Protokoll Sitzung des Beirates für Menschen mit Behinderung am 9.6.2021 - Stadt Graz

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Protokoll
Sitzung des Beirates für Menschen mit Behinderung
am 9.6.2021

Der Beauftragte für Menschen mit Behinderung, Wolfgang Palle begrüßt die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Beirates auf Zoom und eröffnet die Sitzung.
Herr Palle berichtet zu Beginn von der Petition zum Thema Schule, die der Beirat vor
der Corona-Pandemie formuliert und eingebracht hat. Nachdem es schon Kontakt
mit Stadtrat Kurt Hohensinner und den Landesrätinnen Doris Kampus und Juliane
Bogner-Strauß gegeben hat, wurden die weiteren Schritte durch die Pandemie
verzögert. Nun wurde jedoch ein konkreter Termin mit Frau Bogner-Strauß fixiert um
das Thema wieder voranzubringen. (Nachtrag: Mittlerweile hat es ein Gespräch im
Büro der Bildungs-Landesrätin gegeben und die Petition wurde im Landtag
eingereicht).

Sozialunterstützung
Herr Walter Purkarthofer ist Leiter des Fachbereichs Sozialunterstützung im
Sozialamt. Er präsentiert das neue Sozialunterstützungs-Gesetz, das ab Juli das
bisherige Mindestsicherungs-Gesetz ersetzt.

In Graz beziehen derzeit etwa 9000 Menschen Mindestsicherung. Davon sind 2578
Personen Männer, 2677 Frauen und 3089 Kinder. Aufgeteilt nach Herkunft sind es
etwa 42% österreichische Staatsbürger, 6% aus der EU und rund 51%
Drittstaatsangehörige, die Mindestsicherung in Graz beziehen. Betrachtet man die
Lebens- und Wohnsituation, ist die Mehrzahl der Bezieherinnen und Bezieher mit
61% alleinstehend, 15% alleinerziehende Personen, 14% Paare mit Kindern, 4%
Paare ohne Kinder und etwa 6% in anderen Haushaltstypen. Die Mindestsicherung
ist gegenüber den Kosten für Pflegeheime und der Behindertenhilfe der geringere
Teil der gesamten Ausgaben im Sozialbereich. Dennoch wird in der Öffentlichkeit und

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der Politik öfter über dieses Thema gesprochen, wohl auch, da es viele Personen mit
Migrationshintergrund betrifft. Nach Alter gestaffelt sind Kinder bis 14 Jahren an
erster Stelle der Bezieherinnen und Bezieher. Einen größeren Teil findet man auch im
Alter zwischen 25 und 45 Jahren, da es hier öfter zu einer Umorientierung im Leben
und Beruf kommt. Die Statistik belegt auch, dass über 70% der Bezieherinnnen und
Bezieher die Mindestsicherung zur Aufstockung beziehen, also in einer
Beschäftigung oder beim AMS als arbeitssuchend gemeldet sind und somit auch
andere Einkünfte und Unterstützungen beziehen.

Herr Purkarthofer erklärt nun die Grundlagen des neuen Sozialunterstützungs-
Gesetzes. Das Ziel besteht in der Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhalts
und zur Befriedigung des Wohnbedarfs, sowie in der dauerhaften Eingliederung,
beziehungsweise Wiedereingliederung ins Erwerbsleben. Wichtig ist der Begriff der
Wirtschaftsgemeinschaft. Damit sind alle Personen in einem Haushalt gemeint. In
dieser Wirtschaftsgemeinschaft kann es Personen geben, die eine Mindestsicherung
beziehen, und andere, die einen Beruf ausüben und deren Einkommen zur
Berechnung einbezogen wird. Nicht zu einer Wirtschaftsgemeinschaft zählen Kinder
von alleinerziehenden Personen oder eine 24-Stunden Pflege, auch Frauenschutz-
oder Obdachlosen-Einrichtungen und stationäre Wohneinrichtungen für Menschen
mit Behinderung werden nicht als Wirtschaftsgemeinschaft definiert. Die
Lebenssituation wirkt sich auf die Höhe der Leistung aus. Der Höchstsatz beträgt
949€. Wohnen mehrere bezugsberechtigte Personen zusammen, bekommen die
einzelnen Personen nicht den Höchstsatz von 949€ ausbezahlt, sondern nur mehr
70%, da sie als Wirtschaftsgemeinschaft gewisse Ausgaben teilen.

Bezugsberechtigt sind nur Personen, die ihren Hauptwohnsitz in der Steiermark
haben und sich auch tatsächlich in der Steiermark aufhalten. Außerdem müssen sie
zu einem dauernden Aufenthalt in Österreich berechtigt sein und sich seit

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mindestens      fünf      Jahren     in     Österreich          aufhalten.    Man      muss     die
Unterstützungsbedürftigkeit nachweisen und es muss zuerst versucht werden alle
anderen Mittel auszuschöpfen, wie zum Beispiel vorhandenes Vermögen oder
Leistungen von unterhaltspflichtigen Angehörigen oder Lebensgefährtinnen und
Gefährten. Man muss auch für den Arbeitsmarkt verfügbar sein. Zum Einsatz der
eigenen Mittel zählen auch Einkommen oder Vermögen im Ausland. Beim Vermögen
gilt ein Freibetrag bis etwa 5000€, alles darüber muss aufgebraucht sein, bevor man
Sozialunterstützung beziehen kann. Bezieht jemand ein kleines Einkommen, werden
nur 65% des Einkommens zur Berechnung herangezogen, damit es einen Anreiz gibt,
die Beschäftigung weiter auszuüben. Hat man keine Arbeit, muss man die
Bereitschaft zeigen, eine Arbeit zu finden, also Bewerbungen schreiben und zu
Bewerbungsgesprächen            erscheinen,      sonst     kommt       es    zu    Kürzungen    der
Sozialunterstützung. Dies gilt nicht für Personen, die nicht arbeitsfähig sind. Es ist ein
Ziel der neuen Sozialunterstützung, Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen.
Die   Höhe      der    Unterstützung        in    einer     Bezugsgemeinschaft,        also    aller
bezugsberechtigter Personen in einem Haushalt, ist gestaffelt. So bekommt man für
die ersten drei Kinder jeweils 21%, ab dem vierten Kind nur mehr 17,5% des
Höchstsatzes.

Die   Bestandteile      der      Sozialunterstützung            betreffen    die    Deckung     des
Lebensunterhaltes,        den      Wohnbedarf,           eine      Wohnkosten-Pauschale,        die
Krankenversicherung und diverse Zuschläge bei Bedarf. Das neue Gesetz bringt auch
hier Änderungen, so werden für den Lebensunterhalt nur mehr 60% des
Höchstsatzes     direkt       ausbezahlt,        statt    wie       früher    75%.     Auch     die
Wohnkostenpauschale ist in der Steiermark mit 20% des Höchstsatzes niedriger als in
Bundesländern mit höheren Mietkosten. Bei Härtefällen gibt es auch Zuschläge oder
die Übernahme von gewissen Kosten, wenn zum Beispiel die Waschmaschine kaputt
wird. Das Sozialamt bietet auch Beratungen und Case-Management in besonderen

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Lebenslagen. Personen, die eine Sozialunterstützung beantragen, müssen beim
Verfahren mitwirken und notwendige Unterlagen und Nachweise vorlegen. Wenn
eine Notlage besteht und das Verfahren zur Sozialunterstützung noch nicht
abgeschlossen ist, kann eine Überbrückungshilfe gewährt werden. Wenn sich bei
Einkünften oder dem Vermögen etwas ändert, muss das gemeldet werden. Wird
Sozialunterstützung unberechtigt bezogen, besteht eine Pflicht zur Rückerstattung
der Hilfen, oder die Behörde behält gewisse Beträge bei darauffolgenden Leistungen
ein. Das neue Gesetz gilt ab 1.7.2021, es gibt jedoch eine Übergangsfrist bis Ende
2021 bei gültigen Bescheiden. Für Menschen mit Behinderung soll es künftig auch
möglich sein, Sachleistungen wie Wohn- oder Freizeitassistenz als Geldleistung zu
beziehen um sich selbstständig Assistenz zu organisieren. Auch können Menschen
mit Behinderung leichter krankenversichert werden, beim bisherigen Gesetz
bestanden einige Lücken. Grundsätzlich haben Menschen mit Behinderung unter
bestimmten Umständen Anrecht auf Hilfe zum Lebensunterhalt und Mietzinsbeihilfe
nach dem Behindertengesetz.

Kontakt:
Referat für Sozialunterstützung
Schmiedgasse 26, 8010 Graz
Telefon: 0316 872-6450
E-Mail: sozialunterstuetzung@stadt.graz.at

Barrierefreie WC-Anlagen
Frau Martina Kauder und Herr David Heinrich von der Abteilung für Reinigung und
Service der GBG sind zu Gast im Beirat. Die Abteilung ist auch zuständig für die
öffentlichen WC-Anlagen und die Behinderten-WCs, sowie deren Reinigung in Graz.
Herr Palle bedankt sich bei Frau Kauder, dass Anfragen des Beirates immer sehr gut
bearbeitet werden. Christian Grübl ist Rollstuhlfahrer, er berichtet, dass er

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manchmal Schwierigkeiten hat, die Tür bei manchen Behinderten-WCs zu öffnen, da
der Schließmechanismus zu stark eingestellt ist. Herr Heinrich möchte sich um das
Problem kümmern. Herr Matthias Grasser merkt an, dass in der WC-Anlage am
Schloßbergplatz manchmal Privatgegenstände des Reinigungspersonals abgestellt
werden, was teilweise den Zugang erschwert.
Wieder einmal wird über das Behinderten-WC am Jakominiplatz diskutiert, das
regelmäßig von Gästen der Stände benutzt und verschmutzt wird. Herr Palle plädiert
für ein neues Behinderten-WC direkt am Jakominiplatz. Manche Menschen mit
Behinderung würden auch eine WC-Anlage mit einer Liege-Möglichkeit zur
Reinigung und Versorgung benötigen, wie es sie teilweise in anderen Ländern gibt.
Herr Palle kann sich vorstellen, dass dies ein Vorzeigeprojekt für die Stadt Graz sein
könnte, aber der notwendige zusätzliche Platz macht eine Umsetzung schwierig.

Frau Anna König ist in die Planung von öffentlichen Parkanlagen und öffentlichen
WC-Anlagen involviert. Es wird einen runden Tisch geben, bei dem auch das Referat
für barrierefreies Bauen teilnehmen wird. Dort wird über die Planung der
öffentlichen Anlagen diskutiert; sollte es Bedarf nach zusätzlichen Behinderten-WCs
geben, wird dies in die Planungen einbezogen. Didi Ogris betont, wie wichtig es ist,
dass Menschen mit Behinderung als Expertinnen und Experten an solchen
Besprechungen teilnehmen.

Eine Liste der öffentlichen, sowie der barrierefreien WC-Anlagen in Graz findet man
unter dem Link:
https://www.gbg.graz.at/cms/dokumente/10327610/8ae2998d/%C3%96ffnungszeite
n%20WC%20-%20Anlagen.pdf

Kontakt:
GBG Gebäude- und Baumanagement
Team Reinigung und Service

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Telefon: 0316 872-8681
E-Mail: martina.kauder@gbg.graz.at

Sanierung des Gemeinderats-Saals
Frau Constanze Koch-Schmuckerschlag und Herr Andreas Ledl berichten von den
Sanierungsarbeiten im Gemeinderats-Saal der Stadt Graz. Einerseits wurden
Ausstattung und Technik modernisiert, auf der anderen Seite war es wichtig den
Denkmalschutz einzuhalten. Es wird nun möglich sein, die Sitzungen des
Gemeinderats live im Internet zu übertragen. Die induktive Höranlage wurde
erneuert. Die schweren Holztüren können jetzt automatisch geöffnet werden. Für
Gemeinderätinnen oder Gemeinderäte, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind,
besteht nun über eine Rampe Zugang zum Podest, beziehungsweise dem
Rednerpult, das auch höhenverstellbar ist. In der Zuschauer-Galerie gibt es zwei
Rollstuhlplätze, über Bildschirme kann man die Sitzung nun besser verfolgen. In der
Garderobe gibt es abgesenkte Haken für Rollstuhlfahrerinnen und Fahrer. Auch der
Stadtsenats-Sitzungssaal, in dem die Sitzungen des Beirates abgehalten werden,
wurde besser ausgestattet, es gibt nun einen großen Bildschirm für Präsentationen.
Frau Koch-Schmuckerschlag berichtet von der Sanierung der Schmiedgasse und
anderen Sanierungen von Gassen und Straßen. Ein wichtiges Thema ist der Belag,
der verwendet wird, und ob das Kleinstein-Pflaster gut mit dem Rollstuhl befahren
werden kann. Dazu wird es eine Begutachtung mit Menschen mit Behinderung
geben, ob der Belag den Anforderungen der Barrierefreiheit entspricht. Ein weiteres
Thema ist die Situation von Querungen in Haltestellenbereichen. Oft muss im
Haltestellenbereich auch ein Radweg überquert werden, es gilt diese Bereiche mit
taktilen Bodenmarkierungen für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen sicherer zu
gestalten. Zusätzlich wird gerade im Bereich der Keplerstraße eine neue gelbe
Bodenmarkierung getestet, damit Radfahrerinnen und Radfahrer erkennen, dass sie
sich einem sensiblen Übergang nähern und langsamer fahren müssen. Diese

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Markierung soll auch bei der Haltestelle Keplerbrücke angebracht werden.

Woche der Inklusion

Herr Palle berichtet von der Woche der Inklusion von 5. bis 9. Juli in Graz. Neben der
Präsentation von Schaufenster-Puppen mit Behinderung in verschiedenen
Geschäften und Veranstaltungen wird es umfassende Informationen auf der
Internetseite www.graz.at/info-behinderung geben. Alle Vereine und Organisationen
im Behindertenbereich haben dort für längere Zeit die Möglichkeit ihre Angebote zu
präsentieren. Die Seite wird sehr gut beworben, und es gibt kurze Videos von
Betroffenen auf sozialen Kanälen.

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                                                                           Alfons Rupp

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