Selbstmanagement bei Sozialarbeiter*innen - Zürcher ...

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Selbstmanagement bei Sozialarbeiter*innen - Zürcher ...
Selbstmanagement bei Sozialarbeiter*innen

RCT zu den Effekten von Motto-Zielen und Embodiment

 Modul 13 Masterarbeit

 Erstprüferin:

 Frau Prof. Dr. Petra Brzank

 Zweitprüfer:

 Herr Prof. Dr. med. Andreas Seidel

 Therapeutische Soziale Arbeit

 Vorgelegt von: Nathalie Schrodi

 Matrikelnummer: 42392

 Nürnberg, den 23. August 2021
Selbstmanagement bei Sozialarbeiter*innen - Zürcher ...
Zusammenfassung
Die Tätigkeitsfelder der Sozialen Arbeit sind divers – entsprechend vielfältig sind die
Anforderungen an Sozialarbeiter*innen. Studien belegen bei Fachkräften im Sozialwesen eine
erhöhte Vulnerabilität für psychische Erkrankungen. Um dem vorzubeugen, spielen
Selbstmanagementkompetenzen eine wichtige Rolle. Das ‚Zürcher Ressourcen Modell‘ stellt durch
die Einführung von ‚Motto-Zielen‘ eine körperbasierte Möglichkeit zur Verbesserung des
Selbstmanagements dar. Die Forschungsfrage dieser Thesis lautet: Wie wirkt sich ein Online-
Seminar zu Motto-Zielen und deren Embodiment auf die Selbstmanagementkompetenzen von
Sozialarbeiter*innen aus? Diese quantitative Fragestellung wird mittels einer randomisierten,
kontrollierten Studie untersucht. Versuchs- sowie Kontrollgruppe erhalten eine Online-
Intervention zu Motto-Zielen, wobei die Versuchsgruppe ein Zusatzmodul zu Embodiment
bekommt. Dies wird mit einer Vor- und zwei Nacherhebungen begleitet, wodurch eine
Verlaufsbetrachtung sowie ein Gruppenvergleich möglich sind. Insgesamt durchliefen 52 Personen
die gesamte Studiendurchführung und wurden in der Auswertung berücksichtigt. Die erhobenen
Daten wurden größtenteils mittels verschiedener Varianzanalysen untersucht und weisen die
Hypothesen konfirmierende Tendenzen auf. Die Unterschiede zwischen den Messzeitpunkten und
den Gruppen werden jedoch meist nicht signifikant, weswegen kein eindeutig nachweisbarer
Zusammenhang der Interventionen mit der Verbesserung von Selbstmanagementkompetenzen
bestätigt werden kann. Dies wird unter Einbezug bisheriger Forschungen kritisch diskutiert und
Ideen für neue Forschungsvorhaben abgeleitet.

Abstract
The fields of activity in social work are diverse and the demands on social workers are
correspondingly manifold. Studies show an increased vulnerability to mental illness among social
service professionals. To prevent this, self-management skills play an important role. The ‘Zurich
Resource Model’ provides a body-based way to improve self-management through the introduction
of ‘motto-goals’. The research question of this thesis is: How does an online seminar on motto-
goals and their embodiment affect the self-management competencies of social workers? This
quantitative question is investigated by means of a randomized controlled trial. Both experimental
and control groups will receive an online intervention on motto-goals, with the experimental group
receiving an additional module on embodiment. This is accompanied by a pre-survey and two post-
surveys, which allows for a progression analysis as well as a group comparison. A total of 52 people
went through the entire study and were included in the evaluation. The data of the study were
mostly examined with various analyses of variance and show tendencies confirming the
hypotheses. However, the results of the surveys mostly showed no significant differences neither
between the measurement time points nor the groups. Therefore, no meaningful relationships
between intervention and self-management can be confirmed. These findings are discussed
critically with reference to previous research and ideas for new research projects are derived.

 I
Selbstmanagement bei Sozialarbeiter*innen - Zürcher ...
Danksagung
Hier möchte ich meinen Dank an die Personen ausdrücken, die mich in der Umsetzung dieses
Masterarbeitsprojektes begleitet und unterstützt haben.
Zuerst einmal möchte ich Frau Dr. Julia Weber und dem Institut für Selbstmanagement und
Motivation Zürich (ISMZ) danken. Ohne Ihre Fachexpertise und die Bereitschaft die
Interventionen für dieses Projekt bereitzustellen, wäre diese Masterthesis, so wie sie nun vorliegt,
nicht möglich gewesen. Ich danke vielmals für die unkomplizierte Kommunikation per E-Mail und
die zahlreichen Online-Treffen zur Entwicklung und Umsetzung des Projektes – von der ersten
Idee bis hin zur Fertigstellung der Arbeit.
Außerdem möchte ich Frau Prof. Dr. Petra Brzank und Herr Prof. Dr. med. Andreas Seidel danken,
die mir den Freiraum ließen, meine eigenen Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Tauchten dabei
Fragen oder Unsicherheiten auf, fand ich in ihnen interessierte und konstruktive
Ansprechpartner*innen.
Weiterhin bin ich auch meinem Partner Patrick Schedler zu tiefstem Dank verpflichtet. Er hielt mir
den Rücken frei und stand mir zu jeder Tages- und Nachtzeit mit Rat und Tat zur Seite. Vielen
Dank für die Zeit, die du mir als Unterstützer und Ratgeber, aber auch als Kritiker zur Seite
standest. Ohne deine IT-Kenntnisse wäre weder die Auswertung noch die Gestaltung der
eigentlichen Masterarbeit so professionell gelungen, wie sie nun vorliegt.
Auch meiner geschätzten, ehemaligen Kommilitonin und guten Freundin Martina Lenkowski
möchte ich danken. Sie stand mir besonders bei der Methodik zur Datenauswertung mit ihrem
Fachwissen zur Seite und konnte mir den einen oder anderen Kniff zeigen, wie etwas am besten
angegangen wird.
Zuletzt möchte ich mich noch an all meine fleißigen Korrekturleser*innen wenden und für die
neuen Blickwinkel, sowie für das Feedback danken: Barbara Aichele, Patrick Schedler und Martina
Lenkowski.

 II
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung .................................................................................................................................. 1

 1.1 Hinführung zum Thema ................................................................................................... 1

 1.2 Aufbau dieser Arbeit ........................................................................................................ 2

2 Theoretische Ausgangssituation ............................................................................................... 3

 2.1 Soziale Arbeit ................................................................................................................... 3

 2.1.1 Begriffsbestimmung ..................................................................................................... 3

 2.1.2 Herausforderungen für Sozialarbeiter*innen ............................................................... 4

 2.2 Selbstmanagement............................................................................................................ 7

 2.2.1 Begriffsklärung und theoretische Annäherung ............................................................ 7

 2.2.2 Handlungs- und Lageorientierung.............................................................................. 10

 2.2.3 Vitalität....................................................................................................................... 11

 2.2.4 Selbstwirksamkeitserwartung .................................................................................... 12

 2.2.5 Emotionsregulation .................................................................................................... 14

 2.2.6 Stresserleben .............................................................................................................. 15

3 Die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche ............................................................... 18

 3.1 Theoretische Annäherung .............................................................................................. 18

 3.1.1 Begriffsklärung Embodiment ..................................................................................... 18

 3.1.2 Exkurs zur Leib-Seele-Thematik ............................................................................... 19

 3.1.3 Theoretische Grundlagen von Embodiment .............................................................. 21

 3.2 Neurobiologische Grundlagen ....................................................................................... 24

 3.2.1 Das Gehirn und seine Entwicklung ............................................................................ 24

 3.2.2 Neuronale Plastizität .................................................................................................. 25

 3.2.3 Neuronale Netze ......................................................................................................... 25

 3.2.4 Somatische Marker..................................................................................................... 26

 3.3 Theorien der menschlichen Informationsverarbeitung .................................................. 27

 3.3.1 Die Multiple Code Theory ......................................................................................... 27

 III
3.3.2 Die Zwei-Prozess-Theorie und die Modi der Selbststeuerung .................................. 29

4 Selbstmanagement mit Motto-Zielen und Embodiment ......................................................... 34

 4.1 Zürcher Ressourcen Modell ........................................................................................... 34

 4.2 Motto-Ziele .................................................................................................................... 37

 4.2.1 Kennzeichen und Kriterien von Motto-Zielen ........................................................... 37

 4.2.2 Entwicklung und Funktionsweise von Motto-Zielen ................................................. 39

 4.2.3 Aktuelle Studienlage .................................................................................................. 40

 4.3 Embodiment ................................................................................................................... 40

 4.4 Forschungsinteresse ....................................................................................................... 42

5 Empirische Studie ................................................................................................................... 44

 5.1 Hypothese....................................................................................................................... 44

 5.2 Methodik ........................................................................................................................ 45

 5.2.1 Studiendesign ............................................................................................................. 45

 5.2.2 Studienpopulation ...................................................................................................... 47

 5.2.3 Erhebungsinstrumente ................................................................................................ 48

 5.2.4 Interventionselemente ................................................................................................ 53

 5.2.5 Durchführung ............................................................................................................. 54

 5.3 Ergebnisse ...................................................................................................................... 55

 5.3.1 Methodisches Vorgehen ............................................................................................. 56

 5.3.2 Stichprobenbeschreibung ........................................................................................... 58

 5.3.3 Handlungs- und Lageorientierung.............................................................................. 60

 5.3.4 Vitalität....................................................................................................................... 62

 5.3.5 Berufliche Selbstwirksamkeit .................................................................................... 63

 5.3.6 Emotionale Kompetenz .............................................................................................. 64

 5.3.7 Chronischer Stress ...................................................................................................... 67

 5.4 Diskussion ...................................................................................................................... 71

 5.4.1 Interpretation der Ergebnisse ..................................................................................... 71

 IV
5.4.2 Diskussion der Forschung .......................................................................................... 76

6 Fazit ........................................................................................................................................ 80

Literaturverzeichnis...................................................................................................................... VII

Anhang .......................................................................................................................................XVII

Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Embodiment – Einbettung und Bidirektionalität ................................................ 18
Abbildung 2 Multiple Code Theory - Codearten ..................................................................... 27
Abbildung 3 Multiple Code Theory - Referentieller Prozess .................................................. 28
Abbildung 4 Der Verstand und das Unbewusste im Vergleich ............................................... 29
Abbildung 5 Der Rubikon-Prozess .......................................................................................... 35
Abbildung 6 Zieltypen ............................................................................................................. 37
Abbildung 7 Zielpyramide ....................................................................................................... 38
Abbildung 8 Verlaufsplan der Studiendurchführung ............................................................... 46
Abbildung 9 Berufserfahrung in Jahren - Überblick................................................................ 59

Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Auswertung SEK - Parametrisch I ........................................................................... 66
Tabelle 2 Auswertung SEK - Parametrisch II .......................................................................... 66
Tabelle 3 Auswertung SEK - Non-Parametrisch ..................................................................... 67
Tabelle 4 Auswertung TICS - Parametrisch I .......................................................................... 70
Tabelle 5 Auswertung TICS - Parametrisch II......................................................................... 70
Tabelle 6 Auswertung TICS - Non-Parametrisch .................................................................... 70

 V
Abkürzungsverzeichnis
ACS Action Control Scale (englische Version des HAKEMP)
ANOVA Analysis of Variance
AOK Allgemeine Ortskrankenkasse
BS Fragebogen zur Erfassung der Beruflichen Selbstwirksamkeitserwartungen
COVID Coronavirus Disease
DBSH Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e.V.
ERDR Erfolgsdruck (TICS-Skala)
HAKEMP Fragebogen zur Handlungs- und Lageorientierung
HOM Handlungsorientierung nach Misserfolg (HAKEMP-Skala)
HOP Prospektive Handlungsorientierung (HAKEMP-Skala)
HOT Handlungsorientierung während der Tätigkeitsausführung (HAKEMP-Skala)
IFSW International Federation of Social Workers
ISMZ Institut für Selbstmanagement und Motivation Zürich
LOM Lageorientierung nach Misserfolg (HAKEMP-Skala)
LOP Prospektive Lageorientierung (HAKEMP-Skala)
LOT Lageorientierung während der Tätigkeitsausführung (HAKEMP-Skala)
MANG Mangel an sozialer Anerkennung (TICS-Skala)
PSI-Theorie Theorie der Persönlichkeits-System-Interaktionen
RCT Randomized Controlled Trial
SEK-27 Fragebogen zur Selbsteinschätzung Emotionaler Kompetenzen
SOUE Soziale Überlastung (TICS-Skala)
SORG Chronische Besorgnis (TICS-Skala)
SOZI Soziale Isolation (TICS-Skala)
SOZS Soziale Spannung (TICS-Skala)
SVS-G Subjektive Vitalitäts-Skala (deutsch)
TICS Trierer Inventar zum chronischen Stress
UEBE Arbeitsüberlastung (TICS-Skala)
UEFO Überforderung bei der Arbeit (TICS-Skala)
UNZU Unzufriedenheit mit der Arbeit (TICS-Skala)
ZRM Zürcher Ressourcen Modell

 VI
1 Einleitung
 1.1 Hinführung zum Thema
Sprüche wie „Das Leben ist kein Ponyhof“ oder „Das Leben ist kein Zuckerschlecken“
vermitteln von Kindheit an, dass das Leben nicht einfach ist, dass man sich anstrengen – den
inneren Schweinehund überwinden muss, um erfolgreich zu sein und etwas zu erreichen. Aber
was wäre, wenn es doch eine Möglichkeit gäbe, sich das Leben einfacher zu machen? Ein
Ansatz, der es einem ermöglicht, dass auch unliebsame Aufgaben leichter von der Hand gehen
und vielleicht sogar als sinnstiftend empfunden werden? Um einen Ansatz mit solchen
Potentialen soll es in dieser Arbeit gehen. Ein Ansatz, der zu einem Selbstmanagement verhilft,
das nicht von Zwang, Regeln und Entbehrungen geprägt ist, sondern von Sinnerleben,
Selbsterkenntnis und Leichtigkeit (Storch und Krause 2017, S. 17–20). Die Rede ist vom
Zürcher Ressourcen Modell (ZRM), das mit einem quantitativen Studiendesign auf seinen
Mehrwert für Sozialarbeiter*innen hin untersucht werden soll.

Fachkräfte der Sozialen Arbeit setzen sich tagtäglich mit inneren Schweinehunden und
scheinbar unlösbaren Problemen auseinander und machen sich für ihre Klient*innen stark.
Diese stecken oftmals in vielfältigen Problemlagen und die Fachkräfte der Sozialen Arbeit
versuchen mit individuell angepassten Zielsetzungen zur Verbesserung der Lebenssituation
beizutragen (DBSH 2016). Neben der direkten Hilfe und Unterstützung für Klient*innen ist es
auch Aufgabe der Sozialen Arbeit, übergeordnete Problematiken wie fehlende Hilfsangebote
für spezifische Bedarfe oder politisch-gesellschaftlich begründete Strukturen, die zu
Benachteiligungen führen, anzuprangern und politisch aktiv zu werden (DBSH 2009, S. 2).
Dazu kommen noch Herausforderungen des eigenen Arbeitsrahmens wie fehlende Strukturen
für kollegiale Unterstützung, befristete Arbeitsverträge, mangelnde gesellschaftliche
Anerkennung der eigenen Fachlichkeit und Arbeit, etc. (Seithe 2012, S. 165–166, 347–349).
Die psychische Gesundheit der Fachkräfte wird durch diese vielfältigen
Herausforderungssituationen belastet, weswegen Psychohygiene und ein gutes
Selbstmanagement zentrale Fachkompetenzen in der Sozialen Arbeit darstellen (DBSH 2009,
S. 8).

Hier sind wir an dem Punkt angekommen, an dem sich der Kreis schließt: Inwieweit können
Sozialarbeitende von einer Weiterbildung zu Motto-Zielen und Embodiment – zwei zentrale
Methoden des ZRM – profitieren? Ob und wie sich diese ZRM-Methoden auf die
Selbstmanagementkompetenzen von Sozialarbeitenden auswirken, soll in dieser Arbeit
nachgegangen werden.
 1
1.2 Aufbau dieser Arbeit
Nachfolgend sollen mittels einer randomisierten, kontrollierten Studie (engl. randomized
controlled trial, kurz RCT) die Effekte von Motto-Zielen und deren Embodiment auf
Sozialarbeitende und deren Selbstmanagementkompetenzen untersucht werden. Diese beiden
Methoden stammen aus dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM) und bauen auf dem
Embodiment-Ansatz auf, der die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche als zentrale
Grundvoraussetzung ansieht. Als Einstieg in das Thema wird zuerst die fachliche
Ausgangssituation abgesteckt, indem die Begriffe Soziale Arbeit und Selbstmanagement
genauer betrachtet werden. Dazu wird die Profession der Sozialen Arbeit und die
Herausforderungen an ihre Fachkräfte beschrieben, um danach ein allgemeines Verständnis von
Selbstmanagement zu vermitteln. Neben dieser allgemeinen Begriffsklärung werden bereits
hier einzelne, zentrale Kompetenzen von Selbstmanagement beschrieben. Danach wird auf die
Idee des Embodiment-Ansatzes – der bidirektionalen Wechselwirkung zwischen Körper und
Psyche – eingegangen. Hierzu wird ebenfalls zuerst eine begriffliche Annäherung durchgeführt,
um nachfolgend die neurobiologischen Grundlagen und Funktionsweisen sowie
zugrundliegende Theorien der menschlichen Informationsverarbeitung zu betrachten.
Aufbauend auf diesem Grundwissen zum Embodiment-Ansatz wird auf das ZRM eingegangen
und auf die zwei daraus stammenden Methoden der Motto-Ziele und deren Embodiment,
welche in der darauffolgenden Forschung untersucht werden sollen. Nachdem die theoretischen
Betrachtungen im Vorfeld damit abgeschlossen werden, wird die eigentliche Studie
beschrieben. Hierzu wird aus dem Forschungsinteresse eine Forschungsfrage mit fünf
Hypothesen abgeleitet. Es folgt die Beschreibung des Aufbaus und die Durchführung der RCT-
Studie, um danach deren Ergebnisse zu präsentieren, zu diskutieren und wiederum in einen
theoretischen Rahmen zu setzen. Im Fazit werden nochmals abschließende Erkenntnisse dieser
Forschung zusammengestellt und ein Ausblick auf weitere interessante Fragen und
Forschungsideen gegeben.

 2
2 Theoretische Ausgangssituation
Um die angestrebte quantitative Studie in einen theoretisch fundierten Rahmen zu setzen, wird
zunächst die Ausgangssituation beschrieben, auf der die konkrete Planung der Studie gründet.
Dazu wird zuerst auf die Soziale Arbeit als Profession eingegangen, um aus diesem Blickwinkel
die Herausforderungen für Sozialarbeiter*innen zu beleuchten. Aufbauend auf dieser
Problembeschreibung soll in die Thematik Selbstmanagement eingestiegen werden, um deren
Potentiale für die Bewältigung der zuvor beschriebenen Herausforderungen in der Sozialen
Arbeit zu betrachten. Dazu wird zuerst auf einige Grundlagen eingegangen, um dann einzelne
Kompetenzen bzw. Parameter für Selbstmanagement genauer zu beschreiben.

 2.1 Soziale Arbeit
Die Grundlage der in dieser Arbeit beschriebenen Forschung stellt die Profession und das
Tätigkeitsfeld der Sozialen Arbeit dar. Hier soll geklärt werden, was Soziale Arbeit konkret ist
und welchen Herausforderungen sich Sozialarbeiter*innen in ihrer Arbeit stellen müssen.

 2.1.1 Begriffsbestimmung
Die international anerkannte Definition Sozialer Arbeit stammt von der International
Federation of Social Workers (IFSW) und wurde in Kooperation ihrer Mitglieds-organisationen
aus 116 verschiedenen Staaten erarbeitet – unter anderem auch des Deutschen Berufsverband
für Soziale Arbeit e.V., abgekürzt mit DBSH (DBSH 2016). Sie lautet: „Soziale Arbeit fördert
als praxisorientierte Profession und wissenschaftliche Disziplin gesellschaftliche
Veränderungen, soziale Entwicklungen und den sozialen Zusammenhalt sowie die Stärkung
der Autonomie und Selbstbestimmung von Menschen. Die Prinzipien sozialer Gerechtigkeit,
die Menschenrechte, die gemeinsame Verantwortung und die Achtung der Vielfalt bilden die
Grundlage der Sozialen Arbeit. Dabei stützt sie sich auf Theorien der Sozialen Arbeit, der
Human- und Sozialwissenschaften und auf indigenes Wissen. Soziale Arbeit befähigt und
ermutigt Menschen so, dass sie die Herausforderungen des Lebens bewältigen und das
Wohlergehen verbessern, dabei bindet sie Strukturen ein“ (ebd.). Aufgrund der internationalen
Gültigkeit ist diese Definition sehr weit gefasst und muss national nochmals spezifiziert werden
(ebd.)

Der DBSH konkretisiert dazu die Ziele der Sozialen Arbeit als die „Vermeidung, Aufdeckung
und Bewältigung sozialer Probleme“ (DBSH 2009, S. 2). Diese Ziele basieren auf dem
Grundrecht der Würde des Menschen und beschreiben die soziale Verpflichtung der
Gesellschaft gegenüber ihren Mitgliedern (ebd., S. 1). Soziale Arbeit stellt eine institutionelle

 3
und rechtliche Bewältigungshilfe dar, wobei die „Komplexität der Hilfen“ hoch ist und sie „vor
allem gesundheitliche, ökonomische, psychische, erzieherische, kulturelle und rechtliche
Hilfen“ (Poulsen 2009, S. 13) in Form von „Beratung, Bildung, Erziehung, Organisations-
beratung, Personalentwicklung, Training und Vertretung“ umfasst und die Forschung zur
Weiterentwicklung der Gesellschaft einschließt (DBSH 2009, S. 1). Dabei ist der ganzheitliche
Blick auf die Menschen und deren sozioökonomische Ausgangslage mit individuellen
Bedürfnissen charakteristisch für die Soziale Arbeit (ebd.).

In der Geschichte der Sozialen Arbeit wurde zwischen Sozialarbeit und Sozialpädagogik
unterschieden. Die Sozialarbeiterin und Autorin Mechthild Seithe formulierte dazu passend:
„Der klassische Unterschied zwischen Sozialpädagogik und Sozialarbeit lag grundsätzlich
darin, dass die Sozialpädagogik im erzieherischen Sinne agierte und initiierte. Die Sozialarbeit,
eine weiterentwickelte institutionalisierte Form der Armenfürsorge, reagierte und intervenierte
in versorgendem unterstützendem Sinne, und wurde administrativ tätig, wenn ein Missstand
gemeldet wurde“ (2012, S. 46). Soziale Arbeit fungiert hierbei als Oberbegriff bzw. als
Zusammenführung der beiden Bereiche zu einem umfassenden Handlungssystem (ebd.). Diese
Auffassung vertritt auch der DBSH und definiert Diplom-Pädagog*innen mit Schwerpunkt
Sozialpädagogik, Sozialarbeiter*innen (BA, MA, Diplom) sowie Sozialpädagog*innen (BA,
MA, Diplom) als Abschlüsse professioneller Sozialer Arbeit (DBSH 2009, S. 3). Dieses
Verständnis liegt dieser Studie ebenfalls zugrunde.

 2.1.2 Herausforderungen für Sozialarbeiter*innen
Die Soziale Arbeit hat eine große Vielfalt an Arbeitsfeldern und entsprechend facettenreich
sind auch die Anforderungen an die Sozialarbeiter*innen (Seithe 2012, S. 26). Um der Klientel
helfen zu können, bedarf es großem Engagement, Empathie und Interesse an den Menschen
und ihren Lebensgeschichten (Poulsen 2009, S. 14–15). Die eigene Persönlichkeit wird zum
Werkzeug der professionellen Beziehungsgestaltung, weswegen Psychohygiene und die
Fähigkeit des Sich-Abgrenzens von zentralem Stellenwert sind, um im täglichen Kontakt mit
herausfordernden Lebensverläufen nicht selbst Schaden zu nehmen (ebd.). „Wo Menschen
unter hohem persönlichen Einsatz Dienst für andere Menschen leisten, besteht eine große
gesundheitliche Gefährdung und Belastung“ (ebd., S. 113), besonders wenn dazu noch weitere
Herausforderungen hinzukommen. Grauwiler beschreibt dazu professionsunspezifisch
folgende Ursachen für berufliche Unzufriedenheit: „Angst vor dem Verlust finanzieller
Sicherheit, Verlust von Leidenschaft für Arbeit, Bedrohung oder Verlust der beruflichen
Identität, Konflikte mit Vorgesetzten und Arbeitskollegen“ (2016, S. 11). Die meisten dieser

 4
Punkte tauchen in ähnlichem Wortlaut in der nachfolgenden Betrachtung der
Herausforderungen in der Sozialen Arbeit wieder auf, was die Belastungen, denen sich
Sozialarbeiter*innen gegenübersehen, nochmals verdeutlicht.

Beispielsweise gewinnen Effizienz und Effektivität in der Sozialen Arbeit in den vergangenen
Jahrzenten immer mehr an Bedeutung (Fuchs 2015). Zugunsten von Kostenersparnissen wird
die Soziale Arbeit ‚verwirtschaftlicht‘ und materielle, finanzielle, fachliche und zeitliche
Ressourcen werden gekürzt oder wegrationalisiert (Seithe 2012, S. 347–348). Durch die
Dominanz der wirtschaftlichen Interessen werden die fachlichen Standards gefährdet und auch
die Arbeitsverhältnisse der Sozialarbeiter*innen verschlechtern sich zusehends (ebd., S. 164).
Es gibt weniger bzw. ungelerntes Personal für den gleichen Aufgabenumfang, die
Zeitkontingente für einzelne Klient*innen werden immer knapper bemessen und es fehlt an
Kontinuität in der Klient*innen-Begleitung, um langfristige Erfolge zu erzielen (Seithe 2012,
S. 348). Die wirtschaftliche Ausrichtung der Sozialen Arbeit zeigt sich inzwischen aber auch
in den Arbeitsverträgen für Sozialarbeiter*innen: Diese sind oftmals befristet oder zumindest
so flexibilisiert, dass der Arbeitgeber nur bei Arbeitsanfall Gehalt zahlen muss und bei geringer
Auftragslage schnell und einfach Lohnkosten einsparen kann – zu Ungunsten der beruflichen
Sicherheit der Fachkräfte (ebd., S. 152). Außerdem wird immer seltener nach Tarif bzw.
Qualifikation gezahlt, sondern Stellenschätzungen sind ausschlaggebend (ebd.). Praktika im
sozialen Bereich bleiben fast immer unbezahlt (ebd., S. 153). Soziale Arbeit wird „als effektive,
kalkulierbare, und rationale Dienstleistung“ verstanden, in welcher nach Effizienz statt nach
Fachlichkeit entschieden wird (ebd., S. 349). Diese Rahmenbedingungen verändern auch die
Arbeit selbst: „Steigende Fallzahlen und Engpässe in Einrichtungen fordern zunehmend, eigene
Grenzen immer weiter auszudehnen“ und die verfügbare Zeit direkt in die Klient*innen statt in
den Erhalt der eigenen Arbeitskraft zu stecken (Poulsen 2009, S. 15). Sozialarbeiter*innen
müssen sich mit immer mehr strittigen Thematiken arrangieren:

  Entscheidungen werden nach finanziellen Aspekten statt fachlichen Standards gefällt
 (Seithe 2012, S. 166).
  Es gibt immer weniger sichere und gut bezahlte Arbeitsstellen (ebd.).
  Zusätzliches, unbezahltes Engagement wird immer mehr zur Voraussetzung (ebd.).
  Sozialarbeitende fungieren immer öfter als Krisendienst statt als nachhaltige Begleitung
 (ebd.).
  Es sind immer weniger Ressourcen für den Einzelfall vorhanden, worunter
 dementsprechend die Qualität der Arbeit leidet (ebd., S. 174).

 5
Poulsen hat in einer Befragung von Sozialarbeiter*innen folgende Stressoren im Berufsalltag
erfassen können: Einblick in menschliches Elend, Zeitmangel, zu hohe Fallzahlen, Konflikte
mit der Leitung oder im Team, unklare Strukturen, zu viel Bürokratie, Kostendruck,
Überstunden und zu wenig Personal (2009, S. 56). Seithe ergänzt weiterhin Faktoren wie wenig
soziale Anerkennung, Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, Selbstausbeutung durch
Identifikation mit der Klientel und Unwillen gegenüber den wirtschaftlich ausgerichteten
Vorgaben aus höheren Organisationsebenen (2012, S. 165–166). Dies alles führt zu
Unzufriedenheit, Stress und wenig Selbstwirksamkeitserfahrung in der Tätigkeit als
Sozialarbeiter*innen (ebd.). Zur Aufrechterhaltung der Qualität muss vom Einzelnen mehr
Anstrengung und Engagement eingebracht werden (Fuchs 2015), weswegen in der Sozialen
Arbeit auch von einer doppelten Betroffenheit gesprochen werden kann: Die Klientel sowie die
Professionellen stehen aufgrund mangelnder Ressourcen unter Stress (Rüegg 2015, S. 20).
Prädikatoren für beruflichen Stress bei Sozialarbeiter*innen sind fehlende informelle
Unterstützung, ausbleibende Gratifikationen seitens des Arbeitgebers, wenig Kontrolle und
Eigenverantwortung in der Arbeit und eine hohe Rollenambiguität (Vitins 2015, 128, 133).

Die bisher beschriebenen Herausforderungen zeigen sich auch in statistischen Erhebungen.
Konkrete Zahlen dazu finden sich beispielsweise im Fehlzeiten-Report 2020 der AOK
(Allgemeine Ortskrankenkasse). Danach waren psychische Erkrankungen in der
Gesamtbevölkerung mit 11,9 % im Jahr 2019 erstmals die zweithäufigste Ursache für
krankheitsbedingt Fehlzeiten (Meyer et al. 2020, S. 367). Insgesamt hat der Anteil der
psychischen Erkrankungen seit 2008 um 67,5 % zugenommen, während der Anteil anderen
Krankheitsarten deutlich weniger gestiegen oder sogar gesunken ist (ebd.). In der Betrachtung
von psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen nach Branchen ergibt sich ein
besorgniserregendes Bild: Besonders die sozialen Berufe im tertiären Wirtschaftssektor, also
im Dienstleistungssektor, weisen überdurchschnittliche krankheitsbedingte Fehlzeiten nach
Fallzahl sowie nach durchschnittlicher Falldauer auf (ebd., S. 424). Durch die aktuelle Corona-
Pandemie könnte sich diese Tendenz verfestigen, da im Gegensatz zu der viel thematisierten
Kurzarbeit gerade in den „systemrelevanten Bereichen“ eine deutliche Mehrarbeit geleistet
werden muss (Pusch und Seifert 2020). Bereits vor der Corona-Pandemie litten
Sozialarbeiter*innen überdurchschnittlich oft an chronischem Stress und stressbedingten
Belastungsstörungen (Rüegg 2015, S. 20), was sich während und nach der Pandemie
voraussichtlich nicht deutlich verbessern wird.

 6
Die Folgen dieser herausfordernden Situation für Sozialarbeiter*innen sind facettenreich.
Stress führt zu Konzentrationsschwächen, Denkblockaden und einem Tunnelblick, weswegen
früher oder später schlechte Entscheidungen getroffen werden oder in anspruchsvollen
Situationen inadäquat reagiert wird (Fuchs 2015). Die Qualität der professionellen Arbeit
verschlechtert sich und durch die Dauerbelastung kommt es zu körperlichen und psychischen
Ausfallerscheinungen (Vitins 2015, S. 31; Fuchs 2015). „Burnout als Verschleißerscheinung
der modernen Arbeitswelt [beispielsweise] ist ein schleichender Prozess, und Fachkräfte im
sozialen und pädagogischen Tätigkeitsfeld sind bekanntlich besonders gefährdet“ (Poulsen
2009, S. 15). Anzeichen dafür sind Überlastung, Konzentrationsschwächen, Versagensängste,
sowie depressive Symptomatiken (Grauwiler 2016, S. 27–28). Dabei muss Stress gar nicht nur
negative Auswirkungen haben (Fuchs 2015). Wird er als zu bewältigend wahrgenommen, kann
er sogar als Energielieferant dienen (ebd.). Die Effekte von Stress können unterschiedlich
ausfallen und hängen eng mit den individuellen Selbstmanagement-kompetenzen im Umgang
mit Herausforderungen zusammen (ebd.). Selbstmanagement-methoden können somit als
Prophylaxe für negative Auswirkungen einer unbefriedigenden Arbeitssituation genutzt werden
(Grauwiler 2016, 28, 31).

 2.2 Selbstmanagement
Durch die steigende Flexibilisierung der Arbeitsmodelle und modernen Organisations-
strukturen wird die Eigenständigkeit der Arbeitnehmenden immer mehr in den Fokus gerückt,
wodurch sich die Arbeitswelt für das Individuum verkompliziert (Wiese 2008, S. 153). Umso
wichtiger wird das Selbstmanagement jedes Einzelnen, um die eigene Arbeit als sinnstiftend zu
erleben und sich als aktiver Gestalter der Situation wahrnehmen zu können (Grauwiler 2016,
S. 10). „Selbstmanagement“ ist dabei „nicht nur im Kontext aktueller Arbeitsaufgaben relevant
[…], sondern auch für die längerfristige Gestaltung der eigenen beruflichen Entwicklung“
(Wiese 2008, S. 153). Es unterstützt bei der Auswahl von und der Orientierung an persönlich
wichtigen Themen und fungiert als aktive Weichenstellung für ein zufriedenes Leben
(Grauwiler 2016, S. 10). Einer Begriffsklärung von Selbstmanagement und einer Beschreibung
davon beeinflusster psychischer Parameter soll im folgenden Kapitel nachgegangen werden.

 2.2.1 Begriffsklärung und theoretische Annäherung
Selbstmanagement bezeichnet die erlernbare Fähigkeit zur Selbststeuerung und zur
eigenständigen Bewältigung von Problemen (Kanfer et al. 2012, S. 5–6; Grauwiler 2016, S.
31). Dabei ist Selbstmanagement jedoch nicht als vorgefertigte Lösung, die omnipotent alle
Probleme behebt, zu verstehen, sondern als Kompetenz, welche es dem Einzelnen ermöglicht,

 7
selbst aktiv zu werden und eigene Lösungen zu finden (Grauwiler 2016, S. 31). Es geht um den
Versuch, „eigene Wünsche und die Anforderungen der Realität so in Einklang zu bringen, dass
dabei möglichst hohe Gewinne und möglichst geringe Kosten entstehen“ (Sachse 2019, S. 24).
Mit dem Begriff des Selbstmanagements sind „vor allem solche internen psychischen Prozesse
umschrieben, mit denen eine Person eigene Ziele anstreben und ihr Verhalten selbst
beeinflussen (steuern) kann“ (Kanfer et al. 2012, S. 28). Darunter subsumierbare Fähigkeiten
sind beispielsweise Selbstmotivierung, Selbstberuhigung, Urteilsfähigkeit, etc. (Kuhl 2019, S.
46). Selbstmanagement bzw. die Schulung dieser Fähigkeit birgt facettenreiche Vorteile: neben
„Zufriedenheit, Ausgeglichenheit, Kompetenz[gefühl] und Integrität“ sind außerdem
Motivation und Leidenschaft zu verzeichnen (Grauwiler 2016, S. 173). Theorieansätze für
Selbstmanagement gibt es zahlreiche, wozu Wiese (2008) einen guten Überblick gibt. Auf die
theoretische Grundlage des in dieser Studie angewandten Embodiment-Ansatzes und dessen
Methodik wird in den Kapiteln 3 und 4 genauer eingegangen.

Aber hat Selbstmanagement überhaupt positive Effekte auf den Menschen bzw. dessen
psychische Verfassung? Dazu haben Moller und Kolleg*innen interessante Ergebnisse geliefert
(2006): Grundlage ihrer Überlegungen ist, dass es verschiedene Modi gibt, wie und durch
welche inneren Systeme menschliches Handeln beeinflusst wird (Weber und Storch 2019, S.
246): Beim Modus der Selbstkontrolle richtet sich das Verhalten anhand reiner
Verstandesüberlegungen aus (ebd., S. 249). Die Impulsivität bildet dazu das Gegenstück, da
hier das Verhalten durch das Lustprinzip, das seine Wurzeln im Unbewussten hat, bestimmt
wird (ebd., S. 252). Haben beide Aspekte – also Verstand und Unbewusstes – Anteil an der
Entscheidung, wird von Selbstregulation gesprochen (ebd., S. 253). Genauer wird auf diese
Zwei-Prozess-Theorie in Kapitel 3.3.2 eingegangen. Moller und Kolleg*innen gehen davon
aus, dass sämtliche Willensakte – also Verhaltenssteuerung durch die Selbstkontrolle –
Ressourcen benötigen, welche endlich sind (ebd., S. 1024). Diese Ressourcen sind bei reiner
Nutzung des Modus Selbstkontrolle innerhalb kurzer Zeit aufgebraucht und die Selbstkontrolle
bricht zusammen und andere Modi übernehmen die Steuerung (ebd.). Man spricht hierbei von
der Ich-Erschöpfung, bzw. Ego-Depletion, welche bereits durch zahlreiche Studien belegt
wurde (ebd.). Der Grad der Ich-Erschöpfung wird durch Rahmenvariablen modelliert (ebd., S.
1031), worauf hier nicht weiter eingegangen wird. In den Studien konnte ein positiver
Zusammenhang von Selbstregulation und ausbleibender Ich-Erschöpfung verzeichnet werden
(ebd., S. 1025). Gegenüber der Selbstkontrolle, die zu schneller Ich-Erschöpfung führt, bringt
die Selbstregulation größere Erfolgen bei der Zielerreichung und mehr Vitalität hervor (ebd.).
Experimentell konnte bewiesen werden, dass Wahlfreiheit zu höherer intrinsischer Motivation
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und Energie führt, was sich positiv auf die Aufgabenlösung auswirkt (ebd., S. 1026, 1030). In
einer Studie von Klein und Kolleg*innen wurde festgehalten, dass Selbstmanagement-
Trainings, die auf Selbstregulation abzielen, effektiver hinsichtlich der
Selbstmanagementfähigkeiten, des Selbstwirksamkeitserlebens und der Lebenszufriedenheit
sind als andere, in der Wirtschaft übliche Selbstmanagement-Ansätze (2003, S. 166–167).
Bezogen auf das in dieser Studie eingesetzte Selbstmanagementtraining ZRM, liegen zahlreiche
Studien bezüglich dessen Wirksamkeit, bzw. der Wirksamkeit der Einzelmethoden dieses
Trainings vor (ZRM 2019). Beispielsweise wurde nachgewiesen, dass durch ZRM das
Selbstwirksamkeitserleben gesteigert werden konnte (Steurer-Stey et al. 2015, S. 32), und dass
durch das ZRM-Training die hormonelle Stressreaktion von Studienteilnehmer*innen auf
bestimmte Umweltreize gesenkt werden konnte (Storch et al. 2007, S. 461). Genaueres dazu
findet sich in Kapitel 4.1.

Wie die Sichtung der Literatur ergeben hat, ist Selbstmanagement ein facettenreicher
Themenkomplex und gutes Selbstmanagement zeigt sich in den unterschiedlichsten
Parametern. Deshalb sollen nachfolgend nochmals ausgewählte Schwerpunkte und deren
Bedeutung für das Selbstmanagement kurz dargestellt werden. Zu Anfang wird auf die
Unterscheidung von Handlungs- und Lageorientierung eingegangen. Während
Handlungsorientierung die Konzentration auf Handlungsmöglichkeiten legt und dadurch
persönliches Wachstum ermöglicht, führt Lageorientierung zur Blockierung von Handlungen
und begünstigt Nachdenken und Grübeln (Kuhl und Kazén 2003, S. 205). Um gutes
Selbstmanagement zu realisieren, bedarf es beider, jedoch ist die Handlungsorientierung hier
besonders wichtig (ebd.). Vitalität kann außerdem als Parameter für gutes Selbstmanagement
herangezogen werden, da „Zufriedenheit, Ausgeglichenheit, Kompetenz und Integrität“ sich als
Ergebnis von gutem Selbstmanagement in der subjektiv erlebten Vitalität wiederspiegeln
(Grauwiler 2016, S. 173). Außerdem ist auch die Selbstwirksamkeit hier von zentraler
Bedeutung (Weisweiler et al. 2013, S. 26). Das Wissen von der eigenen Wirksamkeit und die
Überzeugung, das eigene Leben unter Kontrolle zu haben, wirken sich positiv auf die
Gesundheit aus und zeugen von einem guten Selbstmanagement (Barnow 2015, S. 50). Dazu
zählt auch der bewusste und reflektierte Umgang mit den eigenen Gefühlen, welche als
Kraftquelle, aber auch als Blockade fungieren können (ebd., S. 51). Wer seine Gefühle
regulieren kann, kann sich auch unter Stress behaupten (ebd., S. 52). Eine detaillierte
Betrachtung dieser Parameter bezüglich Selbstmanagementfähigkeiten erfolgt in den nächsten
fünf Unterkapiteln.

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2.2.2 Handlungs- und Lageorientierung
Die Begriffe der Handlungs- und Lageorientierung stammen aus der Persönlichkeits-System-
Interaktions-Theorie (PSI-Theorie), welche eine systemtheoretische Persönlichkeitstheorie ist
(Kuhl und Kazén 2003, S. 201). Dabei wird die Persönlichkeit mittels einer Beschreibung der
Konfiguration der unterschiedlichen, involvierten Systeme dargestellt (ebd., S. 212). Da eine
ausführliche Beschreibung dieses Ansatzes den Rahmen dieser Arbeit überschreiten würde,
wird hier bei weiterem Interesse auf Kuhl (2001) verwiesen.

Die Handlungskontrolle bezeichnet alle Prozesse, die der Aufrechterhaltung und Umsetzung
von Absichten dienen und ist somit der Handlungs- und Lageorientierung übergeordnet (Kuhl
1994, S. 51). Die beiden Orientierungen fungieren dabei als zwei Arbeitsweisen der
Handlungskontrolle zur Realisierung von Absichten und Zielen (ebd.). In der
Handlungsorientierung richtet sich die Konzentration auf die Handlungsmöglichkeiten (Kuhl
und Kazén 2003, S. 205). Aufmerksamkeit und Motivation werden zur Umsetzung
selbstkongruenter Ziele rekrutiert und die negativen Affekte werden herunterreguliert (Kuhl
2001, S. 757–758). Schwierige Situationen werden als Herausforderungen und nicht als
Bedrohungen wahrgenommen (ebd.). Insgesamt ist die Handlungsorientierung eher mit einer
impulsiven, gefühlsgeleiteten Macher-Haltung zu assoziieren (Kuhl 1994, S. 50). Der Begriff
Lageorientierung beschreibt hingegen eine Hemmung der Steuerungszentrale und somit einen
Wechsel von der Selbstregulation zur Selbstkontrolle (Kuhl und Kazén 2003, S. 208). Daraus
resultiert eine Lähmung des Handelns zugunsten des Nachdenkens über eine eingetretene oder
vorgestellte Situation (ebd., S. 201, 205). Die Lageorientierung ermöglicht eine Analyse der
Rahmenbedingungen, um komplexe Aufgaben besser meistern zu können und blinden
Aktionismus zu vermeiden (ebd., S. 205). Jedoch muss der Wechsel zurück zur Handlungs-
orientierung rechtzeitig erfolgen, um aus dem Nachdenken wieder ins Handeln überzugehen
und ein dauerhaftes Grübeln und Beschäftigen mit negativen Gedanken zu vermeiden (ebd., S.
206; Kuhl 1994, S. 52). Findet dieser Wechsel zur Handlungsorientierung nicht statt, kann es
zur Entfremdung kommen und die eigenen Bedürfnisse werden nicht mehr wahrgenommen, da
die Abstimmung zwischen den psychischen Systemen gestört ist (Kuhl und Kazén 2003, S.
208–209). Spielen beide Arbeitsweisen gut zusammen, kann die Lageorientierung durch
Aktivierung des Absichtsgedächtnisses den Fokus auf schwierige Aspekte bei der
Zielverfolgung lenken und die Handlungsorientierung über die Selbstmotivierung zu einer
guten Zielerreichung führen (ebd., S. 212).

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Die Studienlage beschreibt in Hinblick auf die beiden Orientierungen ein erhöhtes
Erkrankungsrisiko an psychischen Störungen bei Menschen mit ausgeprägter Lageorientierung
(Kuhl und Kazén 2003, S. 204). Durch die Störung in der Zusammenarbeit der Systeme werden
eigene Bedürfnisse nicht richtig wahrgenommen und es findet häufig eine Bindung an
selbstfremde Ziele statt (ebd.). Durch diese Diskrepanz zwischen Bedürfnissen und Zielen wird
dauerhaft latenter Stress ausgelöst, welcher die Anfälligkeit für psychische Störungen erhöht
(ebd.). Kuhl und Kazén schreiben dazu: „Heute gehen wir davon aus, dass eine übermäßige
Lageorientierung auf einer Störung des Gleichgewichts verschiedener Prozesse beruht, die an
einer erfolgreichen Selbststeuerung beteiligt sind, also an dem, was wir im Alltag mit Begriffen
wie Willensstärke, Durchsetzungskraft, Kreativität und Flexibilität verbinden“ (ebd., S. 205).
Werden die Arbeitsweisen der Handlungskontrolle und der Selbststeuerung ausgewogen und
angepasst genutzt, kann das Wohlbefinden des Menschen gesteigert werden.

 2.2.3 Vitalität
Wichtig für das Wohlbefinden ist auch die subjektive Vitalität, da diese mit hohem positivem
und geringem negativem Affekt einhergeht. Vitalität bezeichnet das Gefühl von Begeisterung,
Lebendigkeit und Energie auf physischer wie psychischer Ebene (Ryan und Frederick 1997, S.
530). Weitere Begriffe zur Beschreibung von Vitalität sind Lebensenergie, Enthusiasmus und
Spontanität (ebd., S. 534).

Es gibt verschiedenste theoretische Konzepte zu Vitalität: Freuds Triebtheorie und die daraus
hervorgehende Ich-Psychologie, die Psychodynamik, fernöstliche Ansätze wie die
allgegenwärtige Lebenskraft, auch Chi genannt, etc. (ebd., S. 531–532; Ryan und Deci 2008,
S. 702). Die Self-Determination Theory, zu Deutsch Selbstbestimmungstheorie, von Ryan und
Deci ist eine dieser Konzeptionen (2008). Sie beschreibt drei grundlegende Bedürfnisse: In
Beziehung stehen (relatedness), Kompetenzerfahrung (competence) und Autonomie
(autonomy) (ebd., S. 703). Die menschliche Lebensenergie und Vitalität resultierten aus der
Befriedigung dieser Bedürfnisse (ebd.). Entsprechend gegenteilig wirken sich Erfahrungen von
Inkompetenz, Kontrollverlust und Nicht-angenommen-werden negativ auf die Vitalität aus
(Ryan und Frederick 1997, S. 559). Betrachtet man den Wochenendeffekt, bestätigt das diese
Annahmen: Wird vor und nach dem Wochenende das Vitalitätslevel gemessen, weisen die
meisten Menschen nach dem Wochenende mehr Vitalität auf als zuvor (Ryan und Deci 2008,
S. 702). Dies lässt sich damit erklären, dass am Wochenende weniger unter ‚Anordnung von
oben‘ gearbeitet wird (Kontrolle), sondern dass Handeln mehr im Sinne der eigenen
Bedürfnisse stattfindet (ebd.). Schlussfolgernd lässt sich festhalten, dass Selbstkontrolle – bzw.

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entgegen der eigenen Bedürfnisse zu handeln – Energie verbraucht, während Handlungen im
Modus der Selbstregulation nicht an den Kräften zehren, sondern gegenteilig wirken und sogar
die Vitalität steigern (ebd.).

Studien belegen diesen Unterschied zwischen Selbstkontrolle und Selbstregulation (Ryan und
Deci 2008, S. 711). Autonome Selbstregulation ist weniger erschöpfend als externe Kontrolle,
und Aktivitäten, die die Grundbedürfnisse befriedigen, sorgen für den Erhalt bzw. die
Erzeugung von subjektiver Vitalität (ebd., S. 707). Insgesamt wirkt sich eine Lebensgestaltung
anhand intrinsischer Ziele positiv auf die subjektiv erlebte Vitalität aus (ebd.). Weitere Studien
belegen, dass Vitalität in Zusammenhang mit gesteigerter Aufmerksamkeit, guter
Stressbewältigung, Aufrechterhaltung von notwendiger Selbst-kontrolle und psychischer
Gesundheit steht (Bertrams et al. 2020, S. 57–58). Außerdem korreliert sie zusätzlich mit
Produktivität, Resilienz und guter Immunabwehr und hängt somit mit psychischen und
physischen Faktoren zusammen (Ryan und Deci 2008, 703, 706). Vitalität kann als
übergeordneter, funktionaler und hervorstechender Indikator für Gesundheit und Motivation
gewertet werden (ebd., S. 702). Subjektive Vitalität wird jedoch nicht nur von individuellen
Erfahrungen hinsichtlich psychischer Gesundheit und körperlicher Funktions-fähigkeit
beeinflusst, sondern auch von Variablen wie Selbstaktualisierung, wahrgenommener
Handlungsfähigkeit und persönlichem Wohlbefinden (Ryan und Frederick 1997, S. 558). Gute
Selbststeuerung führt somit zu Vitalität und das wiederum zu Motivation für weitere
Selbststeuerung (Muraven et al. 2007, S. 329), weswegen Vitalität als validierter Anhaltspunkt
für gutes Selbstmanagement dienen kann.

 2.2.4 Selbstwirksamkeitserwartung
Albrecht Bandura, einer der Väter des Konzeptes der Selbstwirksamkeit, beschreibt
Selbstwirksamkeit als ein Set aus unterschiedlichsten Selbstüberzeugungen, welche je nach
aktuellen Umständen und Anforderungen unterschiedlich stark ausgeprägt sind (Bandura 2012,
S. 36, 40). Effektives Handeln beschreibt sowohl die Fähigkeit zu eigenem Handeln, als auch
die Überzeugung von der Wirksamkeit des eigenen Handelns (ebd., S. 37). Selbstwirksamkeit
beschreibt die Kompetenz der situativ angepassten Abrufung und Nutzung von kognitiven,
sozialen, emotionalen und verhaltensbezogenen Fertigkeiten, bzw. die Überzeugung, diese
auch zielführend einsetzen zu können (ebd., S. 36–37). Frei nach Bandura übersetzt, beziehen
sich die Selbstwirksamkeitserwartungen nicht auf die Anzahl der Fähigkeiten, die eine Person
hat, sondern darauf, was die Person glaubt, mit den eigenen Ressourcen und Fertigkeiten in
einer konkreten Situation ausrichten zu können (ebd., S. 37).

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In der Literatur werden vier Quellen von Selbstwirksamkeit bzw. der Erwartung derselben
beschrieben: Selbst erfahrene Erfolgserlebnisse bilden dabei den wichtigsten Ursprungsort von
Selbstwirksamkeit (Bandura 2012, S. 80). Auch stellvertretende Erfahrungen Dritter werden
viel genutzt (ebd., S. 86). Durch den Vergleich von eigenen Fähigkeiten und denen anderer
Menschen können Mutmaßungen und Schlussfolgerungen hinsichtlich spezifischer
Herausforderungssituationen gezogen werden (ebd.). Sind verbale Ermutigungen Dritter die
Quelle für Selbstwirksamkeitserwartungen, ist es von besonderer Relevanz, wer diese dritte
Person ist, bzw. in welchem persönlichen Verhältnis man zueinander steht (ebd., S. 101). Dieser
Ursprung von Selbstwirksamkeit hat nur eine begrenzte, unterstützende Wirkung, jedoch ist er
besonders bei realistischen Zielen, die bisher durch Selbstzweifel erschwert werden, effektiv
und erfolgsversprechend (ebd.). Die vierte Quelle für Selbstwirksamkeits-erwartungen bzw.
deren Untergrabung stellen physiologische Reaktionen dar (ebd., S. 106–107). Aufregung vor
einem Vortrag kann z.B. als Zeichen von Schwäche, als Zeichen von Leistungsbereitschaft oder
als Nebeneffekt des vorhergehenden Treppensteigens in den 3. Stock bewertet werden – je nach
der individuellen Bewertung hat es einen negativen, positiven oder neutralen Effekt auf die
Selbstwirksamkeitserwartungen (ebd.). Selbstwirksamkeit ist das Produkt aus Erfahrungen,
fungiert gleichzeitig aber auch als Konstrukteur neuer Erfahrungen, da
Selbstwirksamkeitserwartungen – genauso wie Selbstzweifel – Auswirkungen auf das
Verhalten, das Denken, die Motivation und den physiologischen Zustand einer Person haben
(ebd., S. 82, 116). Je höher die Selbstwirksamkeitserwartung ist, desto höhere Ziele steckt man
sich, desto mehr Motivation wird zur Zielrealisierung mobilisiert, desto mehr Kontrolle über
die eigene Situation wird empfunden und desto größer ist der potentielle Handlungsspielraum,
den sich eine Person zutraut (ebd., S. 116, 122, 137, 160). Die Struktur dieser
Selbstwirksamkeitserwartungen kann dabei hinsichtlich dreier Merkmale beschrieben werden:
Wie komplex ist die zu bewältigende Herausforderung („level“), wie groß ist der
Tätigkeitsbereich, der von der Selbst-wirksamkeitserwartung beschrieben wird („generality“)
und wie viel Widerstand braucht es, um die Selbstwirksamkeitserwartung zu verunsichern
(„strength“) (ebd., S. 42–43)?

Welchen Einfluss Selbstwirksamkeitserwartungen auf das menschliche Leben haben, zeigen
verschiedenste Studien. Wurde Studienteilnehmer*innen mitgeteilt, sie seien in einer Tätigkeit
über- bzw. unterdurchschnittlich begabt, wirkte sich dies entsprechend positiv bzw. negativ auf
die Leistungsperformanz beim nächsten Vollzug dieser Tätigkeit aus – unabhängig davon, dass
das vorangegangene Feedback zur Begabung erfunden war und nicht auf Fakten basierte
(Bandura 2012, S. 87). Weitere Studien belegen zudem einen Zusammenhang zwischen
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geringen Kontrollüberzeugungen bzw. Selbstwirksamkeits-erwartungen und einer erhöhten
Anfälligkeit für Erkrankungen wie z.B. Stress und Depressionen (ebd., S. 262, 39).
Selbstwirksamkeit beeinflusst auch biologische Prozesse, besonders solche, die im Kontext von
Stressreaktionen stehen, was wiederum ein zentraler Aspekt im Kontext von Gesundheit und
Prävention darstellt (ebd., S. 262). Wird die Selbstwirksamkeit einer Person gestärkt, steigert
sich ihre Leistung, ihr Stresserleben reduziert sich und sie ist weniger anfällig für Erkrankungen
wie z.B. Depressionen (ebd., S. 39). Außerdem setzen sich Menschen mit hohen
Selbstwirksamkeitserwartungen höhere Ziele, nutzen mehr effiziente Lösungsstrategien und
erreichen bessere intellektuelle Leistungen (ebd., S. 59).

 2.2.5 Emotionsregulation
Um auf Emotionsregulation eingehen zu können, muss zuerst einmal der Begriff Emotion
abgesteckt werden. „Unter Emotionen versteht man meist schnell einschießende
Gefühlszustände“ (Barnow 2015, S. 8), die unser Handeln energetisieren und zu ab- bzw.
zuwendenden Verhaltensweisen führen (ebd., S. 11). Es werden je nach Autor sechs bis sieben
Basisemotionen unterschieden, die kulturunspezifisch beschrieben werden können und durch
muskuläre Reaktionsmuster gekennzeichnet sind: Ärger, Angst, Trauer, Verachtung,
Überraschung, Freude und je nach Autor noch Ekel (Ekman und Kuhlmann-Krieg 2005, S. 82;
Roth 2007, S. 549). „Unter Emotionsregulation versteht man die Art und Weise, in der man die
eigenen Emotionen beeinflusst. Dabei können bereits bestehende Gefühle sowohl verändert,
verstärkt, unterdrückt als auch aufrechterhalten werden“ (Barnow 2015, S. 22). Alle Prozesse,
die darauf abzielen, den spontanen Verlauf von Emotionen zu beeinflussen, fallen unter diesen
Begriff (Hauke und Lohr 2019, S. 214). Eine intelligente Emotionsregulation ist
gekennzeichnet durch die bewusste Wahrnehmung der eigenen Emotionen, sowie den flexiblen
und situationsangepassten Umgang mit denselben (Barnow et al. 2016, S. 5–6; Barnow 2015,
S. 34). Es geht dabei nicht darum, alle negativen Emotionen zu unterdrücken, sondern einen
kompetenten Umgang mit allen und besonders den negativen Emotionen zu erlernen (Berking
2017, S. 22; Barnow 2015, S. 5, 22).

Interessant ist in diesem Kontext auch die Zwei-Prozess-Theorie, auf die in Kapitel 3.3.2 noch
genauer eingegangen wird. Dabei werden zwei mentale Systeme unterschieden, die sich auf die
Verhaltenssteuerung, sowie die Emotionsregulation auswirken (Strack und Deutsch 2012, S.
103). Während das eine System für schnelles, intuitives Handeln zuständig ist, wirkt das Andere
als analytische, planende Komponente (Kahneman 2012, S. 32–35). Sind beide Systeme an der
Emotionsregulation beteiligt, hat das positive Effekte auf das Erleben, Verhalten,

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