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Ärztin im Gespräch: Ist es ein Schlaganfall? Symptome erkennen und richtig handeln Dr. med. Sabine Richter Fachärztin für Neurologie und Geriatrie Leiterin Schlaganfallstation KH Öhringen Chefärztin Geriatrie KH Öhringen
Fragen zum Thema Schlaganfall: • Meinem Gegenüber oder mir geht es schlecht. Könnte es ein Schlaganfall sein oder eher nicht? • Was kann ich tun, wenn ich zu dem Schluss komme, es könnte ein Schlaganfall sein? • Wie sehen die ersten Behandlungsschritte aus? • Was genau passiert auf einer Schlaganfallstation? • Was sind die Besonderheiten der Öhringer Schlaganfallstation? Seite 2 Ihre E-Mail-Adresse
• Was passiert nach der Behandlung auf der Schlaganfallstation bzw. was sind die weiteren Behandlungsschritte? • Was genau ist ein Schlaganfall, welche verschiedene Arten von Schlaganfall gibt es und was sind die Ursachen? • Gibt es Warnzeichen oder Vorboten für einen Schlaganfall? • Im Krankenhaus hat sich gezeigt, dass doch kein Schlaganfall vorliegt, was kann es dann gewesen sein? • Was kann man vorbeugend tun? Seite 3 Ihre E-Mail-Adresse
Meinem Gegenüber oder mir geht es schlecht. Könnte es ein Schlaganfall sein? oder eher nicht? Beschwerden (Fachwort: Symptome) beim Schlaganfall beginnen immer plötzlich oder in anderen Worten von einer Sekunde auf die andere. So wie es das Wort „Schlaganfall“ impliziert: die Symptome beginnen „schlagartig“. Eine langsame Entwicklung über Tage, Wochen oder Monate findet in der Regel nicht statt. Seite 4 Ihre E-Mail-Adresse
Typische Beschwerden sind: • plötzlich auftretendes Taubheitsgefühl in einem der Arme oder einem der Beine oder in einer Gesichtshälfte Fachwort: Sensibilitätsstörung. • plötzlich auftretende Schwäche oder gar Lähmung einer der Arme oder der Beine. Oft sind Arm und Bein einer Körperseite betroffen. Fachwort: Parese oder Plegie. Eine Schwäche in beiden Armen oder in beiden Beinen ist meist kein Schlaganfall. • ein Mundwinkel hängt plötzlich herunter. Fachwort: faziale Parese • plötzlich auftretendes undeutliches Sprechen. Fachwort: Dysarthrie • plötzlich auftretende Wortfindungsstörungen. Fachwort: Aphasie Seite 5 Ihre E-Mail-Adresse
Typische Beschwerden: • plötzlich auftretender Schwankschwindel (wie auf dem Schiff). • plötzlich auftretende einseitige Einschränkung des Gesichtsfeldes. Fachwort: Hemianopsie • plötzlich Fleckensehen oder Erblindung auf einem Auge (Schlaganfall im Auge nicht im Gehirn). Fachwort: Amaurosis (fugax) • plötzlich auftretende Koordinationsstörung einer der Arme oder der Beine. Fachwort: Ataxie Seite 6 Ihre E-Mail-Adresse
FAST-Test Nicht alle Symptome aber die häufigsten kann man durch einen einfachen, schnellen Test herausfinden, der durch Laien oder auch den Rettungsdienst durchgeführt werden kann: FAST Englisch: schnell und zeitgleich Abkürzung für: Face Gesicht Arm Arm Speech Sprache Time Zeit (wann haben die Beschwerden begonnen haben oder wann zuletzt in gewohntem Zustand gesehen.) Oder auch: Beeilung! Jede Minute zählt. Seite 7 Ihre E-Mail-Adresse
Wann haben die Beschwerden begonnen? • Nicht so selten wacht man mit diesen Beschwerden aus dem Schlaf auf. Fachwort: wake up stroke. Da der Zeitpunkt des Beschwerdebeginns aber wichtig ist für das weitere Vorgehen und die Behandlung, nimmt man in diesem Fall den Zeitpunkt an, zudem man zuletzt in gewohntem Zustand war oder sein Gegenüber gesehen hat. Fachwort: last seen well. • Das kann z.B. der Zeitpunkt sein, zu dem am Vorabend ins Bett gegangen wurde oder zu dem ein Toilettengang in der Nacht noch ohne Beschwerden stattfand. • Auch nach einem Mittagschlaf kann man mit Beschwerden aufwachen. Seite 9 Ihre E-Mail-Adresse
Was kann ich tun, wenn ich zu dem Schluss komme, es könnte ein Schlaganfall sein? Wenn die Symptomatik schätzungsweise in den letzten 20 Stunden aufgetreten ist, sollte so schnell wie möglich der Rettungswagen gerufen und nicht der Umweg über die Hausärztin/ den Hausarzt genommen und auch nicht selber gefahren werden. Der Rettungsdienst informiert das Krankenhaus vorab, dass eine Patientin/ ein Patient mit Schlaganfallverdacht kommt, so dass sich das Krankenhaus vorbereiten kann. Seite 10 Ihre E-Mail-Adresse
Und wenn der Schlaganfall schon mehr als 20 Stunden zurückliegt? Sollten die Symptome länger als 20 Stunden andauern, ebenfalls den Rettungswagen kontaktieren, allerdings ist das Vorgehen dann nicht mehr so zeitkritisch. Sollten schon mehr als 3 Tage vergangen sein, kann man das Krankenhaus zu normalen Arbeitszeiten aufsuchen oder auch die Hausärztin/ den Hausarzt kontaktieren. Eine Aufnahme auf die Schlaganfallstation findet dann in der Regel nicht mehr statt. Seite 11 Ihre E-Mail-Adresse
Wie sehen die ersten Behandlungsschritte aus? • Übergabe des/ der Patient*in an das Behandlungsteam im Krankenhaus. • Befragung (Fachwort: Anamnese) • körperliche Untersuchung (allgemein-medizinisch und neurologisch) • Messung der Vitalparameter (Blutdruck, Puls, Herzrhythmus, Sauerstoffsättigung, Blutzucker). • Schnittbildgebung des Gehirns mittels Computertomograph CT (Vorsicht: Kontrastmittel!) • Anschließend Verlegung auf die Schlaganfallstation Seite 12 Ihre E-Mail-Adresse
Therapie: Lysetherapie • schnell wirksame, stark blutverdünnende Therapie über die Vene, mit dem Ziel das Blutgerinnsel (Fachwort: Thrombus), das ein Gefäß verstopft und damit zu der Durchblutungsstörung im Gehirn geführt hat, aufzulösen • Innerhalb der ersten 4,5 Stunden nach Symptombeginn möglich • kommt bei ca. 10 Prozent der Schlaganfallpatienten in Frage • Kontraindikationen: z.B. größere Operationen in der kürzer zurückliegenden Vergangenheit oder aktive Magengeschwüre mit Blutungsneigung Seite 13 Ihre E-Mail-Adresse
Mechanische Thrombektomie Sollte in der Gefäßdarstellung das Blutgerinnsel sichtbar sein, aber das Gehirngewebe noch gesund aussehen, ist die Möglichkeit gegeben, das Blutgerinnsel über einen Katheter aus dem Gehirngefäß zu ziehen (Fachwort: mechanische Thrombektomie). Ein ganz klares Zeitfenster gibt es bislang nicht. Kommt nach 24h aber eher nicht mehr in Frage. Diese wird in einem Zentrum durchgeführt. Wir arbeiten hierfür mit dem Universitätsklinikum Heidelberg zusammen. Die Verlegung erfolgt mit einem Notarzt begleiteten boden- oder luftgebundenem Transport. Ca. 5 -10% Prozent der Schlaganfallpatienten kommt dafür in Frage. Seite 14 Ihre E-Mail-Adresse
Stentretriever bei mechanischer Thrombektomie Foto: Dt. Gesellschaft für Neurologie Seite 15 Ihre E-Mail-Adresse
Was passiert auf der Schlaganfallstation (Stroke Unit)? „Halbintensivstation“ mit kontinuierlicher Monitorüberwachung von: • Herzrhythmus und Schnelligkeit des Herzschlages auch Puls genannt (Fachwort: Herzfrequenz) mittels Elektrokardiogramm (EKG) • Blutdruck • Sauerstoffsättigung im Blut • Blutzucker Darüber hinaus wird man alle 6-8 Stunden neurologisch untersucht, um festzustellen, wie sich die Symptome entwickeln.
Multidisziplinäres Therapiekonzept Pflege Ärzte Sozialdienst Logopädie Seelsorge Ergotherapie Physiotherapie Ernährungsberatung
Wie lange bleibe ich auf der Stroke Unit? Auf der Schlaganfallstation wird man entweder über 24h oder 72h (3 Tage) behandelt. Das hat seinen Grund darin, dass in dieser Zeit das Risiko, dass nochmal ein Schlaganfall folgt, am größten ist. Darüber hinaus „entscheiden“ sich die angeschlagenen Nervenzellen in dieser Zeit, ob sie vollends absterben oder wieder funktionieren. Seite 18 Ihre E-Mail-Adresse
Sekundärprophylaxe: Auswahl und Zeitpunkt Auf der Schlaganfallstation wird im Regelfall bereits mit einer vorbeugenden Medikation (Fachwort: Schlaganfallsekundärprophylaxe) begonnen. Das reduziert das Risiko, dass sich Blutgerinnsel bilden, die erneut ein Hirngefäß verstopfen können.
Was sind die Besonderheiten der Öhringer Schlaganfallstation? Die Öhringer Schlaganfallstation ist eine telemedizinisch angebundene Schlaganfallstation. Wenn ich als Neurologin nicht im Haus bin, werden die Patient*innen über Video den neurologischen Kolleg*innen der Uni in Heidelberg vorgestellt. Seite 20 Ihre E-Mail-Adresse
Schlaganfallkonzept in Baden-Württemberg Grün: lokale Schlaganfalleinheit Gelb: regionale Schlaganfalleinheit Rot: Überregionale Schlaganfalleinheit Das Sozialministerium Baden-Württemberg plant die Verteilung der Schlaganfallstationen in der Fläche. Nicht überall, wo eine Schlaganfall- station benötigt wird, ist auch eine neurologische Abteilung vorhanden. Dies konnte über die Vernetzung mit überregionalen Schlaganfallstationen (rot) gelöst werden. Seite 21 Ihre E-Mail-Adresse
Was genau ist ein Schlaganfall, welche Arten von Schlaganfall gibt es, was sind die Ursachen? Beim Schlaganfall liegt in 85% der Fälle eine Durchblutungsstörung im Gehirn vor. In den anderen 15 % liegt dem Schlaganfall eine Hirnblutung zugrunde. linkes (erstes) Bild: Durchblutungsstörung, rechtes Bild: Gehirnblutung beides ist ein Schlaganfall Seite 22 Ihre E-Mail-Adresse
Wie unterscheiden sich Schlaganfall und Herzinfarkt? Schlaganfall wird oft mit Herzinfarkt verwechselt. Beim Schlaganfall ist das Gehirn betroffen, beim Herzinfarkt das Herz. Beim Herzinfarkt liegt eine Durchblutungsstörung des Herzens bzw. der Herzmuskelwand zugrunde. Seite 23 Ihre E-Mail-Adresse
Was passiert nach der Behandlung auf der Schlaganfallstation bzw. was sind die weiteren Behandlungsschritte? • Verlegung auf Normalstation • Suche nach Ursachen für den Schlaganfall Zwei Hauptursachen für den Schlaganfall und viele weniger häufige: − Verengung der Halsgefäße − Rhythmusstörung des Herzens (Fachwort: Vorhofflimmern). Nach diesen möglichen Ursachen wird mittels Ultraschall (Fachwort: Sonographie) der Halsgefäße und des Herzens gesucht. Seite 24 Ihre E-Mail-Adresse
Verengung der Halsgefäße Sollte eine Verengung der Halsgefäße vorliegen, muss in der Regel eine Operation erfolgen. Alternativ kann man auch einen Stent über einen Katheter in das Halsgefäß legen. Grafik: www.gesundpedia.de Sollte eine Verengung der Halsgefäße vorliegen, die nicht zu operieren ist, weil sie nicht eng genug ist, wird man einen Fettsenker geben, um die Plaques zu stabilisieren. Seite 25 Ihre E-Mail-Adresse
Herzrhythmusstörungen Sollte Vorhofflimmern festgestellt werden, muss das Blut noch stärker verdünnt werden als durch ASS, nämlich heutzutage durch die Nachfolge- medikamente des Marcumars. Wirkstoffnamen: Apixaban, Rivaroxaban, Dabigatran und Edoxaban. (Handelsnamen: Eliquis, Xarelto, Pradaxa und Lixiana) .
Weitere Ursachen: Diabetes: Im Rahmen von Blutabnahmen werden auch der Zuckerstoffwechsel und die Blutfettwerte untersucht. Je nach Befunden erfolgt eine Diätberatung oder es wird eine medikamentöse Behandlung initiiert oder optimiert. Bluthochdruck Seite 27 Ihre E-Mail-Adresse
Weitere Ursachen: • Loch in der Herzscheidewand (Fachwort persistierendes Foramen ovale), das entweder angeboren sein kann oder sich im Laufe des Lebens durch sich verändernde Druckverhältnisse im Herzen bilden kann • Störungen der Blutgerinnung (Fachwort: Koagulation), die zu vermehrter Blutgerinnselbildung führen • entzündliche Erkrankungen, die zu Gefäßentzündungen führen Seite 28 Ihre E-Mail-Adresse
Wie geht es nach dem Krankenhausaufenthalt weiter? Planung der weiteren Versorgung schon in der Klinik: • Entlassung nach Hause und ambulante Weiterbetreuung durch Hausärzt*in und Therapeut*innen • neurologische oder geriatrische Reha • Unterstützung durch ambulanten Pflegedienst zuhause • Pflegeheim Seite 29 Ihre E-Mail-Adresse
Gibt es Warnzeichen oder Vorboten für einen Schlaganfall? Manchmal sind die Durchblutungsstörungen des Gehirns, also die Schlaganfälle, so kurz und betreffen nur so ein kleines Areal des Gehirns, dass es nur für wenige Minuten zu Symptomen kommt (Fachwort: Transitorische ischämische Attacke, oft abgekürzt als TIA). Auch diese kurzen, kleinen Schlaganfälle müssen ernst genommen und umgehend im Krankenhaus behandelt werden, wie Schlaganfälle mit länger anhaltenden Symptomen auch. Seite 30 Ihre E-Mail-Adresse
Im Krankenhaus hat sich gezeigt, dass doch kein Schlaganfall vorliegt, was kann es dann gewesen sein? Oft werden Symptome fehlinterpretiert. Z.B. spricht man auch undeutlich, wenn das Gebiss nicht im Mund ist oder wenn der Mund sehr trocken ist. Erkrankungen, die zu neurologischen Symptomen führen aber kein Schlaganfall sind (Fachwort: Differentialdiagnosen) z.B.: • Migräne • Morbus Parkinson • Störung der Blutsalze (Fachwort: Elektrolytstörung) durch wasserausschwemmende Medikamente, Fieber, heiße Witterung oder Brechdurchfall. • Störungen des Blutzuckers (Fachworte: Hyperglykämie oder Hypoglykämie) Seite 31 Ihre E-Mail-Adresse
Was kann man vorbeugend tun? Vor allem die Erkrankung der Halsgefäße, die das Gehirn mit Blut versorgen aber auch das Vorhofflimmern als die zwei Hauptgründe für den Schlaganfall liegen in folgenden veränderbaren Ursachen begründet: • Übergewicht und Fettleibigkeit (Fachwort: Adipositas) • Bewegungsmangel • Bluthochdruck (Fachwort: arterielle Hypertonie) • Zuckerkrankheit (Fachwort: Diabetes mellitus Typ I und Typ II • Fettstoffwechselstörung (Hyperlipidämie) • Rauchen (Fachwort: Nikotinabusus) • Alkoholmissbrauch (Fachwort: Alkoholabusus) Auch das normale (Fachwort: physiologische) Altern ist ein Risikofaktor und ist natürlich nicht veränderlich. Seite 32 Ihre E-Mail-Adresse
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf weitere Fragen! Multiprofessionelles Team der Stroke Unit im Hohenloher Krankenhaus bei der täglichen Besprechung Seite 33 Ihre E-Mail-Adresse
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