www.kup.at/speculum Online-Datenbank mit Autoren- und Stichwortsuche - Krause und Pachernegg

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Geburtshilfe ∕ Frauen-Heilkunde ∕ Strahlen-Heilkunde ∕ Forschung ∕ Konsequenzen

                                            Wertaschnigg D

                  Präeklampsie – „Life-Long Risk“ für Mutter und
                                       Kind

              Speculum - Zeitschrift für Gynäkologie und Geburtshilfe 2015; 33 (1)
                                 (Ausgabe für Österreich), 6-8
              Speculum - Zeitschrift für Gynäkologie und Geburtshilfe 2015; 33 (1)
                                  (Ausgabe für Schweiz), 8-10

                                              Homepage:

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  Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz
                      P.b.b. 02Z031112 M, Verlagsort: 3003 Gablitz, Linzerstraße 177A/21
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                              2. Auflage                            78 Seiten, div. Abbildungen
                                       2018
                          Copyright              eber
                            au d in ger - Herausg                  19.80 EUR
                   Thomas St

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33. Jahrgang, 1/2015

                          Präeklampsie –
                „Life-Long Risk“ für Mutter und Kind
                                                D. Wertaschnigg

                „Die Gestose ist eine Erkrankung der         schobenes Ungleichgewicht dieser Serum-
              Schwangerschaft, deren einzig kausale          marker, und zwar bereits Wochen vor dem
              Therapie die Entbindung ist und nach dem       Auftreten klinischer Symptome. Ein Gleich-
              Wochenbett folgenlos abheilt […]“ [1].         gewicht dieser Faktoren ist notwendig, um
                                                             die Endothelfunktion im mütterlichen Ge-
                 Die auch bis vor wenigen Jahren noch        fäßsystem zu gewährleisten. Eine Dysbalan-
              weit verbreitete Annahme, dass dieses          ce hingegen führt im Laufe der Schwanger-
              schwangerschafts- und vor allem schwan-        schaft zur klinischen Manifestation des in-
              gerenspezifische Problem nach der Ent-         kompetenten Endothels: Vasokonstriktion
              bindung keinen Krankheitswert mehr be-         führt zu Bluthochdruck, die erhöhte Wand-
              sitzt, ist längst überholt. Vielmehr scheint   permeabilität zur Ausbildung von Ödemen
              die Präeklampsie einen lebenslangen „Im-       und Proteinurie. Der Fetus selbst zeigt
              pact“ nicht nur auf die Schwangere, son-       durch die eingeschränkte Plazentafunktion
              dern auch auf das Kind zu haben.               unterschiedliche Ausprägungsgrade der
                                                             Wachstumsrestriktion IUGR.
                 Die mittlerweile veraltete Bezeichnung
              „Schwangerschaftsvergiftung“ beruhte auf         Histologische Untersuchungen aus Spi-
              falschen Vorstellungen über die Ursache,       ralarterien von präeklamptischen Schwan-
              wenngleich die Ätiologie der Präeklampsie      geren haben ergeben, dass es sich hierbei
              auch heute noch nicht vollständig geklärt      um eine akute Arteriose – eine Frühform
              ist. Die Pathophysiologie wird in der ab-      der Arteriosklerose – handelt [3]. Sowohl die
              normen Plazentation während der ersten         Arteriosklerose als auch die Präeklampsie
              Schwangerschaftshälfte gesehen, wo eine        sind Entzündungsreaktionen des Gefäßen-
              insuffiziente Zytotrophoblasteninvasion zu     dothels und gehen mit erhöhtem Nachweis
              einer verminderten Umwandlung der müt-         von proinflammatorischen Zytokinen und
              terlichen Spiralarterien und somit unzurei-    Angiogenesefaktoren einher. Weiters schei-
              chenden Widerstandserniedrigung im Ge-         nen sowohl die Präeklampsie als auch die
              fäßsystem führt. Die Konsequenzen dieser       Arteriosklerose überlappende Risikofakto-
              plazentaren Minderperfusion sind Ischä-        ren wie chronische Hypertonie, Adipositas
              mie, Nekrose, Apoptose und in weiterer Fol-    und Diabetes zu haben. Aber auch ohne prä-
              ge eine Plazentadysfunktion. In den letz-      disponierende Risikofaktoren haben Frau-
              ten Jahren wurde zur besseren Diagnose-        en mit einer positiven Anamnese einer Pla-
              stellung und Prognoseabschätzung die kli-      zentadysfunktion ein signifikant höheres Ri-
              nische Forschung auf die Bestimmung von        siko für die Entwicklung einer Hypertonie,
              plazentaren Wachstumsfaktoren fokussiert.      für Schlaganfall, koronare Herzerkrankung
              Die derzeit in der klinischen Routine am       und Thromboembolien. Es ist noch nicht
              häufigsten angewendeten Marker sind die        geklärt, ob die Präeklampsie einen unabhän-
              Proangiogenesefaktoren PAPP-A („pregnan-       gigen Risikofaktor für die Entstehung einer
              cy-associated plasma protein-A“) und PLGF      Arteriosklerose darstellt oder aber ob durch
              („placental growth factor“) sowie der Anti-    die Präeklampsie eine bereits vorbestehende
              angiogenesemarker sFlt-1 („soluble fms-        Prädisposition für Arteriosklerose vorüber-
              like tyrosine kinase 1“) [2].                  gehend demaskiert wird.

                Im Falle einer insuffizienten Plazentation     Interessante Erkenntnisse wurden bei der
6             besteht ein zur Antiangiogenese hin ver-       Untersuchung des Gefäßwiderstands und

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33. Jahrgang, 1/2015

                   der „arterial stiffness“ gewonnen: Schwan-     7]. Wie bei präeklamptischen Schwange-
                   gere mit Präeklampsie zeigen einen signi-      ren konnte auch bei diesen Mangelernähr-
                   fikant erhöhten peripheren Gefäßwider-         ten bereits im Neugeborenenalter eine ver-
                   stand sowie erhöhten peripheren diastoli-      dickte Intima-Media-Schicht als „Frühform“
                   schen Blutdruck. Die arterielle Compliance     der Arteriosklerose gemessen werden [8].
                   ist deutlich vermindert und die verstärkte     Der Mangel an Nährstoffen und chronischer
                   Vasokonstriktion führt zu einem erhöhten       Stress führen aber nicht nur zu einem nied-
                   zentralen Druck in der Aorta. Sonographi-      rigen Geburtsgewicht, sondern auch zu Ver-
                   sche Untersuchungen haben eine verdick-        änderungen im fetalen Gehirn: Geringes Ge-
                   te Intima-Media-Schicht im arteriellen Ge-     hirnvolumen, veränderte Myelinisierungs-
                   fäßsystem zeigen können, so wie sie typi-      vorgänge, Gyrierungsabnormalitäten und
                   scherweise bei Patienten mit kardiovasku-      Mikroinfarkte führen zu einem signifikant
                   lären Erkrankungen zu finden ist. All diese    schlechteren neurologischen Outcome.
                   beschriebenen Gefäß- und Kreislaufverän-       Vor allem motorische Entwicklungsdefi-
                   derungen bei präeklamptischen Patientin-       zite und Verhaltensauffälligkeiten im Sin-
                   nen finden wir bereits im ersten Trimenon      ne von Konzentrationsschwierigkeiten und
                   und diese sind auch noch bis zu einem Jahr     Interaktionsproblemen verschlechtern zu-
                   nach der Entbindung nachzuweisen.              sätzlich die Langzeitprognose dieser Kinder.

                      Weiters konnte in einer prospektiven          Zusammenfassend kann gesagt werden,
                   Kohortenstudie gezeigt werden, dass jene       dass die Plazenta zwar die Schlüsselrolle in
                   Frauen, welche eine hypertensive Schwan-       der Pathogenese der Präeklampsie spielt,
                   gerschaftserkrankung entwickeln, bereits       aber die Beendigung der Schwangerschaft
                   vor der Schwangerschaft eine erhöhte           und damit die Entfernung der Plazenta aus
                   „pulsed wave velocity“ als Ausdruck ei-        der mütterlichen Zirkulation keine resti-
                   ner erhöhten „arterial stiffness“ und somit    tutio ad integrum erbringt. Vielmehr de-
                   verminderten Gefäßcompliance haben [4].        maskiert und triggert diese pathologische
                   Manche Frauen scheinen eine Prädisposi-        Schwangerschaft eine bestehende Endo-
                   tion zur Endotheldysfunktion zu haben, die     theldysfunktion und präsentiert sich als
                   dann in der Schwangerschaft durch die Pla-     frühe Entzündungsreaktion der mütterli-
                   zenta getriggert wird und als Präeklampsie     chen Gefäßwand. Auch wenn die meisten
                   klinisch manifest erscheint. Die Schwan-       Frauen nach der Schwangerschaft klinisch
                   gerschaft wirkt somit nicht nur als vorüber-   asymptomatisch erscheinen, sollte eine ent-
                   gehender Stressfaktor, sondern auch als        sprechende Aufklärung über die Langzeit-
                   Testlauf für das spätere Leben.                morbidität erfolgen und eine engmaschige
                                                                  Weiterbetreuung durch eine Kooperation
                      15 % aller Frühgeburten in Deutschland      mit entsprechenden Fachdisziplinen ange-
                   sind die Folge von hypertensiven Schwan-       boten werden. Die fetale Programmierung
                   gerschaftserkrankungen. Die Kombination        bedingt ein erhöhtes Risiko dystropher
                   von vorzeitiger Entbindung und intraute-       Neugeborener für die Entwicklung meta-
                   riner Wachstumsrestriktion IUGR führt zu       bolischer Erkrankungen und die schlech-
                   einer deutlich erhöhten perinatalen Mor-       te intrauterine Versorgung führt außerdem
                   talität. Die intrauterine Mangelversorgung     zu einem irreparablen Entwicklungsdefizit
                   führt im Vergleich zu eutrophen Frühge-        der Gehirnstrukturen. In der Nachbetreu-
                   burten außerdem zu einer signifikanten Er-     ung muss deshalb besonderes Augenmerk
                   höhung der Langzeitmorbidität. David Bar-      auf die Entdeckung und Behandlung arte-
                   ker hat bereits in den 1980er-Jahren postu-    riosklerotischer Risikofaktoren gesetzt wer-
                   liert, dass die plazentare Mangelversorgung    den. Weiters sollen diese Kinder durch ent-
                   einen chronischen Stress darstellt und ei-     sprechende Frühförderung die Möglichkeit
                   nen Adaptierungsprozess beim Fetus aus-        bekommen, kognitive und motorische Ent-
                   löst, der so ein Überleben im Mutterleib er-   wicklungsdefizite zu verbessern.
                   möglicht [5]. Dieser Anpassungsmechanis-
                   mus wird auch als „fetal programming“ be-
                   zeichnet und stellt bei diesen dystrophen      LITERATUR:
                   Neugeborenen die Grundlage für ein ho-         1. Pfleiderer A (Hrsg). Gynäkologie und Geburtshil-
                   hes Risiko für metabolische Erkrankungen       fe. Thieme, Stuttgart, 1995.
                   wie Diabetes mellitus Typ 2, Hypertonie und    2. Levine RJ, Maynard SE, Qian C, et al. Circulating
                   Adipositas sowie Folgeerkrankungen wie In-     angiogenic factors and the risk of preeclampsia. N
                   sult und koronare Herzerkrankung dar [6,       Engl J Med 2004; 350: 672–83.                          7
33. Jahrgang, 1/2015

    3. Staff AC, Dechend R, Pijnenborg R. Learn-            7. Kelly BA, Lewandowski AJ, Worton SA, et al. An-
    ing from the placenta: acute atherosis and vascu-       tenatal glucocorticoid exposure and long-term al-
    lar remodeling in preeclampsia – novel aspects for      terations in aortic function and glucose metabo-
    atherosclerosis and future cardiovascular health.       lism. Pediatrics 2012; 129: e1282–90.
    Hypertension 2010; 56: 1026–34.                         8. Skilton MR, Evans N, Griffiths KA, et al. Aor-
    4. Hale SA, Badger GJ, McBride C, et al. Prepreg-       tic wall thickness in newborns with intrauterine
    nancy vascular dysfunction in women who subse-          growth restriction. Lancet 2005; 365: 1484–6.
    quently develop hypertension during pregnancy.
    Pregnancy Hypertens 2013; 3: 140–5.
    5. Hales CN, Barker DJ, Clark PM, et al. Fetal and      Korrespondenzadresse:
    infant growth and impaired glucose tolerance at age     OÄ Dr. Dagmar Wertaschnigg
    64. BMJ 1991; 303: 1019–22.
                                                            Universitätsfrauenklinik Salzburg
    6. Davis EF, Lazdam M, Lewandowski AJ, et al. Car-
    diovascular risk factors in children and young adults
                                                            PMU Salzburg
    born to preeclamptic pregnancies: a systematic re-      A-5020 Salzburg, Müllner Hauptstraße 48
    view. Pediatrics 2012; 129: e1552–61.                   E-Mail: d.wertaschnigg@salk.at

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