Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück- und Ausblick - Dienstag, den 29.06.2021 I Schneider's Tivoli Beach Lippstadt I 10. Retailer Meeting
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Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück- und Ausblick Dienstag, den 29.06.2021 I Schneider‘s Tivoli Beach Lippstadt I 10. Retailer Meeting
KURZVORSTELLUNG DES DOZENTEN Dr. Rainer Burbulla ist Rechtsanwalt und Partner der Langguth & Burbulla Rechtsanwälte PartG mbB in Düsseldorf. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind das Immobilienrecht, das Gewerberaummietrecht, das private Baurecht und das Vergaberecht. Er ist Autor des Handbuchs „Aktuelles Gewerberaummietrecht – Rechtsprechung und Vertragsgestaltung“ (3. Aufl. 2017 – Erich Schmidt Verlag), Mitautor des Formularhandbuchs Schach/Riecke „Mietrecht-Wohnraum-Gewerberaum-Pacht“ (4. Aufl. 2019), des Kommentars Guhling/Günther „Gewerberaummiete“ (2. Aufl. 2019), des „Handbuchs Immobilienrecht“ (Schreiber/Ruge, 4. Aufl. 2020 – Erich Schmidt Verlag) und des Rechtshandbuchs „Immobilien-Asset- Management“ (2010) sowie des Vertrags- und Prozessformularbuchs BGB (4. Aufl. 2019). Tätigkeitsgebiete: Immobilienrecht Gewerbliches Mietrecht Privates Baurecht Vergaberecht/ÖPP 2 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
ÜBERSICHT I GLIEDERUNG • Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten o Gesetzesänderung von Art. 240 § 7 EGBGB o (Un-)Zumutbarkeit der Mietzahlung wegen Störung der Geschäftsgrundlage – OLG Karlsruhe v. 24.02.2021 (7 U 109/20) o Anpassungsanspruch zu 50 % - OLG Dresden v. 24.02.2021 (5 U 1782/20) o Rückwirkung von Art. 240 § 7 EGBGB in der Gewerberaummiete – AG Dortmund v. 27.04.2021 (425 C 7880/20) o Insolvenzantragspflicht des Gewerberaummieters in der Covid-19-Pandemie „Wiederaufleben“ der Antragspflicht ab dem 01.05.2021 • Betriebs- und Nebenkosten in Covid-19-Zeiten o Anpassung der Betriebs- und Nebenkostenabrechnungen 2020 wegen Covid-19? • Covid-19 und Homeoffice: Auswirkungen auf die Bürovermietung 3 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
ÜBERSICHT I GLIEDERUNG • (Miet-)Vertragsgestaltung: „Pandemie-Klauseln“ o „Pandemie-Klauseln“ aus Mietersicht o „Pandemie-Klauseln“ aus Vermietersicht • Schriftform (§ 550 BGB) o Betriebskosten – OLG Hamburg v. 04.11.2020 (4 U 40/20) o Nachträgliche Einräumung eines Konkurrenzschutzes – OLG Brandenburg v. 27.10.2020 (3 U 67/20) 4 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Gesetzesänderung zu § 313 BGB Art. 240 EGBGB, § 7 – Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen (1) Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insoweit ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat. 5 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Die Gesetzesänderung gilt vom 31.12.2020 (zunächst) bis 30.09.2022. Nach Auffassung des Gesetzgebers muss die Verwendbarkeit der Miet-/ Pachträume aufgehoben oder jedenfalls erheblich eingeschränkt sein, wobei ausdrücklich als typisches Beispiel die vollständige Aufhebung infolge einer Schließungsverfügung genannt ist (BT-Drucks. 19/25322, S. 20 f.). Praxishinweis: Bei bloßer „mittelbarer Betroffenheit“, also dann, wenn die Mietflächen des Mieters von der Schließungsanordnung nicht umfasst waren, kommt eine Vertragsanpassung nicht in Betracht (vgl. LG München II v. 28.01.2021 – 1 O 2773/20). 6 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Gesetzesänderung zu § 313 BGB Art. 240 EGBGB, § 7 – Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen Die Vermutung ist widerleglich, z.B. in Fällen, in denen der Mietvertrag zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, in dem eine pandemieartige Ausbreitung des Corona-Virus Sars-Covid 2 in der breiten Öffentlichkeit bereits absehbar war. Dann ist regelmäßig davon auszugehen, dass ein solcher Mietvertrag in Kenntnis einer möglicherweise bevorstehenden tiefgreifenden Veränderung des Wirtschaftslebens geschlossen wurde. Praxishinweis: Haben die Parteien also ab März 2020 einen neuen Mietvertrag oder einen Nachtrag zu einem bestehenden Mietvertrag abgeschlossen, stehen dem Mieter damit grundsätzlich keine Vertragsanpassungsansprüche aus § 313 Abs. 1 BGB zu, es sei denn, die Parteien haben ausdrückliche Regelungen im Vertrag vereinbart („Pandemie-Klauseln“). 7 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Gesetzesänderung zu § 313 BGB Art. 240 EGBGB, § 7 – Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen Das sog. normative Merkmal von § 313 Abs. 1 BGB, dass also dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann, wird – ausweislich der Gesetzesbegründung – von der Vermutungsregelung nicht erfasst. Allerdings sei davon auszugehen, dass ohne entsprechende vertragliche Regelungen Belastungen infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19- Pandemie regelmäßig weder der Sphäre des Mieters noch des Vermieters zuzuordnen sind. Weiter heißt es in der Gesetzesbegründung: 8 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Gesetzesänderung zu § 313 BGB Art. 240 EGBGB, § 7 – Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen „Im Rahmen der Zumutbarkeit wird hier von Bedeutung sein, wie stark sich die staatlichen Beschränkungen auf den Betrieb des Mieters auswirken. Ein Indiz für eine starke Beeinträchtigung kann in erheblich zurückgegangenen Umsätzen z.B. im Vergleich zum Vorjahreszeitraum liegen. Zu berücksichtigen sein wird aber auch, ob der Mieter öffentliche oder Zuschüsse erhalten hat, mit denen er Umsatzausfälle infolge staatlicher Beschränkungen jedenfalls teilweise kompensieren kann, und ob er Aufwendungen erspart hat, weil er etwa Kurzarbeit angemeldet hat oder der Wareneinkauf weggefallen ist. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles. § 313 BGB gewährt keine Überkompensation.“ 9 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Gesetzesänderung zu § 313 BGB Art. 240 EGBGB, § 7 – Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen Praxishinweis: Da sich auch nach den Neuregelungen jedoch auf der Rechtsfolgenseite des § 313 BGB her nicht viel ändert – und dies ausdrücklich auch nach den Vorgaben in der Gesetzesbegründung – bleibt es bei der erforderlichen Einzelfallprüfung, bei der auch Umsatzzuwächse von Mietern infolge des Online-Handels etc., staatliche Überbrückungshilfen, Rücklagen etc. zu berücksichtigen sind. 10 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Praxishinweis: Vor dem Hintergrund des divergierenden Meinungsstandes empfiehlt es sich, Einigungen zwischen Vermietern und Mietern zustande zu bringen, die von (teilweisen) Mietreduzierungen, Vereinbarungen von reinen Umsatzmieten bis hin zu Stundungsvereinbarungen reichen. 11 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten (Un-)Zumutbarkeit der Mietzahlung wegen Störung der Geschäftsgrundlage OLG Karlsruhe v. 24.02.2021 – 7 U 109/20 1. Die Covid-19-bedingte Schließungsanordnung eines Geschäfts begründet weder einen Sachverhalt der Mietsache noch eine Unmöglichkeit der Leistungserbringung des Vermieters. 2. Die Annahme der Unzumutbarkeit der Mietzahlung im Rahmen von § 313 BGB setzt eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls voraus, bei der der Rückgang der Umsätze, mögliche Kompensation durch Online-Handel, öffentliche Leistungen, ersparte Aufwendungen, z.B. durch Kurzarbeit, oder Vermögenswerte durch nicht verkaufte oder noch verkaufbare Ware zu berücksichtigen sind. 12 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten (Un-)Zumutbarkeit der Mietzahlung wegen Störung der Geschäftsgrundlage OLG Karlsruhe v. 24.02.2021 – 7 U 109/20 Sachverhalt: Zwischen den Parteien besteht ein Mietvertrag über Geschäftsräume zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs. Die in den Mieträumen betriebene Filiale der Mieterin war vom 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 wegen der einschlägigen Corona-Verordnung vom 17.03.2020 geschlossen. Für diese Zeit zahlte die Mieterin die Miete nicht. Die Vermieterin verlangt klageweise Mietzahlung. Lösung: Das OLG Karlsruhe bejaht Mietzahlungsansprüche der Vermieterin. 13 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten (Un-)Zumutbarkeit der Mietzahlung wegen Störung der Geschäftsgrundlage OLG Karlsruhe v. 24.02.2021 – 7 U 109/20 Eine Mietminderung nach § 536 Abs. 1 BGB kommt nicht in Betracht. Ergeben sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen während eines laufenden Mietverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsgemäßen Gebrauchs eines gewerblichen Mietobjekts, könne dies dann einen Mietmangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB begründen, wenn die durch die gesetzgeberische Maßnahme erwirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang stehe. Hinsichtlich der behördlichen Schließungsanordnungen, die eine Vielzahl an Gewerben betrafen, die nicht der Deckung mit Gütern des täglichen Bedarfs dienten, fehle es insoweit am Objektbezug. 14 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten (Un-)Zumutbarkeit der Mietzahlung wegen Störung der Geschäftsgrundlage OLG Karlsruhe v. 24.02.2021 – 7 U 109/20 Eine Unmöglichkeit der Leistung des Vermieters bestehe nicht. Die Vermietung erfolgt zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs. Als solche war die Mietsache auch während der angeordneten Schließung brauchbar. Dass es wegen der angeordneten Schließung tatsächlich nicht zu einem entsprechenden Gebrauch kam, fiele in das Verwendungsrisiko der Mieterin. 15 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten (Un-)Zumutbarkeit der Mietzahlung wegen Störung der Geschäftsgrundlage OLG Karlsruhe v. 24.02.2021 – 7 U 109/20 Eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage komme nicht in Betracht. Dass eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt, werde nun „grundsätzlich“ vermutet (Art. 240 § 7 EGBGB), wobei Unsicherheiten beseitigt und die außergerichtliche Verhandlungsposition des Gewerberaummieters gestärkt werden sollte (BT-Drucks. 19/25322, 14 f.). Das normative Merkmal des § 313 Abs. 1 BGB, dass dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden könne, werde von der Vermutungsregelung nicht erfasst (BT-Drucks. 19/25322, 21). Dabei stellt der Gesetzgeber darauf ab, dass im Rahmen der Zumutbarkeit zu prüfen sein werde, wie erheblich die Umsätze zurückgegangen sind und auch, ob der Mieter öffentliche oder sonstige Zuschüsse erhalten hat, mit denen er die Umsatzausfälle infolge staatlicher Beschränkungen jedenfalls teilweise kompensieren kann und ob er Aufwendungen erspart hat (z.B. wegen Kurzarbeitergeld oder weggefallenen Wareneinkaufs). 16 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten (Un-)Zumutbarkeit der Mietzahlung wegen Störung der Geschäftsgrundlage OLG Karlsruhe v. 24.02.2021 – 7 U 109/20 Entscheidend seien die Umstände des Einzelfalles. § 313 BGB gewähre keine Überkompensation. Insoweit bestätigt der Senat die Auffassung der Vorinstanz, dass der Mieter zumindest eine Existenzgefährdung oder eine nahe kommende unzumutbare wirtschaftliche Beeinträchtigung darlegen und beweisen muss. Ein bloßer Hinweis auf Umsatzausfälle sei zur Darlegung nicht ausreichend. 17 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten (Un-)Zumutbarkeit der Mietzahlung wegen Störung der Geschäftsgrundlage OLG Karlsruhe v. 24.02.2021 – 7 U 109/20 Praxishinweis: Das OLG Karlsruhe bleibt damit – im Gegensatz zum OLG Dresden v. 24.02.2021 – 5 U 1782/20 – bei einer restriktiven Linie und stellt hohe Anforderungen an die Darlegungslast des gewerblichen Mieters hinsichtlich der Einzelfallprüfung, bei der auf Umsatzzuwachs infolge des Online-Handels, staatliche Überbrückungshilfen, Rücklagen etc. zu berücksichtigen sind. AG Dortmund v. 27.04.2021 – 425 C 7880/20 Praxishinweis: Das AG Dortmund (Börstinghaus) bejaht in seinem Urteil vom 27.04.2021 – 425 C 7880/20 eine Rückwirkung von Art. 240 § 7 EGBGB für die Zeit des Lockdown I. 18 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Datum Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle 1. LG München I v. 29 O 8772/20 Ein Vertrag über die Überlassung von Räumlichkeiten für eine IBRRS 2021, 29.04.2021 Hochzeit ist durch die Corona-Pandemie nicht wegen 438609 bestehender Unmöglichkeit unerfüllbar geworden Die Corona-Pandemie führt zwar zu einer Störung der Geschäftsgrundlage, dies führt aber nicht dazu, dass eine Vertragsauflösung möglich ist, denkbar ist allenfalls eine Vertragsanpassung. 2. AG Dortmund v. 425 C 7880/20 Anpassungsanspruch aus § 313 Abs. 1 BGB wird bejaht IBRRS 2021, 27.04.2021 1305 Miete um 50% des auf den Monat entfallenden prozentualen Umsatzrückgangs zzgl. staatlicher Ausgleichszahlungen und Zusatzumsätze aus online-Geschäften zu reduzieren 3. LG Kaiserslautern 4 O 284/20 Kündigungsrecht eines Pächters in der Corona-Krise BeckRS v. 13.04.2021 2021, 7514 = IMR 2021, 246 19 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Datum Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle 4. Kammergericht v. 8 U 1099/20 Anpassungsanspruch aus § 313 Abs. 1 BGB wird bejaht (50 %) IMR 2021, 01.04.2021 2807 Reduzierung der Miete um 50 % Pandemie kein „normales“ Risiko, welches grundsätzlich beim Mieter liegt („Systemkrise“ = Störung der großen Geschäftsgrundlage) Darlegung konkreter Existenzbedrohung nicht unabdingbar; es sind die „Unter Umständen existenziell bedeutsamen Folgen“ zu vermuten, wenn Schließung einen Monat oder länger andauert 20 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Datum Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle 5. OLG Frankfurt/ 2 U 143/20 Kein Sachmangel; Keine Unmöglichkeit; Kein Anspruch über IBRRS 2021, Main v. § 313 Abs. 1 BGB. 1305 19.03.2021 Allerdings hier keine umfassende Abwägung möglich, da es sich um einen Urkundenprozess handelte (siehe zuvor). Ausführliche Auseinandersetzung mit dem Urt. des OLG Dresden („nicht konsistent“) Hält eine Vertragsanpassung aber grundsätzlich auch ohne Existenzgefährdung für möglich. Auch die Verhältnisse des Vermieters sollen in Abwägung einbezogen werden. 21 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Datum Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle 5. OLG Frankfurt/ 2 U 143/20 [61] […] „Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung sowie IBRRS 2021, Main v. weiterer einschlägiger Entscheidungen des Bundesgerichtshofs 1305 19.03.2021 (Urteil vom 16.2.2000 – XII ZR 279/97, NJW 2000, Seite 1714 ff.; Urteil vom 23.10.2019 – XII ZR 125/18, NJW 2000, Seite 331 ff.) setzt eine Anpassung des Mietvertrages zwar nicht notwendig eine drohende Existenzgefährdung des Mieters voraus, aber doch ganz erhebliche konkrete Gründe, die für ihn unter den Bedingungen der Pandemie ein Festhalten am bestehenden Vertrag als unzumutbar erscheinen lassen.“ 22 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Datum Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle 6. LG Frankfurt/Main 2-08 O 175/20 „Aus einer Covid-19-bedingten Betriebsschließung, auch wenn v. 05.03.2021 unstreitig, gerichtsbekannt und offenkundig, können im Urkundenprozess Einwände nach § 536 Abs. 1 Satz 1, § 275 Abs. 1 und § 313 Abs. 1 BGB nicht abgeleitet werden.“ 7. OLG Karlsruhe v. 7 U 109/20 Kein Anpassungsanspruch über § 313 Abs. 1 BGB NJW 2021, 24.02.2021 945 Leitsatz 2: Annahme der Unzumutbarkeit der Mietzahlung im Rahmen von § BGB § 313 BGB setzt eine Würdigung der MDR 2021, Umstände des Einzelfalls voraus, bei der der Rückgang der 479 Umsätze, mögliche Kompensation durch online-Handel, öffentliche Leistungen, ersparte Aufwendungen, zum Beispiel durch Kurzarbeit, oder Vermögenswerte durch nicht verkaufte und noch verkaufbare Ware zu berücksichtigen sind. 23 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Datum Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle 8. OLG Dresden v. 5 U 1782/20 Anpassungsanspruch aus § 313 Abs. 1 BGB wird bejaht (50 %) NJW 2021, 24.02.2021 953 „[39] Die notwendige Unzumutbarkeit bezieht sich damit auf die Äquivalenzstörung, also auf das Verhältnis von Überlassung des NZM 2021, Mietobjektes einerseits und dafür Zahlen des Nutzungsentgelts 231 (Miete) andererseits […] […] Die Notwendigkeit der im Verhältnis zu anderen Vertragstypen relativ niedrige Schwelle der Unzumutbarkeit liegt darin begründet, dass es sich bei dem Mietvertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt. So ist bei einem klassischen Austauschvertrag wie dem Kaufvertrag die vollständige Leistung und Gegenleistung im Rahmen der Äquivalenzstörung gegenüberzustellen. Allerdings bezieht sich dann auch die Rechtsfolge der Vertragsanpassung auf den gesamten Vertrag, also das vollständige Äquivalenzverhältnis. Im Mietvertrag reicht dagegen eine wesentliche Äquivalenzstörung im regelmäßig monatlichen Zeitabschnitt […] 24 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Datum Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle 8. OLG Dresden v. 5 U 1782/20 […] Der Zeitraum, in dem die staatliche Schließungsanordnung NJW 2021, 24.02.2021 andauerte, von insgesamt mehr als einem Monat, überschreitet 953 damit die Schwelle der Erheblichkeit. Auf die Frage, inwieweit die wirtschaftliche Existenz der belasteten Vertragspartei durch die NZM 2021, Störung der Geschäftsgrundlage betroffen wird, kommt es wegen 231 dieser Dauer nicht an.“ 9. OLG München v. 32 U 6358/20 Kein Mangel; keine Unmöglichkeit; kein Anspruch aus § 313 DB 2021, 786 17.02.2021 Abs. 1 BGB (Vertragsanpassung aber grundsätzlich für möglich gehalten) Es wird ausführlich begründet, warum § 313 BGB anwendbar ist, obwohl kein Mietmangel vorliegt und das Risiko der Verwendung beim Mieter liegt. [19] „Die gesetzliche Risikoverteilung zwischen den Parteien eines Mietvertrags über gewerblich genutzte Räume steht einer Anwendung des § 313 BGB nicht entgegen.“ 25 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Datum Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle 9. OLG München v. 32 U 6358/20 Aber: DB 2021, 786 17.02.2021 [22] „Der Senat neigt zu der Ansicht, dass das Risiko, überhaupt ein Geschäft in der Mietsache mit dem mietvertraglich vereinbarten Mietzweck betreiben zu können, nicht ausschließlich in den Risikobereich des Mieters fällt. Denn die Öffnungsuntersagung, die dem Mieter in begrenztem Zeitraum die Möglichkeit nimmt, Gewinne zu erzielen, hängt in keiner Weise mit unternehmerischen Entscheidungen des Mieters zusammen, wie er im Rahmen des vereinbarten Mietzwecks am Markt Erfolg haben möchte.“ [34] „Wenn der Senat auch der Auffassung ist, dass § 313 BGB grundsätzlich anwendbar ist, darf die Anwendung aber nicht dazu führen, dass gesetzgeberische Wertungen umgangen werden. Die Anwendung muss daher auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben, bei denen ein Festhalten an der vereinbarten Regelung zu einem untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbaren Ergebnis führen würde. 26 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Datum Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle 9. OLG München v. 32 U 6358/20 Der Senat ist deshalb auch nicht der Auffassung, dass eine DB 2021, 786 17.02.2021 Herabsetzung der Miete nach einem objektiven Schema erfolgen kann wie beispielsweise der hälftigen Herabsetzung unter vorheriger Anrechnung von tatsächlich erfolgten oder nur möglichen Hilfsleistungen. Denn dann würde die Vertragsanpassung lediglich an die Stelle der Minderung nach § 536 BGB treten, bei der es auf die Unzumutbarkeit der Zahlung der vollständigen Miete für den Mieter nicht ankommt. Ein Abstellen auf den konkreten Fall bedeutet nicht nur, dass die tatsächlichen oder möglichen Hilfsleistungen für den Mieter in eine feststehende Formel eingefügt werden. Vielmehr erfordert eine Betrachtung aller konkreter Umstände des Einzelfalls auch gerade die Beachtung der wirtschaftlichen Situation des Mieters und auch des Vermieters. Dabei kann es eine Rolle spielen, wie viele Jahre der Mietvertrag schon besteht und wie der Umsatz und Gewinn der letzten Jahre waren, so dass eine Möglichkeit bestand, Rücklagen zu bilden. Da die wirtschaftliche Situation des Mieters zu berücksichtigen ist, kann es bei einem Konzern sogar auf die Konzernmutter ankommen. Es verbietet sich allerdings jede schematische Betrachtungsweise. 27 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle Datum 9. OLG München 32 U 6358/20 [36] Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Feststellung, die DB 2021, 786 v. 17.02.2021 Zahlung der vollen Miete im Monat April 2020 sei für den Mieter unzumutbar gewesen, nicht zwingend zu einem Anspruch auf Herabsetzung der Miete führen muss, der der Klage des Vermieters auf Mietzahlung als Einrede entgegenhalten werden kann (Bub in Bub/Treier, Kap. II Rn. 2098). Vielmehr kann der Anspruch auch auf eine Stundung der Miete gerichtet sein.“ 10. LG Dortmund v. 12 O 359/20 Kein Sachmangel; Keine Unmöglichkeit; keine Nichtigkeit nach 23.02.2021 § 134 BGB wg. Corona. Aber Anpassungsanspruch 28 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle Datum 10. LG Dortmund v. 12 O 359/20 [36] „Zu bedenken ist jedoch, dass die beispiellosen und in ihrer 23.02.2021 Richtung unvorhersehbaren staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung einer Pandemie deutlich über das hinausgehen, was üblicherweise zu dem Verwendungsrisiko bzw. dem Risiko der Gebrauchstauglichkeit gezählt wird. Vernünftigerweise hätte keine der Vertragsparteien es akzeptiert, das Risiko hierfür zu übernehmen. Derartige, nach vernünftigen Maßstäben unvorhersehbare Risiken können nicht allein der einen oder der anderen Seite aufgebürdet werden.“ 29 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle Datum 10. LG Dortmund v. 12 O 359/20 [39] „Dass während der zwangsweisen Schließung jedenfalls vor 23.02.2021 Ort in dem Einzelhandelsgeschäft der Beklagten kein Umsatz erzielt werden konnte, ist offensichtlich. Da die Beklagte - wie allgemein bekannt ist - niedrigpreisige Waren anbietet, ist es auch überzeugend, wenn die Beklagte vorträgt, dass sie die erlittenen Umsatzeinbußen nicht durch den Onlinehandel habe auffangen können. Für die Annahme der Unzumutbarkeit ist insoweit auch nicht erforderlich, dass die Einbußen so einschneidend waren, dass die Beklagte in eine existenzgefährdende Notlage geraten ist.“ 30 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle Datum 10. LG Dortmund v. 12 O 359/20 [40] „Zu berücksichtigen ist weiterhin der Charakter des 23.02.2021 Mietvertrages als Dauerschuldverhältnis. Eine Vertragsanpassung nach § BGB § 313 BGB ist bei solchen Verhältnissen auch für einzelne Abschnitte des Vertragsverhältnisses möglich. Die Störung der Geschäftsgrundlage muss also nicht so schwerwiegend und dauerhaft sein, dass eine dauerhafte Anpassung des Vertragsverhältnisses erforderlich wäre (vgl. BeckOGK/Martens, a.a.O., Rn. 248). Vorliegend erstreckte sich das Betriebsverbot insgesamt über einen Zeitraum von mehr als einem Monat. In Anbetracht dieser nicht unerheblichen Dauer, in der der Betrieb der Beklagten geschlossen werden musste, ist das Festhalten an dem bestehenden Vertrag der Beklagten für diesen Zeitabschnitt nicht zumutbar.“ 31 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle Datum 11. LG Münster v. 23 O 18/20 Kein Sachmangel; Keine Unmöglichkeit; Kein Anspruch über IMR 2021, 19.02.2021 § 313 Abs. 1 BGB 2475 12. LG München I v. 31 O 11516/20 Anspruch auf Vertragsanpassung über § 313 Abs. 1 BGB IMR 2021, 12.02.2021 2338 Amtliche Leitsätze: 1. Die Ausrichtung der Zumutbarkeitsprüfung i.S.d. § BGB § 313 Abs. BGB § 313 Absatz 1 BGB auf die konkrete Filiale gewährleistet, dass sich der Mieter nicht auf Verluste aus anderen Filialen und der Vermieter nicht auf Gewinne des Mieters aus anderen Filialen berufen kann. Dies beugt sowohl einer mehrfachen bzw. überproportionalen als auch einer abweichenden Verwertung der Verluste bzw. Gewinne aus anderen Filialen in Parallelverfahren vor. (Rn. BECKRS Jahr 2021 Randnummer 67) 32 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle Datum 12. LG München I v. 31 O 11516/20 2. Die Beschränkung der Anrechnung staatlicher Leistungen (hier: IMR 2021, 12.02.2021 Kurzarbeitergeld) auf den Anteil der Miete an den 2338 Gesamtverbindlichkeiten des Mieters verhindert eine zu Lasten des Mieters wirkende überproportionale Berücksichtigung. Die Vornahme der Anrechnung vor Bildung der Quote im Rahmen der Risikoverteilung erscheint gegenüber der Anrechnung auf den Minderungsbetrag vorzugswürdig. 13. LG Stuttgart v. 2 O 246/20 Kein Sachmangel; Keine Unmöglichkeit; Kein Anspruch über IMR 2021, 29.01.2021 § 313 Abs. 1 BGB 2793 14. LG München II 1 O 2773/20 Keine Anwendbarkeit von Art. 240 § 7 EGBGB, § 313 BGB bei BeckRS v. 28.01.2021 nur mittelbarer Betroffenheit 2021, 2996 15. LG München I v. 31 O 7743/20 Art. 240 § 7 EGBGB auch für Altfälle (vor 31.12.2020) ZfIR 2021, 25.01.2021 119 ZMR 2021, 317 33 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle Datum 16. LG Kempten v. 23 O 753/20 Annahme eines Mietmangels § 536 BGB IMR 2021, 07.12.2020 110 Auch die Voraussetzungen des § 313 Abs. 1 BGB werden bejaht 17. LG Stuttgart v. 11 O 215/20 Kein Sachmangel; Keine Unmöglichkeit; Kein Anspruch über ZMR 2021, 19.11.2020 § 313 Abs. 1 BGB 120 18. AG Pinneberg v. 81 C 18/20 Annahme eines Minderungsrechts auf null IMR 2011, 17.11.2020 111 19. AG Düsseldorf 45 C 245/20 Kein Sachmangel; Keine Unmöglichkeit; Kein Anspruch über IMR 2021, v. 10.11.2020 § 313 Abs. 1 BGB, wenn keine Existenzgefährdung oder eine 2058 vergleichbare, zur Unzumutbarkeit führende, wirtschaftliche Beeinträchtigung dargelegt wird. 20. LG Wiesbaden 9 O 852/20 Kein Sachmangel; Keine Unmöglichkeit; Kein Anspruch über MDR 2021, v. 05.11.2020 § 313 Abs. 1 BGB 28 34 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle Datum 21. AG Köln v. 206 C 76/20 Kein Sachmangel; Keine Unmöglichkeit; Kein Anspruch über IMR 2021, 04.11.2020 § 313 Abs. 1 BGB 2147 22. LG Mönchen- 12 O 154/20 Kein Sachmangel; keine Unmöglichkeit; Aber Anspruch über ZfIR 2021, 82 gladbach v. § 313 Abs. 1 BGB (50 %) 02.11.2020 [54] „Unzumutbarkeit ist für den Zeitraum vom 01.04.2020 bis 19.04.2020 zu bejahen. Aufgrund der hoheitlichen Schließungsanordnung konnte die Beklagte in dem streitgegenständlichen Ladengeschäft für diese Zeit keinerlei Umsätze verbuchen. Die Umsätze des Aprils der letzten Jahre (2017: 23.605,72 Euro; 2018: 25.796,35 Euro; 2019: 17.927,24 Euro) konnten nicht ansatzweise erreicht werden, die Beklagte verzeichnete Umsatzeinbußen von 100 %; was im Übrigen aufgrund der öffentlichen Betriebsuntersagungen allgemein bekannt ist und keines Beweises bedurfte. Es handelte sich dabei auch, die zwangsweise Schließung ab dem 19.03.2020 berücksichtigend, um einen Zeitraum von einem Monat und damit um einen Zeitraum von nicht unerheblicher Dauer.“ 35 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle Datum 23. LG Oldenburg v. 8 O 1268/20 Kein Sachmangel; Keine Unmöglichkeit; Kein Anspruch über IMR 2021, 26.10.2020 § 313 Abs. 1 BGB 2526 24. AG Bielefeld v. 404 C 56/20 Kein Sachmangel; Keine Unmöglichkeit; Kein Anspruch über IMR 2021, 20.10.2020 § 313 Abs. 1 BGB 112 25. LG München II 13 O 2044/20 Kein Sachmangel; Keine Unmöglichkeit; Kein Anspruch über IMR 2021, 22 v. 06.10.2020 § 313 Abs. 1 BGB 26. AG Oberhausen 37 C 863/20 Einrede über § 313 Abs. 1 BGB wird bejaht (50 % Kürzung) v. 06.10.2020 36 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle Datum 27. LG München I v. 34 O 6013/20 Auf §§ 536 und 326 BGB geht das Gericht nicht ein; Anspruch ZfIR 2021, 05.10.2020 über § 313 Abs. 1 BGB wird bejaht (50 %) 141 ZMR 2021, [25] „Die Schließung der Geschäftsräume stand nicht im 235 Risikobereich des Mieters. Es wurde nicht etwa eine Schließung seitens der Behörden angeordnet, weil Umstände in der Person des Gewerbetreibenden vorliegen, die dessen Zuverlässigkeit anzweifeln lassen würden, oder dass die Räume zu dem Gewerbe, das der Mieter durchführt, nicht geeignet wären. Vielmehr liegt eine Allgemeinverfügung vor.“ [30] „Die Schließung infolge der Pandemie betraft nicht die Beklagte zu 1) allein, sondern sämtliche Verkaufsgeschäfte im Freistaat Bayern, die nicht Güter des täglichen Bedarfs anbieten. Eine derartige Schließung ist während der letzten Jahrzehnte nicht vorgekommen.“ 37 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle Datum 27. LG München I v. 34 O 6013/20 [31] „Das Gericht hält es daher für gerechtfertigt, dass Vermieter ZfIR 2021, 05.10.2020 und Mieter gleichermaßen in solidarischer Weise dieses Risiko 141 tragen sollen.“ ZMR 2021, 235 28. LG Frankfurt/ 2-15 O 23/20 Kein Sachmangel; Keine Unmöglichkeit; Kein Anspruch über ZfIR 2020, Main v. § 313 Abs. 1 BGB 863 02.10.2020 [28] „Wie oben ausgeführt, geht diese hier dahin, dass die Bekl. als Mieterin das Verwendungsrisiko der Mietsache trägt, also das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für den Betroffenen – abgesehen von extremen Ausnahmefällen, in denen eine unvorhergesehene Entwicklung mit unter Umständen existentiell bedeutsamen Folgen für eine Partei eintritt – regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen.“ 38 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle Datum 29. LG München II 13 O 1657/20 Kein Sachmangel; Keine Unmöglichkeit; Kein Anspruch über ZMR 2021, v. 22.09.2020 § 313 Abs. 1 BGB 119 30. LG München I v. 3 O 4495/20 Annahme eines Sachmangels unter Berufung auf die „Frühzeit ZfIR 2020, 22.09.2020 der Anwendung des BGB“ 839 ZMR 2021, [25] „Schriftlich festgelegter (§ 1 Mietvertrag) und überdies 229 deutlich von den Parteien vorausgesetzter Mietzweck war der Betrieb zur Nutzung als Möbelgeschäft mit Wohnaccessoires zum Zwecke des Einzelhandels. Dieser Mietzweck konnte nach den öffentlich rechtlichen Beschränkungen infolge der Corona Epidemie nicht mehr eingehalten werden. Diese Beschränkungen fallen nicht in den Risikobereich der beklagten Mieterin. […] Die Insolvenzantragspflicht des Gewerberaummieters in der COVID-19-Pandemie 39 Workshop am Samstag, 26.06.2021
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle Datum 30. LG München I v. 3 O 4495/20 […] Damit trifft die behördliche Einschränkung die vertragsgemäß ZfIR 2020, 22.09.2020 vorausgesetzte Nutzungsmöglichkeit der Mietsache selbst, da 839 nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien gerade ein ZMR 2021, Ladengeschäft für hochwertige Möbel und hochwertige 229 Möbelaccessoires in zentraler Münchner Lage betrieben werden sollte. […] […] „Vorliegend ist aber der vereinbarte und von beiden Parteien vorausgesetzte Nutzungszweck der Mietsache, auf dem die Fruchtziehung der Beklagten beruht, erheblich gestört. Dies begründet in der vorliegenden Gewerbemiete mit oben angeführten Darlegungen einen Mietmangel.“ 40 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung Gericht + Aktenzeichen Rechtliche Aspekte Fundstelle Datum 31. LG Zweibrücken HK O 17/20 Kein Sachmangel; Keine Unmöglichkeit; Kein Anspruch über ZfIR 2020, v. 11.09.2020 § 313 Abs. 1 BGB 864 BB 2020, 2450 32. LG Chemnitz v. 4 O 639/20 Kein Sachmangel; Keine Unmöglichkeit; Kein Anspruch über 26.08.2020 § 313 Abs. 1 BGB → Vorinstanz zu OLG Dresden vom 24.02.2021 33. LG Heidelberg 5 O 66/20 Kein Sachmangel; Keine Unmöglichkeit; Kein Anspruch über ZfIR 2020, v. 30.07.2020 § 313 Abs. 1 BGB 742 ZMR 2021, 44 34. LG Mannheim v. 23 O 22/20 Kein Sachmangel; Kein Anspruch über § 313 Abs. 1 BGB GE 2020, 23.07.2020 1253 Zur Unmöglichkeit äußert sich das Gericht nicht. 41 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten des Mieters in der Corona-Krise Insolvenzantragspflicht des Gewerberaummieters in der Covid-19-Pandemie Eingehend: Burbulla/Schneider, MietRB 2021, 149 ff. • Antragspflicht nach §15 a InsO Gemäß 15a InsO haben die Mitglieder oder Abwickler des Vertretungsorgans einer juristischen Person, die zahlungsunfähig oder überschuldet ist, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder Überschuldung (§ 19 InsO) einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Die Nichtstellung des Antrages hat strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen zur Folge. Die im Zuge der Covid-19-Pandemie ausgesetzte Insolvenzantragspflicht besteht seit dem 01.05.2021 wieder vollumfänglich. 42 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten des Mieters in der Corona-Krise Insolvenzantragspflicht des Gewerberaummieters in der Covid-19-Pandemie • Feststellung der Zahlungsunfähigkeit Zahlungsunfähig ist ein Schuldner gemäß § 17 Abs. 2 InsO, wenn er nicht mehr in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen oder seine Zahlungen eingestellt hat. Zu ermitteln ist also der Liquiditätsstatus des Unternehmens. Hierbei sind die vorhandenen Finanzmittel (Aktiva) den fälligen Verbindlichkeiten (Passiva) gegenüberzustellen. Der in § 17 Abs. 2 verwendete Begriff der Fälligkeit ist nach Auffassung des BGH (BGH v. 19.07.2007 – IX ZB 36/07) nicht mit dem generellen zivilrechtlichen Fälligkeitsbegriff (§ 271 BGB) gleichzusetzen. Entscheidend ist, ob die Gläubiger nicht nur Zahlungen fordern können, sondern auch, ob die Zahlungen tatsächlich auch „ernstlich eingefordert“ werden. 43 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten des Mieters in der Corona-Krise Insolvenzantragspflicht des Gewerberaummieters in der Covid-19-Pandemie • Feststellung der Zahlungsunfähigkeit Ob Mietern aufgrund der Corona-Pandemie Gegenrechte in Bezug auf die Mietforderungen des Vermieters (z.B. wegen Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB) zustehen, ist streitig (s. oben). Wie im Rahmen der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit allgemein mit streitigen Forderungen umzugehen wird, ist ebenfalls umstritten: • Meinungstand Zum Teil wird vertreten, dass streitige Forderungen bei der Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit generell nicht zu berücksichtigen seien, solange nicht zumindest ein vorläufig vollstreckbarer Titel vorliegt. Nach anderer Auffassung sollen auch streitige Verbindlichkeiten grundsätzlich zu berücksichtigen sein, gerade weil Forderungen im Rahmen der Eröffnungsentscheidung nicht generell auf ihre Rechtsbeständigkeit zu prüfen sind. 44 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten des Mieters in der Corona-Krise Insolvenzantragspflicht des Gewerberaummieters in der Covid-19-Pandemie • Meinungstand Teilweise wird u. a. von Vertretern der zuletzt genannten Auffassung aber auch gefordert, dass nur solche Forderung als fällig i. S. d. § 17 Abs. 2 InsO angesehen werden können, gegenüber denen sich der Schuldner nicht auf Einreden berufen kann bzw. die Zahlungspflicht von Rechts wegen einwendungsfrei besteht und fällig ist. Nach einer weiteren Auffassung kommt es im Ausgangspunkt lediglich auf das objektive Bestehen oder Nichtbestehen der Verbindlichkeit an. 45 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten des Mieters in der Corona-Krise Insolvenzantragspflicht des Gewerberaummieters in der Covid-19-Pandemie • Meinungstand Im Zusammenhang mit streitigen Mietforderungen ist damit zunächst entscheidend, welche Gegenrechte den Mietern objektiv zustehen. Auch wenn grundsätzlich über § 313 Abs. 1 BGB die Erhebung der dolo-agit- Einrede (§ 242 BGB) in Betracht kommt, ist vieles ungewiss. Es kann nicht vorhergesehen werden, ob ein Gericht der Einschätzung des Vorliegens einer entsprechenden Einrede Folge leistet. Weiterhin ist nicht absehbar, in welcher Höhe oder Form ein Anpassungsanspruch, sollte über einen solchen rechtskräftig entschieden werden, im Ergebnis anerkannt wird. 46 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Miete Mietzahlungspflichten des Mieters in der Corona-Krise Insolvenzantragspflicht des Gewerberaummieters in der Covid-19-Pandemie Praxishinweis: Solange ein Anpassungsanspruch des Mieters nicht rechtskräftig bestätigt wurde, ist zumindest vom objektiven Bestand der Mietforderungen auszugehen. Damit ist die Forderung grundsätzlich auch in die Prüfung der Zahlungs(un)fähigkeit aufzunehmen. Trifft ein Geschäftsleiter aus objektiv nachvollziehbaren gewichtigen Gründen dennoch die Entscheidung, eine Mietforderung nicht bzw. nicht in voller Höhe in seine Liquiditätsbilanz aufzunehmen, muss im Ernstfall auf der subjektiven Ebene der strafrechtlichen und/oder zivilrechtlichen Sanktions- bzw. Ausgleichsnorm geklärt werden, ob dies in vorwerfbarer Weise geschehen ist. 47 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Betriebs- und Nebenkosten in Covid-19-Zeiten LG Mönchengladbach, Urt. v. 02.11.2020 – 12 U 154/20 Kürzung der Betriebskostenvorauszahlung um pauschal 50 % für die verbrauchsunabhängigen Betriebs- und Nebenkosten Praxishinweis: Bei den Betriebs- und Nebenkostenabrechnungen für das Jahr 2020 stellt sich die Frage, ob eine derartige pauschale Kürzung vorzunehmen ist oder aber auch die verbrauchsunabhängigen Betriebs- und Nebenkosten in voller Höhe anzusetzen sind. 48 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Homeoffice und Mangelhaftigkeit des Mietgegenstandes Fall: Mieter M hat bei Vermieter V 5.000 m² Büroraum für die Verwaltung seines Telekommunikationsgeschäfts angemietet. Dem Mietvertrag ist als Bestandteil ein „Besiedlungsplan“ zugrunde gelegt. Diesem ist zu entnehmen, dass 70 % der Räume jeweils mit 2 bis 4 Arbeitsplätzen ausgestattet sind. Den Mitarbeitern stehen rechnerisch in den jeweiligen Räumen jeweils weniger als 10 m² zur Verfügung. Aufgrund der üblichen Büromöblierung beträgt der Sitzabstand der Beschäftigten weniger als 1,5 m, während sie ständig mit ihren Kunden telefonieren. Seit April 2020 hat M soviel Personal ins Homeoffice geschickt, dass jeder Mitarbeiter über ein Einzelbüro verfügt. Die Gemeinschaftsräume wie die Geschäftsküche und die im Mietvertrag ausdrücklich vorgesehenen Begegnungsflächen hat er abgesperrt. Denn der Betriebsarzt hat zu Recht auf das ansonsten bestehende Risiko einer gefährlichen Aerosolanreicherung in den Räumen hingewiesen. Ist die Miete entsprechend gemindert? Lösung: Es spricht viel für eine Mietminderung. Denn die Räume dürften bereits aufgrund der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung nicht mehr, wie vertraglich vorgesehen, genutzt werden. Das kann man durchaus als unwiderlegliche Mangelvermutung durch die Verordnung ansehen. 49 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
(Miet-)Vertragsgestaltung: „Pandemie-Klauseln“ Fall: Mieter M nimmt formularvertraglich (AGB) folgende „Pandemie-Klausel“ in seinen Standardmietvertrag auf: „Die Auswirkungen auf die Nutzung der Mietsache durch die seit 2020 grassierende Covid-19-Pandemie und die Auswirkungen ggf. zukünftiger Epidemien und Pandemien stellt einen Mangel der Mietsache dar. Ist die Klausel wirksam? Lösung: Im Mietrecht gilt der subjektive Fehlerbegriff. Das heißt, die Parteien können selbst den Standard der Mietsache festlegen. Umgekehrt dürfte es damit auch zulässig sein, dass die Parteien vertraglich festlegen, wann ein Mangel der Mietsache vorliegt, gerade im Hinblick auf den divergierenden Stand in der Rechtsprechung in Bezug auf Corona-bedingte Einschränkungen. 50 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
(Miet-)Vertragsgestaltung: „Pandemie-Klauseln“ Fall: Als Vermieter V mit diesem Vorschlag konfrontiert wird, will er seinerseits eine „Pandemie-Klausel“ in seinen (Standard-)Mietverträgen verankern. Sind folgende Klauseln zulässig: „Einschränkungen der Nutzung der Mietsache durch die gegenwärtige Covid-19- Pandemie und aufgrund zukünftiger Epidemien und Pandemien fallen allein in die Risikosphäre des Mieters. Eine Anpassung des Mietvertrags kann vom Mieter nur verlangt werden, wenn er keine konkrete Existenzgefährdung nachweist.“ „Einschränkungen der Nutzung der Mietsache durch die gegenwärtige Covid-19- Pandemie und aufgrund zukünftiger Pandemien und Epidemien führen nur dann zu Ansprüchen des Mieters gegenüber dem Vermieter, wenn sie schwerwiegend sind und mindestens 9 Monate angedauert haben.“ „Einschränkungen der Nutzung der Mietsache durch die gegenwärtige Covid-19- Pandemie und aufgrund zukünftiger Pandemien und Epidemien führen nur dann zu Ansprüchen des Mieters gegenüber dem Vermieter, wenn sie schwerwiegend sind und mindestens 9 Monate angedauert haben. Der Vermieter hat das Recht, bei einer entsprechenden Anpassung des Mietverhältnisses das Mietverhältnis einmalig zum nächstmöglichen Termin mit den gesetzlichen Fristen zu kündigen.“ 51 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
(Miet-)Vertragsgestaltung: „Pandemie-Klauseln“ Lösung: Die Wirksamkeit derartiger Klauseln ist umstritten. In Bezug auf öffentlich- rechtliche Gebrauchshindernisse ist die Rechtsprechung zu beachten, dass hier ein genereller Haftungsausschluss des Vermieters vertraglich nicht vereinbart werden kann. Vielmehr muss eine Differenzierung danach erfolgen, ob die Mängel betriebs- oder objektbezogen sind (vgl. BGH, ZMR 2008, 274). Auch insoweit wird es von Bedeutung sein, wie der BGH über die Covid-19-bedingten Einschränkungen der Mietsache entscheiden wird. 52 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
Schriftform des Mietvertrages – Umfang des Schriftformerfordernisses Schriftform und Betriebskosten OLG Hamburg v. 04.11.2020 – 4 U 40/20 Verständigen sich die Mietvertragsparteien außerhalb einer förmlichen Urkunde auf eine Erhöhung des monatlichen Betriebskostenvorschusses, berechtigt dieser Umstand den Vermieter nicht, den Mietvertrag wegen einer Verletzung der gesetzlichen Schriftform kündigen. Sachverhalt: Zwischen den Parteien besteht ein Gewerberaummietvertrag. Der Vermieter erhöhte die Miete aufgrund einer Indexanpassung. Zwischen den Parteien ist streitig, ob hierbei auch die Nebenkostenvorauszahlungen erhöht wurden. Der Vermieter kündigt im Folgejahr das Mietverhältnis vorzeitig und beruft sich u.a. darauf, dass die mit der Mieterhöhung einhergehende Anpassung der Nebenkostenvorschüsse einer förmlichen Vereinbarung bedurft hätte. Zu Recht? 53 Gewerberaummietrecht in der Corona-Pandemie: Rück und Ausblick I Dienstag, 29. Juni 2021 Schneider’s Tivoli Beach Lippstadt | Dr. Rainer Burbulla
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