Plasmaspektroskopie an laserinduzierten Zündfunken in einer Raketenbrennkammer - IPI
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Bachelorarbeit Plasmaspektroskopie an laserinduzierten Zündfunken in einer Raketenbrennkammer Lars Klingenstein Sommersemester 2021 IPI
Zusammenfassung In dieser Arbeit werden unter Verwendung von laserinduzierter Plasmaspek- troskopie Untersuchungen an einer lasergezündeten Raketenbrennkammer angestellt. Dazu wurde versucht, Gasgemische mit einem Gesamtdruck von 500 mbar, bestehend aus Methan, Sauerstoff und Stickstoff mit einem Nd:YAG-Laser zu zünden. Nur das Emissionsspektrum eines jeden Zünd- funkens wird für die gesamte Auswertung verwendet. Als Erstes wird eine Methode entwickelt, mit der bei zukünftigen Versu- chen nur mithilfe des Emissionsspektrums eingeordnet werden kann, ob das Gasgemisch gezündet hat oder nicht. Dabei wurde festgestellt, dass der Stickstoff beim Zündverhalten eine untergeordnete Rolle spielt. Im An- schluss wird eine Kalibrierungskurve aufgestellt, mit der in Zukunft das Oxidator-Treibstoff-Verhältnis anhand von Emissionsspektren bestimmt wer- den kann. Außerdem wird die Plasmatemperatur über die Boltzmann-Plot Methode über Stickstoff-, Sauerstoff- und Methan- (vertreten durch Wasser- stoff) Emissionslinien bestimmt. Dabei wird deutlich, dass sich Stickstoff am besten und Methan am schlechtesten für die Temperaturbestimmung eignet. Außerdem wird klar, dass die verwendete Messmethode nicht ideal ist, um aussagekräftige Daten für die Temperaturbestimmung zu liefern. Des Weiteren wird eine Abschätzung der Neutronendichte anhand der durch den Stark-Effekt bedingten Linienbreite der Hβ Linie durchgeführt. Die dabei erzielten Ergebnisse sind weitestgehend plausibel. Mit diesen Ergebnissen wird dann das Plasma auf lokales thermisches Gleichgewicht geprüft und festgestellt, dass sich das Plasma während der Aufnahme wahrscheinlich nicht im lokalen thermischen Gleichgewicht befindet. Die Ergebnisse zeigen, dass eine tiefgehende Analyse verschiedener Parameter nur anhand von Plasmaemissionsspektren möglich ist.
Bachelorarbeit Plasmaspektroskopie an laserinduzierten Zündfunken in einer Raketenbrennkammer Laser-induced Breakdown Spectroscopy in a Laser Ignited Combustion Chamber zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Science (B. Sc.) an der Justus-Liebig-Universität Gießen I. Physikalisches Institut Sommersemester 2021 vorgelegt von: Lars Klingenstein am: 26. Juli 2021 Studiengang: PTRA - Physik und Technologie für Raumfahrtanwendungen Matrikelnummer: 2058095 Erstgutachter: Prof. Dr. rer. nat. Chris Volkmar Zweitgutachter: Prof. Dr. Markus Thoma Betreuer DLR: Dr. rer. nat. Robert Stützer
4 Selbstständigkeitserklärung Hiermit versichere ich, die vorgelegte Thesis selbstständig und ohne uner- laubte fremde Hilfe und nur mit den Hilfen angefertigt zu haben, die ich in der Thesis angegeben habe. Alle Textstellen, die wörtlich oder sinngemäß aus veröffentlichten Schriften entnommen sind, und alle Angaben die auf mündlichen Auskünften beruhen, sind als solche kenntlich gemacht. Bei den von mir durchgeführten und in der Thesis erwähnten Untersuchungen habe ich die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis, wie sie in der ‚Satzung der Justus-Liebig-Universität zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis‘ niedergelegt sind, eingehalten. Gemäß § 25 Abs. 6 der Allgemeinen Bestim- mungen für modularisierte Studiengänge dulde ich eine Überprüfung der Thesis mittels Anti-Plagiatssoftware. Datum Unterschrift
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis 7 Tabellenverzeichnis 9 Abkürzungsverzeichnis 11 1 Einleitung 13 2 Laserzündung 15 3 Physikalische Grundlagen 17 3.1 Plasma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3.2 Atomaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3.3 Anregung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 3.4 Emission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 3.4.1 Kontinuum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3.4.2 Peaks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 3.4.3 Linienbreite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3.5 Einfluss der Plasmaparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 4 Laserinduzierte Plasmaspektroskopie 29 5 Methodik 31 5.1 Versuchsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 5.2 Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 6 Verwendete Stoffe 37 6.1 Methan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 6.1.1 Wasserstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 6.1.2 Kohlenstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 6.2 Sauerstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 6.3 Stickstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 5
6 Inhaltsverzeichnis 7 Auswertung und Diskussion 45 7.1 Datenaufbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 7.2 Untersuchung des Zündverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . 47 7.3 ROF Bestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 7.4 Ermittlung der Plasmaparameter . . . . . . . . . . . . . . . 54 7.4.1 Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 7.4.2 Elektronendichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 7.5 Untersuchung des LTE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 8 Zusammenfassung und Ausblick 71 Literaturverzeichnis 73
Abbildungsverzeichnis 3.1 Termschema des Wasserstoffs . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3.2 Kontinuumserzeugende Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . 23 3.3 Spontane Emission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 5.1 Optische Eigenschaften der verwendeten Bauteile . . . . . . 32 5.2 Schematazeichnung des Aufbaus . . . . . . . . . . . . . . . 33 5.3 Foto der Versuchsapparatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 5.4 Verschiedene Schlieren-Aufnahmen der Brennkammer . . . 36 6.1 Ideales Emissionsspektrum von Methan . . . . . . . . . . . 38 6.2 Ideales Emissionsspektrum von Wasserstoff . . . . . . . . . 39 6.3 Ideales Emissionsspektrum von Kohlenstoff . . . . . . . . . 41 6.4 Ideales Emissionsspektrum von Sauerstoff . . . . . . . . . . 42 6.5 Ideales Emissionsspektrum von Stickstoff . . . . . . . . . . 43 6.6 Ideales Emissionsspektrum von Stickstoff bei Te = 2 eV . . . 44 7.1 Vorbereitung des Spektrums . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 7.2 Intensitäten der charakteristischen Wellenlängen in gegensei- tiger Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 7.3 Intensität der Hα Linie in Abhängigkeit der 777 nm Sauer- stofflinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 7.4 Ternary-Diagramm zur Untersuchung des Zündverhaltens . 51 7.5 Kalibrationskurve zur ROF -Bestimmung . . . . . . . . . . . 53 7.6 Aufgenommenes Emissionsspektrum von Stickstoff . . . . . 56 7.7 Resultierender Boltzmann-Plot aus dem Stickstoffspektrum 57 7.8 Elektronentemperatur in Abhängigkeit des Stickstoffpartial- drucks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 7.9 Eines der Emissionsspektren für den Sauerstoff Boltzmann-Plot 60 7.10 Aufgenommenes Emissionsspektrum von Methan . . . . . . 61 7.11 Resultierender Boltzmann-Plot aus dem Methanspektrum . 62 7.12 Experimentelles und theoretisches Methanspektrum bei Te = 1,5 eV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 7
8 Abbildungsverzeichnis 7.13 Experimentelles und theoretisches Methanspektrum bei Te = 2,46 eV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 7.14 Box-Plot der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
Tabellenverzeichnis 3.1 Darstellung der ersten vier Energieniveaus . . . . . . . . . . 20 6.1 Charakteristika des Wasserstoffatoms . . . . . . . . . . . . . 38 6.2 Auswahl charakteristischer Emissionslinien des Wasserstoffa- toms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 6.3 Charakteristika des Kohlenstoffatoms . . . . . . . . . . . . . 40 6.4 Charakteristika des Sauerstoffatoms . . . . . . . . . . . . . 41 6.5 777 nm Emissionslinien des Sauerstoffs . . . . . . . . . . . . 42 6.6 Charakteristika des Stickstoffatoms . . . . . . . . . . . . . . 43 6.7 Auswahl charakteristischer Emissionslinien des Stickstoffs . 44 7.1 Benötigte Parameter für den Stickstoff Boltzmann-Plot . . 55 7.2 Benötigte Parameter für den Sauerstoff Boltzmann-Plot . . 60 7.3 Benötigte Parameter für den Methan Boltzmann-Plot . . . 62 7.4 Zusammenfassung der Temperaturbestimmungen . . . . . . 67 9
10 Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis DLR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt FWHM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Halbwertsbreite GH2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gasförmiger Wasserstoff i. G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . im Grundzustand LIBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Laserinduzierte Plasmaspektroskopie LOx . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . flüssiger Sauerstoff LTE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lokales thermisches Gleichgewicht Nd:YAG . . . . . . . . . . . . . . . Neodym–dotiertes Yttrium–Aluminium–Granat NIST . . . . . . . . . . . . . . . . . . National Institute of Standards and Technology ROF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Oxidator-Treibstoff-Verhältnis SNR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Signal-Rausch-Verhältnis 11
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1 Einleitung Seit den Anfängen der Raumfahrt strebt diese nach Optimierung. Das Po- tential für effizientere, kostengünstigere oder verlässlichere Technologien ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft. So werden ständig neue innovative Konzepte mit dem Ziel entwickelt, ihre Vorgänger zu ergänzen oder gänzlich abzulösen. Eines dieser Konzepte, das seit einiger Zeit Anwendung in der Raumfahrt gefunden hat ist die Laserzündung von Triebwerken. Ziel der Laserzündung ist es, ein Raketentriebwerk mithilfe eines fokussierten Laserstrahls, der auf das Treibstoffgemisch im Inneren der Brennkammer gerichtet ist, zu zünden. Durch den Laser wird ein kleiner Teil des Treibstoffs in den Plasmazustand überführt. Das heiße Plasma zündet dann den Rest des Treibstoffs. Im Vergleich zu herkömmlichen Zündmethoden bringt die Laserzündung einige Vorteile mit sich. Z. B. ist sie sehr verlässlich und platz- sowie gewichtseffizient. Bis konzeptionelle Prototypen in der Lage sind die früheren Technologien zu ersetzten, müssen sie ausgiebig getestet und analysiert werden. Es muss sichergestellt sein, dass das neue System verlässlich funktioniert und unter realen Bedingungen fehlerfrei operiert. Zur Untersuchung der Laserzündung eignet sich eine Methode, bei der die elektromagnetische Strahlung dieses Plasmas mit einem Spektrometer aufgenommen und untersucht wird. Dieses Verfahren wird laserinduzier- te Plasmaspektroskopie (englisch: laser induced breakdown spectroscopy, LIBS) genannt. Das Institut für Raumfahrtantriebe des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Lampoldshausen liefert einen wichtigen Beitrag bei der Entwicklung und Analyse des Konzepts der Laserzündung. So wurde am DLR z. B. die minimal benötigte Laserenergie [1] oder die Temperatur des Plasmas [2] untersucht. Zusätzlich wurden mit der in dieser Arbeit verwendeten Brennkammer einige Versuche durchgeführt, bei denen u. a. ein Zündkonzept entwickelt und der Einfluss grundlegender Parameter wie der Kammerdruck vor Zündung untersucht wurden [3, 4]. Außerdem wurde die zeitliche Entwicklung des Plasmas mithilfe des LIBS-Verfahrens betrachtet [5]. 13
14 In dieser Arbeit wird eine Versuchsreihe ausgewertet, bei der ein Treib- stoffgemisch bestehend aus variierenden Anteilen Sauerstoff, Stickstoff und Methan bei subatmosphärischem Druck in einer Brennkammer per Laser gezündet werden soll. Die Auswertung basiert dabei komplett auf den auf- genommenen LIBS-Emissionsspektren. Im Verlauf dieser Arbeit wird zunächst die Laserzündung detaillierter er- klärt. Danach werden einige physikalische Grundlagen, die zum Verständnis der Auswertung nötig sind, dargelegt. Anschließend wird das Konzept der laserinduzierten Plasmaspektroskopie und die Methodik der Versuchsreihe beschrieben. Im nächsten Kapitel werden die verwendeten Stoffe genauer betrachtet. In der Auswertung wird u. a. das Zündverhalten untersucht, eine Kalibrierungskurve zur Bestimmung des Oxidator-Treibstoff-Verhältnisses aufgestellt und die Temperatur des Plasmas ermittelt. Den Schluss bildet eine Zusammenfassung und der Ausblick. Mit dieser Arbeit soll gezeigt werden, dass eine umfangreiche, rein auf Spek- trometriedaten basierende Analyse verschiedener Aspekte der Laserzündung von Raketentriebwerken möglich ist. Die Forschungsfragen knüpfen an aktu- ell behandelte Themen an und sollen Ergebnisse liefern, die in Zukunft zur Beantwortung ähnlicher Fragestellungen verwendet werden können.
2 Laserzündung Bei der Laserzündung handelt es sich um ein Zündverfahren von Verbren- nungsmotoren. Seit einiger Zeit wird außerdem die Verwendung in Rake- tentriebwerken, bzw. -brennkammern erforscht. Hierbei stellt ein Laser die nötige Zündenergie zur Verfügung, indem er einen Bruchteil des Treib- stoffgemisches in der Brennkammer des Triebwerks in den Plasmazustand überführt. Durch die große Hitze des Plasmas kommt es zur Entzündung des kompletten Treibstoffs. Das Verfahren ist bei Triebwerken mit kryogenen Treibstoffen (LOx/GH2 ) möglich [6], aber auch an kleinen Demonstrator- Brennkammern mit gasförmigem Methan-Sauerstoffgemisch zu untersuchen [7], wie es auch in dieser Arbeit der Fall ist. Nicht-hypergole Treibstoffe müssen in der Regel durch Zündkerzen, einen kleinen Feststofftreibsatz oder durch Einspritzung eines Stoffs, der mit Sauer- stoff hypergol reagiert, gezündet werden. Die Laserzündung ist eine deutlich einfachere Variante und bietet viele Vorteile, da der Zündmechanismus nur auf einem fokussierten Laserstrahl basiert, was z. B. weniger anfällig für Verschleiß ist. Ein wichtiger Aspekt ist außerdem, dass die Laserzündung problemlos wiederholt werden kann, das Triebwerk also wiederentzündlich ist. Die wiederholte erfolgreiche Zündung ist sehr zuverlässig durchführbar [8]. Auch kann der Zündzeitpunkt genau bestimmt werden, wodurch mehrere Triebwerke gleichzeitig gezündet werden können. Der Zündort ist in der Brennkammer frei wählbar. Vorteilhaft daran ist, dass dieser z. B. in die Mitte der Brennkammer gelegt werden kann, wodurch die Zündung des Treibstoffs gleichmäßiger und schneller abläuft [9]. Außerdem ist der La- serzündmechanismus gegenüber herkömmlichen Zündmechanismen leichter und platzsparender, was in der Raumfahrt z. B. aufgrund der Gewichts- optimierung wichtig ist. Vorteilhaft ist auch, dass bei der Laserzündung keine giftigen Stoffe freigesetzt werden, wie es beispielsweise bei hypergolen Zündungen der Fall sein kann. Laserzünder erfüllen außerdem die in der Raumfahrt geltenden Richtlinien der elektromagnetischen Verträglichkeit. 15
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3 Physikalische Grundlagen Im Folgenden werden physikalische Grundlagen, die zum Verständnis dieser Arbeit notwendig sind, erklärt. Als Erstes wird der Plasmazustand beschrie- ben, gefolgt von einem groben Überblick über den Atomaufbau. Danach wird erläutert, wie es in einem Atom zur Anregung und zur Emission von Strah- lung kommt, und welche Strahlung in einem Emissionsspektrum sichtbar ist. Anschließend wird kurz erklärt, wie es zur Linienverbreiterung kommt und welchen Einfluss die Plasmaparameter Temperatur und Neutronendichte auf das Emissionsspektrum haben. 3.1 Plasma Der Plasmazustand stellt neben den drei bekannten Aggregatzuständen fest, flüssig und gasförmig den vierten Aggregatzustand dar. Ein Plasma zeich- net aus, dass ein Mindestanteil der einzelnen vorliegenden Atome ionisiert ist. Das heißt, dass eine oder mehrere Elektronen aus der Elektronenhülle des Atoms gelöst werden und ein positiv geladenes Ion zurückbleibt. Bei der im Plasma häufig vorkommenden Stoßionisation treffen zwei Atome oder ein Atom und ein Elektron aufeinander. Ist die Energie der Kollision ausreichend, wird dabei ein Atom ionisiert. Dabei muss die Ionisierungsener- gie überwunden werden, welche abhängig vom Stoff und dem derzeitigen Ionisationszustand des Atoms ist (s. Tabellen 6.1, 6.3, 6.4 und 6.6). Ionisier- te Elemente werden mit einer römischen Zahl hinter dem Elementsymbol gekennzeichnet, wobei I nicht ionisiert ist, II ein Mal ionisiert usw. Die Energie wird dem System in Form von Wärme zugefügt, im Falle der Laser- zündung wird das Treibstoffgemisch im Brennpunkt des Lasers aufgeheizt und dadurch in ein Plasma überführt, wie in Kapitel 2 beschrieben. Ohne eine ausreichende Energieversorgung ist der Plasmazustand nicht stabil. Die freien Elektronen rekombinieren mit den Ionen zu Atomen und das Plasma fällt in sich zusammen, da dann die Rekombinationsrate größer ist als die der Ionisation. Plasmen sind aus makroskopischer Sicht neutral geladen, weisen jedoch aufgrund der Ionisation mikroskopische elektrische Felder in ihrem Inneren auf und sind deswegen z. B. elektrisch leitfähig. 17
18 3.2 Atomaufbau Durch die hohe Temperatur kommt es in einem Plasma außerdem zur Anre- gung (s. Kapitel 3.3) der einzelnen Atome, bzw. Ionen. Dadurch senden diese charakteristische Strahlung aus (s. Kapitel 3.4), was eine spektroskopische Untersuchung möglich macht (s. Kapitel 4). Plasmen können u. a. anhand ihres Ionisationsgrads, ihrer Temperatur und ihrer Dichte charakterisiert werden. Der Ionisationsgrad beschreibt, wie viel Prozent der Atome ionisiert sind. Die Temperatur bezieht sich auf die thermische, bzw. kinetische Energie der freien Elektronen im Plasma. Über die Beziehung 3 E = kB Te (3.1) 2 sind Energie und Temperatur der Elektronen verknüpft, wobei kB die Boltzmannkonstante ist. Die Elektronentemperatur wird deswegen häufig in Einheiten von Elektronenvolt (eV) angegeben. Ein eV entspricht etwa 7736 K. Typisch für lasergezündete Plasmen ist eine Temperatur von 3500–6000 K, wie in einem Versuch mit einem Heliumplasma ermittelt wurde [10]. Als Plasmadichte Ne wird die Anzahl freier Elektronen pro Volumen be- zeichnet. Diese kann sich je nach Art des Plasmas, wie auch die Temperatur, über mehrere Größenordnungen erstrecken. Somit kommen Plasmen in sehr vielen verschiedenen Bereichen der Physik und des Alltags vor und finden bei zahlreichen Anwendungen Verwendung. So z. B. bei Ionentriebwerken [11], in Leuchtstoffröhren, zur Oberflächenbehandlung [12] oder in der Me- dizin [13]. Beispiele für natürliche Plasmen sind Blitze oder das Plasma der Sonnenkorona. Das bei einer Laserzündung erzeugte Plasma nimmt ein nur sehr kleines Volumen ein. Außerdem hat es eine extrem kurze Lebensdauer im Bereich von einigen Mikrosekunden. In dieser Zeit verändern sich die Plasmapara- meter Temperatur und Dichte kontinuierlich. Das Plasma wird durch einen Laserpuls gezündet und fällt danach schnell wieder in sich zusammen, da es keine weitere Energiezufuhr erhält. Dadurch kühlt es ab und die Ionen rekombinieren zu Atomen. Trotzdem reicht die kleine Plasmalebensdauer und die geringe räumliche Ausdehnung des Plasmas aus, um den Treibstoff in einer Brennkammer zu zünden. 3.2 Atomaufbau Das Bohrsche Atommodell postuliert, dass sich die Elektronen eines Atoms auf bestimmten Kreisbahnen um den Atomkern bewegen. Die diskreten Energien dieser Bahnen werden Energieniveaus genannt. Unter gegebenen Umständen ist es möglich, dass Elektronen aus dem energieärmsten Grund-
3.2 Atomaufbau 19 zustand in einen energiereicheren angeregten Zustand wechseln können. Fällt das Elektron wieder in den Ursprungszustand oder einen anderen energieärmeren Zustand zurück, kommt es zur Emission eines Photons. Dieses hat wegen der Quantisierung der Energien keine willkürliche, sondern eine bestimmte Wellenlänge. Das neue, quantenmechanische Orbitalmodell, dass auf dem Lösen der Schrödingergleichung für ein Elektron basiert, un- terstützt diese Aussagen, führt jedoch weitere Quantenzahlen ein. Diese Quantenzahlen sind: Die Hauptquantenzahl n: n = 1, 2, 3, . . . Sie nummeriert wie beim Bohrschen Atommodell die Schale, auf der sich das Elektron befindet. Die Schalen werden ab n = 1 alphabetisch beginnend bei K bezeichnet. Die Bahndrehimpulsquantenzahl l: l = 0, 1, 2, . . . , n − 1. l hängt mit der Winkelabhängigkeit der Wellenfunkti- on zusammen. Statt einer Zahl werden Buchstaben bei der Angabe von l verwendet. Für l = 0, 1, 2, 3 wird s, p, d, f geschrieben, wobei es für l > 3 nach f alphabetisch weitergeht. Diese werden dann Orbitale genannt. Die magnetische Quantenzahl ml : ml = −l, −(l − 1), . . . , 0, . . . , (l − 1), l. Sie gibt die Komponente des Dre- himpulses entlang einer bestimmten Raumrichtung an. Sie ist nur relevant, wenn ein äußeres Magnetfeld angelegt ist, was hier nicht der Fall ist. Die Bahndrehimpulsquantenzahl l wird dabei auch als Unterschale bezeich- net. Die Schale der Quantenzahl n besitzt somit n−1 Unterschalen, in denen sich Elektronen aufhalten können. Nach dem Pauli-Prinzip dürfen sich zwei Elektronen innerhalb eines Atoms nicht im selben Zustand befinden, es dürfen also nicht alle Quantenzahlen der Elektronen identisch sein. Dies hat zur Folge, dass eine Schale maximal so viele Elektronen aufnehmen kann, wie ihr Entartungsgrad vorgibt. Unter Einbeziehung des Elektronenspins s = 1/2 ist der Entartungsgrad der n-ten Schale gleich 2n2 . Ist eine Schale voll besetzt, muss eine Schale mit höherer Hauptquantenzahl begonnen werden. Tabelle 3.1 verdeutlicht das zuvor Beschriebene. Die Elektronenkonfiguration gibt die Verteilung der Elektronen auf die einzelnen Schalen in einem Atom an. Grundsätzlich werden die Schalen nach dem Aufbauprinzip, welches den Hundschen Regeln folgt, aufgefüllt. Die Elektronenkonfiguration ändert sich jedoch je nach Anregungszustand des Atoms. Um die derzeitige Elektronenkonfiguration zu beschreiben, wird für
20 3.3 Anregung Tabelle 3.1: Darstellung der ersten vier Energieniveaus Hauptquantenzahl Bahndrehimpulsquantenzahl Entartung Nummer Schale Unterschale Orbital 1 K 0 s 2 2 L 0 s 8 1 p 3 M 0 s 18 1 p 2 d 4 N 0 s 32 1 p 2 d 3 f jedes besetzte Orbital erst die zugehörige Hauptquantenzahl, dann der Buch- stabe für das Orbital, gefolgt von einer hochgestellten Zahl, die die Anzahl der in dieser Unterschale befindlichen Elektronen angibt, geschrieben. Die hochgestellte Zahl wird weggelassen, wenn sie gleich eins ist. Die Notation 1s beschreibt somit die Elektronenkonfiguration im Grundzustand (i. G.) des Wasserstoffatoms, ein komplexeres Beispiel bildet der Grundzustand von Argon mit 1s2 2s2 2p6 3s2 3p6 . 3.3 Anregung Die Anregung eines Elektrons in einen energiereicheren Zustand erfolgt nicht spontan, sondern nur, wenn ausreichend Energie hinzugeführt wird. Diese Energiezufuhr kann durch die Absorption eines Photons geschehen, also z. B. durch die Bestrahlung mit Licht. Außerdem kann durch Stoßanregung ein höherer Zustand erzeugt werden. Hierbei stoßen Atome unelastisch und es kommt zu einem Energieübertrag. Nach dem Bohrschen Atommodell wird die Energie auf ein einzelnes Hüllenelektron übertragen, sodass dieses in ein höheres Energieniveau gehoben wird. Zur Stoßanregung kommt es, wenn sich Atome schnell bewegen und in einem Medium stoßen können. Die schnelle Bewegung wird durch äußere Energiezufuhr herbeigeführt, z. B. durch Wärme, wie es in einem Plasma der Fall ist. Sind die Stoßenergie oder die Energie des absorbierten Photons groß genug, kommt es statt zur Anregung zur Ionisation.
3.4 Emission 21 Die angeregten Zustände sind instabil, da physikalische Systeme ohne äuße- re Energiezufuhr den Zustand geringster Energie, also den Grundzustand, anstreben. Angeregte Zustände haben somit eine mittlere Lebensdauer. Ty- pischerweise hat diese Lebensdauer eine Größenordnung von 10−8 Sekunden. Der Kehrwert der Lebensdauer kann als Wahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit interpretiert werden, dass ein angeregter Zustand in einen niedrigeren oder den Grundzustand zurückfällt. Diese Wahrscheinlichkeit wird durch den Einsteinkoeffizienten ausgedrückt, der eine stoff- und übergangspezifische Größe darstellt. 3.4 Emission Die Abregung in einen tieferen Zustand mit Emission eines Photons kann aus zwei verschiedenen Gründen passieren. Erster ist die sogenannte spon- tane Emission. Diese basiert auf der Instabilität der angeregten Zustände und passiert spontan und ohne äußere Einwirkung. Es können nur Angaben zur Wahrscheinlichkeit der Emission gemacht werden, nicht aber zu dem genauen Zeitpunkt. Der andere Grund ist die stimulierte Emission. Dabei trifft ein äußeres Photon auf ein angeregtes Atom, wobei die Energie des Photons gerade der Energiedifferenz (E2 −E1 ) vom angeregten Zustand (E2 ) zu einem beliebigen, niedrigeren Energieniveau (E1 ) entspricht. Dann kann das abstrahlende elektrische Feld des einfallenden Photons das angeregte Elektron stimulieren, sodass es in den Zustand E1 fällt und dabei ein Photon gleicher Energie und in die gleiche Richtung wie das einfallende Photon aussendet. Ein angeregter Zustand kann nicht in jedes beliebige niedrigere Energieni- veau fallen. Die Übergänge folgen bestimmten Auswahlregeln, da manche Übergänge durch physikalische Gesetze verboten sind. Bei der hier auftre- tenden elektrischen Dipolstrahlung gilt: ∆l = ±1, (3.2) ∆ml = 0, ±1. (3.3) Außerdem kann ein Elektron nicht in eine voll besetzte Schale fallen, da dies wie in Kapitel 3.2 genannt, gegen das Pauli-Prinzip verstoßen würde. Die nach den Auswahlregeln erlaubten Übergänge können in ein sogenanntes Termschema eingezeichnet werden. Im Termschema werden die Energien der einzelnen Energieniveaus mit ihren Unterschalen dargestellt.
22 3.4 Emission / 0,00 ∞ −0,85 4 −1,51 3 −3,40 2 −13,60 1 Abbildung 3.1: Termschema des Wasserstoffs Die erlaubten Übergänge werden durch Verbindungen der Energieniveaus gekennzeichnet, wie in Abb. 3.1 exemplarisch am Wasserstoff zu sehen. Ein Spektrum emittierter Strahlung wird Emissionsspektrum genannt. In diesem wird die Intensität der Strahlung (in willkürlichen Einheiten, englisch: arbitrary units, a. u.) in Abhängigkeit der Wellenlänge aufgetragen. Im Spek- trum sind die Wellenlängen der Abregungen als einzelne Intensitätsmaxima, sogenannte Peaks, sichtbar. Neben den Peaks ist im Emissionsspektrum ein kontinuierlicher Untergrund zu erkennen. Diese beiden Beobachtungen werden im Folgenden kurz erklärt. 3.4.1 Kontinuum Das kontinuierliche Spektrum entsteht durch zwei Wechselwirkungsprozesse von Elektronen und positiv geladenen Ionen im Plasma. Dabei wird zwischen einem frei-freien Prozess und einem frei-gebundenen Prozess unterschieden:
3.4 Emission 23 1 − ∆ = ℎ Δ = ℎ 3+ − + − − 2 (a) Bremsstrahlung (b) Rekombination Abbildung 3.2: Kontinuumserzeugende Prozesse Frei-frei: Die bei diesem Prozess emittierte Strahlung wird Bremsstrahlung genannt. Sie entsteht, wenn freie Elektronen in die Nähe eines Ions oder Atoms kommen und durch das elektrische Feld des Kerns beeinflusst werden. Die- se Beeinflussung wirkt in Form einer Richtungsänderung des Elektrons, wobei es eine Beschleunigung erfährt. Beschleunigte Ladungen strahlen grundsätzlich ab, was heißt, dass bei diesem Prozess ein Photon emittiert wird. Die Wellenlänge dieses Photons besitzt keine diskreten Werte, da sie von dem Grad der Beschleunigung des Elektrons abhängt. Diese hängt wiederum von der Geschwindigkeit des Elektrons oder von seiner Nähe zum Atomkern ab. Die Geschwindigkeit ist über die Temperatur der Elektronen Boltzmann-verteilt und die Annäherung zum Kern willkürlich, wodurch ein kontinuierliches Wellenlängenspektrum entsteht. Der Bremsstrahlungspro- zess ist schematisch in Abb. 3.2a dargestellt. Frei-gebunden: Da in einem Plasma freie Elektronen und Ionen vorhanden sind, kommt es oft zur Rekombination. Dabei werden je nach Ionisationsgrad ein oder mehrere Elektronen von einem Ion eingefangen, sodass wieder ein neutral geladenes Atom vorliegt. Die Rekombination stellt das Gegenteil zur Ionisa- tion dar, sodass bei ihr Energie frei werden muss. Diese Energie in Form eines Photons ist u. a. abhängig von der kinetischen Energie des Elektrons vor der Rekombination, welche nicht diskret ist. Somit trägt auch die Re- kombination zu dem messbaren Kontinuum bei. Der Rekombinationsprozess ist schematisch in Abb. 3.2b zu sehen.
24 3.4 Emission 2 − ∆ = 2 − 1 = ℎ 1 + Abbildung 3.3: Spontane Emission 3.4.2 Peaks Die Peaks kommen zustande, indem ein Elektron in ein niedrigeres Energieni- veau fällt und dabei für den Übergang charakteristische Strahlung aussendet. Bei diesem Prozess handelt es sich um eine gebunden-gebunden Wechsel- wirkung. Anhand der Wellenlänge eines Peaks kann bestimmt werden, um welchen Übergang es sich handelt und so gleichzeitig, welches chemische Element an besagtem Übergang beteiligt ist, da die Wellenlänge abhängig von der Kernladungszahl Z ist. Jedes Element kann nur bestimmte, charak- teristische Wellenlängen emittieren, wenn es den Anregungszustand wechselt. Auf diesem Fakt beruht das Prinzip der Spektroskopie, bei der anhand der charakteristischen Wellenlängen einzelner Elemente untersucht wird, aus welchen Elementen eine Probe zusammengesetzt ist. Die charakteristischen Wellenlängen werden bei der in Kapitel 3.4 thematisierten spontanen und stimulierten Emission abgegeben. Die spontane Emission ist in Abb. 3.3 schematisch dargestellt. In Kapitel 3.2 wird erläutert, dass einzelne Energieniveaus bestimmte Ener- gien besitzen. Diese Energien sind abhängig von der Hauptquantenzahl n: 1 En = −E0 2 , (3.4) n mit der Energie im Grundzustand E0 = 13,6 eV. Über die Zusammenhänge E =h·ν (3.5) und c = λ · ν, (3.6)
3.4 Emission 25 wobei h das plancksche Wirkungsquantum, c die Lichtgeschwindigkeit, λ die Wellenlänge und ν die Frequenz der Welle ist, ist es möglich, die Wellenlänge des Photons, welches bei einem Übergang ausgesendet wird, zu bestimmen: 1 E0 1 1 1 1 = 2 − 2 =R 2 − 2 . (3.7) λ hc n1 n2 n1 n2 Diese Formel wird Rydberg-Formel genannt. Die Rydbergkonstante R hat einen Wert von R = 1,097 · 107 m−1 . n1 und n2 sind die jeweiligen Haupt- quantenzahlen der Schalen, wobei n2 > n1 ist. Die Rydberg-Formel gilt nur für das Wasserstoffatom. Für wasserstoffähnliche Atome, d.h. für Atome mit einem Elektron und der Ordnungszahl Z, gilt näherungsweise 1 1 1 = RZ 2 2 − 2 . (3.8) λ n1 n2 Bei großen Z liefert diese Formel nur noch ungenaue Ergebnisse. Außerdem können nicht alle beobachtbaren Wellenlängen im Emissionsspektrum durch diese Formel erklärt werden. Durch die sogenannte Spin-Bahn-Kopplung und weitere relativistische Effekte kommt es zur Aufspaltung einzelner Ener- gieniveaus. Dieser Effekt wird Feinstrukturaufspaltung genannt. Auch in diese Energieniveaus kann ein Elektron fallen, wodurch weitere, charakteris- tische Strahlung emittiert wird. Auf die Berechnung dieser Energien, bzw. Wellenlängen wird an dieser Stelle verzichtet. Ist ein Atom ionisiert, besitzt es andere, aber trotzdem charakteristische, Energieniveaus. Ein einfach ionisiertes Sauerstoffatom strahlt deswegen andere Strahlung ab als ein nicht ionisiertes. Dadurch sind weitere Peaks im Spektrum sichtbar, anhand derer der Ionisationszustand der Elemente bestimmt werden kann. Außerdem kann aufgrund der zusätzlichen charak- teristischen Wellenlängen das entsprechende Element leichter zugeordnet werden. 3.4.3 Linienbreite Obwohl die Übergänge innerhalb eines Atoms diskrete Energien besitzen, was dazu führen sollte, dass die Breite einer Linie infinitesimal klein ist, weisen alle Emissionslinien im Emissionsspektrum eine finite Breite auf. Diese hat mehrere Gründe: Zum einen hat die sog. natürliche Linsenbreite ihren Ursprung in der Energie- Zeit-Unschärferelation, die ein Pendant zur Heisenbergschen Unschärferela- tion von Ort und Impuls ist. Bei der Energie-Zeit-Unschärferelation fließt die mittlere Lebensdauer eines Zustands ein. Diese ist, wie in Kapitel 3.3
26 3.5 Einfluss der Plasmaparameter beschrieben, der Kehrwert der teilweise sehr genau bekannten Einsteinkoef- fizienten. Somit ist die Energie jedes Übergangs verschmiert, wodurch die dazugehörige Emissionslinie eine Breite erhält. Ein weiterer Mechanismus zur Linienverbreiterung ist die Doppler Verbreite- rung. Durch die thermische Energie der Atome bzw. Ionen bewegen sich diese im Raum. Kommt es zu einem Übergang, ist die Wellenlänge des Übergangs aus Sicht des stationären Spektrometers aufgrund des Doppler-Effekts je nach Bewegungsrichtung des Teilchens leicht verschoben. Die Verschiebung kann sowohl in den lang- als auch in den kurzwelligen Bereich erfolgen, wobei die Stärke der Verschiebung wegen der Temperaturverteilung der Teilchen unterschiedlich sein kann. Außerdem kommt es durch die (Elektronen-) Dichte des Plasmas zur Li- nienverbreiterung. Die Stoßverbreiterung ist ein Prozess, bei dem durch Stöße einzelner Teilchen die Lebensdauer eines Zustands beeinflusst wird. Aufgrund des gleichen Effekts wie bei der natürlichen Linienbreite kommt es zu einer Energieunschärfe des Übergangs. Die Stark-Verbreiterung basiert auf dem Stark-Effekt, der analog zum Zeeman-Effekt für elektrische Felder ist. Das heißt, dass sich unter dem Ein- fluss eines Elektrischen Felds ein Energieniveau zu zwei Niveaus aufspaltet. Bei den Zündversuchen liegen keine externen elektrischen Felder an, jedoch herrschen im Inneren eines Plasmas mikroskopische elektrische Felder, die von den freien Ionen und Elektronen erzeugt werden (vgl. Kapitel 3.1). Somit kommt es über den Stark-Effekt zu einer Aufspaltung einzelner Niveaus, wodurch eine Emissionslinie genau genommen aus zwei einzelnen Linien zusammengesetzt ist. Wie groß die Energiedifferenz der aufgespaltenen Lini- en ist, hängt von der Stärke des elektrischen Felds ab. Dieses wird umso stärker, desto höher die Elektronendichte des Plasmas ist. Je höher die Energiedifferenz, desto breiter ist die Summe der Emissionslinien. Es ist also möglich, über die Linienbreite auf die Elektronendichte im Plasma zu schließen. 3.5 Einfluss der Plasmaparameter Die Intensität einer charakteristischen Wellenlänge eines Stoffs ist stark von der Elektronentemperatur und der Elektronendichte im Plasma abhängig. Höhere Anregungs- und Ionisationszustände werden eher erreicht, wenn die Elektronentemperatur höher ist. Das Emissionsspektrum sieht somit je nach Temperatur anders aus. Bei ausreichender Temperatur liegen außerdem nur noch (höher) ionisierte Atome vor, wodurch die Peaks des neutralen Atoms,
3.5 Einfluss der Plasmaparameter 27 bzw. der darunterliegenden Ionisationszustände komplett verschwinden. Eine höhere Elektronendichte hat zur Folge, dass mehr Ionen mit freien Elektronen rekombinieren und deswegen höhere Ionisationszustände unwahr- scheinlicher werden. Das Verhältnis der Intensitäten einzelner Wellenlängen innerhalb eines Ionisationszustandes ändert sich bei anderen Elektronen- dichten dagegen nicht. Es ist somit möglich, die Elektronentemperatur und -dichte des Plasmas mithilfe eines vorliegenden LIBS Emissionsspektrums abzuschätzen, wenn ein theoretisches Emissionsspektrum vorliegt. Weitere Möglichkeiten zur Temperatur- und Elektronendichtebetsimmung werden im weiteren Verlauf beschrieben.
28 3.5 Einfluss der Plasmaparameter
4 Laserinduzierte Plasmaspektroskopie Die laserinduzierte Plasmaspektroskopie ist ein spektroskopisches Analyse- verfahren, mit dem die elementare Zusammensetzung einer Probe bestimmt werden kann. Dabei ist es nicht relevant, in welchem Aggregatzustand sich die Probe befindet. Handelt es sich um einen Festkörper, wird als Erstes durch das schlagartige Erhitzen der Oberfläche etwas Material verdampft (Laserablation), bevor dieses durch den Laser weiter in einen Plasmazustand überführt wird. Ist die Probe wie in diesem Fall gasförmig, wird ein kleines Gasvolumen im Brennpunkt des Lasers zu einem Plasma ionisiert. Voraus- setzung dafür ist, dass der Laser genügend Energie zur Verfügung stellt, um die Ionisierungsenergie der Atome zu überwinden. Durch einzelne Laserpulse werden Atome stimuliert und dadurch ionisiert. Mit einer geeigneten Optik kann die Lage des Brennpunktes genau festgelegt werden. Da in diesem Fall der Ort des Plasmas auch der Ort der Zündung in der Brennkammer ist, ist es mit dem LIBS-Verfahren möglich, die genaue Zusammensetzung eines Stoffgemisches am Zündort festzustellen und weitere spektroskopische Untersuchungen am Zündort durchzuführen. Dies hat das Potential, auf- schlussreiche Daten zum Zündverhalten zu liefern oder z. B. den Grund einer Fehlzündung in einer Raketenbrennkammer nachzuvollziehen. LIBS bietet außerdem die Möglichkeit, z. B. das Verhältnis von Oxidator und Treibstoff (englisch: Ratio of Oxidizer to Fuel, ROF ) am Ort der Zündung zu bestimmen und den Zündprozess zu analysieren. Für LIBS gibt es eine Vielzahl anderer Anwendungen aus vielen verschiede- nen Bereichen. Ein weiteres Beispiel aus der Raumfahrt stellt die ChemCam des NASA Rovers Curiosity dar, die mithilfe von LIBS eine spektrale Ana- lyse einzelner Steine auf dem Marsboden vornimmt [14]. Des Weiteren wird LIBS z. B. zur Analyse von Metallen, in der Medizin und in der Archäologie, auch unter Wasser, verwendet [15, 16]. Der große Anwendungsbereich von LIBS ist mit den zahlreichen Vorteilen zu begründen: LIBS erfolgt weitestgehend zerstörungsfrei, erfordert keine 29
30 Präparation der Probe und ist ein rein optisches Verfahren. Es wird also kein direkter Zugang zum zu untersuchenden Objekt benötigt. Außerdem ist die Analyse mit einem einfachen Spektrometer durchführbar, welches schnell und vor Ort Ergebnisse liefern kann [17].
5 Methodik Die Testreihe wurde am Prüfstand M3 des DLR Lampoldshausen am Institut für Raumfahrtantriebe durchgeführt. Im Folgenden wird der Versuchsaufbau und die Versuchsdurchführung beschrieben. 5.1 Versuchsaufbau Hauptbestandteil der Apparatur ist eine semi-zylindrische Brennkammer mit einem Durchmesser von 60 mm. Die Brennkammer besitzt auf zwei gegenüberliegenden Seiten je einen optischen Zugang, wobei die Fenster nicht gebogen sind. So kann mit einer Highspeed-Kamera das Innere der Brennkammer gefilmt werden. Der optische Zugang wird in diesem Versuch dazu genutzt, Schlieren-Aufnahmen aus dem Inneren der Kammer zu erhal- ten, um die Ausdehnungsgeschwindigkeit der Flamme bei einer erfolgreichen Zündung zu bestimmen. Ergebnisse dazu und weitere Informationen zum Versuchsaufbau können in [18] nachgelesen werden. Der im Folgenden beschriebene Aufbau ist in Abb. 5.2 und 5.3 dargestellt. An der Brennkammer ist ein optischer Zugang für einen Laser angebracht. Das Licht im oberen Teil des Strahlengangs wird über einen Lichtwellenleiter aufgenommen und transportiert. Mit einem Filter (Filter-Box) werden alle Wellenlängen bis auf die des Lasers eliminiert. Sobald der Laser angeschaltet wird, passiert das Laserlicht den Filter und wird in ein elektrisches Signal umgewandelt (Trigger-Box), welches dann das Spektrometer anschaltet. Somit startet das Spektrometer mit der Messung, sobald der Laser ange- schaltet wird, um die Brennkammer zu zünden. Im Strahlengang befindet sich außerdem ein Strahlteiler, der das Laserlicht von dem emittierten Licht des Plasmas trennt und in einen Beamdump leitet, sodass nur die Plasmaemission zum Spektrometer geleitet wird. Dies geschieht mit einem Lichtwellenleiter. Das Transmissions- bzw. Reflexions- vermögen des Strahlteilers in Abhängigkeit der Wellenlänge ist in Abb. 5.1a zu sehen. Hier ist die Kurve der Reflexion ausschlaggebend, die im Bereich von ca. 400 bis 900 nm als konstant angenommen werden kann. Der Bereich kleiner als 400 nm ist nicht dargestellt, für die Messung jedoch trotzdem relevant. Es ist die Tendenz zu erkennen, dass das Reflexionsvermögen bei 31
32 5.1 Versuchsaufbau Wellenlängen kleiner als 400 nm abnimmt. Diese Wellenlängen sind dadurch wahrscheinlich schlechter im Spektrum zu erkennen. Die Dämpfung in Ab- hängigkeit der Wellenlänge des Lichtwellenleiters ist in Abb. 5.1b dargestellt (High-OH Variante, blaue Kurve). Es ist zu erkennen, dass in dem für diesen Versuch relevanten Bereich (ca. 200 bis 900 nm) die Transmission des Lichts fast immer in einem Bereich zwischen 99 und 99,9 % liegt. Dies hat für die Messung keine Auswirkungen und die Transmission kann in diesem Bereich als konstant angenommen werden. Lediglich der Spektralbereich zwischen 200 und 400 nm weist eine geringere Transmission im Bereich von 90 bis 99 % auf, was sich im Spektrum widerspiegeln könnte. (a) Wellenlängenabhängiges Transmissions- und Reflexionsvermögen des Strahl- teilers (b) Wellenlängenabhängige Dämpfung des Lichtwellenleiters Abbildung 5.1: Optische Eigenschaften der verwendeten Bauteile [19]
5.1 Versuchsaufbau 33 Laser Filter-Box Trigger-Box Lichtwellenleiter Beam- Strahl- dump teiler BNC Optik für Laser Manometer N2 O2 Brennkammer Spektrometer CH4 Ventile zum Gaseinlass Vakuumpumpe Abbildung 5.2: Schematazeichnung des Aufbaus Mit entsprechender Optik über der Brennkammer wird der Laserstrahl auf einen Punkt in der Mitte dieser fokussiert. Am vorderen Ende der Brennkammer sind drei Swagelok SS-6C-MM-1 Rückschlagventile für die Gaszufuhr angebracht, wobei für jedes Gas ein eigener Anschluss verwendet wird. Am hinteren Ende befindet sich ein Anschluss zur Vakuumpumpe, wovor zusätzlich ein WIKA CPG-1500 Manometer eingebaut ist, welches den Kammerinnendruck misst. Das Manometer hat eine Messgenauigkeit von 4 mbar. Der verwendete Laser ist ein Neodym-dotierter Yttrium-Aluminium-Granat (Nd:YAG) Festkörperlaser, der infrarote Strahlung mit einer Wellenlänge von 1064 nm aussendet. Genauer handelt es sich um den von Carinthian Tech Research, speziell für die Laserzündung bei Raumfahrtanwendungen, entwickelten HiPoLas Laser der vierten Generation [20]. Das verwendete Spektrometer ist ein Shamrock 163 der Firma Andor. Das Spektrometer deckt einen Wellenlängenbereich von ca. 9 bis ca. 1050 nm ab. Der wahre Messbereich befindet sich zwischen ca. 200 und 900 nm. Es sind somit nur Wellenlängen nachweisbar, die in diesem Spektralbereich liegen. Das Auflösungsvermögen beträgt ungefähr 1 nm. Dies hat zur Folge, dass einige Peaks im Spektrum nicht an ihrer exakten Position dargestellt werden. Außerdem können charakteristische Wellenlängen, die nah beiein- ander liegen, nicht einzeln aufgelöst werden. Dies ist für diese Anwendung kein großes Problem, da es genügt, einige markante Peaks einzelner Stoffe
34 5.2 Durchführung A F B C E D Abbildung 5.3: Foto der Versuchsapparatur. A: Laser B: Beamdump, dahinter Strahlteiler, dahinter Anschluss des Lichtwellenleiter zum Spektrometer C: Optik für Laser D: Brennkammer mit optischen Zugang E: Anschlüsse für Gaszufuhr F: Manometer zu identifizieren und auszuwerten. Problematisch ist lediglich, wenn nah beieinanderliegende Peaks verschmelzen und es somit schwer ersichtlich wird, wo genau das abzuziehende Kontinuum liegt. An das Spektrometer angeschlossen ist eine CCD Kamera aus der Andor iStar 720 Series. Diese besitzt einen internen Bildverstärker. Die Quantenef- fizienz des Bildverstärkers ist nicht für jede Wellenlänge gleich, was dazu führt, dass die Intensitäten einzelner Peaks ungleichmäßig verstärkt werden. Der genaue Verlauf der Quanteneffizienz in Abhängigkeit der Wellenlänge liegt jedoch nicht vor. 5.2 Durchführung Vor jeder Befüllung wird die Brennkammer auf ca. 5 mbar evakuiert. Es wurde festgestellt, dass der Kammerdruck nach einiger Zeit etwas ansteigt. Dies lässt auf ein Leck der Brennkammer oder eine Undichtigkeit in den Gasanschlüssen schließen. Um herauszufinden, um was für eine Art Undich- tigkeit es sich handelt, wurde einmalig die Brennkammer evakuiert und von
5.2 Durchführung 35 den Gasanschlüssen getrennt. Es wurde festgestellt, dass der Kammerin- nendruck trotzdem mit der gleichen Rate ansteigt, wie mit angeschlossenen Gasanschlüssen. Deswegen wird angenommen, dass es sich bei dem einströ- menden Gas um Luft handelt und nicht etwa um z. B. reinen Sauerstoff oder Stickstoff. Anschließend werden die drei Gase in die Brennkammer gefüllt, wobei als erstes Stickstoff, dann Sauerstoff und als letztes Methan eingefüllt wird. Es wird ein Kammerinnendruck von ca. 500 mbar angestrebt. Dieser ist nicht immer einzuhalten, da trotz sehr kurzer Öffnungszeiten der Ventile eine größere Menge Gas in die Brennkammer strömt. Der resultierende Kamme- rinnendruck nach jeder Teilbefüllung wird von dem Manometer abgelesen, sodass der Partialdruck der einzelnen Gase berechnet werden kann. Zusätz- lich wird ein leck-bedingter Druckanstieg von 20 mbar angenommen, der über die Luftzusammensetzung anteilig den Partialdrücken von Sauerstoff und Stickstoff zugefügt wird. Nach Befüllung der Kammer wird ca. eine Minute gewartet, was sicherstellt, dass das Gasgemisch im Inneren homogen ist und Turbulenzen vom Einfüllvorgang zurückgegangen sind. Anschließend wird der Laser eingeschaltet, um das Gasgemisch zu zünden. Es handelt sich hier um einen einzelnen Laserpuls mit einer Pulsdauer von 2,3 ns Halbwertsbreite (englisch: Full Width Half Maximum, FWHM ) und einer Pulsenergie von 32 mJ. Das Laserlicht schaltet das Spektrometer ein, welches dann die Emissionen des Zündplasmas aufnimmt. Diese werden über die komplette Lebensdauer des Plasmas aufgezeichnet. Das Experiment wurde in einem Zeitraum von mehreren Tagen durchgeführt. Weil in der Zwischenzeit die Spektrometereinstellungen optimiert wurden, liegen mehrere Datensätze, die mit unterschiedlichen Einstellungen aufge- nommen wurden, vor. Diese unterscheiden sich jedoch nur in der Skalierung der gemessenen Intensität der Emission und sind deshalb trotzdem vergleich- bar, wenn ein Verhältnis einzelner Intensitäten untersucht wird. Außerdem wird durch die Normierung der Daten (s. Kapitel 7.1) die Vergleichbarkeit dieser sichergestellt. Ungeachtet, ob erfolgreiche Zündung oder nicht, wird die Brennkammer nach jedem Durchlauf erneut evakuiert. Dieses Vorgehen wurde für jeden Durchlauf exakt gleich wiederholt. Zur besseren Veranschaulichung zeigt Abb. 5.4 drei exemplarische Schlie- renaufnahmen aus der Brennkammer. In Abb. 5.4a ist das laserinduzierte Zündplasma zu sehen. Kommt es nicht zur Zündung des Gasgemisches, hat die Region in der sich das Plasma befand trotzdem eine andere Dichte und ist deswegen sichtbar, wie in Abb. 5.4b zu erkennen. In Abb. 5.4c hingegen ist gezeigt, wie eine sich ausbreitende Flamme in der Brennkammer aussieht.
36 5.2 Durchführung (a) sichtbares Zündplasma (b) keine Verbrennung (c) Sich ausbreitende Flamme kurz nach erfolgreicher Zündung Abbildung 5.4: Verschiedene Schlieren-Aufnahmen der Brennkammer [18]
6 Verwendete Stoffe Bei den hier durchgeführten Untersuchungen wurde ein Gasgemisch aus Methan, Sauerstoff und Stickstoff verwendet. Im Folgenden sollen diese drei Stoffe dargestellt und ein exemplarisches Emissionsspektrum untersucht werden. Die folgenden idealen Emissionsspektren, sowie weitere Informa- tionen zu einzelnen Elementen basieren auf Daten der National Institute of Standards and Technology Atomic Spectra Database (NIST ASD) [21]. Dort können außerdem mit einem Tool LIBS Spektren für verschiedene Plasmaparameter erstellt werden. Für die Spektren wird Te = 1 eV und Ne = 1017 cm−3 angenommen, wenn nicht anders angegeben. Bei diesen Bedingungen sind nur die Emissionen des nicht ionisierten Elements sichtbar. Anhand dieser Spektren werden die charakteristischen Wellenlängen der einzelnen Elemente bestimmt, sodass diese in den aufgenommenen Spektren zugeordnet werden können. Als Spektralbereich wird 200 bis 900 nm gewählt, da dieser ungefähr mit dem Spektralbereich des verwendeten Spektrometers übereinstimmt. Es ist anzumerken, dass die einzelnen Elemente weitere charakteristische Strahlung aussenden, die nicht im betrachteten Spektralbe- reich liegt und deswegen hier nicht weiter betrachtet wird. Das theoretisch erzeugte Spektrum wird zur besseren Anschaulichkeit normiert, sodass die maximale Intensität den Wert eins besitzt. 6.1 Methan Methan ist ein Kohlenwasserstoff aus der Gruppe der Alkane. Es hat die Summenformel CH4 und ist unter Normalbedingungen ein farb- und geruch- loses Gas. Da Methan ein Stoffgemisch aus Wasserstoff und Kohlenstoff ist, sind im Emissionsspektrum (s. Abb. 6.1) die charakteristischen Wellenlän- gen dieser beiden Stoffe überlagert. Um herauszufinden, welche Peaks zu welchem Element gehören, werden diese im Folgenden separat betrachtet. 37
38 6.1 Methan 1.0 0.8 Intensität/ a.u. 0.6 0.4 0.2 0.0 200 300 400 500 600 700 800 900 Wellenlänge/ nm Abbildung 6.1: Ideales Emissionsspektrum von Methan 6.1.1 Wasserstoff Wasserstoff ist der erste Eintrag im Periodensystem der Elemente. Es be- steht aus einem Proton im Kern und einem Elektron in der Atomhülle. Deswegen kann Wasserstoff maximal einfach ionisiert werden, wobei nach der Ionisation ein einzelnes Proton zurückbleibt. Einfach ionisierter Was- serstoff besitzt somit kein Emissionsspektrum, da es kein Elektron gibt, welches angeregt werden könnte. Weitere Informationen können Tabelle 6.1 entnommen werden. Tabelle 6.1: Charakteristika des Wasserstoffatoms Symbol Elektronenkonfiguration i. G. 1. Ionisierungsenergie/eV H 1s 13,6
6.1 Methan 39 1.0 0.8 Intensität/ a.u. 0.6 0.4 0.2 0.0 200 300 400 500 600 700 800 900 Wellenlänge/ nm Abbildung 6.2: Ideales Emissionsspektrum von Wasserstoff Das Wasserstoffatom kann nahezu exakt durch das Bohrsche und das quantenmechanische Atommodell beschrieben werden, wodurch sich die charakteristischen Wellenlängen über die Rydberg-Formel (Formel 3.7) be- rechnen lassen. In dem von diesem Versuch abgedeckten Spektralbereich sind nur Wellenlängen der sogenannten Balmerserie zu sehen, bei der ein Elektron von einer höheren in die L Schale (n1 = 2) fällt. Die Peaks im Spektrum (Abb. 6.2) sind unterschiedlich hoch, wobei die Höhe mit einem höheren Anregungszustand (n2 ) abnimmt. Dies ist damit zu begründen, dass die Energie, um ein Atom in einen höheren Zustand anzuregen, mit der Höhe des Zustands wächst. Da die Energie der Elektronen im Plasma Boltzmann-verteilt ist, liegen dort weniger Elektronen mit einer ausreichen- den Energie vor, um Atome in einen höheren Zustand zu befördern. In Tabelle 6.2 sind vier der charakteristischen Wellenlängen der Balmerserie dargestellt.
40 6.1 Methan Tabelle 6.2: Auswahl charakteristischer Emissionslinien des Wasserstoffatoms n2 Bezeichnung Wellenlänge/nm 3 Hα 656,28 4 Hβ 486,12 5 Hγ 434,05 6 Hδ 410,17 6.1.2 Kohlenstoff Kohlenstoff ist ein chemisches Element mit der Ordnungszahl 6. Unter Normalbedingungen ist reiner Kohlenstoff fest. Kohlenstoffverbindungen können aber auch flüssig oder gasförmig sein. Trotz der nur 5 Elektronen mehr als Wasserstoff ist das Kohlenstoffatom ein sehr viel komplexeres Gebilde. Hier können nicht nur Übergänge stattfinden, bei denen nur die Hauptquantenzahl beteiligt ist, sondern auch solche, bei denen sich die Drehimpulsquantenzahl gemäß der Auswahlregeln (s. Formel 3.2) ändert. Außerdem kann Kohlenstoff öfter ionisiert werden. In Tabelle 6.3 sind u. a. einige Ionisierungsenergien angegeben, wobei Ei,n die n-te Ionisierungsener- gie beschreibt. Das in Abb. 6.3 gezeigte Emissionsspektrum des Kohlenstoffs zeigt, dass im betrachteten Spektralbereich nur wenige sehr schwache, mit Ausnahme der 248 nm Linie, Emissionslinien zu sehen sind. Trotzdem ist die genannte Linie in den bei diesem Versuch aufgenommenen Spektren nicht sichtbar. Außerdem liegt diese Linie in einem Bereich, in dem das Reflexionsvermögen des Strahlteilers wahrscheinlich sehr gering ist (vgl. Ka- pitel 5.1 und Abb. 5.1a), sodass diese Linie nicht im Spektrum erscheint. Deswegen wird im Folgenden nur die prominente Hα -Linie des Wasserstoffs benutzt, wenn Methan im Spektrum analysiert werden soll. Tabelle 6.3: Charakteristika des Kohlenstoffatoms Symbol Elektronenkonfiguration i. G. Ei,1 /eV Ei,2 /eV Ei,3 /eV C 1s2 2s2 2p2 11,26 24,38 47,89
6.2 Sauerstoff 41 1.0 0.8 Intensität/ a.u. 0.6 0.4 0.2 0.0 200 300 400 500 600 700 800 900 Wellenlänge/ nm Abbildung 6.3: Ideales Emissionsspektrum von Kohlenstoff 6.2 Sauerstoff Sauerstoff ist unter Normalbedingungen ein farb- und geruchloses Gas, das in molekularer Form (O2 ) auftritt. Sauerstoff hat die Ordnungszahl 8 und ist zu ca. 20,94 % in Luft enthalten. Kryogener Sauerstoff findet oft Verwendung in Raketentriebwerken. Weitere Informationen sind in Tabelle 6.4 dargestellt. Im Emissionsspektrum des Sauerstoffs (Abb. 6.4) ist eine Linie bei ca. 777 nm besonders prominent. Bei Abgleich mit der NIST Database fällt auf, dass diese Linie eine Überlagerung von drei einzelnen Linien des gleichen Übergangs ist. Dies ist damit zu erklären, dass der Gesamtdrehimpuls J des Ausgangszustands drei verschiedene Werte annehmen kann. Somit Tabelle 6.4: Charakteristika des Sauerstoffatoms Symbol Elektronenkonfiguration i. G. Ei,1 /eV Ei,2 /eV Ei,3 /eV O 1s2 2s2 2p4 13,62 35,12 54,94
42 6.2 Sauerstoff 1.0 0.8 Intensität/ a.u. 0.6 0.4 0.2 0.0 200 300 400 500 600 700 800 900 Wellenlänge/ nm Abbildung 6.4: Ideales Emissionsspektrum von Sauerstoff können drei Übergänge stattfinden, bei denen zwar n und l beim jeweiligen Ausgangs- und Endzustand gleich sind, aber der Gesamtdrehimpuls des Ausgangszustands bei jedem Übergang ein anderer ist, was Tabelle 6.5 verdeutlicht. J1 steht hier für den Gesamtdrehimpuls des Endzustands, J2 für den des Ausgangszustands. Gleiches trifft auf die sichtbaren 615 und 844 nm Linien zu. Diese werde nicht genauer genannt, da zur Untersuchung des Sauerstoffs im Spektrum im Folgenden nur die 777 nm Linie verwendet wird. Tabelle 6.5: 777 nm Emissionslinien des Sauerstoffs Übergang J2 J1 Wellenlänge/nm 1s2 2s2 2p3 3p → 1s2 2s2 2p3 3s 3 2 777,19 2 777,42 1 777,54
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