Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz - BMJV

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Bearbeitungsstand: 23.11.2020 15:51 Uhr

Referentenentwurf
des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz

Entwurf einer Verordnung zur Verlängerung der Maßnahmen zur Sicher-
stellung der Funktionsfähigkeit der Kammern im Bereich der Bundes-
rechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung, der Bundes-
notarordnung, der Wirtschaftsprüferordnung und des Steuerberatungs-
gesetzes während der COVID-19-Pandemie
(COVID-19-Kammer-Funktionsfähigkeit-Verlängerungsverordnung – COV19KFVV)

A. Problem und Ziel
Seit Ende des Sommers 2020 steigen die Fallzahlen im Zusammenhang mit der COVID-
19-Pandemie in der Bundesrepublik Deutschland wieder deutlich an. Zur Eindämmung der
Pandemie bestehen nach wie vor nicht unerhebliche Einschränkungen in vielen Bereichen
des Wirtschafts- und Privatlebens. Diese betreffen auch die Versammlungsmöglichkeiten
insbesondere größerer Personengruppen. Der weitere Verlauf der Pandemie sowie die
Fortdauer und Ausgestaltung der Schutzmaßnahmen zur Vermeidung der Ausbreitung der
Pandemie lassen sich derzeit nicht prognostizieren. Es ist daher weiterhin nicht absehbar,
wann die Kammern und Kassen im Bereich der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patent-
anwaltsordnung, der Bundesnotarordnung, der Wirtschaftsprüferordnung und des Steuer-
beratungsgesetzes, die von den genannten Einschränkungen ebenso betroffen sind, ins-
besondere wieder Beschlüsse auf herkömmlichem Weg fassen und Präsenzversammlun-
gen im großen Kreis durchführen können. Es besteht Bedarf, die Handlungsfähigkeit dieser
Kammern und Kassen in der Pandemie weiterhin sicherzustellen.

B. Lösung
Damit die regionalen Rechtsanwaltskammern, die Bundesrechtsanwaltskammer, die Pa-
tentanwaltskammer, die Notarkammern, die Bundesnotarkammer, die Notar- und die Län-
dernotarkasse, die Wirtschaftsprüferkammer, die Bundessteuerberaterkammer und die re-
gionalen Steuerberaterkammern auch bei Fortbestehen der durch die COVID-19-Pandemie
bedingten Einschränkungen handlungsfähig bleiben und Wahlen und Beschlussfassungen
durchführen können, werden die vorübergehenden Erleichterungen, die mit dem COVID-
19-Gesetz zur Funktionsfähigkeit der Kammern vom 10. Juli 2020 (BGBl. I S. 1643, 1644 -
COV19FKG) bis zum 31. Dezember 2020 eingeführt wurden, bis zum 31. Dezember 2021
verlängert.

C. Alternativen
Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.
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E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Keiner.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Keiner.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Es entsteht kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand, da die Kosten eines schriftlichen Verfah-
rens die Kosten einer Präsenzveranstaltung regelmäßig nicht übersteigen. Im Einzelfall sind
auch Kostenersparnisse möglich.

F. Weitere Kosten
Keine.
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Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für
Verbraucherschutz
Entwurf einer Verordnung zur Verlängerung der Maßnahmen zur
 Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Kammern im Bereich
 der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung,
der Bundesnotarordnung, der Wirtschaftsprüferordnung und des
   Steuerberatungsgesetzes während der COVID-19-Pandemie
  (COVID-19-Kammer-Funktionsfähigkeit-Verlängerungsverordnung –
                          COV19KFVV)
                                        Vom ...

     Auf Grund des § 12 des COVID-19-Gesetzes zur Funktionsfähigkeit der Kammern vom
10. Juli 2020 (BGBl. I S. 1643, 1644) verordnet das Bundesministerium der Justiz und für
Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Ener-
gie und dem Bundesministerium der Finanzen:

                                          §1

                           Verlängerung von Maßnahmen

     Die Geltung der §§ 2 bis 10 gemäß § 11 des COVID-19-Gesetzes zur Funktionsfähig-
keit der Kammern vom 10. Juli 2020 (BGBl. I S. 1643, 1644) wird bis zum 31. Dezember
2021 verlängert.

                                          §2

                            Inkrafttreten, Außerkrafttreten

    Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Sie tritt mit Ablauf des
31. Dezember 2021 außer Kraft.
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Begründung

A. Allgemeiner Teil

I.     Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Mit dem COVID-19-Gesetz zur Funktionsfähigkeit der Kammern vom 10. Juli 2020 (BGBl. I
S. 1643, 1644 - COV19FKG) wurden zur Gewährleistung der Handlungsfähigkeit der
Rechtsanwaltskammern (RAK), der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), der Patentan-
waltskammer (PatAnwK), der Notarkammern (NotK), der Bundesnotarkammer (BNotK), der
Notar- und Ländernotarkasse, der Wirtschaftsprüferkammer (WPK), der Steuerberaterkam-
mern (StBK) und der Bundessteuerberaterkammer (BStBK) vorübergehende Erleichterun-
gen für Wahlen und Beschlussfassungen in den zuständigen Organen und Gremien ge-
schaffen. Es wurde insbesondere die Möglichkeit schriftlicher Verfahren eingeführt oder
vereinfacht. Diesen Regelungen kommt ein Ausnahmecharakter zu. Sie sollen die Kam-
mern und Kassen in die Lage versetzen, trotz der im Zuge der COVID-19-Pandemie gel-
tenden Beschränkungen rechtssicher entscheiden und handeln zu können. § 11
COV19FKG bestimmt als Übergangsregelung, dass die Erleichterungen nur für das Jahr
2020 Anwendung finden. § 12 COV19FKG enthält eine Ermächtigung für das Bundesmi-
nisterium der Justiz und für Verbraucherschutz, im Einvernehmen mit dem Bundesministe-
rium der Finanzen und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ohne Zustim-
mung des Bundesrates die Geltung der Regelungen aufgrund fortbestehender Auswirkun-
gen der COVID-19-Pandemie zu verlängern, wenn dies geboten erscheint.

Seit Ende des Sommers 2020 steigen die Fallzahlen im Zusammenhang mit der COVID-
19-Pandemie in der Bundesrepublik Deutschland wieder deutlich an. Der weitere Verlauf
der Pandemie sowie die Fortdauer und Ausgestaltung der Schutzmaßnahmen zur Vermei-
dung der Ausbreitung der Pandemie lassen sich derzeit nicht prognostizieren. Es ist derzeit
nicht absehbar, wie stark sich das Infektionsgeschehen insbesondere in den Wintermona-
ten 2020 und 2021 weiter und erneut ausweiten wird. Dies gilt auch vor dem Hintergrund
der weltweit nach wie vor hohen Infektionszahlen. Es ist nicht auszuschließen, dass im Jahr
2021 weitere Wellen der Pandemie auftreten, Einschränkungen fortbestehen oder es erneut
zu weitergehenden Einschränkungen kommen wird. Es ist nicht klar, wann wieder Präsenz-
veranstaltungen in größerem Kreis möglich sein werden oder ob die Zahl zulässiger Teil-
nehmer sogar wieder stärker beschränkt werden muss. Angesichts dieser fortbestehenden
Unsicherheiten bei Versammlungsmöglichkeiten soll für die von den Einschränkungen be-
troffenen Kammern und Kassen im Bereich der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), der
Patentanwaltsordnung (PAO), der Bundesnotarordnung (BNotO), der Wirtschaftsprüferord-
nung (WiPrO) und des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) Planungssicherheit geschaffen
werden. Sie sollen weiterhin handlungsfähig bleiben und dazu in der Lage sein, im Falle
fortbestehender oder erweiterter Beschränkungen der Versammlungsmöglichkeiten Wah-
len und Beschlussfassungen durchzuführen. Aufgrund der fortbestehenden Auswirkungen
der COVID-19-Pandemie in der Bundesrepublik Deutschland erscheint es daher geboten,
von der Verordnungsermächtigung des § 12 COV19FKG vollumfänglich Gebrauch zu ma-
chen.

Die Verlängerung entspricht der mit der Verordnung zur Verlängerung von Maßnahmen im
Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht zur Bekämpfung der Aus-
wirkungen der COVID-19-Pandemie vom 20. Oktober 2020 (BGBl. I S. 2258 – GesRGen-
RCOVMVV) vorgenommenen Verlängerung. Bei den dort adressierten Rechtsformen han-
delt es sich um privatrechtliche Vereinigungen, wohingegen die RAK und die BRAK wie
auch die weiteren oben genannten Kammern Körperschaften oder Anstalten des öffentli-
chen Rechts sind, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Die Situation ist weiterhin insoweit
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vergleichbar und es ist aufgrund der weiterhin geltenden Versammlungsbeschränkungen
ein Regelungsbedarf auch für die öffentlich-rechtlich organisierten Verbände gegeben. Da-
mit wird für den von dieser Verordnung erfassten Zeitraum der Pandemie der Gleichlauf
zwischen den Regelungen für die privaten Verbände und den Regelungen für die Kammern
und Kassen als Körperschaften beziehungsweise Anstalten des öffentlichen Rechts herge-
stellt.

II.      Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

Die Geltung der vorübergehenden Regelungen zur Durchführung von Wahlen im Wege der
Briefwahl oder als elektronische Wahl und von Beschlussfassungen im schriftlichen Verfah-
ren oder unter Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) (für die
RAK und BRAK) sowie der vorübergehenden Regelungen zur Durchführung von Wahlen
im Wege der Briefwahl oder als elektronische Wahl und von Beschlussfassungen im schrift-
lichen Verfahren (für die PatAnwK, NotK, BNotK, Kassen, WPK, StBK und BStBK) soll bis
zum Ablauf des 31. Dezember 2021 verlängert werden.

III.     Alternativen

Keine.

IV.      Regelungskompetenz

Die Regelungskompetenz des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz
ergibt sich aus der Verordnungsermächtigung in § 12 COV19FKG.

Die Verordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.

V.       Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen
         Verträgen

Der Regelungsvorschlag ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen
Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar.

VI.      Regelungsfolgen

Die Verlängerung der vorübergehenden Erleichterungen führt dazu, dass für den Verlänge-
rungszeitraum weiterhin Möglichkeiten einer vereinfachten Durchführung von Beschluss-
fassungen und Wahlen der jeweils zuständigen Organe der Kammern und Kassen beste-
hen. Die betroffenen Kammern und Kassen können somit weiterhin von den Vereinfachun-
gen bei der Durchführung von ansonsten vorgesehenen Präsenzveranstaltungen Gebrauch
machen. Gleiches gilt für Vereinfachungen bei bereits vorgesehenen schriftlichen Verfah-
ren, wenn insoweit Vetorechte einzelner Mitglieder des jeweiligen Organs bestehen (so
etwa für das einzelne Mitglied des Vorstands einer RAK).

1.     Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Eine Rechts- und Verwaltungsvereinfachung ergibt sich nicht.
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2.     Nachhaltigkeitsaspekte

Der Entwurf steht im Einklang mit den Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen
Entwicklung im Sinne der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, die der Umsetzung der UN-
Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung dient. Die Verlängerung der mit dem COV19FKG
geschaffenen Erleichterungen sichert weiterhin die Funktionsfähigkeit der öffentlichen
Kammern und Kassen während der Corona-Pandemie. Der Entwurf fördert somit insbeson-
dere das Nachhaltigkeitsziel 16 „Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen“ mit seinem
Gebot der Rechtsstaatlichkeit und des Zugangs aller zur Justiz in Unterziel 16.3.

3.     Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Die vorgesehenen Erleichterungen haben keine Haushaltsausgaben zur Folge.

4.     Erfüllungsaufwand

Es entsteht kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand, da die Kosten eines schriftlichen Verfah-
rens die Kosten einer Präsenzveranstaltung regelmäßig nicht übersteigen. Im Einzelfall sind
auch Kostenersparnisse möglich.

5.     Weitere Kosten

Keine.

6.     Weitere Regelungsfolgen

Die Regelungen betreffen nicht Verbraucherinnen und Verbraucher in dieser Eigenschaft.
Sie sind geschlechtsneutral und lassen keine demografischen Auswirkungen erwarten.

VII.     Befristung; Evaluierung

Die Regelungen sind bis zum Ablauf des 31. Dezember 2021 befristet. Eine Evaluierung ist
nach der Evaluierungskonzeption der Bundesregierung nicht erforderlich und erscheint in
Anbetracht der Befristung auch sonst nicht angezeigt.

B. Besonderer Teil

Zu § 1 (Verlängerung von Maßnahmen)

Mit der Verlängerung der Möglichkeiten und der Erleichterungen für Beschlussfassungen
im Wege schriftlicher Abstimmung (im Fall der RAK und BRAK auch unter Nutzung des
beA) und zur Durchführung von Wahlen im Wege der Briefwahl oder als elektronische Wahl
soll die Handlungsfähigkeit der betroffenen Kammern und Kassen gewährleistet bleiben.
Es handelt sich um vorübergehende Regelungen mit Ausnahmecharakter, die in der be-
sonderen Pandemiesituation gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. Die betroffenen Kam-
mern können von diesen Möglichkeiten Gebrauch machen oder – soweit die im Zuge der
Pandemie ergehenden Beschränkungen es erlauben – für ihre Entscheidungsprozesse die
Verfahren anwenden, die die bestehenden Regelungen der BRAO, PAO, BNotO, WiPrO
und des StBerG sowie die jeweiligen Satzungen und Geschäftsordnungen vorsehen. Die
Verlängerung der Regelungen soll für die Kammern und Kassen Planungssicherheit schaf-
fen. Denn die weitere Entwicklung des Pandemiegeschehens und die künftige Ausgestal-
tung der Beschränkungen im Hinblick auf Versammlungen sind derzeit nicht absehbar,
während aber im Jahr 2021 wieder Wahlen und Versammlungen der betroffenen Kammern
und Kassen anstehen.
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Zu § 2 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten)

Die Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft, so dass Rechtssicherheit be-
züglich der geregelten Zeitraumverlängerung geschaffen wird. Entsprechend der zeitlichen
Reichweite der Verordnungsermächtigung tritt die Verordnung mit Ablauf des 31. Dezem-
ber 2021 außer Kraft. Die Regelung zum Inkrafttreten und Außerkrafttreten entspricht der
Regelung in § 2 der Verordnung zur Verlängerung von Maßnahmen im Gesellschafts-, Ge-
nossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der CO-
VID-19-Pandemie vom 20. Oktober 2020 (BGBl. I S. 2258 – GesRGenRCOVMVV). Damit
wird für diesen Zeitraum der Pandemie der Gleichlauf zwischen den Regelungen für die
privaten Verbände und den Regelungen für die Kammern und Kassen als Körperschaften
oder Anstalten des öffentlichen Rechts hergestellt.
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