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Politiker als Banker Sparkassen unter politischem Einfluss und die Konsequenzen Jonas Markgraf Hertie School of Governance Workshop: Dezernat Zukunft, Halle, August 26, 2018 1
Aufbau 1. Hintergrund 1.1 Formen von Verbindungen zwischen Politik und Banken 1.2 Pros & Cons 2. Der Fall “Deutschland” 2.1 Deutscher Bankensektor 2.2 Besonderheiten der Sparkassen 2.3 Folgen politischer Repräsentation in Sparkassen 3. Fazit & Ausblick 2
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Politik & Banken: High Politics • Bankenregulierung • “regulatory capture” • “revolving doors” • Banken-Bailouts in Krisenzeiten • “Sovereign-Bank Feedback Loop” (z.B. Italien) 4
Politik & Banken: Every-Day Politics • lokale Politiker ebenfalls vernetzt mit Bankensektor • pol. Einfluss auf Banken • Eigentümer (DE) • Share-/Stakeholder (ES) • Aufsichtsratsmitglieder in pr Banken (IT) 5
Warum öffentliche Banken? • Kreditvergabe wenn Finanzmärkte nicht ausreichend Liquidität bereitstellen • Finanzierung sozial erwünschter, nicht-profitabler Projekte • Kredite für kleine und mittelständische Unternehmen • “financial inclusion” 6
Was spricht gegen öffentliche Banken? • unterdurchschnittliche Performance • Krisenanfälligkeit & teure Bailouts • fehlende Expertise von Politikern • politisches “rent-seeking” • politisch motivierte Kreditvergabe 7
Market Share of Publicly−Owned Banks (%) 0 10 20 30 40 50 Au s Be tria lg Bu ium lg a C r ia ro C a ze C tia ch yp R rus ep D ubli en c Bankensektors m a Es rk to n Fi ia nl a Fr nd a G nc er e m a G ny re H ece un ga Ire ry la nd • ...aber große Variation in Europa Ita l La y L tv Lu ithu ia xe an m ia bo ur N g Öffentliche Teilhabe in Banken in Europa et Ma Quelle: Schmit, Gheeraert, Denuit, & Warny, 2011. he lta rla n Po ds l Po and rt R uga om l a • öffentliche Banken bleiben zentraler Bestandteil des Sl nia ov a Sl kia ov en i Sp a Sw ain Sw e itz den er la nd 8
Der Fall “Deutschland”
Der deutsche Bankensektor • Drei-Säulen-System • kommerzielle Banken • kooperative Banken: Kunden werden Mitglieder (1,100+ Institute) • öffentliche Banken: enge Bindung an Gemeinden, Kreise und Länder • viele kleine lokale Bankinstitute, geringe Konzentration, geringe Profitabilität 9
Relevanz öffentlicher Banken in Deutschland • öffentliche Banken wichtiges Element in deutschem Bankensektor, insbesondere durch Kreditvergabe 47% 45% 40% 39% 16% 13% public cooperative commercial total assets total lending Quelle: Deutsche Bundesbank. 2015. “Banking Statistics, June 2015.” 10
Kredite an Unternehmen und öffentlichen Sektor • öffentliche Banken insbesondere als wichtige Kreditgeber für Unternehmen (note: öffentliche Banken schließen Sonderbanken ein) 59% 48% 40% 33% 18% 1% public cooperative commercial lending to firms lending to public sector Quelle: Deutsche Bundesbank. 2015. “Banking Statistics, June 2015.” 11
Sparkassen-Kredite an den öffentlichen Sektor Quelle: German Council of Economic Experts. 2016. “Jahresbericht 2016/17: Zeit für Reformen.” 12
Öffentliche Banken in Deutschland: damals & heute • Historische Wurzeln der Sparkassen und Landesbanken • gegründet im 18./19. Jahrhundert, meist durch Kreise u Gemeinden • Zugang zu Bankkonten für breite Masse • soziale Befriedung durch Ersparnisse • ...und heute • 7–8 Landesbanken mit engen Verbindungen zu Bundesländern • etwa 400 Sparkassen eng verwoben mit Gemeinden und Kreisen 13
Eigenschaften der Sparkassen • “Regionalprinzip” beschränkt Aktivität auf kleine Regionen (meist Kreisgebiete) • keine Konkurrenz zwischen Sparkassen • unter öffentlicher Trägerschaft • Verwaltungsräte besetzt mit lokalen Politikern • kein profitorientiertes Mandat: “financial inclusion”; Spenden an lokale Vereine und Initiativen; 14
Struktur des Sparkassen-Sektors • föderal organisiert: • Kommunen: lokale Sparkassen • Länder: Landesbanken & regionale Sparkassenverbände • Bund: nationale Interessensvertretung (DSGV) • enge Kooperation & Monitoring zw Sparkassen: Sparkassen-interner Sicherungsfond 15
Politiker & die Sparkassen • öffentliche Trägerschaft → Politiker mit Zugang zu wichtigen Posten in Bank (Verwaltungsrat; Kreditkommittee) • zweigliedrige Governance-Struktur: • Vorstand: professionalisiert; bestimmt durch Verwaltungsrat; • Verwaltungsrat: 2/3 durch Träger bestimmt, 1/3 Sparkassenmitarbeiter; 16
Politische Repräsentation in Sparkassen • Dissertation: Panel-Datensatz zu gewählten Gemeinde- und Kreis-Politikern in Verwaltungsräten • 8 Bundesländer, 2006–15 • Verwaltungsräte und Trägerstrukturen von etwa 300 Sparkassen • rund 1/5 der Verwaltungsräte sind Bürgermeister und Landräte • politische Präsenz insbesondere unter Verwaltungsratsvorsitzenden (>80%) 17
regionale Unterschiede von politischer Repräsentation • Variation in Ausmaß von politischer Repräsentation in versch. Bundesländern Thüringen Schleswig-Holstein Saarland Rheinland Pfalz NRW Hessen Brandenburg Bayern 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Vorsitzende Mitglieder 18
Ökonomische Anreize für Politiker • in Nordrhein-Westfalen: • Vergütung von pol Vorsitzenden im Durchschnitt +10% des Nettogehalts • bis zu 35,000EUR und +40% des Nettogehalts von Politikern 19
Folgen politischer Repräsentation in Sparkassen
Folgen für: • Allokation von Krediten • Spendenvergabe durch Sparkassen • Zweigstellennetz der Banken • Bailouts • lokale Wahlen in Deutschland 20
Kreditvergabe I (Englmaier & Stowasser, 2017) • Sparkassen folgen politischen Zyklen in der Kreditvergabe: größeres Kreditvolumen vor lokalen Wahlen (electoral lending cycles) • mehr Kredit vor engen Wahlen • negative Konsequenzen für Profitabilität und Kreditausfallrate der Sparkassen 21
Kreditvergabe II (Markgraf & Stowasser, work in progress) • Besetzung von Verwaltungsräten bestimmt, ob Sparkassen electoral lending cycles folgen • zyklische Kreditvergabe nur unter politischen Vorsitzenden • größerer Effekt, wenn mehr Politiker der gleichen Partei im Verwaltungsrat [PRELIMINARY FINDINGS] 22
Spenden (Markgraf & Rosas, forthc.) • Sparkassen wichtige Spender für lokale Projekte, Sportvereine und Initiativen • Spenden gehen überproportional an Gemeinden, die mit Bürgermeister im Verwaltungsrat vertreten sind [note: nicht-repräsentatives Sample!] 23
Zweigstellen (Markgraf & Rosas, forthc.) • Sparkassen sind unter Druck zu konsolidieren • Zahl von Sparkassen von 446 (2007) auf 390 (2017) reduziert • Filialnetz: ↓ 30% seit 2007 • Filialschließungen extrem unpopulär in Bevölkerung • Filialschließungen sind weniger wahrscheinlich in Gemeinden mit Verbindung zu Sparkassen [note: nicht-repräsentatives 24 Sample!]
Bailouts (Behn et al., 2016) • 2 Wege für Sparkassen in Not • Kapitalspritze durch Kreis/Gemeinde: hohe fiskalische Kosten; keine Fusion; • Hilfen durch Sparkassen-internes Sicherungssystem: keine fiskalischen Kosten; weitreichende Konsolidierung; • Bailouts politisch motiviert: politische Anreize beeinflussen Zeitpunkt und Höhe • Bailouts durch Politiker weniger wahrscheinlich vor Wahlen • ...insbesondere wenn Wahlen knapp sind 25
Bailouts (Behn et al., 2016) • 2 Wege für Sparkassen in Not • Kapitalspritze durch Kreis/Gemeinde: hohe fiskalische Kosten; keine Fusion; • Hilfen durch Sparkassen-internes Sicherungssystem: keine fiskalischen Kosten; weitreichende Konsolidierung; • Bailouts politisch motiviert: politische Anreize beeinflussen Zeitpunkt und Höhe • Bailouts durch Politiker weniger wahrscheinlich vor Wahlen • ...insbesondere wenn Wahlen knapp sind 25
Political Rents (Markgraf & Rosas, forthc.) • zentrale Frage: profitieren Politiker von Sparkassen? • lokale Politiker mit Verbindung zu Sparkassen werden häufiger wiedergewählt • konservative Politiker profitieren besonders 26
Political Rents (Markgraf & Rosas, forthc.) • zentrale Frage: profitieren Politiker von Sparkassen? • lokale Politiker mit Verbindung zu Sparkassen werden häufiger wiedergewählt • konservative Politiker profitieren besonders 0.8 Mayor does not seat in supervisory board Mayor seats in supervisory board 0.7 Expected probability of reelection 0.6 ● 0.5 ● 0.4 ● ● 0.3 0.2 No Yes 26 Incumbent mayor belongs to SPD?
Fazit
Zusammenfassung • politische Kontrolle über Banken weit(er)hin verbreitet • öffentliche Banken während Finanzkrise: • Sparkassen: verlässliche Kreditgeber; krisensicher; • Cajas, Landesbanken: ernsthafte Schieflage; Notrettungen, Abwicklungen, Privatisierungen; • Politiker nutzen Zugang zu Banken für ’political rent-seeking’ • politisch motivierte Kreditallokation (wer profitiert? wer verliert?) • ...mit negativen Folgen für Profitabilität u NPLs 27
Ausblick: Dt. Sparkassen in der Bankenunion • Sparkassen-Widerstand gegen Europ. Einlagensicherung (EDIS) • Verlagerung nationaler Risiken auf europäische Ebene • Betonung von Eigenverantwortung: Umverteilung statt Risikodiversifizierung • “moral hazard”: keine Pooling- oder Diversifikationseffekte • Sparkassen-Sicherungssystem ist überlegen • Unterstützung der Position der dt Bundesregierung 28
Literatur Calomiris & Haber. 2014. “Fragile by Design: The Political Origins of Banking Crises and Scarce Credit.” Princeton University Press, Princeton / Oxford. Correctiv. 2016. Sparkassen-Recherche. Link: http://correctiv.org/recherchen/sparkassen/ Markgraf & Rosas. Forthcoming. “On Board with Banks: Do Banking Connections Help Politicians Win Elections?” Journal of Politics. Behn, Haselmann, Kick, & Vig. 2016. “The Political Economy of Bank Bailouts.” SAFE Working Paper No. 133. Englmaier & Stowasser. 2017. “Electoral Cycles in Savings Bank Lending.” Journal of European Economic Association, 15(2), 296–354. 29
Literatur (cont.) Schmit, Gheeraert, Denuit, & Warny. 2011. “Public Financial Institutions in Europe.” European Association of Public Banks, Brussels. Markgraf & Veron. 2018. “Germany’s savings banks: uniquely intertwined with local politics.”, Bruegel Blog. 30
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