Pocket BRANDSCHUTZ KOMPAKTE INFOS ZU BRANDSCHUTZ-ANFORDERUNGEN AN DÄMMSTOFFE - calostat
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© FeuerTrutz Network GmbH, Köln 2021 Alle Rechte vorbehalten Sonderproduktion für Evonik Operations GmbH Das Werk einschließlich seiner Bestandteile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Autoren: Hanno Werning (Kapitel „Bauordnungsrechtliche Anforderungen an Wärmedämmstoffe“), Gabriele Gärtner, Frank Gmach, Oliver Jung (alle weiteren Kapitel) Fotos und Abbildungen: © Cloud N°7 GmbH (S. 21), © Encon Group (S.24), © Evonik (alle übrigen Fotos und Abbildungen) Haftung: Das vorliegende Werk wurde mit größter Sorgfalt erstellt. Verlag und Autoren können dennoch für die inhaltliche und technische Fehlerfrei- heit, Aktualität und Vollständigkeit des Werkes keine Haftung übernehmen. FeuerTrutz Network GmbH Evonik Operations GmbH Stolberger Straße 84 Rodenbacher Chaussee 4 50933 Köln 63457 Hanau-Wolfgang Telefon +49 221 5497-500 Telefon +49 6181 59-5200 Telefax +49 221 5497-140 Telefax +49 6181 59-75200 info@feuertrutz.de calostat@evonik.com www.feuertrutz.de www.calostat.de
Inhalt 3 Inhalt Einleitung............................................................................................................ 4 Bauordnungsrechtliche Anforderungen an Wärmedämmstoffe hinsichtlich des Brandschutzes......................................................................... 6 Brandverhalten.......................................................................................... 6 Besonderheit Glimmverhalten................................................................ 8 Dicke, Dichte und Schmelzpunkt .......................................................... 10 Fazit ......................................................................................................... 12 Anforderungen an den Brandschutz von Dämmstoffen in technischen Normen..................................................................................... 18 Praxisbeispiele..................................................................................................... 22 Nicht brennbare Fassadendämmung...................................................... 22 Nicht brennbare Dachdämmung ........................................................... 24 Tiefgaragen- / Kellerdeckendämmung................................................... 25 Reihenhäuser............................................................................................. 26
4 BRANDSCHUTZ pocket – Dämmung Einleitung Dämmung und Brandschutz haben eines gemeinsam: die Regelungen, Normen und Anforderungen wurden in den letzten Jahren immer ausgefeilter. Sach- lich betrachtet ist das durchaus sinnvoll, denn eine gute Dämmung hilft Ener- gie, CO₂ und insbesondere Geld einzusparen. Darüber hinaus schützt ein guter Brandschutz Leib und Leben der Menschen sowie Sachwerte in einem Gebäude. Vor eine große Herausforderung stellt dieser Umstand Planer und Architekten aber dennoch, denn Dämmung und Brandschutz sind oft nicht leicht zu ver- einbaren. So kann die Dämmung von Gebäuden die Brandlast, z. B. an den Fassaden, erheblich erhöhen. Die grundsätzlichen brandschutztechnischen Anforderungen an die Fassaden eines Gebäudes ergeben sich aus der jewei- ligen Gebäudeeinstufung in den Landesbauordnungen. Dabei ist das grund- sätzliche Schutzziel einer Begrenzung der Brandausbreitung in diesen Bau- teilen zu berücksichtigen und eine Minimierung von Brandlasten auf den Fassaden zu gewährleisten. Zugleich werden vom Gesetzgeber energetische Nachrüstungsmaßnahmen vor allem zur Einsparung von Heizenergie für bestehende Gebäude gefordert. Dazu kommen oft entflammbare oder schwer entflammbare Dämmstoffe ins Spiel. Viele besonders gut dämmende Materialien werden weiterhin aus Erdöl her- gestellt. Sie werden daher auch als organische Dämmmaterialien bezeichnet. Ihre chemische Abstammung zeigt sich, wenn es um das Brandverhalten geht. Organische Dämmstoffe erreichen bestenfalls die Brandverhaltensklasse B. Eine andere Gruppe von Dämmstoffen basiert auf mineralischen Rohstoffen wie z.B. Silizium oder Kalzium, weswegen sie mineralische Dämmstoffe genannt werden. Der größte Vorteil dieser Materialien ist ihre Nichtbrenn- barkeit. Dazu gehören bekannte Vertreter wie Mineralwolle sowie auch neu entwickelte Hochleistungsdämmstoffe auf Basis von Siliziumdioxid. Spätestens seit dem verheerenden Brand des Grenfell-Tower in London und weiteren Brandereignissen weltweit ist allen Beteiligten klar: nur nicht brenn- bare Baumaterialien und insbesondere Dämmstoffe bieten die Sicherheit, die sich die Menschen von ihren Wohnungen und Arbeitsplätzen wünschen.
Einleitung 5 Verstärkt wird diese Entwicklung nicht nur durch die strengere Gesetz- gebung und Prüfnormen, z. B. bei Brandriegel und Sockelbrand-Prüfverfahren für WDVS mit EPS, sondern auch durch besonnene Bauherren oder Ver- sicherungen. Beispielsweise in Großbritannien und Frankreich fordern Ver- sicherungsunternehmen bereits deutlich teurere Policen für mehrgeschossige Gebäude, wenn die Bauherrschaft brennbare oder schwer entflammbare Mate- rialien verwendet. In diesem Brandschutz Pocket „Dämmung“ erfahren Sie mehr über die bau- aufsichtlichen Anforderungen an Wärmedämmstoffe in Bezug auf den Brand- schutz und die entsprechenden Normen und technischen Regeln. Ebenso zeigen ausgewählte Anwendungsbeispiele gelungene Dämmung, die sowohl den Anforderungen an den Wärmeschutz als auch an den Brandschutz gerecht werden.
6 BRANDSCHUTZ pocket – Dämmung Bauordnungsrechtliche Anforderungen an Wärmedämmstoffe hinsichtlich des Brandschutzes Die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an einen Wärmedämmstoff hängen – ebenso wie bei fast allen anderen Bauprodukten – von zahlreichen Kriterien ab. Sie lassen sich nicht pauschal angeben, sondern müssen stets im Zuge der Planung für ein spezifisches Bauwerk und die jeweilige Ein- bausituation ermittelt werden. Hier wird für Anforderungen an werkmäßig hergestellte Dämmstoffe im Hochbau hinsichtlich des Brandschutzes eine Hilfe gegeben, wie die jeweiligen Anforderungen ermittelt werden. Für an der Verwendungsstelle hergestellte Dämmstoffe und für Wärmedämmstoffe für die technische Gebäudeausrüstung und für betriebstechnische Anlagen in der Industrie können weitere oder andere Regeln gelten, die Prinzipien sind jedoch die gleichen. Tabelle 1 zeigt die stufenweise Konkretisierung der bau- aufsichtlichen Anforderungen in Bezug auf die Grundanforderung an Bau- werke Nr. 2 nach der Bauproduktenverordnung (BauPVO – Verordnung (EU) Nr. 305/2011), Brandschutz. Brandverhalten Im Brandschutz ergeben sich Anforderungen an das Brandverhalten von Dämmstoffen häufig unmittelbar aus den Bauordnungen der Länder, aber auch mittelbar aus (aufgrund der Bauordnungen erlassenen) Sonderbauvorschriften und Technische Baubestimmungen für Planung, Bemessung und Ausführung. In Tabelle 4 (siehe Seite 16/17) sind (Standard-) Anforderungen an das Brand- verhalten von Dämmstoffen und die jeweilige Grundlage der entsprechenden Muster-Vorschriften zusammengestellt (ohne Anspruch auf Vollständigkeit). Wie für alle Bauprodukte ergeben sich die Anforderungen verbal, in der Form „nichtbrennbar“, „schwerentflammbar und nicht brennend abfallend oder abtropfend“, „schwerentflammbar“ oder „normalentflammbar“. Die Techni- sche Regel A 2.2.1.2 „Bauaufsichtliche Anforderungen, Zuordnung der Klas- sen, Verwendung von Bauprodukten, Anwendung von Bauarten“ (Anhang 4
Bauordnungsrechtliche Anforderungen 7 der MVV TB) ordnet diese Bauordnungs-Formulierungen den verschiedenen Klassen für das Brandverhalten von Baustoffen nach EN 13501-1 (sog. „Euro- klassen“) und DIN 4102-1 zu. Für Dämmstoffe nach harmonisierten technischen Spezifikationen (also mit Leistungserklärung und CE-Kennzeichnung aufgrund einer nach BauPVO harmonisierten Produktnorm oder Europäischer technischer Bewertung) kann das Brandverhalten in der Leistungserklärung nur in Euroklassen angegeben werden. Tabelle 3 (siehe Seite 15) stellt die Zuordnungen in Anlehnung an MVV TB 2020/1 Anhang 4 Tabelle 1.2 zusammen. Es handelt sich stets um „Mindest“-Anforderungen, entsprechend sind „bessere“ Klassen jeweils möglich. Die Wahl einer „besseren“ Klasse setzt allerdings die Kennt- nis des Klassensystems voraus. Deswegen sind in der Tabelle auch alle weite- ren möglichen Euroklassen angegeben (insgesamt 39 Stück; Klasse F „leicht- entflammbar“ ist nicht enthalten – diese Produkte dürfen in Deutschland nicht verwendet werden, sofern nicht nachgewiesen wird, dass sie in Ver- bindung mit anderen Bauprodukten mindestens normalentflammbar sind). Dämmstoffe mit nationalem Verwendbarkeitsnachweis, z.B. einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung, können auch weiterhin nach DIN 4102-1 klassi- fiziert werden. Tabelle 2 (siehe Seite 14) zeigt die Zuordnung bauaufsichtlicher Anforderungen zu den Klassen nach DIN 4102-1. Auch hier gilt, allerdings schon seit MVV TB 2017/1: Gegenüber der früheren Zuordnung der Bauregel- liste sind Bauprodukte der Klasse B1 nicht mehr „schwerentflammbar“, wenn mit der Klassifizierung „starke Rauchentwicklung“ angegeben ist. Dämm- stoffe für Wärme- und Schallschutz als „geregelte“ Bauprodukte nach Techni- schen Baubestimmungen sind in MVV TB 2020/1 C 2 nicht mehr enthalten. Hinweis Im vorliegenden Beitrag wird auf die Musterbauordnung (MBO 2002, zuletzt geändert 27.09.2019) oder sonstige Muster-Vorschriften Bezug genommen. Für die tägliche Baupraxis sind stets die Regelungen der jeweiligen Landes- bauordnung maßgebend, die den erwähnten Vorgaben der MBO ent- sprechen. Angaben zur MVV TB beziehen sich auf die Ausgabe 2020/1, auch hier sind im Einzelfall die landespezifischen VV TB zu beachten.
8 BRANDSCHUTZ pocket – Dämmung Bei der Zuordnungstabelle für die Euroklassen ist besonders darauf hin- zuweisen, dass die Zuordnung mit der MVV TB 2019/1 gegenüber den ehemaligen Zuordnungen nach MVV TB 2017/1 und früherer Bauregel- liste geändert worden ist: Damit Baustoffe als schwerentflammbar gelten, müssen sie hinsichtlich der Brandnebenerscheinung „Rauchentwicklung“ mindestens „s2“ klassifiziert sein. Dadurch können heute auch Bauprodukte mit der Euroklasse „A2“ als (nur) „normalentflammbar“ gelten, wenn Sie A2-s3 klassifiziert sind. Als Merksatz kann gelten: „Bauprodukte die „s3“ klassifiziert sind oder die Klassen D oder E haben, sind (nur) normalent- flammbar.“ Besonderheit Glimmverhalten Die MVV TB fordert in Abschnitt A 2.1.2.1: „Bei baulichen Anlagen oder Teilen von baulichen Anlagen, bei denen die Anforderungen nichtbrennbar oder schwerentflammbar gestellt werden, ist sicherzustellen, dass es nicht durch unbemerktes fortschreitendes Glimmen und/oder Schwelen zu einer Brandaus- breitung kommen kann.“ In den Abschnitten A 2.1.2.2 und A 2.1.2.3 wird das nochmals bekräftigt. Für Bauprodukte, die bei Klassifizierung nach DIN 4102-1 die Klassen A1, A2 oder B1 (also die bauaufsichtlichen Anforderungen nichtbrennbar oder schwerentflammbar) erreicht haben, galt und gilt das automatisch als erfüllt. Das Glimmverhalten ist jedoch in der Klassifizierung nach EN 13501-1 nicht berücksichtigt, in der Zuordnungstabelle MVV TB 2020/1 Anhang 4 Tabelle 1.2 ist zusätzlich darauf hingewiesen. Es ist in eini- gen harmonisierten Normen für Dämmstoffe bereits ein separates wesent- liches Merkmal. Allerdings befand sich das zugehörige Prüfverfahren bei der letzten Revision der betreffenden Produktnormen noch in der Entwicklung, so dass derzeit (Stand September 2021) im Rahmen von Leistungserklärung und CE-Zeichen formal keine Leistungsangabe zum Glimmverhalten mög- lich ist. Die Prioritätenliste des DIBt weist entsprechend in ihrer Fassung vom 01.06.2021 für eine Reihe von Bauprodukten darauf hin, dass das „Glimm- verhalten“ in Verwendungsbereichen, in denen die Anforderung schwerent- flammbar oder nichtbrennbar besteht, nach der jeweiligen technischen Spezi- fikation bisher nicht erklärt werden kann.
Bauordnungsrechtliche Anforderungen 9 Neben anderen „glimmgefährdeten“ Produkten betrifft dies folgende werk- mäßig hergestellte Dämmstoffe (ohne Dämmstoffe für die TGA und betriebs- technische Anlagen in der Industrie, die auch betroffen sein können): ]] EN 13162 – Dämmstoffe aus Mineralwolle ]] EN 13168 – Dämmstoffe aus Holzwolle ]] EN 13170 – Dämmstoffe aus expandiertem Kork ]] EN 13171 – Dämmstoffe aus Holzfasern Wo solche Dämmstoffe in Deutschland nichtbrennbar oder schwerentflamm- bar sein müssen, ist deswegen ein zusätzlicher Nachweis erforderlich, dass das Bauprodukt „nicht glimmt oder schwelt“. Als Möglichkeit zur Erklärung der Leistung nennt die Prioritätenliste wahlweise eine Europäische Techni- sche Bewertung (ETA als „Erweiterung“ einer nach BauPVO harmonisier- ten Produktnorm um das wesentliche Merkmal „Glimmverhalten“) oder einen Prüfbericht nach EN 16733:2016. Für andere Produkte als Mineral- wolle-Dämmstoffe (EN 13162) dürfen laut Prioritätenliste auch noch „ehe- malige Dokumentationsunterlagen“ für den Nachweis des Nicht-Glim- mens genutzt werden, also z. B. früher erteilte allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen für nichtbrennbare oder schwerentflammbare Dämmstoffe, die heute nicht mehr Grundlage einer (zusätzlichen) Ü-Kennzeichnung von Bau- produkten nach harmonisierten Normen sein dürfen. Zu Dämmstoffen mit „ausschließlich“ ETA, für die es also keine Ausgangsproduktnorm gibt, erfolgt keine Aussage in der Prioritätenliste oder der MVV TB. Hier ist im Einzelfall zu prüfen, ob aufgrund der Art des Dämmstoffes von einer Glimmgefährdung auszugehen ist und damit ein Nachweis zum Glimmverhalten benötigt wird.1 Wo die genannten Dämmstoffe nichtbrennbar oder schwerentflammbar sein müssen, ist also darauf zu achten, Dämmstoffe auszuwählen, die nicht nur eine Leistungserklärung mit einer entsprechenden Euroklasse des Brandver- haltens haben, sondern für die vom Hersteller zusätzlich (und „freiwillig“) angegeben wird, dass sie nicht glimmen. Dies kann in einem der zuvor genannten Formate erfolgen. Wird ein Prüfbericht vorgelegt oder werden ehemalige Dokumentationsunterlagen genutzt, sollten die Verwender der 1 Ausführlich zum Glimmverhalten: Werning/Denkl/Moarcas: Hintergründe zum Nachweis des Glimmverhaltens für bestimmte Baustoffe; Bauphysik 41 (2019), Heft 2, S. 79-85.
10 BRANDSCHUTZ pocket – Dämmung Baustoffe vom Hersteller zivilrechtlich eine Bestätigung fordern, dass die gelieferten Produkte mit den geprüften Produkten übereinstimmen. Wenn die genannten Dämmstoffe in der konkreten Verwendung nur normalentflamm- bar sein müssen, ist ein Nachweis des Nicht-Glimmens nicht erforderlich. Dicke, Dichte und Schmelzpunkt Im Zusammenhang mit Grundanforderung an Bauwerke „Brandschutz“ gibt es allerdings noch weitere „aufgrund dieses Gesetzes“, d. h. aufgrund der Bauordnung, festgelegte Anforderungen im Sinne von MBO § 16c. DIN 4102-4:2016-05 „Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Teil 4: Zusammenstellung und Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile“ ist unter Nr. A 2.2.1.3 als „Technische Anforderungen hin- sichtlich Planung, Bemessung und Ausführung“ in der MVV TB 2020/1 angegeben. Die darin beschriebenen Wand- und Deckenkonstruktionen sind „Bauarten auf Grundlage von Technischen Baubestimmungen nach § 85 a Absatz 2 Nr. 2“ im Sinne von MBO § 16a. Für zahlreiche Konstruktionen, insbesondere aus dem Trockenbau und dem Holzbau (DIN 4102-4:2016-05 Abschnitt 10), ist der Einsatz von Dämmstoffen aus Mineralwolle nach DIN EN 13162 vorgesehen. Aus brandschutztechnischer Sicht werden an diese Dämmstoffe meist Anforderungen an die (Nenn-)Dicke und die Dichte gestellt, sie müssen nichtbrennbar sein und einen Schmelzpunkt ≥ 1.000 °C haben – und das bereits seit der Ausgabe von 1981, also schon vor der Ein- führung der Bauproduktenrichtlinie. Weiterhin ist die „Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an hochfeuerhemmende Bau- teile in Holzbauweise – M-HFHHolzR:2004-07“ in der MVV TB 2020/1 unter Nr. A 2.2.1.4 als Technische Baubestimmung für „Technische Anforderungen hinsichtlich Planung, Bemessung und Ausführung“ verankert. Sie fordert in ihrem Abschnitt 3.1.2 nicht nur, dass die in hochfeuerhemmenden Holz- bauteilen verwendeten Dämmstoffe nichtbrennbar sein müssen, sondern auch, dass sie einen „Schmelzpunkt ≥ 1.000 °C gemäß DIN 4102-17“ haben müssen. Auch die Lüftungsanlagenrichtlinie und die Leitungsanlagenricht- linie (LüAR bzw. LAR, MVV TB A 2.2.1.11 bzw. A 2.2.1.8) stellt für bestimmte Verwendungen eine entsprechende Anforderung. In der LAR wird allerdings die Bezeichnung „Schmelztemperatur“ anstelle von Schmelzpunkt genutzt.
Bauordnungsrechtliche Anforderungen 11 Die Dicke ist ein wesentliches Merkmal der Produkte und kann der Leistungs- erklärung und CE-Kennzeichnung entnommen werden. Die benötigten Grenzabmaße der Dicke (ausgedrückt durch „Toleranzklassen“) ergeben sich in Abhängigkeit vom Anwendungsbereich aus DIN 4108-10. Die Dichte, die – wie von den die Grundlage der DIN 4102-4 bildendenden und zahlreichen weiteren Brandprüfungen her bekannt – ebenfalls den Feuer- widerstand von Bauteilen beeinflusst, ist kein wesentliches Merkmal für Mineralwolledämmstoffe nach EN 13162, kann also nicht in der Leistungs- erklärung angegeben oder ihr entnommen werden. Mehr noch, die Produkt- norm enthält nicht mal einen Hinweis auf die (existierende) Prüfnorm DIN EN 1602 „Wärmedämmstoffe für das Bauwesen – Bestimmung der Rohdichte“. Es ist insofern bemerkenswert, dass die Prioritätenliste des DIBt – trotz seit Langem bestehender Anforderungen in Technischen Baubestimmungen – die Dichte nicht als „fehlendes wesentliches Merkmal“ aufführt. Möglicher- weise gehen die Verfasser der Prioritätenliste davon aus, dass die Dichte ver- hältnismäßig einfach vom Produktverwender selbst ermittelt werden kann. Während das für vor Ort vorhandene Dämmstoffe noch möglich sein mag (wenn auch nicht ohne Weiteres „normgerecht“), ist es doch keine geeignete Grundlage für die Produktauswahl im Zuge der Beschaffung. In diesem Fall kann sich ein Käufer also zunächst nur auf die Angaben des Herstellers z. B. in Produktdatenblättern verlassen und diese zum „Nachweis“ der Erfüllung der Anforderung heranziehen. Der „Schmelzpunkt“ von Mineralwolldämmstoffen ist streng genommen kein „Schmelzpunkt“ aus der Materialwissenschaft, sondern ein Ausdruck für eine bestimmte Beständigkeit auch nach 90 Minuten Brandbeanspruchung gemäß Einheits-Temperatur/Zeit-Kurve (ETK). Für einige Verwendungen – siehe oben – wird diese Beständigkeit, ausgedrückt als „Schmelzpunkt ≥ 1000°C“, gefordert. Dieses Merkmal von (Mineralwoll-) Dämmstoffen ist bisher kein „Wesentliches Merkmal“ in der betreffenden Produktnorm EN 13162, es ist auch bisher nicht im Normungsauftrag für diese Produkte vorgesehen. Die Priori- tätenliste weist darauf hin, dass die in diesen Fällen benötigte Leistung zum Nachweis der Erfüllung der Bauwerksanforderung nicht mit der Produktnorm erklärt werden kann. Sie wird dort als Leistung zu „Formstabilität / Schmelz- punkt“ bezeichnet. Der Nachweis kann über eine ETA (mit entsprechendem
12 BRANDSCHUTZ pocket – Dämmung Wesentlichem Merkmal), eine Bewertung der Leistung auf Grundlage von DIN 4102-17 in einer technischen Dokumentation unter Einschaltung einer sogenannten „Notifizierten Stelle“ nach BauPVO (vgl. MVV TB D 3) oder über ehemalige Dokumentationsunterlagen erbracht werden. Für andere Dämmstoffe als nichtbrennbare Mineralwolldämmstoffe wird (bisher) keine Anforderung an den Schmelzpunkt bzw. die Formstabilität gestellt. Fazit Hinsichtlich des Brandschutzes ergeben sich an Dämmstoffe: ]] immer Anforderungen an ihr Brandverhalten, ]] bei bestimmten „glimmgefährdeten“ Dämmstoffen, die nichtbrennbar oder schwerentflammbar sein müssen, zusätzlich die Anforderung, dass sie nicht glimmen oder schwelen dürfen, ]] in einigen Fällen Anforderungen an ihre Dicke und ihre Dichte, ]] in besonderen Fällen für Mineralwolle-Dämmstoffe die Anforderung, dass sie einen Schmelzpunkt ≥ 1000°C haben müssen. Wie die Anforderungen genau sind, hängt von zahlreichen Parametern ab und ist im Rahmen einer Planung zu ermitteln. Die Anforderung an die Dicke kann z.B. von den aus dem Wärmeschutz resultierenden Anforderungen über- lagert werden, die höchste geforderte Dicke ist dabei maßgebend. Ebenso sind natürlich auch die Anforderungen an die Produkte aufgrund der ande- ren Grundanforderungen an Bauwerke zu berücksichtigen. Wer die Produkte verwendet, hat die Aufgabe, solche Produkte einzukaufen und zu verwenden, also einzubauen, welche die Anforderungen in der jeweiligen individuellen Verwendungssituation erfüllen. Bei Produkten nach harmonisierten Produktnormen können die Wesent- lichen Merkmale Brandverhalten und Dicke über Leistungserklärung und CE-Kennzeichnung nachgewiesen werden. Für das Glimmverhalten, den Schmelzpunkt und die Dichte sind zusätzliche Nachweise notwendig. Es ist grundsätzlich denkbar, diese Merkmale der Produkte in einer die Produkt- normen erweiternden ETA zu erklären. Die Prioritätenliste sieht jedoch auch andere Möglichkeiten vor. Bei Wärmedämmstoffen mit nationalem Ver- wendbarkeitsnachweis können alle Merkmale im Verwendbarkeitsnachweis berücksichtigt werden.
Bauordnungsrechtliche Anforderungen 13 Neue nicht brennbare Hochleistungsdämmstoffe Aufgrund der steigenden gesetzlichen Anforderungen an Dämmleistung und Brandschutz wurden von der Bauzulieferindustrie neue Dämm- materialien entwickelt. Durch diese neuen Materialien, wie z. B. mineralische mikroporöse Dämmstoffe, können gestalterische Ansprüche des Architekten und wirtschaftliche Interessen des Eigentümers mit den gesetzlichen Vor- gaben in Einklang gebracht werden. Insbesondere die deutlich geringeren Aufbautiefen zusammen mit der nahezu temperaturunabhängigen Wärme- leitfähigkeit der nicht brennbaren Dämmung trägt hierzu bei. Beispiel: CALOSTAT® von Evonik ]] Die ETA-16/0587 vom 21.01.2020 weist die Euroklasse des Brandver- haltens A2-s1,d0 aus. ]] Der Nachweis über das Glimmverhalten wird in der ehemaligen Zulassung Z 23.11 1926 als ehemalige Dokumentationsgrundlage geführt. ]] Wärmeleitfähigkeit (λD(23,50): 0,020 W/mK Aus brandschutztechnischer Sicht darf das Produkt also verwendet werden, wenn ein Dämmstoff nichtbrennbar sein muss.
14 BRANDSCHUTZ pocket – Dämmung Tabelle 1: Bauordnungsrechtliche Anforderungen an Wärmedämmstoffe in der stufenweisen Konkretisierung Grundanforderung Grundanforderung 2 Brandschutz mögliche Anforderungen An verschiedenen Stellen in der MBO und in an das Produkt Sonderbauvorschriften oder technischen Bau- bestimmungen sind Anforderungen an das Brand- verhalten von Baustoffen gestellt. Quellen von Verschiedene §§ in MBO, Sonderbauvorschriften Anforderungen aus dem und technischen Baubestimmungen Bauordnungsrecht Konkretisierung durch MVV TB Abschnitt A 2: A 2.1.2 „Anforderungen an das Brandverhalten …“ Verweise auf Technische A 2.2.1.2 „Bauaufsichtliche Anforderungen, Regeln Zuordnung der Klassen, Verwendung von Bau- produkten, Anwendung von Bauarten: 2019-05“ Tabelle 2: Zuordnung bauaufsichtlicher Anforderungen zu Klassen des Brandverhaltens für Dämmstoffe mit Verwendbarkeitsnachweis Mindestens erforderliche Anmerkungen Klasse nichtbrennbar A2 Weitere mögliche Klasse: A1 schwerentflamm- Zusätzlich darf im Ü-Zeichen bar und nicht bren- weder „starke Rauchentwicklung“ B1 nend abfallend oder noch „brennend abfallend oder abtropfend abtropfend“ angegeben sein Zusätzlich darf im Ü-Zeichen schwerentflammbar B1 nicht „starke Rauchentwicklung“ angegeben sein normalentflammbar B2
Bauordnungsrechtliche Anforderungen 15 Tabelle 3: Zuordnung bauaufsichtlicher Anforderungen zu Klassen des Brandverhaltens für Dämmstoffe nach harmonisierten technischen Spezifikation Mindestens weitere mögliche Klassen bis zur erforderliche nächsthöheren bauaufsichtlichen Klasse Anforderung nichtbrennbar A2-s1,d0 A1 schwerentflammbar A2-s2,d0 und nicht brennend C-s2,d0 B-s2,d0 B-s1,d0 abfallend oder abtropfend C-s1,d0 A2-s2,d1 A2-s1,d1 A2-s2,d2 A2-s1,d2 B-s2,d1 B-s1,d1 schwerentflammbar C-s2,d2 B-s2,d2 B-s1,d2 C-s2,d1 C-s1,d1 C-s1,d2 A2-s3,d0 A2-s3,d1 A2-s3,d2 B-s3,d0 B-s3,d1 B-s3,d2 normalentflammbar E-d2 C-s3,d0 C-s3,d1 C-s3,d2 D-s3,d0 D-s2,d0 D-s1,d0 D-s3,d1 D-s2,d1 D-s1,d1 D-s3,d2 D-s2,d2 D-s1,d2 E
Tabelle 4: Standard-Anforderungen an das Brandverhalten von Dämmstoffen Vorschrift Dämmstoffe … Anforderung Quelle MBO in feuerhemmenden Bauteilen (sofern nicht normalentflammbar MBO § 26 Abs. 1 Satz 2 zusammen mit in hochfeuerhemmenden Bauteilen, deren tragende und aus- dem Feuerwider- normalentflammbar MBO § 26 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 steifende Teile aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen stand gefordert mit Satz 2 Nr. 2 ist, dass diese Bau- in hochfeuerhemmenden Bauteilen, deren tragende und aus- teile – vollständig nichtbrennbar MBO § 26 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 steifende Teile aus brennbaren Baustoffen bestehen (mit einer – aus nicht- M-HFHHolzR: Schmelzpunkt mit Satz 2 Nr. 3 allseitigen brandschutztechnisch wirksamen Bekleidung aus brennbaren Bau- ≥ 1000 °C nach DIN 4102-17 mit M-HFHHolzR 3.1.2 nichtbrennbaren Baustoffen) stoffen bestehen müssen, wie z.B. in feuerbeständigen Bauteilen (tragende und aussteifende normalentflammbar MBO § 26 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 in der MLAR für Teile aus nichtbrennbaren Baustoffen, bei raumabschließenden mit Satz 2 Nr. 2 feuerhemmende Bauteilen muss eine - andere - in Bauteilebene durchgehende Unterdecken) Schicht aus nichtbrennbaren Baustoffen vorhanden sein) in hochfeuerhemmenden oder feuerbeständigen Bauteilen, die abweichend von MBO nichtbrennbar MBO § 26 Abs. 4 mit § 26 Abs. 2 Satz 3 aus brennbaren Baustoffen bestehen und die der zugehörigen Tech- Schmelzpunkt ≥ 1000 °C nach MHolzBauRL1 nischen Baubestimmung entsprechen1 DIN 4102-17 als Trittschalldämmung in hochfeuerhemmender oder feuerbeständiger Decke in normalentflammbar Massivholzbauweise nach MHolzBauRL Prinzipskizze 71 in inneren Brandwänden und Gebäudeabschlusswänden in Gebäude- nichtbrennbar MBO § 30 Abs. 3 Satz 1 mit („äußere Brandwände“, einschließlich deren Bekleidungen) klasse 5 Abs. 7 Satz 3 in Wänden anstelle von Brandwänden in Gebäudeklasse je nach Feuerwiderstands- MBO § 30 Abs. 3 Satz 2 2 bis 4 anforderung an die Wand anstelle einer Brandwand, vgl. oben zu Bauteilen allgemein in nichttragenden Außenwänden und nichttragenden Teilen tragender Außenwände, nichtbrennbar MBO § 28 Abs. 2 Satz 1 Halb- sofern diese keinen Feuerwiderstand haben satz 1 in nichttragenden Außenwänden und nichttragenden Teilen tragender Außenwände, normalentflammbar MBO § 28 Abs. 2 Satz 1 Halb- die als raumabschließende Bauteile feuerhemmend sind satz 2 mit § 26 Abs. 1 Satz 2 in nichtbrennbaren geschlossenen Profilen der Außenwandkonstruktionen normalentflammbar MBO § 28 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 mit § 26 Abs. 1 Satz 2
in Oberflächen von Außenwänden sowie Außenwand- in Gebäudeklasse normalentflammbar MBO § 28 Abs. 3 Satz 1 mit bekleidungen (außer von äußeren Brandwänden) [z.B. als Teil 1 bis 3 Abs. 5 und § 26 Abs. 1 Satz 2 von WDVS] in Gebäudeklasse schwerentflammbar und nicht MBO § 28 Abs. 3 Satz 1 mit 4 und 5 (außer brennend abfallend oder Satz 3 Hochhäuser) abtropfend in Außenwandbekleidungen aus Holz und Holzwerkstoffen1 in Gebäudeklasse nichtbrennbar MBO § 28 Abs. 5 Satz 2 4 und 5 (außer mit Hochhäuser) MHolzBauRL1 in zu verschließenden Hohlräumen zwischen Brandwänden oder Wänden anstelle von nichtbrennbar MBO § 30 Abs. 5 Sätze 2 Brandwänden in Gebäudeklasse 2 bis 3 und 3 in notwendigen Treppenräumen sowie Räumen zwischen notwendigen Treppen- nichtbrennbar MBO § 35 Abs. 5 Nr. 1 räumen und Ausgängen ins Freie in „Laubengängen“ mit nur einer Fluchtrichtung und in notwendigen Fluren nichtbrennbar MBO § 36 Abs. 6 Nr. 1 mit Abs. 5 MHHR in Hochhäusern nichtbrennbar M-HHR 3.7.1 MVStättVO in Versammlungsstätten nichtbrennbar MVStättVO § 5 Abs. 1 MVKVO in Außenwandbekleidungen von Verkaufsstätten mit Sprinkleranlagen und von erd- schwerentflammbar MVKVO § 9 Abs. 1 Nr. 1 geschossigen Verkaufsstätten in Außenwandbekleidungen von mehrgeschossigen Verkaufsstätten ohne Sprinkler- nichtbrennbar MVKVO § 9 Abs. 1 Nr. 2 anlagen in Deckenbekleidungen von Verkaufsstätten nichtbrennbar MVKVO § 9 Abs. 2 in Wandbekleidungen in Treppenräumen, Treppenraumerweiterungen, notwendigen nichtbrennbar MVKVO § 9 Abs. 3 Fluren und in Ladenstraßen von Verkaufsstätten MGarVO unter Decken und Dächern in Großgaragen nichtbrennbar MGarVO § 6 Abs. 6 Nr.1 unter Decken und Dächern in Mittelgaragen schwerentflammbar MGarVO § 6 Abs. 6 Nr.2 Kopfzeile 1 Die „neue“ MHolzBauRL befindet sich bei Erstellung dieser Publikation noch im europäischen Notifizierungsverfahren. Die Angaben erfolgen auf Basis des Entwurfs der Richtlinie vom 28.10.2020
18 BRANDSCHUTZ pocket – Dämmung Anforderungen an den Brandschutz von Dämmstoffen in technischen Normen Tabelle 5: Beispiele für Brandschutz-Anforderungen an Dämmstoffe in Fachnormen in Abhängigkeit von Anwendungsgebieten nach DIN 4108-10 für die Hauptanwendungen Dach und Wand. Anwendungs- Anwendungstyp gebiet nach nach DIN 4108-10 DIN 4108-10 Kurzzeichen Beschreibung Decke, Dach DAA Außendämmung von Dach oder Decke, vor Bewitterung geschützt, Dämmung unter Abdichtung Wand WAB Außendämmung der Wand hinter Bekleidung WAP Außendämmung der Wand unter Putz WZ Dämmung von zweischaligen Wänden, Kerndämmung WH Dämmung bei Holz- und Holzrahmenbauweise
Anforderungen an den Brandschutz 19 Angaben zum Brandschutz DIN 18531-1 verweist hinsichtlich der Anforderungen zum Brandschutz auf die sich aus den Landesbauordnunge ergebenden Anforderungen an das Brand- verhalten allgemein, die Widerstandsfähigkeit gegen Flugfeuer und strahlende Wärme (»harte Bedachung«) und mögliche Anforderungen aus der Industriebau- richtlinie bei Brandbeanspruchung des Daches von unten. DIN 18516-1 verweist für vorgehängte hinterlüftete Fassaden noch auf die Mus- ter-Liste der Technischen Baubestimmungen, die inzwischen von der MVV TB abgelöst worden ist. DIN 55699 für Wärmedämmverbundsysteme verweist auf die Landesbau- ordnungen einschlielich möglicher Sonderbauverordnungen sowie die Zulassungen der Konstruktionen. Für die Katalogkonstruktionen von DIN 4102-4 erfolgen dezidierte Vorgaben, wie nichtbrennbare oder schwerentflammbare Dämmstoffe als Kerndämmung genutzt werden dürfen und was ggf. an zusätzlichen Brandschutzmaßnahmen für diese Dämmschichten notwendig ist. Als geregelten Bauarten für tragend und / oder raumabschließend feuerwider- standsfähige Wände in Holzbauweise sieht DIN 4102-4 bisher nur entweder nicht- brennbare Mineralwolle-Dämmstoffe mit SP ≥ 1000°C oder bestimmte Holz- wolle-Dämmstoffe vor. Je nach Konstruktion sind Mindest-Dicke und -Dichte vorgegeben. Bauarten mit eigenem Anwendbarkeitsnachweis können andere Anforderungen an Dämmstoffe stellen.
20 BRANDSCHUTZ pocket – Dämmung Neben den Bauordnungen der Länder, welche die Anforderungen an Bau- materialien häufig unmittelbar vorgeben, sind auch die technischen Normen bestimmter Anwendungen in Anlehnung an DIN 4108-10 (Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäude) zu beachten. Hier wird geregelt, welche anwendungsbezogenen Anforderungen an Wärmedämmstoffe in Gebäuden gestellt werden und z.B. in welchen Einbausituationen ein nicht brennbarer Dämmstoff zwingend vorgeschrieben ist. Zusätzlich regelt DIN 4102 das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen sehr ausführlich. Aber auch Anwendungsnormen für z. B. Vorgehängte Hinterlüftete Fassaden oder Wärmedämmverbundsysteme geben weitere Vorgaben zu Anforderungen an Wärmedämmung im Hinblick auf den Brandschutz. Die Auswahl in Tabelle 5 gibt einen Überblick über besonders relevante Vor- schriften im Zusammenhang von Dämmung und Brandschutz. Einsatzgebiete mineralischer Hochleistungsdämmstoffe Die schwierige Vereinbarkeit von guter Dämmung und Brandschutz stellt eine große Herausforderung dar. Schlanke Dämmstoffe sind oft (schwer) entflammbar, was bei vielen Anwendungen für den Brandschutz nicht aus- reicht. Herkömmliche nicht brennbare Dämmstoffe dagegen benötigen rela- tiv dicke Aufbauten, um gut zu dämmen. Dieser Platz ist oft nicht vorhanden. Sowohl die Gestaltung durch Architekt:innen als auch technische Gegeben- heiten verlangen aber sowohl schlanke als auch nicht brennbare Dämmun- gen. Meist muss daher ein Kompromiss gefunden werden, der jedoch nur die Mindestanforderungen erfüllen kann. Seit wenigen Jahren gibt es nun nicht brennbare Hochleistungsdämmstoffe auf dem Markt, die diese Lücke schließen. Einer der bekanntesten ist CALOSTAT® von Evonik. Mineralische Hochleistungsdämmstoffe kommen zum Einsatz, wenn Brand- schutz und fehlender Platz es nötig machen. Typische Einsatzorte sind Fassa- den (VHF oder Elementfassaden) von Hochhäusern in hochpreisigen Lagen, an Tiefgaragen- und Kellerdecken, barrierefreie Loggien, Dachterrassen und Austritte, an Engstellen wie Einfahrten, Aufzugschächte und Spandrel-Panels oder hinter Regenfallrohren und Rollladenkästen. Hochleistungsdämmstoffe wie CALOSTAT® schaffen mehr Raum und ermöglichen effiziente, sichere Dämmungen, wo andere Materialien an ihre Grenzen stoßen.
21 Tabelle 6: Empfohlene Anwendungen Anforderungen an den Brandschutz PRODUKT EIGENSCHAFTEN ANWENDUNGEN Kerndämmung/Vormauerschalen Technische Gebäudeausrüstung Wärmeleitfähigkeit (λ) 10% Stauchung (kPa) Standardabmessung Druckspannung bei Verputzbar (WDVS) Zugfestigkeit (kPa) Innendämmung Dämmelemente Estrich/Terrasse Plattenstärke Brandschutz Schrägdach Flachdach W/(mK) Decke (mm) (mm) VHF Typ CALOSTAT® 1000 × 20, 25, 30, 0,019 ≥ 90 1 40, 50, 60 0,026 580 MW CALOSTAT® 0,023 – 980 × 30, 40, 50, Sandwich ≥ 50 >1 0,026 580 60 MW-F CALOSTAT® 1000 × 10, 20, 25, 0,019 ≥ 90 >1 Pad 600 30, 40, 50 geeignet sehr geeignet
22 BRANDSCHUTZ pocket – Dämmung Praxisbeispiele Nicht brennbare Fassadendämmung Neue Hochhäuser für Wohnun- gen und die Umnutzung von Bürohochhäusern in den ver- schiedenen Segmenten liegen deutlich im Trend. Das Gebäude CLOUD N°7 beispielsweise beherbergt luxuriöse Hotel- zimmer und Apartments inmitten von Stuttgart. Mit 61 Metern ist es das höchste Wohngebäude im Europaviertel – und bietet einen atemberaubenden Panorama- Blick über die Innenstadt und das Umland. Beim Gebäudetyp Quelle: Cloud N°7 GmbH Hochhaus (in Deutschland ab 22m Höhe) werden an die Däm- mung sehr hohe Anforderungen gestellt. Diese muss einerseits sehr schlank sein, damit viel Raum entsteht, und andererseits sehr strengen Brandschutz- bestimmungen genügen. Bei der CLOUD N°7 wurde CALOSTAT® zweilagig (insgesamt 100 mm) als Dämmstoff in der VHF eingesetzt. Damit wurde der geforderte U-Wert von 0,2 W/(m²K) in den opaken Elementen erfüllt. Mit einem herkömmlichen mineralischen Dämmstoff der WLG 035 wäre die Dämmung 170 mm tief und die Umsetzung unmöglich geworden. Des Wei- teren wurden diverse Deckenuntersichten mit dem Dämmstoff gedämmt.
Praxisbeispiele 23 Dieses nach dem Schweizer Minergie-Standard zertifizierte 50 Parteien Mehrfamilienhaus in Muri im Kanton Bern erreicht seinen energetischen Standard unter ande- rem durch den Einbau des Hoch- leistungsdämmstoffs CALOSTAT® in seiner Fassade. In Gebäudebereichen mit hohen Anforderungen an den Brandschutz ist die Verwendung von Hochleistungsmaterialien von großer Bedeutung: CALOSTAT® weist eine entscheidend bessere Dämmleistung als herkömmliche nicht brennbare Dämmmaterialien auf, sodass die Dämm- stärke maßgebend reduziert und somit viel Platzeinsparungspotential erzielt werden kann. Besonders zum Tragen kommt dieser Vorteil des Raumgewinns bei der Dämmung von Balkonen und Rollladenkästen. Gerade in der Sanie- rung werden bereits geringe Balkonflächen durch dicke Dämmstoffpakete weiter verkleinert. Die Lage der Beschattungssysteme bestimmt häufig die Tiefe der Fassadenkonstruktion, die durch einen Hochleistungsdämmstoff reduziert werden kann.
24 BRANDSCHUTZ pocket – Dämmung Nicht brennbare Dachdämmung Auch städtebauliche Vorschriften können Anforderungen an Dämm- stoffe hinsichtlich seiner Verwend- barkeit enthalten. Wie z.B. in Wien, wo das Dach des Palais Pálffy, dem Sitz der OSZE, saniert wurde. Umgeben von sehr gut erhaltener historischer Gebäudesubstanz in der Innenstadt durften ausschließlich nicht brenn- bare Dämmstoffe eingesetzt werden. Solche Einbausituationen mit wenig Platz und anspruchsvollen Details stellen herkömmliche Baustoffe häufig vor große Probleme. Mit Hilfe von CALOSTAT® Pure konnten diese gelöst und der knappe Platz zur Däm- mung optimal genutzt werden.
Praxisbeispiele 25 Tiefgaragen- / Kellerdeckendämmung Gerade die Dämmung von Keller- oder Tiefgaragendecken zeigt die Schwierig- keit von Dämmung zwischen den Anforderungen, möglichst wenig Platz in Anspruch zu nehmen und gleichzeitig höchste Brandschutzanforderungen zu erfüllen. Denn das Gebäudeenergiegesetz (GEG 2020) regelt – wie bereits zuvor die Energieeinsparverordnung (EnEV) – verbindlich, welchen U-Wert Kellerdecke und Tiefgaragendecken nach einer Sanierung und Dämmung haben müssen. Häufig gelten hier Anforderungen von
26 BRANDSCHUTZ pocket – Dämmung Reihenhäuser Für Einfamilienhäuser bestehen in der Regel keine allzu anspruchsvollen Brandschutzvorgaben. Bei vielen Objekten werden deshalb Dämmstoffe der Brandverhaltensklasse B verbaut. Bei Grenzbebauungen, Doppel- und Reihen- häusern müssen aber an der Grenze der Gebäude Brandschutzmaßnahmen ergriffen werden, damit im Brandfalle die Flammen nicht von einem Gebäude auf das andere überschlagen können. An der gemeinsamen Giebelwand in der Fassade, am Traufpunkt, Stürzen und anderen Stellen am Dach gehen die Häuser oft nahtlos ineinander über. Die angeordneten Brandschutzbarrieren müssen aus zugelassenen Dämmstoffen und in der Regel mineralischen nicht- brennbaren A- Dämmstoffen bestehen. Um weder Platz noch Dämmleistung zu verlieren, empfiehlt sich der Einsatz von CALOSTAT®, wie in diesem Reihenhausprojekt in Herzogenaurach.
Erfolgreich im vorbeugenden Brandschutz Ihre Vorteile: • Sie bekommen praxisbezogenes Wissen von erfahrenen Brandschützern vermittelt. • Durch flexible Lernmodule sind die Lehrgänge an Ihr Berufsleben angepasst. • Sowohl Einsteigern als auch erfahrenen Die Lehrgänge: Profis wird die Möglichkeit geboten, sich zielgerichtet fortzubilden. • Fachplaner Brandschutz • Fachbauleiter Brandschutz Mehr Infos unter: • Brandschutzbeauftragter www.feuertrutz.de/akademie • Fachkoordinator Evakuierung Online-Tagesseminare zur RM Akademie Vertiefung wichtiger Themen powered by ergänzen das Programm. FeuerTrutz RM Rudolf Müller
TM Top Effizient: Wärmeleitfähigkeit λ= 0,019 W/mK Dämmung. Sicher:Brandklasse A2-s1, d0 Nachhaltig:Cradle to Cradle Top Certified™ der Stufe Gold Brandschutz. Auf minimalem Platz. calostat@evonik.com www.calostat.de
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