Philhar Adam Fischer Rundfunkchor Berlin - Donnerstag 21.10.21 Freitag 01.08.2021, 19 Uhr 22.10.21 - Berliner Philharmoniker
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moniker Philhar Adam Fischer Rundfunkchor Berlin Berliner Donnerstag 21.10.21 Freitag Freitag 01.08.2021, 19 Uhr 22.10.21 Samstag Samstag 02.09.2021, 20 Uhr 23.10.21 Sonntag 03.09.2021, 20 Uhr
Großer Saal Donnerstag, 21.10.21, 20 Uhr Freitag, 22.10.21, 20 Uhr Samstag, 23.10.21, 19 Uhr Berliner Philharmoniker Adam Fischer Dirigent Rundfunkchor Berlin Benjamin Goodson Einstudierung Kirill Petrenko Chefdirigent und künstlerischer Leiter der Berliner P hilharmoniker Andrea Zietzschmann Intendantin der Stiftung Berliner Philharmoniker
Inhalt Wolfgang Amadeus Mozart (1756−1791) Symphonie Nr. 33 B-Dur KV 319 Werkeinführungen4 1. Allegro assai »Ein gewisses Sehnen, welches nie14 2. Andante moderato befriediget wird« 3. Menuetto – Trio Mozart zwischen Salzburg und Wien 4. Allegro assai An der Grenze zum Schock 22 Dauer: ca. 20 Min. Haydn und die Pauke Gesangstexte24 Kyrie d-Moll KV 341 Die Berliner Philharmoniker26 Adam Fischer 30 für Chor und Orchester Rundfunkchor Berlin 32 Andante maestoso Dauer: ca. 7 Min. Pause Joseph Haydn (1732−1809) Der Sturm für Chor und Orchester Hob. XXIVa:8 Dauer: ca. 10 Min. Symphonie Nr. 103 Es-Dur »Mit dem Paukenwirbel« Das Konzert am 23.10.21 Fotoaufnahmen, Die Auftritte der Berliner wird live in der Digital Bild- und Tonaufzeich Philharmoniker mit 1. Adagio – Allegro con spirito Concert Hall übertragen nungen sind nicht reduzierten Sitzabstän- 2. Andante più tosto allegretto und wenige Tage später gestattet. Bitte schalten den werden ermöglicht 3. Menuetto – Trio als Mitschnitt im Archiv Sie vor dem Konzert durch regelmäßige PCR- veröffentlicht. Ihre Mobiltelefone aus. Testungen. Wir danken 4. Finale: Allegro con spirito digitalconcerthall.com dafür unserem Partner Dauer: ca. 30 Min. Centogene. Die Stiftung Berliner Philharmoniker wird gefördert durch: 2 Saison 2021/22 3 Programm
Wolfgang Amadeus Mozart Symphonie Nr. 33 Als Wolfgang Amadeus Mozart im Alter von 23 Jahren seine Symphonie Nr. 33 vollendete, lag – rein statistisch betrachtet – der Hauptteil seines symphonischen Ge- samtwerks bereits hinter ihm. In den Jahren danach schuf er nur noch wenige Symphonien: Aber was für welche! Dies hängt offenbar mit der Abkehr von seiner Heimat- stadt Salzburg zusammen, die auch Ort seiner ersten festen Anstellung als Konzertmeister der Salzburger Hof- kapelle war. Sein letztes Lebensjahrzehnt verbrachte Mozart als freischaffender Künstler in Wien und widmete sich vor allem der Oper, dem Singspiel und dem Klavier- konzert. Symphonien hatten damals unterschied lichste Funktionen, von der Tafelmusik bis zur Opernouvertüre. Die Symphonie Nr. 33 ist jedenfalls beides: ein Salz- burger und ein Wiener Werk. Denn Mozart komponierte die ersten drei Sätze im Juli 1779 in Salzburg und ergänz- Wolfgang Amadeus Mozart, Gemälde von Joseph Grassi, 1785 te sie erst in Wien um ein parodistisch angeschrägtes Menuett zur Viersätzigkeit. In dieser Endfassung e rschien die Symphonie 1785 beim Wiener Verlagshaus Artaria als eine von insgesamt nur drei Symphonien, die zu Mozarts Lebzeiten gedruckt wurden. Es ist heute nicht bekannt, für welche Gelegenheit und welchen Auftraggeber Mozart sein Werk geschrieben hat. Symphonien k onnten seinerzeit als Tafelmusik bei Hof oder einer privaten Festivität gespielt werden, als »Sinfonia« am Beginn einer Oper oder einer Schauspielmusik und sogar im Gottes- dienst. Das Besondere an Mozarts Musik ist, dass sie sich nicht eindeutig zuordnen lässt, dass sie sich zwischen diesen gesellschaftlichen Schauplätzen ebenso bewegt wie zwischen säkularer und sakraler Bestimmung. Sie klingt einerseits wie eine auskomponierte Fanfare oder Intrada, versteht sich andererseits aber auch auf den ehrwürdigen kontrapunktischen »Kirchenstyl«. 4 Saison 2021/22 5 Werkeinführungen
Eine Eigenart, beinah ein Spleen der Symphonie Nr. 33 ist der Hang ihres Komponisten, alles noch- und Wolfgang Amadeus Mozart nochmal zu sagen, also eine auffallende Neigung zu Kyrie d-Moll KV 341 Refrains und Erkennungsmelodien. Außerdem tritt in jedem der vier Sätze, teils offen, teils versteckt, ein Vier- tonmotiv in Erscheinung, das eigentlich eine Art Motto aus der katholischen Kirchenmusik ist, nämlich aus dem sonntäglichen Vesperhymnus Lucis creator optime. Mozart verarbeitet das gleiche Motiv in seiner ersten und seiner letzten Symphonie. Was ist das: eine Signatur, eine Losung, ein magischer Spruch? Die geheimnisvolle Was sollen wir glauben? Die Entstehung von Mozarts Mozart-Formel, eins – zwei – vier – drei? Oder doch eher Kyrie d-Moll KV 341 umgibt nichts als Zweifel, Unsicher- ein Zufall, den die Nachwelt zum Zeichen erklärt? heit, offene Fragen und Rätsel. Lange Zeit war dieser einzeln überlieferte Satz als »Münchner Kyrie« bekannt, da Musikhistoriker vermuteten, das Werk sei 1781 in den Wochen nach der Premiere von Mozarts Oper Idome- Entstehungszeit neo am bayerischen Hof entstanden. Hört man das Kyrie, 1779 zunächst in einer dreisätzigen Fassung, meint man eine Nähe zu diesem düsteren Antikendrama Menuett 1782 zu erkennen: zu seiner unheilvollen Sphäre von Schwur Uraufführung und Orakel, Götterzorn und Kindesopfer. Heute jedoch nicht nachgewiesen ordnet die Forschung das Werk Mozarts späten Wiener Jahren um 1790 zu und versteht es als folgenlos geblie- Bei den Berliner Philharmonikern benen Beginn einer monumentalen, nie vollendeten erstmals am 8. April 1938, Dirigent: Herbert von Missa solemnis – einer großen, feierlichen Messe –, die Karajan. Zuletzt Anfang März 2013 in drei Konzerten von Mozarts Kyrie theatralisch eröffnet worden wäre. unter der Leitung von Andris Nelsons Als Domkapellmeister hätte Mozart statt der Zauberflöte Messen, Hymnen und Offertorien hinterlassen. Fakt ist: Nicht lange vor Mozarts Tod hatte der Magistrat der Stadt Wien dem Komponisten – auf dessen eigenes Ansuchen – das Amt des Domkapellmeisters an St. Ste- phan in Aussicht gestellt. Es dürfte wohl den meisten von uns schwerfallen, sich den freigeistigen, genussfreudigen, mit einem geradezu dadaistischen Humor gesegneten Künstler, den bekennenden Freimaurer, den Gast lite- rarischer Salons, den Komponisten der Così fan tutte in Amt und Würden eines Domkapellmeisters vorzustellen. Mozart schwört der Zauberflöte ab und schreibt fortan nur noch Messen, Hymnen, Offertorien und Lamentatio- nen? Doch schon der erste Mozart-Biograf Franz Xaver Niemetschek klärte seine Leserinnen und Leser auf, dass die Kirchenmusik des Meisters »Lieblingsfach« gewesen sei, dem er sich nur leider kaum habe widmen können: 6 Saison 2021/22 7 Werkeinführungen
Joseph Haydn Der Sturm Im London des späten 18. Jahrhunderts, in den damals berühmten Hanover Square Rooms, richtete der deut- sche Geiger und Impresario Johann Peter Salomon Subskriptionskonzerte aus, die freitags um zwanzig Uhr anfingen und meist erst nach Mitternacht endeten. Im Wettstreit um die Gunst des Publikums wollte Salomon mit einem veritablen Star vom Kontinent auftrumpfen. Und tatsächlich gelang es ihm, den lange erwarteten Jo- seph Haydn für ein exklusives Gastspiel in der britischen Hauptstadt zu gewinnen. Haydn wurde in England für die Größe und Erha- benheit seiner Musik bewundert. Insbesondere der Chor- satz Der Sturm, der am 24. Februar 1792 uraufgeführt Wolfgang Amadeus Mozart, Gemälde von Johann wurde, kam der Vorliebe des englischen Publikums für Georg Edlinger, ca. 1790 »delightful horror« sehr entgegen: mit seinen plastischen Schilderungen von heulenden Winden, krachenden Don- nern und der Fürbitte der Menschen um V erschonung. »Mozart würde in diesem Fache der Kunst seine ganze Stärke erst gezeigt haben, wenn er die Stelle bey St. Ste- phan wirklich angetreten hätte; er freute sich auch sehr »Ich muste schon 6 mahl ausspeisen, und darauf.« Sein früher Tod verhinderte dies jedoch. könte wenn ich wolte täglich eingeladen seyn, allein ich mus erstens auf meine Gesundheit, Entstehungszeit und 2tens auf meine arbeith sehen.« vermutlich 1787–1791 Joseph Haydn in einem Brief aus London vom Januar 1791 Uraufführung nicht nachgewiesen Musikalisch orientierte sich Haydn einerseits an den Seestürmen, Höllenfahrten und Furientänzen der Oper. Bei den Berliner Philharmonikern Andererseits wechselte er für die Gebete ins geistliche erstmalig am 21. April 1967, Dirigent: Eugen Jochum Fach, in einen andächtigen, empfindsamen Ton, ähnlich mit dem RIAS-Kammerchor. Zuletzt bei den Osterfest- den Hymnen der anglikanischen Kirche. Bezüglich des spielen in Salzburg im April 2000 unter der Leitung Librettos hieß es bei der Uraufführung: »The words by an von Claudio Abbado mit dem Schwedischen Rund- eminent English author«. Hinter dieser mysteriösen An- funkchor kündigung verbarg sich John Wolcot, der als gefürchteter Satiriker viele Zeitgenossen bis hinauf zum König vor den Kopf gestoßen hatte und deshalb besser unerkannt blieb. 8 Saison 2021/22 9 Werkeinführungen
Joseph Haydn Symphonie Nr. 103 »Mit dem Paukenwirbel« Auch die Symphonie Nr. 103 schrieb Haydn für ein Gastspiel in London, in diesem Fall für die Opera Con- certs des italienischen Geigers Giovanni Battista Viotti. Er verblüffte das Publikum der Uraufführung, die am 2. März 1795 im King’s Theatre stattfand, mit einem Solo der Pauke gleich zu Beginn, womit die Pauke im wahrs- ten Sinne des Wortes für einen riesen Wirbel sorgte. Dieser außergewöhnliche Anfang, so teilte der Morning Chronicle mit, habe die »größte Aufmerksamkeit« erregt. Joseph Haydn auf dem Weg nach England 1791/92. Bildpostkarte nach einem Da sich weder in Haydns Autograf noch in dem von ihm unbezeichneten Gemälde, koloriert, um 1890 autorisierten Stimmenmaterial der Uraufführung irgend- eine dynamische Anweisung für diesen berühmten ersten Takt der Symphonie finden lässt, schlägt hier die Zurück in Wien bearbeitete Haydn das Werk für den Stunde der Interpreten. Eine zeitgenössische Bearbei- deutschsprachigen Markt. Im März 1793 wurde es tung für Klaviertrio sieht ein Crescendo und anschlie- erstmal in seiner Muttersprache aufgeführt. Durch die ßendes Diminuendo vor, während ein Arrangement für nachträgliche Besetzung mit Klarinetten und Posaunen Klavierquintett einen direkten Fortissimo-Einsatz anzeigt. gewann Haydns Sturmgemälde nochmals an Farbig- Weil Haydn das Paukensolo mit dem Wort »Intrada« keit und Tiefe. bezeichnete und damit in die Nähe einer traditionellen Eröffnungs- und Aufzugsmusik rückte, ist überdies die Möglichkeit einer fanfarenartigen rhythmischen Improvi- sation erörtert (und erprobt) worden. Entstehungszeit 1792 Uraufführung »Meine anckunft verursachte grosses auf 24. Februar 1792 sehen durch die ganze stadt durch 3 Tag wurd Bei den Berliner Philharmonikern erst- und letztmalig am 18. Januar 1884 im Saal der ich in allen zeitungen herumgetragen: jeder Sing-Akademie unter der Leitung von Joseph Joachim man ist begierig mich zu kennen.« mit dem Chor der Königlichen Hochschule für Musik Joseph Haydn in einem Brief aus London vom Januar 1791 Doch nicht wegen des Paukenwirbels allein ver- dient die langsame Introduktion der Symphonie Nr. 103 die »größte Aufmerksamkeit«. In dem dunkel raunenden, metrisch unbestimmten Unisono der Fagotte, Celli und Kontrabässe zeichnet sich eine melodische Linie ab, 10 Saison 2021/22 11 Werkeinführungen
deren Anfangstöne unverkennbar die Dies Irae-Sequenz der lateinischen Totenmesse heraufbeschwören – eine unheilvolle Einleitung zu einem so festlichen Ereignis wie der Aufführung einer großen Symphonie in einem öffent lichen Konzert. Und welch ein Kontrast zu dem tänzerisch beschwingten Hauptthema des folgenden Allegro con spirito. Doch der Schein unbeschwerter Ausgelassenheit trügt, denn der Kopfsatz wirkt wie überschattet von der »Grabesmusik« der vorangestellten Adagio-Takte, und das unheilverkündende Dies Irae-Motiv greift als eine beunruhigende, untergründig lenkende Instanz immer wieder in das Geschehen an der heiteren Oberfläche ein. Haydns Symphonie Nr. 103 wird als »Volkslied-Sym- phonie« betrachtet: Die Variationen des Andante più tosto allegretto basieren auf Melodien aus dem ost- europäischen Raum, deren kroatischer oder ungarischer Ursprung sich nicht mehr eindeutig rekonstruieren lässt; das Menuett nimmt mit stilisierten Jodelrufen die alpen- ländische Musikkultur auf; das Thema des Finales geht auf ein altes kroatisches Volkslied zurück. Entstehungszeit 1795 Uraufführung 2. März 1795 im King’s Theatre, London Bei den Berliner Philharmonikern erstmals am 19. Oktober 1885; Dirigent: Joseph Joseph Haydn, 1795 im Jahr der Uraufführung Joachim. Zuletzt Ende Oktober 2015 unter der Leitung seiner Symphonie »Mit dem Paukenwirbel«. von Giovanni Antonini Kupferstich nach dem Gemälde von John Hoppner 12 Saison 2021/22 13 Werkeinführungen
»Ein gewisses Sehnen, welches nie befriediget wird« Mozart zwischen Salzburg und Wien Die Kuppel des Salzburger Doms Wolfgang Amadeus Mozart war ein Getriebener. Als gefeiertes Wunderkind ging er mit sieben Jahren auf eine Konzertreise durch die deutschen Lande und Westeuropa, die dreieinhalb Jahre dauerte. Mit 13 ging es nochmals für dreieinhalb Jahre nach Italien. Mit knapp 16 trat er seine erste Stellung als Konzertmeister der Salzburger Hofkapelle an. Er lernte die Abhängigkeit und die Enge dieser Stelle zu hassen und wagte mit 25 Jahren den Umzug nach Wien und den Schritt in die Selbstständigkeit. Seine Kompositionen spiegeln diesen Umbruch wider, die Symphonie Nr. 33 ist sowohl in Salzburg als auch in Wien komponiert worden. War Mozart ein glück licher Mensch? »Eine gewisse Leere – die mir halt wehe thut«, wie Mozart kurz vor seinem Tod sagte, scheint nicht dafür zu sprechen. 14 Saison 2021/22
»Ich versichere sie«, schrieb Mozart Militäruniformen antraten und deren seinem Vater 1778 aus Paris, »ohne Instrumente mit Standarten mit dem reisen | wenigstens leüte von künsten Wappen des regierenden Fürsterz- und wissenschaften | ist man wohl bischofs geschmückt waren. Hof- ein armseeliges geschöpf!« Und in kapellmeister und Hoforganist, der diesem leicht belehrenden, leicht Konzertmeister, Streicher und Bläser theatralischen Ton ging es fort: »Ein der »Cammermusik«, die städtischen Mensch von mittelmässigen Talent Turmbläser, eine stark besetzte Ge- bleibt immer mittelmässig, er mag neralbassgruppe, die Hofsänger als reisen oder nicht – aber ein Mensch Solisten, die Domchorvikare, Chor- von superieuren Talent | welches ich sänger und Kapellknaben vereinten mir selbst, ohne gottlos zu seyn, nicht sich zu einem laut- und leistungs- absprechen kan | wird – schlecht, starken Ensemble von über achtzig wenn er immer in den nemlichen ort Musikern. Diese irdischen Heerscha- bleibt.« Zumal, wenn der nämliche ren musizierten nicht im kompakten Ort Salzburg hieß. Aber schließlich Kollektiv, sondern mehrchörig auf musste Wolfgang Amadeus Mozart die vier Emporen an den Pfeilern der doch in seine Heimatstadt zurück- Domkuppel und den Hochaltarraum kehren, im Januar 1779, unglücklich verteilt. Auf dem Prinzipalchor, dem und widerwillig, wie geschlagen südöstlichen Balkon, saß der Hof- nach dem Scheitern aller Hoffnun- organist an der Orgel. Im Jahr 1779 gen und Bewerbungen um eine neue war dies Wolfgang Amadeus Mo- Stelle auf seiner großen Paris-Reise. zart. Räumlich betrachtet unter ihm, In Salzburg wurde er vom Fürsterz- jedoch hierarchisch gesehen weit bischof erneut eingestellt und zwar über ihm stand der Fürsterzbischof. bei Verdreifachung des Gehalts, was Mozart sollte ihn zwei Jahre später ein eindeutiges Zeichen der Wert- gehässig und in ehrlicher Aversion schätzung war. Zu Mozarts Pflichten als »einen hochmüthigen, eingebil- gehörte es nun, dass er »den Hof, deten Pfaffen« abtun, nicht zuletzt und die Kirche nach Möglichkeit mit um den endgültigen Bruch mit dem neüen von Ihme verfertigten Kompo- Salzburger Hof vor sich und seinem sitionen bedienne«. Vater zu rechtfertigen. Hieronymus Graf Colloredo, Fürsterzbischof von Salzburg. Salzburg und der Fürsterzbischof Was und wo ist Heimat? Ölgemälde von Franz Xaver König, 1772 In der Person des Salzburger »Wo ist man daheim? Wo man Fürsterzbischofs vereinte sich geist- geboren wurde oder wo man zu liche und weltliche Souveränität, sterben wünscht?«, fragt Carl Zuck- da er als Fürsterzbischof nicht nur mayer am Beginn seiner Lebens- seiner Glaubensgemeinde vorstand, erinnerungen. Ob Mozart in Wien sondern allen Bewohnern auch als zu sterben wünschte, wäre eine Landesherr. Er verkörperte somit ziemlich hypothetische Überlegung die doppelte, kaiserlich-katholische für einen Mann von Mitte Dreißig. Herrlichkeit und wurde mit privile- Zweifellos aber wollte er dort leben, giertem musikalischem »Lärm« emp- in der habsburgischen Metropole, fangen, wenn er im Dom die Messe nachdem er 1781 den Schritt in die zelebrierte: mit schmetternden Unabhängigkeit von Vater und Fürst Fanfaren der Hoftrompeter nebst in die Existenz eines »freien Künstlers« Pauken, die in eleganten schwarzen gewagt hatte. Salzburg hingegen, 16 Saison 2021/22 17 Mozart zwischen Salzburg und Wien
wo er geboren war, sich aber nicht zu so müsste ich mich fast schämen. – Hause fühlte, konnte er zuletzt kaum es ist alles kalt für mich – eiskalt.« Der noch ertragen: »Kein ort für mein schroffe Künstlerstolz, das äußerst Talent!« Und warum? »Erstens sind empfindliche Ehrgefühl, das bis zur die leüte von der Musick in keinen an- Arroganz gesteigerte Selbstbe- sehen, und zweytens hört man nichts; wusstsein dokumentieren Mozarts es ist kein Theater da, keine opera!« Identitätskrise. Weiter schimpfte er hemmungslos über die »grobe, lumpenhafte und Wien als künstlerische Heimat liederliche HofMusique«, also das Mozarts Salzburger Orchester, dem er selbst »Ich versichere sie, daß hier einige Jahre als Geiger und Konzert- ein Herrlicher ort ist – und für mein meister angehört hatte. Metier der beste ort von der Welt«, schwärmte Mozart in einem Brief aus Die Heimat in sich selbst Wien an seinen Vater in Salzburg. Die Geschichte jenes Wunders, »welches Gott in Salzburg hat lassen gebohren werden« – so Leopold »Ich versichere sie, Mozart über seinen Sohn –, verrät die daß Wien ein Schattenseiten einer auf Konzertpo- Herrlicher ort ist – dien und in Adelspalästen verbrach- Wohnhaus der Familie Mozart in der Getreidegasse in Salzburg. ten Kindheit. Denn es scheint, als und für mein Metier Stahlstich, koloriert, um 1830 habe der sehr frühe Ruhm des Kindes der beste ort von Mozart das spätere Dasein vergiftet. Und der erwachsene Mozart musste der Welt.« zu seiner Ernüchterung bemerken, Wolfgang Amadeus Mozart dass die Verehrer von einst dem älteren Musiker kaum einen Bruchteil Sein »Heimatgefühl« war zuallererst, der ursprünglichen Aufmerksamkeit ja ausschließlich professionell be- schenkten. gründet: ein Reflex der künstlerischen Erfolge, der Aufträge und Auftritte, »Wenn die leute die er verbuchen oder wenigstens erhoffen durfte. Und Wien bot als in mein herz sehen Hotspot der besten Sängerinnen und könnten, so müsste Virtuosen, mit seiner internationalen Theaterszene, den Akademien, dem ich mich fast Instrumentenbau und Verlagswesen, schämen. – es ist den adligen Mäzenen und bürger- lichen Musikenthusiasten einem zu- alles kalt für mich – gereisten Komponisten aus Salzburg eiskalt.« tatsächlich »herrliche« Aussichten, Wolfgang Amadeus Mozart die Mozart zu nutzen verstand. Ein untergründiges Gefühl von Ent- Salzburg in Mozarts Musik täuschung und Fremdheit in der Welt Die Salzburger haben sich da- begleitete Mozart bis ans Ende sei- mit abfinden müssen, dass ihre nach- ner knapp bemessenen Tage: »wenn getragene Liebe zum berühmtesten die leute in mein herz sehen könnten, »Sohn der Stadt« nicht auf Gegen- 18 Saison 2021/22 19 Mozart zwischen Salzburg und Wien
seitigkeit beruhte. Heute ist Mozart Wo ist man also zu Hause? Im in seinem Geburtsort in sämtlichen schlechtesten Fall nirgendwo, wie es Erscheinungsformen der Verehrung bei Mozart der Fall gewesen zu sein und Vermarktung allgegenwärtig – scheint. »Ich kann Dir meine Emp- von der Kunst bis zur Kugel. Zwischen findungen nicht erklären, es ist eine Getreidegasse und Robinighof, zwi- gewisse Leere – die mir halt wehe schen Tanzmeisterhaus und Residenz thut, – ein gewisses Sehnen, welches wandelt man fast wie von selbst auf nie befriediget wird, folglich nie auf- Mozarts Spuren. hört – immer fortdauert, ja von Tag zu Tag wächst«, schrieb Mozart in Mozart ist heute einem Brief an seine Frau im Sommer 1791, wenige Monate, bevor er in in Salzburg in Wien starb. sämtlichen Erschei- Wolfgang Stähr nungsformen der Verehrung und Vermarktung prä- sent – von der Kunst bis zur Kugel. Aber finden sich auch umgekehrt Salzburger Spuren in Mozarts Musik? Verraten etwa die in Salzburg kom- ponierten Symphonien eine mehr als nur zufällige Beziehung zum Ort ihrer Entstehung? Der Schriftsteller Stefan Zweig mochte es nicht als Zufall gelten lassen, »daß gerade der heiterste, der beweglichste, der anpassungsfähigste, der beschwing- teste aller Musiker, daß Mozart hier geboren war. Die leichte Luft, die An- mut der Lustgärten, das verschnör- Der Stephansdom in Wien, Stich, 1724. Nicht weit davon entfernt kelte Barock der Bischofsbauten und wohnte Mozart im »Figarohaus« von September 1784 bis April 1787 gleichzeitig die ewige Großartigkeit der Landschaft, Mozart hat sie zur ewigen Harmonie erhoben. Auf welche Art – das ist sein unnachahm- liches Geheimnis.« Dieser Gedanken gang wirkt ebenso sympathisch wie spekulativ, und man käme sich nachgerade wie ein Spielverderber vor, wenn man ihm widersprechen wollte. 20 Saison 2021/22 21 Mozart zwischen Salzburg und Wien
An der Grenze zum Schock Die Pauke nimmt in Haydns symphonischen Schaffen Haydn und die Pauke eine Sonderstellung ein. Warum? Weil sie immer mal wieder kräftig und unerwartet die Musik und das Publikum aufwirbeln darf. Sie vermag es nicht nur, die Zuhörenden aus ihren Sitzen aufzuschrecken, sondern auch kriegerische Auseinandersetzungen in den Konzertsaal zu holen. Musikalische Überra- schungseffekte? Sicherlich. Aber nicht nur. Noch vor der Symphonie Nr. 103 Österreich in wechselnden Koalitio- »Mit dem Paukenwirbel« hatte nen gegen das revolutionäre Frank- Joseph Haydn für das Londoner Pu- reich führte. Im zur Kompositionszeit blikum seine Symphonie Nr. 94 »Mit aktuellen oberitalienischen Feldzug dem Paukenschlag« komponiert. brachte General Napoléon Bona- So heißt sie im deutschsprachigen parte den Österreichern eine Nie- Raum, allerdings etwas unpräzise. derlage nach der anderen bei. Der Denn auch alle anderen Instrumente Schlachtenlärm und das Anrücken beteiligen sich lautstark am Überra- der feindlichen Truppen drang sogar schungscoup, den diese Symphonie bis in den weihnachtlichen Frieden zu Beginn des 2. Satzes bereithält, der Wiener Festgesellschaft, die sich wenn nach einer leisen, lieblichen am 26. Dezember 1796 in der Kirche Melodie das komplette Orchester Maria Treu versammelt hatte, um plötzlich im Fortissimo losschlägt. In Haydns neue Messe das erste Mal England wurde das Werk deshalb zu hören. Zum Erstaunen oder zum mit dem programmatischen Titel Entsetzen der Anwesenden – man »The Surprise« (Die Überraschung) weiß es heute nicht mehr – erklang bedacht. Im Auditorium der Hano- im abschließenden Agnus Dei der ver Square Rooms mag tatsächlich Trommelrhythmus der französischen der eine oder die andere im ersten Armee, zuerst wie aus der Ferne, Schreck vom Sitz aufgefahren sein – dann im bedrohlichen Crescendo selbst von einer Ohnmacht wurde auf der Pauke geschlagen. berichtet. Haydns Paukenschläge b oten Ein anderes Werk, in dem die also immer mehr als nur einen Pauke eine prominente Stellung originellen Effekt. Sie berührten die einnimmt, ist die »Paukenmesse«, die Grenze zum Schock, zur Gefahr, zur Haydn selbst »Missa in tempore belli« Gewalt und zum jähen Ende und nannte. Der Titel »Messe in Zeiten machten Musik auf ungewohnt physi- Der sechsjährige Haydn, April 1738. Holzstich nach einer des Krieges« verweist auf die kriege- sche Art erlebbar. Zeichnung von Paul Thumann, spätere Kolorierung, 1878 rischen Auseinandersetzungen, die 22 Saison 2021/22 23 Haydn und die Pauke
Wolfgang Amadeus Mozart Kyrie Kyrie eleison, Herr, erbarme dich unser, Christe eleison, Christus, erbarme dich unser, Kyrie eleison. Herr, erbarme dich unser. Frank Peter Zimmermann – eine musikalische Freundschaft Joseph Haydn Der Sturm Frank Peter Zimmermann zählt zu den langjährigen Weggefährten der Berliner Philharmoniker, die in der Zusammenarbeit immer wieder besondere Impulse setzen und anregende Perspektiven eröffnen. Seine Auftritte knüpfen einen roten Faden zwischen Generationen von Musikerinnen und Hört! Die Winde furchtbar heulen! Musikern – kaum ein für das Orchester prägender Dirigent dieser Jahre hat nicht mit dem Ausnah- megeiger zusammengearbeitet. Tief im finstern Abgrund tobt der Höllen Geist. Der Donner rollt und kracht und mehrt die Angst. Die exklusive Edition präsentiert nun mit Violinkonzerten von Beethoven, Bartók und Berg vier Von Wolke flieht zu Wolk’ erschreckt der Mond. herausragende Momentaufnahmen dieser intensiven musikalischen Freundschaft. Jetzt verlischend und dann blitzend durch die Luft. Weh’ uns! O sanfte Ruh’, o komm doch wieder. O komm doch wieder, o sanfte Ruh’! Deutscher Text von Gottfried van Swieten nach der englischen Originalfassung von Peter Pindar (alias John Wolcot) Berliner Philharmoniker Ludwig van Beethoven Alban Berg Béla Bartók Frank Peter Zimmermann Konzert für Violine und Konzert für Violine und Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 61 Orchester »Dem Andenken Orchester Nr. 1 Sz 36 Kadenzen: Fritz Kreisler eines Engels« Konzert für Violine und 2 CD · 1 Blu-ray Daniel Harding Kirill Petrenko Orchester Nr. 2 Sz 112 Alan Gilbert Jetzt erhältlich unter berliner-philharmoniker-recordings.com und im Shop der Philharmonie Berlin 24 Saison 2021/22
Die Berliner •Chefdirigent Kirill Petrenko Christoph von der Nahmer Christoph Igelbrink Solène Kermarrec Philharmoniker Raimar Orlovsky Stephan Koncz • Erste Violinen Noah Bendix-Balgley Simon Roturier Bettina Sartorius Martin Menking David Riniker 1. Konzertmeister Rachel Schmidt Nikolaus Römisch Daishin Kashimoto Armin Schubert Dietmar Schwalke 1. Konzertmeister Stephan Schulze Knut Weber N. N. Christoph Streuli N. N. 1. Konzertmeister*in Eva-Maria Tomasi Krzysztof Polonek Konzertmeister Romano Tommasini N. N. • Kontrabässe Matthew McDonald Zoltán Almási 1. Solobassist Maja Avramović Helena Madoka Berg • Bratschen Amihai Grosz Janne Saksala 1. Solobassist Simon Bernardini 1. Solobratscher Esko Laine Alessandro Cappone N. N. Solobassist Madeleine Carruzzo 1. Solobratsche Martin Heinze Aline Champion- Naoko Shimizu Michael Karg Hennecka Solobratscherin Stanisław Pajak Luiz Felipe Coelho Micha Afkham Peter Riegelbauer Luis Esnaola Julia Gartemann Edicson Ruiz Sebastian Heesch Matthew Hunter Gunars Upatnieks Aleksandar Ivić Ulrich Knörzer Janusz Widzyk Hande Küden Sebastian Krunnies Ulrich Wolff Rüdiger Liebermann Walter Küssner Kotowa Machida Álvaro Parra Ignacy Miecznikowski Martin von der • Flöten Mathieu Dufour Johanna Pichlmair Nahmer Solo Bastian Schäfer Allan Nilles Emmanuel Pahud Dorian Xhoxhi Kyoungmin Park Solo N. N. Joaquín Riquelme Michael Hasel García Jelka Weber • Zweite Violinen Marlene Ito Martin Stegner Wolfgang Talirz Egor Egorkin Piccolo 1. Stimmführerin Thomas Timm 1. Stimmführer • Violoncelli Bruno Delepelaire • Oboen Jonathan Kelly Christophe Horák 1. Solocellist Solo Stimmführer Ludwig Quandt Albrecht Mayer Philipp Bohnen 1. Solocellist Solo Stanley Dodds Martin Löhr Christoph Hartmann Cornelia Gartemann Solocellist Andreas Wittmann Amadeus Heutling Olaf Maninger Dominik Wollenweber Angelo de Leo Solocellist Englischhorn Anna Mehlin Rachel Helleur- Simcock 26 Saison 2021/22 27 Die Berliner Philharmoniker
• Klarinetten Wenzel Fuchs • Posaunen Christhard Gössling • Orchestervorstand Stefan Dohr Solo Solo Knut Weber Andreas Ottensamer Olaf Ott Solo Alexander Bader Solo Jesper Busk Sørensen • Medienvorstand Stanley Dodds N. N. Thomas Leyendecker Olaf Maninger Hi-Res Audio Andraž Golob Stefan Schulz Bassklarinette Bassposaune • Oimrchestervertretung Stiftungsrat • Fagotte Daniele Damiano • Tuba Alexander von Andreas Wittmann Martin Stegner Klang ohne Kompromisse Solo Puttkamer Vorsitzender des Stefan Schweigert Personalrats Genießen Sie mit Hi-Res Audio ab sofort die Konzerte der Berliner Philharmoniker in Solo Markus Weidmann • Pauken Wieland Welzel Ulrich Knörzer Stellvertretendes Studioqualität – unmittelbar, authentisch und ganz ohne Datenverlust. Zusammen mit dem ultrahochauflösenden Bild unserer 4K-Kameras bieten wir Ihnen das bestmögliche N. N. N. N. Mitglied audiovisuelle Konzerterlebnis. Václav Vonášek Julia Gartemann Kontrafagott • Schlagzeug Raphael Haeger Stellvertretendes Mitglied, • Hörner Stefan Dohr Simon Rössler Franz Schindlbeck Mitglied des Personalrats Solo Jan Schlichte N. N. • Fünferrat Solo Johannes Lamotke •Harfe Marie-Pierre Philipp Bohnen Jesper Busk Sørensen Georg Langlamet Cornelia Gartemann Schreckenberger Raphael Haeger Sarah Willis Gast Markus Weidmann Andrej Žust • Orgel N. N. N. N. Tobias Berndt • Gemeinschaft der Berliner Philharmoniker • Trompeten Guillaume Jehl Philipp Bohnen Klaus Wallendorf Solo Sarah Willis N. N. Solo Andre Schoch • Ehrendirigent Daniel Barenboim verlustfreier Klang in Studioqualität (FLAC) Tamás Velenczei N. N. • Dirigenten unter den ab sofort in den Mobil-Apps der Digital Concert Hall und für Apple TV Ehrenmitgliedern verfügbar für alle Archiv-Konzerte Bernard Haitink keine Zusatzkosten Zubin Mehta Seiji Ozawa Hi-Res Audio kann dank der Unterstützung und technologischen Beratung von Internet Initiative Japan Inc. (IIJ), Streaming-Partner der Digital Concert Hall, angeboten werden. Zu einem späteren Zeitpunkt wird 28 Saison 2021/22 Hi-Res Audio auch für die Live-Übertragungen aus der Philharmonie Berlin angeboten.
Adam Fischer »Haydns Musik begleitet mich seit meinem vierten Lebensjahr«, berichtet Adam Fischer. Damals besuchte er mit seinem Vater ein Konzert, in dem die Symphonie »mit dem Paukenschlag« aufgeführt wurde. Er freute sich so auf den Paukenschlag und war bitter enttäuscht, weil dieser nicht so laut ausfiel wie erwartet. Als er sich an- schließend deswegen beim Orchesterleiter beschwerte, riet ihm dieser: »Werde selbst Dirigent, dann kannst du bestimmen, wie laut der Schlag sein soll.« Adam Fischer, der aus einer ungarischen Dirigentenfamilie stammt, beherzigte diesen Rat. Er studierte in seiner Geburts- stadt Budapest und an der Wiener Musikhochschule bei Hans Swarowsky. 1978 gelang ihm mit seiner Aufführung des Fidelio an der Bayerischen Staatsoper der interna- tionale Durchbruch. Er hatte Chefpositionen in Freiburg, Kassel, Mannheim sowie an der Budapester Oper und war Ehrendirigent der Wiener Staatsoper. 1987 – noch vor dem Fall des Eisernen Vorhangs – gründete er mit Musikern beider Länder die Österreichisch-Ungarische Haydn-Philharmonie, mit der er neue Maßstäbe in der Haydn-Interpretation setzte. Als langjähriger Chef des Danish Chamber Orchestra beeindruckt er außerdem durch seine Deutung der Symphonien Mozarts und Beet- hovens: »Eine Symphonie muss wie eine Oper gespielt werden, diese Vielfalt der Emotionen soll auch in einer Symphonie zum Ausdruck kommen«, so die Überzeu- gung des Dirigenten. 30 Saison 2021/22 31 Adam Fischer
Rundfunkchor Berlin Brillant, flexibel, transparent, wandlungsfähig, fantas- tisch, präsent – mit diesen Worten beschreiben Konzert- kritiker gerne den Klang des Rundfunkchors Berlin. »Es gibt wohl keinen anderen Chor, der so viel Verschie- denes so gut macht und der sich mit so einem breiten Repertoire und so verschiedenen Formaten beschäfti- gen kann«, schwärmt Gijs Leenaars, der in der Spielzeit 2015/16 das Amt des Chefdirigenten und künstlerischen Leiters von Simon Halsey übernahm. Ein breit gefächer- tes Repertoire, ein flexibles, reich nuanciertes Klangbild und eine makellose Präzision machen den 1925 gegrün- deten Rundfunkchor Berlin zum Partner bedeutender Orchester und Dirigenten. Auch mit den Berliner Philhar- monikern verbindet ihn eine langjährige Kooperation. Zu den gemeinsamen Projekten der vergangenen Jahre zählen die viel gerühmten szenischen Realisationen der Matthäus- und der Johannes-Passion von Johann Sebas- tian Bach mit Sir Simon Rattle und Peter Sellars sowie die Aufführung von Beethovens Neunter Symphonie zum Amtsantritt Kirill Petrenkos als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker. Darüber hinaus möchte der Chor mit seinen Aktivitäten im Bildungs- und Erziehungsbereich – etwa das jährliche Mitsingkonzert in der Philharmonie – möglichst viele Menschen für das Singen begeistern. »Wir sind hier in Berlin in einer Luxusposition«, meint Gijs Leenaars. »Wir haben überhaupt keinen Mangel an spannenden Projekten und nicht immer kann man alles unter einen Hut bringen.« 32 Saison 2021/22 33 Rundfunkchor Berlin
© Conny Maier, Courtesy of König Galerie © A Gentil Carioca, Maxwell Alexandre Blick auf die Conditio humana Artists of the Year 2021 der Deutschen Bank im PalaisPopulaire Die Auszeichnung „Artist of the Year“ der Deutschen Bank wird zehn Jahre alt. Junge Künstler*innen, die mit Papier oder Fotografie arbeiten, werden seit 2010 durch Ankäufe ihrer Werke für die Sammlung Deutsche Bank, einen Katalog und Einzelausstellungen einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht. Anlässlich des Jubiläums werden erstmals drei Künstler*innen ausgezeichnet, die jetzt mit neuen Werken im PalaisPopulaire zu sehen sind. Das gewalt und schwarze Identität. Virtuos in der Farbgebung, kraftvoll und Besondere: Alle drei kamen über ungewöhnliche Wege zur Kunst, nicht ohne Ironie knüpft die Berlinerin Conny Maier an die Traditionen reflektieren elementare Themen wie Gemeinschaft, Spiritualität der französischen Fauvisten und des deutschen Expressionismus an. und Umweltzerstörung. Der 30-jährige Maxwell Alexandre stammt Im Zentrum ihrer Malerei-Installation steht ein riesiges, im wahrsten aus Rio de Janeiros größter Favela. Seine Gemälde, Performances Sinne überwältigendes Triptychon, dem sie den Titel „Dominanz“ und Installationen kreisen um Rassismus, Musik, Religion, Polizei- gegeben hat. Und genau darum geht es auch in ihren Bildern: um den Konflikt zwischen moderner Zivilisation und Natur, die Frage, wer wen beherrscht, die Oberhand behält. Der taiwanesische Künstler Zhang Xu Zhan fertigt für seine Filme und Installationen filigrane Figuren und Landschaften aus Pappmaschee an. Sein immersiver Kosmos ist von märchenhaften Wesen, singenden Tieren und Pflanzen © Zhang Xu Zhan, courtesy of the artist and Project Fulfill Art Space sowie Naturgeistern bevölkert – und transformiert alte Fabeln für das Internetzeitalter. Drei Statements zur Conditio humana, die radikales Um- und Neudenken einfordern. Deutsche Bank „Artists of the Year“ 2021 Maxwell Alexandre – Conny Maier – Zhang Xu Zhan Bis zum 7. Februar 2022 PalaisPopulaire Unter den Linden 5, 10117 Berlin db-palaispopulaire.de
Konzerttipps Renaud Capuçon und die Karajan-Akademie Ein heiter-melancholisches Programm mit dem franzö- sischen Geiger Renaud Capuçon und der Karajan-Aka- demie: Für den heiteren Aspekt sorgen zwei Werke Wolf- gang Amadeus Mozarts, dessen Violinkonzert Nr. 3 G-Dur und seine »Haffner-Symphonie«, die die Wiener Klassik von ihrer lichten Seite zeigen. Melancholisch hingegen Hier spielen geben sich Richard Strauss’ Metamorphosen, in denen der Komponist die Zerstörungen durch den Zweiten Weltkrieg betrauert. wir nur für Sa 30.10.21 20 Uhr Kammermusiksaal Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker Sie Renaud Capuçon Violine und Leitung Karten von 15 bis 35 Euro Dreimal Mozart mit Leif Ove Andsnes und dem Mahler Chamber Orchestra Die Jahre 1785/86 bildeten eine entscheidende Phase in Mozarts künstlerischer Entwicklung: Sein Stil wurde dramatischer, sprechender und präsentierte eine neue Art des Storytellings. Der Pianist Leif Ove Andsnes und das Mahler Chamber Orchestra widmen sich in ihrem Projekt Mozart Momentum Kompositionen jener Zeit. An diesem Abend interpretieren sie die Klavierkonzerte Nr. 23 und Nr. 24 sowie die »Prager« Symphonie: alles Werke, die rund um Mozarts Le nozze di Figaro entstanden und in ihrer Konzeption von der Oper beeinflusst sind. Sa 13.11.21 20 Uhr Kammermusiksaal Mahler Chamber Orchestra Leif Ove Andsnes Klavier und Leitung Jetzt in Karten von 20 bis 45 Euro Hi-Res Audio Offizieller Streaming-Partner der Digital Concert Hall digitalconcerthall.com 37 Konzerttipps
Konzerttipps Sir András Schiff und das Chamber Orchestra of Europe Klassik Sir András Schiff und das Chamber Orchestra of Europe verbindet eine langjährige, intensive künstlerische Freund- schaft. Die gemeinsamen Proben und Konzerte – so der ungarische Pianist und Dirigent – seien eine reine Freude, ein fließender Strom von Geben und Nehmen: »Die kollektive Intelligenz und Sensibilität dieser Gruppe ist bewundernswert«. Als im wahrsten und besten Sinne des Wortes eingespieltes Team führen sie die Zweite Orches- erleben tersuite und das Brandenburgische Konzert Nr. 5 von Bach sowie das Klavierkonzert Nr. 17 und die g-Moll-Symphonie von Mozart auf. Fr 26.11.21 20 Uhr Kammermusiksaal Chamber Orchestra of Europe András Schiff Klavier und Leitung Lorenza Borrani Violine und Konzertmeisterin Clara Andrada Flöte Karten von 20 bis 45 Euro Das Quatuor Ébène mit Haydn, Janáček und Schumann Manche Musikkritiker halten das Quatuor Ébène für das beste Streichquartett der Welt – wegen seiner reichen Palette an Klangnuancen, die vom wärmsten, intimsten Moment bis zur aggressivsten, härtesten Attacke reicht. Das Erfolgsrezept des Ensembles? »Wir haben viele Streitigkeiten«, meint der Geiger Gabriel Le Magadure Unterstützen Sie uns beim Kauf in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. »Aber hochwertiger Instrumente, bei der über allem steht die Liebe dazu, etwas gemeinsam zu erschaffen.« Bei seinem Auftritt im Kammermusiksaal führt Verbesserung der Ausstattung in das Quatuor Ébène sein Publikum mit Werken von Haydn, Philharmonie und Kammermusiksaal Schumann und Janáček von der Wiener Klassik über die Romantik bis zur Moderne. oder bei der Förderung besonderer Mi 01.12.21 20 Uhr musikalischer Projekte. Kammermusiksaal Quatuor Ébène: Pierre Colombet Violine | Gabriel Le Magadure Violine Wir freuen uns auf Sie! Marie Chilemme Viola | Raphaël Merlin Violoncello Karten von 15 bis 35 Euro Freunde der Berliner Philharmoniker e. V. berliner-philharmoniker.de/freunde 39 Konzerttipps
Ticketverkauf • online unter berliner-philharmoniker.de • t elefonisch unter +49 30 254 88-999 Montag – Freitag 9 –16 Uhr • a n der Konzertkasse der Philharmonie Montag – Freitag 15–18 Uhr Samstag, Sonntag und an Feiertagen 11–14 Uhr Impressum Newsletter und Social Media Herausgegeben von der Berliner berliner-philharmoniker.de/newsletter Philharmonie gGmbH für die Stiftung instagram.com/BerlinPhil Berliner Philharmoniker facebook.com/BerlinPhil Direktorin Marketing, Kommunikation und twitter.com/BerlinPhil Vertrieb: Kerstin Glasow youtube.com/BerlinPhil Leiter Redaktion: Tobias Möller (V. i. S. d. P.) Herbert-von-Karajan-Straße 1, 10785 Berlin redaktion@berliner-philharmoniker.de Redaktion: Anne Röwekamp Mitarbeit: Stephan Kock, Hendrikje Scholl Werkeinführungen, Mozart zwischen Salzburg und Wien: Wolfgang Stähr Biografien: Nicole Restle · Abbildungen: S. 5, 8, 10, 12, 16, 19, 20, 22 akg-images, S. 15 Alamy, S. 26 Monika Rittershaus, S. 31 Szilvia Csibi, S. 33 S ebastian Hänel, S. 37 (o.) Dario Acosta, (u.) Gregor H ohenberg, S. 39 (o.) Joanna Bergin, (u.) J ulien Mignot · Artwork: Studio Oliver Helfrich · Layout: Stan Hema Satz: Bettina Aigner · Herstellung: Reiter-Druck, 12247 Berlin Programm- und Besetzungsänderungen vorbehalten Einzelheftpreis: 3,50 Euro PH 14, 2021/22 40 Saison 2021/22 Kol-Titel
15.9.2021 – 7.2.2022 Deutsche Bank “Artists of the Year” MA XWELL ALEXANDRE CONNY © Conny Maier. Courtesy of König Galerie MAIER ZHANG XU ZHAN
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