Demografischer Wandel in Erlangen - Entwicklungen und Tendenzen: Ein Jahrhundert im Zeitraffer - Stadt Erlangen
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Sehr geehrte Leserinnen und Leser, die Kinderbuchautorin Astrid Lindgren schreibt: „Wie die Welt von morgen aussehen wird, hängt in großem Maß von der Einbildungskraft jener ab, die gerade jetzt lesen lernen.“ Und das werden immer weniger. Wir leben in Deutschland in einer Gesellschaft, deren demografischer Wandel vor Jahrzehnten eingeleitet wurde. Die Folge ist, dass unsere Gesellschaft insgesamt immer älter wird, die Einwohnerzahl stetig abnimmt und es immer weniger junge Menschen, - also auch ABC-Schützen - gibt. Außerdem wird Deutschland immer stärker von Wanderungsbewegungen geprägt und die Zahl der Einpersonenhaus- halte steigt rapide an. All diese Veränderungen erfordern von Kommunen, aber auch den Ländern und dem Bund Weitsicht, Mut zu Veränderungen und Bereitschaft zum Dialog, damit der Boden bereitet wird für eine Gesellschaft, in welcher diesen veränderten Rahmenbedingungen Rechnung getragen wird. In der Stadtverwaltung ist das Management des demografischen Wandels seit langem Querschnittsaufgabe. Bereits die vergangenen Berichte unserer Abteilung Statistik und Stadtforschung waren eine solide Datengrundlage und hilfreiche Berichte für alle Referate und Ämter, aber auch für die Politik und andere Interessierte. Im jetzt vorliegenden Bericht soll neben einer zeitlichen Betrachtung zum Beispiel erläutert werden, welche Indikatoren über den demografischen Wandel informieren können und wie sich der demografische Wandel auf kleinräumiger Ebene auswirkt. Unsere Aufgabe als Kommunalverwaltung und Politik ist es, die Rahmenbedingungen in Erlangen so zu gestalten, dass Erlangen für ALLE Generationen eine liebens- und lebens- werte Stadt bleibt! Den Mitarbeitern der Abteilung Statistik und Stadtforschung, besonders Herrn Plietsch, danken wir für den vorliegenden Bericht, dem wir viele Leserinnen und Leser wünschen. Ihr Ihre Dr. Florian Janik Dr. Elisabeth Preuß Oberbürgermeister Bürgermeisterin
Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Bevölkerungsentwicklung seit 1950 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Zukünftige Bevölkerungsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Indikatoren demografischen Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Tendenzen demografischen Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Verschiebung des Generationenverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Eine neue Seniorengeneration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Kleinräumige Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Büchenbach West . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Röthelheimpark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 In der Reuth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Einfamilienhaus-Wohngebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Demografiemonitoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Erlangen im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Grafik Titelseite: Gerhard Plietsch, Wilhelmine Wulff / pixelio.de Stadt Erlangen, Abteilung Statistik und Stadtforschung, 91051 Erlangen, Tel. (09131) - 86 2563 E-Mail: statistik@stadt.erlangen.de Internet: www.erlangen.de/statistik Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet
Einleitung Bevölkerungsentwicklung seit 1950 Der demografische Wandel wurde in den vergange- Die Altersstruktur einer Bevölkerung kann anhand nen Jahren zunehmend thematisiert. Die Verände- von Bevölkerungspyramiden veranschaulicht wer- rungen im Aufbau der Bevölkerungsstruktur nehmen den. Bevölkerungspyramiden sind Diagramme, in heute einen größeren Stellenwert im öffentlichen denen - getrennt nach Geschlechtern - die Anzahl Bewusstsein ein als früher. Kaum noch denkbar sind oder der Anteil der Personen jedes einzelnen Planungen ohne Blick auf demografische Entwick- Lebensaltersjahres durch Balken repräsentiert wird. lungen und Folgen. Dabei ist auf der horizontalen Achse die Zahl der Oft erscheint der demografische Wandel in der Personen ersichtlich. Auf der vertikalen Achse sind öffentlichen Diskussion auch als gesellschaftliche die Altersjahre abgetragen. Entlang dieser Achse fin- Bedrohung, die es zu bewältigen gilt. Von einer det sich auf der linken Seite die männliche, auf der demografischen Katastrophe kann dennoch nicht rechten Seite die weibliche Bevölkerung. die Rede sein, denn stetige Veränderungen in der Der Begriff „Bevölkerungspyramide“ stammt aus Bevölkerungszusammensetzung sind schon seit einer Zeit, in der solche Darstellungen noch einen langem zu beobachten. Der demografische Wandel unverkennbar pyramidenförmigen Charakter hatten, kommt nicht überraschend: Die Ursachen der Ent- was in Deutschland bis zum Beginn des 20. Jahr- wicklungen im Bevölkerungsaufbau, die aus heutiger hunderts der Fall war. Den Fuß der Pyramide bil- Sicht ungünstig erscheinen, liegen zum Teil weit in deten dabei eine große Zahl an Neugeborenen. Mit der Vergangenheit zurück. Insofern ist es auch wich- steigendem Alter nahm die Zahl der Menschen fast tig, einen Blick auf vergangene Entwicklungen zu linear ab, begründet in einer konstant hohen Sterb- werfen, bevor man sich mit zukünftigen Tendenzen lichkeit über alle Altersjahre hinweg. befasst. Diesem Umstand verdankt diese Art der Darstel- Im Folgenden soll ein Überblick über 100 Jahre lung zwar ihren Namen, geblieben ist heute jedoch demografische Entwicklung in Erlangen dargestellt lediglich der Begriff, denn die Bevölkerungspyramide werden: sieht längst nicht mehr so aus wie früher. • Was hat sich im Altersaufbau der Erlanger Bevöl- Betrachtet man den Altersaufbau der Erlanger kerung seit den 50er Jahren des vergangenen Bevölkerung im Jahr 1950 (Abb. 1), so erkennt Jahrhunderts verändert? man nur noch ansatzweise eine pyramidenförmige • Welche Entwicklungen sind mittelfristig für die Struktur; diese wird bereits durchbrochen von histo- kommenden 15 Jahre zu erwarten? rischen Ereignissen: Deutliche Lücken hat der Erste Weltkrieg hinterlassen, der in den Jahren 1914 bis • Welche Indikatoren können über Tendenzen des 1918 zu einem starken Geburtenausfall führte. Die- demografischen Wandels informieren? ser Geburteneinbruch macht sich im Altersaufbau • Wie sieht die demografische Entwicklung auf des Jahres 1950 bei der Bevölkerung im Alter um kleinräumiger Ebene aus? Mitte 30 gravierend bemerkbar. Damit fehlt jedoch • Wie entwickeln sich demografische Indikatoren in auch ein beträchtlicher Teil potentieller Eltern für Erlangen im Vergleich zu anderen Kommunen? eine Nachfolgegeneration, wodurch auch die relativ niedrige Kinderzahl zu erklären ist. Zudem waren die Geburtenraten während und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg niedrig. Die Kinderzahl muss als „relativ“ niedrig bezeichnet werden, weil zwar die absolute Geburtenzahl einen Rückgang zu verzeichnen hatte, die Geburtenrate jedoch im Vergleich zu heute immer noch deutlich höher war. So wurden im Jahr 1939 in Erlangen rund 700 Geburten registriert bei insgesamt 36.000 Einwohnern. Dies entspricht rund 20 Geborenen je 1.000 Einwohnern. Anfang der 50er Jahre verringerte sich dieser Anteil auf etwa 14 Geborene je 1.000 Einwohner. Im Jahr 1950 hat Erlangen bereits 51.500 Einwohner mit Hauptwohnsitz; die Anga- ben in dieser Veröffentlichung beziehen sich auf die Hauptwohnungsbevölkerung, wenn dies nicht © Wilhelmine Wulff / pixelio.de anders gekennzeichnet ist. 4 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 8/2014
1950 100 90 80 Frauen 70 Frauenüberschuss Männer 60 Männerüberschuss 50 40 Studenten- Jahrgang 1918 30 jahrgänge 20 10 Jahrgang 1945 1000 500 500 1000 Abb. 1: Bevölkerungsstruktur der Erlanger Hauptwohnungsbevölkerung im Jahr 1950 Der Erlanger Bevölkerungsaufbau des Jahres 1950 1950 auch noch der hohe Frauenüberschuss. Die zeigt bei den Altersjahren zwischen 20 und 30 Jah- rechten Balken repräsentieren auf gesamter Länge ren, dass sich Erlangen bereits auf dem Weg zur die Gesamtzahl der weiblichen Bevölkerung. Der Studentenstadt befand. Damals hatte Erlangen rund hellere Teil entspricht dem Betrag, um welchen die 3.900 Studierende. weibliche Bevölkerung die männliche Bevölkerung Auffällig ist an der Bevölkerungspyramide des Jahres übersteigt. Hierbei handelt es sich in erster Linie 1960 100 90 80 Frauen 70 Frauenüberschuss Männer 60 Männerüberschuss 50 Jahrgang 1918 40 Studenten- 30 jahrgänge 20 Jahrgang 1945 10 1000 500 500 1000 Abb. 2: Bevölkerungsstruktur der Erlanger Hauptwohnungsbevölkerung im Jahr 1960 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 8/2014 5
1600 1400 1200 1000 800 Babyboom 1955-1969 600 400 200 0 1945 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 Abb. 3: Lebendgeborene in Erlangen seit 1945 um Kriegswitwen. Insgesamt ist der Altersaufbau Erlanger Geburtenzahlen aus (Abb. 3). Das Gebur- der Erlanger Bevölkerung im Jahr 1950 also stark tenmaximum war in Erlangen im Jahr 1967 mit rund geprägt von den beiden Weltkriegen. 1.450 Geburten erreicht bei einer Hauptwohnungs- In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg kam bevölkerung von etwa 83.000 Personen. Heute wer- es wiederum zu einem relativ starken Geburtenzu- den im Gegensatz dazu lediglich im Schnitt 1.000 wachs. Die Geburtenraten erreichten dabei fast das Geburten pro Jahr verzeichnet bei insgesamt etwa Vorkriegsniveau. Bereits im Jahr 1960 entfielen rund 107.000 Einwohnern. 18 Geburten auf 1.000 Einwohner. Dies zeigt sich Was auch noch im Altersaufbau des Jahres 1960 zu wiederum im Altersaufbau des Jahres 1960 (Abb. 2): erkennen ist und in der Bevölkerungspyramide von Bei den Kindern zeichnet sich bereits die „Baby- 1950 nicht sichtbar war, da es von den stark aus- boom-Generation“ ab. Als „Babyboom“ wird die geprägten Altersjahren der Studierenden überlagert Phase steigender Geburtenzahlen nach dem Zwei- wurde, ist das Geburtentief infolge der Weltwirtschafts- ten Weltkrieg bezeichnet, die etwa den Zeitraum von krise Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts. 1955 bis 1969 umfasst. Dies drückt sich auch in den Dieser Einbruch ist in der Bevölkerungspyramide am 1970 100 90 80 Frauen 70 Frauenüberschuss Männer 60 Männerüberschuss Jahrgang 1918 50 40 Studenten- 30 jahrgänge Jahrgang 1945 20 10 Pillenknick 1000 500 500 1000 Abb. 4: Bevölkerungsstruktur der Erlanger Hauptwohnungsbevölkerung im Jahr 1970 6 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 8/2014
stärksten bei den 27- bis 29-Jährigen ausgeprägt. sicherlich im demografischen Aufbau der damaligen Neben den beiden Weltkriegen war die Weltwirt- Bevölkerung selbst zu sehen: Die geburtenschwa- schaftskrise das dritte historische Ereignis, welches chen Jahrgänge während des Zweiten Weltkrieges Einbrüche im Bevölkerungsaufbau hervorbrachte, sind im Jahr 1970 etwa 25 bis 30 Jahre alt, sind die heute noch ersichtlich sind. also in das Alter potentieller Eltern vorgerückt. In der Die Bevölkerungspyramide des Jahres 1960 zeigt Bevölkerungspyramide lässt sich dies nur schwer weiterhin eine starke Ausbuchtung bei den Alters- erkennen, da diese Altersjahre sehr stark von Stu- jahren der Studentinnen und Studenten. Deutlicher dentinnen und Studenten überlagert sind. noch als zehn Jahre zuvor zeichnet sich mit rund Das durchschnittliche Alter der Mütter von Erstge- 6.000 Studierenden im Jahr 1960 die studentische borenen betrug im Jahr 1970 noch rund 24 Jahre Prägung Erlangens ab, die sich bis heute noch ver- und stieg erst im weiteren Verlauf auf heute etwa 30 stärkt hat. Jahre an. Es fehlte im Jahr 1970 also in Folge des Der Babyboom der Nachkriegsjahre war bereits Ende Zweiten Weltkrieges ein nicht unbeträchtlicher Teil der 60er Jahre vorbei. Der drastische Rückgang an potentiellen Eltern. innerhalb nur weniger Jahre (Abb. 4, vgl. Abb. 3) In der Entwicklung des Bevölkerungsaufbaues von wird im Allgemeinen als „Pillenknick“ bezeichnet, da 1950 bis 1970 ist zu erkennen, dass der Frauen- der Geburtenrückgang mit der Einführung der „Anti- überschuss infolge der Kriege in die mittleren und babypille“ zusammenfiel. höheren Jahrgänge „gealtert“ ist und dass es bei der Es kann allerdings davon ausgegangen werden, Bevölkerung unter 42 Jahren keinen Frauenüber- dass neue Verhütungsmethoden nicht der einzige schuss mehr gibt. Dagegen ist bei den Studierenden Grund für den Geburtenrückgang waren. Hinzu - etwa 7.600 bei 85.000 Einwohnern - ein Männerü- kommt sicherlich auch ein Wertewandel, der Frauen berschuss zu verzeichnen. zunehmend Verwirklichungschancen im Berufsleben Zwanzig Jahre später - im Jahr 1990 - ist die Baby- ermöglichte und nicht mehr allein auf eine Rolle an boom-Generation in das Studentenalter vorgerückt. „Heim und Herd“ reduzierte. Die zweite Welle der In Erlangen studierten in diesem Jahr etwa 21.000 Frauenbewegung thematisierte unter anderem die Studentinnen und Studenten. Bei einer Hauptwoh- Selbstbestimmung der weiblichen Sexualität und nungsbevölkerung von insgesamt 101.000 Personen den Schwangerschaftsabbruch. Als sich im Juni schlug sich dies bedeutend im Altersaufbau nieder 1971 in der Zeitschrift „Stern“ 374 Frauen öffentlich (Abb. 5), wenn auch nur ein Teil der Studierenden zum damals illegalen Schwangerschaftsabbruch in Erlangen wohnte bzw. dort mit Hauptwohnsitz bekannten, wurde das ehemalige Tabuthema Teil gemeldet war. der öffentlichen Diskussion. Der Einbruch der Geburtenzahlen durch den „Pil- Eine weitere Ursache für den Geburtenrückgang ist lenknick“ wirkt aufgrund der stark ausgeprägten 1990 100 90 80 Frauen Jahrgang 1918 70 Frauenüberschuss Männer 60 Männerüberschuss 50 Jahrgang 1945 40 Studenten- 30 jahrgänge 20 Pillenknick 10 1000 500 500 1000 Abb. 5: Bevölkerungsstruktur der Erlanger Hauptwohnungsbevölkerung im Jahr 1990 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 8/2014 7
30.000 25.000 20.000 15.000 10.000 5.000 1961/62 1964/65 1967/68 1970/71 1973/74 1976/77 1979/80 1982/83 1985/86 1988/89 1991/92 1994/95 1997/98 2000/01 2003/04 2006/07 2009/10 2012/13 Abb. 6: Studenten an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (jeweils zum Wintersemester, nur Studenten in Erlangen) Studentenjahrgänge noch drastischer. Tatsächlich Weltwirtschaftskrise Geborenen sind nun etwa 60 verharren die Geburtenzahlen auf diesem relativ Jahre alt. Geburtenschwache Jahrgänge des Zwei- niedrigen Niveau. Lediglich gegen Ende der 80er ten Weltkrieges zeigen sich als starke Einbuchtung Jahre gab es noch einmal einen geringfügigen bei der Bevölkerung Mitte 40. Anstieg aufgrund der stärker besetzten Elternjahr- Die „Pillenknick“-Generation rückte in den 90er gänge: Die Babyboom-Generation ist zur Elterngene- Jahren nach und nach in die Studentenjahrgänge ration herangewachsen. vor. Dadurch kam es in Erlangen zu einem starken Deutlich ersichtlich sind nun im Altersaufbau die Rückgang der Studentenzahlen. Im Jahr 2000 errei- drei Einbrüche aufgrund historischer Ereignisse. Die chen diese ein relatives Minimum von nur noch rund Generation des Ersten Weltkrieges findet sich im 14.000 Studierenden (Abb. 6). Jahr 1990 bei den über 70-Jährigen. Die zur Zeit der 2012 100 Jahrgang 1918 90 80 Frauen 70 Frauenüberschuss Jahrgang 1945 Männer 60 Männerüberschuss 50 40 Studenten- 30 jahrgänge Pillenknick 20 10 1000 500 500 1000 Abb. 7: Bevölkerungsstruktur der Erlanger Hauptwohnungsbevölkerung im Jahr 2012 8 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 8/2014
Das Verhältnis von Studentinnen und Studenten zur 65- bis 70-Jährigen immer noch den Einschnitt Bevölkerung ist stark angestiegen: Während Anfang infolge des Zweiten Weltkrieges. Auch der Geburten- der 60er Jahre in Erlangen rund 6.000 Personen rückgang Ende der 60er Jahre ist deutlich erkennbar. immatrikuliert waren bei einer Einwohnerzahl von etwa 70.000 Personen, so kamen 20 Jahre später bereits 20.000 Studierende auf 100.000 Einwoh- Zukünftige Bevölkerungsentwicklung ner. Durch das Nachrücken der geburtenschwa- Der Blick 15 Jahre in die Zukunft - hier ausgehend chen Jahrgänge in das Studentenalter war die Zahl von der kleinräumigen Bevölkerungsprognose der Studierenden in den 90er Jahren bis zum Jahr 2012 - zeigt, dass sich die Form eines Baumes wei- 2001 jedoch kontinuierlich rückläufig, stieg danach ter manifestieren wird (Abb. 8), vorausgesetzt, es aber wieder stark an: Aktuell kommen auf einen ändert sich nichts grundlegend am Geburten- oder Studenten etwa vier Einwohner, was aber auch mit Wanderungsverhalten in der Einführung des acht- Erlangen und es treten anstatt neunstufigen keine weiteren histori- Gymnasiums zusam- schen Ereignisse ein, die menhängt. Im Schuljahr zu irregulären Einschnit- 2010/2011 machten die Auf den Internetseiten der Stadt Erlangen findet sich eine ten führen. ersten „G8-Schüler“ ihr Animation der Bevölkerungsentwicklung im Zeitraum von Abitur, so dass in die- 1950 bis 2050: In Abbildung 9 ist eine sem Jahr zwei Abitur- http://www.erlangen.de/html/statistik/bev1950_2050.gif Projektion der Erlanger jahrgänge gleichzeitig in Bevölkerung auf das die Hochschulen dräng- Per QR-Code kann direkt mit Jahr 2050 dargestellt. einem geeigneten Smartphone Sicherlich handelt es ten. Aus diesem Grund darauf zugegriffen werden. ist die Zahl der in Erlan- sich dabei um einen sehr gen Studierenden mit langen Prognosezeit- über 27.000 heute so raum mit hoher Vorher- hoch wie nie zuvor. sageunsicherheit, aber die Darstellung zeigt Vergleicht man die Bevölkerungspyramiden der modellhaft, wie die Bevölkerungsstruktur Erlangens Jahre 1950 und 2012 (Abb. 1, Abb. 7), so ist eine aussehen würde, wenn die zukünftige Entwicklung Formveränderung zu erkennen: Während die Bevöl- sich entsprechend heutiger Umstände fortsetzte. kerungsstruktur 1950 noch ansatzweise pyramiden- Bei gleichbleibenden Geburten- und Wanderungsra- förmig war, ähnelt die Form der heutigen Bevölke- ten ohne weitere historische Einschnitte festigt sich rungspyramide eher der einer Tanne. diese Form der Altersstruktur in Erlangen. Einzig der Die aktuelle Bevölkerungsstruktur zeigt bei den Pillenknick wird auch noch im Jahr 2050 ersichtlich 2027 100 90 Jahrgang 1945 80 Frauen 70 Frauenüberschuss Männer 60 Männerüberschuss 50 40 Pillenknick Studenten- 30 jahrgänge 20 10 1000 500 500 1000 Abb. 8: Bevölkerungsstruktur der Erlanger Hauptwohnungsbevölkerung im Jahr 2027 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 8/2014 9
sein; die Babyboom-Generation ist dann bereits 90 Bevölkerungsbewegungen. Dazu wurden lediglich bis 100 Jahre alt. die Sterberaten leicht modifiziert, um der zuneh- Die Altersstruktur einer Bevölkerung erhält langfristig menden Lebenserwartung Rechnung zu tragen. eine solche Beschaffenheit bei niedrigen Geburten- Annahmen über die zukünftige Bautätigkeit in Erlan- raten und einem Wanderungsüberschuss. gen wurden ebenfalls berücksichtigt, soweit diese zum Zeitpunkt der Prognoserechnung im Jahr 2012 Geburten und Sterbefälle sind in Erlangen aktu- schon bekannt waren. Die Ergebnisse der mit die- ell mehr oder weniger in der Waage. Bis zum Jahr sen Annahmen vorgenommenen Prognoserechnung 2010 gab es einen Geburtenüberschuss, seitdem entsprechen einer mittleren Prognosevariante, deren ein leichtes Geburtendefizit. Allerdings fallen diese Eintreten zum Zeitpunkt der Prognoserechnung als natürlichen Bevölkerungsbewegungen in Erlangen am wahrscheinlichsten angenommen wird, da keine im Vergleich zu den Wanderungsbewegungen kaum genaueren Erkenntnisse über zukünftige Entwick- ins Gewicht: Den durchschnittlich je 1.000 Geburten lungen vorliegen. und Sterbefällen jährlich stehen Zu- und Wegzüge in achtfacher Größenordnung gegenüber. Dabei gibt es Im Weiteren sollen nun die Veränderungen in der in Erlangen seit einiger Zeit einen deutlichen Wande- Altersstruktur der kommenden 15 Jahre näher rungsüberschuss: Seit 2001 gibt es im Schnitt jähr- betrachtet werden. lich etwa 400 bis 500 mehr Zuzüge als Fortzüge. Der Abbildung 11 zeigt die bis zum Jahr 2027 zu erwar- Bevölkerungszuwachs seit dem Jahr 2001 kann also tenden Änderungen in der Bevölkerungszusam- überwiegend durch einen Wanderungsüberschuss mensetzung. Dabei finden sich auf der horizontalen erklärt werden. Achse das Alter, auf der vertikalen Achse die abso- Die Entwicklung der Bevölkerungsbewegungen seit luten Bevölkerungsveränderungen, wobei Zuwächse dem Jahr 1950 (Abb. 10) zeigt, dass der Bevölke- in türkis, Abnahmen in rot dargestellt sind. rungszuwachs Erlangens seitdem fast ständig von Es wird einen Zuwachs bei den Hochaltrigen geben. Zuzüglern dominiert wird. Abgesehen von kürzeren Das sind die geburtenstarken Jahrgänge aus der Phasen des Bevölkerungsrückgangs in den 80er Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, die in 15 Jahren in und 90er Jahren wächst Erlangen größtenteils durch dieses Alter vorgerückt sein werden. Dagegen gibt einen positiven Wanderungssaldo. es einen Rückgang der 71- bis 76-Jährigen, wiede- Sämtliche Aussagen, die sich im Folgenden auf rum bedingt durch den Geburtenrückgang während die zukünftige Entwicklung der Erlanger Bevölke- des Zweiten Weltkrieges. rungsstruktur beziehen, beruhen auf der Annahme, Einen gravierenden Wandel gibt es im mittleren dass die nähere Zukunft ähnliche Entwicklungen Altersbereich von 40 bis 70 Jahren: Innerhalb dieser aufweisen wird wie die jüngste Vergangenheit im Altersspanne ist eine deutliche Alterung zu erwarten: Hinblick auf Wanderungsverhalten und natürliche In 15 Jahren sind die Babyboom-Jahrgänge etwa 56 2050 100 90 80 Frauen 70 Frauenüberschuss Männer 60 Männerüberschuss Pillenknick 50 40 Studenten- 30 jahrgänge 20 10 1000 500 500 1000 Abb. 9: Bevölkerungsstruktur der Erlanger Hauptwohnungsbevölkerung im Jahr 2050 10 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 8/2014
3.500 3.000 Saldo Wanderungsbewegungen 2.500 Saldo natürliche Bevölkerungsbewegungen 2.000 1.500 1.000 500 -500 -1.000 -1.500 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 Abb. 10: Saldo der Bevölkerungsbewegungen in Erlangen seit 1950 bis 70 Jahre alt, während die geburtenschwachen Lebensphasen. Auch hier wird deutlich, dass die „Pillenknick“-Jahrgänge 40 bis 55 Jahre alt sein Zahl der älteren Erwachsenen im Jahr 2027 spür- werden. Die Alterung der Babyboom-Generation bar geringer sein wird als heute und dass dafür bei führt also dazu, dass innerhalb der kommenden 15 den Vor-Ruheständlern, den jüngeren Seniorinnen Jahre die Altersklasse der 40- bis 55-Jährigen um und Senioren und den Hochaltrigen mit Zuwächsen knapp 4.000 Personen abnehmen wird, während die gerechnet werden muss. Auch bei den Altersgrup- Zahl der 56- bis 70-Jährigen um eben diesen Betrag pen der Auszubildenden, Studierenden, Berufsan- ansteigt. fänger und jungen Erwachsenen sind Zuwächse zu Abbildung 12 zeigt noch einmal die Veränderun- erwarten. gen der Bevölkerungsstruktur der kommenden 15 Jahre nach Altersklassen in Form von typischen +450 +400 +350 +300 +250 +200 +150 +100 +50 0 -50 -100 -150 -200 -250 -300 -350 -400 -450 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 Alter Abb. 11: Veränderungen in der Altersstruktur Erlangens: 2027 im Vergleich zu 2012 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 8/2014 11
Hochaltrige (80 Jahre und älter) +1.800 jüngere Senioren (65 bis unter 80 Jahre) +840 Vor-Ruhestand (60 bis unter 65 Jahre) +1.600 ältere Erwachsene (45 bis unter 60 Jahre) -2.610 jüngere Erwachsene (30 bis unter 45 Jahre) +1.030 Berufsanfänger (25 bis unter 30 Jahre) +1.050 Ausbildung, Studium (18 bis unter 25 Jahre) +440 Sek. II - Schüler (15 bis unter 18 Jahre) -160 Sek. I - Schüler (10 bis unter 15 Jahre) -450 Grundschulkinder (6 bis unter 10 Jahre) -130 Kindergartenkinder (3 bis unter 6 Jahre) -150 Krabbelkinder (unter 3 Jahre) +100 -3.000 -2.000 -1.000 0 +1.000 +2.000 +3.000 Abb. 12: Zu- und Abnahmen der Erlanger Bevölkerung nach Altersklassen: 2027 im Vergleich zu 2012 Indikatoren demografischen Wandels diesem Niveau, da die geburtenschwachen Jahr- gänge infolge des Zweiten Weltkrieges sich aktuell Nachdem der demografische Wandel in den vergan- an der Grenze zum Rentenalter befinden. Danach genen Jahren ein zentrales gesellschaftspolitisches ist allerdings ein starker Anstieg des Altenquotien- Thema geworden ist, wurde in der Stadt Erlangen im ten zu erwarten, da die „Babyboom“-Generation das Jahr 2009 von der Abteilung Statistik und Stadtfor- Rentenalter erreicht. Dieser Anstieg wird sich etwa schung eine Systematik zur Beobachtung des demo- bis zum Zeitraum 2035 bis 2040 fortsetzen, je nach- grafischen Wandels der Stadt Erlangen eingeführt. dem, wie sich die Lebenserwartung weiter entwi- Dieses Demografiemonitoring umfasst eine Vielzahl ckelt. Danach ist dann wieder mit einem rückläufigen an Indikatoren zur Beobachtung der demografischen Altenquotienten zu rechnen: Die „Pillenknick“-Gene- Entwicklung sowohl auf gesamtstädtischer als auch ration geht in Rente. auf kleinräumiger Ebene der Statistischen Bezirke. Einige dieser Indikatoren sollen im Folgenden näher betrachtet werden. Zwei wichtige Indikatoren sind der Alten- und der 40 Jugendquotient. Der Altenquotient spiegelt das Verhältnis von Per- 35 sonen im Ruhestandsalter zu Personen im erwerbs- Altenquotient fähigen Alter. Eine einheitliche Definition für die 30 Abgrenzung dieser Bevölkerungsgruppen existiert 25 dabei nicht. Das Erlanger Demografiemonitoring verwendet die Altersgrenzen 15 und 65 Jahre. Somit 20 entspricht dem Altenquotient das Verhältnis der Erlanger Hauptwohnungsbevölkerung „65+“ bezo- 15 Jugendquotient gen auf die Personen im Alter von 15 bis unter 65 Jahren. 10 Die Entwicklung des Altenquotienten in Erlangen 5 seit 1950 zeigt einen fast kontinuierlichen Anstieg über 100 Jahre (Abb. 13). Dies hat vor allem mit 0 der steigenden Lebenserwartung zu tun; diese hat 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050 in der Bundesrepublik seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts um mehr als 10 Jahre zugenommen. Aktuell kommen in Erlangen 27 Seniorinnen und Abb. 13: Entwicklung von Jugend- und Altenquotient Senioren auf 100 Personen im erwerbsfähigen Alter. in Erlangen 1950 bis 2050 Der Altenquotient bleibt etwa bis zum Jahr 2020 auf 12 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 8/2014
50 2.250 45 2.000 40 1.750 35 Greying-Index 1.500 Bevölkerung ab 90 Jahren 30 1.250 25 1.000 20 750 15 10 500 5 250 0 0 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050 Abb. 14: Entwicklung des Greying-Index in Erlangen Abb. 15: Bevölkerungsentwicklung der Erlangerinnen 1950 bis 2050 und Erlanger ab 90 Jahren 1950 bis 2050 Der Jugendquotient spiegelt das Verhältnis der heute auf etwa 30 angestiegen. Aktuell wird ein Bevölkerung unter 15 Jahren zur Bevölkerung im weiterer Anstieg auf mehr als 45 bis zum Jahr 2050 erwerbsfähigen Alter wieder. Dieses Verhältnis ist in erwartet. den 1970er Jahren stark eingebrochen: Während in Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Zahl der Erlangen 1970 noch rund 30 Kinder und Jugendliche Hochaltrigen ab 90 Jahren (Abb. 15): Während im auf 100 Personen im erwerbsfähigen Alter kamen, Jahr 1950 nur ein gutes Dutzend Einwohner Erlan- sank dieses Verhältnis auf 20 im Jahr 1980 (vgl. gens 90 Jahre oder älter waren, stieg deren Zahl Abb. 13). Seitdem verharrt der Jugendquotient auf nahezu kontinuierlich auf heute etwa 850 an. Nach diesem niedrigen Niveau. Auch für die Zukunft wer- heutigem Kenntnisstand ist in den kommenden 20 den hier keine großen Veränderungen erwartet. Jahren ein weiterer Anstieg auf rund 2.000 Personen Ein weiterer Indikator demografischen Wandels in dieser Altersklasse zu erwarten. Insgesamt wird ist der Greying-Index. Dieser misst im Zeitverlauf damit auch das Durchschnittsalter der Erlangerinnen die Alterung innerhalb der älteren Generation und und Erlanger weiter ansteigen (Abb. 16). berücksichtigt somit das Phänomen einer älter wer- denden Gesellschaft. Der Greying-Index gibt die Relation der Hochaltrigen - das sind Personen im 50 Alter ab 80 Jahren - zu Personen im Alter von 60 bis unter 80 Jahren wieder. 45 Da durch die steigende Lebenserwartung natürlich 40 auch die Zahl der Hochaltrigen anwächst, verläuft 35 Altersdurchchnitt der Greying-Index lang- fristig betrachtet fast 30 kontinuierlich nach 25 oben (Abb. 14). Wäh- rend 1950 nur zehn 20 Hochbetagte auf 15 100 60- bis 79-Jäh- 10 rige ent- 5 fielen, ist dieser 0 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050 Quoti- ent bis Abb. 16: Entwicklung des Durchschnittsalters der Erlanger Bevölkerung 1950 bis 2050 © Manuel Bendig / pixelio.de Stadt Erlangen, Statistik aktuell 8/2014 13
Tendenzen demografischen Wandels 50-Jährigen und die „Großelterngeneration“ im Alter ab 65 Jahren. Die Abgrenzung erfolgt also anhand Der demografische Wandel wird häufig thematisiert von typischen Altersklassen und nicht anhand tat- vor dem Hintergrund einer befürchteten „Überal- sächlicher „Eltern-“ oder „Großelternschaft“. terung“ der Gesellschaft; so ist bereits der Begriff Im Zeitraum von 1950 bis 2050 gibt es bei der Erlan- „Altersbeben“ entstanden. ger Elterngeneration nur eine geringe Veränderung: Grundlage dieser Befürchtung ist vor allem die Angst Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung sinkt von 23 vor dem Versagen sozialer Sicherungssysteme, die auf rund 20 Prozent. vielfach so konstruiert sind, dass sie nur bei einem Dagegen zeigen sich große Veränderungen bei den stabilen Generationenverhältnis reibungslos funktio- beiden anderen Altersgruppen: Während die Kinder- nieren. So beruht z.B. das System der Rentenver- generation von 22 Prozent im Jahr 1950 auf zwölf sicherung auf einem „Generationenvertrag“ mit der Prozent im Jahr 2050 schrumpft, steigt der Anteil der Idee, einen Teil des aktuell erwirtschafteten Arbeits- Großeltern im gleichen Zeitraum stark an von acht einkommens im Umlageverfahren zur Deckung der auf 21 Prozent. Auch hier wird deutlich, dass es sich gegenwärtig anstehenden Rentenzahlungen zu ver- um eine langfristige und kontinuierliche Entwicklung wenden. Bei einer stagnierenden Zahl an Beschäf- handelt und dass der demografische Wandel kein tigten oder auch einem steigenden Anteil an Gering- aktuelles Phänomen ist. verdienern, die keine oder nur geringe Beiträge an die Rentenversicherung zahlen, kommt es bei einem Wie an anderer Stelle noch zu sehen sein wird, zeigt gleichzeitigen Anstieg der Zahl der Rentner zu einem sich der demografische Wandel in Erlangen im Ver- Missverhältnis. gleich zu anderen Städten nicht so eindeutig, da die Vielzahl an Arbeits- und Studienplätzen in Erlangen Verschiebung des Generationenverhältnisses dafür sorgt, dass regelmäßig jüngere Menschen nach Erlangen ziehen. Vor allem bei den Studierenden ist Das Auseinanderdriften des Generationenverhält- die Fluktuation sehr hoch. Trotzdem wird auch die nisses zeigt sich auch in Erlangen. Dies geschieht Erlanger Bevölkerung im Durchschnitt immer älter, nicht spontan und unerwartet aufgrund neuerer so dass im Hinblick auf den demografischen Wandel Einflüsse. In der demografischen Entwicklung der vor allem Menschen im Seniorenalter eine zentrale Bevölkerung zeichnen sich langfristige Entwicklun- Rolle spielen. gen ab, die auf historischen Gegebenheiten beruhen und somit auch nicht rückgängig gemacht werden Eine neue Seniorengeneration können. Diese Entwicklungen sind keineswegs neu und überraschend, sondern schon seit sehr langer Wie Abbildung 18 zu entnehmen ist, kann man heute Zeit absehbar. nicht mehr von „der“ Seniorengeneration sprechen. Vielmehr handelt es sich mittlerweile bereits um zwei Abbildung 17 zeigt die Entwicklung der Generatio- Generationen im Seniorenalter. Bereits heute sind nen in der Stadt Erlangen über 100 Jahre hinweg. rund 14.000 Erlangerinnen und Erlanger im Alter von Dargestellt sind die „Kindergeneration“ der unter 65 bis unter 80 Jahren und 5.700 sind 80 Jahre oder 15-Jährigen, die „Elterngeneration“ der 35- bis unter älter. Im Jahr 2050 wird mit über 15.000 Personen 60 % 50 21,2% Großelterngeneration 40 8,2% 30 23,0% 19,7% Elterngeneration 20 22,3% 10 Kindergeneration 12,1% 0 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050 Abb. 17: Entwicklung des Generationenverhältnisses der Erlanger Bevölkerung von 1950 bis 2050 14 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 8/2014
20.000 60 % 18.000 50 Männeranteil 65-79 Jahre 16.000 Bevölkerung 65-79 Jahre 14.000 40 12.000 10.000 30 8.000 20 Männeranteil ab 80 Jahre 6.000 4.000 10 2.000 Bevölkerung ab 80 Jahre 0 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050 Abb. 18: Entwicklung Erlanger Senioren von 1950 bis Abb. 19: Entwicklung des Geschlechterverhältnisses 2050 Erlanger Senioren von 1950 bis 2050 im Alter von 65 bis 79 Jahren gerechnet und bereits Kleinräumige Betrachtungsweise 9.500 Personen ab 80 Jahren. Obwohl Erlangen auch in Zukunft eine vergleichs- Die Stadt Erlangen ist wie viele Städte ein Konglome- weise junge Stadt bleiben wird, sind langfristige rat aus sehr unterschiedlich geprägten Quartieren. Anpassungen der kommunalen Infrastruktur an Neben dem innerstädtischen Bereich gibt es eine zukünftige Bedürfnisse erforderlich. Dies betrifft ins- teilweise ländlich geprägte Peripherie mit ehemals besondere eine ausreichende Versorgung mit ange- eigenständigen Gemeinden, die eine völlig andere messenem Wohnraum. Bevölkerungsstruktur aufweisen. In Erlangen als wachsende Stadt gab es immer wieder auch größere Hinzu kommt eine „Normalisierung“ des Geschlech- geschlossene Neubaugebiete, deren Bevölkerung terverhältnisses im Seniorenalter (Abb. 19): Es kom- zum Zeitpunkt der Baufertigstellung eine typische, men zunehmend die Jahrgänge in das Seniorenalter, in sich weitgehend homogene Struktur aufwies, eine in denen die Zahl der Männer nicht mehr kriegsbe- Struktur, die auch teilweise Jahrzehnte später noch dingt dezimiert ist. Die Folge davon ist, dass es auch - nach entsprechender Alterung - erkennbar ist. in den höheren Altersjahrgängen einen Zuwachs an Paarhaushalten und einen Rückgang an Einperso- Ein neueres Baugebiet ist der innenstadtnahe nenhaushalten gibt, was sich heute bereits bemerk- Röthelheimpark, wo seit 1998 auf einem ehemali- bar macht1. gen Militärgelände konzentriert gebaut wird; hier ist die Bebauung heute nahezu abgeschlossen. Auch Büchenbach West als ein weiteres großes Neubau- Zusammenfassend lässt sich zum demografischen gebiet im Westen der Stadt verfügt über eine spezi- Wandel sagen: elle Bevölkerungsstruktur. • Der demografische Wandel ist kein neues Aufgrund dieser innerstädtischen Ausdifferenzierung Phänomen. ist es notwendig, nicht nur den Blick auf gesamtstäd- • Das Ausmaß des demografischen Wandels hat tische Entwicklungen zu richten, sondern eine klein- nicht zugenommen. räumige Betrachtungsweise anzustreben. • Der demografische Wandel ist vorhersehbar. Die Abbildungen 20 und 21 zeigen für die Statisti- • Aktuelle Tendenzen demografischen Wandels schen Distrikte die absoluten Bevölkerungsverände- können beobachtet und mögliche Folgen abge- rungen bei Kindern und Senioren, die zwischen 2012 schätzt werden. und 2042 entsprechend der letzten Bevölkerungs- prognose zu erwarten sind. • Auch in Erlangen ist ein „Älterwerden“ zu beob- achten, wenn auch in geringerem Ausmaß als in Es zeigen sich deutlich unterschiedliche Entwick- anderen Städten. lungen innerhalb der Stadt. So gibt es sogar einige Gegenden, in denen die Zahl der Seniorinnen und Senioren rückläufig ist. Dies trifft vor allem auf die Gebiete zu, deren Bewohner heute überdurch- schnittlich alt sind. 1 Siehe auch „Senioren in Erlangen“ aus der Reihe „Statistik aktuell“, Ausgabe 6/2010. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 8/2014 15
Veränderungen 2012 bis 2042 absolut (U15) Veränderungen 2012 bis 2042 absolut (65+) Abnahme um mehr als 50 Personen Abnahme um mehr als 50 Personen Abnahme 31 bis 50 Personen Abnahme 31 bis 50 Personen 80 Abnahme 11 bis 30 Personen 80 Abnahme 11 bis 30 Personen Stagnation Stagnation Zunahme 10 bis 29 Personen Zunahme 10 bis 29 Personen Zunahme 30 bis 49 Personen Zunahme 30 bis 49 Personen 81 Zunahme um 50 oder mehr Personen 81 Zunahme um 50 oder mehr Personen 21 21 20 20 70 71 10 10 70 71 11 01 11 01 22 22 02 23 02 23 78 77 04 78 77 24 04 25 24 12 03 03 25 76 33 12 33 76 73 73 40 30 40 30 75 41 75 41 42 32 42 32 74 74 43 43 61 44 44 61 60 45 60 45 62 62 51 52 51 52 50 50 63 63 Abb. 20: Entwicklung der unter 15-Jährigen in den Abb. 21: Entwicklung der Bevölkerung ab 65 Jahren kommenden 30 Jahren in den kommenden 30 Jahren Andererseits finden sich Bezirke, in denen die Kin- werden. Anfangs kommen vielleicht noch weitere derzahlen stark zurückgehen, während Bevölkerung Kinder hinzu, doch auch diese altern, ohne dass in im Seniorenalter stark ansteigt. Hiervon betroffen der Regel die Familien fortziehen. Zehn bis 20 Jahre ist vor allem die Altersstruktur in den Gebieten, in später zieht dann ein großer Teil der inzwischen denen in den letzten Jahren konzentriert neue Einfa- erwachsen gewordenen Kinder fort und irgendwann milienhäuser entstanden sind. ist es dann auch soweit, dass die Elterngeneration in Bei der Darstellung der gesamtstädtischen Bevölke- dem inzwischen nicht mehr ganz neuen Wohngebiet rungsentwicklung seit 1950 wurde auf die Einschnitte innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne das Senio- im Altersaufbau durch historische Gegebenheiten renalter erreicht. wie die beiden Weltkriege oder die Weltwirtschafts- In solchen Gebieten stellen sich besondere Anforde- krise hingewiesen. Diese Einschnitte verschieben rungen an die soziale Infrastruktur: Beim Entstehen sich jedes Jahr in der Alterspyramide um ein Jahr des Neubaugebietes wird vor allem eine familien- nach oben und prägen den demografischen Aufbau und kindergerechte Infrastruktur benötigt; Senioren über eine sehr lange Zeit hinweg. existieren zu diesem Zeitpunkt nur wenige. Dreißig Ähnlich verhält es sich auf kleinräumiger Ebene, Jahre später jedoch steigt der Bedarf an einer seni- wobei jedoch hier als prägender Effekt die zeitliche orengerechten Infrastruktur sprunghaft an. Sind die Konzentration von Neubebauung in den Vordergrund Voraussetzungen gegeben, dass der Wohnraum tritt. Wird während eines kurzen Zeitraumes innerhalb seniorengerecht ist oder im Bedarfsfall entsprechend eines Gebietes so viel Wohnraum neu gebaut, dass umgestaltet werden kann und dass das Wohnum- dieser für das Gebiet charakteristisch wird, führt dies feld für Seniorinnen und Senioren attraktiv ist, wird zu einer Dominanz bestimmter Altersgruppen. Dies diese Generation dort wohnen bleiben und weitere liegt daran, dass z.B. neu errichtete Einfamilienhäu- 30 Jahre später nach und nach das Lebensende ser typischerweise - wenn auch nicht ausschließlich erreicht haben. Es wird dann Wohnraum frei für eine - von Familien mit kleineren Kindern bewohnt wer- jüngere Generation und die Extreme im demografi- den. Es findet sich im Altersaufbau dann eine starke schen Bevölkerungsaufbau verlieren sich langsam. Besetzung bei den 30- bis 45-Jährigen und natürlich Im Folgenden soll die Bevölkerungsentwicklung für bei den Kindern. einige Statistische Bezirke dargestellt werden. Es In Neubaugebieten mit Einfamilienhäusern ist aller- handelt sich dabei um eine beispielhafte Auswahl dings die Fluktuation sehr gering. Das bedeutet, dass an Bezirken, die charakteristische oder extreme Ent- die jungen Familien dort wohnen bleiben und älter wicklungen aufzeigen. 16 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 8/2014
Büchenbach West Die Erstbezugsbevölkerung verbleibt im bestehen- den Wohnraum, so dass die Bevölkerung in Büchen- Büchenbach war ursprünglich eine eigenständige bach West insgesamt altert. So lag im Jahr 1995 das Gemeinde und wurde 1923 nach Erlangen ein- Durchschnittsalter noch bei 29 Jahren. Aktuell steigt gemeindet. Seitdem ist Büchenbach stark ange- der Altersdurchschnitt jährlich um etwa ein halbes wachsen und neben dem ursprünglichen dörflichen Jahr. Ortskern sind zunehmend städtische Strukturen entstanden. In der Bevölkerungspyramide für Büchenbach West ist neben dem Bevölkerungsaufbau des Jahres 2012 Anfang der 1990er Jahre wurde begonnen, den auch der des Jahres 2027 dargestellt. Im Vergleich Bereich westlich des Holzweges zu bebauen; es ergeben sich starke Strukturveränderungen: Auch entstand der Statistische Bezirk Büchenbach West wenn heute noch neue Bauabschnitte in Büchen- (Bezirk 78). bach West erschlossen werden, junge Familien Abbildung 22 zeigt die Bevölkerungsentwicklung in einziehen und Kinder geboren werden, sind die Büchenbach West seit dem Jahr 1995. Bis zum Jahr Geburtenzahlen in Büchenbach West rückläufig, da 2012 ist durch intensive Neubautätigkeit die Bevöl- ein großer Teil der in Büchenbach West lebenden kerungszahl von 1.750 auf fast 5.000 angestiegen. Familien die Gründungsphase bereits überschritten Da es sich bei rund 87 Prozent der Gebäude in hat. Im Jahr 2027 werden bereits viele der heutigen Büchenbach West um Ein- und Zweifamilienhäu- Kinder das Erwachsenenalter erreicht haben. Es ist ser handelt, die innerhalb eines relativ kurzen Zeit- zu erwarten, dass ein erheblicher Teil davon dann raumes entstanden sind, spiegelt sich dies auch im - zumindest vorerst - aus Büchenbach West fortzie- Altersaufbau der Bevölkerung wieder. Da Einfami- hen wird. Die Zahl der Kinder unter 15 Jahre wird lienhäuser in der Regel von Familien mit kleineren von rund 1.050 im Jahr 2012 auf 800 im Jahr 2027 Kindern bezogen werden, sind hier die Elterngene- zurückgehen. ration und die Kindergeneration prägend. Dagegen rückt die Elterngeneration zunehmend in In der Bevölkerungspyramide (Abb. 23) zeichnet das Seniorenalter auf: Während im Jahr 2012 nur sich eine familiengeprägte Monostruktur ab: Deut- rund 280 Menschen im Seniorenalter in Büchenbach lich ersichtlich ist die Elterngeneration, die aktu- West lebten, werden es im Jahr 2027 etwa 770 sein. ell ihre Spitzenwerte bei den 45- bis 50-Jährigen Weitere 15 Jahre später wird schließlich der größte hat. Auch die Kinder treten überdurchschnittlich Teil der verbliebenen Erstbezugsbevölkerung das häufig in Erscheinung. Entsprechend ist auch das Seniorenalter erreicht haben: Mit 1.100 Personen Durchschnittsalter mit 34,5 Jahren recht gering und über 65 Jahren im Jahr 2042 vervierfacht sich also liegt sieben Jahre unter dem gesamtstädtischen die Bevölkerung im Seniorenalter innerhalb von 30 Durchschnitt. Jahren. 5.500 Büchenbach West Jahr 2012 5.000 Jahr 2027 4.500 90 4.000 Männer Frauen 80 3.500 70 3.000 2.500 60 2.000 50 1.500 40 1.000 30 500 20 0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 10 Kindergeneration Elterngeneration 0 15 10 5 5 10 15 Großelterngeneration Sonstige Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung Abb. 22: Bevölkerungsentwicklung in Büchenbach Abb. 23: Altersaufbau in Büchenbach West 2012 und West seit 1995 2027 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 8/2014 17
Da Büchenbach West ein überwiegend mit Einfa- relativ stark besetzt sind. Dies liegt daran, dass auch milienhäusern bebautes Wohngebiet ist, das inner- vergleichsweise viele Studentinnen und Studenten halb eines relativ kurzen Zeitraumes erschlossen im Röthelheimpark leben. Somit ist die Bevölkerung wurde, zeigt sich die Bevölkerungsentwicklung der im Röthelheimpark heterogener als die in Büchen- Jahrzehnte nach Baufertigstellung hier besonders bach West. deutlich: Die Familien kommen in die Schrumpfungs- Mit aktuell 33,6 Jahren liegt das Durchschnitts- phase, Geburtenzahlen nehmen ab, Kinder ziehen alter im Röthelheimpark weit unter dem städti- fort, die Bevölkerung altert und wird zunehmend von schen Durchschnitt. Der Röthelheimpark ist aktuell Seniorinnen und Senioren geprägt. der jüngste Bezirk in Erlangen und liegt noch vor Büchenbach West und den Innenstadtbezirken. Das Röthelheimpark Durchschnittsalter ist in den vergangenen Jahren Das Quartier Röthelheimpark (Bezirk 33) entstand auch nicht angestiegen, da im Röthelheimpark die auf dem Gelände der ehemaligen „Ferris-Barracks“ Geburtenzahlen in den letzten Jahren gleichbleibend - einem im Jahr 1993 aufgegebenen US-amerika- hoch waren. Für die Zukunft wird erwartet, dass das nischen Militärstandort. Auf dem Gelände Röthel- Durchschnittsalter relativ stark ansteigt, da eine Viel- heimpark existieren einerseits noch denkmalge- zahl an Familien im Röthelheimpark die Gründungs- schützte Kasernengebäude, die ab 1997 saniert und phase überschritten haben und wie auch in Büchen- umgenutzt wurden, andererseits wurde ein großes bach West altern, vermutlich ohne fortzuziehen. Areal seitdem dicht mit Ein- und Mehrfamilienhäu- Auch im Röthelheimpark wird in 15 Jahren ein großer sern bebaut; ein Teil des Röthelheimparks wird auch Teil der Kinder fortgezogen sein, während die Eltern gewerblich genutzt. langsam in das Seniorenalter vorrücken. Während Als zweites großes Neubaugebiet in Erlangen weist im Jahr 2012 rund 300 Personen ab 65 Jahren im der Röthelheimpark eine ähnliche Struktur auf wie Röthelheimpark leben, steigt diese Zahl in den dar- Büchenbach West. Von 1995 bis 2012 ist die Ein- auffolgenden 15 Jahren um 200 an. Im Jahr 2042 wohnerzahl des Röthelheimparks von 1.600 auf werden 700 Personen im Seniorenalter sein. 5.100 angewachsen (Abb. 24). Im Altersaufbau dominieren Eltern- und Kindergeneration. In der Reuth Der Anteil an Ein- und Zweifamilienhäusern an den Beim Statistischen Bezirk „In der Reuth“ (Bezirk 71) Wohngebäuden ist mit 69 Prozent deutlich niedriger handelt es sich um ein reines Wohngebiet am nörd- als in Büchenbach West. In der Bevölkerungspyra- lichen Rand Büchenbachs - rund 96 Prozent der mide (Abb. 25) ist zu erkennen, dass auch die Alters- Gebäude sind Ein- oder Zweifamilienhäuser. Die jahre unterhalb der eigentlichen Elternjahrgänge Reuth wurde intensiv in den Jahren 1974 bis 1980 5.500 Röthelheimpark Jahr 2012 5.000 Jahr 2027 4.500 90 4.000 Männer Frauen 80 3.500 70 3.000 60 2.500 2.000 50 1.500 40 1.000 30 500 20 0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 10 0 Kindergeneration Elterngeneration 15 10 5 5 10 15 Großelterngeneration Sonstige Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung Abb. 24: Bevölkerungsentwicklung im Röthelheim- Abb. 25: Altersaufbau im Röthelheimpark 2012 und park seit 1995 2027 18 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 8/2014
bebaut: Etwa drei Viertel des Wohnungsbestandes Allerdings wird es dann auch zu einem starken wurde in diesem Zeitraum fertiggestellt. Somit ist Anstieg an Sterbefällen kommen: Die Bevölkerung die Reuth strukturell vergleichbar mit Büchenbach im Seniorenalter nimmt im weiteren Verlauf ab und West, jedoch etwa 25 Jahre älter. Der Altersauf- es werden auch wieder jüngere Familien in die Reuth bau der Reuth des Jahres 2012 (Abb. 27) ist mit ziehen. dem von Büchenbach West im Jahr 2027 (Abb. 23) vergleichbar. Einfamilienhaus-Wohngebiete Betrachtet man die Bevölkerung in der Reuth nach Wie diese Beispiele zeigen, kann die demografische Altersklassen (Abb. 26), so dominieren im Jahr 1995 Entwicklung in einem Wohngebiet zu einer Heraus- die „Sonstigen“ - das sind die Altersjahre von 15 bis forderung werden, wenn sich Monostrukturen gebil- unter 35 Jahren und von 50 bis unter 65 Jahren. Im det haben. Dies passiert vor allem bei einer Form der Jahr 1995 lebte ein großer Teil der Reuther Erstbe- Bebauung, die sich nur an bestimmte Bevölkerungs- zugsbevölkerung bereits seit 15 bis 20 Jahren dort. gruppen richtet. So führt die zeitlich konzentrierte Viele Familien befanden sich zu diesem Zeitpunkt reine Bebauung mit Einfamilienhäusern zu einer bereits in der Schrumpfungsphase: Die Elterngene- Dominanz von Familien mit Kindern. Abbildung 28 ration war 1995 bereits 55 bis 60 Jahre alt, die Kin- zeigt in stark überzeichneter Form die charakteris- der - sofern noch nicht weggezogen - etwa 20 Jahre. tische Altersstruktur, die sich in solchen Neubauge- Es zeigt sich im weiteren Verlauf bis zum Jahr 2012 bieten normalerweise ergibt. eine spürbare Zunahme der Großelterngeneration. Im Jahr der Fertigstellung dominieren Eltern- und Während in der Reuth im Jahr 1995 weniger als Kindergeneration, während Senioren und junge 100 Seniorinnen und Senioren ab 65 Jahren lebten, Erwachsene nicht oder kaum vorhanden sind. Die waren es im Jahr 2012 bereits knapp 400. Der Alten- geringe Fluktuation bewirkt in den Jahren nach quotient ist in diesem Zeitraum von 10 auf 76 ange- Bezug der Einfamilienhäuser einen starken Anstieg stiegen, das Durchschnittsalter von 41,4 auf 52,5. des Durchschnittsalters. Gäbe es gar keine Fluktu- Sieht man vom Bezirk Meilwald (Bezirk 21) ab, der ation durch Zu- und Wegzüge und keine Geburten- fast ausnahmslos von einem Altenheim geprägt ist, und Sterbefälle, dann würde der Altersdurchschnitt so ist die Reuth aktuell der älteste Bezirk Erlangens. pro Jahr um ein Jahr ansteigen. In Wirklichkeit ist der Wie der Alterspyramide (Abb. 27) zu entnehmen ist, Anstieg aber geringer, da eine - wenn auch geringe wird es in den kommenden 15 Jahren zu einer star- - Fluktuation auch in Neubaugebieten vorhanden ist. ken Zunahme an Hochaltrigen kommen: Die Zahl Hinzu kommen auch noch eine ganze Zeit nach Bau- der Personen ab 80 Jahren wird sich in diesem Zeit- fertigstellung eine relativ hohe Zahl an Geburten. raum mehr als verdoppeln. Ein Teil der Kinder, die zur Zeit der Baufertigstellung 1.400 In der Reuth Jahr 2012 Jahr 2027 1.200 90 1.000 Männer Frauen 80 800 70 60 600 50 400 40 200 30 20 0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 10 0 Kindergeneration Elterngeneration 20 15 10 5 5 10 15 20 Großelterngeneration Sonstige Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung Abb. 26: Bevölkerungsentwicklung im der Reuth seit Abb. 27 Altersaufbau in der Reuth 2012 und 2027 1995 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 8/2014 19
bereits geboren waren, sind 15 Jahre später schon Demografiemonitoring weggezogen, da sie das Erwachsenenalter erreicht Um solche Entwicklungen beobachten und einschät- haben. Die Elterngeneration ist dann kurz davor, das zen zu können, betreibt die Abteilung Statistik und Seniorenalter zu erreichen. Stadtforschung seit dem Jahr 2009 ein Demografie- Die weitere Entwicklung ist leicht absehbar: Es gibt monitoring. Damit wird eine Vielzahl an gesamtstäd- einen massiven Zuwachs an Seniorinnen und Seni- tischen und kleinräumigen Indikatoren öffentlich zur oren in einem Wohngebiet, in dem es vorher über- Verfügung gestellt. Das Demografiemonitoring ist haupt keine Menschen im Seniorenalter gab. Ebenso auch kleinräumig mit der jeweils aktuellen Bevölke- stark nimmt die Zahl der Kinder ab. Somit kann es zu rungsprognose verknüpft, so dass zukünftige Ent- einem Missverhältnis zwischen Bevölkerungsstruk- wicklungen mit in Betracht gezogen werden können. tur und vorhandener Infrastruktur kommen, denn In der Bevölkerungsprognose sind auch zukünftige es werden - auch hier sicherlich wieder stark über- Wohngebiete berücksichtigt, zumindest soweit sie zeichnet - im Quartier dann keine Kindergärten oder zum Zeitpunkt der Prognoserechnung bereits in Pla- Schulen mehr benötigt, sondern Einrichtungen für nung sind. Senioren und ein seniorengerechter Wohnraum. An den Beispielen hat sich gezeigt, dass mit starken Im Jahr 2011 wurde von der Abteilung Statistik demografischen Veränderungen vor allem in den und Stadtforschung in Zusammenarbeit mit dem homogenen Wohngebieten mit zeitlich konzentrier- Seniorenbeirat der Stadt Erlangen ein Fragebogen ter Bebauung zu rechnen ist. entwickelt, mit dem die Erlangerinnen und Erlan- ger im Alter von 50 bis 80 Jahren zu ihrer aktuel- Dichte Neubebauung zeichnet sich in Bachfeld len und zukünftigen Wohnsituation befragt wurden2: (Bezirk 44) ab, wo in den kommenden Jahren rund Was wird in der Wohnumgebung vermisst? Ist ein 500 Wohneinheiten - davon rund die Hälfte für Stu- Umzug geplant? Welche Vorstellungen gibt es für denten - entstehen sollen. Die Mehrzahl der Woh- das zukünftige Wohnen? nungen entsteht dort in Wohnblocks. So sollten die Befragten beurteilen, ob die von ihnen In Büchenbach West (Bezirk 78) entstehen bis zum zur Zeit bewohnte Wohnung bzw. das Haus auch Jahr 2021 mehr als 400 neue Wohneinheiten, darun- im Fall körperlicher Beeinträchtigungen weiterhin ter etwa die Hälfte ein Einfamilienhäusern. bewohnt werden kann oder zumindest entsprechend umgestaltet werden könnte. Hier sieht rund ein Vier- tel der Befragten Probleme, wobei sich deutliche Unterschiede bei kleinräumiger Betrachtung zeigen: Im Bezirk Rathenau (Bezirk 41) geben 46 Prozent an, dass ihr Wohnraum nicht seniorentauglich ist und auch nicht umgebaut werden kann. Auch in der Altstadt (Bezirk 01) liegt dieser Anteil mit 42 Prozent Fertigstellungsjahr sehr hoch. Am anderen Ende der Skala findet sich 15 Jahre später Dechsendorf (Bezirke 80 und 81), wo nur zehn Pro- zent über ungeeigneten Wohnraum verfügen. 90 Rund zehn Prozent der Befragten gaben an, dass Männer Frauen sie einen Umzug schon eingeplant haben für den 80 Fall körperlicher Einschränkungen. Weitere 44 Pro- 70 zent sagen, dass sie sich dies „vielleicht später“ vor- stellen können. 60 Von den Befragten, die sich einen altersbedingten Umzug vorstellen können, möchten 60 Prozent in 50 ihrem bisherigen Stadtteil wohnen bleiben. Ein wei- teres Drittel möchte innerhalb Erlangens umziehen, 40 davon jeder Zweite in das Stadtzentrum. 30 Hier spielt sicherlich die innerstädtische Infrastruk- tur eine große Rolle. Die Befragten mit Umzugsab- 20 sichten wurden zusätzlich gefragt, was ihnen wich- tig ist im Hinblick auf ihre zukünftige Wohnsituation. 10 An erster Stelle liegen die Einkaufsmöglichkeiten in 0 unmittelbarer Nähe, die von 71 Prozent der Befrag- 45 40 35 30 25 20 15 10 5 5 10 15 20 25 30 35 40 45 ten als wichtig erachtet werden, gefolgt von einer Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung guten Nahverkehrsanbindung (68 Prozent), Ärzten und Apotheken in unmittelbarer Nähe (63 Prozent) Abb. 28: Typische Entwicklung in einem und einem ruhigen Wohnumfeld (61 Prozent). Neubaugebiet mit konzentrierter Einfamilienhausbebauung 2 Siehe „Wohnen im Alter“ aus der Reihe „Statistik aktuell“, Ausgabe 5/2012. 20 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 8/2014
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