RSA - die Vorgeschichte - Realschule Achim
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RSA - die Vorgeschichte © Text von H.Hetz, Be 27.1.2001, 15.5.03. „In der Mittelschule geht es aufwärts..." Achim erhielt 1927 eine selbstständige Mittelschule zusammengestellt von Hans-Walter Hetz, Achim Februar 1927: Spannung herrscht in der „Gehobenen Abteilung" der Volksschule Achim. Hoher Besuch aus Stade hat sich angesagt. Ein Vertreter des Preußischen Kultusministeriums soll darüber entschieden, ob Achim eine selbstständige Mittelschule erhalten soll. Mehrtägige und ausdauernde Revisionen müssen Schülerinnen und Schüler sowie das sechsköpfige Lehrerkollegium über sich ergehen lassen. Am 1. April 1927 ist es dann soweit: Die „Gehobene Abteilung" der Volksschule Achim darf sich offiziell als „Mittelschule" bezeichnen, und damit besitzt Achim endlich eine weiterführende Schule. Wie es dazu gekommen war, soll an dieser Stelle erzählt werden. Seit alters her hat es im Kirchspiel Achim Schulen gegeben. Die Hauptschule lag in Achim, und zwar am Kirchplatz. In Oyten, Baden, Embsen, Bierden, Bassen und Sagehorn befanden sich sogenannte Nebenschulen. Am wirtschaftlichen Aufschwung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm auch Achim teil. Der Anschluss an das Eisenbahnnetz erfolgte, bremische Tabak- und Zigarrenbetriebe verlagerten ihre Produktion nach Achim, und als Folge siedelten sich in Achim immer mehr Menschen an: Industriearbeiter, Fabrikanten, Werkmeister, Kaufleute und Beamte. Wohlstand und Lebenshaltung steigerten sich und damit auch das Verlangen nach höherer Schulbildung. Mitte des Jahrhunderts versuchte ein Frl. Charlotte Hoos als erste, auf privater Ebene einen Unterricht anzubieten, der über das Ziel der Volksschule hinausging. Gegen diese Schulgründung erhob der damalige Hauptlehrer Claus Alpers 1850 Protest, weil ihm auf diese Weise zustehende Schulgelder entgingen. Ihm wurde Recht gegeben, und die betroffenen Eltern hatten neben dem privaten auch das öffentliche Schulgeld zu zahlen. Man hatte diese Entscheidung zunächst hingenommen, aber im Laufe der Zeit häuften sich Beschwerden über die finanzielle Doppelbelastung. 1864 wurde eine erneute Beschwerde mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Schule von Frl. Hoss nicht als eine höhere Schule anerkannt sei. Daraufhin müssen offensichtlich viele Eltern ihre Kinder abgemeldet haben, denn ein Visitatationsbericht aus dem Jahre 1868 sagt aus, dass Frl. Hoos in ihrer Privatschule lediglich Kinder bis zu sieben Jahren unterrichtete. 1860 war eine weitere Privatschule gegründet worden. Lehrer, Leiter und Besitzer war ein Herr Mädel. Er wurde 1835 in Bückeburg geboren und hatte dort eine höhere Schule besucht, aber keine Lehrerprüfung abgelegt. In der Mädelschen Schule, die in der Pavillonstraße lag,
wurden 30 Mädchen und Jungen im Alter von 8 bis 14 Jahren unterrichtet. Die Schule genoss bald nicht geringes Ansehen, lehrte sie doch Latein, Französisch und Englisch. Ein anderer Privatlehrer war ein Herr Steinworth, der in der Obernstraße 61a eine Schule unterhielt, die neben den Elementarfächern die üblichen drei Fremdsprachen in freier Wahl anbot. Auch hier erhielten die Kinder am Ende ihrer Schulzeit glänzende Zeugnisse. Nach dem Tod des Herrn Steinworth löste sich diese Schule auf. Die vierte Privatlehrerin war eine junge Witwe namens Frau von Behring. Sie unterrichtete die Kinder des damaligen Gerichtsvogtes Jahnke und einige ihrer Spielgefährten. Die Klasse bestand nur aus acht Mädchen. Um die höhere Schulbildung auf eine festere Grundlage zu stellen, hatte das königliche Konsistorium in Stade als Schulaufsichtsbehörde bereits 1858 und 1865 die Gründung einer Mittelschule in Achim angeregt, was aber seitens der Achimer wegen der zu erwartenden erheblichen finanziellen Belastung abgelehnt wurde. Anfang des Jahres 1872 gründeten 59 Personen aus Achim und Umgebung eine Akionärsvereinigung „Rectorschule in Achim" und zeichneten 122 Aktien zu 25 Talern. Davon wollte man ein Grundstück kaufen sowie den Schulbau und dessen Einrichtung bezahlen. Die laufenden Kosten für Lehrergehälter, Heizung, Reinigung usw. wollte man durch das Schulgeld decken. Am 18. Oktober 1872 wurde die Rectorschule im damaligen Haus Nr. 61 eingeweiht (heute Obernstr. 33). Vor dem Haus befand sich ein geräumiger Platz, beschattet von hohen Buchen, gut geeignet als Spiel- und Turnplatz. Achim besaß jetzt zum ersten Male eine höhere Schule! Wenn Kinder über Grundkenntnisse im Lesen, Schreiben und Rechnen verfügten, konnten sie mit acht Jahren in die unterste Klasse aufgenommen werden. Mit zehn wechselten sie in die Oberklasse, in der sie bis zum 14. Lebensjahr blieben. Anschließend besuchten die meisten Absolventen der Rectorschule das Domgymnasium in Verden. Die Mädelsche Privatschule ging in die Rectorschule über, und Herr Mädel wurde als Lehrer übernommen. Weil er aber zu sehr an Selbstständigkeit gewöhnt war, machte er bald wieder eine eigene Privatschule auf (Obernstraße 323) und bereitete hauptsächlich der Volkschule entwachsene Schüler auf den Postdienst vor (Assistentenlaufbahn). Die Rectorschule ließ sich zunächst recht gut an, denn fast alle Schüler der Privatschulen waren übergewechselt, immerhin 125 an der Zahl. Aus den unterschiedlichsten Gründen kam die Schule im Laufe der Jahre immer mehr in Verruf. Die Schülerzahlen nahmen folglich ständig ab, und damit gingen auch die Einnahmen zurück, so dass sich die Schule nur so gerade über Wasser halten konnte. Erneut drängten die Schulaufsichtsbehörden - die Regierung in Stade und das preußische Kultusministerium in Berlin (Achim war ja zwischenzeitlich preußisch geworden) darauf, dass die Gemeinde die Rectorschule als Mittelschule übernehmen solle (1890). Dies wurde abgelehnt, weil man angesichts des bevorstehenden Neubaus der Volksschule Bedenken wegen der Finanzierung hatte, und so musste die Rectorschule 1894 ihre Pforten
schließen. Die übrig gebliebenen Schülerinnen und Schüler gingen entweder nach Bremen oder traten in die Volksschule ein. Als nun das Ministerium einen entsprechenden jährlichen Zuschuss zusicherte, erklärte sich der Gemeindeausschuss Anfang 1895 bereit, im Rahmen der Volksschule eine Gehobene Abteilung mit Mittelschulunterricht zu genehmigen. Die bisherige Rectorschule sollte ganz einfach umgewandelt werden. Für die Regierung hatte die Gehobene Abteilung einen hohen Stellenwert. Sie bezeichnete, die beiden Klassen, die man einrichten konnte, stets als Mittelschule und forderte für die Lehrkräfte, die dort unterrichteten, die Mittelschullehrerprüfung. Der Unterricht umfasste neben einem erweiterten Angebot in Deutsch und Mathematik auch die Fächer Englisch, Latein und Französisch. 1900 plante man die Einrichtung einer weiteren Mittelschulklasse, um auf den Besuch der gymnasialen Tertia vorzubereiten und um Schülerinnen und Schülern, die nur die Mittelschule besuchten, einen Abschluss erteilen zu können. Weil sich nun zugesagte Zuschüsse verzögerten, geriet die Gehobene Abteilung zunehmend in Schwierigkeiten. Die Schülerzahlen sanken, und 1902 wurde die gehobene Abteilung nach nur siebenjährigem Bestehen aufgehoben. Mit dem Ende der Gehobenen Abteilung war aber nicht der Wunsch vieler Eltern begraben, ihren Kindern in Achim eine gehobene Schulbildung zukommen zu lassen. 1911 schlossen sich erneut interessierte Eltern zusammen und riefen einen Verein „Höhere Privatschule" ins Leben. Mit drei Klassen und drei Lehrerinnen begann bereits im gleichen Jahr der Unterricht in dem Hause, das ehemals die Rectorschule beherbergt hatte (Obernstr. 33). Leiter dieser Schule wurde der 2. Ortsgeistliche, ein Pastor Sievers. Ziel dieser Schule war es, die Kinder für den Besuch anderer höherer Schulen vorzubereiten. Französisch war die obligatorische Fremdsprache. Lateinunterricht wurde gegen ein zusätzliches Entgelt erteilt. Erst 1914 wurde Englisch als zweite Fremdsprache eingeführt. Die Lehrmittel wurden teils aus Anleihen, teils aus Stiftungen beschafft. Insgesamt verfügte die Schule über verhältnismäßig gute Lehrmittel. Das Schulgeld wurde nach den Schuljahren gestaffelt: 50, 70, 90, 100, 110, 120, 130, 140 Mark (zum Vergleich: 1913 kostete ein Kilo Roggenbrot 26 Pfennig). Auch wurden einige Freistellen eingerichtet, die aber nicht verhinderten, dass von manchen Schichten die Schule „Standesschule", „Schürzenschule" oder „Zwiebackschule" genannt wurde. Da die Schule aber unter der Begünstigung des damaligen Landrates Roedenbeck stand, erfreute sie sich eines verhältnismäßig guten Besuches, so dass zu Ostern 1913 die Einrichtung einer vierten Lehrerstelle erforderlich wurde. Die Lehrkräfte der Privatschule waren nicht pensionsberechtigt, aber sie wurden vom Schulverein in die Reichsversicherung eingekauft. Weil die „Höhere Privatschule" keinen anerkannten Abschluss verleihen konnte, trat man 1913 erneut an die Gemeinde heran mit der Bitte, die Schule zu übernehmen und sie zu einer öffentlichen Mittelschule umzuwandeln. Der Kriegsausbruch 1914 und vor allem wieder finanzielle Bedenken ließen dieses Vorhaben scheitern. Aufgrund eines Beschlusses vom 26.Juni 1918 kaufte der
Privatschulverein das Gebäude Paulsbergstraße 288, das Carlsche Grundstück, vormals im Besitz des Zigarrenfabrikanten Rögener. 1920 schlug ein erneuter Vorstoß auf übernahme der Schule durch die Gemeinde abermals fehl. In der Inflationszeit nach dem 1. Weltkrieg siechte die Höhere Privatschule mehr oder weniger dahin. Man kam nicht heraus aus dem Kreislauf Teuerung - Gehaltserhöhung - Schulgelderhöhung. Viele Eltern waren nicht in der Lage, die ständig steigenden Schulgelder zu bezahlen. Der Besuch ging deshalb zurück, und 1922 hatte die Privatschule nur noch 80 Schülerinnen und Schüler. Als man Ostern 1922 endlich in das eigene Gebäude (Paulsbergstraße 288) übersiedelte, konnte man die Kinder ohne Schwierigkeiten in den oberen Räumen unterbringen. Das Untergeschoss war gedacht als Wohnung für den Schulleiter. Im September 1922 erkrankte der Leiter der Privatschule, Rektor i.R. Wichers aus Hemelingen, und starb. Damit schien das endgültige Aus für eine höhere Schule in Achim bevorzustehen, denn es misslang der Versuch, jemanden zu finden, der die Privatschule auf eigene Rechnung weiterführte. Schließlich jedoch konnte man Friedrich Göhrs, der 1922 Rektor der Achimer Volksschule geworden war, dafür gewinnen, nebenamtlich die Privatschule zu übernehmen. Mit dem Namen Friedrich Göhrs war nun die Geschichte der Mittelschule Achim aufs Engste verbunden. Göhrs war klar, dass die Höhere Privatschule wegen fehlender Geldmittel zu Ostern 1923 würde schließen müssen. Nachhaltigst setzte er sich in der Folgezeit dafür ein, die Volksschule Achim durch eine Gehobene Abteilung auszubauen und diese dann zu einer Mittelschule umzuwandeln. Er stellte klar, dass ohne die Gehobene Abteilung Achimer Kinder keine Möglichkeit hätten, eine höhere Schulbildung zu erhalten, außer sie fahren nach Bremen oder Verden. Das würde jedoch wegen des hohen Schulgeldes und der ständig steigenden Fahrkosten mit großen Opfern verbunden und daher nur sehr wenigen möglich sein. Außerdem bedeute das tägliche Fahren nach Bremen für die Kinder eine Schädigung ihrer Gesundheit und eine sittliche Gefährdung. Ferner seien die Bremer Schulen so überfüllt, dass eine Aufnahme Achimer Kinder nahezu aussichtslos sei. Weiter wurde schon damals argumentiert, dass man das Schulwesen verbessern müsse, wenn man in der Zukunft erfolgreich bestehen wolle, zumal in den Familien das Lesen der Zeitungen und Bücher zurückgehe. Schulbildung sei das Einzige, was man den Kindern mitgeben könne. Sie könne es ermöglichen, das wir „allen Gewalten zum Trotz uns erhalten, nimmer uns beugen, kräftig uns zeigen". Diese Argumentationen machten sich auch die Elternschaft und der Kreisausschuss des Kreises Achim zu eigen. Unter Federführung des Landrates Dr. Wiedenfeld wurde Ende 1922 an den Kreistag der Antrag gestellt, er solle 25 Prozent der Mehrkosten übernehmen, wenn der Gesamtschulverband Achim-Borstel seine Volksschule durch eine Gehobene Abteilung erweitert. Im März genehmigten der Gemeinderat und die Regierung in Stade die Einrichtung einer Gehobenen Abteilung zu Ostern 1923. Nachdem Göhrs bereits im Januar 1923 die Grundschüler der Privatschule in die Volksschule überführt hatte, folgten Ostern die oberen Klassen, und mit begabten Volkschülerinnern und -schülern entstanden zunächst zwei
Klassen. Untergebracht waren die 88 Schülerinnen und Schüler dieser Gehobenen Abteilung in den Räumen der Volksschule (Schule am Markt), weil dort die Schülerzahlen kriegsbedingt zurückgegangen waren. Weil es für den Umzug seitens der Gemeinde kaum Unterstützung gab, mussten die Lehrer und die Schülerinnen und Schüler Schränke, Bänke und Lehrmittel auf dem Rücken und auf leichten Handwagen fortschaffen. Für die Grundschüler, die ab Ostern 1923 die Gehobene Abteilung besuchen wollten, wurde am 27. März von morgens 8 Uhr ab eine Eignungsprüfung (Deutsch und Rechnen) durchgeführt. Auswärtige hatten zur Anmeldung die Schulzeugnisse, die letzten Schulhefte und ein Gutachten des Lehrers mitzubringen. Die Finanzierung der Schule war im Wesentlichen gesichert. Jeweils 25 % übernahmen die preußische Regierung und der Landkreis. 20 % sollte die Gemeinde Achim beisteuern, 30% wollte man durch Schulgeld aufbringen. Für die Volksschulen, das sei an dieser Stelle erwähnt, hatte Preußen das Schulgeld 1888 abgeschafft, an weiterführenden Schulen war Schulgeld allgemein üblich. Im März 1923 beschloss der Schulvorstand des Gesamtschulverbandes Achim - Borstel ein nach Einkommen gestaffeltes Schulgeld. Achimer Eltern sollten bei einem Monatseinkommen von 75.000 Mark für ein Kind 1.000 Mark monatlich zahlen. Ab einem Einkommen von 320.000 Mark waren 20.000 Mark zu entrichten. Von Auswärtigen wurde ein um 50 Prozent erhöhtes Schulgeld verlangt. Zum Vergleich sei erwähnt: Ein Kilo Brot kostete in diesem Monat 463 Mark. Nach dem Ende der Inflation setzte der Schulvorstand am 15.1.1924 das Schulgeld für einheimische Kinder auf jährlich 60 Goldmark fest (eine Goldmark = 10/42 US-Dollar). Da man rückwirkend kein Schulgeld erheben wollte, erhielt die Gehobene Abteilung in ihrem ersten Jahr offiziell kein Schulgeld. Manchen Eltern war das unangenehm, und so erhielt die Schule kostenlos Holz und Torf oder Geldspenden, wovon die beiden ersten Nähmaschinen angeschafft wurden. Von der Volksschule unterschied sich die Gehobene Abteilung durch den Fremdsprachenunterricht und den erweiterten Lehrstoff in Deutsch und Mathematik. In diesen Fächern wurde der Unterricht von Mittelschullehrern erteilt. Die übrigen Fächer wurden zum Teil von Volksschullehrern unterrichtet, und teilweise nahmen auch Volksschüler am Unterricht teil. Zwar wurde nach dem Lehrplan für preußische Mittelschulen unterrichtet, und es wurde genauso viel erreicht wie an den Bremer Realschulen und Lyzeen, aber immer noch konnte die Gehobene Abteilung keine Abschlüsse erteilen. Um den übergang auf eine weiterführende Schule in Bremen zu ermöglichen, boten die Bremer Direktoren Professor Dietz und Professor Kippenberg (1924) beispielsweise an, in Achim entsprechende Prüfungen abzunehmen. Die Eltern drängten jedoch auf eine Umwandlung in eine eigenständige Mittelschule. Ostern 1927 sollten die ersten Schülerinnen und Schüler das Abschlusszeugnis der Mittelschule erhalten. Konnte dieses Versprechen nicht eingelöst werden, dann war die Gehobene Abteilung in ihrem Bestand gefährdet. Deshalb musste sie spätestens Ostern 1926 in eine Mittelschule i.E. (in Erwartung) umgewandelt werden, und die dazu
notwendigen Beschlüsse musste man noch im Jahre 1925 fassen. über die Eigenständigkeit und über die Raumfrage war der Gemeinderat sehr geteilter Meinung. Vor allem musste war die linke Fraktion von der Notwendigkeit einer eigenständigen Mittelschule überzeugt werden. In zahlreichen Versammlungen wurde das Für und Wider diskutiert. So hatte die Linke zu einem Elternabend eingeladen und als Redner den Parteigenossen Mittelschullehrer Baumgarten aus Verden gewonnen. Der erklärte in einem vielbeachteten Vortrag, dass er als Mitglied des preußischen Lehrervereins und als Mitglied der sozialistischen Partei die Mittelschule als „Standesschule" ablehne. Als Vater jedoch müsse er sie fordern, da die Gehobene Abteilung keine Abschlüsse erteilen könne. Die Linke war schließlich unter gewissen Bedingungen für eine Mittelschule. Die Entwicklung zu einer „Standesschule" musste ausgeschlossen werden. Zwischen Volkschule und Mittelschule sollte es eine enge Verbindung geben, und das Schulgeld sollte nach Einkommen und Kinderzahl gestaffelt sein. Förderlich für die Entscheidung der Achimer Linken war vielleicht auch, dass es Göhrs gelungen war, die Parteileitung in Hemelingen von seinen Plänen zu überzeugen (Hemelingen gehörte damals zum Altkreis Achim). Sicherlich war auch die Entwicklung in Blumenthal hilfreich. Dort hatte die sozialistische Mehrheit von ihrem Parteifreund Geheimrat Menzel, Führer des Preußischen Lehrervereins und Mitglied des Kultusministeriums, den Rat bekommen, beim Ausbau des Blumenthaler Schulwesens gleich auf eine Mittelschule hinzuarbeiten. Ungelöst war weiterhin die Raumfrage. Durch neue Bestimmungen hatten Mittelschulen sechstklassig zu sein. Folglich konnte die Mittelschule nicht mehr in der Volksschule untergebracht werden, weil nicht genügend Raum vorhanden war. Die Platzfrage erschwerte zusätzlich die Entscheidung darüber, ob die Gehobene Abteilung überhaupt in eine Mittelschule umgewandelt werden sollte. Bei den bürgerlichen Parteien spielten die Kosten und auch die Frage nach dem Leiter der neuen Mittelschule eine große Rolle. Als Leiter kam eigentlich nur der Rektor der Volksschule in Frage, Friedrich Göhrs, der sich nachhaltigst für die Mittelschule eingesetzt hatte und von dem alle entscheidenden Impulse ausgegangen waren. Weil dieser aber sehr häufig in der Mittelschulfrage mit den Sozialisten zu tun hatte, war er den Bürgerlichen suspekt, und einige hielten ihn gar für einen verkappten Sozialisten. Zwar wurde Göhrs mit 10 Stimmen zum neuen Rektor gewählt. Aber drei Mitglieder des Gemeindeausschusses stimmten gegen ihn, und drei enthielten sich der Stimme, ein untrügliches Zeichen dafür, dass Göhrs nicht unumstritten gewesen sein muss. Der 10.11.1925 war ein wichtiger Tag. Nicht nur Martin Luther und Friedrich Schiller hatten Geburtstag, sondern auch die Frau von Rektor Göhrs. Zugleich fand am Abend dieses Tages die entscheidende Abstimmung im Gemeindeausschuss statt. Zur Unterbringung der neuen Mittelschule gab es mehrere Denkmodelle. So hatte z.B. der neue Gemeindedirektor Brinkmann den Plan, die alte Schule bei der Kirche in ein neues Rathaus umzuwandeln. Teile des Gemeindeausschusses wollten diesen Plan verhindern und erklärten in privaten Gesprächen, ihre Zustimmung zur Umwandlung der Gehobenen Abteilung zur Mittelschule nur zu geben, wenn sie in der alten Schule untergebracht
wird und dort kein neues Rathaus gebaut wird. Allerdings erwies sich dieser Plan als undurchführbar, weil das Gebäude für eine moderne Schule nicht geeignet war und zudem eine enge Verbindung mit der Volksschule nicht gewährleistet schien. Letzteres war ja eine Hauptforderung der Linken für ihre Zustimmung zur Mittelschule. Schließlich wurde auch überlegt, ob man die Mittelschule nicht im Privatschulgebäude unterbringen könnte. Man holte aus Stade als Experten einen Regierungsbaumeister namens Umland. Er besichtigte die Privatschule und kam in seiner Expertise zu dem Schluss, dass die Privatschule als Mittelschule nicht zu gebrauchen sei. Abends um 11 Uhr wurde die Sitzung beendet, und der Gemeinderat hatte sich darauf geeinigt, dass es ab Ostern 1926 eine selbstständige Mittelschule geben und dass sie in einem noch zu bauenden weiteren Stockwerk der Marktschule untergebracht werden sollte. Die Gehobene Abteilung der Volksschule Achim wurde Ostern 1926 als Mittelschule i.E. (in Erwartung) anerkannt. Für die endgültige Anerkennung als Mittelschule durch das preußische Kultusministerium waren noch einige Vorbedingungen zu erfüllen. Zum einen musste das Kollegium dem Stellenplan für eine sechsklassige Mittelschule entsprechen. Es fehlten zwei Mittelschullehrer, darunter ein Naturwissenschaftler. Als im Verlaufe des Jahres 1926 die Herren Bantje und Geffert an die Schule kamen, war diese Bedingung erfüllt. Weiter musste die Schule mit den entsprechenden Lehrmitteln ausgestattet sein. Die Regierung erklärte sich bereit, einen ebenso hohen Betrag zu geben, wie man vor Ort aufbringen konnte. Daraufhin bewilligten der Vorstand des Schulverbandes Achim - Borstel und der Kreis je 1.500 Mark. 600 Mark wurden aus dem laufenden Schuletat genommen, so dass schließlich 7.200 Mark zur Verfügung standen, eine respektable Summe, wenn man bedenkt, dass ein Facharbeiter höchstens eine Mark in der Stunde verdiente. Innerhalb von vierzehn Tagen war das Geld ausgegeben. Bei der Auswahl der naturwissenschaftlichen Geräte stand dem Kollegium ein Studienrat Knoke von der Oberrealschule Bremen beratend zur Seite. Die dritte Bedingung für eine Anerkennung als selbstständige Mittelschule war der Nachweis, dass man mit dem Unterricht den Zielen der Mittelschule entsprach. Die Anerkennungsrevision sollte Oberregierungsrat Herter von der Stader Regierung vornehmen. Um bei der eigentlichen Revision keine bösen Überraschungen zu erleben, erklärte sich Oberregierungsrat Herter bereit, eine Art Vorrevision durchzuführen. Sie fand im November 1926 statt, dauerte drei Tage und verlief im Allgemeinen gut. Die eigentliche Anerkennungsrevision erfolgte im Februar 1927. In einer Chorstunde zum Schluss der Überprüfung war auch Landrat Dr. Wiedenfeld zugegen. „Der Chor sang gut, und der Musiklehrer Herr Petersen ebenfalls." Ob das die hohen Herren letztendlich überzeugt hatte? Jedenfalls fand man lobende Worte der Anerkennung. Am 24. März 1927 wurde die Gehobene Abteilung vom preußischen Kultusministerium als vollausgebaute Mittelschule anerkannt, und sie durfte sich ab dem 1.4.1927 als Mittelschule bezeichnen. Die
Schülerinnen und Schüler, die Eltern und das Lehrerkollegium (Rektor Göhrs, Fräulein Plate, die Herren Bantje, Seidensticker, Geffert und Petersen) hatten es endlich geschafft! Die Freude war allseits sehr groß, was auch in einem Elternabend am 4. April 1927 zum Ausdruck kam. „Kaum konnte die Turnhalle die zahlreich Erschienenen alle aufnehmen. Mit dem Liede 'Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre' wurde die schöne Feier eingeleitet. Dann ergriff Rektor Göhrs das Wort... Ganz besonders gedachte er des Privat-Schulvereins, der bereitwilligst sein gesamtes Eigentum zur Verfügung stellte. Hell und frisch ließ darauf der Schülerchor seine Lieder erklingen. In treffender Weise umrahmte er das Programm. Herr Gemeindevorsteher Brinkmann sprach im Namen der Gemeinde seine Freude über den schnellen Erfolg aus und unterstrich den großen Wert der Mittelschule für unseren Ort. Zwei Schülerinnen zeigten nun in besonders gut gelungenen Gesangsduetten ihr gesteigertes Können. Entzückende Volkstänze brachten eine neue Abwechslung. Gern hätten die Zuschauer den gut einstudierten Werbetanz noch einmal gesehen. Zwei vierhändig vorgetragene Klavierstücke sprachen sehr an. Ein Lautenchor zeigte, dass auch die Instrumentalmusik in rechter Weise in der Mittelschule gepflegt wird. Reicher Beifall lohnte die munteren Sängerinnen. Der Höhepunkt des Abends war eine Anzahl lebender Bilder, die von den scheidenden Schülern und Schülerinnen der 1. Klasse (Anmerkung: d.h. der Abschlussklasse) gestellt bei magischer Beleuchtung auf das Auge des Schauenden von großer Wirkung waren. Eine Pantomime sorgte dafür, daß auch der Humor bei den Darbietungen nicht fehlte. Das Chorlied 'Ziehe hin' beschloss die gelungene Feier. Eine schöne Veranstaltung war es; in der Mittelschule geht es aufwärts, davon waren alle Erschienenen überzeugt. Nicht nur auf dem Gebiete des eigentlichen Unterrichtes, sondern auch in der Herzens- und Gemütsbildung sind schöne Erfolge erzielt." 1928 begann in der Marktschule der Ausbau des Dachgeschosses. Für die Mittelschule wurden zwei Klassenräume neu geschaffen. Aus dem Schulsaal wurden ein Physikraum und ein weiterer Klassenraum gebaut. Später kamen aus dem Dachgeschoss noch zwei weitere Klassenräume, ein Zeichensaal, ein Rektor- und ein Lehrerzimmer dazu. 1930 erhielt das gesamte Gebäude anstelle der in den einzelnen Räumen vorhandenen Ofenheizung eine Zentralheizung. Damit waren die Einrichtung und der vorläufige Ausbau der Mittelschule zu einem guten Abschluss gekommen. Quellen: Chronik der Realschule Achim Festschrift der Mittelschule Achim zur Einweihung des neuen Schulgebäudes. 1926 - 1961. Eigendruck der Realschule Achim 50 Jahre Realschule Achim. Eigendruck der Realschule Achim Horst Korte: Schulen in Achim und Umgebung. In: Heimatkalender für den Landkreis Verden 1980, S. 133 -148
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