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131. Jahrgang · September I Oktober 2021 Corona-Pandemie und neues Gesetz Reha in bewegten Zeiten Online-Angebote der KNAPPSCHAFT Neuer Ausbildungsberuf in der Pflege Wechsel in der Selbstverwaltung
BLICKPUNKT 3 Reha in bewegten Zeiten – Wie sich das IPReG und die Corona-Pandemie auf Leistung und Versorgung auswirken FOKUS KNAPPSCHAFT-BAHN-SEE 15 Digitalisierung im Gesundheitswesen KNAPPSCHAFT mit zunehmend mehr Online-Angeboten 23 Neuer Beruf: Pflegefachfrau/Pflegefachmann BERICHTE UND INFORMATIONEN 24 88. Nachtrag zur Satzung der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See 26 89. Nachtrag zur Satzung der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See 28 Wechsel in der Selbstverwaltung bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See 29 Widerspruchsstelle der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See 30 Personalnachrichten 31 Impressum 32 Kompass online: Alle Fachtexte im digitalen Archiv Amtliches Mitteilungsblatt der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See
Blickpunkt David Lange: Reha in bewegten Zeiten – Wie sich das IPReG und die Corona-Pandemie auf Leistung und Versorgung auswirken 29. Oktober 2020: Das Gesetz zur Stärkung von intensivpflegerischer Versorgung und medizinischer Rehabilitation in der gesetzlichen Krankenversicherung (Intensivpfle- 1 ge- und Rehabilitationsstärkungsgesetz – IPReG) tritt in Kraft. Fast zeitgleich beschließt 2 die Bundesregierung am 28. Oktober 2020 einen weiteren Lockdown , um die zweite Welle der Corona-Pandemie zu „brechen“. So sind im Bereich der medizinischen Rehabi- litation (Reha) der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht nur weitreichende ge- setzliche Änderungen umzusetzen, sondern auch die versorgungsrelevanten Herausfor- derungen einer historischen Pandemie zu bewältigen. Im ersten Teil des Artikels werden Ziele und Hintergründe sowie die Auswirkungen auf das Leistungsgeschehen betrachtet. IPReG Zielsetzungen und Hintergründe Die GKV erbringt Leistungen zur medizinischen Reha im Sinne des Grundsatzes „Reha vor Pflege“, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszuglei- chen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Ein wichtiges Ziel dabei ist es, den häufig älteren Patienten so lange und so weit wie möglich ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Mit Blick auf den demografischen Wandel und die damit einhergehende Veränderung der Alters- struktur in Richtung alter und hochaltriger Bevölkerungsgruppen geht der Gesetzgeber davon 1 Bundesgesetzblatt (BGBl) 2020 Teil I Nr. 48, ausgegeben zu Bonn am 28. Oktober 2020. 2 https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/corona-in-deutschland-covid-19-in-deutschland-in-der-zusammenfassung/25584942.html 9-10 2021 Kompass I 3
Blickpunkt aus, dass der Bedarf an medizinischer Reha im Probleme ergeben sich aus Sicht der Gutachter Bereich der GKV in den nächsten Jahren deutlich daraus, dass die gesetzliche Pflegeversicherung zunehmen wird. Gestützt wird diese Annahme kein Reha-Träger ist. So müssten die unterein- auch durch im Vorfeld des Gesetzgebungsverfah- ander im Wettbewerb stehenden Krankenkassen rens veröffentlichte Berechnungen des Robert- die Kosten für Reha-Maßnahmen zur Vermeidung Koch-Instituts (RKI) (vergleiche Abbildung 1). von Pflegebedürftigkeit aus dem eigenen Budget tragen, wohingegen Pflegeausgaben über alle Danach werden die Fallzahlen im Bereich der Krankenkassen ausgeglichen werden.5 Aus Sicht Deutschen Rentenversicherung, die medizini- der Autoren besteht jedenfalls Handlungsbedarf, schen Reha-Leistungen insbesondere für Patien- um den aufgezeigten Herausforderungen ange- ten im Erwerbsalter („Reha vor Rente“) erbringt, messen zu begegnen. aufgrund der demografischen Entwicklung von 961 Tausend (2015) auf 911 Tausend im Jahr Vor diesem Hintergrund soll die Reha im Bereich 2040 sinken (- 5,2 Prozent). Für die GKV ergibt der GKV durch ein Bündel von Maßnahmen sich dagegen ein Anstieg von 742 Tausend (2015) gestärkt werden, um im Wesentlichen folgende 3 auf 934 Tausend im Jahr 2040 (+ 25,9 Prozent). zentrale Ziele zu erreichen: So wird die Zahl älterer Menschen in der Reha • D er Zugang zu Leistungen der medizinischen (65 Jahre und älter) bis 2040 demografisch Reha und insbesondere der Zugang zur bedingt um rund ein Drittel steigen. Diese Ent- geriatrischen Reha sollen erleichtert werden. wicklung betrifft vor allem die GKV, die nach den Prognosen des RKI zu diesem Zeitpunkt höhere • F ür Versorgungs- und Vergütungsverträge Fallzahlen als die Deutsche Rentenversicherung über die Durchführung von Leistungen zur aufweisen wird. In der Folge wird mit einer medizinischen Reha im Bereich der GKV sollen wachsenden Bedeutung der Multimorbidität und verbindliche und bundeseinheitliche Rahmen- der geriatrischen Reha gerechnet. Ob die daraus bedingungen geschaffen werden. entstehenden Versorgungsmehrbedarfe nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ durch die • B ei erforderlichen Mehraufwänden der bestehenden Versorgungsstrukturen aufgefan- Reha-Einrichtungen sollen losgelöst vom gen werden können, bleibt aus Sicht der Autoren Grundsatz der Beitragssatzstabilität auch fraglich.4 über die Grundlohnsummenentwicklung hinaus entsprechende Vergütungserhöhungen Darüber hinaus verweist das RKI auf den Sachver- ermöglicht werden. ständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR). Dieser konstatiert Leistungsrechtliche Neuregelungen in seinem Gutachten „Bedarfsgerechte Versor- Um die dargestellten Ziele zu erreichen, bein- gung − Perspektiven für ländliche Regionen und haltet das IPReG folgende, für die medizinische ausgewählte Leistungsbereiche“ Anreizprobleme Reha der GKV relevante Änderungen im Leis- bei der Finanzierung medizinischer Reha-Leistun- tungsrecht: gen zur Vermeidung von Pflegebedürftigkeit. Die 5 achverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesund- S heitswesen. Bedarfsgerechte Versorgung – Perspektiven für länd- 3 owossadeck, E. Einfluss der demografischen Alterung auf die Inan- N liche Regionen und ausgewählte Leistungsbereiche. Berlin: 2014. spruchnahme der medizinischen Rehabilitation in Deutschland bis 2040. Rehabilitation 2019; 58: Seite 98. 4 owossadeck, E. Einfluss der demografischen Alterung auf die Inan- N spruchnahme der medizinischen Rehabilitation in Deutschland bis 2040. Rehabilitation 2019; 58: Seiten 101 f. 4 I Kompass 9-10 2021
Abbildung: 1: Prognostizierte Entwicklung der Fallzahlen medizinische Reha • E rleichterung des Zugangs zur geriatrischen Hinsichtlich der oben dargestellten Zielsetzun- Reha nach vertragsärztlicher Verordnung gen und Hintergründe wird deutlich, dass die sowie zur Anschluss-Reha nach Krankenhaus- Erleichterung des Zugangs zur medizinischen behandlung Reha von zentraler Bedeutung für die gesetzlich beabsichtigte Stärkung derselben ist. Hierzu • A bweichung von der vertragsärztlichen fokussiert der Gesetzgeber zunächst die beiden Verordnung anderer Leistungen zur medizi- wichtigsten Zugangswege, und zwar nischen Reha hinsichtlich der medizinischen Erforderlichkeit nur noch auf Basis eines • d ie Verordnung durch die behandelnden Gutachtens des Medizinischen Dienstes (MD) Vertragsärzte und • F estlegung einer gesetzlichen Regeldauer • d ie Einleitung im Anschluss an eine Kran- für geriatrische Reha-Maßnahmen kenhausbehandlung durch die behandelnden Krankenhausärzte. • W egfall der zur Wiederholung von medizi- nischen Reha-Leistungen geltenden Aus- Zugang zur geriatrischen Reha erleichtert schlussfrist von vier Jahren für Kinder Insbesondere die von der GKV erbrachte geri und Jugendliche atrische Reha soll – eben ganz im Sinne des Grundsatzes „Reha vor Pflege“ – dabei helfen, • S tärkung des Wahlrechts der Versicherten Pflegebedürftigkeit zu vermeiden oder zu ver- bei der Auswahl der Reha-Einrichtung. mindern. Laut Gesetzesbegründung geht es dem 9-10 2021 Kompass I 5
Blickpunkt Gesetzgeber vor allem darum, die geriatrische Nach dem Willen des Gesetzgebers soll das Reha noch vor einer Pflegebegutachtung und der Genehmigungsverfahren der Krankenkasse durch damit einhergehenden möglichen Einleitung von die Neuregelung erleichtert und der Zugang Reha-Maßnahmen6 zu stärken.7 zur Leistung für die Versicherten beschleunigt werden. Diese Zielsetzungen sind insbesondere Zu diesem Zweck wird eine geriatrische Reha vor dem Hintergrund der immer älter werdenden nach vertragsärztlicher Verordnung zukünftig Gesellschaft und der daraus resultierenden ohne Überprüfung der medizinischen Erforder- Steigerung der Fallzahlen im Bereich der GKV lichkeit durch die Krankenkasse beziehungsweise nachvollziehbar. den von ihr beauftragten MD durchgeführt, sofern die Vertragsärzte geeignete Abschät- Die Verlagerung der Indikationsprüfung auf zungsinstrumente (sogenannte Assessments) für die Vertragsärzte bewirkt darüber hinaus, dass die Überprüfung der geriatrischen Indikation ein- die vom SVR monierten Anreizprobleme bei der gesetzt haben. Die Anwendung des geeigneten Finanzierung medizinischer Reha zur Vermeidung Abschätzungsinstruments wird der Krankenkasse von Pflegebedürftigkeit für den Bereich der mit der Reha-Verordnung nachgewiesen und das vertragsärztlich verordneten geriatrischen Reha 8 Ergebnis der Abschätzung übermittelt. jedenfalls teilweise aufgelöst werden. Gleichwohl wird in der Gesetzesbegründung klargestellt, Bei den geforderten geriatrischen Assessments dass die Ergebnisse geriatrischer Assessments handelt es sich um standardisierte und wissen- nicht allein eine Reha-Indikation begründen schaftlich erprobte Testverfahren, anhand derer können. Vielmehr ist das Vorliegen von Reha- die gesundheitsbedingten Beeinträchtigungen Bedürftigkeit, Reha-Fähigkeit und einer positiven der Aktivitäten und Teilhabe der Patienten durch Reha-Prognose für eine Indikationsstellung zur die Vertragsärzte eingeschätzt werden können. geriatrischen Reha erforderlich. Die vertragsärztliche Indikationsprüfung für eine geriatrische Reha erstreckt sich typischerweise Die Vertragsärzte sind nunmehr verantwortlich, auf verschiedene Aktivitäts- und Teilhabeberei- die Prüfung dieser Voraussetzungen bereits im che (zum Beispiel Mobilität, Selbstversorgung, Rahmen ihrer Verordnung sicherzustellen. Die Kommunikation, etc.).9 Dies begründet für die Prüfmöglichkeit der Krankenkasse beschränkt geriatrische Reha, unabhängig von der begrün- sich in diesem Zusammenhang darauf, das denden Diagnose, die Durchführung eines geriat- Vorliegen der vertragsärztlich festgestellten Indi- rischen Assessments durch die Vertragsärzte. kationskriterien aufgrund der Reha-Verordnung und des Ergebnisses der Abschätzung nachzuvoll- Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wird ziehen. Schließlich ist sie auch nach der neuen beauftragt, das Nähere zur Auswahl, zum Ein- Rechtslage weiterhin dafür verantwortlich, dass satz und Nachweis der Anwendung geeigneter die Leistungen zur medizinischen Reha ausrei- Abschätzungsinstrumente bis zum 31. Dezember chend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind und 10 2021 in der Reha-Richtlinie zu regeln. das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.11 6 § 18 SGB XI. Um mögliche Veränderungen durch den 7 Bundestags(BT)-Drucksache 19/19368, Seite 32. 8 § 40 Absatz 3 Sätze 2 und 3 SGB V. Wegfall der medizinischen Prüfung durch die 9 KV-Spitzenverband, Begutachtungsanleitung Vorsorge und G Krankenkassen und die Auswirkungen auf das Rehabilitation (2. Juli 2018), Seite 40. Verordnungsgeschehen im Bereich der vertrags- 10 § 40 Absatz 3 Satz 10 SGB V. ärztlich verordneten geriatrischen Reha über 11 § 12 SGB V. 6 I Kompass 9-10 2021
Abbildung: 2: Prognostizierte Altersstruktur einen längeren Zeitraum zu erfassen, sieht der durch die Krankenkasse beziehungsweise den Gesetzgeber eine dreimalige Berichtspflicht des von ihr beauftragten MD erbracht wird. Insofern GKV-Spitzenverbandes vor.12 wird in diesen Fällen – ähnlich wie im Bereich der vertragsärztlich verordneten geriatrischen Reha – Mit Blick auf den historisch bedingt hohen Anteil die medizinische Prüfung der Reha-Indikation auf älterer Versicherter bei der KNAPPSCHAFT ist die hier verordnenden Krankenhausärzte verla- zu erwarten, dass die gesetzliche Änderung zu gert. Das weitere Antragsverfahren sowie die einer deutlichen Steigerung der Fallzahlen im Auswahl einer geeigneten Reha-Einrichtung sind Leistungsbereich der geriatrischen Reha führt. davon nicht berührt und bleiben in der Verant- So bildet die Alterspyramide der KNAPPSCHAFT wortung der Krankenkasse, die unter Beachtung bereits heute die für die bundesdeutsche Ge- des Wunsch- und Wahlrechts der Versicherten samtbevölkerung erst in 2060 prognostizierte über die Leistung entscheidet. Struktur ab (vergleiche Abbildung 2). Nach dem Willen des Gesetzgebers soll dadurch Anschluss-Reha-Verfahren beschleunigt ein schneller Zugang zur Anschluss-Reha erleich- Durch das IPReG wird der G-BA darüber hinaus tert und ein einheitliches Verfahren herbeige- beauftragt, bis zum 31. Dezember 2021 in der führt werden. Weiter wird in der Gesetzesbe- Reha-Richtlinie Fälle zu definieren, in denen gründung nochmals ausdrücklich hervorgehoben, Anschluss-Reha ohne vorherige Überprüfung 12 § 40 Absatz 3 Satz 20 SGB V. 9-10 2021 Kompass I 7
Blickpunkt dass die Bedeutung der Geriatrie in diesem profitieren die Kunden der KNAPPSCHAFT schon Zusammenhang besonders zu berücksichtigen seit Jahren von einer beschleunigten Antragsbe- ist.13 arbeitung. Angesichts der Tatsache, dass die Anschluss- Vertragsärztliche Verordnung Reha-Leistungen rund 80 Prozent der jährlich anderer Leistungen rund 750 Tausend durch die GKV erbrachten Für die vertragsärztliche Verordnung anderer medizinischen Reha-Leistungen ausmacht14, – also nicht-geriatrischer – Reha-Leistungen wird wird deutlich, welches Leistungsspektrum die geregelt, dass die Krankenkasse hiervon hin- gesetzliche Neuregelung potentiell umfasst. sichtlich der medizinischen Erforderlichkeit nur Welche Schwerpunkte der G-BA hier letztlich aufgrund einer gutachterlichen Stellungnahme setzt, bleibt abzuwarten. des MD abweichen darf. Die Krankenkasse stellt diese den Versicherten und mit deren Einwilli- Die seitens des Gesetzgebers beabsichtigte gung in Textform auch den verordnenden Ärzten 16 Verfahrensbeschleunigung kann auf diesem zur Verfügung. Wege jedenfalls erreicht werden. So gibt es in der Praxis typische Fallkonstellationen, in denen Darüber hinaus wird die bisher bereits in der die gesundheitsbedingten Beeinträchtigungen Reha-Richtlinie des G-BA vorgesehene Regelung, der Aktivitäten und Teilhabe regelhaft einen dass die Krankenkasse den Versicherten sowie Reha-Bedarf und damit die Notwendigkeit einer den verordnenden Ärzten das Ergebnis der Reha-Maßnahme im unmittelbaren Anschluss an Leistungsentscheidung mitteilt und Abweichun- eine Krankenhausbehandlung begründen. Solche gen von der Verordnung begründet, nunmehr typischen Anschluss-Reha-Indikationen sind zum gesetzlich festgeschrieben. Mit textlicher Beispiel der Zustand nach endoprothetischer Ver- Einwilligung der Versicherten gilt dies jetzt auch sorgung von Knie- oder Hüftgelenk sowie nach gegenüber Angehörigen und Vertrauenspersonen einem Herzinfarkt. Nach der Akutbehandlung im der Versicherten sowie Pflege- und Betreuungs- Krankenhaus geht es hier vor allem darum, durch einrichtungen, die die Versicherten versorgen. die anschließende ambulante oder stationäre Die Mitteilung erfolgt dabei in schriftlicher oder Leistung zur medizinischen Reha gesundheits- elektronischer Form.17 bedingt eingeschränkte Alltagsfähigkeiten zurückzugewinnen beziehungsweise soweit wie Die verordnenden Ärzte werden schließlich möglich wiederherzustellen. verpflichtet, die Versicherten vor der Verordnung über die Möglichkeit der Erteilung der vorge- Da die KNAPPSCHAFT bereits heute ein ähnliches, nannten Einwilligungen zu informieren und der unter Anwendung der gesetzlichen Regelung zur Krankenkasse anschließend die entsprechenden 15 MD-Stichprobenprüfung und in Kooperation mit Inhalte mitzuteilen.18 dem Sozialmedizinischen Dienst (SMD) entwickel- tes, indikationsbasiertes Verfahren umsetzt, wer- Durch die dargestellten Neuregelungen wird für den keine gravierenden Auswirkungen aufgrund die häufig älteren Versicherten, ihre behandeln der gesetzlichen Neuregelung erwartet. Insofern 16 § 40 Absatz 3 Sätze 4 und 5 SGB V. 13 BT-Drucksache 19/19368, Seite 33. 17 § 40 Absatz 3 Sätze 6 und 7 SGB V. 14 BMG, amtliche Statistik KG 5 2019. 18 § 40 Absatz 3 Satz 8 SGB V. 15 § 275 Absatz 2 Nr. 1 SGB V. 8 I Kompass 9-10 2021
den Ärzte sowie ihre Angehörigen und Vertrau- könnten demnach zu Folgeanträgen, weiteren enspersonen eine höhere Transparenz über die Genehmigungsverfahren und möglicherweise Leistungsprüfung der Krankenkasse hergestellt. Behandlungslücken führen, was gerade beim Im Interesse und zur Unterstützung der Betrof- betroffenen Personenkreis vermieden werden fenen besteht für sie nunmehr die Möglichkeit, sollte. Gleichwohl wird darauf hingewiesen, dass abweichende Leistungsentscheidungen sowie von der Regeldauer im begründeten Einzelfall gegebenenfalls bestehende Behandlungsalterna- abgewichen werden kann, wenn die Reha-Ziele tiven besser nachzuvollziehen. früher zu erreichen sind.21 In diesem Zusammenhang erscheint es auch Hinsichtlich der Auswirkungen der Neurege- zielführend, den direkten Kontakt zwischen lung ist anzumerken, dass bereits nach alter Ärzten und Versicherten im Rahmen der Reha- Rechtslage, mit längstens 20 Behandlungstagen Verordnung für das Verfahren zu nutzen. Dieses beziehungsweise drei Wochen, ein hinreichender wird bereits nach alter Rechtslage durch den Rahmen für bedarfsgerechte Leistungen G-BA in der Reha-Richtlinie konkret ausgestal- bestand. Geriatrische Reha-Leistungen wurden tet. Insofern fließen auch die das Verfahren bereits auf dieser Grundlage in der Regel für betreffenden gesetzlichen Neuregelungen in die 20 Behandlungstage beziehungsweise drei laufende Überarbeitung der Reha-Richtlinie bis Wochen erbracht. zum 31. Dezember 2021 ein und sind nach G-BA- Beschluss und Veröffentlichung der geänderten Bei der KNAPPSCHAFT entspricht dies jeden- Richtlinie im Bereich der GKV umzusetzen. falls der bisherigen Praxis, so dass sich hier voraussichtlich keine wesentlichen Änderungen Gesetzliche Regeldauer für geriatrische im Bereich der Leistungsdauer geriatrischer Reha-Maßnahmen Reha-Maßnahmen einstellen werden. So lag Neben den bereits genannten Verbesserungen beispielsweise die durchschnittliche Dauer des Zugangs zur geriatrischen Reha sieht der stationärer geriatrischer Reha-Maßnahmen der Gesetzgeber im IPReG auch die Festlegung einer KNAPPSCHAFT in 2019 mit rund 23 Tagen über gesetzlichen Regeldauer für geriatrische Reha- der nunmehr vorgesehenen gesetzlichen Regel- 22 Maßnahmen vor. Danach sollen Leistungen der dauer von drei Wochen. geriatrischen Reha in der Regel ambulant für 20 Behandlungstage oder stationär für drei Wochen Wiederholungsfrist für Kinder und Jugendliche aufgehoben 19 erbracht werden. Entsprechend der alten Rechtslage gilt weiterhin, dass in allen Fällen Ambulante und stationäre Leistungen zur medi- eine Verlängerung der Leistung möglich ist, zinischen Reha können grundsätzlich nicht vor wenn dies aus medizinischen Gründen dringend Ablauf von vier Jahren nach Durchführung erneut erforderlich ist.20 erbracht werden, es sei denn medizinische Grün- de machen eine vorzeitige Maßnahme erforder- Die Zweckmäßigkeit kürzerer Leistungen wird lich. Dieser Grundsatz wird durch das IPReG für nach den Ausführungen in der Gesetzesbe- Minderjährige aufgehoben23, um den besonderen gründung grundsätzlich verneint, da es bei gesundheitlichen Belangen des Kindes- und geriatrischen Patienten länger dauert bis Funk- 21 BT-Drucksache 19/19368, Seite 33. tionen wiedererlangt werden. Kürzere Fristen 22 BMG, amtliche Statistik KG 5 2019. 23 § 40 Absatz 3 Satz 16 SGB V. 19 § 40 Absatz 3 Satz 13 SGB V. 20 § 40 Absatz 3 Satz 14 SGB V. 9-10 2021 Kompass I 9
Blickpunkt Jugendalters sowie den Zielen der Kinder- und Reha-Indikation zugelassen und geeignet ist. Jugendgesundheit Rechnung zu tragen. Darüber Darüber hinaus werden unter Beachtung des im hinaus wird mit der Neuregelung eine Anglei- Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) veran- chung an die Regelungen zur Kinder-Reha im kerten Wunsch- und Wahlrechts28 unter anderem Bereich der Rentenversicherung vorgenommen.24 persönliche Lebenssituation, Alter, Geschlecht, Familie sowie religiöse und weltanschauliche Um die vorgenannten Ziele zu erreichen und Bedürfnisse der Versicherten berücksichtigt. im Sinne einer Stärkung der Kinder- und Jugend-Reha, ist die vorgenommene Änderung Insofern bleibt festzuhalten, dass sich die nachvollziehbar und sachgerecht. Aufgrund ihrer gesetzliche Neuregelung ausschließlich auf Fälle hier bereits in Bezug genommenen besonderen bezieht, in denen für die Auswahl einer anderen Versichertenstruktur, weist die KNAPPSCHAFT in Reha-Einrichtung auch im Rahmen einer um- diesem Bereich jedoch nur eine geringe Fallzahl fassenden Ermessensprüfung der Krankenkasse auf (rund 100 Fälle in 201925). kein ausreichender Grund vorliegt. Dies kann hinsichtlich der hälftigen Kostentragung zulasten Wahlrecht gestärkt der GKV-Beitragszahler durchaus kritisch gesehen Versicherte, die für eine stationäre Reha eine werden. Über die Höhe der sich daraus für die andere zertifizierte Reha-Einrichtung wählen, GKV ergebenden Mehrausgaben erlaubt sich der 29 als die Krankenkasse unter Berücksichtigung des Gesetzgeber jedenfalls keine Prognose. Wunsch- und Wahlrechts für sie ausgewählt hät- te, haben die dadurch entstehenden Mehrkosten Die KNAPPSCHAFT hat zur Umsetzung des nicht mehr wie bisher vollständig, sondern nur gesetzlichen Wunsch- und Wahlrechts bereits noch zur Hälfte zu tragen. Darüber hinaus wird ein transparentes und versichertenorientiertes klargestellt, dass die im Rahmen des berech- Verfahren etabliert, wobei ein besonderer tigten Wunsch- und Wahlrechts entstehenden Schwerpunkt auf die individuelle Ermessensprü- Mehrkosten vollständig durch die Krankenkasse fung und Beratung der Versicherten gelegt wird. zu übernehmen sind.26 Über die in den gesetzlich adressierten Fällen vorzunehmende Vergleichsberechnung erhalten Indem der von den Versicherten zu tragende die Versicherten eine differenzierte Übersicht, Mehrkostenanteil auf die Hälfte reduziert wird, aus der sich im Ergebnis die Höhe ihres vor- erfolgt laut der Gesetzesbegründung die Stär- aussichtlichen Eigenanteils bei Belegung ihrer kung des Wahlrechts. Darüber hinaus wird von Wunscheinrichtung ergibt. den Krankenkassen erwartet, die Berechnungs- grundlagen für die Mehrkosten nachvollziehbar darzulegen.27 Corona-Pandemie Medizinische Reha im Ausnahmezustand Bereits nach den aktuellen gesetzlichen Regelun- Mitten im laufenden Gesetzgebungsverfahren gen haben die Krankenkassen die berechtigten zum IPReG ändert ein anderes Thema die ge- Wünsche der Versicherten bei der Auswahl der sundheitspolitischen Prioritäten. Aufgrund der Reha-Einrichtung zu berücksichtigen. Wichtigstes zunehmenden Ausbreitung der Corona-Pandemie Entscheidungskriterium ist dabei, dass die durch bundesweit exponentiell ansteigende Einrichtung für die Behandlung der individuellen Infektionszahlen beschließt die Bundesregierung Mitte März 2020 den ersten Lockdown, der 24 BT-Drucksache 19/19368, Seite 33. 25 BMG, amtliche Statistik KG 5 2019. 28 § 8 SGB IX. 26 § 40 Absatz 2 Satz 4 SGB V. 29 BT-Drucksache 19/19368, Seiten 3 f. 27 BT-Drucksache 19/19368, Seite 31. 10 I Kompass 9-10 2021
ein flächendeckendes „Herunterfahren“ des • W ie sollen sich Reha-Einrichtungen verhalten, öffentlichen Lebens sowie weitgehende Kon- wenn bei Versicherten der Verdacht auf taktbeschränkungen beinhaltet. Auch zahlreiche Ansteckung mit dem Corona-Virus besteht? Bereiche des Gesundheitswesens sind betroffen, die neben der reinen Pandemiebewältigung nun • W elche Folgen hat eine Quarantäne-Anord- vordergründig mit der dringlichen Frage befasst nung oder vorübergehende Schließung der sind, wie die Versorgung der Patienten unter Reha-Einrichtung durch die örtlich zuständi- den geänderten Rahmenbedingungen weiterhin gen Behörden? möglichst uneingeschränkt sichergestellt werden kann. Bei örtlich steigenden Fallzahlen und einem sich täglich wandelnden Infektionsgeschehen spitzt Bei der KNAPPSCHAFT häuften sich in dieser Zeit sich zeitgleich auch die Lage in den Krankenhäu- die Nachfragen Versicherter im Zusammenhang sern zu, die auf alle verfügbaren Kapazitäten an mit der Bewilligung und Durchführung von Leis- Intensivbetten zur Versorgung der steigenden tungen zur medizinischen Reha. Dabei geht es Zahl schwerstkranker Corona-Patienten an- unter anderem darum, dass Versicherte bereits gewiesen sind. Vor diesem Hintergrund wird bewilligte medizinische Reha-Maßnahmen aus nach Lösungen gesucht, um nicht zwingend Angst vor Ansteckung mit dem Corona-Virus erforderliche Belegungen von Krankenhausbetten zunächst nicht antreten beziehungsweise auf zu vermeiden und auf diesem Wege weitere einen späteren Zeitpunkt verschieben möchten. Kapazitäten zu schaffen. Darüber hinaus führt die pandemiebedingte Beeinträchtigung der Arbeit von ambulanten Planbare Eingriffe werden seitens der Kranken- Pflegediensten beziehungsweise stationären häuser auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, Pflegeeinrichtungen (zum Beispiel durch sofern dies aus medizinischer Sicht vertretbar ist. Personalausfall oder behördlich veranlasste Beispielhaft sei hier die planbare operative Ver- Aufnahmestopps) in einigen Fällen dazu, dass sorgung mit Hüft- oder Knieprothesen genannt, die pflegerische Anschlussversorgung der Ver- wobei es sich um typische Anschluss-Reha-Indi- sicherten nicht sichergestellt werden kann, so kationen handelt. Aus dieser Entwicklung folgt dass sich in der Folge die Entlassung pflegebe- ein massiver Rückgang der Fallzahlen im Bereich dürftiger Versicherter aus der stationären Reha der Anschluss-Reha, der in der Konsequenz zu verzögert. erheblichen Belegungs- und somit Einnahme- ausfällen bei den für die Leistungserbringung Weitere typische Fragestellungen im Kontext verantwortlichen Reha-Einrichtungen führt. medizinischer Reha-Leistungen der GKV sind Auch die seitens der Versicherten aus Angst beispielsweise: vor Ansteckung zunächst nicht angetretenen beziehungsweise verschobenen medizinischen • Ü bernehmen die Krankenkassen die Kosten Reha-Maßnahmen wirken sich negativ auf die für die von vielen Reha-Einrichtungen vor Fallzahl aus. Aufnahme geforderten präventiven Corona- Tests? So lässt sich allein bei der KNAPPSCHAFT für den Zeitraum des ersten Lockdowns (zweites Quartal • K ann die An- und Abreise zur/von der Reha- 2020) für den gesamten Leistungsbereich der Einrichtung auch mit dem PKW anstatt mit öffentlichen Verkehrsmitteln erfolgen? 9-10 2021 Kompass I 11
Blickpunkt medizinischen Reha ein Rückgang der Reha- Verschiebung von medizinischen Aufnahmen in Höhe von rund 43 Prozent im Reha-Maßnahmen möglich Vergleich zum Vorjahreszeitraum feststellen. Möchten Versicherte bereits bewilligte me- dizinische Reha-Maßnahmen aus Angst vor Die vorgenannten Aspekte stellen die wesentli- Ansteckung mit dem Corona-Virus zunächst nicht chen pandemiebedingten Auswirkungen im Be- antreten beziehungsweise auf einen späteren reich der medizinischen Reha der GKV dar. In der Zeitpunkt verschieben, ist dies in der Regel mög- Folge zeichnen sich deutliche Handlungsbedarfe lich. Die Verschiebung sollte jedoch im Vorfeld ab, die teils durch gesetzgeberisches Eingreifen, mit der Krankenkasse abgestimmt werden, die im teils durch schnelles und unbürokratisches Einzelfall darüber entscheidet. Handeln der beteiligten Akteure zu lösen sind. Bei einer regulären Leistung zur medizinischen Leistungsrechtliche Sonderregelungen Reha ist es möglich, den Beginn der Reha Um den dargestellten Fragestellungen und zunächst um bis zu drei Monate zu verschieben. Herausforderungen im Leistungsrecht der Bei einer Anschluss-Reha muss dagegen der medizinischen Reha der GKV angemessen zu zeitlich-medizinische Zusammenhang zwischen begegnen, werden jeweils kassenindividuelle, der Akutbehandlung im Krankenhaus und der an- wenngleich im Austausch mit den Verbänden der schließenden Reha-Maßnahme gewahrt bleiben. Krankenkassen auf Bundesebene entwickelte, Hier sollte der Beginn der Reha in der Regel um Sonderregelungen und diesbezüglich gegebe- nicht mehr als sechs Wochen verschoben werden. nenfalls verabschiedete gesetzliche Änderungen Der für den Beginn der Frist maßgebliche Tag ist umgesetzt: der Tag der ursprünglich geplanten Aufnahme in die Reha-Einrichtung. • D ie Verschiebung von medizinischen Reha- Maßnahmen ist möglich. Über die konkreten Aufnahmemöglichkeiten entscheidet letztlich die aufnehmende Reha- • D ie Kosten präventiver Corona-Tests im Einrichtung. Vor diesem Hintergrund werden Zusammenhang mit der Durchführung Versicherte dahingehend beraten, direkt mit medizinischer Reha-Maßnahmen werden der Einrichtung zu klären, in welchem zeitlichen übernommen. Rahmen die Maßnahme verschoben werden kann. • C orona-bedingte Besonderheiten bei der Kostenübernahme präventiver Corona-Tests Übernahme von Fahrkosten im Zusammen- In der vom Bundesministerium für Gesundheit hang mit medizinischen Reha-Leistungen (BMG) erlassenen Corona-Virus-Testverordnung 30 werden berücksichtigt. vom 27. Januar 2021 ist festgelegt, für welchen Personenkreis die zuständigen Stellen des • D as Anschluss-Reha-Verfahren wird durch öffentlichen Gesundheitsdienstes präventive Direkteinweisung beschleunigt. Testungen veranlassen können. Dies ist unter anderem für asymptomatische Personen vor der Aufnahme oder während der Behandlung in eine/r Reha-Einrichtung sowie vor dem Besuch von dort behandelten Personen möglich, wenn es die Einrichtungen im Rahmen 30 Bundesanzeiger(BAnz) AT 27. Januar 2021 V2. 12 I Kompass 9-10 2021
ihres einrichtungs- oder unternehmensbezoge- Anschluss-Reha befristet umzustellen. Danach nen Testkonzepts oder der öffentliche Gesund- wurde es den Krankenhäusern im Interesse einer heitsdienst zur Verhinderung der Verbreitung rechtzeitigen Krankenhausentlassung und damit des Corona-Virus SARS-CoV-2 verlangen. Der eines erleichterten Übergangs der Versicherten Anspruch besteht unabhängig davon, ob die in die Anschluss-Reha ermöglicht, die Voraus- Reha-Maßnahme zu Lasten der GKV oder der setzungen für die Teilnahme an einer Anschluss- Deutschen Rentenversicherung erfolgt. Reha selbst zu prüfen und deren zeitnahe Einleitung zu organisieren, ohne zunächst auf die Die Testungen werden jedoch ausschließlich von Genehmigung der Leistung durch die zuständige den örtlichen Gesundheitsämtern, zugelassenen Krankenkasse zu warten. Vertragsärzten sowie von Testzentren der Kassenärztlichen Vereinigungen veranlasst und Die Direkteinweisung erfolgte in den Indikatio- mit den Kassenärztlichen Vereinigungen abge- nen und unter den Voraussetzungen des Indika- rechnet. Diese erhalten für ihre Aufwendungen tionskataloges für Anschluss-Heilbehandlungen einen Ausgleich aus der Liquiditätsreserve des (AHB) der Deutschen Rentenversicherung zuzüg- Gesundheitsfonds. Insofern wird nicht direkt mit lich der GKV-spezifischen Indikationen Geriatrie den Krankenkassen abgerechnet. und neurologische Früh-Reha. Die entsprechen- den Anträge auf Anschluss-Reha wurden den Besonderheiten bei der Übernahme Krankenkassen dabei weiterhin zugeleitet, damit von Fahrkosten diese die für das Verfahren zu dokumentierenden Weitere Fragen ergeben sich bei der Übernahme Daten in ihren Systemen hinterlegen konnten. von Fahrkosten im Zusammenhang mit medi- zinischen Reha-Leistungen. So möchten viele Die GKV-seitig insgesamt bis zum 31. Mai 2020 Versicherte die An- und Abreise zur/von der Reha- befristete Verfahrensumstellung erfolgte unter Einrichtung aufgrund der Corona-Situation lieber anderem in Anlehnung an entsprechende Corona- mit dem eigenen PKW anstatt mit öffentlichen bedingte Sonderregelungen der Deutschen Verkehrsmitteln vornehmen. Auch hier geht die Rentenversicherung, die insofern auch innerhalb KNAPPSCHAFT auf die Wünsche ihrer Versicher- des Verbundsystems der Deutschen Rentenver- ten ein. Die Erstattung richtet sich dabei nach sicherung Knappschaft-Bahn-See (KBS) für alle den Regelungen des Bundesreisekostengesetzes. Versicherten einheitlich umgesetzt wurden. Anschluss-Reha-Verfahren durch Direkteinweisung beschleunigt Zwischenbilanz und Ausblick Wie oben bereits ausgeführt, ist es während Mit Blick auf die gesetzlichen Änderungen durch der Corona-Pandemie insbesondere bei hohen das IPReG sowie die Auswirkungen der Corona- Infektionszahlen geboten, nicht zwingend Pandemie ist insgesamt eine hohe Dynamik im erforderliche Belegungen von Krankenhausbetten Leistungsbereich der medizinischen Reha der zu vermeiden. GKV festzustellen. Vor diesem Hintergrund veröffentlichte der Bei Betrachtung der im IPReG vorgesehenen GKV-Spitzenverband in Abstimmung mit den leistungsrechtlichen Änderungen wird vor dem Verbänden der Krankenkassen auf Bundesebene Hintergrund der einleitend dargestellten Ziel- mit Gemeinsamem Rundschreiben vom 24. März setzungen des Gesetzgebers deutlich, dass die 2020 die Empfehlung, das Verfahren zur 9-10 2021 Kompass I 13
Blickpunkt Erleichterung und Beschleunigung des Zugangs Risiko einer Gefährdung rehabilitativer Versor- zu medizinischen Reha-Leistungen unter Berück- gungsstrukturen konkret im Raum steht. sichtigung des spezifischen Reha-Auftrags der GKV einen besonderen Stellenwert einnimmt. Um dieser Entwicklung entgegenzutreten, spannt der Gesetzgeber einen Rettungsschirm Zwar steht die konkrete Ausgestaltung einiger und setzt dabei auch auf die Krankenkassen Neuregelungen durch den G-BA noch aus. und Reha-Einrichtungen als Vertragspartner, die Allerdings zeichnen sich insbesondere in den im Weiteren mit der einrichtungsindividuellen davon umfassten Leistungsbereichen der Verhandlung ergänzender Zuschläge beauftragt vertragsärztlich verordneten geriatrischen Reha werden. Im Kontext der die Verträge und Versor- sowie der Anschluss-Reha bereits tiefgreifende gungsstrukturen betreffenden Neuregelungen Änderungen ab, die flankiert von den dargestell- des IPReG finden diese Verhandlungen jedoch ten Herausforderungen der Corona-Pandemie im unter erschwerten Bedingungen statt. Die Leistungsbereich der medizinischen Reha der damit verbundenen Herausforderungen werden GKV umzusetzen sind. im zweiten Teil des Artikels in der Ausgabe November/Dezember 2021 des Kompass näher In diesem Zusammenhang liegt ein wichtiger betrachtet. Schwerpunkt auf der Frage, wie der gesetzlich beabsichtigte schnellstmögliche Zugang zu erforderlichen medizinischen Reha-Leistungen auch unter Pandemiebedingungen sichergestellt werden kann. Dem entgegen steht gerade zu Beginn der Pandemie die Verunsicherung vieler Versicherter, Leistungen zur medizinischen Reha überhaupt in Anspruch zu nehmen. David Lange KBS/KNAPPSCHAFT Daher erscheint es zielführend, dass die für die Fachbereich Kunde und Leistung konkrete Leistungserbringung verantwortlichen Dezernat für stationäre Versorgung Reha-Einrichtungen dem Gesundheits- und und Rehabilitation Infektionsschutz der Rehabilitanden und Be- Knappschaftstraße 1 handler durch den Einsatz strukturierter und mit 44799 Bochum den örtlichen Gesundheitsämtern abgestimmter Hygienekonzepte Rechnung tragen. Aufgrund des pandemiebedingt massiven Rück- gangs der Fallzahlen und der damit verbundenen Belegungs- und Einnahmeausfälle auf Seiten der Reha-Einrichtungen verschärft sich allerdings auch deren wirtschaftliche Situation. Dies geht bei einigen Einrichtungen soweit, dass diese sich am Rande der Insolvenz bewegen und damit das 14 I Kompass 9-10 2021
Bereits seit 2008 bietet die KNAPPSCHAFT ihren Kunden einen persönlichen Online- Bereich an. Daniela Glahn Digitalisierung im Gesundheitswesen KNAPPSCHAFT mit zunehmend mehr Online-Angeboten Die Digitalisierung hat auch die gesetzlichen Krankenkassen erreicht. Kundenzen- triert, prozessoptimiert und dabei nach den Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sowie weiteren Vorschriften zu handeln, stellt die Krankenkassen vor eine Heraus- forderung im Bereich der Kundenkommunikation. Die KNAPPSCHAFT arbeitet kontinuierlich daran, die gesetzlichen Vorgaben umzusetzen, um ihren Kunden innovative und nutzer- freundliche digitale Angebote zur Verfügung zu stellen. Allgemeines August 2017 – OZG Bereits in den 1990er Jahren wurden die Das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs Weichen für die Digitalisierung im Gesundheits- zu Verwaltungsleistungen (Onlinezugangsgesetz – wesen gestellt. Ziel war es, die erforderliche OZG) ist am 18. August 2017 in Kraft getreten. Infrastruktur zur Vernetzung aller Beteiligten im Gesundheitswesen, die Telematik-Infrastruktur Das OZG verpflichtet Bund, Länder und Kommu- (TI), zu implementieren. Zu diesem Zweck wurden nen, bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen verschiedene Gesetze, die aufeinander aufbauen, über Verwaltungsportale auch digital anzubieten. auf den Weg gebracht: Dazu gehören auch die gesetzlichen Kranken- kassen, die ausgewählte Leistungen (Anträge) Januar 2016 – E-Health-Gesetz über den jeweiligen Online-Kundenbereich digital Das Gesetz für sichere digitale Kommunikation anbieten müssen. und Anwendungen im Gesundheitswesen (E-Health-Gesetz) ist am 1. Januar 2016 in Mai 2019 – TSVG Kraft getreten. Das Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungs Durch das E-Health-Gesetz wurden Fristen gesetz – TSVG) ist am 11. Mai 2019 in Kraft vorgegeben, die den Druck auf alle Beteiligten getreten. im Gesundheitswesen erhöhen. Auf Basis der Zeitpläne der gematik GmbH (Gesellschaft für Ziele des TSVG sind unter anderem, dass Pati- Telematik-Anwendungen der Gesundheitskarte), enten schneller Arzttermine bekommen und die die mit dem Aufbau der TI beauftragt wurde Leistungen der Krankenkasse und die Versorgung und der Industrie wurde ein Zeitfenster für die (zum Beispiel durch die Einführung der elektro- bundesweite Einführung der TI festgeschrieben. nischen Patientenakte, der eArbeitsunfähigkeits bescheinigung etc.) verbessert werden. 9-10 2021 Kompass I 15
Fokus Knappschaft-Bahn-See August 2019 – GSAV Oktober 2020 – PDSG Das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimit- Das Gesetz zum Schutz elektronischer Patienten- telversorgung (GSAV) ist am 16. August 2019 in daten in der Telematik-Infrastruktur (Patienten- Kraft getreten. daten-Schutz-Gesetz – PDSG) ist am 20. Oktober 2020 in Kraft getreten. Durch das GSAV wird die Verwendung von Verord- nungen von Leistungen nach § 31 Fünftes Buch Mit dem PDSG werden digitale Angebote wie das Sozialgesetzbuch (SGB V) in elektronischer Form e-Rezept oder die elektronische Patientenakte (eRezept) geregelt. (ePA) nutzbar und sensible Gesundheitsdaten gleichzeitig bestmöglich geschützt. Dezember 2019 – DVG Das Gesetz für eine bessere Versorgung durch Juni 2021 – DVPMG Digitalisierung und Innovation (Digitale-Versor- Das Gesetz zur digitalen Modernisierung von gung-Gesetz – DVG) ist am 19. Dezember 2019 Versorgung und Pflege (Digitale-Versorgung-und- in Kraft getreten. Pflege-Modernisierungs-Gesetz – DVPMG) ist am 8. Juni 2021 in Kraft getreten. Durch das DVG wird das Angebot für „Apps auf Rezept“ (digitale Gesundheitsanwendungen), Digitale Helfer für die Pflege, mehr Telemedizin Videosprechstunden und digitale Gesundheits- und eine moderne Vernetzung im Gesundheits- 1 kompetenz geschaffen und der Zugriff überall wesen sind die Ziele des DVPMG. bei Behandlungen auf das sichere Datennetz im Gesundheitswesen ermöglicht. 1 § 20k SGB V. Abbildung 1: Übersicht und Zeitplan digitale Angebote 16 I Kompass 9-10 2021
Die digitalen Angebote • k undenzentrierte und nutzerfreundliche Die Abbildung 1 zeigt die digitalen Angebote Bereitstellung der digitalen Produkte. und deren Starttermine. Die Einführungstermine können sich allerdings verschieben, weil die Um diese Voraussetzungen erfüllen zu können, technischen Komponenten, zum Beispiel die muss bei den gesetzlichen Krankenkassen Ausstattung der Arztpraxen mit Konnektoren das entsprechende Know-how aufgebaut oder zur Anbindung an die TI, verzögert bereitgestellt eingekauft werden, denn es handelt sich nicht werden. um die „reine Umsetzung von Paragraphen nach dem Sozialgesetzbuch“. Laut der gematik GmbH vernetzt „die Telematik infrastruktur (TI) alle Akteure des Gesundheits- Die Umsetzung der digitalen Angebote eröffnet wesens und gewährleistet den sektoren- und ein komplett neues Handlungsfeld für die Kran- systemübergreifenden sowie sicheren Austausch kenkassen, das es zu bedienen gilt. Das braucht von Informationen. Sie ist ein geschlossenes Netz, neue Kompetenzen, Bereitstellung personeller zu dem nur registrierte Nutzer (Personen oder Ressourcen und den Einsatz von finanziellen Institutionen) mit einem elektronischen Heilbe- Mitteln. Auch die Kundenbetreuung erfährt ein rufs- und Praxisausweis Zugang erhalten.“ neues Segment. Die Mitarbeiter müssen im Kun- denkontakt auch die digitalen Angebote kennen Die digitalen Angebote umzusetzen, ist für die und im Bedarfsfall auch dazu beraten können. Krankenkassen eine Herausforderung, denn es gilt die Anbindung an die TI zu erreichen sowie die Vorgaben der gematik GmbH und die laufend ak- Die KNAPPSCHAFT digital tualisierten gesetzlichen Vorgaben zu beachten. Um die digitalen Angebote bei der KNAPPSCHAFT umzusetzen, arbeiten im Verbundsystem der Dabei sind – je nach Produkt – verschiedene Deutschen Rentenversicherung Knappschaft- Voraussetzungen zu erfüllen, wie zum Beispiel Bahn-See (KBS) die verschiedensten Bereiche, wie zum Beispiel • Einkauf von geeigneter Soft- und Hardware, • die Abteilung „Kranken- und Pflege- • A nbindung an die TI und Einhaltung der von versicherung“ KNAPPSCHAFT, der gematik GmbH vorgegebenen Voraus- setzungen zur Zertifizierung der digitalen • d as Dezernat „IT-Betrieb und Rechen Angebote, zentrum“, • A nbindung der Produkte (bei der • d as Dezernat „Dienstleistungszentrum KNAPPSCHAFT) an das Kernsystem oscare®, DV-Anwendungsentwicklung“, • d atenschutzkonforme Umsetzung nach der • d ie Querschnittsbereiche „IT-Sicherheits DSGVO, beauftragte“, „Datenschutzbeauftragter“, • B eachtung von IT-sicherheitsrechtlichen Vor- • und viele weitere gaben (Verfahrens-/Betriebssicherheit etc.), eng zusammen. 9-10 2021 Kompass I 17
Fokus Knappschaft-Bahn-See Dabei hat sich das sogenannte „Scrum-Modell“ schaftspezifische Funktionserweiterungen bewährt. Scrum ist ein Vorgehensmodell des umzusetzen. Hier bietet sich ebenfalls die bereits Projekt- und Produktmanagements, insbesondere gelebte und erfolgreiche Verfahrensweise nach zur agilen Softwareentwicklung. Im Gegensatz Scrum an. zur normalen Produktentwicklung wird versucht durch die agile Arbeitsweise nach Scrum ein „Meine KNAPPSCHAFT“ – Produkt zu entwickeln und auf den Markt zu Der Online-Kundenbereich bringen, das flexibel und dynamisch ist; und Seit 2008 bietet die KNAPPSCHAFT den Online- dies mit einem nur absolut notwendigen Maß an Kundenbereich auf ihrer Internetseite an. Bürokratie. Hierüber können Versicherte ihre Anliegen zur Kranken- und Pflegeversicherung jederzeit digital Für die Weiterentwicklung der elektronischen erledigen. Patientenakte und der App „Meine GESUNDHEIT“ wird derzeit noch im Projektstatus in Kooperation Mit dem internen Projekt KURS Zukunft mit der IBM Deutschland GmbH gearbeitet. 2017/2018 wurde der Fokus unter anderem auf Perspektivisch ist auch hier angedacht, einen den Ausbau des Online-Kundenbereichs gelegt. Linienbetrieb aufzubauen, um die bereits Seitdem wurden viele Funktionen und Online- genannten gesetzlichen Vorgaben und knapp– Services entwickelt. Derzeit bietet der Online-Kundenbereich folgende Funktionen: Leistungen Persönliche Daten Services • Einreichen • Daten ändern • Gesundheitskurse - der AU-Bescheinigung - Bankverbindung ändern -G esundheitskurse vor Ort - von Rechnungen (zum Beispiel für - E-Mail-Adresse ändern finden Impfungen, Osteopathie-Behand - Passwort ändern - AKON Aktivtage/Radurlaub lungen, etc.) - Kundenkonto löschen auf Rezept - der Verordnung für digitale - Onlinekurse und Apps, Gesundheitsanwendungen (DiGA) • Berufliche Veränderung z.B. ABJETZT/FIT, ABJETZT/YOGA, mitteilen, zum Beispiel • Hochladen des - Neuer Arbeitgeber • Gesundheitsservices - AktivBonus-Nachweisbogens - Meldung bei der Agentur z. B. BMI-Rechner, - Bildes für die elektronische für Arbeit Check-Up Hauttyp, Gesundheitskarte - Dienst bei der Bundeswehr - Bundesfreiwilligendienst • M edikamente im Test der - Studium Stiftung Warentest • direkte Beantragung von - Selbstständige Tätigkeit - Kinderkrankengeld/ • I nformationen zu Zusatz Corona-Kinderkrankengeld versicherungen - Mutterschaftsgeld • Dienststellensuche - AktivBonus junge Familien „Wir in Ihrer Nähe“ • Ärzte-Videochat • Herunterladen weiterer Anträge • Kontaktformular • E insicht in die elektronische Patientenquittung 18 I Kompass 9-10 2021
Bislang nutzen 152.629 Kunden den Online- „Meine GESUNDHEIT“ – die App zur ePA Kundenbereich. Zum 1. Januar 2021 hat die KNAPPSCHAFT die App „Meine GESUNDHEIT“ in Zusammenarbeit Entgegen der Erwartungen wird der Online- mit der IBM Deutschland GmbH auf den Markt Kundenbereich auch von älteren Versicherten gebracht. In dieser App haben Versicherte der genutzt. Rund ein Fünftel der registrierten Nutzer KNAPPSCHAFT die Möglichkeit, ihre Gesundheits- sind über 60 Jahre alt (vergleiche Abbildung 2). und Krankheitsdaten zu bündeln und sicher abzulegen. Die ePA ist somit ein geschützter Geplant ist, eine Service-App auf den Markt zu Speicher für medizinische Dokumentationen. bringen, die den Online-Kundenbereich und Der Vorteil ist, dass die Kunden auf ihre Daten weitere Services anbietet, wie zum Beispiel die immer und überall über ihr Smartphone zugreifen Suche nach einer Geschäftsstelle. Damit können können. die Kunden der KNAPPSCHAFT den Online-Kun- denbereich auch unterwegs von einem mobilen Endgerät nutzen. Abbildung 2: Anzahl der registrierten Nutzer der Online-Geschäftsstelle der KNAPPSCHAFT 9-10 2021 Kompass I 19
Fokus Knappschaft-Bahn-See Die Server, auf denen die Kundendaten gespei- Für die Jahre 2022 und 2023 sind weitere Funkti- chert werden, stehen in Europa, so dass die onen für die ePA gesetzlich vorgeschrieben, und höchsten Datenschutz- und IT-Sicherheitsvor zwar für das Jahr 2022 gaben eingehalten werden können. • Implementierung der Impfausweise, Mut- Folgende Informationen können in der ersten terpässe, Untersuchungshefte für Kinder, Version der ePA gespeichert werden: Zahnbonushefte • Befunde/Diagnosen • B ereitstellung über in Anspruch genommene Krankenkassenleistungen • Therapiemaßnahmen • S chaffung der Möglichkeit, für jedes einzelne • Behandlungsberichte Dokument Leseberechtigungen zu erteilen: Der Nutzer kann zielgerichteter entscheiden, • Impfungen welche Daten er welchen Ärzten oder Gesund- heitsdienstleistern zur Verfügung stellen will. • elektronische Medikationspläne • V ertreterregelung: Möglichkeit, die eigene • Arztbriefe. ePA durch dritte, persönliche Vertreter führen zu lassen. Das ist beispielsweise bei Pflege- Bis zur Anbindung aller Ärzte und Leistungser- bedürftigen von Vorteil, die die ePA selbst bringer an die TI können die Kunden ihre vorhan- nicht bedienen können. denen Dokumente selbst in der App hochladen. • A lle Daten aus der ePA werden bei einem Seit dem 1. Juli 2021 müssen die Ärzte die Wechsel der Krankenkasse übernommen. technischen Voraussetzungen schaffen, die ePA ihrer Patienten zu befüllen. Dazu erteilt der Und ab dem Jahr 2023 Kunde dem Arzt die Erlaubnis, auf die Daten zuzugreifen. Dieser kann dann aus seinem • Speicherung von Daten zur pflegerischen Praxisverwaltungssystem die medizinischen Versorgung der Kunden Behandlungsinformationen (Arztbriefe, Befunde, Laborwerte, Röntgenbilder etc.) in die ePA spei- • Anzeige von sonstigen von Gesundheits- chern. Der Versicherte allein entscheidet, wem er dienstleistern bereitgestellten Daten den Zugriff erteilt und für welchen Zeitraum. • Implementierung der elektronischen Arbeits- Neben diesen Daten der Ärzte können auch unfähigkeitsbescheinigungen eigene Daten des Kunden, wie zum Beispiel ein Tagebuch über Blutzuckermessungen, abgelegt • Möglichkeit, die in der ePA abgelegten Daten werden. im Rahmen einer Datenspende freiwillig der Forschung zur Verfügung zu stellen. 20 I Kompass 9-10 2021
Um allen datenschutzrechtlichen und IT-sicher- Bei dieser Variante der ePA hat der Kunde heitsrelevanten Vorgaben gerecht zu werden, allerdings keine Möglichkeit, die eingestellten müssen Kunden sich zum einen für die Nutzung Dokumentationen selbst einzusehen. Dies der App „Meine GESUNDHEIT“ registrieren und sich muss er schriftlich beantragen. Auch bei diesem dann für die Nutzung der ePA in der App authenti- Verfahren ist die Einwilligung des Kunden zur fizieren. Für beide Schritte ist jeweils die Einwilli- Datenschutzerklärung und den Allgemeinen gung vom Kunden zur Datenschutzerklärung und Geschäftsbedingungen zwingend erforderlich. den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwingend erforderlich. Ab dem Jahr 2022 müssen, nach derzeitigem Stand, die Krankenkassen die Möglichkeit der Bis zum 16. August 2021 wurde die App „Meine Einsichtnahme in die ePA über die elektronische GESUNDHEIT“ insgesamt 29.950 Mal heruntergela- Gesundheitskarte schaffen, zum Beispiel über den und 10.434 Kunden haben sich für die Nutzung den sogenannten Desktop-Client. der elektronischen Patientenakte registriert: Ausblick Downloads Stand 16. August 2021 Für die Umsetzung der Digitalisierungsvor- haben des Gesetzgebers in der Gesetzlichen Android 19.600 Krankenversicherung (GKV), ist ein Umdenken Apple 10.350 und gegebenenfalls eine Neuausrichtung der Summe der bestehenden Strukturen in der GKV erforderlich. 29.950 Etablierte Strukturen müssen für den Bereich der Downloads digitalen Produkte erweitert oder neu aufgebaut Durchgeführte werden. Leistungs- und Serviceangebote, die Aktivierungen 10.434 bereits analog zur Verfügung stehen, müssen für die ePA auch in Bezug auf digitale Möglichkeiten gedacht und umgesetzt werden. Die App „Meine GESUNDHEIT“ wird fortlaufend Vorteile der Digitalisierung für die weiterentwickelt. Krankenkassen sind nicht nur schnelle und einfache Abwicklung von Kundenanliegen, Die ePA ohne App sondern auch die Chance, intern Prozesse Um der gesetzlich vorgeschriebenen Barriere- schlanker, effizienter und kun-denzentrierter freiheit gerecht zu werden, können Versicherte (zum Beispiel durch maschinelle die ePA auch ohne App und Smartphone nutzen. Dunkelverarbeitung, ohne Zutun der Mitarbeiter) Dann erfolgt das Befüllen der ePA durch die Ärzte zu gestalten. Die dadurch geschaffenen Frei- beziehungsweise Leistungserbringer über die räume können dann zum Beispiel verstärkt für elektronische Gesundheitskarte. eine optimale und individuelle Betreuung und Beratung der Kunden eingesetzt werden. 9-10 2021 Kompass I 21
Fokus Knappschaft-Bahn-See Die jüngst auf den Weg gebrachten Gesetze zu die Möglichkeit, den Kunden als Partner noch den Digitalisierungsangeboten der Krankenkas- individueller in allen Belangen ihrer Gesundheit sen zeigen, dass sich diese immer mehr weg von beiseite zu stehen. starren Richtlinien, Regularien und Standards für alle Krankenkassen hin zu einer offeneren lediglich durch Vorgabe von Rahmenbedingungen und somit Schaffung von Daniela Glahn Freiräumen für die Krankenkassen wandeln. KBS/KNAPPSCHAFT Kranken- und Pflegeversicherung Dieses Umdenken des Gesetzgebers ermöglicht Abteilungsreferat Strategie und Innovation es den Krankenkassen, sich Wettbewerbsvorteile Team für Produktinnovation durch entsprechende digitale Zusatzangebote zu Knappschaftstr. 1 den gesetzlich verankerten Services zu verschaf- 44799 Bochum fen und sich von den Mitbewerbern abzugrenzen. Ebenso haben die Krankenkassen damit die Chan-ce, sich als Partner für ihre Kunden im Bereich der Versorgung zu etablieren. So kann aufgrund von Erweiterungen der gesetzlichen Mindestan-forderungen bei den digitalen Angeboten, wie zum Beispiel Services mit Quellen: Mehrwert in der ePA, den Kunden ein besseres bundesgesundheitsministerium.de und ganzheitliches Versorgungsangebot kbv.de unterbreitet und individuell auf die Bedürfnisse gematik.de der Kunden eingegangen werden. Somit können wikipedia.de zukünftig punktgenaue Angebote seitens der Krankenkassen – aus-gerichtet auf das Krankheitsbild der Kunden oder deren Präventionsverhalten – unterbreitet werden. Damit besteht für die Krankenkassen 22 I Kompass 9-10 2021
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