SNUS - Die Problematik divergierender rechtlicher Regelungen innerhalb der EU und die zollrechtliche Abfertigung in Deutschland - Autorin: Dozent: ...

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SNUS - Die Problematik divergierender rechtlicher Regelungen innerhalb der EU und die zollrechtliche Abfertigung in Deutschland - Autorin: Dozent: ...
SNUS – Die Problematik divergierender
rechtlicher Regelungen innerhalb der EU
und die zollrechtliche Abfertigung in
Deutschland

Autorin:   Stefanie Mösenlechner

Dozent:    ZAR Recktenwald
SNUS - Die Problematik divergierender rechtlicher Regelungen innerhalb der EU und die zollrechtliche Abfertigung in Deutschland - Autorin: Dozent: ...
2

I. Inhaltsverzeichnis

1 EINFÜHRUNG............................................................................ 4

2 WAS IST SNUS? ......................................................................... 5
   2.1 PRODUKTVARIANTEN UND INHALTSSTOFFE ............................. 5
   2.2 ANWENDUNG VON SNUS UND DAMIT VERBUNDENE RISIKEN ... 5
   2.3 DIE VERBREITUNG VON SNUS .................................................. 6

3 GESAMTEUROPÄISCHE REGELUNG VON SNUS UND

   DIE AUSNAHMESTELLUNG SCHWEDENS ...................... 7
   3.1 SNUS IN EUROPA ...................................................................... 7
      3.1.1 Snus als „Tabakerzeugnis zum oralen Gebrauch“
               gem. Art. 2 Nr. 1, Nr. 4 RL 2001/37/EG........................ 8
      3.1.2 Vertriebsverbot gem. Art. 8 RL 2001/37/EG .................. 8
   3.2 SONDERSTELLUNG SCHWEDENS .............................................. 9
      3.2.1 Gründe für die Sonderstellung ........................................ 9
      3.2.2 Überblick über die Regelungen in Schweden ............... 10

4 SITUATION IN DEUTSCHLAND ......................................... 10
   4.1 SNUS ALS TABAKERZEUGNIS GEM. § 3 VORLÄUFIGES
       TABAKG ................................................................................ 11
   4.2 VERTRIEBSVERBOT GEM. § 5A TABAKV ................................ 11
   4.3 ZOLLRECHTLICHE BETRACHTUNG UND ABFERTIGUNG .......... 12
      4.3.1 Begriffsbestimmungen zum Gesetzeswortlaut .............. 12
          4.3.1.1 „Inverkehrbringen“ ................................................ 12
          4.3.1.2 Unterscheidung „gewerbsmäßig“ – „privat“ ........ 13
          4.3.1.3 Anwendung auf die Rechtsvorschriften
                    § 5a TabakV, Art. 8 RL 2001/37/EG ...................... 13
      4.3.2 Zuständigkeit der Behörden .......................................... 14
          4.3.2.1 Lebensmittelüberwachungsbehörden ..................... 14
          4.3.2.2 Zollbehörden........................................................... 15
      4.3.3 Abfertigung im Postverkehr .......................................... 16
          4.3.3.1 Allgemeine Postabfertigung ................................... 16
          4.3.3.2 Bisherige Handhabung von Mengen-
                    begrenzungen .......................................................... 17
          4.3.3.3 Vollständiges Verbot der Einfuhr von Snus............ 18
3

     4.3.4 Abfertigung im gemeinschaftlichen
             Reiseverkehr .................................................................. 19

5 FAZIT: NOTWENDIGKEIT EINER EINHEITLICHEN

  REGELUNG? ........................................................................... 20
  5.1 ANGRIFF AUF DAS GESCHÜTZTE RECHTSGUT
      DER GESUNDHEIT ................................................................... 21

  5.2 GEGENÜBERSTELLUNG VON SNUS ZU ANDEREN
      TABAKWAREN ........................................................................ 21
  5.3 EINSCHRÄNKUNG DES INNEREUROPÄISCHEN MARKTES? ....... 22

III. ANHANG 1 - ABBILDUNGEN ........................................... 25

IV. QUELLENVERZEICHNIS .................................................. 27

V. ABBILDUNGSVERZEICHNIS............................................. 31
4

1 EINFÜHRUNG

„Es gibt keine Parallele zu der Bedrohung, die der Tabak für die
Gesundheit der Bevölkerung weltweit darstellt. Der Tabak bringt
jährlich etwa 4,2 Millionen Menschen um und ist damit weltweit
die größte Einzeltodursache.“, erklärte Prof. Dr. Gro Harlem
Brundtland       als      damalige      Generaldirektorin     der
Weltgesundheitsorganisation im Jahr 2002 auf der Europäischen
Ministeriellen WHO – Konferenz: Für ein tabakfreies Europa 1.
Waren es laut Prof. Dr. Gro Harlem Brundtland im Jahre 2002
noch 4,2 Millionen Menschen, die durch Tabakkonsum jeglicher
Art umkamen, belief sich die Anzahl der Toten im Jahre 2011
schon auf 6 Millionen weltweit 2. Diese unglaublich hohen Zahlen
machen deutlich, wie enorm gesundheitsgefährdend der
regelmäßige Konsum von Tabakprodukten ist und wie sehr er
dennoch von den Menschen unterschätzt wird. Trotz ständiger
Verschärfungen im Bereich des Tabakrechts vor allem innerhalb
der Europäischen Gemeinschaft, beispielsweise in Bezug auf
Warnhinweise, Werbeverbote, etc., oder auch in Deutschland, z.B.
durch das Nichtraucherschutzgesetz in Bayern, erhöhten sich die
Todesfälle um nahezu 2 Millionen Menschen. Doch wie kann das
sein?
Zwar wird der Tabakkonsum durch immer neue rechtliche
Regelungen eingeschränkt, doch sieht sich der Gesetzgeber stets
mit der Problematik fortwährender Eigendynamik des
Gesellschaftslebens konfrontiert. Es werden neue Tabakprodukte
entwickelt, getestet und, wenn möglich durch Nutzung gesetzlicher
Grauzonen, auf den Markt gebracht, wodurch die Legislative zur
Reaktion auf die jeweilige Entwicklung gezwungen wird.
Bestes Beispiel für diesen Problempunkt: nach Einführung des
Nichtraucherschutzgesetzes in Bayern im Jahre 2010, war das
Tabakrauchen in Innenräumen von Gaststätten aller Art, in
Diskotheken sowie in Festzelten nicht mehr gestattet. Daher sahen
sich viele Bayern gezwungen, sich an den Tabakkulturen anderer
Länder zu orientieren und so zukünftig auf rauchfreien Tabak, wie
z.B. den sog. Snus, auszuweichen. In Folge des Gesetzes häuften
sich daher vor allem in Südostbayern die Bestellungen vorrangig

1
    Office of the Director-General, WHO-Konferenz: Für ein tabakfreies Europa.
2
    http://de.statista.com/themen/150/rauchen/.
5

von Snus aus Schweden, sodass ein Handeln in zollrechtlicher
Hinsicht unabdingbar war.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich nun mit der Thematik
„Snus“ und wie die Vermarktung des Tabakprodukts sowohl
innerhalb der EU, als auch in Schweden geregelt wird. Das
Hauptaugenmerk soll dabei auf der zollrechtlichen Abfertigung im
Post- und im Reiseverkehr liegen. Anfangs gilt es aber zunächst zu
klären, was Snus genau ist.

2 WAS IST SNUS?

2.1 PRODUKTVARIANTEN UND INHALTSSTOFFE

Bei Snus handelt es sich um eine Tabakware mit Ursprung in
Schweden, welche vom Konsumenten zwischen Oberlippe und
Zahnfleisch gelegt wird und somit eine Art des rauchfreien Tabaks
(„smokeless tobacco“) darstellt. „Snus“ bezeichnet dabei nur die
feuchte Tabakmasse, welche aus zerriebenen Tabakblättern, denen
„Hilfsstoffe       wie      Wasser,       Salze     (Natriumchlorid,
Natriumhydrogencarbonat),           Feuchthaltemittel      (Glycerol,
                                      3
Propylenglykol) und Aromastoffe“ beigesetzt werden, hergestellt
wird. Der Anteil an enthaltenem Nikotin unterscheidet sich je nach
Sorte und kann zwischen 0,23 % und 68 % liegen 4.
Diese Grundmasse ist in zwei verschiedenen Produktvarianten
erhältlich. Einerseits wird Snus als loser Tabak angeboten, welcher
vom Konsumenten mit den Händen oder mit Hilfe eines
Portionierers geformt und anschließend in den Mund eingebracht
wird. Andererseits erfolgt der Verkauf von Snus in kleinen, bereits
fertig portionierten Beutelchen. 5 (vgl. Abb. 1).

2.2 ANWENDUNG VON SNUS UND DAMIT VERBUN-
    DENE RISIKEN

Snus wird in der Regel für 20 – 60 Minuten 6 zwischen Oberlippe
und Zahnfleisch gelegt, sodass die Inhaltsstoffe über die
Mundschleimhaut aufgenommen werden können (vgl. Abb. 2).

3
  http://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Snus.
4
  Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme, Fact
Sheet Snus.
5
  http://www.lgl.bayern.de/produkte/tabak/tabakerzeugnisse/et_snus.htm.
6
  http://www.oh-schweden.de/kultur-gesellschaft/snus-tabak-der-schweden/.
6

Dabei erfolgt „die Aufnahme des Nikotins in den Blutkreislauf
zwar langsamer als beim Rauchen einer Zigarette, die
Nikotinkonzentration sinkt aber auch langsamer ab“, sodass „die
Konsumenten      von     Snus    also   länger   einer    hohen
                                                   7
Nikotinkonzentration ausgesetzt sind als Raucher“. Erleichtert
wird die Aufnahme durch die in der Tabakmasse enthaltenen Salze.
Snus wird hauptsächlich als Genussmittel und Stimulans
konsumiert. 8    Die    mit     dem     Konsum     verbundenen
Gesundheitsrisiken gleichen denen anderer Tabakprodukte, da in
jedem von ihnen große Mengen an tabakspezifischen Nitrosaminen
und abhängig machendem Nikotin enthalten sind. Dabei weisen vor
allem die Verbindungen der Nitrosamine eine stark karzinogene
Wirkung auf. Folglich kann der Konsum von Snus neben
Beschwerden      wie     Schwindel,    Übelkeit,   Mundgeruch,
Verfärbungen der Zähne oder Entzündungen des Zahnfleisches, vor
allem Krebs, beispielsweise im Mund- und Halsbereich oder an der
Bauchspeicheldrüse (Pankreaskrebs), sowie Herz-Kreislauf-
Erkrankungen hervorrufen. 9

2.3 DIE VERBREITUNG VON SNUS

Trotz der Gesundheitsschädlichkeit ist der Konsum von Snus in
den letzten Jahrzehnten vor allem in den skandinavischen Ländern
wie Norwegen, Finnland und Schweden, aber auch in den USA
stark angestiegen. Im Gegensatz dazu ist die Verbreitung von Snus
in den restlichen europäischen Ländern eher gering, nur in
Österreich, Dänemark, Irland und Großbritannien kann der
Konsum mit empirischen Daten belegt werden.
Hauptaugenmerk liegt aber stets auf Schweden, da es nicht nur auf
eine sehr lange Tradition von Snus zurückblicken kann, sondern
auch weil strenge Einschränkungen in Bezug auf das Rauchen von
Zigaretten seit Anfang der 70er Jahre im Land eine Umorientierung
hin zum rauchfreien Tabak verstärkt haben. So waren es in den
Jahren 1970 – 1980 nur zwischen 2.500 und 3.000 Tonnen Snus,
jedoch bis zu 12.000 Millionen Stück Zigaretten, die in Schweden
verbraucht wurden. Ab Ende der 1990er Jahre steigerte sich der
Snuskonsum auf knapp über 5.000 Tonnen Snus, während in ganz
Schweden nur noch durchschnittlich 6.000 Millionen Stück

7
  Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme, Fact
Sheet Snus.
8
  http://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Snus.
9
  Deutsches Krebsforschungszentrum: Rauchlose Tabakprodukte, S. 17 ff.
7

Zigaretten geraucht wurden. Es ist also zu beobachten, dass sich
der Konsum von rauchfreiem Tabak bei einem Rückgang des
Zigarettenkonsums um die Hälfte geradezu verdoppelt hat (vgl.
Abb. 3).
Auffällig ist ebenso, dass in allen Ländern vor allem Kinder und
Jugendliche mit dem Konsum von Snus vertraut sind. 10
Der stetig steigende Verbrauch sowie die zunehmende Verlagerung
des Konsums auf die jüngeren Generationen erfordern daher neue
oder reformierende Regelungen im Bereich des Tabakrechts
speziell in Bezug auf den rauchfreien Tabak.
Diese wurden sowohl EU-rechtlich als auch national getroffen. Die
entscheidenden Rechtsgrundlagen sollen im Folgenden nach dem
Prinzip der Normenpyramide dargelegt werden. Dies bedeutet, dass
zunächst die gemeinschaftsrechtliche Seite beleuchtet werden soll.

3 GESAMTEUROPÄISCHE REGELUNG VON SNUS
  UND AUSNAHMESTELLUNG SCHWEDENS

3.1 SNUS IN EUROPA

Gerade im Bereich des Tabakrechts gibt es einige Richtlinien, die
eine einheitliche Verfahrensweise im Verkehr sicherstellen sollen.

Erstmals ist Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften
der Mitgliedstaaten bezüglich der Tabakerzeugnisse am 13.
November 1989 durch die Richtlinie 89/622/EWG erfolgt.
Thematisiert wurde darin zunächst vor allem die Kennzeichnung
bzw. Etikettierung der Verpackungen von Tabakerzeugnissen,
beispielsweise durch Anbringung von deutlich lesbaren
Warnhinweisen oder Angaben zu Teer- und Nikotingehalt.
Weiterhin wurde die Vermarktung sowie der freie Verkehr von
Tabakerzeugnissen gemeinsamen Regelungen unterworfen, um so
mögliche Handelshemmnisse innerhalb der Gemeinschaft
vorzubeugen.

Nachdem in den Folgejahren der Konsum von neuartigen
Tabakerzeugnissen zum oralen Gebrauch vor allem bei Kindern
und Jugendlichen stark angestiegen war und wissenschaftliche
Untersuchungen eine hohe Anzahl an Krebserregern in diesen

10
     Deutsches Krebsforschungszentrum: Rauchlose Tabakprodukte, S. 11 ff.
8

Erzeugnissen nachwiesen, wurde die RL 89/622/EWG am 15. Mai
1992 durch die Richtlinie 92/41/EWG abgeändert bzw. erweitert.
Nun wurden gem. Art. 2 IV RL 92/41/EWG „Tabakerzeugnisse
zum oralen Gebrauch“ genau definiert und ihr Verkauf angesichts
des hohen Gesundheitsrisikos in den Mitgliedstaaten gem. Art. 8a
RL 92/41/EWG untersagt.

Weitere Untersuchungen auf dem Gebiet der Krebsforschung
bezüglich des Oraltabaks sowie die immer noch unterschiedlichen
Regelungen für die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf
von Tabakerzeugnissen innerhalb der Gemeinschaft, waren
schlussendlich die Grundlage für den Erlass der Richtlinie
2001/37/EG am 5. Juni 2001. Mit ihr wurde gem. Art. 15 RL
2001/37/EG die RL 89/622/EWG aufgehoben. Sämtliche Verweise
auf die alte Richtlinie gelten nun der RL 2001/37/EG.
Anhand ihr kann Snus nun rechtlich als Tabakerzeugnis
eingeordnet werden.

3.1.1 Snus als „Tabakerzeugnis zum oralen Gebrauch“
      gem. Art. 2 Nr. 1, Nr. 4 RL 2001/37/EG

Snus ist gem. Art. 2 Nr. 4 RL 2001/37/EG zunächst als Tabak zum
oralen Gebrauch einzuordnen. Dabei handelt es sich um zum oralen
Gebrauch bestimmte Erzeugnisse, welche ganz oder teilweise aus
Tabak bestehen, sei es in Form eines Pulvers oder feinkörnigen
Granulats oder einer Kombination dieser Formen, insbesondere in
Portionsbeuteln bzw. porösen Beuteln, oder in einer Form, die an
ein Lebensmittel erinnert, mit Ausnahme von Erzeugnissen, die
zum Rauchen oder Kauen bestimmt sind. Snus wird, wie zuvor
bereits erläutert, meist als loser Tabak oder in Portionsbeuteln
verkauft. Folglich fällt Snus grundsätzlich unter den Bereich der
sog. Tabakerzeugnisse gem. Art. 2 Nr. 1 RL 2001/37/EG, also
unter Erzeugnisse, welche zum Rauchen, Schnupfen, Lutschen
oder Kauen bestimmt sind, sofern sie ganz oder teilweise aus
Tabak bestehen, und zwar unabhängig davon, ob der Tabak
gentechnisch verändert ist oder nicht.
Hervorzuheben ist, dass es sich hier lediglich um eine Definition
handelt (vgl. Überschrift zu Art. 2 RL 2001/37/EG) und Snus daher
keinen Steuergegenstand darstellt, welcher der Tabaksteuer
unterliegt. Es werden auch keine Aussagen zu einem
Mindeststeuersatz getroffen. Diese Besonderheit gilt es vor allem
im Bereich des nationalen Rechts genauer zu beleuchten.
9

3.1.2 Vertriebsverbot gem. Art. 8 RL 2001/37/EG

Des Weiteren übernimmt die neue Richtlinie das Verbot über das
Inverkehrbringen von Tabak zum oralen Gebrauch (Art. 8 RL
2001/37/EG). Somit ist der gesamte Warenverkehr mit
Tabakerzeugnissen dieser Art innerhalb der Gemeinschaft
verboten.
Allerdings wurde sowohl dem Königreich Norwegen, als auch dem
Königreich Schweden im Rahmen ihres Beitrittsvertrages eine
nationale Ausnahmeregelung gewährt. Für beide Länder gilt das
Verbot über das Inverkehrbringen des Oraltabaks nicht.

3.2 SONDERSTELLUNG SCHWEDENS

Im Folgenden soll diese Besonderheit genauer betrachtet werden,
wobei der Schwerpunkt auf der Betrachtung der Regelungen in
Schweden liegen soll, da Norwegen zwar ein EWR-Staat, jedoch
kein EU-Mitglied ist (Art. 3 I ZK).

3.2.1 Gründe für die Sonderstellung

Die Geschichte des Tabaks und vor allem des Snus in Schweden
reicht weit ins 17. und 18. Jahrhundert zurück. Damals wurde vor
allem der Schnupftabak, genannt „Snus“, in Schweden mehr und
mehr bekannt und galt besonders für den Adel als ein Zeichen von
Eleganz. Daher wurde zu dieser Zeit auch mit dem Tabakanbau in
Schweden und in den skandinavischen Ländern begonnen.
Nach der Französischen Revolution ging das „Schnupfen“ jedoch
zurück und galt als altmodisch. Vielmehr wurden nun Zigarren und
Zigaretten geraucht. Da es den schwedischen Bauern jedoch nicht
möglich war, teure Zigaretten zu kaufen oder sogar während der
Arbeit zu rauchen, begannen sie, sich kleine Portionen Snus hinter
die Oberlippe zu stecken. Seither entwickelte sich das „Snusen“ zu
einer schwedischen Tradition. 11
Unterstützt wurde der Trend durch die „progressive
Tabakkontrollpolitik“ Schwedens seit den 1950er Jahren.
Schweden zählte „zu den ersten Ländern, die sich in der
Tabakkontrolle engagierten“ und versuchte die Bevölkerung aktiv
mit Tabakentwöhnungsprogrammen oder durch massenmediale

11
     http://www.buysnus.ch/history.html.
10

Aufklärungsprogramme über die Gefahren des Rauchens zu
informieren. 12
Angesichts dieser Maßnahmen und der langen „Snustradition“ ist
der Konsum von Snus in Schweden um vieles höher als in den
restlichen Mitgliedstaaten. Rund 19 % der Männer und 4 % der
Frauen konsumieren täglich Snus 13.
Folglich war es schwierig bis unmöglich, mit dem EU-Betritt den
Verbrauch von Snus in Schweden vollständig zu unterbinden.
Daher knüpfte Schweden den Beitritt unter anderem auch an die
Bedingung, hier eine Ausnahmeregelung gewährt zu bekommen.

3.2.2 Überblick über die Regelungen in Schweden

Die Ausnahme vom Verbot ist in der Akte über die Bedingungen
des Beitritts des Königreichs Norwegen, der Republik Österreich,
der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die
Anpassung der die Europäische Union begründenden Verträge im
Art. 151 i.V.m. Anh. XV, unter X. Verschiedenes, Buchstabe a,
niedergelegt. Dort heißt es, dass das Verbot gem. Art. 8a RL
89/622/EWR, geändert durch die RL 92/41/EWG, nicht für das
Königreich Schweden und das Königreich Norwegen gilt, mit
Ausnahme des Verbots, dieses Erzeugnis in einer anderen Form,
die an ein Lebensmittel erinnert, in den Verkehr zu bringen.
Um zu gewährleisten, dass der Warenverkehr mit Oraltabak
ausschließlich in diesen beiden Ländern erfolgt, wurden Schweden
und auch Norwegen dazu verpflichtet, nötige Vorkehrungen zu
treffen, um eine Vermarktung der Tabakerzeugnisse zum oralen
Gebrauch in den restlichen Mitgliedstaaten, welche dem Verbot
gem. Art. 8 RL 2001/37/EG unterliegen, zu unterbinden. Dies wird
von der Europäischen Kommission überwacht (vgl. Anh. XV, X.
b), c) der o.g. Akte).
Aufgrund dieser Verpflichtung wurde in Schweden eine
Verordnung erlassen, welche die Ausfuhr von Snus verbietet. Darin
wird festgehalten, dass Snus nicht in einen anderen Mitgliedstaat
der Europäischen Union ausgeführt werden darf und dass nur der
Kauf zum persönlichen Gebrauch durch Reisende oder als
Mitbringsel erlaubt ist. Bei einem Verstoß gegen diese Maßnahmen
drohen Sanktionen. 14

12
   Deutsches Krebsforschungszentrum: Rauchlose Tabakprodukte, S. 29.
13
   KOM/2010/0399, endgültig.
14
   KOM/2010/0399, endgültig.
11

4 SITUATION IN DEUTSCHLAND

Bei den vom Europäischen Parlament und Rat der Europäischen
Union erlassenen Richtlinien handelt es sich um unmittelbares
Recht, welches der Umsetzung in innerstaatliches Recht der
einzelnen Mitgliedstaaten bedarf. In Deutschland erfolgt dies im
Rahmen des Vorläufigen Tabakgesetzes und der dazugehörigen
Tabakverordnung.

4.1 SNUS ALS TABAKERZEUGNIS GEM. § 3 VORLÄU-
    FIGES TABAKG

Gem. § 3 Vorläufiges TabakG handelt es sich bei
Tabakerzeugnissen um aus Rohtabak oder unter Verwendung von
Rohtabak hergestellte Erzeugnisse, die zum Rauchen (z.B.
Zigaretten), Kauen (z.B. Kautabak) oder anderweitigen oralen
Gebrauch oder zum Schnupfen bestimmt sind. Damit wurde die
Definition aus Art. 2 Nr. 1, Nr. 4 RL 2001/37/EG übernommen und
Snus stellt als „Erzeugnis zum anderweitigen oralen Gebrauch“
auch national ein Tabakerzeugnis dar. Zu beachten ist hier, dass
Snus nicht als Steuergegenstand gem. dem § 1 I, II TabStG
charakterisiert wird, welcher im Steuergebiet der Tabaksteuer
unterliegt. Dort ist nur von Zigarren, Zigarillos, Zigaretten und
Rauchtabak die Rede (§ 1 II TabStG). Vielmehr wird der Begriff
der „Tabakerzeugnisse“ gem. § 3 Vorläufiges TabakG nur
definiert, es erfolgen keine Erläuterungen zu einem Steuertarif.

4.2 VERTRIEBSVERBOT IN DEUTSCHLAND GEM.
    § 5A TABAKV

Auch das Vertriebsverbot wurde im Rahmen des § 5a TabakV
umgesetzt. Dort heißt es, dass Tabakerzeugnisse, die zum
anderweitigen oralen Gebrauch als Rauchen oder Kauen bestimmt
sind, gewerbsmäßig nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen.
Zudem besteht gem. § 47 I Vorläufiges TabakG ein
Verbringungsverbot für Tabakwaren, welche den geltenden
lebensmittelrechtlichen Bestimmungen (hier: § 5a TabakV) nicht
entsprechen. Zu beachten ist hier, dass der Begriff des
„Verbringens“ nicht mit dem zollrechtlichen Verbringungsbegriff
(DV 0601 (102)) gleichzusetzen ist. Da das Vorläufige TabakG ein
nationales Gesetz ist, umfasst der Geltungsbereich lediglich das
Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland und nicht, wie der
12

zollrechtliche Begriff, das gesamte Zollgebiet der EU. Dem
Binnenmarktprinzip folgend, findet für Gemeinschaftswaren
grundsätzlich keine zollamtliche Überwachung statt. 15 Allerdings
wird gem. § 1 III ZollVG die Einhaltung von Verboten und
Beschränkungen überwacht. Dem Verbringen bzw. der Einfuhr von
Snus nach Deutschland stehen also grundsätzlich Verbote und
Beschränkungen gem. Art. 58, 73 ZK entgegen.
Den Gesetzeswortlaut der Verbotsnorm in § 5a TabakV gilt es
jedoch genauer zu betrachten und mit dem Wortlaut des Art. 8 RL
2001/37/EG zu vergleichen.
Deutschland hat das Verbot des Inverkehrbringens nur auf den
„gewerbsmäßigen“ Bereich beschränkt. Laut EU-Richtlinie ist
jedoch der gesamte Warenverkehr mit Oraltabak untersagt, es wird
nicht zwischen einem gewerblichen und einem privaten
Inverkehrbringen unterschieden. Um hier also im Rahmen der
zollrechtlichen Abfertigung, innerhalb derer ich mich im
Folgenden aufgrund des Verbots im Gewerbebereich auf den Post-
sowie auf den Reiseverkehr konzentriere, eindeutige Schlüsse
ziehen zu können, muss zunächst geklärt werden, inwiefern ein
„Inverkehrbringen“ von Oraltabak vorliegt und wann dies als
„gewerblich“ oder als „privat“ einzuordnen ist.

4.3 ZOLLRECHTLICHE BETRACHTUNG UND
    ABFERTIGUNG

4.3.1 Begriffsbestimmungen zum Gesetzeswortlaut

4.3.1.1 „Inverkehrbringen“

Das „Inverkehrbringen“ von Waren findet auf verschiedenen
Rechtsgebieten     Anwendung         (z.B.    Lebensmittel- und
Futtermittelgesetzbuch [LFGB], CE-Kennzeichnung, ...) und ist
dort auch jeweils unterschiedlich definiert. Der Grundgedanke
jedoch, dass immer ein Verantwortlicher hinter der Tathandlung
steht, welcher für alle, nicht nur rechtlich geforderten
Produkteigenschaften der Ware und deren Prüfung die
Verantwortung trägt, ist überall derselbe. 16
So spricht man in Bezug auf Tabakerzeugnisse gem. § 7
Vorläufiges TabakG dann von einem Inverkehrbringen, wenn eine

15
     Bender, ZfZ, 1992, S. 199 f.
16
     http://de.wikipedia.org/wiki/Inverkehrbringen.
13

Ware angeboten, zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe vorrätig
gehalten, feilgehalten sowie auf jede andere Art und Weise an
andere abgegeben wird. Es handelt sich also um das erstmalige,
sowohl entgeltliche als auch unentgeltliche Bereitstellen eines
Produktes auf dem Markt der Europäischen Gemeinschaft.

4.3.1.2 Unterscheidung „gewerbsmäßig“ – „privat“

Diese Bereitstellung kann sowohl gewerblich, also mit
kommerziellem Charakter, aber auch privat, also zu
nichtkommerziellen Zwecken, erfolgen (vgl. Art. 1 Nr. 6 ZK-DVO,
Art. 29 II ZollbefrVO).
Charakterisierend für eine private Bereitstellung ist, dass sie „aus
einem bestimmten Anlass (gelegentlich) erfolgt, also z.B. zum
Geburtstag“ und ihrer Art und Menge nach ausschließlich zum
persönlichen Ge- oder Verbrauch durch den Empfänger oder
Reisenden und Angehörige ihres Haushalts bestimmt ist oder als
Geschenk überreicht werden soll (Art. 1 Nr. 6, 2. Anstr. ZK-DVO,
Art. 29 II, 2. Anstr. ZollbefrVO). 17
Gewerbliches Inverkehrbringen hingegen zielt auf eine gewisse
Regelmäßigkeit ab, um so eine konstante Gewinnerzielung zu
erreichen. Denn im Gegensatz zu einer privaten Bereitstellung
zeichnet sich die Gewerbsmäßigkeit dadurch aus, dass sie nur
gegen eine Gegenleistung erbracht wird, also gegen Bezahlung
(Art. 29 II, 3. Anstr. ZollbefrVO) oder einer vergleichbaren
Ersatzleistung. Somit steht hier die Gewinnerzielungsabsicht im
Vordergrund.

4.3.1.3 Anwendung auf die Rechtsvorschriften § 5a TabakV,
       Art. 8 RL 2001/37/EG

Das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen bezieht sich im
Postverkehr auf sämtliche Warensendungen von Snus, welche im
Rahmen des Weltpostvertrages nach Deutschland befördert
werden. Im Reiseverkehr betrifft das Inverkehrbringen jegliche
Reisemitbringsel eines Reisenden, also Snus, welcher im
persönlichen Gepäck des Reisenden von Schweden nach
Deutschland kommt.

17
     Kampf, in: Lehrbuch d. Europ. Zollrechts, S. 444.
14

Sowohl im Reise- als auch im Postverkehr kann einerseits davon
ausgegangen werden, dass der Transport zu privaten Zwecken
erfolgt, da der Ge- bzw. Verbrauch des Snus persönlich durch den
Empfänger bzw. Reisenden (und dessen Haushalt) erfolgt. Somit
wären beide Varianten innerhalb Deutschlands erlaubt, da sich das
Verbot gem. § 5a TabakV ja nur auf den gewerblichen Bereich
beschränkt. Dies ist aber vor allem im Bezug auf den Postverkehr
problematisch, da dadurch Telefonbestellungen oder Online-Käufe
von Snus im Grunde nicht von dem nationalen Verbot betroffen
wären und das, obwohl beide Varianten andererseits als
„gewerbliches Inverkehrbringen“ eingeordnet werden können, da
zwischen Versender und Empfänger Geld fließt (Bezahlung).
Die deutsche Regelung gem. § 5a TabakV stellt daher
grundsätzlich einen Widerspruch zum Art. 8 RL 2001/37/EG dar.
Eine Anpassung des Gesetzeswortlautes ist bis jetzt nicht erfolgt,
wodurch die Thematik „Snus“ in Deutschland von Bundesland zu
Bundesland unterschiedlich behandelt wird, nicht zuletzt weil die
Durchführung      der     Überwachung      des  Verkehrs      von
Tabakerzeugnissen in den Zuständigkeitsbereich der einzelnen
Länder fällt (gem. § 40 I Vorläufiges TabakG).

4.3.2 Zuständigkeit der Behörden

Bundesweit unterliegt die Überwachung von Tabakerzeugnissen
dem Aufgabenbereich des Bundesamtes für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit. Dieses koordiniert die einzelnen
Lebensmittelüberwachungsbehörden der Länder.

4.3.2.1 Lebensmittelüberwachungsbehörden

In        den       einzelnen       Ländern      sind          die
Lebensmittelüberwachungsbehörden (LÜ) nämlich tragende Kraft
der Kontrollen und Überprüfungen.
Dies ergibt sich nicht nur aus § 40 I Vorläufiges TabakG, in
welchem         die       Zuständigkeit      für        sämtliche
Überwachungsmaßnahmen dem Landesrecht zugewiesen wird,
sondern       auch      aus     dem       Lebensmittel-       und
Bedarfsgegenständegesetz      (LMBG).       Dort    sind       die
Tabakerzeugnisse gem. § 3 I LMBG ebenfalls als Erzeugnisse,
welche aus Rohtabak oder unter Verwendung von Rohtabak
hergestellt wurden und zum Rauchen, Kauen, anderweitigen oralen
Gebrauch oder zum Schnupfen bestimmt sind, definiert. Dies
15

bedeutet jedoch nicht, dass Tabakerzeugnisse als Lebensmittel
einzuordnen sind. Vielmehr sind Tabakerzeugnisse nicht zum
Verzehr geeignet, wie es die Definition von Lebensmitteln gem. §
1 LMBG aber fordert. 18
Trotzdem ist gem. § 40 I, 41 I LMBG der Verkehr mit
Erzeugnissen im Sinne des LMBG, also auch von
Tabakerzeugnissen, von den zuständigen Behörden zu überwachen,
welche in den „landesrechtlichen Ausführungs- bzw.
Vollzugsgesetzen und –verordnungen geregelt“ sind. 19 Dabei
handelt es sich stets um die Lebensmittelüberwachungsbehörden
der einzelnen Länder, deren Zuständigkeit einem dreistufigen
Verwaltungsaufbau folgt, bestehend aus den Obersten
Landesbehörden       (Ministerien),  den    Landesmittelbehörden
(Regierungen) und den Unteren Vollzugsbehörden (Ordnung- und
Polizeibehörden). 2021 Unterstützt werden sie durch weitere,
verschiedene Vollzugsbehörden.

4.3.2.2 Zollbehörden

Als solche Vollzugsbehörde können die einzelnen Zollbehörden
der Länder charakterisiert werden.
Die Zolldienststellen wirken gem. § 48 I Vorläufiges TabakG, § 48
I LMBG bei der Überwachung des Verbringens oder der Durchfuhr
von Tabakerzeugnissen mit (s. § 40 I S. 2 Vorläufiges TabakG, §
40 I S. 2 LMBG). Hierzu dürfen sie beispielsweise Sendungen,
Beförderungsmittel, etc. beim Verbringen sowie bei der Durchfuhr
von Erzeugnissen aus dem Geltungsbereich des jeweiligen
Gesetzes anhalten (§ 48 I Nr. 1 Vorläufiges TabakG/LMBG), oder
den Verdacht von Verstößen gegen Verbote und Beschränkungen
an         die          zuständigen          Verwaltungsbehörden
(Lebensmittelüberwachungsbehörden) mitteilen (§ 48 I Nr. 2
Vorläufiges TabakG/LMBG). Somit spielen sie sowohl im außer-
als auch im innergemeinschaftlichen Warenverkehr die
entscheidende Rolle bei der Abfertigung der Tabakerzeugnisse.

Da      vor    allem    in    Bayern     u.a.   aufgrund      des
Nichtraucherschutzgesetzes Snus konsumiert wird und anlässlich
rechtlicher Neurungen durch die Bayerische Regierung hinsichtlich

18
   Behler/Schröder: Das LMBG, S. 47, Rz. 23.
19
   Behler/Schröder: Das LMBG, S. 191, Rz. 141.
20
   http://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/ueberwachung/lgl_aufgaben/index.htm.
21
   Meyer: Lebensmittelrecht, S. 110 f.
16

der Abfertigung von Snus, möchte ich die aktuellen Entwicklungen
in diesem Bundesland genauer betrachten.
Zuständig für die Überwachung der Tabakerzeugnisse sind als
Oberste Landesbehörde und Landesmittelbehörden das Bayerische
Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit sowie die
Regierungen der einzelnen Regierungsbezirke. Die Landratsämter
und kreisfreien Städte übernehmen die Aufgaben der
Vollzugsbehörden (Art. 21 I, II Nr. 2 GDVG). 22 Auch hier erfolgt
die Unterstützung durch die einzelnen Zollstellen.
4.3.3 Abfertigung im Postverkehr

4.3.3.1 Allgemeine Postabfertigung

Die Postabfertigung erfolgt stets im Rahmen des Weltpostvertrages
(WVP), der dem EG-Recht übergeordnet ist. Dieser legt fest, dass
jede Vertragspartei einen nationalen Betreiber auswählt, welcher
allein die im WVP geregelten Dienste anbieten darf. Im Zollgebiet
der EG wird jeweils ein ansässiger Postbetreiber pro Mitgliedstaat
benannt, wobei in Deutschland die Deutsche Post AG 23 mit ihren
Unterauftragnehmern (z.B. DHL) dieser Rolle zuteil wird. Andere
Postdienstleister, wie beispielsweise UPS oder GLS, handeln ohne
die Privilegien des WVP als Expressdienstleister oder Spediteure
und sind damit vom sog. Postverkehr nicht umfasst. 24

Alle Postsendungen – sowohl aus Drittländern, als auch aus
Mitgliedstaaten der EU –, die im Rahmen des WVP in die
Bundesrepublik Deutschland gelangen, werden, je nach dem, ob sie
über den Luft-, See- oder Landweg befördert wurden, in jeweils
eine der fünf Auswechselungsstellen (ISPS Hamburg, IFS
Radefeld, IFS Speyer, IPZ Frankfurt mit Außenstelle IPZ
Niederaula) der Deutschen Post AG befördert, um sie dort auf ihre
Gestellungspflicht (Art. 40 ZK) hin zu prüfen. Dabei wird
zwischen     gestellungspflichtigen  und     gestellungsbefreiten
Sendungen unterschieden.
Die gestellungsbefreiten Postsendungen, worunter u.a. Sendungen
von Privat an Privat (Art. 25 ZollbefrVO), Sendungen mit
geringem Wert (Art. 23 ZollbefrVO) oder Rücksendungen (Art.
185-187 ZK) fallen, werden von der Post ohne weitere

22
   http://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/ueberwachung/organisation/.
23
   http://www.upu.int/en/the-upu/member-countries/western-europe
/germany.html.
24
   Henke, in: Witte, Kommentar ZK, Art. 61, Rz. 41.
17

Zollformalitäten direkt an den Empfänger weitergeleitet (Art. 38 IV
ZK, 237 I A., a), 4. Anstr. i.V.m. III a) ZK-DVO). Sie sind von der
Beförderungspflicht gem. Art. 38 I ZK befreit, sofern sie keinen
Verboten und Beschränkungen unterliegen (§ 5 I ZollVG). Ist dies
jedoch der Fall, so gelten die Sendungen als gestellungspflichtig
und müssen den Zollbehörden zwingend vorgelegt werden. 25

Sofern nun eine Postsendung „Snus“ aus Schweden nach
Deutschland kommt, wird diese im Binnenmarkt der EU befördert
und ist so grundsätzlich nicht von der deutschen Zollverwaltung zu
behandeln. 26 In einem solchen Fall ist die Deutsche Post AG
befugt, Zollanmeldungen in Vertretung des Empfängers abzugeben
(§ 5 II ZollVG). Jedoch steht dem Verbringen von Snus in die
Bundesrepublik ein Verbot gem. § 47 I Vorläufiges TabakG
entgegen, sodass eine Vorlage bei der zuständigen Zollbehörde
verpflichtend ist und der Empfänger die Abfertigung seiner
Sendung eigenständig abwickeln muss. Diese EU-internen
Sendungen werden durch die Deutsche Post AG aussortiert und an
das für den Empfänger örtlich und sachlich zuständige Zollamt
übermittelt. Der Empfänger der Sendung erhält über diesen
Vorgang ein Benachrichtigungsschreiben und wird aufgefordert,
am zuständigen Zollamt zu erscheinen und die nötigen
Zollformalitäten zu erledigen (Selbstverzollung). 27
Diese zu erledigenden Formalitäten haben sich in Bayern im letzten
Jahr grundlegend geändert.

4.3.3.2 Bisherige Handhabung von Mengenbegrenzungen

Trotz des Verbots des Inverkehrbringens von Snus in der EU, war
es bis Mitte 2012 privaten Konsumenten in Bayern erlaubt,
Mengen von bis zu 1 - 1,5 kg Snus per Post zu beziehen. Bei dieser
Gewichtsangabe handelt es sich um den durchschnittlichen
Jahresbedarf eines Snus-Konsumenten, sodass der Bezug als
privates Inverkehrbringen des Oraltabaks verstanden werden
konnte. Ab einer Menge von 1 kg Snus war von dem Empfänger
eine zusätzliche schriftliche Erklärung verlangt worden, in der er
bestätigen musste, dass der Snus ausschließlich für den eigenen
Verbrauch und nicht zur Weitergabe bestimmt war. Sofern
Zweifelsfragen hinsichtlich der Gewerbsmäßigkeit bestanden,

25
   Henke, in: Witte, Kommentar ZK, Art. 61, Rz. 42.
26
   Henke, in: Witte, Kommentar ZK, Art. 61, Rz. 46.
27
   Fraedrich: Zoll – Leitfaden, S. 91.
18

wurde die Lebensmittelüberwachung des jeweiligen Landratsamtes
hinzugezogen.

Sobald die Postsendung von der Deutschen Post AG also zur
zuständigen Zollstelle befördert wurde und der Empfänger
persönlich am Zollamt erschienen ist, gab dieser mündlich eine
Zollanmeldung zur Überführung in den freien Verkehr ab (Art. 61
c) ZK). Dazu war die Rechnung als Unterlage (Art. 62 II ZK)
vorzulegen, gem. Art. 77 I ZK, 218 ZK-DVO. Die Anmeldung
wurde anschließend angenommen (Art. 63 i.V.m. 62 ZK) und die
Postsendung nach einer kurzen Beschau (Art. 68 b) ZK) überlassen
(Art. 73 ZK).

Mit dieser Art der Abfertigung wurde dem § 5a TabakV insofern
Rechnung getragen, dass ausschließlich das gewerbliche
Inverkehrbringen von Snus untersagt ist und sämtliche Internet-
oder Telefonbestellungen von Snus als privates Inverkehrbringen
gelten.
Um jedoch den Widerspruch des deutschen Rechts zum EU-Recht
aus dem Weg zu räumen, wurden die Vorgaben zur Abfertigung
von Snus erneuert.

4.3.3.3 Vollständiges Verbot der Einfuhr von Snus

Diese Neuregelung erfolgte durch eine Stellungnahme der
Länderarbeitsgemeinschaft     Verbraucherschutz     (LAV)       -
Arbeitsgruppe „Lebensmittel, Bedarfsgegenstände, Wein und
Kosmetika“     des      Bundesministeriums     für   Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV). Darin wurde
versucht, den Begriff der „Gewerbsmäßigkeit“ so auszulegen, dass
er ebenso die Postsendungen an private Empfänger für den
Eigengebrauch umfasst und so der Regelung gem. Art. 8 RL
2001/37/EG entsprochen wird.
„Nach Auffassung des BMELV liegt spätestens mit der Übergabe
des Pakets durch die Post an den privaten Endkonsumenten in
Deutschland ein Inverkehrbringen im Geltungsbereich des
Vorläufigen Tabakgesetzes vor. Dies erfolgt gewerbsmäßig, da hier
ausländische Firmen im Wege des Fernabsatzes – vornehmlich
über das Internet – „Snus“ verkaufen und liefern“. Es liegt laut
BMELV also immer dann ein gewerbsmäßiges Inverkehrbringen
vor, wenn dem Verbringen der Ware ein Kaufgeschäft (§ 433
BGB) zu Grunde liegt, also „derjenige, der verbringt, oder
19

verbringen lässt, vom Empfänger der Erzeugnisse eine
Gegenleistung erhält“.
Folglich unterliegt jegliche Lieferung von Snus dem Verbot gem. §
47 I Vorläufiges TabakG i.V.m. § 5a TabakV. Wird gegen dieses
Verbot verstoßen, obliegt die Entscheidung, wie mit der
betroffenen Sendung weiter verfahren wird, der zuständigen
Behörde, also dem örtlich zuständigen Zollamt. 28
Dieses verfährt in eigener Zuständigkeit und trifft gem. Art. 75 I a),
4. Anstr. ZK alle erforderlichen Maßnahmen. Diese umfassen hier
zum Einen die Ungültigkeitserklärung der Zollanmeldung (Art. 66
I, 2. Alt. ZK) sowie entweder die Rücksendung oder die
Vernichtung der Ware unter zollamtlicher Überwachung (vgl. Art.
182 I ZK). Der Empfänger der Postsendung wird in die
Entscheidung miteinbezogen und bevorzugt meist die
Rücksendung der Ware an den Versender, da so die
Wahrscheinlichkeit auf Rückzahlung des Kaufpreises sehr hoch ist.
Sofern allerdings keine der genannten Möglichkeiten in Anspruch
genommen wird, schickt der Zoll die Sendung Snus nach 14 Tagen
automatisch zurück. 29
Die Lebensmittelüberwachung leistet dabei nur Amtshilfe durch
Rechtsauskünfte, da die Ware in Folge der Sicherstellung durch
den Zoll noch nicht in die Bundesrepublik eingeführt ist und die
LÜ daher verwaltungsrechtlich nicht tätig werden darf.
Geschenksendungen, welche unentgeltlich von einer Privatperson
an eine andere Privatperson erfolgen, fallen gem. § 47 II Nr. 8
Vorläufiges TabakG nicht unter das Verbringungsverbot. Gleiches
gilt für Snus, welcher anlässlich einer Reise in die Bundesrepublik
Deutschland verbracht wird (§ 47 II Nr. 6 Vorläufiges TabakG). 30

4.3.4 Abfertigung im innergemeinschaftlichen Reiseverkehr

Sofern Bürger der EU innerhalb der Gemeinschaft verreisen,
kommt der freie Warenverkehr innerhalb der Europäischen Union
zum Tragen. Dieser fällt unter die vier Grundfreiheiten des
Europäischen Binnenmarktes (Art. 28 – 37 AEUV) und umfasst
gem. Art. 28 II AEUV „die aus den Mitgliedstaaten stammenden
Waren“, also auch den in Schweden hergestellten Snus.

28
   BMELV, Erlassentwurf, Nr. 4.
29
   http://www.zoll.de/DE/Privatpersonen/Post-Internet/Sendungen-aus-einem-
Nicht-EU-Staat/Verfahren/Verfahren_node.html.
30
   BMELV, Erlassentwurf, Nr. 2a).
20

Der freie Warenverkehr impliziert gem. Art. 34 AEUV ein
generelles Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen oder
Maßnahmen gleicher Wirkungen. Umgekehrt ist das Verbot der
mengenmäßigen Ausfuhrbeschränkungen oder Maßnahmen
gleicher Wirkung in Art. 35 AEUV geregelt. Auch Ein- und
Ausfuhrzölle sowie Maßnahmen gleicher Wirkung sind gem. Art.
30 AEUV verboten. Das heißt, dass innerhalb der EU grundsätzlich
Zollfreiheit besteht. Ausnahmen ergeben sich aus Art. 36 AEUV,
wonach es den einzelnen Mitgliedstaaten erlaubt ist, Maßnahmen
zum Schutz bestimmter Rechtsgüter (Art. 58 II ZK) zu treffen und
diesbezüglich Einschränkungen im freien Warenverkehr
vorzunehmen. Auch in Bezug auf die Verbrauchsteuern und die
Umsatzsteuer sind nationale Regelungen zu beachten. 31
Daher dürfen Reisende, welche von Deutschland nach Schweden
verreisen, neben ihrem normalen Reisegepäck zusätzlich Waren,
die als Reisebedarf verbracht werden, mit sich führen, sofern es
sich um Mengen handelt, für die keine Eingangsabgaben zu
erheben sind (§ 47 II Nr. 6 Vorläufiges TabakG).
Im Rahmen der Betrachtung der Einfuhrabgaben bei der Einreise
von Schweden nach Deutschland gilt es festzuhalten, dass der Snus
genau dann abgabenfrei und ohne Zollformalitäten mitgebracht
werden kann, wenn die Ware vom Reisenden selbst im
persönlichen Gepäck zum eigenen üblichen Bedarf bzw. Verbrauch
in die Bundesrepublik befördert wird und dem Mitbringen keinerlei
VuB entgegenstehen. Diese tabakrechtliche Befreiungsnorm
korrespondiert mit Art. 45, 47 ZollbefrVO, § 2 I Nr. 5 EF-VO,
wonach die jeweils genannte Menge an „anderen Waren“ (Snus ist
keine Tabakware i.S.d. § 1 I, II Nr. 1-3 TabStG!) zoll- bzw. EUSt-
frei ist. 32

Da das Verbringen von Snus im Rahmen des § 46 II Nr. 6
Vorläufiges TabakG jedoch vom Verbot ausgenommen ist, ist es
den Deutschen erlaubt, Snus unbegrenzt in die Bundesrepublik
mitzubringen, denn „eine mengenmäßige Beschränkung für
Privatpersonen nach dem Vorläufigen Tabakgesetz und den dazu
ergangenen Rechtsverordnungen besteht nicht“ 33.

5 FAZIT: NOTWENDIGKEIT EINER EINHEIT-
  LICHEN REGELUNG?

31
   Möller: ZollPraxis, S. 43.
32
   Fraedrich: Zoll-Leitfaden, S. 178.
33
   BMELV, Erlassentwurf, Nr. 2 a).
21

Durch das Verbot des Inverkehrbringens von Oraltabak innerhalb
der EU und der Ausnahmeregelung für das Königreich Schweden,
„drängt sich zwangsläufig die Frage auf, wie es [...] zu
uneinheitlichen Standards im VuB-Bereich kommen kann, während
auf der anderen Seite der freie Warenverkehr ohne Binnengrenzen
gewährleistet werden soll“ 34. Wie im Folgenden erläutert werden
soll, ist klar, dass übermäßiger Snuskonsum eindeutig einen
Angriff auf das geschützte Rechtsgut der Gesundheit darstellt.
Trotzdem ist das VuB-Recht nur in Teilbereichen innerhalb der EU
harmonisiert. 35 Daher stellt sich die Frage, wie und ob hier eine
einheitliche Regelung bzgl. des Oraltabaks Snus getroffen werden
kann oder sogar muss.

5.1 ANGRIFF AUF DAS GESCHÜTZTE RECHTSGUT
    DER GESUNDHEIT

Häufiger    Snuskonsum       stellt    aufgrund     der    hohen
Gesundheitsschädlichkeit und stark karzinogenen Wirkung einen
enormen Angriff auf das geschützte Rechtsgut der Gesundheit und
des Lebens der Menschen dar. Vor allem aufgrund der
Verankerung des Rechts auf Leben und körperlichen
Unversehrtheit im Grundgesetz (Art. 2 II GG) steht die Gesundheit
des Menschen im Mittelpunkt der Politik und der Rechtsprechung.
So wird gem. Art. 58 II ZK der Schutz der Gesundheit und des
Lebens von Menschen namentlich als Grundlage für die
Anwendung von Verboten und Beschränkungen genannt. Snus fällt
als Tabakerzeugnis zum oralen Gebrauch unter diesen
Regelungsbereich. 36 Doch entspricht die Gesundheitsschädlichkeit
des Oraltabaks der von anderen Tabakwaren und ist die
Ausnahmeregelung damit gerechtfertigt?

5.2 GEGENÜBERSTELLUNG VON SNUS ZU ANDEREN
    TABAKWAREN

Als sich der Konsum von Snus im gesamten Europa steigerte,
fanden    wissenschaftliche  Studien   heraus, dass   die
Gesundheitsschädlichkeit des Oraltabaks mit derer anderer

34
   Rogmann, in: Henke, Verbote und Beschränkungen, S. 49, Rz. 50.
35
   Rogmann, in: Henke, VuB bei Ein- und Ausfuhr, S. 47, Rz. 45.
36
   Witte in: Henke, VuB bei Ein- und Ausfuhr, S. 101, Rz. 270.
22

Tabakwaren, z.B. Zigaretten, gleichzusetzen ist. 37 Dies ist vor
allem auf die enthaltenen karzinogenen Nitrosamine und das
abhängig machende Nikotin zurückzuführen.
Die Befürworter der Legalisierung und die schwedischen
Snushersteller bestreiten dies jedoch und versuchen so eine
Aufhebung des Verbots herbeizuführen. Dabei berufen sie sich
meist auf die sog. „Swedish Experience“, welche besagt, dass in
Schweden weniger Menschen an den Folgen ihres Tabakkonsums
(in Form von Snus) sterben als in den restlichen europäischen
Mitgliedstaaten und das, obwohl die Häufigkeit des Tabakkonsums
in Schweden mit dem der anderen Länder durchaus vergleichbar
ist. 38
Wissenschaftliche Studien widersprechen diesen Aussagen. In
diesem Zusammenhang möchte ich auf die Erkenntnisse des
„Scientific Committee on Emerging and Newly Identified Health
Risks“ (SCENIHR) im Rahmen ihrer Studie „Health Effects of
Smokeless Tobacco Products“ zurückgreifen. Dort wird betont,
dass der Konsum von Snus eindeutig süchtig macht und bei einem
Entzug des Produkts ähnliche Symptome auftreten, wie bei
Rauchern. Auch wird erklärt, dass Snus aufgrund fehlender
Beweise        und     Vergleichswerte       zu     herkömmlichen
Entziehungstherapien nicht als wirksames Mittel zur
Raucherentwöhnung einzustufen ist. Vielmehr wird in der Studie
die stark krebserregende Wirkung von Snus hervorgehoben. 39
Als positiv ist der Konsum von Snus nur dahingehend zu bewerten,
dass keinerlei Giftstoffe, welche durch das Verbrennen der
Zigarette entstehen, anfallen und Snus nicht den in Zigaretten
enthaltenen Teer beinhaltet. Auch entfällt die Problematik des sog.
„passiven“ Konsums, wie es bei Zigaretten durch das
Passivrauchen der Fall ist.

Aus der Gesundheitsschädlichkeit können also keine eindeutigen
Schlussfolgerungen gezogen werden, welche für eine einheitliche
Regelung in Bezug auf den Oraltabak Snus sprechen würden.
Schließlich könnte durch das Verbot aber der freie Warenverkehr
innerhalb des EU-Binnenmarktes eingeschränkt sein und somit
Zweifel hinsichtlich der Vereinbarkeit des Verbotes mit
höherrangigem Europäischen Recht bestehen.

37
   RL 92/41/EWG, Gründe für Erlass der RL.
38
   http://www.estoc.org/key-topics/the-swedish-experience.
39
   SCENIHR, Health Effects of Smokeless Tobacco Products, S. 5.
23

5.3 EINSCHRÄNKUNG DES INNEREUROPÄISCHEN
    MARKTES?

Denn dadurch, dass der Handel und Verkauf von Snus nur in
Schweden erlaubt ist, fehlt den Herstellern von Snus die
Einnahmequelle, welche sich aus dem Absatz ihres Produkts in
anderen Mitgliedstaaten ergeben würde. Im Vergleich zu anderen
Unternehmen sind sie dahingehend benachteiligt, da – wie oben
bereits erläutert – innerhalb der EU grundsätzlich das Prinzip des
freien Warenverkehrs (Art. 28 – 37 AEUV) gilt. Womöglich ist
also der innereuropäische freie Markt eingeschränkt.
Die EU ist gem. Art. XX GATT aber grundsätzlich dazu berechtigt,
bestimmte Rechtsgüter zu schützen, welche sich auch im Art. 36
AEUV wiederfinden, und dafür den freien Warenverkehr in diesen
Bereichen einzuschränken. Neben dem Schutz der Gesundheit und
des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen sind hier die
Öffentliche Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, die Kulturgüter
und der gewerbliche Rechtschutz zu nennen. Bedingung ist jedoch,
dass diese Verbote oder Beschränkungen weder ein Mittel zur
willkürlichen     Diskriminierung,    noch    eine    verschleierte
Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen
dürfen (Art. 36 S. 2 AEUV). Im Bezug auf den Verkehr mit Snus
kann aber nicht von einem Verstoß gegen dieses
Diskriminierungsverbot ausgegangen werden. „Gleichzeitig muss
[auch] dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung getragen
werden“.       Demnach       ist   „eine     Beschränkung      der
Warenverkehrsfreiheit [nur] dann verhältnismäßig, wenn sie
geeignet, erforderlich und angemessen ist, um das maßgebliche
Rechtsgut zu schützen“. 40 Da der Gesundheit eine sehr große
Schutzwürdigkeit zuteil wird, muss auf die Verhältnismäßigkeit
des Verbots hier genauer eingegangen werden.
Geeignet ist eine Maßnahme dann, wenn der Zweck, den sie
verfolgt, erreicht oder zumindest gefördert wird. Mit dem Verbot
des Inverkehrbringens von Snus wird der Schutz des Rechtsgutes
„Gesundheit des Menschen“ eindeutig gefördert.
Weiter ist die Beschränkung ist erforderlich, wenn kein gleich
geeignetes milderes Mittel festzustellen ist. Um das Ziel, den
Schutz der Gesundheit, verfolgen zu können, käme als milderes
Mittel beispielsweise eine Altersbeschränkung für den Snus in
Frage. Jedoch ist anzuzweifeln, ob diese Beschränkung als gleich

40
     Rogmann, in: Henke, Ein- und Ausfuhr, S. 51, Rz. 58.
24

geeignet gilt, denn mit einer bloßen Altersbeschränkung wird der
Schutz der Gesundheit nicht gefördert, zumal es Jüngeren oft leicht
möglich ist, trotzdem auf die Tabakprodukte zuzugreifen.
Und schließlich ist eine Beschränkung dann angemessen, wenn der
durch den Eingriff hervorgerufene Nachteil nicht schwerer wiegt,
als der in der Zweckerreichung liegende Vorteil. Der Nachteil liegt
eindeutig in der Einschränkung der Geschäftstätigkeit vieler
schwedischer Snushersteller sowie der Konsumenten außerhalb
Schwedens. Der Vorteil aber, dass mit dem Verbot ein kleiner
Schritt in Richtung gesundheitsfreundlicheres Leben gemacht wird,
überwiegt. Nur mit solchen Maßnahmen ist es möglich, einen
Beitrag zur Reduzierung von Krebsrisiken zu erzielen. Und
letztlich können die Konsumenten theoretisch immer noch nach
Schweden reisen und sich mit einer Jahresration Snus versorgen. 41
Damit bestehen auch hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit des
Verbots keinerlei Bedenken und das Verbot kann als rechtmäßig
eingestuft werden.

Vom Schutz der oben genannten Rechtgüter ist ebenso im Art. 58
II ZK Gebrauch gemacht worden. Es gibt also eine Vielzahl an
unterschiedlichen Verboten und Beschränkungen, deren
Gesetzgebung aber größtenteils in nationaler Hand verbleibt. 42
Eine Harmonisierung innerhalb der Gemeinschaft konnte bisher
nur in Teilbereichen erzielt werden. 43 Das Funktionieren des
Binnenmarktes ist „aber u.a. davon abhängig, dass zwischen den
am Binnenmarkt teilnehmenden Staaten weitgehend einheitliche
VuB-Normen bestehen“. 44 Im Falle des Verkehrs mit Snus ist man
von einer einheitlichen Vorgehensweise jedoch weit entfernt. Und
zwar nicht nur den innereuropäischen Markt betreffend, sondern
auch in Bezug auf die nationale Abfertigungspraxis von Snus.
Dazu trägt gerade im Tabakrecht die Zuständigkeit der einzelnen
Landesbehörden bei, welche die Verantwortlichkeiten auf die
Regierungsbezirke verteilt haben. So kann es durchaus sein, dass
die Regierung von Niederbayern andere Entscheidungen trifft als
die Regierung von Oberbayern.

Der innergemeinschaftliche Markt ist durch die Verbotsregelung
zwar nicht schwerwiegend behindert, jedoch teilweise

41
   Kock, in: Wolffgang (Hrsg.), Öffentliches Recht, S. 59.
42
   Rogmann, in: Henke, Ein- und Ausfuhr, S. 48, Rz. 48.
43
   Rogmann, in: Henke, Ein- und Ausfuhr, S.47, Rz. 45.
44
   Rogmann, in: Henke, Ein- und Ausfuhr, S. 49, Rz. 49.
25

eingeschränkt. Es bleibt also festzuhalten, dass weitere
Überarbeitungen des Verbotes und der Handhabung der
Regelungen unausweichlich sind. Darin muss nicht nur der
schwedischen Snustradition und der Wirtschaftsfähigkeit der
Snushersteller Rechnung getragen werden, sondern auch der
Schutz der menschlichen Gesundheit weiter verfolgt werden. Die
Kombination beider Seiten ist schwierig, aber im Bereich des
Möglichen und sollte vor allem zur bestmöglichen
Zufriedenstellung aller involvierten Interessensgruppen so optimal
wie möglich umgesetzt werden.

II. ANHANG 1 – ABBILDUNGEN

Abb. 1: Snus in Portionsbeuteln (links) und als loser Tabak (rechts)
26

Abb. 2: Anwendung von Snus zwischen Oberlippe und Zahnfleisch

 Abb. 3: Snus- (in Tonnen) & Zigarettenkonsum (in Millionen
         Stück) in Schweden von 1910 bis 2010
27

III. QUELLENVERZEICHNIS

Literaturverzeichnis

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                       ständegesetz, Berlin, 2002.

Bender, Peter          Verbote und Beschränkungen im
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(Hrsg.)                Rauchlose Tabakprodukte: Jede Form
                       von Tabak ist gesundheitsschädlich,
                       Heidelberg, 2006.

Fraedrich, Dieter      Zoll-Leitfaden für die Betriebspraxis,
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Henke, Reginhard       Verbote und Beschränkungen bei der
                       Ein- und Ausfuhr, Herne/Berlin,
                       2000.

Meyer, Alfred Hagen    Lebensmittelrecht – Leitfaden für
                       Studium und Praxis, Stuttgart, 1998.
28

Möller / Schumann           ZollPraxis, Sternenfels, 2010.

SCENIHR                     Health Effects of Smokeless Tobacco
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andere Drogenprobleme       Fact Sheet Snus/Snuff, Lausanne,
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                            2013.

Witte / Wolffgang (Hrsg.)   Lehrbuch des Europäischen Zoll-
                            rechts, 6. Auflage, Herne, 2009.

Wolffgang (Hrsg.) / Kock    Öffentliches Recht und Europarecht,
                            5. Auflage, Herne, 2010.

Internetquellen:

Bayerisches Landesamt
für Gesundheit und
Lebensmittelsicherheit      Wie funktioniert die Lebensmittel-
                            überwachung in Bayern?, Erlangen,
                            27.03.2013.
                            http://www.lgl.bayern.de/lebensmittel
                            /ueberwachung/organisation/
                            (Stand: 09.07.2013)

                            Lebensmittelüberwachung: Aufgaben
                            des LGL, Erlangen, 27.02.2012.
                            http://www.lgl.bayern.de/lebensmittel
                            /ueberwachung/lgl_aufgaben/
                            index.htm
                            (Stand: 09.07.2013)

Buy Snus                    Die Geschichte des Snus.
                            http://www.buysnus.ch/history.html
                            (Stand 05.07.2013)
29

Dr. Helga Osiander-Fuchs,
Bayerisches Landesamt
für Gesundheit und
Lebensmittelsicherheit      Snus, Tabakerzeugnis zum anderwei-
                            tigen oralen Gebrauch als Rauchen
                            oder Kauen, Erlangen, 19.12.2012.
                            http://www.lgl.bayern.de/produkte/ta
                            bak/tabakerzeugnisse/et_snus.htm
                            (Stand: 29.06.2013)

European Smokeless
Tobacco Council             The Swedish Experience.
                            http://www.estoc.org/key-topics/the-
                            swedish-experience
                            (Stand: 12.07.2013)

Office of the Director-
General, World Health
Organisation                Europäische Ministerielle WHO-
                            Konferenz: Für ein tabakfreies Euro-
                            pa, Warschau, 2002.
                            http://www.who.int/director-general/
                            speeches/2002/arab_russian_chin_
                            german/20010218_getobaccowarsaw.
                            ge.html
                            (Stand: 28.06.2013)

Oh Schweden                 Snus – der Tabak der Schweden.
                            http://www.oh-schweden.de/kultur-
                            gesellschaft/snus-tabak-der-
                            schweden/
                            (Stand: 29.06.2013)

Pharmawiki                  Snus, zul. geändert am 11.05.2013.
                            http://www.pharmawiki.ch/wiki/inde
                            x.php? wiki=Snus
                            (Stand: 29.06.2013)

Statista                    Statistiken und Umfragen zum Thema
                            Rauchen.
                            http://de.statista.com/themen/150/rauc
                            hen/
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