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Arbeitsmarktstrategie 2022 Regionaler ESF-Arbeitskreis Freiburg Dezernat III – Kultur, Integration, Soziales und Senioren Amt für Soziales und Senioren ESF-Geschäftsstelle
Arbeitsmarktstrategie 2022 | Regionaler ESF-Arbeitskreis Freiburg Inhalt 2 Inhalt Vorbemerkung Seite 3 1. Ausgangslage und regionaler Handlungsbedarf 1.1 Beschäftigung Seite 4 1.2 Arbeitslosigkeit Seite 6 1.3 Übergang Schule – Beruf Seite 9 1.5 Handlungsbedarf Seite 17 2. Ziele, Zielgruppen und Handlungsschwerpunkte 2.1 Rückkehr in den Arbeitsmarkt Seite 19 2.2 Übergang Schule – Beruf Seite 19 3. Umsetzung der Ziele Seite 20 4. Festlegung der Evaluation Seite 20 Datenquellen und Literatur Seite 20 Anlage: Förderschwerpunkte 2021 IMPRESSUM Herausgeberin: Verantwortlich für den Inhalt: Stadt Freiburg im Breisgau, 2021 Boris Gourdial, Amtsleiter Amt für Soziales und Senioren Dezernat III Kultur, Intergration, ESF Geschäftsstelle: Layout: Soziales und Senioren Peter Sand, Tel.: 201-3876 MSG | media ESF Geschäftsstelle Frederike Pähler, Tel.: 201-3875 www.msg-media.de www.freiburg.de
Arbeitsmarktstrategie 2022 | Regionaler ESF-Arbeitskreis Freiburg Vorbemerkung 3 Vorbemerkung Mit dieser Arbeitsmarktstrategie startet der Europäische Sozialfonds als Europäischer Sozialfonds Plus (ESF Plus) in die neue Förderperiode 2021 - 2027. Wie in den letzten Förderperioden sieht der ESF Plus eine regionale Programmlinie vor. Zur Umsetzung erarbeiten die regionalen ESF-Arbeitskreise eine Arbeitsmarktstrategie, die sich an den jeweiligen Bedarfslagen vor Ort orientiert. Für die Stadt Freiburg hat der Regionale ESF-Arbeitskreis (ReAK ESF) bei seinen Sitzungen am 26. März 2021 sowie am 21. Mai 2021 eine regionale Arbeitsmarktstrategie entwickelt und verabschiedet. Diese regionale Strategie basiert auf der Auswertung unterschiedlicher Daten. Wie im letzten Jahr wurden die Arbeits- marktdaten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit über die Stadt Freiburg vom Februar 2021 sowie die Daten aus dem Jahresbericht der Jugendsozialarbeit in Freiburg für das Schuljahr 2019/2020 und die Berufsbildungsberichte der Kammern zur Ausbildungssituation (2020) verwendet. Ebenfalls zurückgegriffen wurde auf das Statistische Jahrbuch 2020 der Stadt Freiburg, den 4. Bildungsbericht und den Sozialbericht der Stadt Freiburg (beide aus 2017). Die meisten Daten beschreiben die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf dem aktuellen Stand. Deshalb ist zum ei- nen ein Vergleich mit den Daten des Vorjahres nur eingeschränkt möglich. Zum anderen wurden auf dieser Basis zwar Handlungsbedarfe formuliert, allerdings ist zu berücksichtigen, dass mit dieser Datengrundlage eine belastbare Prog- nose kaum möglich ist. Wie in den vergangenen Jahren sind bei der Datenanalyse zwei zentrale Aspekte zu beachten: Zum einen werden in den verwendeten Statistiken nicht alle Daten geschlechtsspezifisch erhoben, so dass in einigen Bereichen keine ge- schlechterdifferenzierenden Aussagen getroffen werden können. Zum anderen liegen bezüglich der Migranten_innen unterschiedliche Erhebungsmethoden vor. Die Landesstatistik unterscheidet nur nach Staatsangehörigkeit (Deutsche und „Ausländer_innen“), im Freiburger Bildungsbericht und im Sozialbericht werden auch eingebürgerte Deutsche so- wie Aussiedler_innen und im Jahresbericht der Jugendsozialarbeit Jugendliche „mit Migrationshintergrund“ (= min- destens ein Elternteil nicht in Deutschland geboren) differenziert erfasst. Entsprechend dieser Differenzierungen wer- den die Begriffe auch im Folgenden verwendet. Die vorliegende Arbeitsmarktstrategie folgt methodisch der bisherigen Arbeitshilfe zur regionalen ESF-Förderung des Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg. So wird im ersten Schritt eine Analyse der Ausgangs- lage und die Ermittlung des regionalen Handlungsbedarfs vorgenommen, hieraus im zweiten Schritt (Teil-) Ziele for- muliert sowie Zielgruppen und Handlungsschwerpunkte festgelegt und im dritten Schritt deren Umsetzung vor Ort dargestellt. Abschließend werden die Verfahren und Methoden zur Projektbegleitung und Ergebnissicherung be- schrieben. Boris Gourdial, Amtsleiter Freiburg, im Juli 2021
Arbeitsmarktstrategie 2022 | Regionaler ESF-Arbeitskreis Freiburg Ausgangslage und regionaler Handlungsbedarf | Beschäftigung 4 1. Ausgangslage und regionaler Handlungsbedarf Das Programm für den ESF Plus des Landes Baden-Württemberg für die neue Förderperiode 2021 - 2027 befindet sich aktuell (Stand: 30. Juni 2021) in der Endabstimmung. Es zeichnet sich ab, dass die beiden bisherigen inhaltli- chen Stränge der regionalen Förderung „Übergang von der Schule in den Beruf“ und „Rückkehr in den Arbeits- markt“ auch zukünftig im Mittelpunkt stehen werden. Deshalb orientiert sich die Arbeitsmarktstrategie an diesen Themenfeldern. Die geschlechts- und zielgruppendifferenzierte Analyse der Ausgangslage konzentriert sich auf die hierfür notwendigen Daten. Wie in den letzten Jahren beginnt die Arbeitsmarktstrategie mit dem Themen- komplex „Beschäftigung“ und „Arbeitslosigkeit“, danach folgt der Bereich „Übergang von der Schule in den Beruf“. 1 .1 Beschäftigung Der Arbeitsmarkt in der Stadt Freiburg zeichnet sich durch einen hohen Tertiarisierungsgrad aus. Während in Ba- den-Württemberg laut Beschäftigungsstatistik der Agentur für Arbeit (Juni 2020) noch 35,6 % aller sozialversiche- rungspflichtigen Beschäftigten im produzierenden Gewerbe arbeiten, sind es in Freiburg nur 13,4 %. Dagegen sind in Freiburg 86,4 % im Dienstleistungsbereich beschäftigt (BaWü: 63,9 %). Insgesamt hat sich der Arbeitsmarkt in Freiburg trotz der ersten Corona-Welle relativ stabil entwickelt. So nahm die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von Juni 2019 auf Juni 2020 nur sehr leicht um -0,1 % ab, womit Freiburg über dem Landesdurch- schnitt (-0,5 %) liegt. Dabei sind anders als in den letzten Jahren die einzigen Zuwächse in der Altersgruppe der äl- teren Menschen ab 55 Jahren (+2,9 %) und bei den „Ausländer_innen“ (+1,9 %) zu verzeichnen. In allen anderen der nach Merkmalen aufgeschlüsselten Gruppen ist die Beschäftigung zurückgegangen (Statistik der Bundesagen- tur für Arbeit – Arbeitsmarktreport Stadt Freiburg). Dies deckt sich mit der Entwicklung auf Landesebene. Mit Blick auf die Teilhabe von Frauen und Männern am Erwerbsleben ist für Freiburg zunächst festzustellen, dass die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gegenüber dem Vorjahr bei Frauen annähernd gleich bleibt (0,0 %) und bei Männern (-0,1 %) etwas abnimmt. Allerdings lassen sich mit diesen Zahlen keine Rück- schlüsse auf den Beschäftigungsumfang ziehen. Darüber hinaus sind viele Frauen aufgrund der Kita- und Schulschließungen sehr stark in der Kinderbetreuung ein- gebunden. In der Konsequenz bleiben einige Frauen länger in der Elternzeit, sofern es finanziell möglich ist. Beson- ders betroffen sind Alleinerziehende, deren Situation unter den aktuellen Bedingungen äußerst prekär ist. Neben der Kinderbetreuung fehlt auch das technische Equipment, um den digitalen Anforderungen in der Corona-Zeit gerecht zu werden. Die Beschäftigung von „Ausländer_innen“ hat von 2019 auf 2020 mit einer Steigerung von 1,9 % zwar überpro- portional zugenommen, allerdings sind in Freiburg 14,9 % (BaWü: 16,9 %) aller sozialversicherungspflichtig Be- schäftigten „Ausländer_innen“ (Statistik der Bundesagentur für Arbeit – Arbeitsmarktreport Stadt Freiburg), was nach wie vor nicht ihrem Anteil an der erwerbsfähigen Bevölkerung (20,2 %) entspricht. Trotz einer positiven Ent- wicklung in den letzten Jahren bleiben „Ausländer_innen“ nach wie vor eine auf dem Arbeitsmarkt deutlich be- nachteiligte Gruppe.
Arbeitsmarktstrategie 2022 | Regionaler ESF-Arbeitskreis Freiburg Beschäftigung 5 GRAFIK 1 Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung – Veränderung Juni 2020 zu Juni 2019 ESF-Geschäftsstelle Freiburg Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsmarktreport Freiburg, Februar 2021 Eine Besonderheit in der Beschäftigtenstruktur der Stadt Freiburg ist der hohe Anteil an „Ergänzern“, also Men- schen, die trotz Arbeit – einige davon in einer Vollzeitbeschäftigung – auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen sind. Diese machen 27 % aller erwerbsfähigen Leistungsberechtigten aus. Ursache ist eine Kombination aus niedri- gen Einkommen und hohen Mietpreisen. Nach dem in 2017 veröffentlichten Erschwinglichkeitsindex (EIMX) be- trägt der Anteil der Kaltmiete am Einkommen mittlerweile durchschnittlich 31,4 %; damit liegt die Stadt Freiburg noch vor München (30,5 %) bundesweit auf Platz 1“. Eine differenzierte Betrachtung nach Wirtschaftsbereichen verdeutlicht, in welchen Branchen die Beschäftigung nach absoluten Zahlen im Vergleich zum Vorjahr besonders zugenommen hat. Während in Baden-Württemberg der Bereich Handel, Instandhaltung/Reparatur Kfz sowie das Gesundheitswesen und der Bereich Öffentliche Ver- waltung, Verteidigung, Sozialversicherung auf den ersten drei Plätzen stehen, sind in Freiburg das Gesundheitswe- sen, der Bereich Immobilien, freiberufliche/wissenschaftliche/technische Dienstleistungen sowie das verarbeitende Gewerbe und hierbei v.a. die Metall-, Elektro- und Stahlindustrie die drei Spitzenreiter. Allerdings macht sich bei den absoluten Zahlen die Pandemie deutlich bemerkbar. So sind die Zunahmen auf den Spitzenpositionen deutlich geringer als in den letzten Jahren. Andererseits zeigt sich auch, dass es trotz Pandemie Berufsfelder mit wachsen- der Beschäftigung gibt. Diese sollten bei beschäftigungsfördernden Maßnahmen Berücksichtigung finden.
Arbeitsmarktstrategie 2022 | Regionaler ESF-Arbeitskreis Freiburg Arbeitslosigkeit 6 1.2 Arbeitslosigkeit Die Gesamtzahl der Arbeitslosen in Freiburg hat im Vergleich zum Vorjahresmonat mit +23,4 % deutlich zugenommen. Mit 7.623 Arbeitslosen liegt die Arbeitslosenquote im Februar 20211 bei 6,0 % und damit deutlich höher als im Februar 2020 (4,9%). Dieser Effekt ist v.a. der Pandemie geschuldet. So hat die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Januar 2021 nur um 0,3% zugenommen, während die Arbeitslosigkeit von März auf April 2020 den stärksten Anstieg seit 1951 verzeichnet hat. Im Februar 2021 sind 56,9 % aller Arbeitslosen Männer, 43,1 % Frauen2. Da in der regionalen ESF-Förderung der Fokus auf den vielfach belasteten, arbeitsmarktfernen Zielgruppen liegt, wird im Folgenden das Hauptaugenmerk auf die Ar- beitslosigkeit im Rechtskreis des SGB II gerichtet. Nach wie vor sind mit 4.552 Personen knapp zwei Drittel der Arbeitslosen (59,7 %) dem Rechtskreis des SGB II zuzuord- nen, wobei hier die Geschlechterverteilung (58,0 % Männer / 42,0 % Frauen) kaum von der oben beschriebenen Ge- samtverteilung abweicht. Im SGB II-Bereich nimmt die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vorjahresmonat mit +21,1 % etwas weniger zu als im SGB III-Bereich mit +27,0 %. Eine geschlechterdifferenzierte Betrachtung der Arbeitslosigkeit im SGB II zeigt nur geringe Unterschiede zwischen Frauen und Männern. So hat die Zahl der arbeitslosen Frauen um +21,4 % und bei den Männern um +20,8 % zugenom- men. Die Zunahme der Arbeitslosigkeit im SGB II betrifft alle Zielgruppen, wenn auch unterschiedlich stark. Am stärks- ten betroffen sind die Langzeitarbeitslosen (+35,8 %), gefolgt von den jungen Menschen unter 25 Jahren (+23,0 %), den Arbeitslosen über 55 (+22,3) und den „ausländischen“ Arbeitslosen (+21,6 %). Zudem lag die SGB II-Quote3 im Dezember 2020 mit 7,5 % deutlich über dem Landesdurchschnitt (4,8 %). Gleiches gilt für die eLb-Quote4 mit 6,4 % (BaWü: 4,1 %). Die wesentlichen Ursachen liegen u.a. an den hohen Lebenshaltungskos- ten (v.a. Mietkosten – deshalb hoher Anteil an erwerbstätigen eLb) und einem bisher sehr ausgeprägten Wettbewerb an Helferstellen im dominierenden Dienstleistungsbereich mit den Leistungsberechtigten im SGB III und den in Frei- burg lebenden Studierenden. Im Vergleich zum Vorjahresmonat nimmt die Arbeitslosigkeit insgesamt bei den 15 bis unter 25-Jährigen enorm zu (+40,7 %). Hierbei ist das SGB II mit +23,0 % weniger stark betroffen als das SGB III (+64,5 %). Eine geringere Zunahme ist bei der Altersgruppe der 15 bis unter 20-Jährigen zu verzeichnen (+13,9 % - im SGB II +13,1 %). Allerdings machen die 15 bis unter 20-Jährigen mit 90 Personen nur 1,2 % aller Arbeitslosen aus. Zudem liegt die Arbeitslosenquote in die- ser Gruppe bei 2,8 %, weswegen die Daten dieser Altersgruppe zu relativieren sind. Zusätzlich erhellend ist die ge- schlechtsspezifische Betrachtung der Altersgruppe U25, da sie zeigt, dass bei den jungen Frauen die Arbeitslosigkeit signifikant weniger steigt (+29,6 % - im SGB II +9,5 %) als bei den jungen Männern (+47,9 % - im SGB II +33,1 %). Bei den arbeitslosen Menschen über 55 Jahre hat die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahresmonat ebenfalls deut- lich zugenommen (+23,1 % - im SGB II +22,3 %). In dieser Altersgruppe unterscheidet sich die Zunahme bei den Frauen (+26,3 %) und den Männern (+20,9 %) durchaus, wobei die Zunahme im SGB II bei beiden Gruppen ähnlich ist (+22,3% / +22,2 %). Insgesamt ist im SGB II der Anteil der über 50-Jährigen mit 29,9 % (2020: 30,2 %) nach wie vor relativ hoch, weswegen in dieser Altersgruppe weiterhin ein besonderer Förderungsbedarf besteht. 1) Alle folgenden Zahlen beziehen sich – sofern nicht anders ausgewiesen – auf Februar 2021. 2) Allerdings ist zu berücksichtigen, dass nicht alle Frauen mit der Arbeitslosenstatistik erfasst werden. Im Blick ist hierbei die so genannte „stille Reserve“ – also Frauen, die weder erwerbstätig noch als arbeitssuchend gemeldet sind: 3) Anteil der Empfänger_innen von Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II an der jeweiligen Bevölkerungsgruppe. 4) Anteil von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (eLb) nach dem SGB II an der jeweiligen Bevölkerungsgruppe.
Arbeitsmarktstrategie 2022 | Regionaler ESF-Arbeitskreis Freiburg Arbeitslosigkeit 7 GRAFIK 2 SGB II-Arbeitslose nach Personengruppen weiblich männlich ESF-Geschäftsstelle Freiburg, Quelle: Bundesagentur, Arbeitsmarkt in Zahlen, Frauen und Männer, Februar 2021 Die „ausländischen“ Arbeitslosen stellen mit einem Anteil von 34,8 % ebenfalls eine bedeutende Zielgruppe im SGB II dar (2020: 34,7 %). In dieser Gruppe ist die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr nur leicht überdurchschnittlich um +21,6 % gestiegen, wobei Frauen (+29,2 %) wesentlich stärker betroffen sind als Männer (+15,2 %). Hier machen sich die Auswirkungen der Pandemie auf den Hotel- und Gaststättenbereich wie auf den Bereich der Personaldienst- leistungen deutlich bemerkbar. Bei der Gruppe der Alleinerziehenden steht vor allem der Rechtskreis SGB II im Vordergrund. So stellt der Sozialbericht 2017 der Stadt Freiburg heraus, dass über die Hälfte (52,4 %) aller Bedarfsgemeinschaften mit Kindern Haushalte von Alleinerziehenden sind (Sozialbericht S. 60). Zugleich erhielten 28,7 % (2017) aller alleinerziehenden Haushalte Leis- tungen nach dem SGB II. Somit ist diese Zielgruppe (und deren Kinder) überdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit und Armut betroffen. Hierbei handelt es sich allerdings um ein generelles und nicht für Freiburg spezifisches Problem (Gleichstellungsbericht, S. 109). In der zahlenmäßig kleinen Gruppe der Schwerbehinderten ist die Arbeitslosigkeit im SGB II im Februar 2021 nur um +3,6 % auf 248 Personen gestiegen, wobei die Zunahme bei den Männern (+1,9 %) deutlich geringer ist als bei den schwerbehinderten Frauen (+7,2 %). Das Fehlen einer beruflichen Ausbildung ist nach wie vor ein bedeutender Risikofaktor für Arbeitslosigkeit. So haben in Freiburg im SGB II mit 2.930 Personen 64,4 % aller Arbeitslosen keine abgeschlossene Berufsausbildung (2020: 63,0%). Zwar ist bei den Frauen mit 65,4 % der Anteil etwas höher als bei den Männern mit 63,7 %, aber absolut haben mehr Männer (1.681) als Frauen (1.249) keine abgeschlossene Berufsausbildung. Gleichzeitig korreliert diese Zielgrup- pe stark mit der Gruppe der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die sich länger als zwei Jahre im Leistungsbezug befinden. (Jobcenter Freiburg – Arbeitsmarktprogramm 2015).
Arbeitsmarktstrategie 2022 | Regionaler ESF-Arbeitskreis Freiburg Arbeitslosigkeit 8 Beim Fokus auf die ESF-relevante Gruppe der Langzeitarbeitslosen weist die Statistik der Bundesagentur für Arbeit für Februar 2021 unter dieser Kategorie für das SGB II 2.236 Personen aus und damit 35,8 % mehr als 2020. Mit 49,1 % (2020: 43,8 %) steigt der hohe Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen im SGB II nochmals deutlich an. Dies korreliert mit der Analyse der Agentur für Arbeit, dass die Pandemie vor allem die Langzeitarbeitslosen betrifft. Der längere Verbleib in Arbeitslosigkeit stellt somit eine der zentralen arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen dar. Ebenso stimmt diese Entwicklung mit der Analyse des Jobcenter Freiburg überein, dass die Anzahl der Langzeitarbeits- losen im Langleistungsbezug von Oktober 2019 bis Oktober 2020 von 1322 auf 1626 Personen (+23,0 %) gestiegen ist. Bei dieser stark benachteiligten Zielgruppe ist von komplexen Problemlagen und einem erhöhten Unterstützungsbe- darf auszugehen. An diesem Punkt setzen verschiedene Angebote und Maßnahmen an, die in Freiburg umgesetzt werden. Für Langzeit- leistungsbeziehende, die seit mindestens sechs Jahren im Leistungsbezug des SGB II stehen und somit ebenfalls als ar- beitsmarktfern gelten, können weiterhin vom Teilhabechancengesetz, das seit 01.01.2019 in Kraft ist und vom Jobcen- ter Freiburg umgesetzt wird, profitieren. Im Rahmen des § 16i SGB II ist eine Förderung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung bis zu fünf Jahre möglich, sowohl bei Trägern der Beschäftigungsförderung als auch bei Arbeitgebern auf dem 1. Arbeitsmarkt. Ziel ist hier die Soziale Teilhabe der Teilnehmer_innen, mittel- und langfristig dann ggf. auch der Zugang zum 1. Arbeitsmarkt. Da dieses Instrument in Freiburg von den Arbeitgeber_innen sehr gut angenommen wird, wird eine ergänzende kommunale Förderung seit diesem Jahr nicht mehr gewährt. Als zweites Instrument im Rahmen des Teilhabechancengesetzes werden mit dem § 16e SGB II arbeitsmarktnähere Langzeitarbeitslose in den Fokus genommen, denen eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von bis zu zwei Jahren ermöglicht wird. Parallel hierzu richtet sich das Kommunale Beschäftigungsprogramm unter anderem an besonders benachteiligte und arbeitsmarktferne langzeitarbeitslose Menschen. Angeleitete und sozialpädagogisch begleitete Arbeitsgelegen- heiten ohne Erlöserzielung in unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen bei der f.q.b. gGmbH, sowie die AGH „Crepe“ (Creativ- und Repair-Werkstatt) speziell für Frauen werden in 2022 weitergeführt. Zudem werden im Kommunalen Beschäftigungsprogramm seit diesem Jahr erstmals Menschen mit Behinderung als arbeitsmarktnahe Zielgruppe adressiert, für die der Berufseinstieg aufgrund sozialer Benachteiligungen meist eine große Herausforderung darstellt. Die f.q.b. gGmbH hat mit der Umsetzung des Vorhabens begonnen. Perspektivisch sollen Stellen auf unterschiedlichen Qualifikationsniveaus eingerichtet werden. Durch die auf zwei Jahre befristeten Anstellungen soll es den Beschäftigten ermöglicht werden, Berufserfahrung zu sammeln und so ihre Chancen für eine Anschluss-Anstellung zu verbessern. Zudem wird die f.q.b. gGmbH ab Sommer 2021 ein Projekt für junge Menschen mit Behinderung umsetzen, das über die EU-Initiative REACT-EU gefördert wird. Ziel ist, mittels Angeboten zur berufs- praktischen Erprobung für diese Zielgruppe die Chancen auf dem Ausbildungsmarkt zu erhöhen. Außerdem wird seit dem 01.01.2019 das ESF-Bundesprogramm BIWAQ in einer neuen Förderphase, die bis 31.12.2022 andauert, in Freiburg umgesetzt. BIWAQ richtet sich an Langzeitarbeitslose nach § 18 SGB III5 und Kleinstgewerbetrei- bende in Haslach und Weingarten und hat den Schwerpunkt Digitalisierung. 5) Hierbei handelt es sich um Menschen, die mindestens 12 Monate erwerbslos sind und in dieser Zeit weder an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach § 45 SGB III teilgenommen, noch die Arbeitslosigkeit durch eine Erkrankung oder sonstige Nicht-Erwerbstätigkeit bis zu sechs Wochen unterbrochen haben.
Arbeitsmarktstrategie 2022 | Regionaler ESF-Arbeitskreis Freiburg Übergang Schule – Beruf 9 1.3 Übergang Schule – Beruf Auch in diesem Bereich orientiert sich die Arbeitsmarktstrategie an den bisherigen Schwerpunkten. Somit konzen- triert sich die regionale Förderung hier auf die Zielgruppe der von Schulversagen und –abbruch bedrohten Schüler_in- nen sowie der ausbildungsfernen jungen Menschen, die vom Übergangs- bzw. Ausbildungssystem nicht oder nicht mehr ausreichend erfasst werden. Aus diesem Grund werden im Folgenden nur Daten aufbereitet, die diese Zielgrup- pe beschreiben. Im Schuljahr 2018/2019 haben in Freiburg 172 Schüler_innen (64 Mädchen, 108 Jungen) die Schule ohne Hauptschul- abschluss verlassen. Dies ist ein leichter Anstieg zum Vorjahr (148). Damit liegt aktuell der Anteil der Schüler_innen ohne Hauptschulabschluss bei 7,6 % (2017/2018: 6,5 %; 2016/2017: 11,2 %). Mit diesem Wert liegt Freiburg etwas über dem landesweiten Durchschnitt (5,9 %), während im Schuljahr 2017/2018 die Werte fast identisch waren6. Auch beim Anteil der Haupt- und Werkrealschüler_innen ohne Hauptschulabschluss ist eine Zunahme zu verzeichnen. So haben im Schuljahr 2018/2019 24,3 % aller Haupt- und Werkrealschüler_innen die Schule ohne Abschluss verlassen (BW: 6,0 %), während in 2017/2018 der Anteil bei 19,7 % lag (2016/2017: 30,1 %). Demselben Trend folgen die Real- schulen. Haben in 2016/2017 noch 6,2 % aller Realschüler_innen die Schule ohne Abschluss verlassen, ist dieser Wert in 2017/2018 auf 2,7 % zurückgegangen und hat in 2018/2019 auf 3,6 % leicht zugenommen (BW: 2,1). GRAFIK 3 Schulabgänge in der Sekundarstufe I ohne Hauptschulabschluss – Schuljahr 2018/2019 im Vergleich zu den Vorjahren 2016/2017 2017/2018 2018/2019 129 64 61 277 148 172 36 ESF-Geschäftsstelle 13 18 Freiburg, Quelle: Statistisches Landesamt Baden- Württemberg Eine geschlechterdifferenzierte Betrachtung macht deutlich, dass Jungen mit einem Anteil von 62,8 % überproportio- nal die Schule ohne Abschluss verlassen, während der Anteil der Jungen an allen Abgängen nur bei 49,3 % liegt. Noch höher ist der Anteil an den Haupt- und Werkrealschulen. Hier liegt der Anteil der Jungen an allen Abgängen bei 62,4 %, bei den Schüler_innen ohne Hauptschulabschluss allerdings bei 79,7 % 6) Dass diese Zahlen nur bedingt aussagekräftig sind, zeigt eine exemplarische Aufbereitung der Daten aus dem Schuljahr 2016/2017 (s. Drucksache ASW-19/013).
Arbeitsmarktstrategie 2022 | Regionaler ESF-Arbeitskreis Freiburg Übergang Schule – Beruf 10 In den letzten Jahren hat die Berücksichtigung der Staatsangehörigkeit gezeigt, dass vor allem „ausländische“ Jugend- liche betroffen sind. Leider liegen hierzu keine Daten für das Schuljahr 2018/2019 vor. Im Schuljahr zuvor lag deren Anteil an allen Abgängen bei 15,6 %, bei den Abgängen ohne Hauptschulabschluss bewegte sich der Anteil bei 60,8 %. An den Haupt- und Werkrealschulen waren sogar 50,3 % aller abgehenden Schüler_innen, aber 96,7 % aller Abgänge ohne Abschluss „ausländische“ Schüler_innen. Hinter diesen Zahlen verbirgt sich eine hohe Anzahl an Geflüchteten, aber auch unabhängig vom Fluchthintergrund besteht für die Zielgruppe der „ausländischen“ Jugendlichen nach wie vor Handlungsbedarf. Ein Großteil der Schüler_innen ohne Hauptschulabschluss besucht ein Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf (VAB)7 oder eine Klasse der Dualen Ausbildungsvorbereitung (AVdual)8 - im Schuljahr 2019/2020 waren dies 239 Personen (95 Mädchen, 144 Jungen). Gegenüber dem Schuljahr 2018/2019 (232 Schüler_innen) bedeutet dies eine leichte Steigerung um +3,0 %. Somit verwundert es nicht, dass mit 83,0 % der Anteil der Schüler_innen ohne Hauptschulab- schluss im VAB, AVdual und im Berufseinstiegsjahr (BEJ) im Vergleich zu den Vorjahren ebenfalls gestiegen ist (2018/2019: 81,4 %; 2017/2018: 77,5 %; 2016/2017: 73,9 %; 2015/2016: 65,2 %). Dies untermauert die These, dass sich im VAB, AVdual und BEJ v.a. Schüler_innen mit deutlichem Unterstützungsbedarf konzentrieren. GRAFIK 4 Anteil junger Menschen, die ohne HSA ins VAB/KOOP/BEJ/SBFS/AVdual gehen – Zeitlauf Schuljahre 2012/2013 – 2019/2020 ESF-Geschäftsstelle Freiburg, Quelle: Jahresberichte Jugendsozialarbeit 2012/2013 – 2019/2020 Von den 239 Schüler_innen ohne Hauptschulabschluss konnten mit 164 Schüler_innen (62 Mädchen, 102 Jungen) 68,6 % nach dem VAB/AVdual einen Hauptschulabschluss vorweisen (interne Statistik der Jugendsozialarbeit 9; eigene Berechnung). Im Vergleich zu den Vorjahren (2018/2019: 66,4 %; 2017/2018: 53,8 %; 2016/2017: 64,2 %; 2015/2016: 52,6 %) liegt der Anteil der Schüler_innen, die den Hauptschulabschluss nachholen, zum zweiten Mal in Folge über 65 %. Umgekehrt bleiben in 2019/2020 noch 31,4 % dieser Schüler_innen ohne Hauptschulabschluss. Somit ist in Frei- burg auch weiterhin mit einem nicht unbeträchtlichen Anteil von Schüler_innen mit erschwerten Bedingungen im Übergang zwischen Schule und Beruf zu rechnen. 7) Hierunter sind auch die Kooperationsklassen (VAB KOOP) erfasst. 8) Seit dem Schuljahr 2018/2019 werden die Schüer_innen des AVdual im Jahresbericht der Jugendsozialarbeit nicht mehr separat ausgewiesen. 9) Ab dem Schuljahr 2016/2017 wurde die Statistik der Jugendsozialarbeit in etwas reduzierter Form in den Jahresbericht integriert. Die interne (elektronische) Statistik wird weiter geführt; ausgewählte Daten wurden der ESF-Geschäftsstelle in anonymisierter Form zur Verfügung gestellt.
Arbeitsmarktstrategie 2022 | Regionaler ESF-Arbeitskreis Freiburg Übergang Schule – Beruf 11 GRAFIK 5 Anteil junger Menschen, die den HSA im VAB/KOOP/BEJ/SBFS/AVdual nachholen – Zeitlauf Schuljahre 2012/2013 – 2019/2020 ESF-Geschäftsstelle Freiburg, Quelle: Jahresberichte Jugendsozialarbeit 2012/2013 – 2019/2020 Die jährliche Statistik der Jugendsozialarbeit erlaubt eine geschlechterdifferenzierte Analyse des VAB, AVdual und BEJ. Anhand dieser Daten wird deutlich, dass bei der Geschlechterverteilung in diesen Klassen die Jungen überwiegen (60,4 % Jungen). Ebenso sind 60,3 % aller Schüler_innen ohne Hauptschulabschluss männlich. Wie im Vorjahr sind im Schuljahr 2019/2020 beim Nachholen des Hauptschulabschlusses die Jungen etwas erfolgreicher als die Mädchen; so holen 65,3 % aller Mädchen (2018/2019: 58,7 %; 2017/2018: 52,9 %) und 70,8 % der Jungen (2018/2019: 70,1 %; 2017/2018: 54,3 %;) den Hauptschulabschluss nach. Somit schlägt der positive Trend bei beiden Geschlechtern durch, wobei im Vorjahresvergleich die Steigerung bei den Mädchen wesentlich stärker ist als bei den Jungen. Darüber hinaus haben 81,3 % aller VAB/AVdual/BEJ-Schüler_innen eine Zuwanderungsgeschichte (interne Statistik Ju- gendsozialarbeit; eigene Berechnung). Dies ist der zweithöchste Wert der letzten Jahre (2018/2019: 83,2 %; 2017/2018: 75,6 %; 2016/2017: 76,9 %; 2015/2016: 72 %), wobei der Anteil der berufsschulpflichtigen Schüler_innen mit Zuwanderungsgeschichte im letzten Jahr leicht rückläufig ist10. 52,1 % aller Schüler_innen mit Zuwanderungsge- schichte haben zudem eine Fluchtgeschichte (2018/2019: 60,3 %; 2017/2018: 53,7 %)11. Damit bleiben jugendliche Migrant_innen und besonders junge Geflüchtete eine wichtige Zielgruppe für Unterstützungsmaßnahmen im Über- gang zwischen Schule und Beruf. 10) So weist die Bevölkerungsstatistik der Stadt Freiburg aus, dass zwischen 2019 und 2020 der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung zwischen 15 und 18 Jahren von 15,7 % auf 15,0 % gesunken ist (Statistisches Jahrbuch 2020, S. 31). 11) Im Jahresbericht der Jugendsozialarbeit wird diese Zielgruppe seit dem Schuljahr 2017/2018 gesondert ausgewiesen.
Arbeitsmarktstrategie 2022 | Regionaler ESF-Arbeitskreis Freiburg Übergang Schule – Beruf 12 GRAFIK 6 Verbleib junger Menschen nach dem VAB/BEJ/KOOP/AVdual – Schuljahr 2019/2020 im Vergleich zu Schuljahr 2018/2019 Schuljahr 2019/2020 Schuljahr 2018/2019 2019/2020: N = 288 2018/2019: N = 285 ESF-Geschäftsstelle Freiburg Quelle: Jahresbericht Jugendsozialarbeit 2019/2020, S. 32 f. Von zentraler Bedeutung sind die Verbleibszahlen nach dem VAB/AVdual/BEJ (Jahresbericht Jugendsozialarbeit, S. 32f., eigene Berechnung). Die Mitarbeiter_innen der Jugendsozialarbeit befragen im November die Absolvent_innen des VAB/AVdual/BEJ telefonisch oder persönlich nach dem aktuellen Verbleib. Im Schuljahr 2019/2020 gingen mit 55 Personen 19,1 % der Absolvent_innen in Ausbildung (2018/2019: 20,0 %; 2017/2018: 17,3 %; 2016/2017: 27,3 %). Dies bedeutet nur eine leichte Abnahme zum Vorjahr und zeigt zugleich, dass der Ausbildungsmarkt in 2020 trotz Pande- mie und fehlender Praktika auch für benachteiligte junge Menschen erstaunlich stabil geblieben ist. Des Weiteren besuchten 25,0 % (2018/2019: 30,5 %; 2017/2018: 30,3 %; 2016/2017: 21,8 %) eine weiterführende Schule. Damit geht dieser Wert im Vergleich zu den Vorjahren wieder zurück. 27 Schüler_innen (9,4 %) wiederholen die jeweilige Schulform (2018/2019: 6,7 %; 2017/2018: 14,4 %; 2016/2017: 5,0 %), um im zweiten Anlauf einen Ab- schluss nachzuholen. 8,3 % der Absolvent_innen mündeten in berufshinführende Maßnahmen (2018/2019: 5,3 %; 2017/2018: 9,2 %; 2016/2017: 8,4 %) und 9,8 % waren nicht versorgt oder nicht mehr zu erreichen (2018/2019: 12,6 %; 2017/2018: 12,5 %; 2016/2017: 10,1 %). 13,9 % der Schüler_innen haben das VAB/AVdual/BEJ vorzeitig beendet (2018/2019: 13,7 %; 2017/2018: 6,3 %; 2016/2017: 12,2 %), was ein Einpendeln auf hohem Niveau bedeutet. Aller- dings verbergen sich hinter dieser Zahl auch junge Menschen, die noch in Ausbildung vermittelt wurden, in eine be- rufsvorbereitende Maßnahme gewechselt oder direkt eine Arbeit aufgenommen haben.
Arbeitsmarktstrategie 2022 | Regionaler ESF-Arbeitskreis Freiburg Übergang Schule – Beruf 13 GRAFIK 7 Verbleib junger Menschen nach dem VAB/BEJ/KOOP/AVdual im Schuljahr 2019/2020 nach Geschlecht weiblich männlich ESF-Geschäftsstelle Freiburg Quelle: Jahresbericht Jugendsozialarbeit 2019/2020, S. 32 f. Insgesamt hat sich bei den Schüler_innen im VAB/AVdual/BEJ trotz Pandemie der zeitweilige Trend weg von Ausbil- dung und hin zum Verbleib an den beruflichen Schulen nicht fortgesetzt. So besuchen 34,4 % aller Abgänger_innen eine weiterführende Schule oder wiederholen die Klasse (im Vorjahr: 37,2 %). Dies korreliert mit der Tatsache, dass der Anteil der Schüler_innen ohne Hauptschulabschluss im VAB/AVdual/BEJ zunimmt und die Schüler_innen mit Haupt- schulabschluss direkt in die Berufsfachschulen wechseln. Die in der letztjährigen Arbeitsmarktstrategie bereits beschriebene Herausforderung, dass auch Schüler_innen mit Flucht- geschichte nach Abschluss einer Übergangsklasse an der beruflichen Schule verbleiben, hat sich bestätigt. Auf Basis einer Bedarfsanalyse konnten mit Gemeinderatsbeschluss vom November 2020 die bestehenden Ressourcen der Jugendsozialar- beit an beruflichen Schulen trotz Rückgang der VABO-Klassen im System der beruflichen Schulen erhalten werden. Darüber hinaus gibt es auch einige Schüler_innen ohne Fluchtgeschichte, welche die Schule ohne Anschlussperspektive ver- lassen und in der sogenannten „Grauzone“ verschwinden. Die aktuelle Situation, die mit den hier vorliegenden Daten nicht abgebildet werden kann, stellt eine zentrale Herausforderung für die Jugendsozialarbeit und die Kommunale Koordinierung am Übergang zwischen Schule und Beruf dar. Hier setzt das Projekt „Perspektive für alle“ an, das in der „Jugendberufsagen- tur Freiburg - Gleis 25“ verortet ist und seit 2019 über § 16h SGB II kooperativ von Jobcenter und Kommune finanziert wird.
Arbeitsmarktstrategie 2022 | Regionaler ESF-Arbeitskreis Freiburg Übergang Schule – Beruf 14 Als besondere Herausforderung in den VAB- und AVdual-Klassen kristallisieren sich zunehmend Schüler_innen heraus, die als „nicht praktikumsreif“ eingestuft werden. Nach Einschätzung aller Beteiligter kann dieses Problem nicht im schulischen und betrieblichen Regelsystem allein gelöst werden. Vielmehr wären besondere außerschulische Angebo- te notwendig, die niedrigschwellige berufspraktische Erfahrungen mit berufsorientierenden Anteilen ermöglichen. Hierzu ist in 2020 ein ESF-Projekt gestartet, das aufgrund der Pandemie nur sehr eingeschränkt umgesetzt werden konnte. Das Projekt wird aktuell fortgesetzt, wobei die Rahmenbedingungen mit Aussetzen der betrieblichen Praktika an den beruflichen Schulen nach wie vor eine sinnvolle Umsetzung beeinträchtigt. Des Weiteren weisen die Träger sowie die Fachkräfte der Jugendsozialarbeit an beruflichen Schulen auf die Zunahme von jungen Menschen mit psychischen Belastungen hin. Inwiefern für diese Zielgruppe spezifische Angebote hilfreich oder die bestehenden Angebote konzeptionell zu erweitern sind, wird derzeit fachlich diskutiert. Ein kommunal finan- ziertes Angebot für diese Zielgruppe ist „LOTse“, das von der Jugendberatung Freiburg e.V. umgesetzt wird und seit die- sem Jahr durch eine zusätzliche Finanzierung des Jobcenters Freiburg aufgestockt werden konnte. Allerdings kann mit diesem Angebot der Bedarf bei weitem nicht gedeckt werden. Der Ausbildungsmarkt in Freiburg hat sich im Vergleich zum Vorjahr etwas ungünstiger entwickelt. So waren Ende September 2020 noch 31 Bewerber_innen unversorgt (2019: 15). Gleichzeitig waren trotz Pandemie 210 Ausbildungs- stellen noch unbesetzt (2019: 58). Damit hat sowohl die Zahl der unversorgten Bewerber_innen als auch die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen deutlich zugenommen (Statistik der Bundesagentur für Arbeit – Ausbildungsstellen- markt Stadt Freiburg, September 2020). Nach wie vor ist ein hoher Anteil an „Altbewerber_innen“12 festzustellen, wes- wegen diese Zielgruppe stärker in den Blick genommen werden sollte. Darüber hinaus weist der 4. Freiburger Bildungsbericht darauf hin, dass mit der sogenannten „Angebots-Nachfrage- Relation“ als Kennzahl „die Situation im Ausbildungsgeschehen nicht vollumfänglich abgebildet wird, weil zum einen nur das duale System und nicht die Angebote des Schulberufssystems einbezogen sind und zum anderen nur gemel- dete Bewerberinnen und Bewerber zusammen erfasst werden, die im Berichtsjahr eine Vermittlung in eine duale Aus- bildung wünschten und deren Eignung dafür geklärt ist. Als nicht ausbildungsreif beurteilte Jugendliche werden so- mit nicht erfasst“ (Bildungsbericht, S. 177). Im Bereich der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südlicher Oberrhein haben die neuen Ausbildungsverhältnisse im Jahr 2020 bezogen auf den Gesamtkammerbezirk im Vergleich zum Vorjahr deutlich abgenommen (-9,7 %). Eine ähnli- che Tendenz zeigt sich in der Stadt Freiburg mit einem Rückgang von -8,8 % (IHK Statistik Aus- und Weiterbildung 2020). Unter Berücksichtigung der Pandemie ist dieser Rückgang jedoch eher moderat. Bei einer differenzierten Betrachtung fällt auf, dass der Rückgang der neuen Ausbildungsverhältnisse im Kammerbezirk bei den gewerbliche-technischen Be- rufen über dem Gesamtdurchschnitt liegt (Kammerbezirk: -12,5 %; Stadt Freiburg -6,3 %), während in der Stadt Freiburg die Kaufmännischen Berufe überdurchschnittlich gesunken sind (Kammerbezirk: -7,9 %; Stadt Freiburg -9,9 %). Bei den zahlenmäßig relevanten Ausbildungsberufen verzeichnen in Freiburg die Bereiche Bau, Steine, Erden (+26,3%) sowie Versicherungen (+7,7 %) eine positive Entwicklung. Dagegen ist in den Bereichen Hotel und Gaststätten (-28,8%), Metalltechnik (-15,2 %) sowie Chemie, Physik, Biologie (-13,3 %) der Rückgang besonders stark. Der Anteil der „auslän- dischen“ jungen Menschen an den Auszubildenden insgesamt ist im Kammerbezirk auf 11,9 % zum ersten Mal seit 2013 leicht gesunken (2019: 12,1 %). 6) Als „Altbewerber_innen“ werden in der Statistik der Bundesagentur für Arbeit unversorgte Bewerber_innen aus einem früheren Schulentlassjahr bezeichnet, die nach wie vor einen Ausbildungsplatz suchen.
Arbeitsmarktstrategie 2022 | Regionaler ESF-Arbeitskreis Freiburg Übergang Schule – Beruf 15 Mit Blick auf die schulische Vorbildung fällt auf, dass bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnissen der Anteil der Auszubildenden mit Hauptschulabschluss leicht abnimmt und in 2020 im Gesamtkammerbezirk bei 19,1 % liegt (2019: 20,4 %). Daneben haben Auszubildenden ohne Abschluss (1,5 %; 2019: 1,4 %) leicht zugenommen und mit „sonstigem“ Abschluss (4,6 %; 2019: 3,4 %) etwas abgenommen, was unter anderem mit der immer noch hohen, aber insgesamt rückläufigen Zahl von jungen Geflüchteten in Ausbildung (144 Auszubildende) korreliert. Im Bereich der Handwerkskammer haben im Kammerbezirk Freiburg die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge mit -1,0 % etwas abgenommen (2019: +0,1 %). Damit liegt der Kammerbezirk Freiburg über dem Landesdurchschnitt von -2,5 %. Im Stadtkreis Freiburg haben die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge allerdings um -13,1 % außer- gewöhnlich stark abgenommen (2019: +13,7 %). Eine berufsspezifische Betrachtung des gesamten Auszubildendenbe- stands im Kammerbezirk Freiburg zeigt, dass bei den zahlenmäßig relevanten Ausbildungsberufen im Bau- (+7,3 %) und im Holzgewerbe (+4,1 %) eine Steigerung zum Vorjahr zu verzeichnen ist. In allen anderen relevanten Berufsgrup- pen geht der Gesamtbestand zurück, am deutlichsten ist dies in den Bereichen Nahrung (-4,7 %) sowie Gesundheit und Körperpflege (-3,9 %) festzustellen (Geschäftsbericht Berufliche Bildung Handwerkskammer Freiburg vom März 2021). Mit Blick auf die Vorbildung der neuen Auszubildenden nimmt bei der Handwerkskammer der Anteil an Auszubilden- den mit Hauptschulabschluss wieder leicht zu. In 2020 ist diese Gruppe mit 37,9 % (2019: 36,9 %) kleiner als die Auszu- bildenden mit Mittlerer Reife (39,8 %; 2019: 42,7 %). Gleichzeitig stabilisiert sich die Anzahl der Auszubildenden ohne Hauptschulabschluss bzw. mit ausländischem Abschluss (6,3 %; 2019: 6,1 %). Damit bleibt der Anteil junger Geflüchte- ter in Ausbildung auf einem relativ hohen Niveau. Dementsprechend ist mit Blick auf den gesamten Lehrlingsbestand der Anteil „ausländischer“ Auszubildender von 19,4 % auf 19,7 % weiter leicht gestiegen. Dagegen ist der Frauenanteil bei den neu eingetragenen Ausbildungsverträgen im Kammerbezirk Freiburg im Vergleich zum Vorjahr von 19,0 % auf 17,8 % gesunken (Geschäftsbericht Berufliche Bildung Handwerkskammer Freiburg vom März 2021). Insgesamt zeigen sich bei den Daten zum Ausbildungsmarkt einzelne Auswirkungen der Corona-Pandemie. Dagegen findet das aktuelle Schuljahr fast durchgängig unter Pandemiebedingungen statt. Durch den weitgehenden Wegfall betrieblicher Praktika fehlt ein wichtiges Element der beruflichen Orientierung sowie der „Klebeeffekt“ für die Ausbil- dung. Gleichzeitig sind Ausbildungsbetriebe zurückhaltender, da sie keine Möglichkeit haben, potentielle Auszubilden- de kennenzulernen. Deshalb sind die Befürchtungen groß, dass besonders benachteiligte junge Menschen erhebliche Schwierigkeiten haben werden, einen Ausbildungsplatz zu erhalten. Die Anzahl der Vertragsauflösungen hat sich in 2020 insgesamt eher positiv entwickelt. Im Bereich der Handwerks- kammer Freiburg ist der Anteil der Vertragsauflösungen von 13,8 % auf 11,4 % zurückgegangen. Dabei wurde fast die Hälfte der Verträge im ersten Lehrjahr und 29,4 % bereits in der Probezeit aufgelöst (2019: 28,9 %). In 24,8 % aller Ver- tragsauflösungen erfolgt ein Anschlussvertrag im Handwerk, während 75,2 % als Abbrüche ohne Verbleibsangabe ge- führt werden (Geschäftsbericht Berufliche Bildung Handwerkskammer Freiburg vom März 2021). Geschlechtsspezifi- sche Daten liegen hierzu nicht vor. Auch im Bereich der IHK Südlicher Oberrhein ist die Quote von 9,2 % auf 8,8 % etwas gesunken. Dabei weisen die kauf- männischen Ausbildungsberufe mit 11,3 % (2019: 12,0 %) einen höheren Anteil auf als die gewerblichen mit 5,8 % (2019: 5,7 %). Den mit Abstand höchsten prozentualen Wert weist das Holzgewerbe aus (28,6 %); allerdings verbergen sich dahinter nur vier Vertragslösungen. Im Hotel- und Gaststättengewerbe bleiben die Vertragslösungen mit 18,7 % auf einem hohen Niveau, jedoch mit sinkender Tendenz. So liegt diese Zahl wie in den letzten Jahren wieder unter dem Vorjahreswert (20,3 %) und das trotz der Pandemie, die diesen Bereich besonders stark getroffen hat (IHK Statistik Aus- und Weiterbildung 2020).
Arbeitsmarktstrategie 2022 | Regionaler ESF-Arbeitskreis Freiburg Übergang Schule – Beruf 16 GRAFIK 8 Vertragsauflösungen 2020 im Vergleich zu 2019 2020 2019 ESF-Geschäftsstelle Freiburg Quellen: HWK Geschäftsbericht Berufliche Bildung 2020 und IHK Statistik Berufsbildung 2020 Ein signifikanter Zusammenhang besteht zwischen Schulabschluss und Vertragslösung. Während mit Blick auf den Kammerbezirk der IHK Südlicher Oberrhein 19,1 % aller neuen Auszubildenden in 2020 einen Hauptschulabschluss be- sitzen (Realschulabschluss 42,1 %), erfolgen 30,8 % aller Vertragslösungen im Bereich von Auszubildenden mit Haupt- schulabschluss (Realschulabschluss 42,4 %). Im Vergleich mit dem Vorjahr gehen die Vertragslösungen bei Auszubil- denden mit Hauptschulabschluss leicht zurück, während sie bei Auszubildenden mit Realschulabschluss zunehmen. Besondere Herausforderungen ergeben sich durch die hohe Zahl von jungen Geflüchteten in Ausbildung, v.a. auf dem Hintergrund der „3+2-Regelung“. Diese besagt, dass Geflüchtete während ihrer Ausbildung (3 Jahre) eine Duldung er- halten sowie bei Ausübung einer Tätigkeit im Ausbildungsberuf für zwei Jahre eine befristete Aufenthaltserlaubnis er- halten. Diese Regelung führt dazu, dass junge Geflüchtete trotz fehlender (meist sprachlicher) Voraussetzungen eine Ausbildung beginnen, um sich dadurch eine Bleibeperspektive zu erarbeiten. Die Handwerkskammer Freiburg wertet im Rahmen ihrer Ausbildungsberichterstattung die Geflüchteten in Ausbildung gesondert aus. Danach haben bei den neuen Ausbildungsverträgen von Geflüchteten 35,0 % der Auszubildenden keinen Hauptschulabschluss (12,3 %) oder einen ausländischen bzw. nicht zuordenbaren Schulabschluss (22,7 %). Auch von der IHK kommen ähnliche Erfah- rungsberichte, die einen deutlichen Unterstützungsbedarf für junge Geflüchtete in Ausbildung anzeigen. Inzwischen wurde die abH-Berechtigung für diese Zielgruppe erweitert, so dass die Regelsysteme greifen können. Ein Bedarf wird v.a. in der vorgelagerten Basisqualifikation von Geflüchteten gesehen.
Arbeitsmarktstrategie 2022 | Regionaler ESF-Arbeitskreis Freiburg Handlungsbedarf 17 1.4 Handlungsbedarf Die vorhergehende Analyse dient als Basis zur Umsetzung der Ziele in der regionalen ESF-Förderung. Ausgehend von den Ergebnissen der Analyse sieht der Regionale Arbeitskreis für Freiburg folgende Handlungsbedarfe: Nicht nur die Arbeitslosigkeit hat durch die Pandemie deutlich zugenommen, sondern auch der zeitliche Verbleib in der Arbeitslosigkeit. Deshalb sind Langzeitarbeitslose besonders von der Pandemie betroffen. Da gleichzeitig Helfer- berufe im Hotel- und Gaststättengewerbe und bei den Personaldienstleistungen weggefallen sind, besteht in der Qualifizierung von Arbeitslosen ohne Berufsabschluss eine zentrale Herausforderung. Notwendig wären vor allem An- gebote zum Spracherwerb für die Niveaus A0 – A2, die berufsalltagsorientierte Sprachkompetenzen vermitteln. Als weitere Zielgruppen haben aus Sicht des Regionalen ESF-Arbeitskreises die Arbeitslosen über 55 Jahre ein erhöhter Förderbedarf sowie Alleinerziehende, vor allem vor dem Hintergrund des hohen Anteils an Ungelernten in dieser Ziel- gruppe. Allerdings sollten nicht nur Alleinerziehende, sondern alle Personen in Erziehungsverantwortung ohne Quali- fikation sowie Personen in „Wartestellung“ (z.B. nach § 10 SGB II), die ebenfalls von Armut bedroht sind, in den Blick ge- nommen werden. Zudem besteht nach wie vor ein erhöhter Unterstützungsbedarf für Arbeitslose mit Migrationsge- schichte sowie für arbeitslose Frauen. Daneben bleiben Arbeitslose mit mehreren vermittlerischen Handlungsbedarfen – besonders die mit gesundheitli- chen Einschränkungen – eine wichtige Zielgruppe für den regionalen ESF. Hierbei sind v.a. Personen in den Blick zu nehmen, denen noch keine AGH zugemutet werden kann. Insgesamt sind Überschneidungen mit den Zielgruppen von BIWAQ und den Angeboten im kommunalen Beschäfti- gungsprogramm zu vermeiden. Vielmehr wären aufeinander aufbauende Module („Förderketten“) sinnvoll, die beste- hende Angebote ergänzen oder Lücken im Fördersystem schließen. Auf Basis der Erfahrung in bisherigen Projekten betont der Regionale Arbeitskreis das Element der Freiwilligkeit als Er- folgsfaktor für zukünftige Projekte. Inhaltlich sollen die Projekte eng an der individuellen Lebenswelt der Adressat_in- nen ansetzen und eine intensive Begleitung mit aufsuchenden Elementen ermöglichen sowie das Thema physische und psychische Gesundheit konzeptionell berücksichtigen. Darüber hinaus sollte die Förderung der digitalen Teilhabe ein wesentlicher Bestandteil der Projektkonzeption sein. Im Übergang zwischen Schule und Beruf werden Unterstützungsangebote für bestimmte Zielgruppen als not- wendig erachtet. Angesichts der noch nicht gänzlich absehbaren Auswirkungen der Pandemie auf den Ausbil- dungsmarkt bleibt die Unterstützung benachteiligter Jugendlicher ein zentrales Betätigungsfeld des Regionalen ESF-Arbeitskreises. Ein besonderes Augenmerk ist auf die nachholende beruflichen Orientierung und die Unterstützung benachteiligter Schüler_innen mit und ohne Schulabschluss beim Übergang in eine duale Ausbildung zu richten. Parallel sind für die- se Zielgruppe potentielle Ausbildungsbetriebe zu erschließen. Unabhängig von der Pandemie sind Schüler_innen in den Übergangsklassen zu unterstützen, die z.B. als „nicht prakti- kumsreif“ eingestuft werden. Für diese Zielgruppe wären besondere außerschulische Angebote notwendig, die nied- rigschwellige berufspraktische Erfahrungen ermöglichen. Zum anderen sind Projekte erwünscht, die Basisqualifikatio- nen für junge Geflüchtete anbieten.
Arbeitsmarktstrategie 2022 | Regionaler ESF-Arbeitskreis Freiburg Handlungsbedarf | Ziele, Zielgruppen & Handlungsschwerpunkte 18 Da sich die Anzahl der „Altbewerber_innen“ auf einem hohen Niveau bewegt und eher zu- als abnimmt, werden inno- vative Ansätze gesucht, wie diese Zielgruppe im Bewerbungsprozess und bei der Ausbildungsplatzsuche besser unter- stützt werden kann. Im letzten Jahr wurde das Projekt „ZiA – Zurück in Ausbildung“ in die Regelförderung der Kommune und des Jobcenter aufgenommen. Damit besteht ein ausreichendes Angebot auch für Ausbildungsabbrecher_innen mit besonderem Unterstützungsbedarf. Deshalb muss diese Zielgruppe aktuell nicht mehr in der regionalen ESF-Förderung berücksich- tigt werden. Da durch die Pandemie die psychischen Belastungen zugenommen haben, sollen Projekte das Thema Gesundheit auf- greifen bzw. in ihr Konzept integrieren. Zudem ist zu prüfen, ob für Schüler_innen, die ohne Hauptschulabschluss die allgemeinbildende Schule verlassen, spezifische Unterstützungsangebote über das Regelsystem hinaus notwendig sind. Weil mit der Corona-Pandemie die Verunsicherung auf dem Ausbildungsmarkt stark zugenommen hat, sollten alle Projekte die berufliche Orientierung als ein zentrales Element konzeptionell berücksichtigen. Ebenso sollte die För- derung der digitalen Teilhabe in allen Projekten konzeptionell fest verankert sein. Auch im Bereich des Übergangs zwischen Schule und Beruf sollten Projekte entsprechend der ESF-Förderphilosophie mehr auf Qualität statt Quantität setzen sowie individuelle und verlässliche Begleitung mit dem Ziel der Persönlich- keitsstärkung gewährleisten. Erwünscht sind zudem Angebote, welche die betriebliche Seite angemessen berücksich- tigen, das familiäre Umfeld mit einbeziehen und Synergien mit bestehenden Angeboten ermöglichen. Abschließend ist für alle Bereiche zu berücksichtigen, dass ab Sommer 2021 mehrere Projekte im Rahmen von REACT- EU umgesetzt werden. Deshalb sollten sich Projektanträge für das Jahr 2022 konzeptionell deutlich von jenen Projek- ten abgrenzen. 2. Ziele, Zielgruppen und Handlungsschwerpunkte Im nächsten Schritt werden auf Basis des analysierten Handlungsbedarfs für die beiden Themenfelder „Rückkehr in den Arbeitsmarkt“ und „Übergang Schule – Beruf“ Schwerpunktziele des ReAK ESF festgelegt sowie spezifische Ziel- gruppen eingegrenzt. Darüber hinaus sind die Querschnittsziele „Gleichstellung der Geschlechter“ und „Chancen- gleichheit und Nichtdiskriminierung“ sowie die EU-Charta der Grundrechte in jedem Fall zu berücksichtigen. Die As- pekte „Ökologische Nachhaltigkeit“ und „Transnationale Kooperation“ sind ebenfalls erwünscht, können jedoch wahl- weise umgesetzt werden.
Arbeitsmarktstrategie 2022 | Regionaler ESF-Arbeitskreis Freiburg Rückkehr in den Arbeitsmarkt 19 2.1 Rückkehr in den Arbeitsmarkt Im Themenfeld „Rückkehr in den Arbeitsmarkt“ legt der ReAK ESF den Schwerpunkt auf folgende Zielgruppen mit besonderem Unterstützungsbedarf: > Langzeitarbeitslose, insbesondere ohne Berufsabschluss, die von den Regelangeboten nicht oder nur unzureichend erreicht werden > Arbeitslose über 55 Jahre > Menschen in Erziehungsverantwortung ohne verwertbare Ausbildung, unter besonderer Berücksichtigung von Alleinerziehenden > Arbeitslose Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, insbesondere Frauen > Arbeitslose Frauen > Arbeitslose mit mehreren vermittlerischen Handlungsbedarfen, insbesondere mit gesundheitlichen Einschränkungen > Arbeitslose ohne sprachliche Basisqualifikation Bei den Zielgruppen ist generell ein Abgleich zu BIWAQ und den Angeboten im Kommunalen Beschäftigungspro- gramm vorzunehmen. Sinnvoll sind aufeinander aufbauende Module („Förderketten“), die bestehende Angebote er- gänzen oder Lücken im Fördersystem schließen. Inhaltlich sollen die Projekte eng an der individuellen Lebenswelt der Adressat_innen ansetzen, eine intensive Begleitung mit aufsuchenden Elementen ermöglichen und das Thema physi- sche und psychische Gesundheit konzeptionell berücksichtigen. Darüber hinaus sollte die Förderung der digitalen Teil- habe ein wesentlicher Bestandteil der Projektkonzeption sein. 2.2 Übergang Schule – Beruf Im zweiten Themenfeld steht der Übergang Schule – Beruf im Mittelpunkt. Generelles Ziel ist hierbei, dass jede_r Jugendliche eine Chance erhält und jede_r einen Schulabschluss erwerben so- wie einen adäquaten Anschluss an die Schule finden kann. Angesichts des demographischen Wandels und des viel- fach geäußerten Fachkräftemangels bleibt die Unterstützung benachteiligter Jugendlicher ein zentrales Betätigungs- feld des ESF. Schwerpunktziele für Freiburg sind hierbei: > Unterstützung benachteiligter Schüler_innen ohne Schulabschluss beim Übergang in eine duale Ausbildung inkl. Erschließung potentieller Ausbildungsbetriebe > Niedrigschwellige außerschulische Angebote für Schüler_innen in den Übergangsklassen, die als „nicht praktikumsreif“ gelten, mit berufsorientierenden und berufspraktischen Anteilen > Basisqualifizierungen für junge Geflüchtete > Innovative Angebote für „Altbewerber_innen“, die diese dabei unterstützen, passende Ausbildungsplätze zu finden Projekte sollen individuelle und verlässliche Begleitung mit dem Ziel der Persönlichkeitsstärkung gewährleisten. Da durch die Pandemie die psychischen Belastungen zugenommen haben, sollen Projekte das Thema physische und psy- chische Gesundheit aufgreifen bzw. in ihr Konzept integrieren. Das schließt die Vermittlung von Methoden zur Krisen- bewältigung in persönlichen Lebenslagen ein. Mit Blick auf die Corona-Pandemie sollen alle Projekte verstärkt die be- rufliche Orientierung sowie die Förderung der digitalen Teilhabe als wesentliche Elemente konzeptionell verankern. Erwünscht sind zudem Angebote, welche die betriebliche Seite angemessen berücksichtigen, das familiäre Umfeld mit einbeziehen und Synergien mit bestehenden Angeboten ermöglichen. Insgesamt ist für beide Themenfelder zu berücksichtigen, dass ab Sommer 2021 mehrere Projekte im Rahmen von REACT-EU umgesetzt werden. Deshalb sollten sich Projektanträge für das Jahr 2022 konzeptionell deutlich von jenen Projekten abgrenzen.
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