Gadus morhua Experimente zum Temperatureinfluss auf frühe Entwicklungsstadien des Ostseedorsches

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Aus dem Leibniz-Institut für Meereswissenschaften
               an der Christian-Albrecht-Universität
                              zu Kiel

Experimente zum Temperatureinfluss auf frühe
   Entwicklungsstadien des Ostseedorsches
              Gadus morhua

                          Diplomarbeit

                          vorgelegt von

                        Christoph Petereit

                        im Februar 2004

         Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
             an der Christian-Albrecht-Universität
                            zu Kiel
Inhaltsverzeichnis

1     Einleitung.......................................................................................................................... 3
2     Material und Methode..................................................................................................... 6
    2.1     Beschaffung des Ei- Materials ................................................................................... 6
    2.2     Befruchtung der Eier.................................................................................................. 6
    2.3     Transport und Besatz der Eier in die Experiment- Apparatur ................................... 7
    2.4     Temperatur- Gradienten- Block ................................................................................. 7
    2.5     Durchführung des Experimentes.............................................................................. 10
    2.6     Eistadienbestimmung............................................................................................... 11
    2.7     Auswertung der Eientwicklung................................................................................ 12
    2.8     Behandlung der Larven und Bestimmung der Messparameter................................ 12
    2.9     Statistische Auswertung........................................................................................... 14
3      Ergebnisse....................................................................................................................... 15
    3.1     Ei- Entwicklung ....................................................................................................... 15
       3.1.1     Entwicklungsdauer in Tagen............................................................................ 15
       3.1.2     Entwicklungsdauer in Tagesgraden ................................................................. 16
       3.1.3     Sterblichkeiten ................................................................................................. 17
       3.1.4      Schlupfintervall................................................................................................ 19
    3.2      Dottersacklarven Entwicklung................................................................................. 20
       3.2.1     Schlupflänge .................................................................................................... 20
       3.2.2      Längenwachstum ............................................................................................. 21
       3.2.3      Dottersackfläche .............................................................................................. 25
       3.2.4     Maulöffnung .................................................................................................... 27
       3.2.5     Überlebensdauer .............................................................................................. 28
4      Diskussion ....................................................................................................................... 29
    4.1      Methodendiskussion ................................................................................................ 29
    4.2     Ergebnisdiskussion .................................................................................................. 31
       4.2.1     Ei- Phase .......................................................................................................... 31
       4.2.2     Larven- Phase................................................................................................... 33
    4.3      Temperatureinfluss im synökologischen Kontext ................................................... 37
    4.4      Schlussbetrachtung und Ausblick ............................................................................ 39
5      Zusammenfassung.......................................................................................................... 40
6      Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 41

                                                                     2
1.Einleitung

1 Einleitung
Für die auffällige Variation in den Jahrgangsstärken vieler mariner Nutzfischbestände spielen
die frühen Entwicklungsstadien eine zentrale Rolle (Hjort 1914; Ellertsen et al.1989; Koester
et al. 2000). Die Eier und Larven von Fischen sind von speziellem Interesse, da generell
angenommen wird, dass diese frühen Stadien anfälliger für potentiell ungünstige
Umwelteffekte seien, als ältere Individuen (Blaxter 1992). So sind während der Eiphase die
Sterblichkeitsraten in der Regel hoch und variabel (z.B. Wieland 1995). Diese Sterblichkeiten
beruhen sowohl auf biotischen als auch abiotischen Faktoren. Viele Eier sterben
beispielsweise durch Wegfraß (Koester und Möllmann 2000; Koester et al. 2001) und oftmals
treten auch erhöhte Sterblichkeiten in bestimmten ontogenetischen Stadien (Vallin und
Nissling 1994; Waller et al. 1993) auf. Salinität (Nissling und Westin 1991a, 1991b) und
Sauerstoff (Westernhagen 1970; Vallin et al. 1999; Ponwith und Neill 1995; Wieland 1995),
Licht (Pommeranz 1974), UV-Strahlung (Zagarese und Williamson 2001), Verdriftung,
physikalische Stressfaktoren (z.B. Sedimentation (Kääriä et al. 1988)) und toxische Stoffe
(z.B. Alderdice et al. 1979a, 1979b; Craik und Harvey 1988) beeinflussen in hohem Maße den
Entwicklungserfolg von Eiern. Den bedeutendsten Einfluss auf die Entwicklungsdauer und
die Entwicklungsgeschwindigkeit von Eiern besitzt die Temperatur (Fuiman 2002).

Blaxter (1992) hat sich in einem zusammenfassenden Artikel mit den Effekten von
Temperatur auf die Larval- Phase von Fischen beschäftigt. Temperatur kann sowohl letale
oder subletale Effekte haben, sie regelt die Geschwindigkeit metabolischer Prozesse und
physiologischer Vorgänge und beeinflusst das Verhalten von Individuen. Des Weiteren übt
Temperatur Einfluss auf Körpergröße, Wachstum, die Differentiation von Muskelgewebe und
auf meristische Charakteristika aus.

Für die wirtschaftlich bedeutende Fischart Gadus morhua gibt es zahlreiche Untersuchungen
zur Eientwicklung unter verschiedenen Temperaturbedingungen (z.B. Laurence und Rogers
1976; Thompson und Riley 1981; Buckley et al. 2000). Page und Frank (1989) geben eine
Übersicht über die schon vor über 100 Jahren untersuchten temperaturspezifischen Ei-
Entwicklungszeiten (z.B. Dannevig 1895, aus Page und Frank 1989). So existieren für viele
der Atlantischen- und Nordsee- Kabeljaubestände, deren Eier aufgrund der pelagischen
Entwicklung den teilweise recht unterschiedlichen Oberflächentemperaturen ausgesetzt sind,
vielfältige Informationen hinsichtlich der Geschwindigkeit der Eientwicklung.

Die besonderen hydrographischen Verhältnisse der Ostsee als Randmeer lassen größere
Temperaturunterschiede im Bornholm Becken als einem sehr wichtigen Laichgebiet des
Ostseedorsches zu. So unterliegen die hydrographischen Bedingungen nicht nur
jahreszeitlichen Schwankungen, sondern werden in großem Maße von unperiodischen
Änderungen beeinflusst. Für das Bornholm Becken sind Warmwassereinschübe im
Zwischenwasser aus dem Arkona Becken typisch (Franck 1985). Bedingt durch ihre
Schwebfähigkeit kommen Dorscheier in der zentralen Ostsee nicht in der salzarmen
Deckschicht, sondern erst unterhalb der Halokline im Tiefen- und Bodenwasser vor. Bei
ungewöhnlichen Einstromsituationen kann es zu größeren Variationen der Temperatur und
des Salzgehaltes kommen. So wurden im zentralen Ostseebereich Dorscheier im
Temperaturbereich zwischen 0,4°C bis 7,1°C gefunden (CORE 1998). Die für erfolgreiche
Dorsch- Eientwicklung in diesem Gebiet notwendige Schwebfähigkeit, wird nach Angaben
von Nissling und Westin (1991a) bei einer Salinität zwischen 12,3 psu und 16,9 psu, mit
einem Mittel von 14,4 psu, erreicht.

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1.Einleitung

Für den Ostseedorsch gibt es jedoch nur wenige der oben erwähnten temperaturabhängigen
Entwicklungsexperimente. Solche Experimente sind sinnvoll, da es sich bei dem
Ostseedorsch um einen eigenständigen Bestand mit spezieller Anpassung an geringe
Salzgehalte und einer etwas abweichenden Eientwicklung, die in einem früheren
Schlupfstadium endet, handelt. Westernhagen (1970) untersuchte die Eientwicklung des
Beltseedorsches (Bestand der westlichen Ostsee) unter verschiedenen Temperatur- und
Salzgehaltsbedingungen. Wieland (1995) befasste sich mit der Eientwicklung und der
Vertikalverteilung im Bornholm Becken beim Dorsch der zentralen Ostsee unter
verschiedenen Temperatur- und Sauerstoffbedingungen. Nissling et al. (1998) verglichen bei
nur einer Temperatur meristische Ei- und Larvenmerkmale des Skagerrak- und des
Ostseedorsches verschiedener Altersgruppen. Des Weiteren untersuchten sie die Einflüsse
von Licht, Antibiotika und Belüftung in ihren experimentellen Ansätzen und analysierten den
Einfluss von potentiell- toxischer Nahrung der laichenden Tiere, auf deren Ei- und
Larvenqualität. Rohlf (1999) beobachtete das Verhalten von, bei drei verschiedenen
Experimenttemperaturen erbrüteten, Dorschlarven, bezüglich ihrer ersten Vertikalwanderung.
Außerdem erfolgten im Rahmen von EU-Projekten, Experimente zur Ei- und
Larvenentwicklung des Dorsches unter verschiedenen Parametern (CORE 1998; STORE
2001), die zum Teil temperaturabhängige Ansätze mit einschlossen.

Für die Modellierung des Entwicklungserfolges früher Lebensstadien von Fischen in
Abhängigkeit von den Umweltbedingungen sind genauere Informationen über die Wirkung
einzelner Einflussfaktoren auf die Entwicklung der frühen Jugendstadien (in hoher zeitlicher
Auflösung) erforderlich. So sind für verschiedene Temperaturen z.B. Informationen über
Entwicklungserfolge, Entwicklungsgeschwindigkeiten, Sterblichkeiten und kritische Stadien
während der Eiphase, wichtige Eingabeparameter für solche Modellrechnungen (Hinrichsen,
pers. Mitteilung). Angaben über den Dotterverbrauch, die Zunahme der Körperlänge sowie
das Erreichen markanter ontogenetischer Entwicklungsstadien (wie z.B. der Durchbruch des
Mauls) liefern zusätzliche biologisch relevante Informationen. Bei den frühesten
Larvenstadien sind unter anderem zwei Entwicklungsintervalle von Interesse:

Nach dem Schlupf zehren die Larven bis zum Mauldurchbruch ausschließlich von ihrem
Dottersack, es findet also endogene Ernährung statt. In dieser Zeit ist insbesondere die
Geschwindigkeit der physiologischen Vorgänge der poikilothermen Tiere stark von ihrer
Umgebungstemperatur abhängig (Fuiman 2002). Je wärmer es ist, desto schneller können
diese Vorgänge, wie z.B. Stoffwechsel oder Wachstum, ablaufen.

Nach Durchbruch des Mauls, und damit dem Übergang zur exogenen Nahrungsaufnahme,
liegt ein temperatur-, nahrungsdichte- und nahrungsgröße-, sowie lichtabhängiger Zeitraum
vor, in dem das erfolgreiche Beutejagen erlernt werden muss (Ellertsen et al. 1980). Innerhalb
dieses Zeitraumes findet die Vertikalwanderung der Larven statt (Rohlf 1999). Lernen Larven
das Fressen nicht, oder steht keine geeignete Nahrungsressource zur Verfügung, werden die
Larven zu schwach zur Nahrungsaufnahme und aufgrund des bestehenden und nicht mehr zu
revidierenden Energiedefizits, ist mit nahezu vollständiger Mortalität zu rechnen (Point of no
return, PNR, nach Yin und Blaxter 1987).
Die Länge dieses Zeitraumes wird stark durch die Wassertemperatur bestimmt, da diese die
Geschwindigkeit des Metabolismus regelt. In Verbindung mit hydrographischen Daten ist
beispielsweise die Berechnung eines Volumens möglich, in dem die Larven potentiell nach
Nahrung suchen könnten, bevor sie diesen kritischen Zeitpunkt erreichen würden (Hinrichsen,
pers. Mitteilung). Fütterungsexperimente fanden im Rahmen dieser Arbeit nicht statt, jedoch
ist für die Modellierung, unter Annahme einer minimalen Nahrungsversorgung, die
temperaturabhängige maximale Lebensdauer von Interesse (Hinrichsen, pers. Mitteilung).

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1.Einleitung

Der Einfluss des Faktors Temperatur soll in der vorliegenden Arbeit mit Hilfe eines
experimentellen Ansatzes, anhand der frühen Entwicklungsstadien des Ostseedorsches Gadus
morhua, untersucht werden. Diese Experimente haben unter anderem als Zielsetzung, eine
feinskalige Auflösung der temperaturabhängigen Entwicklung in dem Bereich von 2°C bis
13,8°C darzustellen und zu analysieren. Außerdem soll der Entwicklungsverlauf bei
Extremtemperaturen, die durch besondere Einstromsituationen auftreten können, untersucht
werden. Dabei werden sowohl die Eistadien als auch die frühen Larvalstadien untersucht.

Die Durchführung des Entwicklungsexperimentes erfolgte in einem Temperatur- Gradienten-
Block. Das ist ein mit 60 Bohrungen für Bechergläser versehener, isolierter Aluminiumblock,
der durch ein doppeltes Gegenstrom-Prinzip, mittels Erhitzen und Kühlung, das präzise
Bearbeiten von 10 verschiedenen Temperaturen à 6 Replikaten ermöglicht. Dieser
Temperatur- Tisch wurde von der institutseigenen Werkstatt gebaut, und innerhalb dieser
Diplomarbeit erstmals auf seine Praxistauglichkeit geprüft.

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2. Material & Methoden

2      Material und Methode
2.1 Beschaffung des Ei- Materials
Verwendet wurden durch Abstreifen gewonnene Eier und Spermien von Dorschen aus der
Ostsee, aus dem Bornholm-Becken (Subdivision 25) (Abb.1), die im Rahmen der
Forschungsreise 193 auf dem Forschungsschiff „HEINCKE“ am 08. Juli 2003
(Stationsnummer 975/41) gefangen wurden. Gefischt wurde mit einem pelagischen
Schleppnetz bis in etwa 60m Tiefe, 30 Minuten lang beginnend von der Position 54° 47` 42
Breite und 15° 15`13 östlicher Länge. Die Schlepprichtung betrug 2° und die
Schleppgeschwindigkeit 3,2 kn. Das Hieven begann auf der Position 54° 49`09 Breite und 15°
15`50 östlicher Länge. Die Temperatur in der befischten Wassertiefe betrug zwischen 5,4°C
und 5,7°C. Die Salinität lag zwischen 10,1 psu und 15 psu und der Sauerstoffgehalt um 5 ml/l.

                     Abb. 1: Das Bornholm Becken der Ostsee, Fanggebiet der
                     Elterntiere, deren Eier und Spermien für die Experimente
                     verwendet wurden.

2.2 Befruchtung der Eier
Das Sperma mehrerer Männchen wurde zu einem Cocktail gemischt, mit dem die Eier an
Bord des Forschungsschiffes befruchtet wurden.
Das Ei- Material stammte von zwei Weibchen. Die Weibchen wurden gemessen, gewogen
und der Reifegrad der Gonaden wurde bestimmt. Des Weiteren wurden Leber- und
Gonadengewicht, sowie die Füllung des Magens ermittelt (siehe Tabelle 1).

Tab. 1: Wesentliche meristische Merkmale der zwei weiblichen Elterntiere, deren Eier im Experiment
benutzt wurden: Die Länge wurde als Totallänge gemessen, das Vollgewicht entspricht dem Nassgewicht
unausgenommener Fische. Das Leergewicht entspricht ausgenommenen Fischen. Der Reifegrad wurde
nach Tomkiewicz et al. (2002) bestimmt. Der Magenfüllungsgrad 1 bedeutet, dass keine Füllung des
Magens vorliegt.

 Weibchen    Länge   Gewicht    Gewicht    Reifegrad   Lebergewicht   Gonadengewicht   Magen
 Prot. Nr.   [cm]    voll [g]   leer [g]               [g]            [g]              Füllungsgrad
 298         45      1052       691        6           59             242              1
 299         41      777        538        5           34             141              1

                                                  6
2. Material & Methoden

Die Spermien wurden bis zur Befruchtung ca. 5 h kühl gelagert, dann wurden die Eier der
beiden Weibchen zusammen mit dem Sperma vorsichtig in 8°C kaltem Ostseewasser verrührt
und 30min dunkel und bei 8°C Umgebungstemperatur stehengelassen. Danach fand ein
vorsichtiges Dekantieren der Eier aus dem mit Spermien kontaminierten Wassers in mit
Ostseewasser gefüllte, stabile Plastik-Transportbeutel statt.

2.3 Transport und Besatz der Eier in die Experiment- Apparatur
Der Transport in einer gut gekühlten Isolierbox (bei 2°C) zum Institut für Meereskunde in
Kiel dauerte via Flugzeug und Bus ca. 4,5 h.
Nach einer stufenweisen Temperatur- Angleichung auf 9°C wurden die Eier in kleine 6-l
Plastikaquarien mit künstlich aufgesalzenem, 2µ- filtriertem Ostseewasser mit einer Salinität
von 16,2 psu überführt. Das Befüllen von 250 ml Volumen fassenden Bechergläser fand 20 h
nach Ankunft in Kiel statt. Dazu wurde eine 5 ml Plastik-Pipette so modifiziert, dass keine
Beschädigungen der Eihüllen stattfinden konnten. Es wurden dann je 4 mal 5 ml Wasser- Ei-
Gemisch von der Oberfläche (aufgrund des positiven Auftriebs schwimmen die Eier oben), in
insgesamt 60 Bechergläser eingebracht. Diese Bechergläser waren mit künstlichem Seewasser
gleicher Temperatur und Salinität gefüllt. Der Besatz der Eier in einen Temperatur-
Gradienten- Block (siehe Material & Methode 2.4) erfolgte nach insgesamt 20,7 Tagesgraden.
Tagesgrade sind das Produkt aus 24 h Durchschnittstemperatur und der Anzahl an Tagen.
Der Temperatur- Gradienten- Block wurde nach vollständiger Belegung mit den 60
Bechergläsern eingeschaltet. Jedes mit 100 ml Wasser gefüllte Becherglas enthielt zwischen
80 und 180 (Minimum 52, Maximum 220) Dorscheier im Entwicklungsstadium IB (siehe
Material & Methode 2.6) mit einem Alter von 20,7 erlebten Tagesgraden.

2.4 Temperatur- Gradienten- Block
Die Inkubation der Dorscheier fand in einem Temperatur- Gradienten- Block
(„Temperaturorgel“ = TEMPO) statt. Dies ist ein mit 60 Bohrungen versehener isolierter
Aluminium-Block, der an einer Seite über einen Kühlkreislauf gekühlt und an der anderen
Seite durch ein Wasserbad beheizt werden kann. In die Bohrungen passen Bechergläser mit
alternativ 150 ml oder 250 ml Füll- Volumen (Abb.2).
Es stellt sich bei konstanter Umgebungstemperatur ein Temperaturgradient innerhalb des
Aluminiumblockes ein, der wiederum die eingestellten Bechergläser stabil temperiert. So sind
zehn verschiedene Temperaturen mit jeweils sechs Replikaten möglich (Abb.3).

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2. Material & Methoden

         Abb. 2: Temperatur- Gradienten- Block, im Vordergrund links mit Thermometer

                                   A   B   C     D    E     F     G    H      I   K
                               6                                                      6

                               5                                                      5

                               4                                                      4

                               3                                                      3

                               2                                                      2

                               1                                                      1
                                   A   B   C    D     E     F     G    H      I   K

                         a)
                                           Querschnitts-Ansicht mit Deckel

                          b)                   Seitliche Ansicht mit Deckel

Abb. 3 oben: schematische Darstellung des Temperatur- Gradienten –Blockes mit Kühlung (linke Seite,
blau) und Wasserbad (rechte Seite, rot). Der Wärme/Kälte- Austausch erfolgt über ein doppeltes
Gegenstrom-Prinzip. Die Buchstaben A bis K kennzeichnen die verschiedenen Temperaturen und die
Zahlen 1 bis 6 die Replikate. Unten : Schematische Ansichten im a) Quer- und b) seitlichen Anschnitt.

                                                            8
2. Material & Methoden

Eine Temperaturmessung fand täglich zeitgleich durch ein TECHEM Einstech- Thermometer
(Fehlertoleranz ±0,1°C) in jeweils drei Bechergläsern pro Temperatur statt. Die
Raumtemperatur blieb während des gesamten Versuchszeitraumes bei konstant 15°C.

                                  Temperaturverlauf im Temperaturgradienten- Block
                           15,0

                           14,0

                           13,0

                           12,0

                           11,0

                           10,0

                            9,0
         Temperatur [°C]

                            8,0

                            7,0

                            6,0

                            5,0

                            4,0

                            3,0

                            2,0

                            1,0

                            0,0
                                  5       10    15    20     25        30   35     40     45    50    55     60

                                                              Zeit [Tagen]
Abb. 4: Temperaturverlauf der 10 Inkubationstemperaturen über den Versuchszeitraum von 58 Tagen
im Temperatur- Gradienten- Tisch.

Der Temperaturverlauf aller 10 Inkubationstemperaturen im Temperatur- Gradienten- Block
über den Zeitraum von 58 Tagen ist in Abbildung 4 dargestellt. Die Standardabweichung über
diesen Zeitraum betrug maximal ±0,29 (bei 3,4°C). Je wärmer die Temperatur war, desto
geringer wurde der Fehler (Tab.2).

Tab. 2: Darstellung               aller    Experimenttemperaturen            mit   Standardabweichung,        Minimal-    und
Maximalwerten

Mittelwert [°C]                   2,0          3,4    4,7         6,0       7,4     8,7        10,0   11,3        12,5   13,8

Standardabweichung 0,23                        0,29   0,25        0,22      0,17    0,16       0,12   0,09        0,07   0,06
Maximalwert [°C]   2,4                         4,0    5,3         6,4       7,7     9,0        10,3   11,5        12,7   13,9
Minimalwert [°C]   1,6                         3,1    4,4         5,8       7,2     8,5        9,8    11,1        12,3   13,7

                                                                   9
2. Material & Methoden

2.5 Durchführung des Experimentes
Ein Wasserwechsel fand während des Experimentes nicht statt, jedoch wurde verdunstetes
Wasser nachgefüllt. Ebenso erfolgte keine Belüftung. Die Inkubation bei 11,3°C, 12,5°C und
13,8°C wurde mit geringerer Anzahl an Parallelen einmal wiederholt. Dort wurde auch ohne
Abdeckung gearbeitet, um einen besseren Sauerstoffausgleich mit der Raumluft zu
gewährleisten.
Die Beleuchtung im Raum wurde durch eine Zeitschaltuhr gesteuert (12 h Helligkeit, 12 h
Dunkelheit), eine Abdeckung der Bechergläser reduzierte die Beleuchtung während der
Hellzeiten auf minimales Streulicht. Volle Beleuchtung erfolgte während der
Bearbeitungszeiten (maximal 1,5 h täglich).
Pro Experimenttemperatur wurden 5 Parallelen besetzt, die 6. Parallele wurde als Reserve
benutzt. Die toten Eier und die leeren Eihüllen wurden täglich aus jedem Becherglas entfernt
und gezählt, zusätzlich wurden täglich, zu gleichen definierten Zeitpunkten, aus jedem
Becherglas ein bis zwei Eier zum Fotografieren und zur Eistadien- Bestimmung entnommen
(Abb.5).

                               Temperaturmessung

                                                            Sterblichkeitskontrolle:
                                                            Entnahme toter Eier
                                                            und leerer Eihüllen

                                     Täglich
 Tieffrieren -70°C                zur selben Zeit

                                                            Entnahme von 1 bis 2
                                                            Eiern zum Fotografieren
                                                            und Stagen
 Tag 0 (Schlupf)
 Tag 3 (nach Schl.)
 Tag 5 (nach Schl.)           Probennahme von
 Tag 7 (nach Schl.)           3-5 Larven je Parallele
 Tag 9 (nach Schl.)           je Temperatur
Abb. 5: Schematische Darstellung der Routineaufgaben und der Probennahme

Der Schlupfzeitpunkt der Larven wurde als der Zeitpunkt definiert, an dem 50% der bei der
jeweiligen Temperatur inkubierten Larven geschlüpft waren. Die Probennahmen bei den
Dottersack- Larven erfolgten jeweils am Schlupftag (= Hatch, Tag 0) und nach 3; 5; 7 und 9
Tagen bei jeder geschlüpften Temperatur. Bei 2°; 3,4°; 4,7° und 6°C wurden außerdem noch
spätere Proben genommen. Entnommen wurden je Parallele 1 bis maximal 5 Tiere, abhängig
von der noch verbleibenden Anzahl an Larven im Becherglas, pro Temperatur also zwischen
10 und 20 Tiere. Diese wurden nach Entnahme sofort in Probenwasser bei -70°C tiefgefroren.

                                              10
2. Material & Methoden

2.6 Eistadienbestimmung
Die Bestimmung der ontogenetischen Eistadien erfolgte größtenteils anhand der Einteilung
in Entwicklungsstadien nach Thompson and Riley (1981), siehe Abbildung 6a. Diese
Stadiendefinitionen wurden für die Eier des Atlantischen Kabeljaus (Gadus morhua)
entwickelt, der im Stadium V schlüpft. Die Beschreibung des Stadium V ist hier nicht
dargestellt. Eine Besonderheit des Ostsee- Dorsches ist der Schlupf nach Stadium IV (vgl.
Westernhagen 1970). Kennzeichen der jeweiligen Stadien sind:

IA) Ein Blastula Stadium, das von der Befruchtung bis zur sukzessiven Aufklarung eine
zelluläre Masse produziert, in der keine individuellen Zellen sichtbar sind.

IB) Die fortschreitende Entwicklung des Blastodisken, der siegelringartig sichtbar wird, bis
zur ersten Andeutung eines primitiven Streifens.

II) Ein Gastrulationsstadium, das von dem ersten primitiven Streifen bis zur Schließung des
Blastoporus verläuft. Das Ende dieses Stadiums korrespondiert mit dem Verlust einer
schleierartigen Verhüllung an der Verschlussstelle des Blastoporus.

III) Der Embryo umwächst den Dotter um mehr als 180° bis 270°C unter anderem aufgrund
des Wachstums des Schwanzes. Es findet sowohl eine weitere Augenentwicklung, als auch
einen beginnende Pigmentierung im Schwanzbereich statt.

IV) Dotterumwachsung ist größer als 270°. Die Pigmentierung des Schwanzes nimmt weiter
zu.

                                                                          II              II/III

                                                          III             III/IV           IV

                                                                         Schlupf

Abb. 6a: Stadieneinteilung für die ontogenetische    Abb. 6b: Fotos von Eistadien, die während des
Eientwicklung von Gadus morhua nach Thompson         Experimentes gemacht worden sind. Das Stadium
and Riley (1981, für den Ostseedorsch verändert).    IA wurde nicht experimentell untersucht, IB nicht
Der Nordseekabeljau schlüpft im Stadium V, das       fotografisch festgehalten.
ist hier nicht dargestellt.

                                                    11
2. Material & Methoden

Aufgrund des Transportweges und der Befruchtung an Bord, konnte das Stadium IA nicht
experimentell begutachtet, und das Stadium IB nur beobachtet, nicht aber fotografisch
festgehalten werden. Deshalb wurden zur Beschreibung der Eientwicklung Zwischenstadien
verwendet. Diese Zwischenstadien II-III und III-IV entsprechen den von Thompson and Riley
(1981) dargestellten Entwicklungsstadien. Aus jeder Parallele und jeder Temperatur wurden
täglich zum selben Zeitpunkt ein bis zwei Eier unter einem Binokular (WILD M3 Z) mit einer
Digitalkamera (NIKON CoolPix 995; 3,4 Megapixel) mit Fernauslöser fotografiert.

2.7 Auswertung der Eientwicklung
Zur Berechnung der Ei- Überlebensraten ab Stadium IB musste, aufgrund der täglichen
Probennahmen zur Eistadien- Bestimmung, eine Korrektur der Ausgangs- Eizahlen
vorgenommen werden. Hierzu wurde folgende Berechnung verwendet:

                       N0 korr. = N0 - (i=1 bis z) n i* e(   (x=1 bis i) Mx)

                        N0 = Anfangszahl der Eier im Experiment
                         n i = Anzahl am Tag i entnommenen Eier
                       M x = Sterblichkeit am Tag vor Probennahme i
                  z = Anzahl Stichproben vor Abschluss des Experimentes

So konnte eine Korrektur der Anzahl der Eier in jedem Replikat vorgenommen werden,
indem für die entnommenen Eier die gleiche Sterblichkeit angenommen wurde, wie sie für die
im Experiment verbliebenen beobachtet wurde. Aufgrund dieser Basis konnte eine täglich
neue Grundgesamtheit berechnet werden, von der die gestorbenen Eier abgezogen wurden.
Die Anzahl der toten Eier wurde nicht über die Zeit, sondern über die ontogenetischen
Stadien aufgetragen. Die Überlebensraten stellen den Anteil an Eiern dar, der nicht während
des Experimentzeitraumes gestorben ist.
Es wurde eine temperaturabhängige stadienspezifische Ei- Entwicklungsdauer nach einer
Funktion von Lo (1985) berechnet. Die verwendeten Parameter wurden auf Grundlage der
eigenen Ergebnisse mittels der Solver-Funktion des Programms Exel (Microsoft) iterativ
nicht-linear durch Minimierung der Summe der Abweichungsquadrate ermittelt. Als
Parameterbasis dieser Iteration dienten Werte von Lo (1985) und Iglesias et al. (1995).
Desweiteren wurde nicht nur die Überlebensrate für jede Temperatur, sondern auch das
Schlupfintervall bestimmt. Dieses Intervall beinhaltet den Zeitraum vom Schlupf der ersten
bis zur letzten Larve für jede Inkubationstemperatur. Der eigentliche Schlupftag wird bei
50% Schlupf definiert.

2.8 Behandlung der Larven und Bestimmung der Messparameter
Die maximale Zeit, in der die Larven bei -70°C eingefroren waren, betrug 8 Wochen. Die
Proben wurden nacheinander aufgetaut und sofort unter einem Durchlicht- Binokular (WILD
M3 Z) bei 6,5x Vergrößerung auf einem mit einem integrierten Maßstab versehenen
Objektträger fotografiert. Die digitalen Fotos entstanden durch eine analoge Graustufen
Videokamera (CCD Hitachi KP-M1E/K), deren Bilder direkt in einen mit einer TV- Karte
(Hauppauge WinTV) ausgestatteten Rechner eingelesen wurden.
Nach dem Fotografieren wurden die Larven mit destilliertem Wasser abgespült, um etwaige
Salzrückstände zu entfernen, danach erfolgte das Gefriertrocknen (Trockner Fa. Christ 1-2)
der Larven für 16 Stunden bei 0,1mbar Unterdruck und -57°C. Die
Trockengewichtsbestimmung wurde mit der Mikrowaage (Sartorius SC 2, Messgenauigkeit
±0,1 g) auf 0,0001 mg genau bestimmt.

                                             12
2. Material & Methoden

Die meristischen Körpermerkmale wie Standardlänge und Dottersackoberfläche wurden
mittels Bildanalyse (Programm: UTHSCSA ImageTool, Version 3.0) auf 0,01 mm genau
ermittelt. Außerdem wurde der Zeitpunkt der ersten sichtbaren Maulöffnung notiert.

Die Standardlänge (wurde vom Urostyl bis zur Spitze des Oberkiefers gemessen, da bei
älteren Larven die Lage des Unterkiefers auf dem Objektträger sehr variabel sein kann
(Abb.7a und 7b). Der Flossensaum um den Schwanz wurde nicht berücksichtigt.
Die Messung der Dottersackfläche fand indirekt durch die Messung des Dottersack-
Umfanges statt. Das Programm ImageTool, Version 3.0 berechnete daraus die Fläche
innerhalb des umfahrenen Bereiches.
Der Zeitpunkt der ersten Maulöffnung der Larven wurde anhand der aufgetauten Larven
bestimmt. Nachdem erstmals eine deutliche Öffnung der Mundspalte erkennbar war, wurde
dies als der Zeitpunkt definiert, an dem diese morphologische Umgestaltung erfolgt war.
Nach Westernhagen (1970) wird dieses Stadium als V beschrieben. Nachdem die Larven
dieses Stadium erreicht haben, sind sie in der Lage, Nahrung aufzunehmen. Die Kontrolle auf
Maulöffnung erfolgte ausschließlich an den Probenahmetagen 0; 3; 5; 7 und 9.

  a

             SL

                                                                DS
           1 mm
                                                                      5 Tage alt bei 3,4°C

   b

      SL

                                          DS

           1 mm
                                                                   9 Tage alt bei 10,0°C

 Abb. 7: Darstellung der Messstrecken für SL= Standardlänge und DS= Dottersackoberfläche.
 Abbildung 7a zeigt eine 5 Tage alte Larve, aufgezogen bei 3,4°C. 7b zeigt eine 9 Tage alte Larve bei
 10,0°C inkubiert.

Außerdem erfolgte ein Versuch zur Bestimmung der durchschnittlichen maximalen
Überlebensdauer der Larven im Hungerzustand. Es wurde die tägliche Sterblichkeit
protokolliert und daraufhin ein Mittelwert für die 6 Parallelen jeder Versuchstemperatur
gebildet.
                                                  13
2. Material & Methoden

2.9 Statistische Auswertung
Die statistische Auswertung fand mit dem Programm STATISTIKA 6.0 (Statsoft) statt. Nach
Transformation der Längenmesswerte fand mit dem Kolmogorov- Smirnoff- Test die
Überprüfung auf Normalverteilung statt. Homogenität der Varianzen wurde mit dem Hartley
F- Max.- Test getestet. Nach Erfüllen der Vorraussetzungen, wurde eine einfaktorielle
ANOVA durchgeführt. Im Anschluss wurde durch einen Post hoc Test (Tukeys HSD Test für
unterschiedliche n) auf Unterschiede zwischen den Temperaturen geprüft. Ausschließlich die
Längenmesswerte wurden überprüft.

                                           14
3.Ergebnisse

3 Ergebnisse

3.1 Ei- Entwicklung

3.1.1 Entwicklungsdauer in Tagen

                                                    22
                                                                                                                       B egin n   S tadium          II
     Schlupf                                        20                                                                 B egin n   S tadium          II-III
                                                                                                                       B egin n   S tadium          III
                                                    18       S chlupf
                                                                                                                       B egin n   S tadium          III-IV
          IV                                        16                                                                 B egin n   S tadium          IV
                          Entwicklungszeit [Tage]

                                                               IV                                                      B egin n   S chlupf
                                                    14                                                                                  -(bt+ ci)    d
                                                                                                        nach F unktion: y i,t =(a*exp               *i )/24
                                                    12
                                                              III-IV                                                    r²=0,99
        III-IV
                                                    10

                                                     8         III

                                                     6
                                                               II-III
          III                                        4

                                                     2          II
                                                     0
         II-III                                     -2
                                                         0      1       2   3   4    5   6    7     8      9     10    11    12     13          14           15

                                                                                         T em peratur [°C ]
          II

Abb. 8: Entwicklungsdauer der Dorscheier vom Start des Experiments (spätes Stadium IB) bis zum
jeweiligen Stadienbeginn in Abhängigkeit von der Temperatur und dem jeweiligen ontogenetischen
Stadium, dargestellt als Mittelwerte aus 5 Parallelen mit Standardabweichungen Anpassung der
Regressionsgeraden nach der Exponential- Potenzfunktion yi,t= (6,152*e(-0,1419t)+(-1,545i)*i7,619) / 24.
Die temperaturabhängige Stadiendauer konnte durch eine Exponential- Potenzfunktion mit
einem Bestimmtheitsmaß von r²=0,99 beschrieben werden (Abb.8). Für Details zur
Berechnung der Parameter siehe Material & Methode (2.7). Nach Besatz des Temperatur-
Gradienten- Blockes mit Dorscheiern des Stadiums IB, wurde das Stadium II bei 2°C nach 2
Tagen erreicht, wohingegen bei wärmeren Temperaturen das Entwicklungsstadium II bereits
nach 1 bzw. 0,6 Tagen erreicht wurde. Das Stadium II-III, definiert als das Stadium, indem
der Blastoporus gerade geschlossen wurde, wurde bei 10°C nach 1,6 Tagen erreicht und bei
2°C nach 4 Tagen. Bei 11,3°, 12,5° und bei 13,8°C erfolgte keine weitere Entwicklung der
Eier, da alle Eier starben.
Stadium III, wurde bei 10°C nach 2,8 Tagen, bei 6°C nach 4 Tagen und bei 2°C nach 7,9
Tagen erreicht. Nach 4 Tagen wurde bei 10°C das Entwicklungsstadium III-IV beobachtet. 2
Tage länger dauerte die Entwicklung bei 7,4°C, 9 Tage bei 4,7°C und 12 Tage bei 2°C.
Stadium IV, gekennzeichnet durch eine Dotterumwachsung des Embryos von mehr als 270°
(Thompson und Riley, 1981), wurde bei 10°C nach 5 Tagen erreicht. Fast doppelt so lange,
nämlich 9,8 Tage dauerte es bei 4,7°C, nahezu zweieinhalbmal bei 3,4°C und mehr als
dreimal so lange bei 2°C. Der Schlupf erfolgte nach 6,4 Tagen bei 10°C, 7,2 Tage bei 8,7°C
und 8,2 Tagen bei 7,4°C. Nach 18,8 Tagen erfolgte im Mittel bei 2°C der Schlupf, dass
entspricht einer fast dreifach höheren Inkubationszeit wie bei 10°C. Bei 3,4°C erfolgte der
Schlupf nach 14,4 Tagen. Die Standardabweichungen waren bei den kältesten Temperaturen
von 2 und 3,4°C am größten und betrugen 1,2 Tage.

                                                                                    15
3.Ergebnisse

3.1.2 Entwicklungsdauer in Tagesgraden

                                                               Temperatur bis zum Start des Experimentes
                                                               Experimentell erlebte Temperatur
                                              90
Entwicklungszeit in Tagesgraden bis Schlupf

                                              80

                                              70

                                              60

                                              50

                                              40

                                              30

                                              20

                                              10

                                              0
                                                   1   2   3    4      5       6      7       8      9     10    11

                                                                      Temperatur [°C]
Abb. 9: Entwicklungszeit in Tagesgraden (dd) bis zum Schlupf für sieben Versuchstemperaturen.
Tagesgrade sind das Produkt aus Tagesdurchschnittstemperatur während 24 Stunden und der Anzahl
der inkubierten Tage. Der dunkle Bereich kennzeichnet die von allen Eiern gemeinsam erlebte
Temperatur in Tagesgraden vor Beginn des Experimentes (20,7 dd), der hellere obere Bereich die
anschließend experimentell erlebte Zeit multipliziert mit der jeweiligen Temperatur.
Eine    weitere    Darstellungsweise     von    Entwicklungszeiten    bei    verschiedenen
Inkubationstemperaturen ist die Angabe von Tagesgraden (dd = day degrees = Tagesgrade).
Tagesgrade repräsentieren das Produkt aus Tagesdurchschnitts- Temperatur und der Anzahl
an erlebten Tagen. Die unterschiedlichen Ansätze zur Beschreibung temperaturabhängiger
Entwicklungszeiten, der exponentielle und der lineare Ansatz (Tagesgradansatz), werden in
der Diskussion kritisch untersucht. In Abbildung 10 ist zu erkennen, dass alle Eier eine
gemeinsame Entwicklungszeit von 20,7 Tagesgraden durchlebt hatten, bevor die
experimentell eingestellten Temperaturen auf die Eier wirkten. Die Summe der gemeinsamen
(20,7 dd) und der individuellen Entwicklungszeiten in jeder Temperatur führte zum Schlupf.
Dieser Zeitpunkt wurde bei einer Schlupfrate von 50% definiert.
Der Schlupf erfolgte bei 2°C nach 58,4 dd, bei 3,4°C nach 69,7 dd und bei 4,7°C nach 73,7
dd. 8 dd       später, also nach 81,9 Tagesgraden, erfolgte der Schlupf bei einer
Inkubationstemperatur von 6°C. Nahezu zeitgleich erfolgte der Schlupf bei 7,4°C nach 81,4
dd. Bei 8,7°C dauerte die Entwicklungszeit 83,3 dd und bei 10°C Inkubationstemperatur 84,7
dd.

                                                                               16
3.Ergebnisse

3.1.3 Sterblichkeiten

In Abbildung 11 sind die prozentualen Überlebensraten der Dorscheier für die zehn
Versuchstemperaturen in den ontogenetischen Entwicklungsstadien als Mittelwerte aus 5
Replikaten mit Standardabweichungen dargestellt. Für die Formel zur Berechnung der
Überlebensraten der Eier sei auf den Material und Methoden- Teil verwiesen. Im Stadium IB
wurden die Eier in den Temperatur- Gradienten- Block eingesetzt und diese Anzahl an Eiern
wurde als 100 Prozent gesetzt.
Die Abnahme der Ei- Anzahl über die ontogenetische Stadien ist in Tabelle 3 als prozentuale
Sterblichkeit zwischen den verschiedenen Entwicklungsstadien dargestellt.

Tab. 3 : Prozentuelle Sterblichkeit bis zum Erreichen des nächsten definierten Entwicklungsstadium.
Stadium/
                2°C   3,4°C     4,7°C     6°C   7,4°C    8,7°C   10°C     11,3°C     12,5°C     13,8°C
Temperatur
         IB     0,0    0,0      0,0      0,0      0,0     0,0     0,0       0,0       0,0         0,0
          II   11,9    9,7      8,3      6,8      5,5     8,4     8,2      98,1      98,2        98,0
      II-III    0,4    0,6      0,7      1,0      1,5     0,9     0,7      100       100         100
         III    0,0    0,0      0,0      0,0      0,0     0,3     0,7
     III-IV     0,2    0,2      0,2      0,1      0,2     0,0     0,7
         IV     2,6    1,5      4,5      1,9      1,5     1,0     0,3
    Schlupf     3,1    1,1      2,6      4,7      4,0     0,0     0,0

Inkubation der Eier bei 11,3 °C, 12,5°C und 13,8°C Wassertemperatur führte zu einer
100prozentigen Mortalität. Nur ein bis zwei Eier erreichten das ontogenetische Stadium II-
III. Dieser Versuch wurde nach einem Tag wiederholt und führte wieder zu 100prozentiger
Mortalität.
Die Eisterblichkeit ab Stadium IB bis zum Stadium II lag über alle Temperaturen von 2°-
10°C zwischen 5,5% und 11,9%. Bei 2°C starben die meisten Eier, bei 7,4°C mit 5,5% die
wenigsten.
Innerhalb des Stadium III lag die Eisterblichkeit bei allen sieben Versuchstemperaturen
zwischen 0 und 0,7%. Als Stadium IV erreicht wurde, stieg die Sterblichkeit auf max. 4,5%
bei 4,7°C an, bei 10°C lag die Sterblichkeit bei 0,3%.
Beim Schlupf war bei den wärmeren Temperaturen von 8,7° und 10°C keine Sterblichkeit
festzustellen, zwischen 2° und 7,4° wurden jedoch Sterblichkeiten zwischen 1,1% (3,4°C) und
4,7% (6°C) beobachtet.
Von der Eiphase bis zum Schlupf betrugen die Überlebensraten zwischen 2°C und 10°C
zwischen 81,6% und 89,4% (Abb.11).

                                                  17
3.Ergebnisse

                               100                                                                              100
                                                                           2,0°C                                                                            3,4°C

                                                                                           Überlebensrate [%]
         Überlebensrate [%]
                                95                                                                               95

                                90                                                                               90

                                85                                                                               85

                                80                                                                               80

                                75                                                                               75
                                     IB     II   II-III   III   III-IV   IV Schlupf                                   IB     II   II-III   III   III-IV   IV Schlupf

                               100                                                                              100
                                                                           4,7°C                                                                            6,0°C
         Überlebensrate [%]

                                                                                           Überlebensrate [%]
                                95                                                                               95

                                90                                                                               90

                                85                                                                               85

                                80                                                                               80

                                75                                                                               75
                                     IB     II   II-III   III   III-IV   IV Schlupf                                   IB     II   II-III   III   III-IV   IV Schlupf

                               100                                                                              100
                                                                           7,4°C                                                                            8,7°C
          Überlebensrate [%]

                                                                                           Überlebensrate [%]

                                95                                                                               95

                                90                                                                               90

                                85                                                                               85

                                80                                                                               80

                                75                                                                               75
                                     IB     II   II-III   III   III-IV   IV Schlupf                                   IB     II   II-III   III   III-IV   IV Schlupf

                               100                                                                              100
                                                                          10,0°C                                                                           11,3°C
                                                                                                                 80
         Überlebensrate [%]

                                                                                           Überlebensrate [%]

                                95

                                                                                                                 60
                                90
                                                                                                                 40
                                85
                                                                                                                 20
                                80
                                                                                                                  0
                                75
                                     IB     II   II-III   III   III-IV   IV Schlupf                                   IB     II   II-III

                               100                                                                              100
                                                                          12,5°C                                                                           13,8°C
                                80                                                                               80
         Überlebensrate [%]

                                                                                           Überlebensrate [%]

                                60                                                                               60

                                40                                                                               40

                                20                                                                               20

                                 0                                                                                0

                                     IB     II   II-III                                                               IB     II   II-III

                                          Ontogenetisches Stadium                                                          Ontogenetisches Stadium

Abb. 10: Darstellung der Überlebensraten mit Mittelwert und Standardabweichung, der im Stadium IB eingesetzten
Dorscheier in den jeweiligen ontogenetischen Stadien bei den 10 verschiedenen Versuchstemperaturen. Zu beachten
ist die unterschiedliche Skalierung bei 11,3°C, 12,5°C und 13,8°C. Hier endet die Eientwicklung aufgrund einer
nahezu vollständigen Sterblichkeit im Stadium II.

                                                                                      18
3.Ergebnisse

3.1.4 Schlupfintervall

              12
                                                                 Schlupfintervall
                                                                 y=13,1533* e(-0,1201*x) r²=0,79
              10                                                  Probennahme

              8
                          *
Zeit [Tage]

              6

              4

              2

              0
                   2,0   3,4   4,7     6,0      7,4        8,7   10,0   11,3   12,5     13,8

                                             Temperatur [°C]

Abb. 11: Darstellung des Schlupfintervalls (Zeitpunkt des beobachteten ersten Schlupfes bis zum
Schlüpfen der letzten Larve) für alle Experimenttemperaturen und des Probennahmetages der
Schlupfprobe (Tag 0) der Dottersacklarven bei >50% Schlupf. * = durch eine vermutlich aufgrund schlechter
Wasserqualität verursachte hohe Mortalität, konnte keine weitere Beobachtung des Schlupfintervalls verfolgt
werden.

Das Schlupfintervall betrug bei 2°C mit 11 Tagen mehr als doppelt so lange wie bei 7,4°C
und 8,7°C mit jeweils 5 Tagen (Abb.12). Bei 10°C verkürzte sich dieser Zeitraum auf 4 Tage.
9 Tage dauerte es bei 4,7°C und ein Drittel weniger, nämlich 6 Tage bei 6°C. Bei 3,4°C
konnte der Schlupfzeitraum nur bis zum Tag 7 beobachtet werden, danach setzte eine,
vermutlich durch schlechte Wasserqualität induzierte, vollständige Mortalität ein.
Die Probennahme erfolgte, nachdem 50% der Larven geschlüpft waren. Nach 4 Tagen waren
50% der Larven bei 2°C Wassertemperatur geschlüpft, bei 3,4°C einen Tag früher.
Bei 6°C, 7,4°C, 8,7°C und 10°C wurde am Tag 2 des Schlupfintervalls 50% Schlupf
registriert.
Die Annahme einer exponentiellen Abnahme des Schlupfintervalls mit steigender Temperatur
ergab ein r² von 0,79. Die Beziehung konnte durch Streichung der Temperatur 3,4° auf einen
Anpassungskoeffizienten von r²=0,929 verbessert werden.
Da bei wärmeren Temperaturen (11,3°C, 12,5°C und 13,8°C) keine vollständige
Eientwicklung stattfand, erfolgte entsprechend auch kein Schlupf.

                                                      19
3.Ergebnisse

3.2 Dottersacklarven Entwicklung
3.2.1 Schlupflänge

             4,0
                   n=11   n=11      n=19      n=23       n=25      n=24      n=19

             3,9

             3,8

             3,7
Länge [mm]

             3,6

             3,5

             3,4

             3,3
                                     Mittelwert Standardlänge mit Standardabweichung
             3,2
                   2,0     3,4       4,7       6,0       7,4       8,7       10,0

                                       Temperatur [°C]
Abb. 12 : Einfluss der Temperatur auf die Schlupflängen, dargestellt als Mittelwerte mit
Standardabweichung für die sieben verschiedenen Temperaturen. Die jeweilige Anzahl n vermessener
Tiere ist angegeben.

In Abbildung 13 sind die Körperlängen, als Standardlänge gemessen, zum Schlupfzeitpunkt
der Larven als Mittelwerte mit Standardabweichungen dargestellt. Die Stichprobenanzahl für
die Mittelwerte lag zwischen 11 und 25 Tieren. Die Tiere schlüpften mit Längen zwischen
minimal 3,25 mm und maximal 4,05 mm über alle untersuchten Temperaturen.
Bei 2°C betrug die mittlere Länge 3,47 mm (± 0,20mm) und unterschied sich signifikant
(Tukeys HSD Test für ungleiche n, p
3.Ergebnisse

3.2.2 Längenwachstum

                     5,0
                               10,0°C
                     4,8       8,7 °C
                               7,4 °C
                               6,0 °C
                     4,6
                               4,7°C
                               3,4 °C
Standardlänge [mm]

                     4,4       2,0 °C

                     4,2

                     4,0

                     3,8

                     3,6

                     3,4

                     3,2
                           0   1   2    3       4   5      6     7        8   9     11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

                                                               Zeit [Tage]
Abb. 13: Längenwachstum der Larven über den Probennahmezeitraum bis 9 Tage nach Schlupf für
sieben Temperaturen. Bei 2°C und 3,4°C gab es noch Messungen (jeweils n=4) nach 19, bzw. 12 Tagen.
Die angegebenen Werte sind Mittelwerte mit Standardabweichungen und repräsentieren 11 < n < 26
Werte.

Betrachtet man die Anfangssteigungen unter der Annahme eines linearen Wachstums vom
Schlupftag (Tag 0) bis Tag 3 nach Schlupf, dann ist dieser Quotient ein relatives Maß für die
Geschwindigkeit der Längenzunahme (Tab.4). Je größer die Steigung, desto schneller ist die
erfolgte Längenzunahme. So konnte aus der Differenz der Längen unter Berücksichtigung der
vergangenen Zeit, ein täglicher Längenzuwachs (Tab.4) berechnet werden. Es stellt sich für
diese lineare Wachstumsannahme ein höheres Wachstum bei höheren Temperaturen dar.

Tab. 4: Darstellung der Steigung für die unterschiedlichen Versuchstemperaturen und der täglichen
Längenzunahme vom Schlupftag bis Tag 3 nach Schlupf. Berechnung des täglichen Längenzuwachses
durch (Lt2-Lt1)/(t2-t1), (L= Standardlänge, t1= Zeitpunkt Schlupftag, t2= Zeitpunkt Tag 3 nach Schlupf).

Temperatur [°C]                          2,0         3,4             4,7           6,0       7,4        8,7         10,0
Täglicher
Längenzuwachs[mm]                       0,085       0,109         0,042           0,138     0,183      0,170        0,210

Bei 4,7°C wurden die größte Schlupflänge und der geringste tägliche Zuwachs beobachtet.
Signifikant verschieden waren die Körperlängen der Larven zwischen den wärmeren (7,4°
bis 10°C) und kälteren Temperaturen (2° bis 4,7°C) am Tag 3 (n=99) nach Schlupf (Tab. 5).

                                                                     21
3.Ergebnisse

Tab. 5: Zusammenfassung der Signifikanz der Unterschiede in den Körperlängen zwischen den
Temperaturstufen an Tag 3 nach Schlupf. Tukeys HSD- Test für ungleiche n; *= signifikant
unterschiedlich p< 0,05; n. s.= nicht signifikant unterschiedlich

Temperatur [°C]            2,0      3,4      4,7      6,0      7,4      8,7          10,0
2,0                                 n. s.    n. s.    *        *        *            *
3,4                        n. s.             n. s.    n. s.    *        *            *
4,7                        n. s.    n. s.             *        *        *            *
6,0                        *        n. s.    *                 *        n. s.        n. s.
7,4                        *        *        *        *                 n. s.        n. s.
8,7                        *        *        *        n. s.    n. s.                 n. s.
10,0                       *        *        *        n. s.    n. s.    n. s.

Da die ANOVA Voraussetzung der Varianzen- Homogenität (Hartley F-max Test, p
3.Ergebnisse

                                        Tag 0 Schlupf                                                                                                      Tag 3

                         n=11    n=11   n=19        n=23         n=25   n=24    n=19                                 4,8
                   4,8                                                                                                     n=9         n=14        n=14         n=15         n=18         n=18    n=15

                   4,6                                                                                               4,6

                   4,4                                                                                               4,4

                                                                                                      Länge [mm]
   Länge [mm]

                   4,2
                                                                                                                     4,2

                   4,0
                                                                                                                     4,0
                   3,8

                                                                                                                     3,8
                   3,6

                                                                                                                     3,6
                   3,4

                   3,2                                                                                               3,4
                           2,0    3,4   4,7          6,0         7,4     8,7    10,0                                        2,0         3,4         4,7           6,0        7,4           8,7    10,0
                                               Temperatur [°C]                                                                                             Temperatur [°C]

                                               Tag 5                                                                                                       Tag 7

                          n=10   n=15   n=14        n=17         n=19    n=16    n=17                                      n=12       n=14         n=15         n=15         n=15         n=16    n=16
                   4,8                                                                                               4,8

                   4,6                                                                                               4,6

                   4,4                                                                                               4,4

                                                                                                        Länge [mm]
     Länge [mm]

                   4,2                                                                                               4,2

                   4,0                                                                                               4,0

                   3,8                                                                                               3,8

                   3,6                                                                                               3,6

                   3,4                                                                                               3,4
                           2,0    3,4    4,7         6,0          7,4    8,7    10,0                                        2,0          3,4         4,7          6,0         7,4          8,7    10,0

                                               Tag 9                                                                                                      Tag 9
                                                                                                                0,048
                                                                                                                           Trockengew icht [mg] = Distanz-gew ichtete Kleinste Quadrate
                  4,8                                                                                           0,046

                                                                                                                0,044       n=6         n=10        n=8           n=11       n=12          n=13   n=10

                  4,6                                                                                           0,042
                                                                                          Trockengewicht [mg]

                                                                                                                0,040
                  4,4
                                                                                                                0,038
Länge [mm]

                  4,2                                                                                           0,036

                                                                                                                0,034
                  4,0                                                                                           0,032

                                                                                                                0,030
                  3,8
                                                                                                                0,028

                         n=11    n=13   n=12        n=15         n=15    n=15     n=15                          0,026
                  3,6
                                                                                                                0,024

                  3,4                                                                                           0,022
                          2,0    3,4     4,7         6,0          7,4     8,7    10,0                                       2,0          3,4        4,7           6,0        7,4           8,7    10,0

                                           Temperatur [°C]                                                                                            Temperatur [°C]

Abb. 14: Darstellung der Standardlängen für sieben Versuchstemperaturen für den Schlupftag 0, die
Tage 3, 5, 7 und 9 nach Schlupf und die Trockengewichte an Tag 9. Die Trendlinien wurden mittels
distanzgewichteter K-Q-Glättung (Kleinstquadratregressionsglättung) berechnet. n beschreibt die
Anzahl der Messwerte pro Temperatur und Tag.

                                                                                         23
3.Ergebnisse

In Abbildung 15 sind außer den Standardlängen für jede Temperatur im Tagesvergleich auch
die Trockengewichte an Tag 9 dargestellt. Zur besseren Visualisierung der
Längenentwicklung wurden die Trendlinien mittels Distanz gewichteter K-Q-Glättung
eingefügt. Am Tag 3 zeigt sich für alle Temperaturen ein Anstieg der Standardlänge, für
signifikante Unterschiede vgl. Tabelle 3. An Tag 5 setzte sich dieser Trend insbesondere bei
den niedrigeren Temperaturen fort. Bei 10°C erreichten die Larven ihre Maximallänge. Nach
7 Tagen fand noch von 2° C bis zu 7,4°C eine Längenzunahme statt. Diese Zunahme
stagnierte bereits bei wärmeren Temperaturen. An Tag 9 nach Schlupf erreichten die bei 6°C,
7,4°C und 8,7°C inkubierten Larven ihr Längenmaximum. Ein anhaltendes Längenwachstum
erfolgte weiterhin im unteren Temperaturbereich. Betrachtet man dazu die Entwicklung des
Trockengewichtes für Tag 9, so konnte allerdings bereits bei 6°C eine deutliche
Gewichtsreduktion, verglichen mit den kälter inkubierten Larven, beobachtet werden.

                                            24
3.Ergebnisse

3.2.3 Dottersackfläche

                         3,5

                         3,0
Dottersackfläche [mm²]

                         2,5

                         2,0

                         1,5

                                    2,0°C
                         1,0        3,4°C
                                    4,7°C
                                    6,0°C
                         0,5        7,4°C
                                    8,7°C
                                   10,0°C
                         0,0
                               0   1        2   3   4        5        6   7   8   9    10

                                                        Zeit [Tage]
Abb. 15: Dottersackflächen-Abnahme über die Zeit bei verschiedenen Temperaturen. Jeder Punkt
repräsentiert den Mittelwert mit Standardabweichung aus 5 Parallelen mit jeweils n=1-4 Messwerten.
Die Verbindungslinien dienen der besseren Visualisierung der Trends.

In Abbildung 16 werden die Werte der Dottersackflächen für die beprobten Tage dargestellt.
Tag 0 repräsentiert die Dottersackfläche am Schlupftag. Für die prozentuale Größenabnahme
der Flächen wird auf Tabelle 7 verwiesen. Dort ist sowohl der prozentuale Anteil der
Dottersackfläche dargestellt, der seit dem Schlupftag verbraucht wurde, als auch die tägliche
prozentuale Abnahmerate unter Annahme eines linearen Verbrauchs. So nimmt die
Dottersackfläche als Indikator für den Dotterverbrauch mit steigender Temperatur ab (Tab.7).
Nach 9 Tagen wurde dreieinhalbmal soviel Fläche bei 10°C verbraucht, als bei 2°C
Inkubationstemperatur. Bei 3,4°C bis 6°C lag der Dotterverbrauch auf mehr oder weniger
ähnlichem Niveau, jedoch war auch in diesem Temperaturbereich der höhere Verbrauch bei
der höheren Temperatur feststellbar.

                                                            25
3.Ergebnisse

Die täglichen Abnahmeraten unterschieden sich bei den wärmsten (8,7°, 10°C) Temperaturen
kaum (9,1% und 9,5 % pro Tag) voneinander. 2°C als kälteste Temperatur hob sich deutlich
von den anderen ab. Zwischen 4,7° und 6°C existierte nur ein sehr geringer Unterschied
(Tab.7).

Tab. 7 : Darstellung der verbrauchten Dottersackfläche in Prozent vom Ausgangswert gemessen am
Schlupftag. Die Angaben sind für jeden Probenahme Tag dargestellt. Unter der Annahme einer linearen
Beziehung erhält man die unten dargestellten täglichen prozentualen Abnahmen der Dottersackflächen.

  Prozentualer
    Anteil des         2,0°C      3,4°C      4,7°C     6,0°C       7,4°C      8,7°C     10,0°C
 Dotterverbrauchs

   nach 3 Tagen          1         22         24          13         20         28         35

   nach 5 Tagen          14        34         35          31         39         53         62

   nach 7 Tagen          14        37         44          42         57         62         76

   nach 9 Tagen          23        45         56          58         76         82         85

     Tägliche
    Prozentuale         2,6        5,0        6,3        6,5        8,4        9,1        9,5
     Abnahme

                                                26
3.Ergebnisse

 3.2.4 Maulöffnung

 Einhergehend mit der Messung der Körperproportionen an jedem Probennahme- Tag, erfolgte
 auch die Beobachtung des Zeitpunktes der ersten Maulöffnung (siehe Abbildung 17). Im
 Temperaturbereich von 2°C bis 10°C benötigten Dorschlarven zwischen 3 und 9 Tagen bis
 zum Durchbruch des Mauls. Über alle Temperaturen betrachtet, betrug die Standardlänge zu
 diesem Zeitpunkt 4,22 (±0,05) mm.

                                10
                                                               y= 12,188* e(-0,164*x) r²= 0,946
                                9

                                8
Zeit in Tagen bis Maulöffnung

                                7

                                6

                                5

                                4

                                3

                                2

                                1

                                0
                                     2,0   3,4   4,7     6,0         7,4    8,7       10,0

                                                   Temperatur [°C]
 Abb. 16 : Darstellung der Zeitpunkte der ersten Maulöffnung bei den Dorschlarven bei verschiedenen
 Aufzuchtstemperaturen. Die Kontrollen auf Öffnung fanden beim Schlupf (Tag 0), nach 3, 5, 7 und 9
 Tagen anhand der Auswertung des digitalen Bildmaterials statt. Eine exponentielle Anpassung der Form
 y = 12,188* e(-0,164* x) ergab einen Korrelationskoeffizienten von r²= 0,946

 Die Öffnung des Mauls fand bei den in wärmerem Wasser inkubierten Larven früher statt, als
 bei den kälter aufgezogenen Larven.
 Bei 10°, 8,7°, und bei 7,4°C war dies am Tag 3 nach Schlupf zu beobachten. Bei 6° und 4,7°C
 war die Maulöffnung am Tag 5 feststellbar. Mehr als zweimal so lange wie bei 7,4 °C,
 dauerte es bei einer Inkubationstemperatur von 3,4°C. Nach 7 Tagen konnte der
 Mauldurchbruch beobachtet werden. Die längste Zeit benötigten die bei in 2°C
 Wassertemperatur aufgezogenen Larven. Nach 9 Tagen erfolgte hier die Maulöffnung.
 Die Anpassung der Exponentialfunktion y= 12,188* e(-0,164*x) für die Zeitpunkte der
 Maulöffnung bei verschiedenen Entwicklungstemperaturen ergab ein r²=0,946.

                                                          27
3.Ergebnisse

3.2.5 Überlebensdauer

Die verschiedenen Temperaturen führen zu einer unterschiedlichen maximalen
Überlebensdauer der Dorschlarven im Hungerzustand. So nahm mit ansteigender Temperatur
die Lebensdauer in Tagen ab (siehe Abbildung 18). Die Beziehung kann mit einer
exponentiellen Gleichung der Form y= 50,547* e(-0,1148*x) mit einem r²= 0,985 beschrieben
werden.

              45

              40

              35
                   n=4
              30
Zeit [Tage]

                             n=2
              25
                                        n=5

                                                  n=6
              20
                                                              n=6
              15                                                         n=6
                    mittlere maximale Überlebensdauer
                    Maximalwerte
              10                  (-0,1148 * x)                                     n=6
                    y= 50,547 * e
                     2
                    r = 0,985
              5
                   2,0       3,4       4,7        6,0         7,4        8,7       10,0

                                          Temperatur [°C]
Abb. 17 : Darstellung der maximalen (seitlich versetzte weiße Punkte) und der durchschnittlichen
maximalen Überlebensdauer (schwarze Punkte) von Dorschlarven im Hungerzustand bei 7
verschiedenen Temperaturen. Die Anzahl der Werte (n) die die Mittelwerte und die
Standardabweichungen ergeben, sind unterhalb der Punkte angegeben. Jedes n steht für ein Replikat.
Berechnung der Regressionsgleichung nach einer exponentiellen Funktion der Form y = 50,547* e(-0,1148* x)
mit einem Korrelationskoeffizienten r²=0,985.

Bei 2°C überlebte eine Larve 41 Tage lang ohne Nahrung. Das ist dreimal so lange, wie die
durchschnittliche maximale Lebensdauer bei 10°C. Die Lebensdauer zwischen 3,4°C und
4,7°C unterschied sich kaum, allerdings überlebte die letzte Larve bei 4,7°C 2 Tage länger als
bei 3,4°C, nämlich 35 Tage.
Die durchschnittliche maximale Lebensdauer betrug bei 6°C 26,8 Tage und bei 7,4°C
Wassertemperatur 21,7 Tage. Die letzten Larven starben nach 28 bzw. 23 Tagen. 20 Tage
lebte die letzte Larve bei 8,7°C, wobei die maximale durchschnittliche Sterblichkeit nach 18
Tagen eintrat. Bei der wärmsten untersuchten Temperatur überlebten die Larven
durchschnittlich nur die Hälfte der Zeit, die Dorschlarven bei 6°C überleben konnten. Die
letzte Larve starb bei 10°C nach 17 Tagen.

                                                   28
4.Diskussion

4 Diskussion

4.1 Methodendiskussion
Die Temperaturkonstanz, insbesondere während der ersten 24 Tage des Experimentes, war im
Temperatur-Gradienten-Block gegeben. Allerdings sollte sich die Raumtemperatur im
Bereich der experimentell verwendeten Temperaturen bewegen, um den Gradienten zwischen
Luft- und Wassertemperatur und die Verdunstung möglichst gering zu halten.
Das Design der verwendeten Anlage ermöglicht eine große Anzahl an Replikaten je
Temperatur, dies vereinfacht und erhöht die Qualität der statistischen Auswertung.
Die Versuchsbedingungen waren dem zur Verfügung stehenden Zeitrahmen angepasst.

Die geringe Verdunstung in den Bechergläsern wurde durch das Auffüllen von
vortemperiertem Wasser ausgeglichen, somit ergab sich aber eine geringe Erhöhung des
Salzgehaltes. Nissling und Westin (1991b) berichteten von einem höheren Schlupferfolg des
Ostseedorsches bei mehr als 10 psu, verglichen mit 7 psu, wobei nur eine geringe Anzahl an
Larven schlüpfte, bzw. bei 5 psu, bei denen kein Schlupf erfolgte. Westernhagen (1970) fand
für die Entwicklungsdauer von Eiern des Beltseedorsches keine signifikanten Unterschiede
zwischen 15 und 20 psu Salzgehalt. Da in der vorliegenden Studie zu Versuchsbeginn eine
Salinität von über 16 psu verwendet wurde, und im Laufe des Versuches wohl lediglich eine
geringe Erhöhung des Salzgehaltes stattgefunden hat, wird der Einfluss der Salinität auf die
Ergebnisse als eher gering eingestuft.

Ein weiterer schwer zu kontrollierender abiotischer Faktor ist die Sauerstoffversorgung der
einzelnen Bechergläser. Eine aktive Belüftung wurde nicht durchgeführt, es fand
ausschließlich ein Gasaustausch an der Wasseroberfläche jedes Becherglases statt. Die
geringe Besatzdichte und das tägliche Entfernen von toten Eiern, leeren Eihüllen sowie toter
Larven, sollte die Wasserqualität in einem guten Zustand halten. Zumindest einmal täglich
fand durch die Temperaturmessung eine Durchmischung des Wasserkörpers statt. Eine
Abschätzung des Sauerstoffeinflusses in diesem Experiment ist schwer möglich, jedoch sind
die Entwicklungszeiten der Eier in diesem Experiment, in dem Temperaturbereich von 2,0°
bis 10,0°C, vergleichbar mit denen von Westernhagen (1970) und Wieland (1995), die ihre
Versuche unter kontrollierten Sauerstoffbedingungen durchführten. Bei 11,3°, 12,5° und
13,8°C fand kein Schlupf statt, alle Eier starben vorher. Dieser Versuch wurde einmal
repliziert, dabei wurde bei 3 Replikaten auf eine Abdeckung verzichtet, um einen Einfluss der
Abdeckung auf die Sauerstoffversorgung in den Bechergläsern auszuschließen. Auch dort
starben alle Eier. Westernhagen (1970) beobachtete bei Temperaturen über 10°C ebenfalls
keine Eientwicklung beim Beltseedorsch bis zum Schlupf. Ob im Temperaturbereich über
10°C beim Ostseedorsch keine finale Eientwicklung stattfindet, oder ob die beobachtete
Sterblichkeit auf fehlende Sauerstoffversorgung zurückzuführen ist, kann nicht abschließend
beurteilt werden.

Ein weiterer kontrollierter Faktor ist die Beleuchtung der Versuchsansätze. Sie erfolgte in
einem 12 Stunden hell / dunkel Rhythmus. Unter der Abdeckung erreichte auch im Hell-
Rhythmus nur minimales Streulicht die Eier bzw. die Larven in den Bechergläsern. Nissling
(1998) zeigte, dass nach Einsetzen des ersten Schlupfes, die Länge des Schlupfintervalles
durch Dunkelheit wesentlich verkürzt werden kann. Aus logistischen Gründen konnte aber
nur einmal täglich auf Schlupf (sind 50% erreicht?) geprüft werden, das Beleuchtungsschema
blieb deshalb unverändert. Der Schlupfzeitpunkt der Larven wurde bei 50% erfolgten Schlupf
definiert (z.B. Westernhagen 1970; Laurence und Rogers 1976; Wieland 1995; Nissling
                                             29
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