SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU - Festschrift anlässlich des 100. Geburtstages von Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Otto Grim

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SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU - Festschrift anlässlich des 100. Geburtstages von Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Otto Grim
März 2012

SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU

Festschrift anlässlich des 100. Geburtstages
von Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Otto Grim
SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU - Festschrift anlässlich des 100. Geburtstages von Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Otto Grim
SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU - Festschrift anlässlich des 100. Geburtstages von Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Otto Grim
Festschrift anlässlich des 100. Geburtstages
von Prof. Dr.-Ing. E.h. Otto Grim

© Technische Universität Hamburg-Harburg
Schriftenreihe Schiffbau
Schwarzenbergstraße 95c
D-21073 Hamburg

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SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU - Festschrift anlässlich des 100. Geburtstages von Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Otto Grim
SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU - Festschrift anlässlich des 100. Geburtstages von Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Otto Grim
Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Otto Grim
     22. Dezember 1911 – 21. Juni 1994
SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU - Festschrift anlässlich des 100. Geburtstages von Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Otto Grim
Otto Grim – Wissenschaftler und Ingenieur
                     Prof. Dr.-Ing. Harald Keil
                               Seite 3

               Otto Grim und die Festigkeit der Schiffe
           Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing.E.h. Dr.h.c. Eike Lehmann
                                 Seite 8

                   Otto Grim und die Vibrationen
                   Prof. Dr.-Ing. Heinrich Söding
                               Seite 24

  Dynamik des Seeverhaltens und statische Stabilitätsbetrachtungen -
                     Versuch einer Synthese
                   Prof. Dr.-Ing. Stefan Krüger
                              Seite 37

Voraussage des Seeverhaltens von Schiffen in schwerer See mit RANSE
                    Prof. Dr.-Ing. Ould el Moctar
                               Seite 52

          Das Grimsche Leitrad – Chronik einer Innovation
         Dipl.-Ing. Michael vom Baur, Dr.-Ing. Klaus Meyne
                              Seite 69

                   Otto Grim und das Manövrieren
                Prof. Dr.-Ing. Andrés Cura Hochbaum
                                Seite 81

                   Nicht verzagen, Otto fragen!
        Otto Grim und das Verhältnis von Theorie und Praxis
                     Dipl.-Ing. Peter Schenzle
                             Seite 83
SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU - Festschrift anlässlich des 100. Geburtstages von Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Otto Grim
Otto Grim – Wissenschaftler und Ingenieur
                                         von Harald Keil

Wir wollen heute das Leben von Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing.E.h. Otto Grim kurz skizzieren und
einen Einblick in die wesentlichen Gebiete seines Schaffens geben.
Otto Grim wurde am 22. Dezember 1911 in Groißenbrunn in Niederösterreich geboren. Um es
vorweg zu sagen: Obwohl der Geburtsort mitten im damals mächtigen k.u.k.-Reich lag, vereinte
Otto Grim in sich alle Eigenschaften, die man „preußische Tugenden“ nennt.
Nach dem Besuch der Technisch-gewerblichen Bundesanstalt in Mödling bei Wien ab 1925 und der
Reifeprüfung 1929 studierte er Schiffbau und Schiffsmaschinenbau an der Technischen Hochschule
Wien. Das Studium schloß er im Dezember 1934 mit der zweiten Staatsprüfung ab und erhielt den
Titel „Ingenieur“, was ihm später Probleme bereitete, da in Deutschland der entsprechende Titel
„Diplom-Ingenieur“ hieß.
Anschließend war er arbeitslos, bis er 1936 eine Anstellung bei der Kriegsmarinewerft Wilhelms-
haven in der Abteilung für Messungen und wissenschaftliche Untersuchungen fand. 1937 wechsel-
te er als Sachbearbeiter für Schwingungen und Vibrationen in das Oberkommando der Kriegs-
marine in Berlin, wo er 1939 die Baumeister-Prüfung ablegte. 1940 wurde er Marinebaurat und
Referent für den Entwurf kleiner Uboote.
Das Kriegsende erlebte er unter Wasser in einem Uboot, kam nach dem Auftauchen in norwegi-
sche und ab Oktober 1945 in französische Kriegsgefangenschaft. Von 1947 bis 1949 arbeitete er
als Konstrukteur in einem Ingenieurbüro in Kressbronn am Bodensee für die französische Marine.
1950 trat er als Leiter der Forschungsabteilung und später stellvertretender Direktor in die Ham-
burgische Schiffbau-Versuchsanstalt HSVA ein. Am 24. Juni 1953 promovierte er mit einer Arbeit
über die „Berechnung der durch Tauchbewegungen eines prismatischen Körpers erzeugten hydro-
dynamischen Kräfte“ als erster Schiffbauer in Deutschland nach dem Krieg mit Auszeichnung zum
Doktor-Ingenieur. Prof. Weinblum sagte dazu: „Ich betrachte es als eines der besten Auspizien unse-
rer neuen Schiffbau-Abteilung Hannover-Hamburg, daß sie mit einer so glanzvollen Arbeit ihr Le-
ben begonnen hat.“ Mit dieser Arbeit wurden nicht nur in Deutschland Maßstäbe gesetzt; sie stand
am Beginn einer weltweiten sprunghaften Entwiclung der Kenntnis über Bewegungen und Belastun-
gen von Schiffen im Seegang.
Am 16. Januar 1957 habilitierte er sich an der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät der
Universität Hamburg und lehrte von da ab als Privatdozent am Institut für Schiffbau. 1962 wurde
er nach einer Tätigkeit am Stevens Institute of Technology in Hoboken/USA als Nachfolger von
Prof. Weinblum auf den Lehrstuhl für Schiffstheorie am Institut für Schiffbau berufen. Prof. We-
hausen von der University of California in Berkley schrieb dabei in seinem Gutachten: „Ohne
Zweifel ist Grim der geeigneteste Kandidat in Deutschland, wahrscheinlich auch in der ganzen
Welt.“
Von 1969 bis 1974 übernahm er in wirtschaftlich sehr schwerer Zeit zusätzlich die Leitung der
HSVA. Manche meinten, es wäre immer sein Traum gewesen, Direktor der HSVA zu sein. Dies
halte ich für einen Irrtum. Es war pures Pflichtbewußtsein, das ihn dazu veranlaßte. Als ich ihn in
der HSVA besuchte, um ihm meine Dissertation zu erklären und ihn zu bitten, sie in der Fakultät
zu vertreten – eine intensive Betreuung, wie sie heute gefordert und praktiziert wird, gab es da-
mals nicht; schließlich war ja eine selbständige Leistung verlangt. -, sagte er, nachdem wir zwei
Stunden zusammen gesessen hatten: „Sehen Sie, das macht mir Spaß!“

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So hat er eine ganze Generation von Schiffbauern als Studenten begabt und an die Schiffstheorie
herangeführt und als junge Wissenschaftler zur Blüte gebracht. Die von ihm verkörperte Verbin-
dung von tiefen theoretischen Kenntnissen mit einem ausgeprägten Gefühl für die praktische Mach-
barkeit, ja einer intuitiven Sicherheit für das Ergebnis machten ihn zum unerreichbaren Vorbild sei-
ner Schüler. Dazu kam ein hohes Maß an Kreativität und Beharrlichkeit in der Umsetzung seiner
Ideen.
Überall waren sein Rat und seine Mitarbeit gefragt, nie hat er sich verweigert. So war er zwölf
Jahre Mitglied des Forschungsrates der Freien und Hansestadt Hamburg, davon fünf Jahre als Prä-
sident oder Vizepräsident. Sechs Jahre hat er als stellvertretender Sprecher den Sonderforschungs-
bereich „Schiffstechnik und Schiffbau“ geleitet. 45 Jahre gehörte er der Schiffbautechnischen Ge-
sellschaft an, zehn Jahre als Leiter eines Fachausschusses und sechzehn Jahre als Mitglied des
Vorstandsrates.
In keinem Verhältnis zu seinen Leistungen stand sein Habitus. Extreme Zurückhaltung und Be-
scheidenheit zeichneten ihn aus. Nichts war ihm mehr zuwider als die erste Reihe und das Rampen-
licht. Und dennoch hat er alle Auszeichnungen erhalten, die für einen Schiffbauer denkbar sind. Im
November 1959 erhielt er die Silberne und 1986 die Goldene Denkmünze der Schiffbautechnischen
Gesellschaft "Für Verdienste um den Deutschen Schiffbau". 1979 verlieh ihm die Hannoversche
Hochschulgemeinschaft die Karmarsch-Gedenkmünze, die alle zwei Jahre für außerordentliche
Ingenieurleistungen vergeben wird, und am 19. Dezember 1986 das Deutsche Institut für Erfin-
dungswesen in Nürnberg die Diesel-Medaille in Silber. Dabei stand er in Hannover neben Prof. Wal-
ter Bruch, dem Erfinder des PAL-Farbfernsehens, und in Nürnberg neben Dr. Felix Wankel und
Prof. Artur Fischer. Ihm schien das zuviel der Ehre. Er schrieb an das Deutsche Institut für Erfin-
dungswesen, als dies ihm die Ehrung ankündigte: „Natürlich würde ich mich über die Verleihung
der Diesel-Medaille freuen und mich sehr geehrt fühlen; jedoch kenne ich viele Kollegen, die
ebensoviel geleistet haben wie ich und nicht so hoch geehrt wurden.“
Die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen hatte bereits am 29. Oktober 1982 das
wissenschaftliche Gesamtwerk durch die Verleihung des Doktor-Ingenieurs Ehren halber gewür-
digt. Die Gutachter in dem Verfahren waren die Professoren Wehausen in Berkley, Gerritsma in
Delft und Pestel in Hannover, der zu der Zeit auch in Kalifornien weilte. Und der Bundespräsident
hatte ihm im gleichen Jahr das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik
Deutschland verliehen, eine für einen hamburgischen Beamten außergewöhnliche Auszeichnung.
Ende des Wintersemesters 1977/78 ließ er sich emeritieren, nicht weil er keine Lust mehr hatte,
sondern aus Konsequenz. Er hielt den damals von uns betriebenen Hochschulübergreifenden
Studiengang nicht für richtig und wollte ihn nicht mittragen.
1992 hat er angefangen, Gedanken über sein Leben und sein Verhältnis zur Moderne aufzu-
schreiben. Leider hat ihn die Ende 1993 aufgetretene schwere Krankheit, gegen die er mit eiser-
nem Willen angekämpft hat, auch hieran gehindert. Am 21. Juni 1994 verstarb er in seinem
Haus in Meiendorf.
"Sie sind ein Vertreter des Teiles unserer Gesellschaft, der durch Begabung sowie harte und aber-
mals harte Arbeit und ewiges Lernen in Freiheit schöpferisch zum Fortschritt beigetragen hat." Diese
Worte des Laudators Ludwig Bölkows bei der Übergabe der Diesel-Medaille charakterisieren den
Wissenschaftler Grim. Vielen von uns bedeutete Otto Grim jedoch viel mehr. Seine Offenheit,
sein Verständnis, seine Geduld und seine menschliche Wärme haben ihm einen festen Platz in un-
seren Herzen gesichert.

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Veröffentlichungen von Prof. Otto Grim

1951         Das Schiff in von achtern auflaufender See     HSVA-Bericht 972
                                                            Jahrb. STG 45
Sept. 1952   Rollschwingungen, Stabilität und               HSVA-Bericht 1002
             Sicherheit im Seegang                          Schiffstechnik 1952
1952/53      Berechnung der Festigkeit eines                Schiff + Hafen 1952
             Schalenschiffes                                Schiff + Hafen 1953
Jan. 1953    Berechnung der durch Tauchschwingungen         Dissertation TH Hannover
             eines prismatischen Körpers erzeugten
             hydrdynamischen Kräfte
1953         Über den Einfluß der mitschwingenden Wasser-   Schiff + Hafen 1953
             masse auf die Schwingungseigenschaften
             lokaler schwingungsfähiger Systeme
1953         Berechnung der durch Schwingungen eines        Jahrb. STG 47
             Schiffskörpers erzeugten hydrodynamischen
             Kräfte
1954         Zur Stabilität der periodischen erzwungenen    Ing.-Archiv 1954, Heft 1
             Rollschwingungen eines Schiffes
1955         Das Schiff und der Dalben                      Schiff+Hafen 1955
1956         Die hydrodynamischen Kräfte beim Rollversuch   Schiffstechnik 1956
1956         Über das Eisbrechen                            HSVA-Bericht 1089
1956         Die Schwingungen von schwimmenden              HSVA-Bericht 1090
             zweidimensionalen Körpern
Dez. 1956    Durch eine Oberflächenwelle erregte            HSVA-Mitt. 298
             Tauchbewegung                                  Schiffstechnik 1957
Jan. 1957    Die Schwingungen von schwimmenden              HSVA-Bericht 1117
             zweidimensionalen Körpern
             Berechnung der hydrodynamischen Kräfte
1957         Durch Wellen an einem Schiffskörper            Proc. Symposium on
             erregte Kräfte                                 Behavior of Ships in a
                                                            Seaway, Wageningen
Sept. 1958   Erzwungene Querschwingungen des                Jahrb. STG 52, Hansa 51/52
             Schiffskörpers                                 Schiff + Hafen, Heft 12
Jan. 1959    Die Berechnung von hydrodynamischen            HSVA-Bericht 1122
             Kräften an dreidimensionalen Schiffskörpern
Sept. 1959   Die Schwingungen von schwimmenden zwei-        HSVA-Bericht 1171
             dimensionalen Körpern. Berechnung der
             hydrodynamischen Kräfte
1959         Untersuchung der Wasserbewegung in einem       HSVA-Bericht 1119
             Kesselwagen
Okt. 1959    The Influence of Speed on Heaving and          HSVA-Bericht 1197
             Pitching Motions in Smooth Water and on
             the Forces Generated in Head Waves

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1960         Eisbrechen in Helsinki                            HSVA-Bericht 1213
Febr. 1960   Elastische Querschwingungen des Schiffskörpers Schiffstechnik 35
Juni 1960    Eine Methode für eine genauere Berechnung der     HSVA-Bericht 1217
             Tauch- und Stampfbewegungen in glattem
             Wasser und in Wellen
1960         Reduktionsfaktor für die Berücksichtigung der     Schiffstechnik 7
             räumlichen Strömung bei der Berechnung der
             hydrodynamischen Masse
Sept. 1960   A Method for a More Precise Computation of        Third Symposium on Naval
             Heaving and Pitching Motions Both in Smooth       Hydrodynamics,
             Water and in Waves                                Scheveningen
1960         Lagerung der Propellerwelle in einem              Jahrb. STG 54
             elastischen Stevenrohr
1961         Beitrag zum Problem der Sicherheit des Schiffes   Schiff + Hafen Nr. 6
             im Seegang
1961         The Influence of the Main Parameters of the Ship HSVA-Bericht 1253
             Form on the Heaving and Putching Motions in
             Waves
1962         Die Deformation eines regelmäßigen, in Längs-   IfS-Bericht 109,
             richtung laufenden Seegangs durch ein fahrendes Schiffstechnik 9, Nr. 46
             Schiff
1963         Surging Motion and Broaching Tendencies in a      Dt. Hydrogr. Zeitschrift,
             Severe Irregular Sea                              Heft 5
März 1965    Hydrdynamische Kräfte bei Quer- und Roll-         IfS-Schrift 2054
             bewegungen
Juli 1965    Das Rollmoment in schräglaufenden Wellen          IfS-Bericht 148,
             (gemeinsam mit Y. Takaishi)                       Schiffstechnik 10
Okt. 1965    Gutachterliche Stellungnahme zur Frage der        IfS-Schrift 1074
             Beeinträchtigung der Schiffahrt durch eine
             Doppel-S-Schlag-Ausbiegung einer „geraden“
             Kanalstrecke (gemeinsam mit H. Thieme)
Juli 1966    Propeller und Leitrad                             IfS-Bericht 164,
                                                               Jahrb. STG 60
1967         Propeller und Leitrad – Weitere Ergebnisse        Schiffstechnik 70
1967         Der Einfluß der hydrdynamischen Größen beim       Schiff + Hafen 12
             Rollversuch (gemeinsam mit H. Keil)
1967         Die Bewegungen und Belastungen des Schiffes       IfS-Bericht 182,
             im Seegang                                        Jahrb. STG 61
1968         Berechnung der Torsionsbelastung eines          FDS-Bericht 5,
             Schiffes im Seegang (gemeinsam mit P. Schenzle) IfS-Bericht 236
1969         The Prediction of Torsional Moment, Horizontal IMAS 69, London
             Bending Moment, and Horizontal Shear Forces
             on a Ship in Waves (gemeinsam mit P. Schenzle)

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1969         Der Einfluß der Fahrgeschwindigkeit auf die      FDS-Bericht 7,
             Torsionsbelastung eines Schiffes im Seegang      IfS-Bericht 237
             (gemeinsam mit P. Schenzle)
1969         Untersuchung eines Vortriebsorgans Propeller     FDS-Bericht 10
             und Leitrad auf einer Barkasse
             (gemeinsam mit J.V. Chirila)
1970         Das Schiff im Seegang                            Interocean 70, Düsseldorf
1971         Schiffsschraubenanordnung                        Auslegeschrift 1756 889
1971         Propeller und Leitrad – Propulsionsversuche      FDS-Bericht 22
             mit einem völligen Modell
1971         Propeller und Leitrad – Einfluß und Flügelzahl   HSVA-Bericht 1465
             und Reynolds-Zahl
1971         Forces on a Two-Dimensional Body                 Jubiläumsschrift
             Excited ba an Oblique Wave                       W.P.A. van Lammeren,
                                                              Wageningen
1975         Resistance Tests of Two Models with the          14. ITTC, Ottawa 1975
             same Area Curve
1975         A Second Order Effect on Wave Bending Moment 14. ITTC Ottowa 1975
             (gemeinsam mit P. Schenzle)
März 1975    Elastische Schwingungen des Schiffes erregt durch IfS-Bericht 325
             nichtlineare Kräfte des natürlichen unregelmäßigen
             Seegangs
Sept. 1975   Hydrodynamische Masse bei lokalen Schwingun- Wiss. Zeitung der
             gen, insbesondere bei Schwingungen im Bereich Universität Rostock,
             des Maschinenraums                            Schiff + Hafen 11
Okt. 1975    Hydrodynamische Trägheits- und Dämpfungs-        VIII. Kontaktstudium
             kräfte. Hydrodynamische schwingungserregende     IfS – STG, Hamburg
             Kräfte
Juni 1977    „Sea Troll“ – Grenzbedingungen eines Kran-       IfS-Bericht 355
             schiffs im Seegang
Jan. 1978    Tauch- und Stampfbewegung 2: Bewegungen,         IfS-Bericht 363
             Kräfte und Druckverteilungen
Juli 1978    Berechnung der hydrodynamischen Kräfte, die auf IfS-Bericht 372
             einen eine Rollbewegung mit großer Amplitude
             ausführenden schwimmenden Körper wirken
Juli 1978    Belastungen und Beanspruchungen der tragenden Sonderforschungsbereich 98
             Schiffskonstruktion                           Abschlußbericht
1979         Propeller und Leitrad als mögliches Antriebsorgan 2. Georg-Weinblum-
             für Schiffe                                       Gedächtnisvorleung,
                                                               IfS-Bericht 388
1980         Ship Structure Loads and Stresses                Ocean Engineering vol. 7,
             (gemeinsam mit anderen)                          Pergamon Press
1980         Forschungsschiff Gauss – Erprobung des Antriebs- BMFT-Statusseminar 1980,
             organs Propeller und Leitrad                     Hamburg
1980         Propeller and Vane Wheel                         Journal of Ship Research 24

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Prof. Grim und die Festigkeit der Schiffe
Vortrag zum Festkolloquium anlässlich des 100. Geburtstages von
            Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Otto Grim
                        Eike Lehmann
Vorwort
Otto Grim gehört mit Recht zu der kleinen elitären Gruppe von exzellenten deutschen Schiffs-
theoretikern, die nach dem Zweiten Weltkrieg mit wesentlichen Beiträgen zur Schiffshydro-
dynamik den Anschluss Deutschlands an die internationale Entwicklung der Schiffstheorie
wieder ermöglicht hat. Es ist aber weitestgehend unbekannt, das Grim als junger Ingenieur
sich nicht mit hydrodynamischen, sondern vorzugsweise mit Festigkeitsproblemen, vorzugs-
weise mit Festigkeitsfragen des Ubootbaus, beschäftigt hat. So erklärt sich vielleicht, dass
eine Reihe von späteren Arbeiten Grims eine auffallende Nähe zu Fragen der Fluid/Struk-
tur-Interaktion besitzen. Ein Beispiel sind die Modellversuche Grims zum Verhalten von
Stahldalben und sonstigen Hafenbauwerken bei Kollision mit Schiffen 1955 in der HSVA. Ich
darf auch an die Grimsche Welle, deren Entwicklung eine vertiefte Kenntnis des Vibrations-
verhaltens von Strukturen im Wasser voraussetzt, erinnern. Auch die Arbeiten zum Torsions-
verhalten von Schiffen im Seegang mit Peter Schenzle gehören dazu.

Otto Grim als Uboot-Konstrukteur
Otto Grim war nach Studium an der TH Wien und vergeblicher Suche nach geeigneter Arbeit
in das Amt für Kriegsschiffbau der Deutschen Kriegsmarine eingetreten, wo er etwa ab 1942
Referatsleiter KIUe geworden war. Das Referat war für die Entwicklung von Klein- und
Kleinst- Ubooten sowie für allgemeine wissenschaftliche Fragen zuständig. Unter den wissen-
schaftlichen Fragestellungen waren naturgemäß auch vorzugsweise solche die die Festigkeit
der Boote betrafen.
So war die gewünschte Erhöhung der Tauchtiefe des Typ VIIC durch Verwendung höherfes-
ter Stähle und bestimmter struktureller Maßnahmen aber auch die Festigkeit der ungewöhnli-
chen Rumpfform des Typs XXI mit schwierigen Fragen der Festigkeit verbunden, die Grim
mit Hilfe der Schalentheorie bearbeitet hat1.

Achtförmiger Druckkörpersektion des Ubootes vom Typ XXI

1
 Über die Einzelheiten des Baues von Ubooten während des Zweiten Weltkrieges, insbesondere der
Sektionsbauweise haben Kurt Arendt und Heinrich Oelfken unter dem Titel Die Baumethoden der
deutschen U-Boote 1935-1945 in 100 Jahre Verbandsgeschichte des Verbandes der Deutschen
Schiffbauindustrie 1984 berichtet.

                                               8
Grim war an Bord der berühmten Testfahrt vor Hela mit dem Walter Uboot V 80, welches
dem Großadmiral Reader 1941 vorgeführt worden war und 26 kn unter Wasser erreichte 2.
Grim hat noch 1993 davon berichtet und dass er fasziniert von der Idee (des Unterwasser-
schnellbootes von Walter) war und es immer bedauert hätte, das es nicht schneller reali-
siert werden konnte, schrieb Grim Eberhard Rössler in einem Brief vom 11.9.19933.

               Walter Uboot vom Typ V80 auf der Testfahrt vor Hela 1941

Wie sorgfältig Grim bei allen seinen Berechnungen vorgegangen ist zeigt eine weitere Äuße-
rung aus obigem Brief, in dem er berichtet, dass man die mittragende Breite der Haut, durch
die das Trägheitsmoment des Spantprofiles verstärkt wird, erst ab 1942 zu 1,55 ⋅ s ⋅ R einge-
setzt hat. Vorher wurde 5 ⋅ s eingesetzt. Grim schreibt weiter: Dieser Änderung lagen eine
(offenbar eigene) wissenschaftliche Arbeit und Druckversuche bei den Deutschen Werken in
Kiel mit Modellen von 2 m Durchmesser und 2,5 m Länge zugrunde.
Die Formel Grims erschien mir nicht sehr zuverlässig, denn der Grenzwert der mittragenden
Breite be zum Spantabstand b zu einem ungekrümmten Gurt wird 1, und nicht wie bei Grims
Formel unendlich. Da ich in meinem Kolleg auch Ausdrücke für gekrümmte Gurte abgeleitet
habe, erlaube ich mir einen Vergleich.
Es stellt sich heraus, dass in dem für U Boote geltendem Bereich beide Formeln nahezu iden-
tische Ergebnisse liefern. Mit

                                                 b2
                                         αb=         3
                                                s⋅ R
erhält man
                                   be   2 cosh α b − cos α b
                                      =
                                   b α b sinh α b + sin α b

be/b

2
  Grim hat zumindest auch einmal an einer Kriegsfahrt 1942 eines U-Tankers, U 459 vom Typ XIV,
Kommandant Korv. Kpt von Wilamowitz-Möllendorf, südlich von Neufundland teilgenommen. Siehe
Geschichte der U-Boote von E. Rößler.
3
  Brief vom 11.9.1993 an E. Rößler

                                                9
1
                 0,9
                 0,8
                 0,7
                 0,6
                 0,5                                                            1)

                 0,4                                                            2)

                 0,3
                 0,2
                 0,1
                  0
                       0   5      10     15      20     25     30     35

                                                 b2
                                                s⋅ R
Von einer weiteren Aktion hat Grim mir selbst erzählt. Grims Berechnungen der ungewöhnli-
chen achtförmigen Rumpfform des Typs XXI traute man nicht, zumal es für die Berechnung
solcher Rumpfformen, insbesondere der unteren Rumpfschale, keine gesicherten Berech-
nungsgrundlagen gab, und so führte man Tauchversuche vor der norwegischen Küste noch
kurz vor Kriegsende durch4, denn es waren Zweifel aufgekommen, ob die Boote die erforder-
liche Konstruktionstauchtiefe erreichen können. Als Konstruktionstauchtiefe waren 135 m
vorgesehen; damit ergab sich eine Zerstörungstauchtiefe bei einer Sicherheit von 2,5 von 330
m und eine Prüftauchtiefe mit einer Sicherheit von 1,5 von 200 m5.
Den letzten solcher Versuche hat Grim als Versuchsleiter am 8. Mai 1945 vor Christiansand
mit U 2529 vom Typ XXI, Kommandant Olt. z. See Fritz Kallipke, durchgeführt. Nach meh-
reren Tauchversuchen, bei denen zunächst 210 m erreicht wurden, hat Grim bei einem erneu-
ten Tauchversuch 220 m erreicht, dann war der Krieg vorbei.

In dem erwähnten Brief an Eberhard Rössler erinnert sich Grim: Es macht mich betroffen, zu
lesen und erinnert zu werden, was sich 1945 abgespielt hat. Erstens, weil die Druckfestigkeit
nicht ausreichend war6, und zweitens, weil ich vermutlich nicht vollständig informiert war, als
ich den Tieftauchversuch am 8.5.1945 mitmachte. Hierzu:
1.      Für die Berechnung war eine Streckgrenze von 3500 kg/cm2 sowie eine Zerstörungs-
tauchtiefe von 135x2,5=337,5 m vorgegeben. In Ihrem Buch steht 330 m. Ich bin sicher, dass
ich mich hier nicht irre und auch nichts vergessen habe.
2.      Für die Berechnung der Zweikreisform lagen keine Unterlagen vor. Haut und insbe-
sondere die Spanten konnten nicht wie für einen zylindrischen Druckkörper bestimmt werden;
sie wurden zusätzlich auf Biegung berechnet. Zusätzlich waren da noch die Stütze zwischen
den beiden Kreisschalen, die eine Druckkraft von rd. 9 000 kg/cm standhalten musste. Natür-
lich wäre rechtzeitig ein Druckversuch notwendig gewesen. Der Versuch im Februar kam zu
spät. Die erreichten 30 kg/cm2 (entsprechend 300 m Zerstörungstauchtiefe) waren um 9,4 %
zu wenig. Was der KIU ( Min. Rat. Christof Aschmoneit) bei den folgenden Besprechungen
Dönitz und dem K-Chef (Adm. Friedrich Ruge) erklärte, ist mir damals nicht bekannte gewor-
den.

4
  Das für solche Versuche von der Kriegsmarine betriebene Druckdock war für die XXI U-Boote zu
klein.
5
  Rößler, E.: Geschichte des deutschen U-Bootbaus, Bd.2, S. 432. Bernhard & Graefe Verlag, 1996.
6
  Der Druckversuch mit einem Modell einer Sektion bei der Germaniawerft in Kiel im Feb. 1945 hatte
gezeigt, das bei einem Druck von 30 kg/cm2, entsprechend 300 m Tauchtiefe, im Bereich der Schotte
im unteren Schalenbereich Einbeulungen entstanden, die bei 31,5 kg/cm 2 zu Rissen führten, was eine
Reduktion des Konstruktionstauchtiefe von 135 auf 120 bedeutet.

                                                10
3.      Über die Tieftauchversuche von Herrn Diestelmeier7 und über seine Ergebnisse war
ich in etwa unterrichtet, ebenso über die sehr schweren Vorwürfe, die KIU gemacht wurden.
4.      Als Herr Aschmoneit von seinem Tieftauchversuch zurückkehrte, war ich schon unter-
wegs nach Kristiansand8. Ich wußte daher am 8. 5. nicht, dass Herr Aschmoneit 220 m er-
reichte und daß Oberdecksbehälter implodierten. Die Oberdecksbehälter wurden nicht von
mir und wahrscheinlich auch von keinem anderen in KIU dimensioniert.

Die Schwierigkeiten beim Bau des Typs XXI, die geforderte Druckfestigkeit zu erreichen, ist
aus heutiger Sicht nicht durch fehlerhafte Berechnung, sondern durch die Wirren am Ende des
Krieges zu erklären. Änderungen während des Baus, wegen Zeitmangel unterlassene Festig-
keitsteste sowie sehr begrenzte Möglichkeiten der numerischen Berechnung und mangelhafte
Informationen sowie die ständige Bedrohung durch Bomben sind die Ursachen gewesen.
Dennoch ist es fast unglaublich, dass es unter diesen Bedingungen innerhalb von wenigen
Monaten gelungen ist, ein neues und zukunftweisendes Boot in größeren Serien zu bauen.

Grims Referat war zuständig für Klein- und Kleinst-Uboote, die bis 1943 wenig Beachtung in
der Kriegsmarine gefunden hatten, obwohl z. B. Heinrich Dräger in Lübeck bereits 1942 ge-
naue Vorstellungen zum serienmäßigen Bau solcher Boote entwickelt hatte. Am 23. Sept.
1943 war es den zwei britischen Klein- Ubooten X6 und X7 in Norwegen gelungen, am Bo-
den des Schlachtschiffes Tirpitz Sprengladungen anzubringen, die das Schiff schwer beschä-
digten. Bei einem Angriff auf Bergen war dann wenig später der Kriegsmarine ein britisches
Klein-U-Boot vom Typ WELMANcraft in die Hände gefallen.

Beide Ereignisse bewogen nun das K- Amt, beschleunigt ebenfalls Klein-Uboote zu entwi-
ckeln, und zwar unter der Leitung von Grim zunächst den Typ XXVII (Hecht) und 1944 mit
der Bezeichnung Seehund9 den Typ XXVII B 5, von denen immerhin dann 285 Boote gebaut
worden sind.

                       Kleinst-Uboot XXVII B 5 später 127 Seehund

Die Boote waren klassische Tauchboote mit einer Besatzung von 2 Mann und hatten eine
Konstruktionstauchtiefe von 30 m. Mit dem Seehund wurde ein Druckversuch im Druckdock
7
  Der MOBR Diestelmeyer hatte im März 1945 die ersten Tauchversuche durchgeführt und nach ver-
schiedenen Verstärkungen Anfang April einen zweiten Versuch durchgeführt, der bei 170 m abgebro-
chen werden musste. Daraufhin hat Aschmoneit selbst, offensichtlich nach erheblichen Vorwürfen
von Dönitz und Ruge, am 14. April Tauchversuche mit einem weiter verstärken Boot durchgeführt, bei
dem er bis auf 220m tauchte. Grim hatte dann den Auftrag von Aschmoneit, den Dönitz offensichtlich
gefordert hatte, mit jedem Boot, welches in den Fronteinsatz gehen sollte, Tieftauchversuche durchzu-
führen. Hierzu Einzelheiten in Wenzel, E.: U 2540 , S. 105, 143,199, Karl Müller Verlag, Erlangen
1996.
8
  Grim war mit einem U-Boot von Kiel nach Kristiansand gelangt.
9
  Mattes, K.: Die Seehunde, Klein-U-Boote, Verlag E. S. Mittler & Sohn, Hamburg, 1995.

                                                 11
durchgeführt. Der Versuch zeigte, dass das Versagen des Druckkörpers im mittleren Bereich
mit dem Turm seinen Ausgang genommen hat. Bei welchem Druck, ist mir nicht bekannt. Er
müsste bei etwa 8 bar gelegen haben.

                    Druckversuch mit einem Seehund im Druckdock

                                           12
Kleinst-Uboot XXVII B 5 später 127 Seehund

Wie weit Grim bei der Entwicklung der zahlreichen anderen Kleinst-Uboote beteiligt gewesen
ist, konnte nicht festgestellt werden.

Grim kam nach dem Ende des Krieges zunächst in britische Gefangenschaft und ist von den
Engländern als „belasteter“ Kriegsgefangener dem französischen Heer übergeben worden und
zu Zwangsarbeit in Kohlengruben gezwungen worden. Eberhard Rößler schrieb mir, dass der
Marinebaudirektor Heinrich Oelfken, von dem die Idee stammte, kurzfristig aus dem Walter
Uboot Typ XVIII ein Elektroboot zu entwickeln, seit 1946 für die französische Marine in
Kressbronn gearbeitet hat und den schwer erkrankten Grim aus der Gefangenschaft nach
Kressbronn geholt hat. Dort hat Grim umfangreiche theoretische Berechnungen für Druckkör-
per mit unterschiedlichen Aussteifungen durchgeführt.
Das Beispiel der Berechnung der Beullast der Kreisplatte möge zeigen, wie ernsthaft Grim
sich theoretisch beschäftigt hat. Für die genaue Berechnung des elastischen Beulversagens der
ebenen, frei aufgelegten oder auch eingespannten Kreisplatte, und zwar nicht nur unter radia-
ler, sondern auch tangentialer Belastung, hat Grim 1948 eine geschlossene Lösung erarbeitet
und in dem Buch Drang und Zwang Bd. II von Prof. Ludwig Föppl - berühmter Ordinarius für
Mechanik an der TU München - eine Formel entdeckt, die zu anderen Ergebnissen führt.
Grim hat dann Föppl auf diesen Unterschied hingewiesen, nicht ohne eine umfangreiche theo-
retische Ableitung seiner Formel zu geben. Föppl hat Grim dann umgehend geantwortet und
seinen Fehler unumwunden auch eingeräumt, nicht ohne zu erwähnen, dass eine geschlossene
analytische Lösung bereits von Bryan 189110 publiziert worden ist und auch von Nádai 191511
und von Timoshenko 1940. Es war nun reizvoll, die Ergebnisse von Föppl und Grim und die
analytische Lösung mit modernen Mitteln der Numerik, sprich FE- Methode, zu überprüfen.
Man kann die teilweise sehr anspruchsvollen Berechnungen, die auf die Lösung einer Bessel-
schen Differenzialgleichung hinausläuft, in einfacher Weise vergleichen, da die kritische
Beulspannung p ki außer vom E-Modul und der Querkontraktionszahl ν letztlich nur vom
Quadrat des Verhältnisses der Plattendicke zum Radius der Platte abhängig ist. Die kritische
Beulspannung ist dann für ν = 0,3
                                                                   2
                                                            t 
                                             pki = C ⋅ E ⋅  
                                                            R
Die unterschiedlichen Lösungen zeigen sich nur in den Konstanten C
10
     Bryan: Proc. Math. Soc. Vol. 22, S. 45, London 1891
11
     Nádai, A.: Das Ausbeulen von kreisförmigen Platten, Zeitschrift des VDI, 1915, S. 169

                                                     13
C
                                        frei gelagert   fest eingespannt
                             Föppl          0,222             0,778
                             Grim           0,316             1,42
                             analytisch     0,389             1,34
                             FE             0,389            1,35

Als grundsätzlicher Mangel haftet allen diesen Lösungen natürlich an, dass ein lineares Werk-
stoffverhalten vorausgesetzt wird, denn mit der kritischen elastischen Beulspannung kann die
Tragfähigkeit der Platte schon lange überschritten sein, beziehungsweise in einer realen Kon-
struktion durch Lastumlagerungen bzw. bestimmte Konstruktive Randbedingungen der Un-
verschieblichkeit noch lange nicht erreicht sein. Analytische Berechnungen, die ein nichtli-
neares Werkstoffverhalten berücksichtigen, sind wegen unüberwindbarer mathematischer
Schwierigkeiten damals und auch heute unmöglich. Hier helfen heute aber die Numerik und
das in atemberaubender Vollkommenheit.

Erstaunlich ist eigentlich, dass Grim die Lösungen von Bryan, Nádai und Timoshenko offen-
sichtlich nicht gekannt hat. Ein Grund könnte gewesen sein, dass man im K- Amt nur geringes
Interesse an theoretischen Arbeiten der Festigkeit besaß und demgemäß nicht über entspre-
chende Literatur verfügte. Nach dem Krieg könnte der Grund die schlechte Zugangsmöglich-
keit zu einschlägigen Lehrbüchern gewesen sein.

Dennoch hat Grim sehr interessante Arbeiten z. B. über den Einfluss der Formänderung der
Spanten auf den Einbeuldruck der Haut nach von Mises 1947 in Kressbronn angefertigt. Ver-
anlassung war die Suche nach dem Grund, warum die Versuche der Kriegsmarine kleinere
Beuldrücke, als nach von Mises zu erwarten gewesen sind, ergeben hatten. So untersucht
Grim das Stabilitätsverhalten der Spanten und weist darauf hin, dass außer dem bekannten
Kreisringbeulen auch ein Kippen der Spanten entstehen kann, insbesondere wenn das Spant-
profil ein sehr kleines Flächenträgheitsmoment in Bezug auf die radial gerichtete Schwerach-
se besitzt, was bei den Wulstprofilen der Spanten der Weltkriegs-Uboote gegeben war.

Auch den meist nie untersuchten Fall des Dockens von Ubooten, bei dem unzulässige lokale
Verformungen des Druckkörpers auf jeden Fall verhindert werden müssen, war Gegenstand
einer Untersuchung von Grim 1949.

Eine umfangreiche Arbeit hat Grim ebenfalls 1949 in Kressbronn zu der Frage einer Längs-
versteifung des Druckkörpers durch Längsträger (Ballastkiel), Decks oder Aufbauten angefer-
tigt. Er belegt mit umfangreichen Berechnungen die schädliche Wirkung auf das Beulen ei-
nes Druckkörpers, der durch Längsträger oder ebene Decks und Aufbauten, beabsichtigt oder
auch unbeabsichtigt, versteift ist. Hier werden die Erfahrungen beim UBoot Typ XXI Pate ge-
standen haben.
Insgesamt hat Grim mit Berechnungsmodellen auf der Basis der klassischen Elastizitätstheo-
rie gekrümmter Strukturen wichtige Erkenntnisse zu sehr praktischen Problem, vorzugsweise
des Ubootbaus, behandelt. Bewundern kann man nur Grims Fähigkeit, für geometrisch
schwierige Festigkeitsprobleme entsprechende Gleichgewichtsdifferenzialgleichungssysteme
aufzustellen, mit praktischem Sachverstand die relevanten Randbedingungen zu formulieren
und das Ganze dann mathematisch glänzend zu lösen und - ganz wichtig - aus den Lösungen
die prinzipiellen, ingenieurmäßigen Konsequenzen zu ziehen.

In den Jahren der Vorbereitung der Wiederbewaffnung zwischen 1950 und 1955 war das Amt
Blank für den ministeriellen Aufbau eines Verteidigungsministeriums tätig. Da dieses Interes-

                                             14
se an U-Booten zum schnellen Aufbau einer akustischen Überwachung der westlichen Ostsee
zeigte, schlugen die Atlas-Werke dem Amt Blank vor, ein kleines Jäger- und Aufklärungs-
Uboot zu entwickeln, was in den Jahren 1955/56 dann auch geschah. Unter der Leitung des
Torpedofachmannes Dipl.-Ing. Werner Thomsen12 und der Mitarbeit des erfahrenen Ortungs-
spezialisten Dr. Howey und Sonarspezialist Dr. Maaß, sowie den schiff- und schiffsmaschen-
baulichen Mitarbeitern des ehemaligen K-Amts des OKM Dipl.-Ing. Heinrich Waas und Dr.-
Ing. Otto Grim und den erfahrenen U-Bootkommandanten wie Freg. Kpt. a. D. Reinhard Suh-
ren und Kptl. a. D. Helmut Manseck wurde ein ↑ 50 t ↓ 58 t Boot für eine max. Tauchtiefe
von 100 m und entworfen. Das 14,3 m lange und 2,35 m breite Boot sollte mit 2 Torpedos
und einer dieselelektrische Antriebsanlage von 85 PS eine Geschwindigkeit von ↓ 10,5 kn er-
reichen. Die Besatzung sollte sechs Mann betragen.
Die eigentliche baureife Durcharbeitung war dann für das Ingenieurkontor Lübeck von Ulrich
Gabler der erste Auftrag 1957 und wurde unter der internen Bezeichnung IK 6 in Lübeck be-
arbeitet.

          Studie von Otto Grim für ein Jäger- U Boot für die Bundesmarine 1956

Dieses Boot sollte wesentlich kleiner als der Typ XXIII (kleines Walter UBoot), aber deutlich
größer als der Typ XXVII B 5 (127, Seehund) werden.
So wie beim Seehund sollte es aus dem Wasser gehoben werden, um das Boot mit Torpedos
zu beladen. Durch die Anordnung außerhalb des Druckkörpers, dessen Berechnung wegen der
nicht kreisförmigen Gestaltung ein besonderer Leckerbissen ist, war eine optimale Anordnung
der Horchanlagen im Bug möglich. Die Gestaltung des Hinterschiffes sollte nach dem Ge-
sichtspunkt möglichster Geräuschlosigkeit erfolgen. Der Antrieb des Propellers sollte über ein
Keilriemengetriebe erfolgen, damit ein großer (1,4m Durchmesser), möglichst langsam dre-
hender Verstellpropeller (200 Upm) verwendet werden kann. Das Sehrohr und der Schnorchel
sind fest installiert, was eine strömungsgünstige Ausführung ermöglicht. Ein besonderer Turm
ist nicht vorgesehen, da keine ↑ Fahrt vorgesehen ist. Auch ein vorderes Tiefenruder ist nicht
vorgesehen, da das Fahrprofil ein solches entbehrlich macht. Interessant ist, dass man an den
Einsatz einer Grimschen Welle dachte, um Geräusche erzeugende Vibrationen damit zu ver-
meiden. Damit das Nachstromfeld möglichst gleichmäßig wird, ist keine Ruderhacke vorgese-
hen, sondern ein an einem Arm befestigtes Ruder.
12
     Rössler, E.: Die Torpedos der deutschen U-Boote, Koehler Verlagsgeselschaft, Herfort, 1984

                                                   15
Das IKL hat dann detaillierte Pläne angefertigt. Durch die Veränderung der politischen Ver-
hältnisse des Eintritts der Bundesrepublik Deutschland in die Nato veränderte sich die Situati-
on, so dass die junge Bundesmarine kein Interesse mehr an einer solchen Waffe hatte.

Otto Grims Behandlung von Festigkeitsfragen des zivilen Schiffbaus
Anfang der 50er Jahre kam Grim nach Hamburg zur HSVA, wo er sich mit verschiedenen
Problemen des zivilen Schiffbaus beschäftigte. Bekannt wurde Grim damals mit der sog.
Grimschen Welle. Heinrich Waas, den Grim gut aus der Zeit im K-Amt kannte und der im
Bundesverkehrsministerium zuständig für die Vielzahl von Behördenfahrzeugen war, ermög-
lichte eine Reihe von technischen Neuerungen in diesen Behördenfahrzeugen zu erproben, die
später dann in größerem Umfang auch in den allgemein Schiffbau Eingang gefunden haben.
So ließ er das kleine Messschiff Kugelbake auf der Teltow-Werft in Berlin bauen und zur
Dämpfung von propellererregtem Drücken mit einer elastisch gelagerten Welle nach der Idee
von Grim bauen. Waas, der selbst sich intensiv mit Vibrationen an Bord von Schiffen be-
schäftigt hat, erkannte die weitreichende Idee von Grim und propagierte diese schon 195213.
Die Funktionsweise der Grimschen Welle hat dieser dann selbst erst 1960 publiziert14.

Elastische Propellerlagerung nach der Idee von Otto Grim 1952

Waas hat sich des Sachverstandes Grims auf dem Gebiet der Festigkeit noch bei einem ande-
ren Neubau der Wasserstraßenverwaltung bedient15. Diese wünschte einen Prahm für Massen-
gut, den man leicht mit einem Greifer entladen könne. Man erinnerte sich der Erfindung von
Eberhard Westphal1617, dessen Lastrohrfloß ganz ohne Spanten auskam. Auf der Grundlage
dieses Westpfahlrohres wurde ein 32 m langer und 4,50 breiter Prahm zum Transport von 200
13
   Waas, H.: Technischer Fortschritt bei den Schiffsneubauten der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung,
J. STG. Bd. 46, Springer-Verlag, Berlin 1952.
14
   Grim, O.: Die Lagerung der Propellerwellen in einem elastischen Rohr, J. STG. Bd. 54, Springer-
Verlag, Berlin 1960.
15
   Heinrich Waas schreibt dazu im J. STG, 46. Bd. 1952 sinngemäß: In der Zeit nach diesem Krieg, als
es bei uns keinen nennenswerten Schiffbau gab, konnten wir, weil es keine Verbote für die Fahrzeu-
ge der Wasserschiffahrtsverwaltung gab, bei unseren zahlreichen Fahrzeugen neuartige Ideen ver-
wirklichen, um so den technischen Fortschritt und somit technische Fachkräfte zu fördern.
16
   Westphal, E.: Das Westphal - Floss, Ferd. Dümmlers Verlag, Bonn,1947.
17
   Wessel. H.A.: Das Lastrohrfloss - Die Wurzel der Schub- und Containerschiffahrt, Deutsches Schif-
fahrtsarchiv, Bd. 12, Kabel, 1989

                                                16
t Massengütern entwickelt. Hierfür hat Grim dann mit der Schalentheorie die Festigkeitsrech-
nung durchgeführt, die durch die Eleganz der Berechnung auch heute noch besticht.

              Schalenförmiger Prahm der Wasserschifffahrtsverwaltung des Bundes,
                           gebaut bei der Hilger A.G. Rheinbroel

Die Schalenkonstruktion war gewählt worden, damit ein bequemes Entladen mit dem Greifer
ohne Trimmarbeit ermöglicht wird und der 39 t schwere Prahm mit einem Kran bewegt wer-
den kann.

Ohne in die Einzelheiten der Grimschen Berechnung einzusteigen, möchte ich aber doch seine
Vorgehensweise skizzieren. Zunächst berechnet Grim ganz konventionell durch Integration
der Belastung die Querkraft und die Biegemomente. Mit Hilfe der Widerstandsmomente un-
ten und am Dennebaum erhält er die klassischen Längsfestigkeitsspannungen, wenn man den
Schiffskörper als Bernoullibalken ansieht.

Konventionelle Berechnung der Querkräfte und Biegemomente als Bernoulli-Balken
Üblich ist nun eine Querfestigkeitsrechnung, die üblicherweise entkoppelt von der Längsfes-
tigkeitsrechnung zweidimensional ausgeführt wird.

                                             17
Belastung des Schalenschiffes durch Schüttgut und den Wasserdruck

In dem vorliegenden Fall wird man aber der Natur des Schalenschiffes nur gerecht, wenn man
ein räumliches Schalenmodell zugrunde legt. Damit gilt es, sowohl tangentiale als auch
Längsspannungen, und bei der Art der nicht mehr rotationssymmetrischen Geometrie und Be-
lastung durch Schüttgut und Wasserdruck, auch Schubspannungen zu berechnen. Hier orien-
tiert sich Grim an der Vorgehensweise von Vater und Sohn Föppl in ihrem Lehrbuch Drang
und Zwang Bd. II. Dort wird ein beidseitig eingespanntes Rohr mit einer Teilfüllung Wasser
mit Hilfe der Membrantheorie der rotationssymmetrischen Schale behandelt.
Der Ladungsdruck und Wasserdruck erzeugt eine tangentiale Umfangsspannung, die sich
leicht berechnen lässt.
            p⋅ R
σ   T   =
             s
Dieser Zusammenhang zwischen Druck auf die Schale und Tangentialspannung gilt auch in
guter Nährung für das hier vorliegende Problem. Mit den beiden Gleichgewichts-Differenzial-
gleichungen eines differenziellen Schalenelements

                                  ∂σ T ∂τ          ∂σ z ∂τ
                                      +    = 0 und     +    = 0
                                   ∂t   ∂z          ∂z   ∂t
erhält man sofort
                ∂σ T              z ∂ ( p ⋅ R)                            z 2 ∂ 2 ( p ⋅ R)
       τ = − z⋅      + f ( z) = −              + f ( z ) bzw. σ       =                    + z ⋅ f ( z ) + f (t )
                 ∂t               s ∂t                            z
                                                                           s      ∂ t2

Die Konstante f(z) setzt Grim mit der Bedingung z=0 auf Mitte Laderaum zu Null. Die zweite
Konstante f(t) wird so bestimmt, dass die aus der Längsfestigkeit ermittelten Momente mit
einbezogen werden. Für die Schubspannung erhält Grim im Bereich der Unstetigkeiten des
Drucks p und der Hautdicke s natürlich keine brauchbaren Ergebnisse, da die Tangentialspan-
nung σ T unstetig wird. Um die Tangentialspannungen dennoch zu bestimmen, nimmt er in
diesen Bereichen stetige Verläufe der Schubspannungen an, ohne diese in diesen Bereichen zu
quantifizieren. Dennoch kann das Ergebnis sich sehen lassen, auch wenn die Spitzenwerte auf
Mitte Schiff und an der unstetigen Stelle der Außenhaut, wo die Hautdicke bzw. der Druck
sich ändert, nicht zuverlässig sind.

                                                    18
Ergebnisse der Berechnung als Membranschale

Dieses unbefriedigende Ergebnis an den Störstellen lässt Grim nun nicht ruhen. Aus einer,
wie er schreibt, ausführlichen Arbeit, die nicht veröffentlicht ist, zitiert er die Ergebnisse für
rotationssymmetrische Schalen unter Berücksichtigung der Biegung der Haut. Da es sich nur
um lokale Effekte handelt, verwendet Grim die Ergebnisse, um das vorliegende Problem zu
lösen, wobei er die Geometriewerte am Kiel des Schalenschiffes und an der unstetigen Stelle
der Außenhaut, wo die Hautdicke bzw. der Druck sich ändert, als rotationssymmetrische
Schale annimmt.

          Durch die Biegetheorie der Schale korrigierte Normalspannungsverteilung

Wir haben uns den Spaß gemacht und einmal diesen Prahm mit Hilfe der FE - Methode be-
rechnet18. Natürlich kann man bequem die Randbedingungen am Schott durch Einmodellie-
rung in das FE-Modell berücksichtigen. Auch kann man ohne Schwierigkeiten die exakte
18
     Gäbler,H: Berechnung eines Schalenschiffes, Studienarbeit TUHH, 2012.

                                                  19
Schalengeometrie, einschließlich der unterschiedlichen Plattenstärken der Außenhaut, berück-
sichtigen. Die ermittelten Spannungen lassen sich bequem als reine Normalspannungen ein-
schließlich oder auch ohne Biegeanteil ermitteln. Die Ergebnisse bestätigen im Prinzip die Er-
gebnisse von Grim qualitativ recht gut. Quantitativ erhielten wir durch die genauere Modellie-
rung etwas abweichende Ergebnisse, die die prinzipiellen Aussagen von Grim aber durchaus
bestätigen, so dass die höchsten Spannungen Unterkante Kielpunkt mit folgenden Ergebnissen
entstehen.

Spannungen auf der Innenseite der Schale

              Spannungen auf der Außenseite der Schale

               Z=0                       Grim        FE-Rechnung       Längsfestigkeit

                                             20
Normalspannungen N/mm2                    +65                +80            +20
      Biegespannungen N/mm2                    ± 35               ± 40             -
        Max. Summe N/mm2                       +100               +120            +20

                          Spannungen am Kielpunkt der Schale

Es ist sofort festzustellen, dass die moderne Numerik die Ermittlung der Spannungen nicht
nur wesentlich genauer ermöglicht, sondern dass es heutzutage wesentlich weniger Kenntnis-
se der Elastizitätstheorie bedarf. Mit den klassischen Methoden war man gezwungen, sehr ge-
naue Überlegungen anzustellen, um mit Hilfe der Mathematik auch mit sehr idealisierten Mo-
dellen ein tiefes Verständnis für die Dinge zu erlangen. Dagegen hat man heute mit den Fini-
ten Elementen ein Handwerkzeug zur Verfügung, welches zwar ermöglicht, leicht - um nicht
zu sagen leichtsinnige - Ergebnisse zu erzeugen, der Mangel an mechanischer Durchdrin-
gungsmöglichkeit der Ergebnisse aber eine große Gefahr für die Gewährleistung der Zuver-
lässigkeit der Ergebnisse ist.

Ich hatte selbst die Gelegenheit, bei der Diskussion einer Doktorarbeit Grims echte Verzweif-
lung mitzuerleben, als der Doktorand eine nichtlineare FE - Rechnung einer Kabelschwin-
gung im Wasser darlegte:" Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, ob das richtig ist, was Sie
da gerechnet haben, es ist gar kein mathematisch-mechanisches Modell zu erkennen. Wenn
Sie schon nur Numerik betreiben, dann müssen Sie auch ein Experiment machen, damit Sie
erkennen können, ob das, was Sie da gerechnet haben, der Wirklichkeit nahe kommt oder
nicht."

Grim war immer besorgt, dass die Ergebnisse theoretischer Überlegungen auch die Wirklich-
keit treffen oder nicht. Das hat mir damals an Grim sehr imponiert.

Zum Schluss, gewissermaßen als Übergang zu der eigentlichen Würdigung Grims als Hydro-
dynamiker, darf ich Grims Arbeit zum Verhalten von Stahldalben und sonstigen Hafenbau-
werken bei Kollision mit Schiffen in der HSVA aus dem Jahr 1955 erwähnen.

Die Bemessung der nunmehr stählernen Dalben und Leitwerke im Rahmen des Wiederauf-
baus des Hamburger Hafens machten es notwendig die Beanspruchung durch Anlegestöße
von Schiffen zu untersuchen.

Da die Mannesmann Röhrenwerke A. G. ihre nahtlosen Rohre in Hamburg in Einsatz bringen
wollte, erteilte diese der HSVA einen entsprechenden Untersuchungsauftrag zur Wechselwir-
kung zwischen Dalben bzw. Leitwerken und Schiffen, den Grim als Projektleiter durchführ-
te19.

Die bodenmechanischen Einflüsse sollten dabei außerhalb der Betrachtung bleiben, weil diese
modellversuchsseitig kaum realistisch durchzuführen waren. Auf der Grundlage des Froude-
schen Gesetzes ergeben sich die Maßstäbe für die Längen mit λ , für die Kräfte λ 3 und für
die Zeit und die Geschwindigkeit λ . Damit ergibt sich für die Federkonstante c ein Umrech-
nungsmaßstab von λ 2 . Mit diesen Maßstäben wurden von Grim Modellversuche durchge-
führt.

19
     Grim, O.: Das Schiff und der Dalben, Schiff und Hafen, Jg. 7, 1955, S. 535

                                                    21
Modellversuch zur Ermittlung der Kollisionskräfte zwischen einem Schiff und einem Dalben

                    Modellversuch zur Ermittlung der Kollisionskräfte
                    zwischen einem Schiff und einem Leitwerk

                                           22
Linien eines bei den Versuchen verwendeten Binnenschiffes

Grim hat aber nicht nur Modellversuche durchgeführt, sondern auch theoretische Berechnun-
gen der Kollisionskräfte unter Berücksichtigung der Formgebung von Schiffen angestellt und
mit den Versuchsergebnissen verglichen. Eine auch heute noch anspruchsvolle Arbeit, die ich
jedem empfehle, der sich mit solchen Problemen vertieft beschäftigen will.

Jetzt werden Sie vielleicht auch verstehen, dass Grim so hohes Ansehen genoss und die Erin-
nerung an ihn so lebhaft ist und mich zu dieser kleinen Würdigung bewegt hat.

                                            23
Otto Grim und die Schiffsvibrationen

                                      von Heinrich Söding

1   Persönliches
   Ich gehörte zu den ersten Studenten, die bei Professor Grim Vorlesungen hörten, ja genossen.
Deshalb lag es für mich nahe, Prof. Grim um Rat zu fragen, als ich während meiner Tätigkeit
beim Germanischen Lloyd die Druckbelastung auf Schiffe im Seegang berechnen sollte. Grim
hatte kurz zuvor eine Sondervorlesung über Schiffe im Seegang gehalten, die vor allem für
Ingenieure aus der Praxis bestimmt war und zu der mir mein Studienfreund Hans Gutzke, der
die Vorlesung besucht hatte, eine Mitschrift überließ. Sie hat mir sehr geholfen, mich in das
Gebiet einzuarbeiten.
   Als ich Grim um Rat und Literatur zu dem Thema Druckbelastung im Seegang fragte,
sagte er gleich ungefragt zu, sein Programm zur Berechnung der Bewegungen von Schiffen im
Seegang, zusammen mit seiner Assistentin Dr. Maria Kirsch, entsprechend zu erweitern. Mit
diesem Programm (und späteren Nachfolgeprogrammen) wurden die Querverbände etlicher
Großtanker dimensioniert (Abb. 1).
  Wenig später wandte ich mich wieder an Grim, diesmal wegen der im Seegang auftretenden
Torsionsmomente, die zuvor an etlichen der neu aufgekommenen Containerschiffe zu Rissen im
Bereich der Lukenecken geführt hatten. Auch hier erstellte Grim, diesmal zusammen mit Peter
Schenzle, in kurzer Zeit ein Programm [8,9], das dann viele Jahre lang zur Dimensionierung von
Containerschiffen benutzt wurde. Wichtigstes Ergebnis dieser Arbeit war: Die Torsionsmomente
waren zwischen 3 und 5 mal so groß, wie bis dahin angenommen worden war, und bildeten für
Containerschiffe die wichtigste Belastungsart (Abb. 2).
   Für beide Probleme waren die von Grim ausgearbeiteten Berechnungsmethoden seinerzeit
einmalig. Die heute besonders starke Position des Germanischen Lloyd bei der Klassifikation von
Containerschiffen dürfte zum großen Teil auf Grims Arbeiten und Hilfestellung zurückzuführen
sein.

2   Hydrodynamische Masse bei Plattenschwingungen
   Bei elastischen Platten, die Biegeschwingungen ausführen und von einer oder auch beiden
Seiten mit Flüssigkeit benetzt sind, wirkt die erzwungene Bewegung der Flüssigkeit wie eine
zusätzliche Masse. Zunächst behandelt Grim in [1] den Fall einer unendlich ausgedehnten ebenen
Platte, deren Schwingungsform Knotenlinien in gleichmäßigem Abstand a in x-Richtung und
b in y-Richtung hat (Abb. 3). Z.B. lassen sich ebene Boden- oder Seitenplatten von Schiffen
durch diesen Fall gut approximieren; auch leichte Krümmungen der Platte haben kaum Einfluss,
solange die Platte abwickeltbar bleibt. Grim schreibt in [1]: “Es ist mir nicht bekannt, dass in
diesem Zusammenhang der Einfluss der mitschwingenden Wassermasse, der, wie gleich gezeigt
wird, außerordentlich groß ist, beachtet wird.”
   Die Aussage erstaunt, denn das Problem ist praktisch relevant und leicht geschlossen lösbar.
Grim schreibt: “Die entstehende Strömung besitzt ein Potenzial, das leicht angeschrieben wer-
den kann.” Er schreibt es dann tatsächlich ohne Herleitung an, da – wenn man die Lösung sieht
– die Richtigkeit leicht gezeigt werden kann. Ich habe versucht, frühere Arbeiten zu dem Thema
zu finden; aber es scheint, dass Grim auch dies Problem als erster gelöst hat. Da Grims Arbei-
ten zu Plattenschwingungen alle in deutscher Sprache veröffentlicht sind, werden seine Arbeiten

                                               24
Abb. 1. Maximale dynamische Druckhöhen hi und ha für einen Tanker in Ballast (106
                    Amplituden im Nordatlantik; Fn = 0.1). Aus {1}.

Abb. 2. Verteilung des Torsionsmoments MT über die Schiffslänge für ein 200m-Containerschiff
(Regelmäßiger Seegang unter 60◦ von vorn; λ = 100m, h = 12m, Fn = 0.2. Nach de Wilde:
Maximalwerte in natürlichem Seegang Aus {1}.

                                              25
y

                     b

                                                                          x
                                              a

       Abb. 3. Rechteckiges Feld in einer unendlich ausgedehnten schwingenden Platte

außerhalb von Deutschland kaum wahrgenommen. Statt dessen wird international meist eine
Untersuchung von Lamb {2} zitiert, die eine schwingende kreisförmige Platte (ein Hydrophon)
in einer starren ebenen Wand behandelt. Dies ergibt ganz andere, komplizierte Ausdrücke.
Grim kommt für den beschriebenen Fall zu einer einfachen Kennzeichnung des Masseneffekts
der Flüssigkeit: Sie wirkt so, als ob die Massenbelegung der Platte vergrößert würde um die
Masse in einer Flüssigkeitsschicht der Dicke d. Für den beschriebenen Fall findet Grim:
                                             1
                                      d= q            .                                      (1)
                                        π 1/a2 + 1/b2

Für den häufig vorliegenden Fall, dass ein Knotenlinienabstand (z.B. b) wesentlich größer ist
als der andere, ergibt sich die unübertrefflich elegante Formel

                                            d = a/π.                                         (2)

    In [1] wendet Grim die Lösung auch an auf den Fall eines Motors, der infolge von Drehmo-
mentschwankungen an der Propellerwelle Kippschwingungen macht und dabei den Doppelbo-
den und die Seitenplatten mit ihren Steifen verformt. Zur damaligen Zeit waren die Motoren
meist im Mittelschiff angeordnet, so dass der Schiffsboden über die volle Schiffsbreite mit ver-
formt wurde. Offensichtlich spielt dabei die unter dem Boden mitbewegte Wassermasse eine
wichtige Rolle. In Resonanz kam bei dem untersuchten Fall aber die Seitenbeplattung. Auch
für diesen Fall, also für Schwingungen von versteiften Plattenfeldern, ist (1) geeignet.

3   Reduktion hydrodynamischer Massen bei Schwingungen von Schiffsrümpfen
    Für Analysen des Schwingverhaltens ganzer Schiffe wurde seinerzeit – und wird manchmal
auch heute noch – das von Lewis {3} entwickelte Verfahren angewendet: Die hydrodynami-
schen Massen von Schiffsquerschnitten bei zweidimensionaler Umströmung werden mit einem
Reduktionsfaktor J für dreidimensionale Umströmung (zwischen Halbwellen nach oben und
nach unten sowie um Bug und Heck) multipliziert. Während Lewis diesen Reduktionsfaktor
für zwei spezielle Biegeformen von Rotationsellipsoiden bestimmt und komplizierte Ausdrücke
erhält, fand Grim ein elegantes Verfahren, indem er einen unendlich langen Kreiszylinder vom
Durchmesser B untersuchte, der Querschwingungen der Wellenlänge λ ausführt. Dafür ergibt
sich ein ganz einfacher Ausdruck für den Reduktionsfaktor, der – im Gegensatz zu dem von

                                               26
Lewis berechneten Ergebnis – für beliebig hohe Schwingungsgrade gilt:
                                                    1
                                  J=          (1)    (1)
                                                                                             (3)
                                       1−   αH0 (α)/H1 (α)
mit
                                          α = iπB/λ.                                         (4)
              (1)       (1)
Dabei sind H0 und H1 die Hankelfunktionen (1. Gattung) nullter bzw. 1. Ordnung. Auch
dies Ergebnis scheint international unbekannt zu sein.

4     Hydrodynamische Massen; andere Fälle
   In der Schrift [6] für einen ‘Kontakt-Kurs’ für Ingenieure aus der Praxis hat Grim die hy-
drodynamische Massenwirkung für eine Vielzahl von Fällen untersucht und für weitere Fälle
Arbeiten anderer Autoren zusammengefasst. Auch heute noch dürfte diese Schrift hilfreich sein,
zumindest um abzuschätzen, ob aufwändige numerische Analysen notwendig sind. Die folgenden
Fälle werden dort behandelt:
    • Eine Platte in seitlich begrenztem Flüssigkeitsraum (z.B. schwingendes Schott zwischen
      starren Seitenwänden)
    • Ein rechteckiges elastisches Feld umgeben von einer starren Platte (der von Lamb behan-
      delte Fall, jedoch für ein Rechteckfeld)
    • Der Einfluss endlicher Wassertiefe für Schwingungen des Schiffsbodens
    • Schwingungen (einschließlich Starrkörper-Verschiebungen) von zylindrisch gebogenen
      Platten (Abb. 4)
    • Wie oben, jedoch wenn nur einzelne Plattenfelder schwingen und der Rest starr bleibt
    • Verschiebungen von Kreiszylindern in Rohren (Welle im Stevenrohr). An diesem Bei-
      spiel zeigt sich ein allgemeines Prinzip in besonders krasser Weise: Je enger begrenzt der
      Flüssigkeitsraum ist, der einen schwingenden Körper umgibt, desto größer ist die Mas-
      senwirkung der Flüssigkeit. Der Grund ist, dass die Flüssigkeit, im Stevenrohr das die
      Welle umgebende Öl, weite Wege zurücklegen muss, um der schwingenden Welle Platz zu
      machen, wenn das Stevenrohr nicht mitschwingt.
    • Einfluss einer überlagerten konstanten Strömung (Fahrt voraus) auf ebene oder zylindri-
      sche Platten
    • Translation (vertikal und horizontal) und Rotation von Lewis-Spanten
    • Reduktionsfaktor für 3-dimensionale Umströmung
    • Schwingungen von starren, elastisch in einer Flüssigkeit gelagerten Platten und Trag-
      flügeln (Rudern), auch mit überlagerter konstanter Strömung
    • Schwingungen von Propellern und einzelnen Propellerflügeln

5     Schwingungserregung durch den Propeller
    Die Schrift [6] behandelt außerdem hydrodynamische Schwingungserregungen durch
    • Periodische Propellerkräfte, erregt durch ungleichförmigen Nachstrom
    • Druckschwankungen an der Außenhaut verursacht durch den Propeller, insbesondere
      durch Kavitation
    • Schwingungserregung durch den Seegang
Ungewohnt könnte der von Grim häufig benutzte Ausdruck ‘Querschwingungen’ sein: Grim
bezeichnet damit sowohl vertikale als auch horizontale Schwingungen z.B. eines Rumpfes oder
einer Propellerwelle.

                                               27
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