Sinnlose NATO-Abschreckungsstrategie
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Artem Vlasov, Masterstudiengang für Internationale Beziehungen, MGIMO-Universität, E-Mail: myfreepochta@mail.ru Sinnlose NATO-Abschreckungsstrategie Heute besteht die NATO aus 30 Mitgliedsstaaten und die meisten davon sind europäische Länder. Eine entscheidende Rolle in der Allianz spielen aber die USA, die die NATO als Instrument zur Kontrolle in der europäischen Region und zur Eindämmung Russlands betrachten. Sie wollen nicht zulassen, dass die EU und Russland konstruktiv zusammenarbeiten. Und dafür gibt es mehrere Belege. In dieser Hinsicht ist der Druck seitens der USA auf Deutschland wegen der Pipeline „Nord Stream – 2“ besonders kennzeichnend und enorm. Die US- Regierung will das amerikanische Flüssiggas zu viel höheren Preisen als russisches Erdgas den EU-Ländern aufzwingen. Es wirkt absurd, dass die USA Sanktionen gegen europäische Unternehmen verhängt haben, die am Bau der Pipeline beteiligt waren. Das ist nicht nur eine unfaire Konkurrenz, sondern auch ein Beispiel, dass die USA die Interessen der EU nicht respektieren wollen. Zwischen den USA und Deutschland gibt es auch weitere Differenzen. Erstens, ist Deutschland durch die US-Forderungen, Militärausgaben bis auf 2% des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen, irritiert. Zweitens, wollen die deutschen Unternehmen auch keine weitere Eskalation mit dem größten Land im eurasischen Raum und setzen sich für die vorteilhafte Zusammenarbeit mit Russland ein. Die deutsche Wirtschaft hat durch die EU-Sanktionen gegen Russland schwere Schäden erlitten. Besonders stark sind Maschinen-, Automobil-, Chemie-, Energie- und Logistikbranchen1 betroffen. Allerdings muss man auch berücksichtigen, dass die europäischen NATO-Mitglieder von den USA sowohl wirtschaftlich als auch militärisch sehr abhängig sind. Für Differenzen in der NATO gibt es auch andere Beispiele. So werfen die USA der Türkei den Kauf des russischen Flugabwehrraketensystems (S-400) und 1 Deutsche Welle. Немецкие компании заявили об ущербе от санкций против России. 21.01.2021 // URL: https://www.dw.com/ru/nemeckie-kompanii-zajavili-o-sereznom-ushherbe-ot-sankcij-protiv-rf/a-56299362 1
eine mögliche Annäherung an Russland vor. Gleichzeitig spricht der französische Präsident Emmanuel Macron von einem "Hirntod" der NATO2. Der Grund dafür besteht einerseits in den angespannten Beziehungen zwischen Frankreich und der Türkei und andererseits im EU-Bedenken, eine gesamteuropäische Armee zu schaffen. In seinem Interview für Europe 1 sagte Emmanuel Macron, dass die Europäer ohne eine "wahre europäische Armee" nicht verteidigt werden könnten3. Die Beziehungen zwischen der NATO und Russland erleben heute offenbar schwere Zeiten, obwohl sie während und gleich nach der deutschen Wiedervereinigung ganz anders waren. Die Aussichten für die Kooperation zwischen der NATO und Russland sahen damals ziemlich positiv aus: die westlichen Partner stellten Russland in Aussicht, die NATO gen Osten nicht zu erweitern. Leider wurde das in keinem völkerrechtlichen Dokument verankert. „Die NATO und Russland betrachten einander nicht als Gegner. Sie verfolgen gemeinsam das Ziel, die Spuren der früheren Konfrontation und Konkurrenz zu beseitigen und das gegenseitige Vertrauen und die Zusammenarbeit zu stärken“4, steht im Vertrag 1997 der Nordatlantikvertrags-Organisation und der Russischen Föderation. Im Jahre 2002 wurde auf Grundlage der NATO-Russland-Grundakte durch die Rom-Erklärung der NATO-Russland-Rat gebildet. Diese Struktur soll der Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den NATO-Staaten und Russland in Fragen der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik dienen. 1999 bombardierten die NATO-Streitkräfte den souveränen europäischen Staat – Jugoslawien. Das war ein brutaler völkerrechtswidriger Akt, wonach die NATO-Russland-Verhältnisse für eine gewisse Zeit eingefroren sind. Nach der Ukraine-Krise trafen die Vertreter des Rates zwei Jahre lang nicht mehr zusammen. Aber im April 2016 – nach über zweijähriger Pause – trafen sich doch Vertreter Russlands und der NATO-Länder dann wieder im NATO-Russland-Rat. 2 Tagesschau.de. Macron nennt NATO "hirntot". 07.11.2019 // URL: https://www.tagesschau.de/ausland/macron- nato-101.html 3 Spiegel. Macron fordert Bildung einer "wahren europäischen Armee". 06.11.2018 // URL: https://www.spiegel.de/politik/ausland/emmanuel-macron-fordert-bildung-einer-wahren-europaeischen-armee-a-123 6936.html 4 Grundakte über Gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen der Nordatlantikvertrags- Organisation und der Russischen Föderation. 27.05.1997 // URL: https://www.nato.int/cps/en/natohq/official_texts_25468.htm?selectedLocale=de 2
Trotzdem wächst der ständige Druck der Allianz auf unser Land immer mehr. „Mit Blick auf 2030 wird Russland für das Bündnis höchstwahrscheinlich die wichtigste militärische Bedrohung bleiben“5, wird im NATO-Bericht vom 25. November 2020 hervorgehoben. Eine „friedliche Rhetorik“ der Allianz bleibt nur eine Tarnung des unfriedlichen Vorhabens. Die Fakten sprechen für sich selbst. Insgesamt beträgt das kumulierte NATO-Verteidigungsbudget im Jahr 2020 rund 1028 Milliarden US-Dollar, dabei entfallen 717 Milliarden auf die Militärausgaben der USA. Im Vergleich zum russischen Militärhaushalt sind die Militärausgaben der NATO-Staaten 20-mal höher. Die Allianz führt regelmäßig Militärübungen in der Nähe der russischen Grenzen: in Polen (Dragon 2019, Kevadtorm 2020) und in den baltischen Staaten (BALTOPS 2019, Geleżinis Vilkas 2019) durch. Im Mai 2021 hält die NATO gemeinsam mit der Ukraine Militärübungen Defender Europa 2021 ab, die die größten Manöver seit dem Ende des Kalten Krieges darstellen. Die NATO-Übungen finden auf dem Balkan und am Schwarzen Meer statt. Im Februar 2021 erklärte die Leiterin der Abteilung für Information und Presse des Außenministeriums der Russischen Föderation Maria Sacharowa, dass die Manöver der Vereinigten Staaten im Schwarzen Meer eine Bedrohung für Frieden und Stabilität seien6. Während der Manöver in der Nähe der westlichen Grenzen Russlands konzentriert die NATO etwa 40.000 NATO-Soldaten. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu sieht in NATO-Übungen eine direkte Bedrohung für Russland, deshalb soll die russische Armee bereit sein, prompt auf die sich verändernde Lage zu reagieren7. Der NATO-Druck auf Russland wächst, der Ton der westlichen Staaten wird bedeutend grober und unbeherrschter. In diesem Zusammenhang ergreift Russland alle notwendigen Maßnahmen, um Sicherheit seiner Bevölkerung zu gewährleisten. In seiner Rede an die Nation am 21. April 2021 warnte der russische Präsident Wladimir Putin den „kollektiven Westen“ vor dem Überschreiten der 5 NATO 2030: Geeint in ein neues Zeitalter. 25.11.2020 // URL: https://www.auswaertiges- amt.de/blob/2439466/0852f283a611b62ee0c852a700c4a820/201202-reflexionsgruppe-ergebnisse- arbeitsuebersetzung-data.pdf 6 Известия. В МИД России назвали маневры США в Черном море угрозой миру. 18.02.2021 // URL: https://iz.ru/1126624/2021-02-18/v-mid-rossii-nazvali-manevry-ssha-v-chernom-more-ugrozoi-miru 7 Интерфакс. Военные РФ следят за действиями НАТО в районе будущих учений Defender Europe. 22.04.2021 // URL: https://www.interfax.ru/world/762699 3
"roten Linie" und unterstrich: „Organisatoren jedweder Provokationen, die die Kerninteressen unserer Sicherheit bedrohen, werden ihre Taten so bereuen, wie sie lange nichts bereut haben“8. Die NATO-Abschreckungsstrategie scheint sinnlos. Unser Land hat genug Ressourcen und Mittel, um sich zu verteidigen. Russland hat in den vergangenen Jahren seine Waffensysteme beträchtlich modernisiert. Heute verfügt das Land über Hyperschall-Raketen, Hochpräzisenwaffensysteme, moderne Raketenabwehrsysteme, Kampfjäger der fünften Generation und andere Waffen, die von der hohen Kampfbereitschaft zeugen. Hacker-Angriffe werden zu einer Waffe in den Händen der westlichen Staaten, deswegen lenkt man in den russischen Streitkräften eine besondere Aufmerksamkeit auf die Entwicklung von IT-Technologien und die Ausbildung von Fachleuten in diesem Bereich. Darüber hinaus besitzt Russland die modernsten Atomwaffen und Raketen, die ein Schild des Landes darstellen. Es soll aber all das nur zu Verteidigungszwecken eingesetzt werden, keinesfalls als Angriffswaffen. Die Kampfbereitschaft der russischen Truppen ist auf dem höchsten Niveau, unsere Streitkräfte sind bereit, einem beliebigen Gegner zu begegnen. Der kollektive Westen macht Russland ständig für alle Todsünden verantwortlich und schlägt einen deutlichen Konfrontationskurs ein, denn die NATO, nach den Worten von dem russischen stellvertretenden Außenminister Alexander Gruschko, gehe weiter auf dem Weg der Konfrontation mit Russland und versuche, die sogenannte Bedrohung aus dem Osten zu rechtfertigen, um ihre Bestimmung unter neuen Sicherheitsbedingungen zu begründen9. Andererseits versuchen dadurch die westlichen Länder, vor allem die USA, eigene innere Probleme einschließlich enormer Staatsschulden, ungelöster Rassenfragen und Zustroms von Migranten zu verbergen. Die USA können sich damit nicht abfinden, dass sie den Status eines Hegemons verloren haben und dass sie auf der Weltbühne 8 Послание Президента Федеральному Собранию. 21.04.2021 // URL: http://kremlin.ru/events/president/news/65418 9 ТАСС. Грушко заявил, что НАТО идет по пути конфронтации с Россией. 25.03.2021 // URL: https://tass.ru/politika/10995001 4
mit Russland rechnen müssen. Allerdings berücksichtigt das Russland und betreibt in Bezug auf westliche Staaten zurückhaltende, abgewogene Politik. Trotz NATO- Drohungen will Russland keine Eskalation, sondern steht für Dialog und Kooperation mit den westlichen Partnern. Schon im Jahre 1997 erklärte der russische Generalstabsoffizier N. Andrejew in seinem Interview für die „Lüneburger Zeitung“: „Beide Seiten müssen nach einem Kompromiss suchen“. Er betonte, dass die existierenden Fragen und Wiedersprüche nicht durch Auseinandersetzung und Streit, sondern nur durch Zusammenarbeit gelöst werden sollten10. Diese Worte bleiben auch heutzutage sehr aktuell. 10 Die Lüneburger Zeitung. Russischer Generalstabsoffizier nennt Voraussetzungen für eine NATO-Osterweiterung. Nach Aussöhnung muß Partnerschaft folgen. 12.02.1997 – Nr.36 5
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