entscheidung
ZUSAMMENSETZEN AUS MEHREREN                                                        "Trommeleinheit" zugrunde gelegten Maßstab auf
ERZEUGNISSEN, WENN KEINE                                                           diesen Sachverhalt an, könnte auch hier eine von
VERKEHRSAUFFASSUNG                                                                 der Vorinstanz abweichende Beurteilung
ERMITTELBAR                                                                        angebracht sein. Denn auch in diesem Fall kann
                                                                                   nicht auf eine Verkehrsauffassung zurückgegriffen
Im Rahmen von "Wiederaufbereitungs"-                                               werden, so dass die Reparaturmaßnahmen
Maßnahmen werden verschiedene Exemplare                                            ausschließlich danach zu beurteilen sind, ob sich
eines patentgeschützten Erzeugnisses zerlegt und                                   gerade in dem ausgetauschten Teil die technische
anschließend die noch verwendbaren Einzelteile                                     Wirkung der Erfindung widerspiegelt.
dieser Exemplare zu einem funktionsfähigen
Erzeugnis kombiniert.                                                              Sieht man mit dem BGH nur in den Merkmalen
                                                                                   des Kupplungsbauelements die erfindungsgemäße
Das OLG Düsseldorf hat in einem die                                                Wirkung verkörpert, handelt es sich bei allen
Wiederaufbereitung von Tonerkartuschen                                             übrigen Teilen der Trommeleinheit um bloße
betreffenden Parallelverfahren eine unzulässige                                    Objekte, die als Bestandteile der Trommeleinheit
Neuherstellung bejaht (Urt. v. 28.04.2017, Az. I-15                                an der erfindungsgemäßen Wirkung teilhaben,
U 68/15, BeckRS 2017, 110549) und die Revision                                     ohne jedoch hierzu in ihrer Funktion oder
nicht zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde                                    Lebensdauer beeinflusst zu werden. Solange also
ist noch anhängig (Az. X ZR 49/17). In diesem                                      das Kupplungsbauelement aus einer vom
Verfahren stellte sich unter anderem die Frage, ob                                 Patentinhaber oder mit dessen Zustimmung zuvor
eine unzulässige Neuherstellung vorliegt, wenn                                     in Verkehr gebrachten Tonerkartusche stammt,
neben dem Einbau neuer Bildtrommeln die                                            wäre nach der vom BGH in der Parallel-
wiederaufbereiteten Tonerkartuschen aus den                                        entscheidung "Trommeleinheit" vertretenen
Teilen verschiedener gebrauchter Kartuschen                                        Auffassung konsequenterweise von einem
zusammengesetzt werden. Auch hier konnte das                                       bestimmungsgemäßen Gebrauch der Trommel-
OLG keine Verkehrsauffassung ermitteln und griff                                   einheit auszugehen – unabhängig davon ob die
daher unter anderem auf eine normative                                             übrigen Teile vom Patentinhaber in Verkehr
Verkehrsauffassung zurück, nach der es eine                                        gebrachten Erzeugnissen oder von Dritten
unzulässige Neuherstellung bejahte.                                                stammen.

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Eine Patentverletzung wäre daher in dem vom                                        In solchen Fällen sollte bereits beim Abfassen der
OLG entschiedenen Parallelverfahren zu                                             Patentansprüche darauf geachtet werden, dass
verneinen, sofern die in dieser Entscheidung                                       zumindest ein Patentanspruch das Austauschteil
ebenfalls strittige Frage, ob es überhaupt zu einem                                selbst beansprucht, so dass die technische
entsprechenden Inverkehrbringen der                                                Wirkung des Austauschteils als Kern der Erfindung
verwendeten Tonerkartuschen gekommen ist,                                          anzusehen ist. Spiegelbildlich sollte beim Verfassen
bejaht wird.                                                                       einer Klageschrift darauf geachtet werden, dass
                                                                                   möglichst (auch) aus einem Patentanspruch
KONSEQUENZEN FÜR DIE PRAXIS BEI                                                    vorgegangen wird, der die technische Wirkung
REPARATURFÄLLEN                                                                    gerade des Austauschteils betrifft.

Steht eine Patentverletzung durch den Austausch
                                                                                   Auf Seiten des Beklagten sollte bei der Prüfung
eines Verbrauchs- bzw. Verschleißteils im Raum,
                                                                                   von Nichtverletzungsargumenten sorgfältig
erfolgt die Abgrenzung zwischen patentrechtlich
                                                                                   hinterfragt werden, ob sich zu dem beanspruchten
zulässiger und unzulässiger Reparatur nach der
                                                                                   Erzeugnis überhaupt eine Verkehrsauffassung
jüngsten BGH-Rechtsprechung entweder ein- oder
                                                                                   bilden konnte, und falls nicht, ob sich die
zweistufig. Wird das Austauschteil vom
                                                                                   technischen Wirkungen der mit dem jeweiligen
Patentinhaber nicht eigenständig in Verkehr
                                                                                   Patentanspruch beanspruchten Erfindung gerade in
gebracht, wird die Rechtsprechung die
                                                                                   den ausgetauschten Teilen widerspiegeln.
Abgrenzung künftig "einstufig" vornehmen, also
ausschließlich anhand der zweiten Prüfungsstufe.

Falls Sie Fragen zu diesem Thema haben, zögern Sie nicht uns anzusprechen.

                       Dr. Markus Gampp LL.M.                                                             Dr. Philipp Krusemarck
                       Partner | Patent Litigation                                                        Senior Associate | Patent Litigation
                       Head of Patent Practice Germany                                                    T +49 89 23 23 72 263
                       T +49 89 23 23 72 261                                                              philipp.krusemarck@dlapiper.com
                       markus.gampp@dlapiper.com

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