Schaf- und Ziegenhaltung in Hessen - Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und ...
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Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Schaf- und Ziegenhaltung in Hessen Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen
Impressum Inhalt Vorwort Ministerin Priska Hinz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Nachhaltige Schaf- und Ziegenhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Kommunaler Landschaftspflegestall in Lauterbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Schafhaltung – artgemäß und naturnah . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Biolandschäferei am Hohen Meißner Betrieb Burkhard Ernst, Gut Giesenhagen, Großalmerode . . . . . . . . . . . . . . 10 Schafzucht aus Leidenschaft Betrieb Martin Werner, Dautphetal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Herausgeber Schäferei in der Stadt Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Betrieb Hubertus Dissen, Kassel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Landwirtschaft und Verbraucherschutz Mainzer Straße 80 Schafe und Ziegen als Partner in der sozialen Landwirtschaft 65189 Wiesbaden Betrieb Hans und Sabine Trumpfheller, Bad König-Momart . . . . . . . . . . . . . 16 Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Der Hund als Partner des Schäfers Kölnische Straße 48-50 Stadtschäferei Hungen, Ralf Meisezahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 34117 Kassel Herausforderungen in Zeiten der Wiederkehr von Wolf und Luchs . . . . . . 20 Bildnachweis Berufsbild Schäfer – Ausbildung und Beratung Titelseite / Fotolia, (S. 4, 20, 24, 25) Berbalk, Betrieb Wilfried Lenz, Schlüchtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 (S. 5) Hess. Umweltministerium, Feige, (S. 7) Gundelach, (S. 7, 27) Pixabay, (S.8) Janssen, Produkte der Schaf- und Ziegenhaltung vermarkten (S. 10, 11, 12, 13, 15, 27, 29) LLH, Walmanns, Betrieb Heiko und Katja Berbalk, Wüstems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 (S. 13, 19) LLH, Ritter, (S. 16, 17) Trumpfheller, (S. 19) Gebauer, (S. 19) Stadt Hungen, Die hessische Schaf- und Ziegenhaltung in Zahlen (S. 20) Fotolia, (S. 22, 23) LLH, Wend Wirtschaftlichkeit der Schäferei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Förderung der Schaf- und Ziegenhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Gestaltung www.reidelsoltaugrafikdesign.de Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Vorwort Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser, der Schutz der Umwelt und biologischen Vielfalt, In den Jahren 2018 und 2019 stellt das Land jeweils der Erhalt unserer Natur in all ihren Facetten – dient 500.000 Euro bereit, um damit die Förderung von schlicht der Wahrung unserer Lebensgrundlagen. Präventivmaßnahmen gegen Beutegreifer deutlich Die hessischen Schäfereien, wie auch alle anderen zu verbessern. Weidetierhalterinnen und -halter leisten über die extensive Form der Landnutzung einen wichtigen Neben erhöhten Aufwendungen für die Zaunpflege Beitrag zum Erhalt der Offenlandschaft und damit und Herdenbetreuung werden die Voraussetzungen zum Naturschutz, zur Artenvielfalt und zur Erhaltung dafür geschaffen, im Fall von Wolfsrissen auch Ent- unserer Landschaftsbilder. Letztlich kann die Schaf- schädigungen leisten zu können. Der Landesbetrieb und Ziegenhaltung ihre wichtige Rolle aber nur Landwirtschaft Hessen bietet außerdem ein umfang- erfüllen, wenn sie auch auf wirtschaftlich stabilen reiches Beratungsangebot für Schafhalterinnen Füßen steht. Die Praxisbeispiele in dieser Broschüre und Schafhaltern an. Dieses bezieht sich sowohl auf zeigen eindrucksvoll, wie vielfältig Schaf- und Fragen der Tierzucht und Tierhaltung als auch auf Ziegenhaltung sein und wie sie erfolgreich und Fragen der Fördermöglichkeiten. zukunftsorientiert betrieben werden kann. Ich bin überzeugt davon, dass die hessische Schä- Die Hessische Landesregierung ist sich der Bedeu- ferei eine Perspektive hat, dass muss sie schließlich tung der hessischen Schäferinnen und Schäfer be- auch, unsere einzigartigen Kulturlandschaften wusst. Im Hessischen Programm für Agrarumwelt- benötigen sie nämlich. Ich wünsche Ihnen eine und Landschaftspflege-Maßnahmen – kurz HALM interessante Lektüre! – fördert das Land auf etwa 48.000 Hektar soge- nannte naturschutzfachliche Sonderleistungen, wie Mit freundlichen Grüßen beispielsweise eine Beweidung durch Schafe und Ziegen. Vor dem Hintergrund einer möglichen Rück- kehr des Wolfs hat die Hessische Landesregierung bereits im Jahr 2017 Mittel im Förderprogramm HALM für präventiven Herdenschutz in naturschutz- rechtlich geförderten Gebieten mit ungünstigem Priska Hinz Erhaltungszustand zur Verfügung gestellt. Hessische Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Nachhaltige Schaf- und Ziegenhaltung Nachhaltigkeit ist elementarer Bestandteil der hessi- Auch die sozialen Bedingungen, unter denen schen Landespolitik. In der Nachhaltigkeitsstrategie gewirtschaftet wird, entsprechen häufig nicht Hessen wird die biologische Vielfalt als ein Schwer- dem idyllischen Bild vom Schäfer, der in schöner punktthema festgelegt. Die verschiedenen Aspekte Landschaft und Natur seine Herde hütet. Vielmehr des Themas werden von fünf Arbeitsgruppen verlangt der Beruf des Schäfers einen hohen behandelt. Ziel ist es, konkrete Aktivitäten zu Arbeitseinsatz bei Wind und Wetter. entwickeln und umzusetzen. Die Arbeitsgruppe „Biologische Vielfalt in der Landwirtschaft“ hat die Die unbefriedigende Wirtschaftlichkeit und die Situation der Schaf- und Ziegenhalter in Hessen harten Arbeitsbedingungen führen dazu, dass besonders in den Blick genommen. vielen Schäfereien der berufliche Nachwuchs fehlt und die Zukunft vieler Betriebe ungewiss ist. Der Begriff nachhaltige Landwirtschaft beschreibt den erfolgreichen Dreiklang von Ökologie, Ökono- Die Hessische Landesregierung hat die Erstellung mie und sozialen Bedingungen, unter denen produ- dieser Informationsbroschüre „Schaf- und Ziegen- ziert wird. Nur eine Landwirtschaft, in der es gelingt, haltung in Hessen“ in Auftrag gegeben. Ziel ist diese drei Bereiche erfolgreich zu kombinieren, ist es, die Situation der Schaf- und Ziegenhaltung in langfristig existenz- und zukunftsfähig. Hessen zu beleuchten sowie Beispiele vorzustellen, um den Schaf- und Ziegenhaltern neue Perspektiven Die ökologischen Leistungen der hessischen aufzuzeigen. Darüber hinaus geht es auch darum, Schafhaltung sind unbestritten und vorbildlich. Sie die Wertschätzung für die Arbeit und die Leistungen nimmt eine herausragende Stellung in der Pflege der Schäferinnen und Schäfer in Politik und Gesell- und Erhaltung unserer Kulturlandschaft ein. Vor schaft zu erhöhen. allem Schafe prägen unsere Kulturlandschaft seit Jahrtausenden mit. Durch die Beweidung wird ein wertvoller und unersetzlicher Beitrag zur biologi- schen Vielfalt geleistet. Diese weithin unterschätzte Lebensgrundlage ist auch im ländlichen Raum besonders gefährdet. Die wirtschaftliche Situation der Schaf- und Ziegen- halter ist jedoch in den meisten Fällen trotz Förde- rung aus dem EU-Agrarhaushalt wenig erfreulich. Insbesondere Berufsschäfereien erzielen ein nur unbefriedigendes Einkommen, wie unter anderem eine im Rahmen von LIFE „Wetterauer Hutungen“ erstellte sozioökonomische Studie zeigt.
Kommunaler Landschaftspflegestall in Lauterbach Schafhaltung – artgemäß und naturnah Die Schaf- und Ziegenhaltung ist bis heute eng Da Fütterung den Ernährungs- und Gesundheitszu- mit der Weidehaltung verknüpft. Die Beweidung stand der Tiere beeinflusst, ist eine artgemäße und spielt eine wichtige Rolle im Naturschutz und in der bedarfsgerechte Futterversorgung eine Frage des Landschaftspflege. Viele wertvolle und artenreiche Tierwohls. Da die biologischen Leistungen und die Biotope haben sich über Jahrzehnte durch extensive Qualität von Fleisch und Wolle von der Fütterung Beweidung mit Schafen und Ziegen entwickelt und abhängig sind, ist auch der wirtschaftliche Erfolg werden durch diese erhalten. Neben diesen Leistun- der Schafhaltung sehr stark von der Fütterung gen sind auch Lammfleisch, Schaf- und Ziegenmilch- beeinflusst. Hinzu kommt, dass die Futterkosten produkte sowie Wolle wichtige Erzeugnisse aus der den höchsten Anteil an den Gesamtkosten der Schaf- und Ziegenhaltung. Schafhaltung ausmachen. Da viele Betriebe ohnehin sehr naturnah wirtschaf- Die traditionelle Schaf- und Ziegenhaltung ist ten und keinen Mineraldünger und keine Pflanzen- insbesondere in den Regionen Hessens von großer schutzmittel einsetzen, ist der Weg zur Öko-Schaf- Bedeutung, wo naturschutzfachlich wertvolle haltung nicht weit. Im ökologischen Landbau Grünlandbestände vorhanden sind, die nur durch steht der Kreislaufgedanke im Vordergrund. Das Schaf- und Ziegenbeweidung zu erhalten sind. Die fachgerechte Beweidung mit Schafen und Eine Schafherde von etwa 600 Tieren findet seit Futter muss biologisch angebaut, selbst erzeugt Diese Haltung ist naturnah und nachhaltig. Schafe Ziegen ist auf vielen extensiv genutzten Grünland- dem Jahr 2000 in dem modernen Stallgebäude sein und überwiegend auf Raufutter basieren. Die und Ziegen nutzen als Weidetiere oft Restflächen standorten ein wichtiger Beitrag zur biologischen Platz. Die Nutzung des Stalles ist an die Erfüllung Qualität des wirtschaftseigenen Futters hängt von und Grenzertragsstandorte.Damit pflegen und Vielfalt. Unterbleibt diese Form der Nutzung, setzt entsprechender Pachtverträge für die regionalen zahlreichen Faktoren ab. Die Zusammensetzung erhalten sie ökologisch wertvolle Flächen. Die die Sukzession ein, die Flächen verbuschen mit Landschaftspflegeflächen gebunden. Der Pächter des Grünlandbestandes und der Anteil an Gräsern Konkurrenz um landwirtschaftliche Pachtflächen der Folge, dass viele seltene und vom Aussterben des Stalles hält mit dieser Herde gut 110 Hektar und Kräutern wird vor allem durch Standort- und bei gleichzeitig geringer Wettbewerbsfähigkeit der bedrohte Pflanzen- und Tierarten verschwinden. wertvoller Biotope in der Region offen. Nach Aussa- Klimafaktoren beeinflusst. Die Düngung, die Form Schafhaltung führt dazu, dass die Schafhaltung auf Ein gelungenes Beispiel aus dem Vogelsberg zeigt, ge der Stadt Lauterbach spart die Region durch die der Nutzung, Beweidung oder Mahd, sowie der Grenzstandorte abgedrängt wird. Das sind weniger wie dieser Entwicklung entgegengesteuert werden gelungene dauerhafte Ansiedlung der Landschafts- Schnittzeitpunkt sind weitere Faktoren mit Einfluss attraktive Flächen, auf denen die Erträge und der kann. Eine Arbeitsgemeinschaft aus dem Landkreis, pflegeherde etwa 130.000 € jährlich, da sich eine auf die Zusammensetzung und Qualität des Grün- Futterwert abnimmt. Milchleistung und Fleischzu- mehreren Kommunen, dem Zweckverband Abfall- maschinelle Pflege der Flächen erübrigt hat. landaufwuchses. Um ein leistungsfähiges Grünland wachs sind auf Grenzstandorten gering, oft reicht es wirtschaft Vogelsberg, der Naturlandstiftung und zu erhalten, müssen die Futterflächen auch regelmä- nur für den Erhaltungsbedarf bei den Schafen und dem Schafhalterverein Vogelsberg hat in Lauterbach Dieser gemeinschaftliche kommunale Bau und die ßig gepflegt werden. Das bedeutet, dass sowohl die Ziegen. Maar zur Jahrtausendwende ein Pilotprojekt zum Unterhaltung des Stalles durch die Stadt Lauterbach Nutzung, als auch die Düngung, Weidepflege und Zwar sind die Pflegegelder ein interessanter Aspekt, Bau eines „Kommunalen Landschaftspflegestalls“ kann als Leuchtturmprojekt gelten, mit Vorbildfunk- Nachsaat auf die Erhaltung von wertvollen Futter- doch ist es mitunter sinnvoll, für die Lämmer ertrag- erfolgreich umgesetzt. tion weit über die Grenzen der Region hinaus. Der pflanzen im Bestand ausgerichtet sein muss. reichere Ausweichflächen, die eine höhere Energie- Bau eines solchen Schafstalles kann auch für andere zufuhr bieten, zur Verfügung zu haben. Anlass und Ausgangspunkt für die Gründung der Regionen eine sinnvolle Maßnahme zur Unter- Die Qualität des Winterfutters wird darüber hinaus Arbeitsgemeinschaft war die Tatsache, dass wert- stützung und Entwicklung einer leistungsfähigen vom Konservierungsverfahren (Heu oder Silage) Eine wirtschaftliche Lämmerproduktion erfordert volle Magerrasenbiotope der Region mangels Schafhaltung für die Landschaftspflege der Region bestimmt. Ziel ist es dabei, die Nährstoffverluste eine optimale Futterversorgung der tragenden und Nutzung zu verbuschen drohten. Es sollte eine darstellen. Wichtig zu erwähnen sind auch die möglichst gering zu halten, wobei auch das Wetter laktierenden Mutterschafe sowie der Lämmer, um Alternative zu kostenaufwändigen, maschinellen flankierenden Maßnahmen zur Ansiedlung von während der Ernte mitspielen muss. Schließlich den Qualitätsansprüchen an den Schlachtkörper zu Pflegemaßnahmen gefunden werden. Die wenigen Weidetierherden, wie z.B. die Planung und Instand- müssen die Futtervorräte für die Winterfütterung entsprechen. Lämmer, die in der Landschaftspflege noch verbliebenen Schafhalter in der Region fanden setzung eines Netzes von Triebwegen zwischen den so gelagert werden, dass möglichst wenig Verluste unter extensiven Bedingungen erzeugt werden, auf Grund der schlechten Infrastruktur keinen Pflegeflächen, die Bereitstellung von zusätzlichen auftreten. erfüllen die Qualitätskriterien des Handels im Hin- geeigneten Standort für die Unterbringung einer externen Pferchflächen und Tränkestellen. blick auf Alter und Bemuskelung in der Regel nicht. größeren Schafherde. Nach eingehender Diskussion Die Fütterung der Schafe verdient während der Qualität beruht hier auf dem Aspekt der regionalen beschloss die Arbeitsgemeinschaft, den Bau eines Auch nach 17 Jahren der Nutzung steht die Stadt- Lammzeit und der Aufzucht der Lämmer besondere Produktion mit lokalen genügsamen Schafrassen mit Stallgebäudes als Stützpunkt und Winterquartier verwaltung Lauterbach voll hinter dem Projekt des Beachtung, da die Mutterschafe in dieser Phase dem Zusatznutzen Erhaltung der Kulturlandschaft, einer größeren Landschaftspflegeherde gemein- „Kommunalen Landschaftspflegestalles“ und freut einen besonders hohen Energie- und Eiweißbedarf wertvoller Biotope und der Biodiversität. schaftlich anzugehen. sich über diese erfolgreiche Kooperation mit haben. Die meiste Zeit des Jahres stellt die Weide den Schafhaltern, zur Erhaltung der wertvollen eine günstige und bedarfsgerechte Ernährung der Die Stadt Lauterbach stellte für das Bauvorhaben Magerrasenbiotope durch traditionelle Beweidung. Schafe sicher. Weicht der Bedarf der Schafe von der das Grundstück in einem ehemaligen Steinbruch natürlichen Futtergrundlage ab, müssen genügend zur Verfügung. Über Fördermittel des Bundes, des Futterkonserven für die Deckung des Nährstoffbe- Landes Hessen und der Europäischen Gemeinschaft darfs der Tiere zur Verfügung stehen. Dies ist im konnten ca. 70 % der Investitionskosten von insge- Herbst und Winter in der Regel der Fall. samt 204.000 € abgedeckt werden.
Biolandschäferei am Hohen Meißner Betrieb Burkhard Ernst, Gut Giesenhagen, Großalmerode Burkhart Ernst züchtet Rhönschafe, die er von einer traditions- Betrieb Burkhard Ernst reichen Schafzucht übernommen hat. Er will damit eine alte Schafrasse mit besonderen Eigenschaften erhalten. Burkhardt • Züchtet vom Aussterben bedrohte Ernst: „Rhönschafe sind sehr mütterlich, sie ziehen ihre Lämmer Rhön- und Coburger Fuchsschafe sicher auf. Sie geben auch dann noch Milch, wenn mal wenig • Bioland Bergbauer Futter zur Verfügung steht. Sie haben kaum Klauenprobleme und im Werra – Meißner – Kreis sind gegen ungünstige Witterungsbedingungen unempfindli- • Vermarktung cher als andere Rassen. Sie sind jedoch weniger bemuskelt und über eine Bioland Metzgerei einer modernen Fleischrasse in ihrer Leistung unterlegen. Die Lämmer wachsen langsamer und neigen früher zur Verfettung“. Ernst setzt deshalb zur Lammfleischerzeugung auf auch der Schutz der Schafe gegen Luchs und Wolf. die Kreuzung von Rhönschafen mit einer leistungs- Dazu hält der Betrieb Ernst Pyrenäenberghunde als fähigeren Rasse (Ile de France). Die weiblichen Herdenschutzhunde, die in der Anschaffung und Kreuzungstiere werden zur Lämmererzeugung Haltung erhebliche Kosten verursachen. Die Hunde eingesetzt, die männlichen werden geschlach- müssen natürlich auch ausgebildet und täglich gut tet. Die Kreuzungsschafe werden anschließend betreut werden. Ob sich der hohe Betriebsaufwand mit einer weiteren Rasse verpaart (Dorper). Diese für die Anschaffung und Haltung der Herden- Kreuzungslämmer aus drei Rassen entwickeln schutzhunde lohnt, wird sich erst zeigen, wenn die sich zügig und sind besonders fleischreich. Sie Wölfe in der Region des Betriebes Einzug halten. werden über eine Biolandmetzgerei vermarktet. Die Qualität dieses Lammfleisches wird von den Sobald im Winter auf den Koppeln nichts mehr Kunden sehr geschätzt, es ist geschmacksinten- wächst, muss der Betrieb ausreichend Winterfut- siv und besonders zart. Bedeutend wichtiger ter im Lager haben. Burkhard Ernst mäht bis zu aber ist den Lammfleischkunden, dass die Tie- viermal jährlich einen Teil seiner Grünlandflächen re artgemäß und natürlich gehalten werden. und lässt von einem Lohnunternehmer mit Folien eingewickelte Ballen herstellen. In diesen Ballen Für die Schafe stehen Grünlandflächen rund um den entsteht unter Luftabschluss Gärfutter, sogenannte Betrieb zur Verfügung, die nach den Methoden der Silage, die den Schafen während der Stallhaltungs- biologischen Landwirtschaft bewirtschaftet werden. phase besonders viele schmackhafte Nährstoffe Das Grünland ist aber nicht nur Lebensraum für die zur Verfügung stellt. Burkhard Ernst versucht aus Schafe, es werden auch noch Hühner, Gänse und Kostengründen, die Schafe und Lämmer möglichst Enten auf Grünland gehalten. Von den Schafen allein nur mit Grünfutter bzw. guten Silagen aufzuziehen kann der Betrieb nicht genügend Einnahmen erzie- und wenig teures Kraftfutter einzusetzen. Dabei len. Der Verkauf der Wolle deckt kaum den Lohn für haben sich die Kreuzungslämmer als besonders den Schafscherer und mit dem Verkauf der Altschafe gute Futterverwerter erwiesen. Im Winter haben sind keine bedeutenden Einnahmen zu erzielen. die Schafe im Stall ausreichend Platz und liegen So sind die Erlöse aus dem Lämmerverkauf die trocken und warm auf Stroh. Die Schafe werden aus wichtigste Einnahmequelle für die hygienischen Gründen zweimal Schäferei.Aber unter den exten- im Jahr geschoren. Damit wirkt siven Produktionsbedingungen der Betrieb einer stärkeren Ver- kann pro Mutterschaf und Jahr im schmutzung der Wolle entgegen Durchschnitt nur ein verkaufsfähi- und verhindert eine Ansiedlung ges Lamm aufgezogen werden. von bestimmten Parasiten. Die Kosten für den Betrieb sind in den letzten Jahren stetig ge- stiegen. Hinzu kommt aktuell
Schafzucht aus Leidenschaft Betrieb Martin Werner, Dautphetal Alles hat 2007 als „Hobbyzucht“ mit einem Hektar Grünland, Betrieb Martin Werner zwei Mutterschafen und einem Zuchtbock begonnen. Ein schönes Hobby sollte es werden damals. Heute ist daraus • Nebenerwerbsbetrieb eine 39-köpfige Zuchtherde und 10 Hektar Nutzfläche im Kreis Marburg - Biedenkopf geworden, die als Nebenerwerbslandwirtschaft • Herdbuchzüchter für seltene von Martin Werner und seiner Lebensgefährtin, Schweizer Schafrassen Silvi Oelsner, bewirtschaftet werden. • Nutzt klein parzellierte Flächen zur Beweidung Insgesamt sind es 21 verschiedene winzige Flächen, die für beide Rassen typisch sind. Außerdem haben die im Grüngürtel von Wolfsgruben bei Dautphetal diese Schafe im Vergleich zu anderen Rassen ein liegen und die für die großen Vollerwerbslandwirte besonders ruhiges Naturell und bilden eine enge völlig uninteressant sind. Man kann sie entweder Bindung zu ihren verwandten Herdenmitgliedern aus. mit kleinen Maschinen bearbeiten, was jedoch sehr aufwändig ist oder alternativ mit Tieren beweiden. Beide Rassen haben ein sehr starkes Wollwachstum Beide Betriebsleiter sind voll berufstätig, so dass und werden deshalb zweimal pro Jahr geschoren, die tägliche Betreuung der Tiere auf die knappe einmal wenn sie im November/Dezember in den Stall Freizeit beschränkt bleiben muss. „Ohne flexible kommen und noch einmal im späten Frühjahr vor der Arbeitszeiten wäre das nicht machbar“, ist sich heißen Jahreszeit. Bis zur zweiten Schur sind dann Werner sicher. Für die Zeit des Jahresurlaubs müs- schon wieder gut 10 cm lange Wollfasern nachge- sen sachkundige Ersatzbetreuer gefunden werden. wachsen. Mit viel handwerklichem Geschick hat er in den Schafscherer Peter Pfeiffer hat entsprechend zurückliegenden Jahren eine kleine baufällige viel Arbeit bei dieser Rasse. Die Preise für Scheune zu einem schmucken Schafstall umgebaut, Schafrohwolle decken im Allgemeinen kaum der seiner Herde nun als Winterquartier dient. „Wer die Schurkosten. Eine Ausnahme bildet da- Arbeit will, kauft Schafe“ zitiert Martin Werner heute bei die feine Wolle der Merinorassen. ein Sprichwort, weil seine Erfahrung ist „irgendein Schaf hat immer ein Problem“. Gleichzeitig erfüllt Die grobe Wolle der ihn die Arbeit in der Natur und mit seinen Schafen „Walliser“ findet sehr we- mit Stolz und Zufriedenheit. Auch das Winterfutter nig Interesse beim Woll- für seine Tiere erzeugt der Nebenerwerbslandwirt handel und auch bei den in Eigenregie mit einem eigenen Maschinenpark. engagierten Spinnstuben und Schafwollfilzerinnen. Angefangen hat die Leidenschaft für die Schaf- Deshalb wird die Wolle zucht mit einer vom Aussterben bedrohten, alten von Werners Schafen lei- deutschen Schafrasse, dem „Waldschaf“. Doch im der regelmäßig der Ab- Laufe der Jahre entdeckte Werner seine Liebe zu fallentsorgung zugeführt. zwei anderen exquisiten Rassen. „Walliser Schwarz- nasen Schafe“ züchtet er jetzt sogar im Herdbuch Tiere, die nicht im und dazu passend hält er die sehr seltenen „Wal- Betrieb von Martin Werner verbleiben, werden liser Landschafe“ in seiner kleinen Schafherde. zur Zucht oder zur Hobbyhaltung weiterverkauft. Die beiden Hobby-Schäfer schätzen an den Ein Teil der Tiere wird für den Eigenbedarf, die Tieren die attraktive äußere Erscheinung mit den Familie und gelegentlich auch für andere typischen Farbabzeichen der „Schwarznasen“ und Abnehmer geschlachtet. den urigen, weit vom Kopf abstehenden Hörnern,
Schäferei in der Stadt Betrieb Hubertus Dissen, Kassel Hubertus Dissen hat als junger Mann den elterlichen Betrieb Betrieb Hubertus Dissen auf Schafhaltung umgestellt. Auf dem Hof seines Vaters stand noch Milchvieh. Er hat neu mit der Schafhaltung begonnen. • Schäferei am Stadtrand von Kassel Heute hält er ca. 800 Schafe im Kasseler Stadtteil Wolfsanger. • Zieht mit seinen Schafen regelmäßig Er bewirtschaftet und pflegt unter anderem Grünland in der durch den Stadtverkehr Fuldaaue, einem ehemaligen Gelände der Bundesgartenschau • Beweidet Flächen bis zu 50 km und beliebten Naherholungsgebiet für die Kasseler Stadt- entfernt vom Betriebsstandort bevölkerung. Um zu seinen Weidegründen zu gelangen, muss Dissen oft quer durch die Stadt mit seiner Herde. Das gelingt Dissen dann zusammen mit seinem lang- Zum Einsatz von Herdenschutzhunden hat Hubert jährigen Mitarbeiter, einem ausgebildeten Schäfer Dissen eine kritische Meinung: „Für meinen Be- und der Unterstützung seiner Hütehunde. Die Herde trieb kommen Herdenschutzhunde nicht in Frage“. durch den dichten Stadtverkehr zu bewegen, ist Der Aufwand für Anschaffung und Haltung steht jedes Mal eine Herausforderung. „Sicherer für Men- in keinem Verhältnis zum Nutzen. Die rechtlichen schen und Schafe wird es, wenn der Verkehr erst Rahmenbedingungen, für den Einsatz von Herden- einmal zum Stehen gekommen ist. Anschließend schutzhunden, bedürfen noch der Klärung und der werden dann die Handys für einen Schnappschuss Verankerung in der Tierschutz-Hundeverordnung. gezückt“, so Dissen. Natürlich wird das Ziehen mit Die Anzahl brauchbarer und guter Herdenschutz- der Herde auf den innerstädtischen Straßen jedes hunde, wie sie alleine die hessischen Schaf- und Mal zuvor bei den Verkehrsbehörden angemeldet. Ziegenhalter bräuchten, gibt es auf dem Markt nicht. Die Preise steigen aktuell rasant an. Die Eignung Für die Bewirtschaftung der städtischen Flächen ist der Tiere für den Herdenschutz variiert jedoch es wichtig, gute Kontakte zu den Behörden zu pfle- sehr stark. Was geschieht mit den Herdenschutz- gen. Dissen möchte im direkten Kontakt anstehende hunden, die als solche nicht einsetzbar sind? Probleme konstruktiv lösen. Dabei hilft ihm seine of- fene und humorvolle Art. Ob es das Grünflächenamt Die Hüteschäferei ermöglicht es dem Betrieb Dis- ist, die Polizeibehörde oder das Veterinäramt, wenn sen mit seinen Schafen auch Landschaftspflege in es um Schafe geht, ist Dissen in Kassel für die Ver- Vockerode am Meißner im Landkreis Eschwege zu waltung ein wichtiger Ansprechpartner und Berater. betreiben. Neben diesen Flächen und dem ehema- ligen BUGA-Gelände in der Fuldaaue bewirtschaf- Auf Bundesebene engagiert er sich als Sprecher tet er im größeren Maßstab Ausgleichsflächen, des Arbeitskreises „Große Beutegreifer“ der die für das Gewerbegebiet „Langes Feld“ in Kassel Vereinigung Deutscher Landeschafzuchtver- notwendig wurden. Die entfernteste Fläche liegt bände. Seit der Rückkehr der Wölfe gibt es dort in Reichenbach, ca. 50 km entfernt vom Stall. jede Menge zu tun. In Hessen ist er aktuell der stellvertretende Vorsitzende des Hessischen Meistens zieht er mit der Herde mehrmals im Jahr Verbandes für Schafzucht und –haltung e.V. zwischen den Flächen hin und her. Für ca. 170 Hektar Betrieb und Ehrenamt zu vereinbaren, ist eine große Bewirtschaftungsfläche erhält der Betrieb Gelder Herausforderung und überfordert bisweilen die aus der EU-Agrarförderung. Für weitere Flächen gibt persönlichen Kapazitäten, worauf er im Interesse es lediglich Nutzungsrechte. Durch die extensive Be- des Schäferstandes jedoch nicht verzichten möch- wirtschaftung des Grünlandes mit Schafen werden te. Gerade die Wiederansiedelung der Wölfe in zahlreiche Biotope erhalten, die im städischen Um- Deutschland erfordert großes Engagement, denn feld und einer intensiv genutzten Kulturlandschaft der Schutz der Weidetiere ist arbeits- und kosten- wichtige Refugien für Flora und Fauna darstellen. aufwendig und ohne öffentliche Unterstützung von Weidetierhaltern allein nicht zu schaffen.
Schafe und Ziegen als Partner in der sozialen Landwirtschaft Betrieb Hans und Sabine Trumpfheller, Momart Betrieb Hans und Sabine Trumpfheller Der Bio-Ziegenhof „Weisse Hube“ von Hans und Sabine Trumpf- • Ökologische Wirtschaftsweise heller liegt in dem kleinen Ort Momart, der zu Bad König im • Eigene Hofkäserei und Vermarktung Odenwaldkreis gehört. Den ca. 100 ha großen Grünlandbetrieb über Einzelhandel bewirtschaftet Familie Trumpfheller seit 12 Generationen und • Beschäftigung und Integration seit 2008 nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus. behinderter Menschen Besonderes Merkmal des Bio-Ziegenhofes „Weisse Die erzeugte Milch Hube“ ist ihr Konzept der „sozialen Landwirtschaft“. wird in der hofeigenen Menschen mit seelischer oder physischer Beein- Käserei zu verschiede- trächtigung können auf dem Betrieb mitarbeiten nen Frischkäsesorten, und werden in die Arbeitsabläufe integriert. Aktuell wie Naturkäse, aroma- sind auf dem Betrieb acht Menschen beschäftigt, tischem Kräuterkäse, die in der Landwirtschaft, im Stall, im Melkstand Weichkäse „Feta-Art“ oder in der Käserei mitarbeiten. Für dieses Engage- in verschiedenen ment wurde Familie Trumpfheller im Jahr 2017 als Ausführungen sowie „Preisträger des Hessischen Landespreises für die zu Schnittkäse und Camembert verarbeitet. Die Zie- beispielhafte Beschäftigung und Integration schwer- genmilchprodukte werden direkt ab Hof und zurzeit behinderter Menschen in Hessen“ ausgezeichnet. in 15 zusätzlichen Einzelhandelsgeschäften verkauft. Seit 2015 werden auf dem Betrieb von Familie Auf dem Hof der Familie Trumpfheller werden Trumpfheller Milchziegen gehalten. Die Herde außerdem 40 Mutterkühe der Rasse „Fränkisches besteht aus 100 Milchziegen der Rassen Thü- Gelbvieh“ gehalten. Diese Kühe zählen zu den alten ringer Waldziege, Bunte Deutsche Edelziege Nutztierrassen, die leider immer weniger gehal- sowie Weiße Deutsche Edelziege. Die Ziegen ten werden und vom Aussterben bedroht sind. werden zweimal täglich in einem „2 x12 Side Die Kühe werden in den Sommermonaten auf der by Side-Melkstand“ mit 12 Melkgeschirren ge- Weide und im Winter im Stall gehalten, wo sie mit molken. Die Ziegen haben eine durchschnittliche hofeigenem Heu und Silage gefüttert werden. Milchleistung von ca. 600 kg Milch pro Laktation. Der Betrieb ist auch als Ausbildungsbetrieb aner- Untergebracht sind die Ziegen in einem sehr kannt sowie dem Projekt Geo-Naturpark Bergs- geräumigen Laufstall, der unter anderem auch traße-Odenwald angegliedert. Ein Höhepunkt auf Klettermöglichkeiten bietet und mit zwei Futter- dem Betrieb ist das jährliche Hoffest, wo sich die tischen ausgelegt ist. Auf dem Futtertisch werden Bevölkerung aus nah und fern ein Bild von dieser die Tiere mit hofeigenem Heu und zugekauftem besonderen Form der Landwirtschaft machen kann. Kraftfutter versorgt. Während der Sommermonate Hans und Sabine Trumpfheller haben mit dem Kon- weiden die Ziegen auf hofnahen Weiden, wo sie zept der sozialen Landwirtschaft einen neuen Weg frisches Gras, Kräuter und Klee fressen können. beschritten. Sie ermöglichen Menschen mit Ein- Wenn die Witterung es zulässt, kommen die Ziegen schränkungen eine sinnvolle und erfüllende Tätig- auch in den Wintermonaten stundenweise auf die keit, die zur Stärkung des Selbstwertgefühls und zu Weide, um sich mal so richtig austoben zu können. einem neuen Selbstbewusstsein beitragen kann.
Der Hund als Partner des Schäfers Stadtschäferei Hungen, Ralf Meisezahl Traditionell haben Hunde in der Schaf- und Ziegenhaltung seit Stadtschäferei Hungen, Ralf Meisezahl jeher eine große Bedeutung. Gut ausgebildete und geführte Hunde helfen den Hirten, die Herde zusammenzuhalten, zu • Ausbildungsbetrieb im Ausbildungsberuf manövrieren und zu schützen. Für Hüteschäfer, die Ihre Herden Tierwirtin/Tierwirt, Fachrichtung Schafhaltung ohne Zaun zwischen den Flächen anderer Nutzer weiden und • Erfahrung mit der Haltung von Herdenschutzhunden die mit ihren Herden weite Strecken von Hütefläche zu Hüteflä- • Angestellter Hüteschäfer der Stadt Hungen che ziehen müssen, sind gute Hütehunde unverzichtbare Helfer. Mittlerweile haben es Schäfer sehr schwer, gute Hütehunde zu bekommen. Es gibt leider nur noch sehr wenige Betriebe, die sich der Zucht und dem Training von Hütehunden widmen. Die Schäfer und andere Weidetierhalter machen Hunderassen „Kangal“, die ursprünglich aus der Meisezahl betreibt seine Schafhaltung in enger sich große Sorgen, im Hinblick auf die Rückkehr Türkei stammt und die Rasse „Kaukasischer Owt- Kooperation mit der Stadt Hungen. Er ist in Hessen von Wolf und Luchs in unsere Weidelandschaften. scharka“, die in Russland beheimatet ist, in seiner der einzige Berufsschäfer, der von einer Kommune Die Freude über die Rückkehr des einstmals ver- Schafherde als Herdenschutzhunde eingesetzt. für die Schafhaltung angestellt wurde. Er betreut die schwundenen Stammvaters unserer Hunde verblasst städtische Schafherde, die aus Mitteln des Life-Pro- schnell, wenn sich die Tierhalter mit den Gefahren Der 95 ha große Schäfereibetrieb von Ralf Meisezahl jektes „Wetterauer Hutungen“ in 2015 angekauft konfrontiert sehen, denen ihre Weidetiere durch befindet sich in der Schäferstadt Hungen in Mittel- wurde. Die Stadt Hungen überlässt, vertraglich die Beutegreifer ausgesetzt sind. In Deutschland hessen. Dort hütet er 85 ha Grünland und 10 ha geregelt, dem Stadtschäfer die Haltung der Schafe war der Einsatz von Herdenschutzhunden lange in Ackerfutter mit seiner 580 Tiere umfassende und gewährleistet damit die nachhaltige Pflege Vergessenheit geraten, weil es bis auf wildernde Merinolandschafherde. Der Einsatz dieser beiden und ordnungsgemäße Unterhaltung kommunaler Hunde und einige spezialisierte Füchse seit langem Herdenschutzhunderassen zeigte aber leider auch sowie weiterer wertvoller Naturschutzflächen. keine großen Gefahren für die Weidetierherden in auch erhebliche Nachteile: Mitteleuropa gab. Der nicht zu unterschätzende Auf- • Die betrieblichen Aushilfskräfte konnten das Die Stadt Hungen hat durch die Beschäftigung des wand, solche Hunde in den Weidetierbetrieben zu Areal der Herde nicht mehr gefahrlos betreten. Stadtschäfers und die Bereitstellung einer Schafherde halten, war folgerichtig eingespart worden. Ledig- • Die Hunde spielten vereinzelt Lämmer eine Möglichkeit geschaffen, die fachgerechte Pflege lich aus süd- und osteuropäischen Ländern kamen tot und fraßen diese auf. der städtischen Grünflächen und Biotope mit kalku- immer wieder einmal einzelne Herdenschutzhunde • Die gemeinsame Arbeit mit Hütehunden lierbaren Kosten dauerhaft zu gewährleisten. Meise- zu uns, zum Teil als Mitbringsel von Urlaubsreisen. und Herdenschutzhunden war nicht möglich. zahl kann die Schafhaltung als Angestellter der Stadt • Im Alter von etwa 1 ½ Jahren wurden die langfristig auf wirtschaftlich abgesicherter Grund- Wenn diese Hunderassen jedoch nicht bestim- Herdenschutzhunde teilweise unberechenbar. lage betreiben. Darüber hinaus gehört die Schaf- mungsgemäß eingesetzt werden, reagieren sie haltung zur städtischen Tourismusstrategie und die oft mit auffälligem, teils aggressivem Verhalten Den einzigen Vorteil sah Ralf Meisezahl darin, dass Schäferstadt Hungen sichert sich damit eine Attrak- auch gegenüber ihren Bezugspersonen, wodurch Schafe und Stalleinrichtung vor Diebstahl geschützt tion mit Alleinstellungsmerkmal. Der „Stadtschäfer“ es immer wieder zu Unfällen kommt. Schließlich waren. Die Bevölkerung zeigte im Umgang mit steht im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses handelt es sich hier um Hunderassen, die im den Schutzhunden keinen gebührenden Respekt. werbewirksam für diverse öffentliche Auftritte zur ausgewachsenen Alter mehr als 50 kg wiegen. Die geforderte Zurückhaltung wurde wieder- Verfügung. So ist der Zug der Hungener Schafherde Herdenschutzhunde werden traditionell in den holt missachtet, wodurch die Hunde auf Dauer durch das Stadtzentrum, mit Schäfermeister Meise- Schaf- und Ziegenherden gehalten und stellen sich ein hohes Risiko für die Schäferei darstellten. zahl an der Spitze, jeweils der absolute Höhepunkt den Angriffen von Wolf, Luchs und Bär entgegen, In der mittelhessischen Region ist die Wohnbe- des traditionellen Hungener Stadtfestes. Seit 1606 insbesondere auch nachts, wenn kein Hirte in der siedlung sehr nah an den Weideflächen und die sind Stadtschäfer in Hungen dokumentiert. Heute Nähe ist. Als Familienhunde sind die Herdenschutz- Vermeidung von Fremdkontakt fast unmöglich. ist er vor allem kommunaler Landschaftspfleger und hunde nicht geeignet, ebenso wenig wie die ande- Die aktuelle Hundehaltungsverordnung lässt ein wichtiges touristisches Aushängeschild für die ren für spezielle Aufgaben in der Schafhaltung ge- zudem die Haltung von Herdenschutzhunden Schäferstadt Hungen. Die partnerschaftliche Zusam- züchteten und trainierten Gebrauchshunderassen. in der Hütehaltung von Schafen nicht zu. Auf- menarbeit von Stadtverwaltung und Stadtschäfer Ralf Meisezahl hat selbst Erfahrungen in der prak- grund dieser Erfahrungen hat sich Meisezahl ist in Hungen eine typische Win-Win-Situation. tischen Haltung von Herdenschutzhunden in gegen die weitere Haltung von Herdenschutz- seinem Schäfereibetrieb gesammelt. Er hat die hunden entschieden.
Herausforderungen Wolfsvorkommen Wolfsvorkommen in Deutschland in Deutschland Monitoringjahr Monitoringjahr 2016/2017 2016/2017 in Zeiten der Wiederkehr von Wolf und Luchs Die Monitoring-Daten des Bundesamtes für Naturschutz weisen deutschlandweit für das Jahr 2016/2017 insgesamt 76 Wolfterritorien mit 60 Wolfsrudeln, 13 Paaren und 3 Einzeltieren aus. Insbesondere in den ostdeutschen Ländern sowie in Nieder- sachsen hat sich der Wolf etabliert. In Hessen sind zurzeit keine standortfesten Wölfe bestätigt. Eine dauerhafte Wiederansiedlung von Wölfen und Wolfsrudeln gilt aber auch in Hessens als wahrscheinlich. Der Wolf ist derzeit streng geschützt. Das Nachstellen, Fangen, Verletzen oder Töten von Wölfen kann nicht nur als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld, sondern auch als Straftat geahndet werden. Risiko Weidetierhaltung Herdenschutz mit Hunden und Eseln Grundsätzlich sollten Tierhalter alles dafür tun, dass Herdenschutzhunde als spezielle Rassen sind nicht der Wolf die Weidetiere in die Kategorie „unattrak- mit Hütehunden zu verwechseln. Sie sind rund um tive Beute“ einordnet. Den Präventionsmaßnahmen die Uhr in die Schafherde integriert und agieren dort kommt, für die Vermeidung von Wolfsangriffen auf weitgehend autonom, das heißt ohne Anweisung weidende Herden, daher größte Bedeutung zu. eines Hirten. Das ist wichtig, da Wolfsangriffe vor Die zuständigen Landesbehörden unterstützen die allem nachts stattfinden, Tierhalter in Form von Beratung und finanzieller wenn kein Schäfer in der Förderung bei der Umsetzung von Präventions- Nähe der Herde ist. Für maßnahmen. Bei Verdacht auf Wolfsrisse können die Ausbildung und den sich betroffene Tierhalter an die Wolfsmail der Einsatz von Herden- Hessischen Landesregierung wenden. schutzhunden ist ein großes Maß an Fach- Geeignete Weidezäune können Wolfsübergriffe wissen nötig. Der weitgehend abwehren. Einen absoluten Schutz Einsatz von Herden- vor Wolfsübergriffen auf Weidetierherden gibt es schutzhunden kommt jedoch nicht. Erfahrungen aus den Wolfsregionen nur in großen Schafher- im Osten Deutschlands haben gezeigt, dass Elek- den und unter fach- trozäune einen guten Schutz bieten. Ein spürbarer kundiger Anleitung Stromschlag bei Kontakt mit diesem Zaun löst in der in Frage. Es empfiehlt sich vor dem Kauf, die rechts- Quelle: Bundesamt Regel eine Fluchtreaktion aus. Die betroffenen Wöl- konforme Haltung der Herdenschutzhunde, mit dem für Naturschutz (BfN) fe lernen aus der Erfahrung und meiden den Zaun zuständigem Veterinäramt abzustimmen. Stand: 27.10.2017 zukünftig. Elektrozäune (Netz- oder Litzenzäune) sollen eine Mindesthöhe von 90cm und einen Neben Hunden kommen auch andere Tierarten zum Bodenabstand von nicht mehr als 25cm haben. Die Herdenschutz in Frage. In einem 2016 gestarteten Hütespannung in allen Bereichen der Zaunanlage Pilotprojekt in Niedersachsen werden z.B. Esel ein- Das Land Hessen stellt eine kostenlose Beratung zur vermuteten Wolfsrissen, Beiträge in der Fachpresse, muss mindestens 3.000 Volt betragen. Diese kann gesetzt, um Schafherden vor Wolfsangriffen zu Verfügung, um zu einem möglichst konfliktarmen in Fachvorträgen bei Veranstatungen und im Inter- nur erreicht werden, wenn der Bewuchs unter dem schützen. Die Maßnahmen zum Herdenschutz Miteinander von Wolf und Weidetierhaltung beizu- net zur Verfügung gestellt (siehe Anhang). Zaun regelmäßig entfernt wird. Festzäune z.B. aus stellen für tierhaltende Betriebe mit Weidehaltung tragen. Im Vordergrund stehen dabei Präventions- Maschendraht oder Knotengeflecht sollen mindes- eine große Herausforderung dar. Die Maßnahmen maßnahmen zum Schutz der Weidetiere, insbeson- Die Bundesländer Hessen, Baden-Württemberg, tens 120 cm hoch sein. Es soll ein fester Bodenab- erfordern zusätzliche Investitionen und einen dere Schafen, Ziegen und Rindern in der Mutter- Rheinland-Pfalz und Saarland haben zudem eine schluss (Spanndraht) vorhanden sein. Aufwand und deutlich höheren Arbeitszeitaufwand, der nicht zu kuhhaltung. Vereinbarung zu einem länderübergreifenden Kosten für einen Untergrabschutz bei standortfes- unterschätzen ist. Das wachsende Risiko von Wolfs- Wolfsmanagement unterzeichnet. Damit sollen ten Zäunen sind enorm hoch und von der über- attacken stellt nicht zuletzt eine zusätzliche psychi- Daneben werden auch Fachinformationen zur die Aktivitäten dieser Länder noch besser koor- wiegenden Anzahl der Betriebe nicht zu leisten. sche Belastung für die betroffenen Tierhalterinnen Entwicklung des Wolfsbestandes, zum Verfah- diniert werden, da Wölfe nicht an Landesgrenzen und –halter dar. ren der Meldung von Wolfssichtungen und haltmachen.
Berufsbild Schäfer – Ausbildung und Beratung Betrieb Wilfried Lenz, Schlüchtern Betrieb Wilfried Lenz Der 200 Hektar große Schäfereibetrieb von Wilfried Lenz befindet • Anerkannter Ausbildungsbetrieb sich in Schlüchtern im Main-Kinzig-Kreis. Winfried Lenz betreibt • 15 Tierwirtinnen und Tierwirte, Fachrichtung dort zusammen mit seiner Familie und zwei Auszubildenden Schäferei, wurden bereits auf dem Betrieb eine Schäferei mit angeschlossener Direktvermarktung. Die ausgebildet Schäferei Lenz hält derzeit 900 Mutterschafe der Rasse Merino • Hofeigene Schlachtung und Direktvermarktung Landschaf. Der Betrieb Lenz ist anerkannter Ausbildungs- über Wochenmärkte betrieb für den Ausbildungsberuf Tierwirt / Tierwirtin, Fachrichtung Schafhaltung. Um ausbilden zu dürfen, muss ein Betrieb staatlich Tierwirt/Tierwirtin ist einer von insgesamt 14 anerkannt sein, erst dann darf er sich Ausbildungs- „grünen“ Ausbildungsberufen im Agrarbereich. betrieb nennen. Wilfried Lenz hat in den letzten Diese Ausbildung kommt für junge Menschen in Jahren 15 junge Menschen ausgebildet. Die Arbeit Betracht, die sich für Natur, Tiere und Pflanzen mit jungen, engagierten Menschen bereitet ihm interessieren, die gerne praktisch tätig sind und viel Freude und er möchte sein umfangreiches am liebsten in der freien Natur arbeiten möchten. Wissen über Schafe und Schafhaltung noch vielen jungen Menschen weitergeben. Es ist ihm eine Die Ausbildung zum Tierwirt/zur Tierwirtin erfolgt Herzensangelegenheit, dass der Beruf des Schäfers in den Fachrichtungen Rinder-, Schweine-, Schaf- weitergeführt wird. Derzeit absolvieren Sarah Lang oder Geflügelhaltung sowie Imkerei. Die offizielle (2. Lehrjahr) und Alexander Schiebler (1. Lehrjahr) Berufsbezeichnung lautet also Tierwirt / Tierwirtin, ihre Berufsausbildung auf dem Betrieb Lenz. Fachrichtung Schäferei. Sarah: „Seit meiner Kindheit helfe Die Ausbildung dauert drei Jahre. Sie kann bei ich bei der 240-köpfigen Schaf- bestimmten Voraussetzungen auf 2 Jahre verkürzt herde meines Vaters tatkräftig werden. Die Auszubildenden aus Hessen besu- mit, was mir schon immer sehr chen die Berufsschule in Form von Blockkursen in viel Freude bereitet hat. Ich kann Halle, Sachsen-Anhalt oder in Weidenbach-Tries- mir keinen Bürojob vorstellen, dorf, Bayern. Die Ausbildung ist sehr vielseitig und ich wollte immer lieber an der anspruchsvoll. Sie vermittelt alle Kenntnisse und Mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung Die Fortbildungsmodule können auch einzeln frischen Luft mit Tieren arbeiten. Fertigkeiten, um eine Schafhaltung professionell eröffnen sich weitere Aufstiegs- und Fortbildungs- gebucht werden. Pro Jahr werden 2 – 3 Module Mir macht besonders das Hüten zu führen. möglichkeiten: Meisterprüfung, Agrarbetriebswirt angeboten. der Schafe Spaß und dass kein (Zweijährige Fachschule), Bachelor und Master Tag dem anderen gleicht.“ Auch Personen, die einen Schäfereibetrieb im (Hochschule). Beratung Nebenerwerb bewirtschaften und hauptberuflich Alexander: „Ich habe mich für in einem anderen Beruf arbeiten, können den Fortbildung Das Beratungsangebot des Landesbetriebes Land- diese Ausbildung entschieden, Berufsabschluss Tierwirt/Tierwirtin erwerben. Um wirtschaft Hessen steht allen hessischen Schaf- und da die Ursprünglichkeit dieses auf diesen Weg den Berufsabschluss zu erwerben, Die Schaf- und Ziegenhaltung in Hessen wird über- Ziegenhaltern zur Verfügung. Im Kuratorium für das Berufes mich sehr angesprochen müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. wiegend im Nebenerwerb oder als Hobbyhaltung landwirtschaftliche und gartenbauliche Beratungs- hat und auch die Vorstellung, in Insbesondere muss landwirtschaftliche Berufspraxis betrieben. Auch Hobby-Schafhalter und Personen wesen sind auch der Hessische Verband für Schaf- und mit der Natur zu arbeiten, über einen bestimmten Zeitraum nachgewiesen ohne landwirtschaftliche Ausbildung können sich zucht und -haltung sowie der Hessische Ziegen- obwohl ich überhaupt nicht aus werden. In einem speziellen Lehrgangsangebot zu sachkundigen Schafhaltern weiterbilden. Der zuchtverband vertreten und entscheiden mit über der Landwirtschaft komme.“ werden die erforderlichen Kenntnisse rund um die Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen bietet die die Ausrichtung und Schwerpunkte der Beratung Schafhaltung vermittelt. Mit dem Bestehen der Möglichkeit eines modularen Lehrgangsange- des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen. abschließenden Prüfung nach § 45, Abs. 2 Berufs- botes mit aktuell 8 Modulen (jeweils 1-2-tägig). bildungsgesetz wird der Berufsabschluss „Tierwirt/ Tierwirtin, Fachrichtung Schafhaltung“ erworben.
Produkte der Schaf- und Ziegenhaltung vermarkten Betrieb Heiko und Katja Berbalk, Waldems-Wüstems Betrieb Heiko und Katja Berbalk Der 200 Hektar große hessische Schafzuchtbetrieb von Heiko und • Hält vom Aussterben bedrohte Rasse der Rhönschafe Katja Berbalk liegt mitten in der Natur des Hoch-Taunus-Kreises • Hofeigene Schlachtung und Direktvermarktung in Waldems-Wüstems. Familie Berbalk betreibt dort zusammen über Wochenmärkte mit 3 Angestellten einen Schafzuchtbetrieb mit 780 Rhönschafen, • Arche-Hof (Gesellschaft zur Erhaltung 30 braunen Bergschafen und Thüringer Waldziegen. alter und gefährdeter Haustierrassen) Vor 20 Jahren übernahm Heiko Berbalk den Betrieb von seinen Eltern, die den schafhaltenden Betrieb immer im Nebenerwerb geführt hatten. Im Jahr 2002 baute Familie Berbalk einen neuen Die Vermarktung der hochwertigen Lammfleisch- Schafstall, in dem die Schafe in den Wintermonaten produkte erfolgt regelmäßig auf verschiedenen und auch zur Ablammung gehalten werden. Wochenmärkten in der Region und direkt am Hof. Der unmittelbare Kontakt zum Kunden ist den 2010 folgte noch der Bau des Wohnhauses in beiden Betriebsleitern wichtig. Es schafft eine Stallnähe, um die Tiere besser betreuen zu können. Vertrauensbasis und stärkt die Wertschöpfung. Die Haltung der Schafe erfolgt in reiner Hüte- Jährlich lädt der Betrieb Berbalk zu einem Hof- haltung, das heißt, der Schäfer wandert mit den fest ein. Dabei kann sich die Bevölkerung vor Schafen von Fläche zu Fläche. Die Schafe der Ort einen Eindruck vom Betrieb und der dor- Familie Berbalk werden auch im Naturschutzgebiet tigen Tierhaltung machen. Kindergärten und „Kirdorfer Feld“ in Bad Homburg Schulklassen erhalten aber auf Anfrage auch gehütet und verhindern dort eine ganzjährig Führungen über den Hof und Ein- Verbuschung der Naturschutzfläche. blicke in die Schaf- und Ziegenhaltung. Der Betrieb Berbalk hält überwie- Eine weitere Besonderheit ist, dass der Hof als gend Schafe der Rasse Rhönschaf, Arche-Hof bei der Gesellschaft zur Erhaltung eine sehr alte Nutztierrasse aus alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH) Hessen. Wichtig für die Vermark- registriert ist. Auf dem Hof werden folgende tung ist die Erzeugung von sehr Nutztierrassen gehalten, die allesamt in Ihrem hochwertigem Lammfleisch. Fortbestand gefährdet sind: Braune Bergschafe, Vorwerk Hühner, Thüringer Waldziegen und Rhönschafe haben den Vorteil, dass Rhönschafe. sie ganzjährig Lämmer gebären können und nicht nur im Frühjahr, wie viele andere Der Betriebsleiter vermittelt sein Wissen über die Schafrasen. Dadurch kann die Schäferei Berbalk das Schafhaltung gerne weiter, was auf der jahrelangen ganze Jahr über kontinuierlich frisches Lammfleisch Erfahrung fußt. Als anerkannter Ausbildungsbetrieb anbieten. Die Schlachttiere werden jeden Montag, bietet er die Grundlage, für die nächste Genera- Mittwoch und Freitag, ohne Stress und lange Trans- tion der Schafhalter. Zusätzlich ist er Mitglied im portwege in der hofeigenen Schlachterei geschlach- Prüfungsausschuss zum Tierwirt, Fachrichtung tet. Die Lammfleischprodukte werden direkt für Schäferei für Hessen und Rheinland-Pfalz. den Endverbraucher zugeschnitten und verpackt.
Die hessische Schaf- und Ziegenhaltung in Zahlen Traditionell besitzt die Schaf- und Ziegenhaltung Nach Angaben des Bundesministeriums für Ernäh- Gleichwohl erreicht die Entlohnung der betrieb- eine herausragende Rolle in der landwirtschaftli- rung und Landwirtschaft (BMEL) werden bundesweit lichen Arbeitskräfte in Schäfereien kaum die Höhe chen Nutztierhaltung. Über Jahrhunderte hinweg 1.834.300 Schafe und 138.800 Ziegen gehalten des staatlich festgelegten Mindestlohnes von 8,84 €. hat sich die Arbeit der Schäfer wenig verändert. (Daten und Fakten, BMEL, Dezember 2017). Daher müssen die Betriebe innovativ in der Ver- Seit etwa 1950 verlor die Schaf- und Ziegenhaltung marktung ihrer Schaf- und Ziegenprodukte sein. in Deutschland jedoch zunehmend ihre wirtschaft- In Hessen haben Schaf- und Ziegenhaltungen im liche Bedeutung. Deutschland und insbesondere Nebenerwerb oder als Hobbyhaltung den größten Bevor man in neue Vermarktungswege investiert, auch Hessen waren von diesem Rückgang betroffen. Anteil am Gesamtbestand. In der Abbildung sollte man sich professionell beraten lassen. Der „Hessische Schafhaltungen nach Herdengröße“ Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen hat auch zu Die Nachfrage nach Schafwolle und Ziegenmilch ist dies grafisch dargestellt. Im Januar 2017 waren Fragen der Direktvermarktung und Erwerbskom- sowie der Verzehr von Schaf- und Ziegenfleisch bei der Hessischen Tierseuchenkasse 5.804 Schaf- bination entsprechende Beratungsangebote. gingen stark zurück. Seit etwa 1980 hat sich die haltungen mit 164.346 Schafen und 3.241 Ziegen- Situation auf niedrigem Niveau stabilisiert, teilweise haltungen mit 21.808 Ziegen registriert. Von den Beispiele dafür finden sich in den Betrieben, die hat die Schaf- und Ziegenhaltung auch wieder etwas insgesamt 9.045 Schaf- und Ziegenhaltungen in in dieser Broschüre vorgestellt werden. Eine gut zugenommen. Hessen werden nur 1,2% im Haupterwerb geführt. funktionierende Direktvermarktung über Wochen- märkte, Hofläden oder regionale Vermarktungspro- gramme des Einzelhandels können ein wesentliches Element für den wirtschaftlichen Erfolg der Schaf- Die Bundesrepublik Deutschland hat einen Selbst- und Ziegenhaltung sein. versorgungsgrad für Lammfleisch von ca. 50 % und bei Ziegenkäse 35 bis 40 %. Lammfleisch wird Die mit dem LIFE – Projekt „Wetterauer Hutungen“ hauptsächlich aus den europäischen Nachbar- von 2010 – 2014 einhergehende sozioökonomische ländern und aus Übersee importiert, Ziegenkäse Studie veranschaulichte die ernüchternde Ertrags- kommt hauptsächlich aus Frankreich und Holland. lage der Schäferbetriebe, auch unter Berücksichti- gung der Fördermittel aus dem Agrarhaushalt. Ein ausreichendes Einkommen lässt sich heute nur noch über zusätzliche Einnahmen erzielen, z.B. durch entsprechende Verträge im Bereich Landschaftspflege und Naturschutz. Im Bundes- durchschnitt stammen 60 bis 80 % des Betriebs- einkommens von Haupterwerbsschäfereien aus Transferleistungen der Agrarförderung z. B. für extensive Wirtschaftsweise und aus Pflegegeldern für Dienstleistungen in der Landschaftspflege.
Förderung der Schaf- und Ziegenhaltung Schaf- und Ziegenhaltung findet überwiegend in chen Wertschöpfung unter besonderer Berücksich- Aktuelle Informationen und Details zur Förderung Regionen und auf Standorten statt, die landwirt- tigung der Verbesserung des Verbraucher-, Tier-, können beim Regierungspräsidium Gießen, Dez.51.1 schaftlich nur extensiv genutzt werden können. Umwelt- und Klimaschutzes beitragen. Das können erfragt werden (siehe Anhang). Viele dieser Flächen unterliegen einem gesetzlichen beispielsweise neue Stallgebäude sein oder auch Schutz (Landschaftsschutzgebiete, Naturschutzge- Einrichtungen, die zur Erzeugung, Verarbeitung Aktuelle Informationen und Förderbedingungen biete, NATURA 2000-Gebiete, Biosphärengebiete, oder Direktvermarktung bestimmter Produkte werden auch auf den Internetseiten der genannten Standorte mit Grünlandumbruchverbot). Sie sind dienen. Weitere Informationen zu diesem Förder- Landeseinrichtungen und Institutionen veröffentlicht häufig erst durch Schafbeweidung entstanden und verfahren sind beim Landesbetrieb Landwirtschaft (siehe Anhang). können auch nur durch diese erhalten werden. Hessen erhältlich. Die Fortführung der traditionellen Nutzung ist daher von größter Bedeutung. Diese sollte trotz defizitärer Das Hessische Programm für Agrarumwelt- und Wirtschaftlichkeit aufrecht erhalten werden. Nicht Landschaftspflege-Maßnahmen – kurz Halm – ist nur der Naturschutz, auch viele Kommunen und der ein Förderprogramm, aus dem unterschiedliche Tourismus in vielen Regionen Hessens sowie die Maßnahmen in der Landschaftspflege und im Gesellschaft insgesamt profitieren von dieser Form Naturschutz finanziert werden können. Für Schaf- der Landbewirtschaftung. und Ziegenhaltungen kommen hier verschiedene förderfähige Maßnahmen in Betracht. Die aktuell am Durch verschiedene Förderprogramme wird stärksten nachgefragten Maßnahmen in Hessen sind versucht, die Wirtschaftlichkeit der Schaf- und HALM B1 Ökolandbau, HALM D1 Grünlandextensi- Ziegenhaltung zu verbessern. EU-Direktzahlungen vierung in Kombination mit HALM H1 Naturschutz- aus der sogenannten ersten Säule kommen land- fachliche Sonderleistungen auf Grünland. Weitere wirtschaftlichen Betrieben zugute und orientieren Informationen zum HALM sowie die Antragsunterla- sich an den beihilfefähigen Flächen, die ein Betrieb gen sind bei den jeweiligen Landratsämtern, Bewil- bewirtschaftet. Die Direktzahlungen sind unmittel- ligungsstellen HALM, erhältlich. Im Förderverfahren bar an die Einhaltung zahlreicher Auflagen gebun- HALM G2 „Tiergenetische Ressourcen“ kann die Hal- den („Cross-Compliance“). Dazu zählen zahlreiche tung bestimmter Nutztierrassen gefördert werden. EU-Verordnungen und Richtlinien des Natur-, Aktuell sind das die Schafrassen „Rhönschaf“ und Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutzes, deren „Coburger Fuchsschaf“ sowie die Ziegenrasse „Wei- Einhaltung laufend und streng überprüft wird. ße Deutsche Edelziege“. Das aktuelle Agrarinvestitionsförderungsprogramm Voraussetzung für die Anerkennung der entspre- (AFP) bietet Betrieben mit Schaf- oder Ziegenhaltung chenden Tierrassen ist insbesondere die Aufnahme die Möglichkeit, bei Investitionen in langlebige in die Rote Liste alter und gefährdeter Nutztier- Wirtschaftsgüter eine Förderung zu beantragen, rassen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und wenn diese zur Verbesserung der Produktions- und Ernährung. In der neuen Förderperiode ab 2020 ist Arbeitsbedingungen, Rationalisierung und Senkung geplant, weitere Nutztierrassen in die Förderung der Produktionskosten und Erhöhung der betriebli- aufzunehmen.
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