Rückenschmerzen entstehen im Kopf ! ?
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Rückenschmerzen entstehen im Kopf ! ? 1. Mythen und Fakten 2. Forschungsstand – Evidenz statt Eminenz 3. Handlungsempfehlungen 4. Ergebnisse eines Behandlungsprogramms 5. Diskussion Oliver Dienemann, Dipl.-Sportwissenschaftler, Physiotherapeut Ther. Ltr. TTZ der Fachklinik Bad Bentheim
Vorbemerkungen Wissenschaftliche Arbeitsschwerpunkte • 1998 Neugestaltung der MTT der Fachklinik Bad Bentheim • 1999 Gründung eines interdisziplinären Behandlungsteams • Teilnahme an Kongressen und Workshops der Universität Göttingen • seit 2000 Erstellung und Umsetzung eines multimodalen Behandlungskonzeptes auf Reha-Ebene zum Rückenschmerz • 2001 - 2003 Studie mit wiss. Begleitung durch die Universität Bielefeld • 2004 Kooperationspartner der Arbeitsgruppe ICF-Core-Set-Entwicklung der Universität München • 2006 Vorstellung der Studienergebnisse zum Rehakolloquium Bayreuth • 2007 Veröffentlichung im Rahmen einer Tagung der Charite Berlin • 2007 – 2010 Vorträge im Rahmen der WB zum Rehabilitationsmediziner • seit 2009 Schwerpunkt MBOR 01/08/11 Oliver Dienemann
Mythen „Eine göttliche Aufgabe ist es Schmerz zu lindern“ Galenos von Pergamon (129 bis 199 nach Christus), zeitweise Leibarzt des römischen Kaisers Marc Aurel und Wegbereiter der arabischen und byzantinischen Medizin 01/08/11 Oliver Dienemann
Fakten Krankheitskosten des Problems Rückenschmerz in Deutschland Kostenstruktur des Schmerzes Direkte Kosten Indirekte Kosten Intangible Kosten • • Arbeitsausfall (Lebensqualität) • Diagnostik, Therapie • Krankenhaustagegeld • Somatische Faktoren • Operationen, Reha • Lohnfortzahlung • Mentale Faktoren • Pflegekosten usw. • Berentung/Berufsunfähigkeit • Psychische Faktoren • Wohnungsumbau/Transportkosten • Soziale Faktoren • Todesfall/Sterbegeld 8,404 Milliarden € ca. 13 Milliarden € ??? Quelle: Krankheitskostenberechnung Quelle: Gesundheitsbericht für Dtl. 1998 des statistischen Bundesamtes für 2002
Raspe H, Aktuelles zu Rückenschmerzen in Deutschland, Vortrag Gütersloh 2005 01/08/11 Oliver Dienemann
Rückenschmerzbefragung Rotary Club Bentheim 01.08.2011 N Brutto Alter Frauen RS RS RS heute Im letzten jemals Jahr 22 ca. 40-85 0% 41% 68% 86% 01/08/11 Oliver Dienemann
Mythen 01/08/11 Oliver Dienemann Raspe H, Aktuelles zu Rückenschmerzen in Deutschland, Vortrag Gütersloh 2005
Fakten Raspe H, Aktuelles zu Rückenschmerzen in Deutschland, Vortrag Gütersloh 2005 01/08/11 Oliver Dienemann
Mythen „Jede Rückenschmerzattacke verlangt bildgebende Verfahren“ 01/08/11 Oliver Dienemann
Fakten Bildgebende Verfahren bei Schmerzen im unteren Rückenabschnitt ohne klinische Vorteile - R Chou and others. Imaging strategies for low-back pain: systematic review and meta-analysis. Lancet 2009; 373: 463 In einem begleitenden Kommentar diskutieren Professor Michael M. Kochen von der Abteilung Allgemeinmedizin der Georg-August- Universität Göttingen und Kollegen, inwieweit bestimmte Faktoren die Ärzte daran hindern könnten, ihre gängige Praxis zu ändern, um bildgebende Verfahren vermeiden zu können. Darunter fallen "Erwartungen der Patienten bezüglich der Diagnostik, finanzielle Anreize setzende Kostenerstattungsstrukturen oder die Angst, wichtige Symptomatik zu übersehen." Die Autoren folgern: "Ein viel versprechender Ansatz scheint mittlerweile darin zu bestehen, Patienten innner- und außerhalb allgemeinärztlicher Praxen aufzuklären." 01/08/11 Oliver Dienemann
Fakten Häufigkeit von Diagnosen zum Thema Rückenerkrankungen ICD 10-M 40 – M 54 In der allgemeinmed. Praxis In der orthopädischen Praxis 26,3 % 84,1 % Quelle: Gesundheitsberichterstattung des Bundes 2003 „Ein nachhaltiger Abbau von Über- und Fehlversorgung sowie eine angemessene neue Ausbalancierung von Prävention , Kuration und Rehabilitation in der Versorgung chronisch Kranker erfordert jedoch eine längerfristige Umsteuerung des Gesundheitssystems... Sie verlangt eine grundlegende Änderung von Strukturen, Anreizen, Wissen und Werten.“ Handlungsempfehlung (A) des Sachverständigenrates, 2001 01/08/11 Oliver Dienemann
Fakten Beurteilung von Aspekten des Gesundheitszustandes bei muskuloskeletalen Erkrankungen Patient Arzt re-habilitare ..Kururlaub.. „wieder fähig machen“ Geringe Übereinstimmung zwischen Arzt- und Patientenurteil !!! Farin et al. 2007 01/08/11 Oliver Dienemann
Forschungsstand Rückenschmerz 15 % 85 % Spezifischer Nichtspezifischer Rückenschmerz Rückenschmerz 80 % 20 % Fachspezifische Tendenz zur Selbstheilung Behandlungsbedürftig Behandlung der innerhalb von 2 Monaten, speziellen Ursache Unterstützung durch Analgetika oder/und Physio/Chirotherapie Spezielle Therapieformen Unterstützung der Fortdauernde und Behandlungsprogramme Selbstheilung durch Behandlung ? im Rahmen einer Rehabilitation Aufforderung zum nein Erhalt der Aktivität ja Gefahr der Chronifizierung Leitlinienbetrachtung der Arzneimittel- des Schmerzes kommission der dt. Ärzteschaft 2004
Forschungsstand Flaggenmodell nach Kendall, Burton, Main und Waddell Red Flags Yellow Flags • Frakturen • Kognitionen • Tumoren oder Infektionen • Emotionen • Cauda-Equina-Syndrom • Verhalten • rheumatol. Erkrankungen • Familie • neurolog. Erkrankungen • Arbeitsplatz • Diagnostik und Behandlung Blue Flags Black Flags • Art der Tätigkeit • allgemeine Systembedingungen • Arbeitsplatzathmosphäre Lohnfortzahlung, Berentung usw. • Firmenpolitik 01/08/11 Oliver Dienemann
Forschungsstand Zielorientierung: Funktionsverbesserung statt Schmerzreduktion Messgröße für Funktionsverbesserung = Funktionskapazität Die Funktionskapazität muss als Verbindung zwischen der objektiv körperlichen Beeinträchtigung bzw. der objektiven körperlichen Leistungsfähigkeit einerseits und dem subjektiven Erleben andererseits betrachtet werden (Hildebrandt et al. 2006). Es besteht dringender Bedarf für die Entwicklung einer standardisierten, handhabbaren und umfassenden Untersuchungsmethode zur Erfassung der Verhaltens-/ Funktionskapazität (Pfingsten et al. 2006). 01/08/11 Oliver Dienemann
Forschungsstand Zusammenhänge zwischen Struktur, Funktion und Verhalten Inaktivität bedingt Kraft- und Funktionsverlust der Muskulatur Massen- und Kraftverlust nach 3 Tagen ca. 30 % (Max et al. 1971) Fasertyp I - Haltemuskulatur stärker betroffen (Appell,1990) Funktionskette ohne segmentale Stabilität insuffizient (Richardson et al. 1999) Begrenzte strukturelle und funktionelle Adaptionsmechanismen ADL kann zu Systemüberforderung führen Aktivität – Schmerz - Verunsicherung Angst - Vermeidungsverhalten Verlust internaler Kontrollüberzeugung 01/08/11 Oliver Dienemann
Forschungsstand Dimensionen von Kontrollüberzeugungen (Krampen, 1981) Internalität • die subjektiv bei der eigenenPerson wahrgenommene Kontrolle über das eigene Leben und über Ereignisse und Verstärker in der personenspezifischen Umwelt Externalität • die durch ein subjektives Gefühl der Machtlosigkeit bedingt ist, durch ein Gefühl der sozialen Abhängigkeit von anderen (mächtigen) Personen Fatalismus • also durch die generalisierte Erwartungshaltung, dass die Welt unstrukturiert und ungeordnet ist, dass das Leben und Ereignisse in ihm von Schicksal, Glück und Zufall abhängen 01/08/11 Oliver Dienemann
01/08/11 Aus: Pfingsten, M.:Gesundheitspfad Rücken
01/08/11 Oliver Dienemann Aus: Pfeifer,K.:Gesundheitspfad Rücken
01/08/11 Aus: Pfeifer,K.:Gesundheitspfad Rücken
01/08/11 Aus: Pfeifer,K.:Gesundheitspfad Rücken
Methodik Zielgruppe des Behandlungsprogramms Indikationen Kontraindikation • Somatoforme • Tumorleiden Schmerzsymptomatik • Eigenständige neurologische • Unspezifische, chronische RS Erkrankung • Postnucleotomie-Syndrom • Rheumat. Erkrankung (> 4 Mon.) • Unzureichende körperliche Belastung aus anderen Gründen • Laufendes Sozialgerichtsverfahren Definition: Chronischer Schmerz > 12 Wochen 01/08/11 Oliver Dienemann
Methodik Einzelbausteine des Behandlungskonzept Arzt Psychologe Sozialarbeiter Patient Physio- und Sporttherapeut Ergotherapeut 01/08/11 Oliver Dienemann
Methodik Typischer Wochenstundenplan 2.Woche MO DI MI DO FR 08:00-08:45 Koordination Koordination Koordination Koordination Koordination 09:00-09:45 WALKING Rückentraining WALKING Rückentraining Work- und - schulung und - schulung Hardening 10:00-11:00 Rückentraining Work- Rückentraining Work- Schulung Stress und - schulung Hardening und - schulung Hardening und 11:00-12-00 Work- Schwimmen Work- Schwimmen Krankheitsbe- Hardening Hardening wältigung 12:00-13:00 gemeinsames gemeinsames gemeinsames gemeinsames gemeinsames Mittagessen Mittagessen Mittagessen Mittagessen Mittagessen 13:00-14-00 Ergometer- Ergometer- Schulung Stress Ergometer- Ergometer- training training und training training 14:00-15:00 Arbeitsergo- Arbeitsergo- Krankheitsbe- Arbeitsergo- Rückentraining nomietraining nomietraining wältigung nomietraining und - schulung und -schulung und -schulung und -schulung 15:00-16:00 Arztvisite Arztvisite Arbeitsergo- Schulung Schwimmen Schwimmen Sauna nomietraining berufliche und -schulung Reintegration 01/08/11 Oliver Dienemann
Methodik Trainingsaufbau nach Work Hardening-Prinzipien (Oliveri, 2005) Spezifische Fitness Arbeitssimulationstraining Trainingsübungen •Walking •Mattenprogramm •Parcourstraining •Ergometertraining •Kletterwand •Arbeitsplatztraining •Schwimmen •Kleine Spiele •Sequenztraining Therapeut = Coach 01/08/11 Oliver Dienemann
Ergebnisse Allgemeine Studiendaten • Kursprogramm für anhaltend schwere und amplifizierte RS • Teilhabestörung über Arbeitsunfähigkeit identifiziert • Studienzeitraum März 2001 – März 2002 • geschloss. 4-wöchiges Kleingruppenprogramm • 78 Teilnehmer • 51 Männer, 27 Frauen • Durchschnittsalter 43,9 Jahre A rb e its u n fä h ig k e its sta tu s v o r b z w . n a c h R e h a b ilita tio n A u fn a h m e s ta tu s E n tla s s u n g ss ta tu s (P a tie n te n a n g a b e ) K e in e A U AU > 3 AU > 6 im le tz te n a rb e itsfä h ig a rb e its u n fä h ig m it A u fla g e d e r M on. W o. Ja h r in n e rb e tr. s tu fe n w . F o rts . d e r U m sc h u lu n g 46 24 8 62 U m s e tzu n W ie d e re in B e h a n d lg . (5 9 % ) (3 1 % ) (1 0 % ) (7 9 % ) 1 6 7 1 01/08/11 Oliver Dienemann
Ergebnisse Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage (AU-Tage) ICD- 10- M40 – M54 jeweils 2 Jahre Prä –Post-Reha Krankenkasse AU Prä AU Post IKK Anzahl AU-Tage 774 575 (N=13) AOK Anzahl AU-Tage 2793 1205 (N=22) BEK Anzahl AU-Tage 721 515 (N=4) DAK Anzahl AU-Tage 202 123 (N=6) BKK Anzahl AU-Tage 507 303 (N=4) TKK Anzahl AU-Tage 142 0 (N=2) Gesamt Anzahl AU-Tage 5139 2721 (N=51) 01/08/11 Oliver Dienemann
„Ich brauche die Statistik. Sie weiß, was ich sage.“
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit www.fk-bentheim.de 01/08/11 Oliver Dienemann
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