BRSO HARDING HARDENBERGER ADÈS BIRTWISTLE SCHUBERT - SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS
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SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS Freitag 26.2.2021 Herkulessaal 20.30 – ca. 21.45 Uhr BRSO HARDING HARDENBERGER ADÈS BIRTWISTLE SCHUBERT 1 20 | 21 Programm
MITWIRKENDE PROGRAMM DANIEL HARDING THOMAS ADÈS Leitung »Three Studies from Couperin« für Kammerorchester HÅKAN HARDENBERGER • Les Amusemens Trompete • Les Tours de Passe-passe • L’Âme-en-Peine SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS HARRISON BIRTWISTLE »Endless Parade« für Solo-Trompete, Streicher und Vibraphon Vibraphon: Guido Marggrander FRANZ SCHUBERT Symphonie Nr. 7 h-Moll, D 759 »Unvollendete« • Allegro moderato • Andante con moto LIVE-ÜBERTRAGUNG IN SURROUND im Radioprogramm BR-KLASSIK Freitag, 26. Februar 2021 20.05 Uhr Julia Schölzel im Gespräch mit Daniel Harding 20.30 Uhr Konzertübertragung ON DEMAND Das Konzert ist in Kürze auf www.br-klassik.de als Audio abrufbar. 2 3 Mitwirkende Programm
WIE FRÜHLINGSWIND AUS SÜDEN Zu Thomas Adès’ Three Studies from Couperin Rafael Rennicke In diesen Wochen und Mo- Entstehungszeit naten der Pandemie mag 2006 Uraufführung die Sehnsucht nach besseren Zeiten groß sein – 21. April 2006 in Basel und auch nach Musik, die uns trägt oder tröstet, durch das Kammerorchester aufmuntert oder beschwingt. Die Cembalostücke Basel Geburtsdatum des von François Couperin – Hauskomponist und Komponisten »Maître de Musique« am Hofe des »Sonnenkönigs« 1. März 1971 in London Louis XIV. – sind bis auf den heutigen Tag ein solches Vademecum unauf hörlicher Wonnen ge- blieben. Man lausche etwa nur dem Stück Les Amusemens (Die Vergnügungen) aus dem zweiten Buch der Pièces de Clavecin von 1717, um einzu- tauchen in einen sich ständig neu erfindenden Quell des Wohllauts und der Poesie: Musik als verschnör- keltes Perpetuum mobile, lustvoll changierend zwi- schen heiterem Dur und lieblichem Moll, als könnte sie das Glück über ihr Dasein selbst kaum fassen. Eine »L’art pour l’art«, so reizend und nobel, so Thomas Adès fein ziseliert und gleichzeitig sensitiv, wie sie auf französischem Boden erst wieder in der Klavier- musik Frédéric Chopins Gestalt gewinnen sollte: Umfeld einer Ballett-Aufführung am Münchner Nationaltheater entstanden eine Welt der Schönheit, die sich über die Abgründe und ihrerseits eine Erinnerung an bessere Zeiten waren, als Strauss 1923 des Alltags genauso zart wie machtvoll erhebt. eine mit allem klanglichen Raffinement gespickte orchestrale Tanzsuite aus Kein Wunder, dass sich spätere Komponistenge- Klavierstücken von François Couperin komponiert hatte. Claude Debussy nerationen immer wieder zu dieser Kunst der Sub- hatte Couperin zu diesem Zeitpunkt bereits längst zum »größten Poeten« un- limierung bekannten. Johannes Brahms brachte ter den Clavecinisten des 18. Jahrhunderts ausgerufen, dessen »sanfte Me- Ende der 1880er Jahre die vier Bücher der Pièces lancholie wie ein wunderbares Echo aus der geheimnisvollen Tiefe der Land- de Clavecin neu heraus. Maurice Ravel kompo- schaften herauftönt«. Couperins Cembalostücke seien »wunderbare Modelle« nierte während des Ersten Weltkriegs Le Tombeau und »von einer Anmut und Natürlichkeit, die wir nicht mehr kennen«. de Couperin, eine Klaviersuite aus dem Geiste des großen Vorgängers, die er 1919 in eine kaleido- Auch der britische Komponist Thomas Adès hat sein Faible für die Musik skophaft-blitzende Orchesterfassung überführte. Couperins früh bezeugt. 1994, als 23-Jähriger, überführte er dessen Cemba- Und noch der alte Richard Strauss sollte sich auf lostück Les Barricades mystérieuses in eine faszinierende, farbenreiche Ge- Couperin besinnen, als er inmitten des Zweiten stalt für Klarinette, Bassklarinette, Bratsche, Cello und Kontrabass. Und in Weltkriegs sein Divertimento op. 86 schrieb: Cou- einem Interview bekannte er unumwunden: »Mein idealer Tag wäre: Zuhause perin-Bearbeitungen für Kammerorchester, die im bleiben und die Cembalowerke von Couperin spielen – neue Inspiration auf 4 5 Thomas Adès Thomas Adès »Three Studies from Couperin« »Three Studies from Couperin«
jeder Seite!« 2006, als der Auftrag des Kammerorchesters Basel kam, griff Adès den Faden seiner Couperin-Begeisterung wieder auf. Drei Stücke aus den Pièces de Clavecin sollten nun ganz programmatisch Anlass für kom- positorische »Studien« sein: Die Three Studies from Couperin nehmen das Original zutiefst ernst – die Stücke bleiben in Form, Rhythmus und Har- monik unangetastet, sogar die von Couperin vorgeschriebenen Verzierungen werden bis ins kleinste Detail ausnotiert. Und dennoch: Wie ein wahrhaft Forschender und wahrhaft Liebender nimmt Adès die Vorlagen Couperins nicht einfach nur hin, sondern tritt in einen Dialog mit ihnen, befragt und befühlt sie. Und aus seiner Beziehung zu ihnen, aus den hinzutretenden Stim- men, Stimmungen, Licht- und Schattenspielen, entsteht etwas Neues. Das verdankt sich allein schon der Überführung der Cembalo-Originale ins Orchestrale – genauer: jener auserlesenen Fassung, die Adès für sie vorge- sehen hat. Durchgängig ist ein doppeltes Streichorchester vorgeschrieben, François das mal zusammen, mal im Wechsel spielt und sich die Melodie- oder Be- Couperin Kupferstich von gleitstimmen oft auf engstem Raum hellhörig zu- und zurückspielt und auf Jean Jacques diese Weise dem Streicherklang eine flexible, luftige Anmutung verleiht. Flipart nach Überhaupt überwiegt der Eindruck des Sanft-Beschwingten und Schwere- André Bouys (1735) los-Schwebenden, zu dem zwei Flöten, eine Klarinette, ein Fagott, zwei Hör- ner und eine Trompete ihr Übriges tun. Der vollgriffig-voluminöse, unver- gleichlich herrliche Cembaloklang Couperins erscheint wie von Zauberhand spielertricks) bespielen die teils in engster Lage geführten Hände bewusst in eine neue, fast unwirkliche, flüchtig-schöne Gestalt verwandelt. nicht die beiden Cembalo-Manuale, sondern nur eines – was dazu führt, dass die linke immer wieder über die rechte Hand greifen muss und die Hervor- Und so weht einem Couperins Les Amusemens in der Study des Briten wie bringung der Töne dabei so undurchsichtig bleibt, als säße da kein Claveci- Frühlingswind aus Süden entgegen. Überall Pianissimo-Töne und in mildes nist an den Tasten, sondern ein trickreicher Taschenspieler. Für Adès eine Licht getauchte Farben. Die Streicher spielen mit Dämpfer und nah am willkommene Vorlage, um als komponierender Interpret nun selbst zum Illu- Griff brett, die Bläser steuern zarte Linien bei, die von einer Stimme zur sionskünstler zu werden und ein kleines, spitzzüngelndes Feuerwerk an andern wechseln, während sich auf leisen Sohlen eine Marimba ins Klangge- Klängen zu entfachen, bei dem die Melodiepartikel wie Funken durchs Or- schehen einschleicht. Die unnennbaren »Vergnügungen« – schon bei Cou- chester stieben. perin ein Kleinod an Anmut und Grazie, Zartheit und Zauber – feiern in Adès’ 300 Jahre späterem Orchestertraum eine artistisch instrumentierte Wird Adès’ Komponieren hier regelrecht zu einem Experimentierfeld – und Wiederauferstehung. »Musik zu schreiben und zu spielen«, so der Kom- erinnert dabei mitunter mehr an Igor Strawinskys Neoklassizismus der Pul- ponist, »ist völlig surreal. Man ist eine Art Bildhauer der Luft, die einem cinella-Suite denn an Couperins Original –, so kehrt der Komponist in seiner die völlige Freiheit gibt, das zu tun, was man will.« dritten Study wieder zurück zu jenem introvertierten Blick, den bereits sein Dialog mit Les Amusemens ausgezeichnet hatte. Couperins L’Âme-en-Peine Das unverzichtbare Gegenstück zur traumverhangenen ersten Study liefert (Die betrübte Seele) ist ein hochexpressives, tieftrauriges Lamento, das von Adès im zweiten Stück gleich mit. Denn wie beim erwähnten Chopin sollte Adès unter Verzicht auf jegliche Avantgarde-Manieren mit beeindruckender man sich auch bei Couperin angesichts aller Sinnlichkeit und Sensitivität Dezenz in einen orchestralen Klagegesang überführt wird. »Sul ponticello« seiner Musik nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie hier und da gespickt (nah am Steg) der Streicher erzeugte Klänge lassen den der Musik eingeschrie- ist mit plötzlichen, filouartigen Wendungen und »en passant« eingestreuten benen Schmerz mehr erahnen als zum Vorschein kommen – eine Kunst der Be- technischen Effekten. In Couperins Les Tours de Passe-passe (Die Taschen- rührung, wie sie zu Couperins »L’art de toucher« kongenialer nicht sein könnte. 6 7 Thomas Adès Thomas Adès »Three Studies from Couperin« »Three Studies from Couperin«
PROZESSION UND ROLLENSPIEL Zu Harrison Birtwistles Endless Parade für Solo-Trompete, Streicher und Vibraphon Susanne Schmerda In seinem 1987 vollende- Entstehungszeit ten Stück Endless Parade 1987 Uraufführung lässt Harrison Birtwistle die Solo-Trompete über 1. Mai 1987 in Zürich durch viele Oktaven hinweg virtuos tanzen. Das Vibra- Håkan Hardenberger und phon folgt ihr dabei wie ein Schatten und bettet das Collegium Musicum Zürich unter der Leitung ihr schneidend-scharfes und zugleich lyrisches Spiel von Paul Sacher in leuchtende Harmonien, während die Streicher Geburtsdatum des in vielfältigster innerer Auffächerung, etwa in bis Komponisten 15. Juli 1934 in Accrington / zu 14 einzelne Violinstimmen, einen schillernden Lancashire Klangteppich als Grundierung beisteuern. Solche instrumentalen Rollenspiele, in denen jedes In- strument und jede Instrumentengruppe einen spe- zifischen Part übernimmt, sind ein typisches Kenn- zeichen von Birtwistles Musiksprache. In vielen seiner Werke – die von Solostücken, Gedichtverto- nungen Paul Celans oder elisabethanischer Dichter bis zu großen Orchesterwerken und Opern wie Harrison Birtwistle (2012) Punch and Judy und The Mask of Orpheus rei- chen – begegnen wir ihnen, exemplarisch verdich- tet etwa in Secret Theatre aus dem Jahr 1984 mit oszillieren diese Klanggebilde: »Wäre ich ein Bildhauer, dann würde man der Konfrontation von Solo-Stimme und Chorus in meinen Skulpturen die Spuren des Meißels erkennen«, hat Birtwistle ein- oder in Ritual Fragment von 1990 mit individuel- mal gesagt. Der 1934 im County Lancashire im Nordwesten Englands ge- len Gesten einzelner Instrumente über einer Klang- borene Farmersohn ist fasziniert von der Präsenz des Tones, von der Kör- fläche. perlichkeit der Klänge und den rituellen Beziehungen zwischen Klang und Bewegung. Prozesshafte Abläufe, die in der Strenge ihres Vollzugs an ab- Noch mehr Charakteristika seiner Musiksprache strakte Rituale denken lassen, ein ausgeprägter Sinn für Dramatik und präg- finden sich in Endless Parade, das der Schweizer nante, an musikalischen Techniken des Mittelalters geschulte Gegenüber- Dirigent und Musikmäzen Paul Sacher für sein stellungen von Vers und Refrain sind weitere Bestandteile, die seine Musik Collegium Musicum Zürich und den Trompeter unverwechselbar machen. Håkan Hardenberger in Auftrag gegeben hatte und am 1. Mai 1987 in Zürich uraufführte. Neben dem Birtwistles Werke besitzen eine starke visuelle Vorstellungskraft und ar- instrumentalen Rollenspiel, in dem die Instru- chaische Energie, sind altertümlich und modern zugleich, gewaltsam und mente wie Protagonisten eine Klangbühne betre- fragil, tragisch und auch fröhlich. Magie und Mythos, eine Vorliebe für die ten, zählt dazu etwa die bohrende Beharrlichkeit griechische Tragödie und für strenge lineare Entwicklungen sind bestim- der Klänge. Wie rohe ungeschliffene Diamanten mend. Und schließlich die Faszination für die Zeit: In seinem frühen Or- 8 9 Harrison Birtwistle Harrison Birtwistle »Endless Parade« »Endless Parade«
das kreisförmig ist: Man nähert sich bestimmten Stellen aus verschiedenen Ecken«, so hat es der Komponist im Sommer 2004 beim Lucerne Festival in einem Interview beschrieben. Genau diese multi-perspektivische Annäherung war die Initialzündung für das rund 20-minütige Stück Endless Parade: Aus verschiedenen Blickwin- keln wird ein vorbeiziehender Klangstrom beleuchtet. Zugrunde liegt das Bild einer Karnevalsparade in den labyrinthisch-verschachtelten, engen Gas- sen des toskanischen Städtchens Lucca. Bei einem Besuch dort erlebte der Komponist, wie sich je nach Standort sein Höreindruck von diesem schein- bar endlosen Karnevalszug immer wieder veränderte: »Als Zuschauer, der die Musikband vorbeiziehen sah. Oder ich konnte durch die Seitengassen wandern, die Parade eine Straße entfernt hören, sie an einer Ecke erleben oder die Musik von vorne hören, die ich gerade noch von hinten wahrgenom- men hatte. Der Blickpunkt war jedes Mal ein anderer, und doch war alles als Teil eines Ganzen erkennbar.« Der Triumph der Zeit, Stich von Philipp Galle nach Pieter Bruegel d. Ä. (1574) Es gibt in Endless Parade ein kleines absteigendes Vierton-Motiv ›h-ais-g- chesterstück The Triumph of Time von 1972 nach einem Stich von Pieter fis‹, fordernd-auftrumpfend gleich im Eröffnungstakt exponiert, das un- Bruegel, sieht man gleichsam den Wagen der Zeit, die alles verschlingt und verändert insgesamt achtmal im Stück wiederkehrt und als akustisches Si- letztlich triumphiert, prozessionsartig vorbeifahren. gnet allein von der Trompete gespielt wird. Auch andere Motive reihen sich Oft entwirft Birtwistle, der 1988 in den Adelsstand erhoben wurde und 1995 ein in den vielschichtigen pulsierenden Klangstrom, werden jedoch abge- den Ernst von Siemens Musikpreis erhielt, in seiner Musik Bilder vom Krei- wandelt, vergrößert oder wieder aufgegeben. Es ist eine Prozession von Er- sen der Zeit, die eine sogartige Wirkung entfalten. In Theseus Game für eignissen und Begegnungen der Instrumente, die – wie schon in The Tri- großes Ensemble und zwei Dirigenten arbeitet er 2003 mit labyrinthischen umph of Time – keinesfalls zufällig sind. Neben dem Trompetenmotiv ist der Zeitströmen, aus denen als »Ariadne-Faden« eine endlose Melodie heraus- Ton ›d‹ ein weiteres strukturgebendes Element von bezwingender Kraft: Er führt. In komplexer Dichte werden hier bis zu drei verschiedene Tempi gleich- erklingt zu Beginn in den Streichern, am Ende in der grellen Schlussgeste zeitig verwendet, realisiert von zwei Instrumentalgruppen, ihren dazuge- von Trompete und Vibraphon, dazwischen tritt dieses ›d‹ mindestens 15 mal hörigen Dirigenten sowie einer Reihe Solisten. Dass diese Solisten die in Erscheinung, als Klanggrund, als Tutti-Pizzicato-Fläche oder als Start »Ariadne«-Melodie weiterspinnen und für die Dauer ihres Spiels aus dem und Ziel von Klangkaskaden. übrigen Ensemble hervortreten, ist ein auskomponiertes, auch optisch sinn- fälliges Ritual. Birtwistle, der ausgebildete Klarinettist, lässt in Endless Parade die Trompete mit fantastischem Glanz singen statt Fanfaren spielen, befreit das Instru- In immer neuen Varianten thematisieren Birtwistles Werke die Vorstellung ment von festgelegten Assoziationen. Fast das gesamte Stück ist die Trompete der vergehenden Zeit und erhalten so eine existenzielle Dringlichkeit. Auch in anspruchsvoller Führungsrolle zu hören, schlüpft in verschiedene Charak- in Gesprächen über seine Musik sind die Kategorie der Zeit, die Differenz tere, ist forsch und selbstgewiss, dann grüblerisch, gedämpft, schwebend. Ihre zwischen Höreindruck und Wahrnehmung, die Täuschungen in unserem bravourösen, oft blendend-metallischen Solo-Linien spiegelt das Vibraphon Zeitempfinden allgegenwärtig: »Ich glaube, die Zeit in der Musik spielt uns als ihr Alter Ego mit gleichberechtigter Virtuosität und verleiht ihrem Spiel einige lustige Streiche, aber sie ist der Kern der Musik. Meine Stücke be- eine weiche, schimmernde harmonische Aura. Beide Solo-Instrumente be- wegen sich kreisförmig und nicht von einem Anfang auf ein Ende hin. Es gegnen sich als ebenbürtige Partner in einem vielgestaltigen Wechsel aus gibt nicht diese Art von Entwicklung, es ist eher wie in einem Labyrinth, Licht und Schatten, Führung und Widerhall. Ganz ähnlich ist Sir Harrison 10 11 Harrison Birtwistle Harrison Birtwistle »Endless Parade« »Endless Parade«
DIE UTOPIE DES SINGENS Zu Franz Schuberts Symphonie Nr. 7 h-Moll, der Unvollendeten Vera Baur »Hier ist, außer meisterli- Entstehungszeit cher musikalischer Technik 1822, die autographe Par- titur trägt auf der Titelseite der Composition, noch Leben in allen Fasern, Co- den Vermerk »Wien, den lorit bis in die feinste Abstufung, Bedeutung über- 30. Octob. 1822«. all, schärfster Ausdruck des einzelnen, und über das Das Datum bezeichnet vermutlich den Beginn der Ganze endlich eine Romantik ausgegossen, wie man Partiturreinschrift. Das sie schon anderswo an Franz Schubert kennt.« Diese Manuskript enthält noch berühmten Worte veröffentlichte Robert Schumann neun vollständig instrumen- tierte Takte eines 3. Satzes 1840 in der Neuen Zeitschrift für Musik über (Allegro), die unvollständig Schuberts letzte Symphonie, die Große C-Dur-Sym- notierten Takte 10–20 phonie, ein Jahr nachdem er diesen Schatz »freu- desselben Satzes wurden Håkan Hardenberger und von dem Rest der Partitur deschauernd« selbst aus dem Nachlass von Schu- abgetrennt und erst 1968 Harrison Birtwistle (2018) berts Bruder Ferdinand in Wien gehoben hatte. im Archiv des Wiener Män- Was hätte er wohl geschrieben, wenn er auch die nergesangvereins wieder- gefunden. übrigens in seinem 1976 komponierten Stück Melencolia vorgegangen: Auch beiden Sätze der Unvollendeten gekannt hätte? Uraufführung hier ist der Solo-Klarinette als gleichberechtigtes Gegenüber ein weiteres Sicher wäre Schumann über deren »Colorit« nicht 17. Dezember 1865 im Solo-Instrument zur Seite gestellt, eine Harfe, und auch hier gibt es als dritte weniger ins Schwärmen geraten. Schleichen dort Großen Redoutensaal der Wiener Hofburg unter der Partei und Mediator einen Streicherapparat. nicht auch »himmlische Gäste« im Orchester herum Leitung von Johann Herbeck In Endless Parade vermitteln zwischen den beiden Protagonisten, Trompete – wie das Horn im zweiten Satz der C-Dur-Sym- Lebensdaten des und Vibraphon, die insgesamt 24 Streicher, die mal als massive Tutti-Klang- phonie? Klarinette und Oboe sind solche »himmli- Komponisten 31. Januar 1797 am Himmel- wand, dann mit nervösen filigranen Rhythmus-Floskeln im Stile Strawin- schen Gäste« in der h-Moll-Symphonie. Im Haupt- pfortgrund in Wien (heute skys in Erscheinung treten oder auch in knapper zeitlicher Verschiebung mit thema des ersten Satzes verschmelzen sie zu einer im Gemeindebezirk Alser- thematischen Bezügen und Imitationen auf die Solisten reagieren. Horizon- einzigen, sehnsüchtig singenden Stimme. Noch ver- grund) – 19. November 1828 in Wien tale Linien durchziehen wie ein »Cantus das Kontinuum vertikaler Schich- langender, noch wehmütiger leuchtet die Klarinette tungen«, so der Komponist. Eine verwirrende Klangvielfalt wird geschickt im Seitenthema des zweiten Satzes aus dem leisen erzielt durch differenzierte Spielweisen. Die Violinen sorgen dabei mit ver- Klangrund auf – die im ersten Satz so bedeutsame schiedenen Besetzungsstärken und immer neuen Stimm-Unterteilungen für Verschwisterung mit der Oboe wirkt bis hierhin raffinierte Vorder- und Hintergrund-Effekte. fort, nun teilen sie sich ihren entrückten Gesang im zeitlichen Nacheinander. Auch Hörner und Fa- Zwar zieht dieser Karnevalszug, der unvermittelt beginnt und abrupt endet, gotte sind in beiden Sätzen zu einer magischen ohne Unterbrechung vorüber, doch finden sich klar erkennbare Abschnitte: Klangeinheit zusammengebunden und geleiten den etwa in der Mitte des Stückes ein wehmütiges, einsames Innehalten der Hörer in jeweils neues Terrain: Im Kopfsatz (Allegro Trompete nach einer langen Strecke quecksilbriger Interaktion. Oder ein moderato) öffnen sie wie von Zauberhand den Vor- faszinierendes Gleichgewicht aus Verebben und Anschwellen mit gläsernen hang zum Seitenthema, im zweiten Satz (Andante Klängen von Trompete und Vibraphon, in die sich gegen Ende noch zarte con moto, E-Dur) bereiten sie mit einem warm tö- Violintöne mischen. nenden Naturklang dem ersten Thema den Boden. 12 13 Harrison Birtwistle Franz Schubert »Endless Parade« Symphonie Nr. 7 h-Moll
Feil formulierte. Nicht weniger verstörend ist, wenn im zweiten Satz das volle Orchester die unendlich zarte Kantilene von Klarinette und Oboe mit jäh ein- setzendem Getöse beendet und in ein grobschlächtiges Stampfen verwandelt. Wie die Zeitgenossen das Werk aufgenommen hätten, wissen wir von der Unvollendeten ebenso wenig wie von der Großen C-Dur-Symphonie. Beide blieben zu Schuberts Lebzeiten unaufgeführt. Die h-Moll-Symphonie erklang erst 37 Jahre nach Schuberts Tod zum ersten Mal, der C-Dur-Symphonie immerhin war es deutlich früher vergönnt, ins Licht der Öffentlichkeit zu treten. Bei ihrer durch Schumann in die Wege geleiteten Uraufführung am 21. März 1839 in Leipzig unter der Leitung von Felix Mendelssohn Bartholdy hat sie »denn unter uns gewirkt, wie nach den Beethoven’schen keine noch«, und die »völlige Unabhängigkeit, in der die Symphonie zu denen Beethoven’s steht« (Schumann) war es schließlich auch, die sie zu einem wichtigen Be- zugspunkt für das symphonische Schaffen späterer Komponisten werden ließ, allen voran für Schumann selbst. Einen eigenen Weg neben Beethoven hatte Schubert aber bereits in den beiden Sätzen seiner h-Moll-Symphonie Johann Baptist Jenger, Anselm Hüttenbrenner und Franz Schubert auf beispiellose Weise gefunden. Die Suche nach kompositorischer Selbst- Aquarell von Josef Teltscher (1827) vergewisserung und alternativen Lösungen in der Instrumentalmusik jen- seits von Beethoven dürfte jedenfalls der Grund gewesen sein, warum nach Es ist unüberhörbar: Die »Materialität des Klangs« ist kein Beiwerk in dieser der Vollendung der Sechsten Symphonie im Februar 1818 seine bis dahin so Symphonie, sondern die »kompositorische Substanz« selbst (Hans-Joachim mühelose Produktion ins Stocken geriet. Bis 1822 setzte Schubert vier Mal Hinrichsen). Zu dem besonderen orchestralen Gepräge der Unvollendeten zählt auch das extreme Gegeneinander von hell und dunkel, leicht und wuch- tig, idyllisch und unheilvoll. Die Themen beider Sätze erklingen in freund- lichem Piano, je eines in den Holzbläsern und eines in den Streichern. Es sind zarte, lyrische Gebilde, basierend auf dem Modell von Melodie und Begleitung. »Da jauchzt jede Brust«, schrieb Eduard Hanslick etwas verharm- losend nach der Uraufführung 1865 in Wien. Aber so ungefährdet, wie es Hanslick sehen wollte, ist der »süße Melodienstrom« nicht. Die Melodien blei- ben in sich zwar weitgehend unversehrt, dafür konfrontiert sie Schubert umso mehr mit der Bedrohung von außen. In diesen dramatischen Einbrüchen, die den Hörer zum Teil völlig unvorbereitet treffen, zeigt sich das zweite Klang- gewand der Unvollendeten. Mit unerbittlichem Forte peitscht das volle, blech- bewehrte und durchgängig mit drei Posaunen besetzte Orchester auf die liedhaften Landschaften ein oder reißt das Geschehen gänzlich an sich. So vertraut ist uns heute dieses Werk, dass man die Gewalt und Brutalität die- ser Stellen nur noch schwer ermessen kann. Für den c-Moll-Akkord, der im ersten Satz dem plötzlichen Verstummen des behaglichen Ländler-Seiten- themas folgt, müsste man »einen Zwölftonakkord […] einsetzen, um heute der Wirkung nahezukommen, die Schubert beabsichtigt hat«, wie es Arnold Wiener Hofburg, kolorierter Kupferstich (1812) 14 15 Franz Schubert Franz Schubert Symphonie Nr. 7 h-Moll Symphonie Nr. 7 h-Moll
zu einer Symphonie an, ohne das Be- Natürlich ist jede Beschäftigung mit der Unvollendeten unweigerlich mit der gonnene zu Ende zu führen, zwei Frage verbunden, warum Schubert sein so wegweisendes Fragment so sorg- Mal in D-Dur, einmal in E-Dur und los beiseitelegen konnte. Doch hütet diese Frage ihr Geheimnis ebenso wie – als letztes Fragment vor der dann das »Wunder dieses Werkes« selbst (Peter Gülke), das sich in keinem der gelingenden Großen C-Dur-Sympho- vorherigen Ansätze angekündigt hatte. In diesem Punkt herrscht in der Schu- nie – in h-Moll, wofür es in der sym- bert-Forschung Einigkeit: Die h-Moll-Symphonie ist in Konzeption, Charak- phonischen Literatur kein Vorbild gab. ter und kompositorischer Ausführung »ohne jede Parallele« (Stefan Kunze). Die Skizzen der ersten drei dieser Dies zeigt sich bereits in der auffallenden Nähe der beiden Sätze zueinander. Entwürfe behielt Schubert bis zu sei- Der sanfte Bewegungsduktus des Dreiertakts, das gemäßigte Tempo und nem Lebensende bei sich, die zwei der liedhafte Zuschnitt der Themen sind ihnen gemeinsam, und so bilden sie Sätze der Unvollendeten indes gelang- nicht den Kontrast aus, den man üblicherweise erwarten würde. Vor allem ten unter bis heute nicht ganz ge- aber die Frage, wie das Terrain des Singens überhaupt in die symphonische klärten Umständen in die Hände sei- Struktur zu integrieren ist, führte Schubert auf seinen ganz eigenen Weg. nes Freundes Anselm Hüttenbrenner Im Kopfsatz muss die Sonatenform letztlich unablässig darauf reagieren, in Graz. Möglicherweise wollte sich dass sich die Themen in ihren versonnenen, in sich kreisenden Melodien Schubert mit ihnen für die Verleihung für den dynamischen Prozess wenig eignen. So geraten Überleitungspas- der Ehrenmitgliedschaft im Grazer sagen überraschend kurz, und die Durchführung ist gezwungen, auf eine Musikverein bedanken. So kündigte dritte Gestalt zurückzugreifen: jene Rätselfigur in den Tiefen der Celli und er in einem Schreiben vom Septem- Kontrabässe vom Beginn der Symphonie, die wir heute ganz selbstverständ- ber 1823 an, als Dank eine neue Sym- lich im Ohr haben, die aber die Zeitgenossen, wäre diese Musik vor ihnen phonie überreichen zu wollen. Da er erklungen, doch in Staunen versetzt hätte. Eine Symphonie begann gewöhn- zu diesem Zeitpunkt keine »neue« lich mit einer langsamen Einleitung oder dem ersten Thema, diese bedroh- viersätzige Symphonie in der Schub- lich raunende Figur ist weder das eine noch das andere. Sie ist der Urgrund lade hatte, wurde vermutet, dass er der Unruhe, die ihre Schatten vorauswirft. Zu Beginn der Durchführung sich mit diesem Versprechen selbst unter Druck setzen wollte, das h-Moll- zwingt sie den Hörer zurück in ihr mystisches Dunkel, um wenig später mit Fragment zu komplettieren. Wesentlich bedeutsamer als die Klärung dieses dramatischer Vehemenz und Klanggewalt das Feld zu behaupten. Von den Zusammenhanges jedenfalls ist, dass Schubert das Manuskript überhaupt liedhaften Themen der Exposition werden nur die rhythmischen Begleit- aus der Hand gab und die beiden Sätze auch später nie mehr erwähnte. Of- formeln dem Durchführungsprozess einverleibt – eine Art Minimalintegra- fenbar hatte er den Plan, sie zu einem viersätzigen Zyklus zu ergänzen, im tion der sonst getrennt bleibenden formalen Zonen. Innerhalb der, den äuße- Laufe des Jahres 1823 endgültig aufgegeben. Nur kurz darauf – 1824, spä- ren Umrissen nach, klassisch ausgewogenen Form kommt es also auf einer testens 1825 – war sein suchender Geist bereits mit der C-Dur-Symphonie anderen Ebene zu tiefen Verschiebungen. Statt der zielstrebigen Entwicklung, beschäftigt. Das Manuskript der Unvollendeten indes fiel in einen vierzig- die alles unter einen zwingenden Bogen spannt, fokussiert Schubert die jährigen Dornröschenschlaf in Graz. Warum Anselm Hüttenbrenner seinen Brüche, die Abgründe, das Nicht-zu-Vermittelnde. Das Singen bleibt Utopie, kostbaren Besitz so lange nicht herausgab, lässt sich nur schwer erklären. und die Bedrohung durch ein abweisendes Außen ist nicht aufzulösen. So Er schätzte das Werk hoch und fertigte 1853 sogar eine Fassung für Klavier schließt der erste Satz, wie er begonnen hat: mit der dunklen Figur. Das zu vier Händen an. Aber erst im Mai 1865 empfing er, auf Vermittlung seines Andante indes endet versöhnlich. Zweimal führt Schubert die Musik mit Bruders Josef, den einflussreichen Dirigenten Johann Herbeck aus Wien, der einer einsamen Linie der Ersten Violinen an den Rand des Verstummens, bereits mehrere Erstaufführungen Schubert’scher Werke geleitet hatte und bevor sich die Elemente des Lyrischen zaghaft rekonstituieren. Die letzten mit der »Entdeckung« und Uraufführung der Unvollendeten noch im Klänge der Symphonie gehören wie ihre gesanglichen Themen der Welt des Dezember desselben Jahres im Großen Redoutensaal der Wiener Hof burg friedlichen Pianos. Vielleicht ist das die schönste Botschaft der Unvollen- Musikgeschichte schrieb. deten. 16 17 Franz Schubert Franz Schubert Symphonie Nr. 7 h-Moll Symphonie Nr. 7 h-Moll
HÅKAN HARDENBERGER Håkan Hardenberger, geboren im schwedischen Malmö, erhielt seinen er- sten Trompetenunterricht von Bo Nilsson, später studierte er an der Pariser Musikhochschule bei Pierre Thibaud und in Los Angeles bei Thomas Stevens. Er zählt zu den führenden Trompetern weltweit und ist – neben seinen heraus- ragenden Aufführungen des klassischen Repertoires – einer der bekanntesten Botschafter für Neue Musik. Er gibt Konzerte mit international führenden Orchestern, darunter das Boston Symphony Orchestra, das Gewandhausor- chester Leipzig, das Concertgebouworkest Amsterdam, die Wiener und Ber- liner Philharmoniker und das London Symphony Orchestra. Dabei arbeitet er regelmäßig mit Dirigenten wie Daniel Harding, Ingo Metzmacher, Andris Nelsons, Sakari Oramo, Jukka-Pekka Saraste und John Storgårds zusammen. Die für ihn geschriebenen Werke von Harrison Birtwistle, Brett Dean, HK Gruber, Hans Werner Henze, Betsy Jolas, Arvo Pärt, To-ru Takemitsu, Mark- Anthony Turnage und Rolf Wallin haben Eingang in das Standardrepertoire für Trompete gefunden. Im Frühjahr 2020 arbeitete Håkan Hardenberger eng mit dem Malmö Symphony Orchestra zusammen, um in Zeiten der Pandemie weiterhin sein Publikum weltweit zu erreichen. Über Livestreams spielte er Haydns Trompetenkonzert und dirigierte ein Play/Conduct-Programm. An- fang Februar 2021 spielte Håkan Hardenberger mit dem Orchestre Philhar- monique de Radio France die Weltpremiere des vollständigen Trompeten- konzerts von Henri Tomasi – gemeinsam mit dem Dirigenten Fabien Gabel hatte er die letzten fehlenden Takte des Werkes entdeckt. In der vergange- nen Woche nahm er mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester unter Alan Gilbert Olga Neuwirths …miramondo multiplo… auf, bereits im Juni wird er zu dem Orchester zurückkehren. Inzwischen ist das Dirigieren ein wich- tiger Teil in seinem künstlerischen Schaffen. 2020/2021 dirigiert Håkan Har- denberger das Malmö Symphony Orchestra, das Turku Philharmonic, das Lahti Symphony Orchestra und das Württembergische Kammerorchester Heilbronn. Außerdem spielt er Duo-Rezitale mit dem Pianisten Roland Pön- tinen und dem Perkussionisten Colin Currie, mit dem er 2018 Duos u. a. von Brett Dean und André Jolivet auf CD veröffentlicht hat. Auf seinem neuesten Album Stories spielt Håkan Hardenberger Konzerte von Sally Beamish, Betsy Jolas und Olga Neuwirth und erhielt dafür begeisterte Kri- tiken. Außerdem erschien eine Aufnahme von Peter Eötvös’ neuer Version seines Trompetenkonzerts Jet Stream. Von 2016 bis 2018 war Håkan Harden- berger Artistic Director des Malmö Chamber Music Festivals. Er ist Pro- fessor am Malmö Conservatoire. Beim BRSO war Håkan Hardenberger zuletzt 2016 unter Andris Nelsons mit Dramatis personae von Brett Dean zu erleben. 18 19 Biographie Biographie Håkan Hardenberger Håkan Hardenberger
VERMITTLER ZWISCHEN STRUKTUR & LYRIK Der komplette Zyklus aller acht Schubert-Symphonien in einer Aufnahme aus dem Jahr 2001 mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter der SYMPHONIEORCHESTER DES Leitung von Lorin Maazel. BAYERISCHEN RUNDFUNKS Schubert Symphonien 1-8 Mit der Saison 2023/2024 wird das Symphonieorchester des Bayerischen Lorin Maazel Rundfunks seinen neuen Chefdirigenten begrüßen können, der in der Zwi- Lorin Maazel vermag es, die großen schenzeit auch mehrfach am Pult stehen wird: Sir Simon Rattle. Er ist als Formen klassischer Symphonik in sechster Chefdirigent in der Reihe bedeutender Orchesterleiter nach Eugen höchster Transparenz zu vermitteln, Jochum, Rafael Kubelík, Sir Colin Davis, Lorin Maazel und Mariss Jansons eine wobei das Symphonieorchester des Dirigentenpersönlichkeit von großer Offenheit für neue künstlerische Wege. Bayerischen Rundfunks mit musikan- Das BRSO entwickelte sich schon bald nach seiner Gründung 1949 zu einem tischem Schwung, Präzision und be- international renommierten Klangkörper. Neben dem klassisch-romantischen rückender Klangqualität eine äußerst Repertoire gehört im Rahmen der 1945 von Karl Amadeus Hartmann gegrün- harmonische Partnerschaft mit dem deten musica viva die Pflege der zeitgenössischen Musik zu den zentralen Dirigenten eingeht. 3 CDs 900712 Aufgaben des Orchesters. Viele namhafte Gastdirigenten wie Leonard Bern- stein, Georg Solti, Carlo Maria Giulini und Wolfgang Sawallisch haben das Orchester geprägt. Heute sind Herbert Blomstedt, Franz Welser-Möst, Daniel Harding, Yannick Nézet-Séguin und Andris Nelsons wichtige Partner. Tourneen führen das Orchester durch Europa, nach Asien sowie nach Nord- und Süd- Ebenfalls erhältlich: amerika. Von 2004 bis 2019 hatte das BRSO eine Residenz beim Lucerne Easter Schubert Symphonie Nr. 8 Festival. Zahlreiche Auszeichnungen dokumentieren den festen Platz des Große C-Dur-Symphonie BRSO unter den internationalen Spitzenorchestern. Anfang 2019 wurden CD 900169 die Gastkonzerte in Japan unter der Leitung von Zubin Mehta von japa- Mariss Jansons nischen Musikkritikern auf Platz 1 der »10 Top-Konzerte 2018« gewählt. 2020 setzte die Jury des Preises der deutschen Schallplattenkritik die CD mit Schostakowitschs Zehnter unter Mariss Jansons auf die Bestenliste 1/2020. SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS 18 21 Biographie Biographie BR-Chor BRSO br-klassik.de/label Erhältlich im Handel und im BRshop: br-shop.de
DANIEL HARDING Daniel Harding, geboren in Oxford, begann seine Lauf bahn als Assistent von Simon Rattle beim City of Birmingham Symphony Orchestra, mit dem er 1994 sein professionelles Debüt gab. In der Spielzeit 1995/1996 assistierte er Claudio Abbado bei den Berliner Philharmonikern, seinen ersten öffent- lichen Auftritt mit diesem Orchester absolvierte er 1996. Daniel Harding war Musikdirektor der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen (1997–2003), Chefdirigent und Musikdirektor des Mahler Chamber Orchestra (2003–2011), Erster Gastdirigent des London Symphony Orchestra (2007–2017), Musik- direktor des Orchestre de Paris (2016–2019), Künstlerischer Direktor der Ohga Hall im japanischen Karuizawa und Music Partner des New Japan Philhar- monic. Das Mahler Chamber Orchestra ernannte ihn 2011 zum Conductor Laureate auf Lebenszeit. Seit 2007 ist Daniel Harding Musikdirektor des Schwedischen Radio-Symphonieorchesters. Das Anima Mundi Festival in Pisa berief ihn 2018 zum Artistic Director, 2021/2022 und 2022/2023 wird er dem Orchestre de la Suisse Romande als Conductor in Residence verbun- den sein. Daniel Harding arbeitet mit internationalen Spitzenorchestern wie den Berliner und Wiener Philharmonikern, der Dresdner Staatskapelle, dem Concertgebouworkest Amsterdam sowie den führenden Klangkörpern in den USA. Beim BRSO ist Daniel Harding seit 2005 gern gesehener Gast, zuletzt dirigierte er im Juli 2020 Werke von Britten, Gabrieli, Takemitsu und Strauss. Als Operndirigent erhält er Einladungen von den führenden Häusern Europas: der Mailänder Scala, dem Royal Opera House Covent Garden in London, den Staatsopern in München, Berlin und Wien sowie von den Salz- burger Festspielen, außerdem ist er dem Festival in Aix-en-Provence eng ver- bunden. Für seine Aufführungen von Cavalleria rusticana und Pagliacci an der Mailänder Scala 2011 wurde er mit dem Abbiati-Preis geehrt. Viele seiner CDs erhielten wichtige Schallplattenpreise, so Mozarts Don Giovanni, Brit- tens Billy Budd und The Turn of the Screw. Mahlers Sechste Symphonie mit dem BRSO wurde 2016 mit dem Diapason d’or de l’année prämiert. Weitere CDs sind zusammen mit dem BRSO entstanden: Orffs Carmina burana, Arien deutscher Opern der Romantik und Schumanns Faust-Szenen, alle drei Aufnahmen mit dem Bariton Christian Gerhaher. Mit dem Schwe- dischen Radio-Symphonieorchester veröffentlichte Daniel Harding zuletzt Mahlers Neunte und Fünfte Symphonie sowie das Album The Wagner Project mit Matthias Goerne und erhielt dafür von der Kritik viel Anerkennung. 2002 verlieh ihm die französische Regierung den Ehrentitel eines »Chevalier des Arts et Lettres« sowie 2017 den des »Officier des Arts et Lettres«. 2012 wurde er zum Mitglied der Königlich Schwedischen Musikakademie er- nannt. Daniel Harding ist ausgebildeter Flugzeugpilot. 22 23 Biographie Biographie Daniel Harding Daniel Harding
SYMPHONIEORCHESTER DES LASSEN SIE UNS BAYERISCHEN RUNDFUNKS FREUNDE WERDEN! SIR SIMON RATTLE Designierter Chefdirigent ULRICH HAUSCHILD Orchestermanager (Nikolaus Pont in Elternzeit) Bayerischer Rundfunk TEXTNACHWEIS Rafael Rennicke und Susanne Schmerda: Originalbeiträge für dieses Heft; Vera Baur: aus den Programmheften des BRSO vom 18./19. Oktober 2019; Biographien: Archiv des Bayerischen Rundfunks. Rundfunkplatz 1 BILDNACHWEIS 80335 München © Brian Voce (Adès); Wikimedia Commons Telefon: (089) 59 00 34 111 (Couperin; Jenner, Hüttenbrenner und Schubert; Herbeck); © picture alliance / IMPRESSUM akg-images / Purkiss Archive (Birtwistle); Herausgegeben vom Bayerischen Rundfunk © picture alliance / Heritage Art / Heritage Programmbereich BR-KLASSIK Images / Philipp Galle (Der Triumph der Publikationen Symphonieorchester Zeit); facebook.com/HåkanHardenberger und Chor des Bayerischen Rundfunks (Hardenberger und Birtwistle); Geislers Ansichten-Sammlung der berühmtesten REDAKTION Palläste, Gebäude und der schönsten Dr. Renate Ulm (verantwortlich) Gegenden von und um Wien (Wiener Hof- Dr. Vera Baur burg); © Marco Borggreve (Hardenberger); GRAPHISCHES GESAMTKONZEPT © Astrid Ackermann (BRSO); © Julian Bureau Mirko Borsche Hargreaves (Harding); Archiv des Baye- UMSETZUNG rischen Rundfunks. Antonia Schwarz, München AUFFÜHRUNGSMATERIAL © Faber Music, Harlow/Essex (Adès) © Universal Edition, Wien (Birtwistle) © Bärenreiter-Verlag, Kassel (Schubert) Freunde sind wichtig im Leben eines jeden von uns. Kontakt: Diese Überlegung machten sich musikbegeisterte Freunde des Symphonieorchesters und engagierte Menschen zu eigen und gründeten des Bayerischen Rundfunks e. V. den gemeinnützigen Verein »Freunde des Sympho- Geschäftsstelle: Ingrid Demel, Sabine Hauser nieorchesters des Bayerischen Rundfunks e. V.«. c/o Labor Becker und Kollegen Seine heute 1.300 Mitglieder fördern die herausra- Führichstraße 70 gende künstlerische Arbeit des Symphonieorchesters 81671 München und seiner Akademie nach Kräften. Der Verein trägt Telefon: 089 49 34 31 dazu bei, den Ruf dieses weltweit berühmten Orche- Fax: 089 450 91 75 60 sters weiterhin zu mehren. Mit der finanziellen Un- E-Mail: fso@freunde-brso.de terstützung der »Freunde« werden Instrumente finan- www.freunde-brso.de ziert, Kompositionsaufträge erteilt, Kammermusik- kurse abgehalten und jungen Talenten in der Akade- * Rechtsverbindliche Ansprüche bestehen jeweils nicht mie eine erstklassige Ausbildung an ihren Instrumen- ten ermöglicht. Den »Freunde«-Mitgliedern werden br so.de zahlreiche attraktive Vergünstigungen angeboten, von exklusiven Besuchen ausgewählter Proben über be- vorzugte Kartenbestellungen bis hin zu Reisen des Orchesters zu Sonderkonditionen.* Helfen Sie mit als Freund und lassen Sie sich in die Welt der klassischen Musik entführen!
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