Ratsbericht - Konrad-Adenauer-Stiftung

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Ratsbericht - Konrad-Adenauer-Stiftung
Juni 2021

Ratsbericht
Europabüro Brüssel

Auf dem Weg zu einer mutigeren Union?
Halbzeit eines turbulenten Jahres

Europäischer Rat am 24. und 25. Juni 2021

Dr. Hardy Ostry, Kai Gläser, Sophia Pena Pereira, Anton Degenfeld, Jana Bernhardt

Der vermutlich vorletzte reguläre Ratsgipfel         diese weiterhin nach Plan, sodass die Zielmarke,
mit Bundeskanzlerin Angela Merkel beschäf-           70 Prozent der erwachsenen EU-Bevölkerung bis
tigte sich mit außenpolitischen Themen, der          Ende des Sommers mit mindestens einer Impfdo-
Corona-Pandemie und ihren Folgen sowie der           sis zu versorgen, fortbesteht. Am 28. Mai hatte mit
Migrationspolitik. Die Staats- und Regierungs-       Malta der erste EU-Mitgliedsstaat die Schwelle von
chefs waren bei den meisten Themen um eine           70 Prozent Erstimpfungen überschritten und er-
einheitliche Beschlussfassung bemüht, offen-         klärte, man habe die lang ersehnte Herdenimmu-
barten jedoch auch immer wieder offene               nität erreicht. Dies soll nun Schritt für Schritt auch
Bruchstellen. Prominentestes Beispiel war            in den anderen 26 EU-Staaten gelingen.
eine ebenso intensive wie emotionale Diskus-
                                                     Um die Mobilität innerhalb der Europäischen
sion über das ungarische Gesetz, welches Ju-
                                                     Union – vor allem mit Blick auf die in einigen Län-
gendlichen den Zugang zu Informationen über
                                                     dern unmittelbar bevorstehenden Sommerferien
Homo- und Transsexualität erschweren soll
                                                     – wiederherzustellen, hatten sich die Staats- und
und von Kommissionspräsidentin Ursula von
                                                     Regierungschefs während ihres Sondergipfels im
der Leyen tags zuvor als “Schande” bezeichnet
                                                     vergangenen Monat auf die Einführung eines digi-
worden war.
                                                     talen Impfzertifikats verständigt, welches vollstän-
                                                     dig immunisierten Europäerinnen und Europäern
COVID-19
                                                     das quarantänefreie Reisen innerhalb der Union
Hintergrund                                          ermöglichen soll. Im Laufe der vergangenen Wo-
                                                     chen wurden bereits mehrere Millionen solcher
Die positive Entwicklung aller relevanten COVID-
                                                     Zertifikate ausgegeben. Kommissionspräsidentin
Indikatoren setzte sich in den vergangenen Wo-
                                                     Ursula von der Leyen konnte davon bereits Ge-
chen in fast ganz Europa fort. Waren auf der Karte
                                                     brauch machen, als sie in der vergangenen Woche
des Europäischen Zentrums für die Prävention
                                                     zu ihrer Europa-Tour durch die Mitgliedsstaaten
und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) im April
                                                     aufbrach, um den nationalen Regierungen die von
noch weite Teile des Kontinents rot eingefärbt,
                                                     der Europäischen Kommission freigegebenen Auf-
werden mittlerweile nur noch einzelne Regionen
                                                     baupläne zu überreichen.
in Spanien sowie französische Überseegebiete als
Regionen mit einem hohen Infektionsrisiko ausge-     Mit Sorge blickten die Staats- und Regierungschefs
wiesen. Politiker wie Experten führen diese Ent-     in den vergangenen Wochen jedoch auf die rasche
wicklungen zum einen auf saisonale Effekte zu-       Ausbreitung von Virusvarianten. So ist die zu-
rück, zum anderen jedoch auch auf die europa-        nächst in Indien entdeckte Delta-Variante des Vi-
weit auf Hochtouren laufende Impfkampagne.           rus auf dem gesamten Kontinent auf dem Vor-
Trotz eines Rückschlags bei der Impfstoffentwick-    marsch. Sie gilt als deutlich ansteckender und
lung des Tübinger Unternehmens Curevac läuft         steht im Verdacht, die Immunantwort des
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Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.
Ratsbericht                                                                                     Juni 2021    2
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menschlichen Körpers besser umgehen zu kön-           Kommentar
nen als der Wildtyp und die inzwischen überall in
                                                      Die Diskussion über die Bekämpfung der Pande-
Europa dominante Alpha-Variante, welche Ende
                                                      mie nahm deutlich weniger Raum ein als bei vor-
2020 in Großbritannien entdeckt worden war.
                                                      hergegangenen Treffen, was vor allem mit der ver-
Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach vor der Ab-
                                                      besserten Gesamtsituation zu erklären ist. Dar-
reise nach Brüssel aus diesem Grund immer wie-
                                                      über hinaus waren wichtige Entscheidungen be-
der davon, dass man sich trotz ermutigender Zah-
                                                      reits beim letzten Gipfel getroffen worden, sodass
len, noch immer „auf dünnem Eis“ bewege.
                                                      die Staats- und Regierungschefs den Pandemiebe-
Entwicklung                                           ratungen in diesem Fall nur den Charakter einer
                                                      Bestandsaufnahme zuschrieben. Ob sich die Öff-
Die Staats- und Regierungschefs nahmen im Laufe
                                                      nungspläne mit Blick auf das grenzüberschrei-
des ersten Gipfeltages eine Bestandsaufnahme
                                                      tende Reisen in der Sommerzeit vollständig um-
der gegenwärtigen Corona-Maßnahmen der
                                                      setzen lassen, werden wohl erst die kommenden
Union vor und zeichneten alles in allem ein positi-
                                                      Wochen zeigen. Sollte sich der Trend der niedrigen
ves Bild. So begrüßte der Europäische Rat in sei-
                                                      Inzidenzen und deutlich rückläufigen Kranken-
nen Schlussfolgerungen die großen Fortschritte in
                                                      hauseinweisungen und Todesfälle fortsetzen und
der Impfkampagne und die allgemein verbesserte
                                                      das Impftempo weiter hochgehalten werden,
epidemiologische Lage, rief jedoch zu Wachsam-
                                                      könnte der Plan der Europäischen Institutionen
keit im Umgang mit neu auftretenden Virusvarian-
                                                      aufgehen. Die große Unbekannte in dieser Glei-
ten auf. Gleichzeitig unterstrich man den Willen,
                                                      chung sind jedoch die Virusvarianten, die zuletzt
eine vollständige Rückkehr zur Freizügigkeit mit
                                                      dafür sorgten, dass die Zahl der Neuinfektionen
Hilfe des digitalen COVID-Zertifikats einzuleiten
                                                      im Vereinigten Königreich sprunghaft angestiegen
und bekannte sich klar zur internationalen Solida-
                                                      war und eigentlich vorgesehene Lockerungen ver-
rität in der Coronakrise. So soll die COVAX-Initia-
                                                      schoben werden mussten. Virologen in mehreren
tive weiter unterstützt werden, welche den univer-
                                                      Mitgliedsstaaten weisen jedoch bereits darauf hin,
sellen Zugang zu Impfstoffen für alle Menschen si-
                                                      dass die Situation in Großbritannien nicht unbe-
cherstellen will. Gleichzeitig arbeite man an Kon-
                                                      dingt als Blaupause für den Kontinent dienen
zepten, die bislang zugelassenen Impfstoffe auch
                                                      müsse, da die Lage mit Blick auf Impffortschritt
in anderen Teilen der Welt herzustellen, um der
                                                      und klimatische Bedingungen nicht vollständig
Impfstoffknappheit in weiten Teilen der Welt ent-
                                                      identisch sei. In jedem Fall müssen auch die Bür-
gegenzutreten. Zudem berieten die Staats- und
                                                      gerinnen und Bürger innerhalb der Europäischen
Regierungschefs auf Grundlage des Kommissions-
                                                      Union wachsam und vor allem vorsichtig bleiben –
berichts über erste Lehren aus der Pandemie und
                                                      sowohl im eigenen Land als auch im von vielen er-
baten die kommende Ratspräsidentschaft, darauf
                                                      sehnten Sommerurlaub.
hinzuarbeiten, die gemeinsame Krisenvorsorge,
Reaktionsfähigkeit und Resilienz der Union weiter
                                                      Wirtschaftliche Erholung
zu stärken. Dieser Appell richtete sich an Slowe-
nien, welches den Ratsvorsitz am 1. Juli von Portu-   Hintergrund
gal übernimmt.
                                                      Der allmähliche Start des europäischen Aufbau-
In der anschließenden Pressekonferenz zeigten         plans "Next Generation EU", eingeläutet durch die
sich die Staats-und Regierungschefs mit Blick auf     offizielle Genehmigung der ersten 12 nationalen
die Pandemie grundsätzlich optimistisch, beton-       Recovery-Pläne und die Herausgabe der entspre-
ten jedoch auch, dass weiterhin Vorsicht geboten      chenden Anleihen, bestimmte im Voraus des Gip-
sei. Dieser Einschätzung schloss sich auch Kom-       fels das wirtschaftliche Tagesgeschäft der Europä-
missionspräsidentin von der Leyen an, die nach        ischen Kommission. Begleitet von einer offiziellen
dem Gipfel davon sprach, dass – neben den hin-        Rundreise von Kommissionspräsidentin Ursula
länglich bekannten Individualmaßnahmen – nur          von der Leyen durch die Hauptstädte der 12 ent-
eine schnelle Durchimpfung der Bevölkerung die        sprechenden Mitgliedsstaaten sendete dies die
Verbreitung der Delta-Variante verlangsamen           klare Nachricht, dass die seit langem angekün-
könne, da der volle Impfschutz auch gegen diese       digte und viel debattierte Recovery and Resilience
Mutante schütze. Insgesamt habe man bereits           Facility der EU nun endlich beginnen wird, wirt-
mehr als 420 Millionen Dosen der Impfstoffe von       schaftliche Erholungsmaßnahmen und wichtige
BioNTech/Pfizer, Moderna, AstraZeneca und John-       Investitionen in ganz Europa zu finanzieren.
son&Johnson an die Mitgliedsstaaten geliefert.
                                                      Der Ratsgipfel war allerdings nicht nur als Möglich-
                                                      keit der Bestandsaufnahme der Startphase des
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.
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Aufbauplans gedacht. Das Treffen, zu dem die Prä-    den. Diese Entscheidung wurde von den versam-
sidenten der Europäischen Zentralbank und der        melten Regierungschefs ohne weitere Diskussio-
Euro-Gruppe, Christine Lagarde und Paschal           nen akzeptiert.
Donohoe, ebenfalls eingeladen waren, sollte au-
                                                     Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte
ßerdem die Möglichkeit einer Corona-bedingten
                                                     griff zudem das Thema des Stabilität und Wachs-
Inflation, das Thema der globalen Körperschafts-
                                                     tumspakts auf. Der während der Verhandlungen
steuerreform, den Fortschritt bei der europäi-
                                                     um den Aufbauplan zu den sogenannten "Frugal
schen Banken- und Kapitalmarktunion und die im
                                                     Five" gehörende Regierungschef thematisierte die
Rahmen des Sozialgipfel in Porto beschlossenen
                                                     aufgrund der Pandemie hohen Schuldenstands-
Ziele zur europäischen Säule der sozialen Rechte
                                                     quoten und sprach die aus seiner Sicht zentrale
behandeln. Allerdings zeichnete sich wie auch
                                                     Rolle stabiler Staatsfinanzen an. Zwar sei der Sta-
schon bei den vorherigen diesjährigen Ratsgipfeln
                                                     bilitätspakt auch für wirtschaftliches Wachstum
ab, dass andere Themen die Tagesordnung domi-
                                                     wichtig, seine Hauptaufgabe sei aber immer noch
nieren würden, und somit nicht alle wirtschaftli-
                                                     die Stabilisierung des Euros durch starke Finanz-
chen Angelegenheiten zur Fülle behandelt werden
                                                     politik und Haushaltsdisziplin, so Rutte. Es sei da-
könnten.
                                                     her nun Aufgabe der Kommission, Vorschläge für
Entwicklung                                          die Zukunft des Pakts bereitzustellen.

Die am Freitagvormittag stattfindenden wirt-         Bei der anschließenden Pressekonferenz gab
schaftspolitischen Besprechungen wurden von ei-      Kommissionspräsidentin von der Leyen zunächst
ner Präsentation des Präsidenten der Euro-           einen Rückblick auf den wirtschaftlichen Umgang
Gruppe, Paschal Donohoe, eingeleitet. Der Ire        der Kommission mit der Pandemie. Zwar sei man
konnte zunächst eine stärker als ursprünglich ge-    auf die Pandemie selbst nicht gut vorbereitet ge-
dachte Wachstumsprognose für die Euro-Zone           wesen, da es noch nie zuvor in der Geschichte der
vermelden, die er auf die Fortschritte bei den       Union etwas Vergleichbares gegeben hatte, in fi-
Impfkampagnen der Mitgliedstaaten und die Eini-      nanzieller Hinsicht habe man aber aus der Welt-
gung zum europäischen Aufbauplan zurückführte.       wirtschaftskrise 2008 lernen und deshalb schnell
Besonders durch letzteres schien er die optimisti-   mehrere wichtige Schritte durchführen können, so
schen Worte von Ratspräsident Charles Michel in      von der Leyen. Dazu habe das Versorgen der von
dessen Einladungsschreiben zum Ratsgipfel zu be-     der Pandemie gelähmten Wirtschaften mit drin-
stätigen, in dem dieser ankündigte, die nationalen   gend benötigter Liquidität, die Flexibilisierung der
Recovery-Pläne würden die wirtschaftliche Erho-      EU-Fonds, die Aktivierung der generellen Ausnah-
lung Europas möglich machen und den Weg zu           meklausel (General Escape Clause) des Stabilitäts-
den sogenannten "dual transitions", dem digitalen    und Wachstumspakts sowie die Bereitstellung
und grünen Wandel der EU, ebnen.                     staatlicher Beihilfen gezählt.

Beim Thema der Bankenunion hielt Donohoe al-         Durch diese Maßnahmen wurde der Aufbauplan
lerdings fest, dass hier noch viel Arbeit und Zeit   "Next Generation EU" ermöglicht. 24 der 27 Mit-
vonnöten wäre, bevor die vor sieben Jahren be-       gliedstaaten hätten ihre nationalen Recovery-
schlossene Institution zur gemeinsamen Finanz-       Pläne schon zur Begutachtung durch die Kommis-
marktaufsicht vollendet werden könnte. Außer-        sion abgegeben, von denen 12 bereits genehmigt
dem merkte er an, dass bald wichtige Entschei-       wurden, so die Kommissionspräsidentin. Das Kri-
dungen für eine bessere digitale Rolle des Euros     terium, mindestens 20 Prozent der zugeteilten
getroffen werden müssten, welche die Zukunft         Mittel in die Digitalisierung zu investieren, sei bis
der Gemeinschaftswährung prägen würden. An-          jetzt von allen Plänen eingehalten oder sogar
schließend erklärte der Präsident, warum er die      übertroffen worden. Ebenso verhielte es sich mit
Entscheidung getroffen hatte, die Debatte um die     der Vorgabe, mindestens 37 Prozent in grüne bzw.
Gründung des European Deposit Insurance              nachhaltige Programme zu investieren, was prak-
Schemes (EDIS) zu vertagen. Der Plan zur Schaf-      tisch bedeute, das mindestens 200 Milliarden Euro
fung einer gemeinsamen Geld-Rücklage als Absi-       innerhalb der nächsten Jahre in solche Projekte in
cherung der europäischen nationalen Einlagensi-      Europa fließen würde.
cherungsfonds ist immer noch äußerst kontrovers
                                                     Kommentar
und hatte zu großen Uneinigkeiten zwischen
Deutschland und Italien geführt. Die entsprechen-    Die lebhaften Diskussionen bezüglich des ungari-
den Verhandlungen sollen daher nach den Bun-         schen LGBTQ-Gesetzes sowie zur Möglichkeit ei-
destagswahlen im September weitergeführt wer-        nes EU-Russland Gipfels, die dazu führten, dass
                                                     der erste Verhandlungstag des Ratsgipfels erst
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.
Ratsbericht                                                                                     Juni 2021    4
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spät nach Mitternacht zu Ende ging, hatten sichtli-   Entwicklung
che Spuren bei den Teilnehmern hinterlassen. Die
                                                      Die üblichen langen und unbequemen Verhand-
Energie für lange finanzpolitische Debatten war
                                                      lungen zum Thema EU-Migration konnten dieses
am Freitagvormittag schlicht nicht mehr vorhan-
                                                      Mal umgangen werden. Der Streit über die ge-
den. Dies erklärt auch warum, sonst eigentlich
                                                      meinsame Asylpolitik wurde keinesfalls gelöst, ge-
kontroverse Themen wie die schleppende Ent-
                                                      schweige denn ansatzweise zur Diskussion ge-
wicklung der Bankenunion oder der EDIS-Vor-
                                                      stellt. Die festgefahrene Situation wurde schlicht
schlag nicht ausführlicher behandelt wurden, und
                                                      übergangen, indem sich die Staats- und Regie-
manche Themenbereiche nur in den abschließen-
                                                      rungschef auf die Bereiche der Migrationspolitik
den Schlussfolgerungen Erwähnung fanden. Zwar
                                                      konzentrierten, bei denen grundsätzlich ein brei-
ermöglichte dies den Ratsmitgliedern, sich mehr
                                                      ter Konsens besteht, wie zum Beispiel den Ausbau
auf andere Themenbereiche zu konzentrieren, be-
                                                      der Partnerschaften und Zusammenarbeit mit
deutete allerdings auch, dass viele belangreiche
                                                      Herkunfts- und Transitländern. In nur wenigen Mi-
Angelegenheiten vertagt werden mussten.
                                                      nuten und ohne letzte Änderungen wurden die
Die Schlussfolgerungen des Gipfels hielten fest,      Schlussfolgerungen zum Thema Migration bereits
dass der Rat die Umsetzung des im Mai abgeseg-        am ersten Gipfelabend gebilligt.
neten EU-Eigenmittelbeschlusses begrüßt und die
                                                      Als integraler Bestandteil des auswärtigen Han-
Kommission zu einer fristgerechten Umsetzung
                                                      delns der EU wurde beschlossen, die Partner-
des Aufbauplans anhält. Die Verpflichtung zur
                                                      schaften mit Herkunfts- und Transitländern aus-
Vollendung der Bankenunion wurde erneuert,
                                                      zubauen. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit sol-
und das Einverständnis zu den Handlungsempfeh-
                                                      len Fluchtursachen bekämpft, Flüchtlinge unter-
lungen zum Aktionsplan zur Säule der sozialen
                                                      stützt, Menschenhandel unterbunden und Grenz-
Rechte, zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungs-
                                                      kontrollen verstärkt werden. Der „whole-of-route
gebietes sowie zum weiteren Engagement im Be-
                                                      approach“ (Gesamtkonzept für alle Routen) um-
reich der globalen Körperschaftssteuerreform
                                                      fasst zudem legale Migrationsmöglichkeiten sowie
wurde gegeben. Fast unbeachtet blieb eine An-
                                                      Rückkehr und Rückübernahme. In diesem Zusam-
kündigung des kroatischen Ministerpräsidenten
                                                      menhang fordert der Rat die Kommission auf, im
Andrej Plenkovic gegen Ende des Gipfels, sein
                                                      Herbst dieses Jahres Aktionspläne für vorrangige
Land sei im Zeitplan um 2023 der Euro-Zone bei-
                                                      Herkunfts- und Transitländer vorzulegen. Diese
zutreten.
                                                      Aktionspläne sollen klare Ziele, weitere Unterstüt-
                                                      zungsmaßnahmen sowie konkrete Zeitpläne vor-
Migration
                                                      geben. Darüber hinaus ersucht der Rat die Kom-
Hintergrund                                           mission, mindestens 10 Prozent der Finanzaus-
                                                      stattung des neuen Instruments für Nachbar-
Zuletzt stand das Thema Migration 2018 auf der
                                                      schaft, Entwicklungszusammenarbeit und interna-
Agenda des Europäischen Rates. Nach mehreren
                                                      tionale Zusammenarbeit (NDICI) und andere Fi-
Verschiebungen veröffentlichte die Kommission
                                                      nanzmittel für diese Maßnahmen zu nutzen.
schließlich im September 2020 das langerwartete
„Neue Migrations- und Asyl Paket“. Das Paket um-      Zu guter Letzt verurteilen und missbilligen die
fasst einen gemeinsamen europäischen Rahmen           Staats- und Regierungschef den Versuch von Dritt-
für Migrations- und Asylmanagement (Ersetzung         ländern, „Migranten für politische Zwecke zu in-
des Dublin-Systems), einschließlich weiterer Legis-   strumentalisieren“.
lativvorschläge, wie beispielsweise eine neue Asyl-
                                                      Kommentar
verfahrensverordnung und eine Screening-Ver-
ordnung. Der Mechanismus für verpflichtende So-       Aufgrund der festgefahrenen Verhandlungen zwi-
lidarität (Möglichkeit der Aufnahme von Migran-       schen den Mitgliedsstaaten sind die Staats- und
ten oder Rückführungs-Partnerschaften) soll ei-       Regierungschef regelrecht gezwungen, sich immer
gentlich die Fronten zwischen den zwei Staaten-       mehr auf Drittländer zu verlassen. Diese wussten
gruppen, bestehend zum einen aus den Mittel-          schnell mit dieser Erkenntnis „umzugehen“ und
meeranrainerstaaten Griechenland, Italien, Spa-       nutzen die Situation zur politischen Einfluss-
nien, Zypern und Malta und zum anderen aus            nahme aus. Im letzten Punkt der Schlussfolgerun-
Staaten, wie Polen, Ungarn und auch Österreich,       gen erkannte die EU diese Realität an und legt
die sich weigern, Migranten aus den Ländern der       gleichzeitig offen, dass die Handlungsunfähigkeit
ersten Ankunft aufzunehmen, versöhnen. Eine eu-       der EU in Sachen Migrationspolitik nicht nur die in-
ropäische Lösung ist in den Verhandlungen jedoch      terne, sondern auch die externe Dimension be-
bisher nicht in Sicht.                                trifft. In der Vergangenheit hätte man vermutet,
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.
Ratsbericht                                                                                        Juni 2021    5
                                                                                                            5
dass die Missbilligung in erster Linie an die Türkei   Regeln basierten Ordnung zurückzudrängen und
gerichtet sei. Den Entwicklungen der vergangenen       zu guter Letzt Situationen auf internationaler
Monate entlang der westlichen Mittelmeer Route         Ebene zu schaffen, um die Rolle der EU zu be-
und an der Grenze zwischen Litauen und Belarus         schneiden.
geschuldet, gilt diese Verurteilung nun wohl auch
                                                       Entwicklung
für Marokko und Belarus.
                                                       Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, An-
Der politische Druck von außen wird so lange be-
                                                       tonio Guterres, war bei diesem Ratstreffen mit von
stehen bleiben, bis die EU die Umverteilung der
                                                       der Partie. Es war zwar nicht das erste Mal, dass
Migranten innerhalb Europas regelt – eine Eini-
                                                       ein UN-Generalsekretär bei einem Ratsgipfel auf
gung ist auf absehbarer Zeit jedoch nicht in Sicht.
                                                       die Staats- und Regierungschefs traf, dennoch
                                                       bleibt es etwas Besonderes. Als ehemaliger portu-
Außenpolitik
                                                       giesischer Premierminister war er selbst Mitglied
Hintergrund                                            des Rates gewesen. Guterres war eine Woche vor
                                                       dem Gipfel erneut zum Generalsekretär der UN
Eigentlich sollten Russland und die Türkei bereits
                                                       gewählt worden. Der Präsident des Europäischen
breiten Raum auf der Agenda der Sondertagung
                                                       Rates, Charles Michel, lief zusammen mit Guterres
des Rates im Mai einnehmen. Der Zwischenfall der
                                                       ein, gratulierte ihm zu seiner Wiederwahl und be-
Zwangslandung des Personenflugzeuges in Bela-
                                                       dankte sich wertschätzend für seinen Besuch. Mi-
rus jedoch lenkte die Aufmerksamkeit so stark auf
                                                       chel betonte in seinem kurzen Presse-Statement,
sich, dass ebenso bedeutende und wichtigen The-
                                                       die UN und die EU würden über die „gleiche DNA“
men beim letzten Gipfel etwas kürzer gehalten
                                                       verfügen, und dass beide Seiten die Zusammenar-
wurden.
                                                       beit stärken wollten. Der multilaterale Ansatz sei
Für die Beziehungen zur und den Umgang mit der         der einzig sinnvolle und zudem notwendige Hebel,
Türkei markierte das Treffen im März wohl einen        um Schwierigkeiten, mit denen die Welt konfron-
wichtigen Meilenstein, wenngleich es nicht für alle    tiert wird, nachhaltig lösen zu können. Gleichzeitig
Beteiligten zufriedenstellend sein konnte. Es schuf    müsste bei allen existenziellen Strategien die Zer-
jedoch einen Rahmen, der es vermag, die Bezie-         brechlichkeit von Gesellschaften berücksichtigt
hungen tendenziell zu verbessern und zu kontrol-       werden. Es brauche Antworten auf außenpoliti-
lieren. Themen wie Gesundheit, Klimabelange,           sche Fragen und Bedrohungen, darunter der Um-
Terrorismusbekämpfung und regionale Fragen             gang mit Russland, der Türkei und Belarus. Nicht
sind von beiderseitigem Interesse. Dennoch gibt        zu vernachlässigen sei außerdem die Gesetzlosig-
es vielerlei Hindernisse, die es zu überwinden gilt:   keit im Cyber-Raum.
Die Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit, der Um-
                                                       Der französische Präsident Emmanuel Macron
gang mit Menschenrechten, das Scheitern der von
                                                       hob in seinem Eingangsstatement die Wichtigkeit
den Vereinten Nationen geförderten Zypernver-
                                                       einer klaren Positionierung hervor und betonte
handlungen, die Unterdrückung der Opposition
                                                       mit Blick auf die EU-Russland-Beziehungen, wie
und die Verletzung der Meinungsfreiheit. Darun-
                                                       entscheidend es sei, klare Linien zu ziehen („clari-
ter subsumieren lassen sich beispielsweise die In-
                                                       fier les lignes“). Es brauche eine „Politik der Stabi-
haftierung von Andersdenkenden und das gewalt-
                                                       lität“, eine klare Koordination und eine starke Ein-
same Vorgehen gegen Journalisten.
                                                       heit der Europäer. Um diese Stärke zu erreichen,
Mit Blick auf Russland hatte der Europäische Aus-      müssten die fünf Prinzipien, die von den EU-Au-
wärtige Dienst (EAD) zusammen mit der Kommis-          ßenministern 2016 verkündet worden waren,
sion auf der Grundlage des Treffens vom 25. Mai        nicht nur eingehalten, sondern auch sauber defi-
eine Mitteilung erarbeitet, die bereits vor dem Gip-   niert werden. Diese umfassen die vollständige
feltreffen am 24. und 25. Mai in Umlauf gebracht       Umsetzung der Minsker Vereinbarung, die Her-
worden war. Diese spricht unter anderem von der        stellung engerer Beziehungen zu Russlands ehe-
gemeinsamen Verantwortlichkeit für Frieden und         maligen sowjetischen Nachbarn, die Stärkung der
Sicherheit auf dem gemeinsamen Kontinent zu            Widerstandsfähigkeit der EU gegenüber russi-
sorgen. Es gebe großes Potential für Zusammen-         schen Bedrohungen, selektives Engagement mit
arbeit. Die russische Regierung verfolge jedoch        Russland bei bestimmten Themen wie der Terro-
oftmals Gegenteiliges. Die Beziehung leide vor al-     rismusbekämpfung und die Unterstützung von
lem unter dem Bestreben Russlands, seine Nach-         Kontakten zwischen den Menschen. Um diese
barn in eine Abhängigkeit zu bringen, ein politisch    Themen besprechen zu können, schlugen Macron
geeintes Europa zu untergraben, die europäische        und Angela Merkel einen EU-Russland-Gipfel auf
Vision einer multilateralen und auf gemeinsamen
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.
Ratsbericht                                                                                      Juni 2021   6
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Leitungsebene vor, konnten sich damit jedoch           und Libyen will der Europäische Rat mit Russland
nicht durchsetzen.                                     zusammenarbeiten.

In Bezug auf die Zusammenarbeit und den Um-            Der Europäische Rat begrüßt die rechtzeitige Um-
gang mit der Türkei kam der Europäische Rat zu         setzung der Sanktionen gegenüber Belarus, die
folgenden Schlussfolgerungen: Dialoge, die auf         am 24. und 25. Mai beschlossen wurden. Wenn-
gemeinsame Themenfelder abzielen, sollen weiter        gleich Belarus bereits ausführlich auf diesem Son-
möglich gemacht werden. Auch dadurch kann die          dergipfel diskutiert worden war, so wird der
vorgesehene umkehrbare und verhältnismäßige            brenzligen und undemokratischen Lage, die in
Zusammenarbeit ermöglicht werden. Der Europä-          dem Land weiter vorherrscht, weiterhin große
ische Rat erinnert an das strategische Interesse       Aufmerksamkeit geschenkt. Sanktionen wurden
der EU an einem sicheren und stabilen Umfeld im        erarbeitet, die Staats- und Regierungschefs müs-
östlichen Mittelmeer. Er weist darauf hin, dass        sen die rechtzeitige Umsetzung der Maßnahmen
Schwierigkeiten bei den Arbeiten zur Modernisie-       im Einklang mit den Schlussfolgerungen vom
rung der Zollunion dringend angegangen werden          24./25. Mai erzielen. Zudem unterstrichen die
müssten, da deren Wirkung für die Mitgliedsstaa-       Staats- und Regierungschefs in eben diesen
ten andernfalls nicht spürbar wäre. Einigung           Schlussfolgerungen nochmals die Forderung nach
wurde auch in Bezug auf die Fortsetzung der Fi-        sofortiger Freilassung aller politischen Gefange-
nanzierung für syrische Flüchtlinge sowie die Auf-     nen und willkürlich inhaftierten Personen, ver-
nahmegemeinschaften in der Türkei, Jordanien,          langten ein Ende der Repression der Zivilgesell-
im Libanon und weiteren Teilen der Region erzielt.     schaft und die Erneuerung der unabhängigen Me-
Der Europäische Rat bekräftigt sein Eintreten für      dien. Das belarussische Volk habe zudem das
umfassende Lösungen in der Zypern-Frage im Ein-        Recht darauf, seine Präsidentin oder seinen Präsi-
klang mit den Resolutionen des UN-Sicherheitsra-       denten frei, demokratisch und fair zu wählen.
tes.
                                                       Die anhaltenden Gräueltaten, die ethnisch moti-
Weitere zentrale Anliegen stellen nach wie vor die     vierte und sexuelle Gewalt und andere Verletzun-
Missachtung der Rechtsstaatlichkeit und der Um-        gen von Menschenrechten in der äthiopischen Re-
gang mit Grundrechten in der Türkei dar. Dies          gion Tigray wurden vom Europäischen Rat scharf
stehe nicht im Einklang mit den Verpflichtungen        verurteilt. Feindseligkeiten sollten sofort einge-
seitens der Türkei, demokratische Werte, die           stellt werden und eritreische Streitkräfte sollen
Rechtsstaatlichkeit und Rechte von Frauen zu           sich zurückziehen. Der Rat bekräftigt seine Unter-
schützen und zu achten. Mit Blick auf Frieden und      stützung bei der Durchführung demokratischer
Stabilität erwartet der Europäische Rat von der        Reformen.
Türkei tatkräftige Unterstützung, da dieses Ziel ein
                                                       Der Europäische Rat will die Bemühungen der G5
gemeinsames darstellt.
                                                       Sahel-Länder in ihrem Vorhaben unterstützen, die
Auch Russland betreffend gelte es, sich geschlos-      Staatsführung, die Rechtsstaatlichkeit und die Er-
sen auf ein einheitliches und langfristiges Vorge-     bringung öffentlicher Dienstleistungen zu stär-
hen zu verständigen. Bereits auf dem Sondergipfel      ken.
Ende Mai waren die Beziehungen zu Russland er-
                                                       Der Europäische Rat verurteilt die jüngsten böswil-
örtert worden, wobei sowohl der Bericht des Ho-
                                                       ligen Cyber-Aktivitäten gegen Mitgliedsstaaten,
hen Vertreters als auch der Kommission berück-
                                                       unter anderem in Irland und Polen. Er ersucht den
sichtigt wurden. Der Europäische Rat erwarte von
                                                       Rat, geeignete Maßnahmen im Rahmen des In-
Russland, dass destruktive Aktionen gegen die EU,
                                                       strumentariums der Cyberdiplomatie zu prüfen.
ihre Mitgliedsstaaten und Drittländer eingestellt
werden und ziele zudem auf die Stärkung seiner         Kommentar
Widerstandsfähigkeit und Resilienz. Dies sei ge-
                                                       Der litauische Präsident Gitanas Nausėda traf bei
rade in Situationen, in denen es strenge Reaktio-
                                                       seinem Eingangsstatement den Nagel auf den
nen bedarf, unabdingbar. Auch die Östliche Part-
                                                       Kopf: Wichtig im Umgang mit Russland sei vor al-
nerschaft solle in diesem Zusammenhang intensi-
                                                       lem der Glaube an die europäischen Werte und
viert und verstärkt werden.
                                                       Prinzipien. Die EU müsse konsistenter sein und
In den Themenfeldern Klima und Umwelt, Ge-             handeln. Die fünf Prinzipien müssten zudem res-
sundheit, ausgewählte außen- und sicherheitspo-        pektiert werden.
litische Themen, multilaterale Fragen, wie dem
                                                       Die EU muss nun Wege zur Konfliktbeilegung fin-
JCPoA (Joint Comprehensive Plan of Action), Syrien
                                                       den. Dabei scheint das Rezept so einfach zu sein:
                                                       Eine geschlossene Antwort auf Provokationen,
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.
Ratsbericht                                                                                     Juni 2021   7
                                                                                                        7
Konfliktlösungen über Herstellung von Gesprächs-      mission und die portugiesische Ratspräsident-
formaten, das Stärken einer einheitlichen europä-     schaft, der die ungarische Regierung zwar nicht
ischen Stimme.                                        namentlich erwähnte, allerdings keinerlei Zweifel
                                                      über den Adressaten der darin enthaltenen schar-
Die Tatsache, dass der Vorschlag von Macron und
                                                      fen Kritik zuließ.
Merkel zu einem neuen Anlauf in den EU-Russland
Beziehungen keine Mehrheit fand, ist weniger als      Der in die Defensive gedrängte ungarische Minis-
Scheitern der Pariser und Berliner Bemühungen         terpräsident Viktor Orbán versicherte, dass das
zu sehen, sondern Ausweis durchaus unterschied-       von seiner Regierung verabschiedete neue Gesetz
licher geopolitischer Betroffenheiten, die durch-     falsch charakterisiert wurde und er selbst ein Ver-
aus auch unter den EU27 eine wichtige Rolle spie-     teidiger der Rechte Homosexueller sei. Sein nie-
len. Hier einen strategischen Zusammenhang mit        derländischer Amtskollege Mark Rutte sowie eine
dem nur eine Woche zuvor in Genf stattgefunde-        Mehrzahl der anwesenden Staats- und Regie-
nen Treffen von Joe Biden und Wladimir Putin zu       rungschefs waren sichtlich unbeeindruckt, wenn-
sehen, ist sicher nicht abwegig. Bei der Ablehnung    gleich Orban sichtbar von der Front der Kritiker
eines zu frühen Aufeinanderzugehens insbeson-         überrascht schien. Der Vorwurf, dass das Gesetz
dere durch die baltischen Staaten mag neben der       einer Verletzung der fundamentalen Grundsätze
eigenen historischen Erfahrung vor allem auch         der Europäischen Union gleichkäme, erhielt breite
das von Biden selbst in den Raum gestellte Zeit-      Unterstützung. Rutte ging sogar so weit, Orbán ei-
fenster von sechs Monaten, in denen Moskau Ge-        nen Austritt seines Landes aus dem Staatenbund
legenheit hat, sein belastbares Interesse an Dialog   nahezulegen, woraufhin ihm vorgeworfen wurde,
zu manifestieren, eine Rolle gespielt haben.          in "altkolonialer Arroganz" zu handeln. Vergan-
                                                      gene Missachtungen der europäischen Regeln in
Weitere Gipfelthemen                                  den Bereichen der Pressefreiheit, richterlicher Un-
                                                      abhängigkeit und Korruptionsbekämpfung durch
Ungarn
                                                      die ungarische Regierung blieben ebenfalls nicht
Die bereits im Vorfeld des Ratstreffens durch das     unerwähnt.
Länderspiel zwischen Deutschland und Ungarn
                                                      Der Schlagabtausch zwischen den beiden nach
angeheizte Thematik rund um das neue ungari-
                                                      der Bundeskanzlerin am längsten amtierenden
sche Gesetz über die Darstellung von Homosexu-
                                                      Mitgliedern des Rates, bei dem Rutte Unterstüt-
alität entwickelte sich zu Beginn des Gipfels am
                                                      zung durch seine portugiesischen, belgischen,
Donnerstag schnell zu einem Streitpunkt. Das von
                                                      französischen, luxemburgischen und schwedi-
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als
                                                      schen Kollegen erhielt, wurde von Angela Merkel
“Schande” bezeichnete Gesetz war Gegenstand ei-
                                                      damit kommentiert, dass es sichtlich divergie-
nes von 17 der anwesenden Staats- und Regie-
                                                      rende Ansichten zur Zukunft der Europäischen
rungschefs unterzeichneten Briefes an die Kom-
                                                      Union gäbe.

Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.
Dr. Hardy Ostry
Leiter
Europabüro Brüssel
www.kas.de/bruessel

hardy.ostry@kas.de

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gleichen Bedingungen 4.0 international”,
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