Wissens- und Technologietransfer - Formen und Vermittler in Bayern* - Formen und Vermittler in ...
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Wissens- und Technologietransfer – Formen und Vermittler in Bayern* 26 Kurt A. Hafner** Welche Rolle spielt der Wissens- und Technologietransfer in Bayern? Erste deskriptive Befunde aus Bayern zeigen zunächst, dass sich Investitionen in Forschung und Entwicklung und die damit einhergehenden Produkt- und Prozessinnovationen positiv auf die Produktivität und somit auf das regionale Wirtschaftswachstum auswirken. Da ein zügiger Wissens- und Technologietransfer ei- nen entscheidenden regionalen Wettbewerbsvorteil darstellt, sind die unterschiedlichen Trans- ferformen und Vermittler im Transferprozess am Beispiel Bayerns aufgeführt und deren Bedeu- tung diskutiert worden. Die Analyse zeigt, dass Bayern ein landesweites System zur Förderung des Wissens- und Technologietransfers eingerichtet und an den Interessen sämtlicher Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik ausgerichtet hat. Somit wird dem Transferprozess in Bayern eine maßgebliche Bedeutung für ein innovationsgetriebenes regionales Wirtschaftswachstum eingeräumt. Innovationen, technischer Fort- nen und Marktanteilen belohnt werden. schritt und Wirtschaftswachstum Volkswirtschaftlich betrachtet, trägt tech- nischer Fortschritt die wirtschaftliche Ent- Innovationen finden häufiger in den Re- wicklung eines Landes und beeinflusst gionen statt, in denen forschungsinten- maßgeblich dessen Wirtschaftswachs- sive Unternehmen und Universitäten tä- tum, wobei der Diffusionsprozess – also tig und die lokalen FuE-Ausgaben ge- die Zeit zwischen der eigentlichen Erfin- messen am erwirtschaften BIP relativ dung und deren marktfähiger Verwertung hoch sind (vgl. Feldmann und Florida und Anwendung in den Unternehmen – 1994; Hafner 2008b). Dabei beginnen die eine entscheidende Rolle spielt: Während meisten Innovationen mit Verbesserungs- er innerhalb eines (nationalen) Systems vorschlägen und Modifikationen beste- durch einen zügigen und reibungslosen hender Produkte und ihrer Herstellungs- Transfer von anwendbarem Wissen und verfahren. Indem das produktionstech- Technologien aus der Forschung in die nisch angewandte Wissen durch die Ein- Industrie beschleunigt wird, sind nach führung neuer Leistungsangebote im Keller (2004) und Hafner (2008a) beim in- Markt (Produktinnovationen) und die An- ternationalen Wissens- und Technologie- wendung von neuen Techniken und neu- transfer Markttransaktionen wie bilatera- en Formen der Leistungserstellung im le Handelsbeziehungen und ausländi- Unternehmen (Prozessinnovationen) er- sche Direktinvestitionen sowie Spillover- höht wird, kommt es zum technischen Effekte, beispielsweise durch ausländi- Fortschritt in einer Volkswirtschaft. Die- sche Patentanmeldungen, die maßgeb- ser zeigt sich vor allem in einer höheren lichen Treiber. Produktivität der eingesetzten Produk- tionsfaktoren und einer Steigerung der Die Diffusion von Innovationen hängt ne- erstellten Gütermenge bei den Unterneh- ben den in der Literatur vorrangig dis- men: Nach Schumpeter (1911) findet auf kutierten ökonomischen Bestimmungs- den Märkten ein durch Innovationen her- faktoren – und hier sei vor allem auf die vorgerufener, schöpferischer Zerstö- Arbeiten von Griliches (1984) und Jaffe rungsprozess statt, bei dem alte Produk- et al. (2002) verwiesen – auch, wie in Ro- te und Produktionsverfahren durch Inno- gers (1962) dargestellt, vom jeweiligen vationen vom Markt verdrängt und inno- sozialen System mit seinen nationalen vative Unternehmen mit höheren Gewin- Besonderheiten ab: So richtet die Bun- desregierung ihre Forschungs- und * Die Arbeit ist im Zusammenhang mit einem Pro- Innovationspolitik – unter Berücksichti- jekt zu »Wissens- und Technologietransfer« am gung der Anmerkungen des »Gutach- Bayerischen Staatsinstitut für Hochschulfor- schung und Hochschulplanung (IHF) in München tens zu Forschung, Innovation und Tech- entstanden. nologischer Leistungsfähigkeit« der Ex- ** Prof. Dr. Kurt A. Hafner ist Professor für Volks- wirtschaftslehre und Statistik an der Hochschule pertenkommission Forschung und Inno- Heilbronn. vation (EFI) (2008) – mit der Hightech- ifo Schnelldienst 6/2010 – 63. Jahrgang
Forschungsergebnisse 27 Strategie jüngst neu aus. Auch auf Landesebene wurden tive Korrelation zwischen Investition in FuE und Produktivi- zielgerichtete Innovations- und Clusterkonzepte von fast tätswachstum in mehreren Sektoren aus zwölf unterschied- allen Bundesländern in den letzten Jahren initiiert (vgl. Eu- lichen Ländern. Da Innovationen direkte Indikatoren für die ropean Cluster Observatory 2007). Beispielsweise hat Umsetzung von FuE auf Unternehmensebene in wirtschaft- die bayerische Staatsregierung seit Anfang 2006, aufbau- lichen Erfolg sind, ist dieser Bezug zum Produktivitätswachs- end auf der High-Tech-Offensive Bayern, die Cluster-Ini- tum nicht verwunderlich. Darüber hinaus wird in dem Be- tiative »Allianz Bayern Innovativ« bzw. »Cluster-Offensive richt die Struktur der Quellen des Wirtschaftswachstums in Bayern« zum Ausbau von branchenspezifischen Clustern Deutschland untersucht und nach Sektoren differenziert dar- und Netzwerken zwischen Hochschulen, Forschungsein- gestellt: Es zeigt sich, dass vor allem in FuE-intensiven Sek- richtungen und Unternehmen gestartet (vgl. StMWIVT toren der Großteil des langfristigen Wirtschaftswachstums 2007; 2009). Die staatlichen Maßnahmen sollen dabei le- vom Produktivitätsfortschritt getragen wird und dass in der diglich einen Impuls für einen sich selbsttragenden Struk- Regel eine hohe FuE-Intensität mit einer hohen Wirtschafts- turprozess zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Bay- wachstumsrate einhergeht. Es soll nun überprüft werden, erns darstellen, da Cluster-Unternehmen nach Porter inwiefern sich ein empirischer Zusammenhang auf regiona- (1990; 1998) produktiver und innovativer sind, »weil sie ler Ebene in Bayern beobachten lässt. auf ein dichtes Netz von spezialisierten Zulieferern, ein- schlägigen Forschungseinrichtungen und spezialisierten Regionale Daten von Eurostat Fachkräften in räumlicher Nähe zugreifen können« (StMWIVT 2009, 4). Allen nationalen und landesspezifi- Im Folgenden werden die sieben Regierungsbezirke in schen Initiativen1 – und darin folgen sie weitgehend den Bayern anhand regionaler Jahresdaten von Eurostat auf Empfehlungen des Stifterverbands für die Deutsche Wis- der Nuts-2-Ebene betrachtet. Analysiert werden Nuts-2- senschaft (2007) sowie des Wissenschaftsrats (2007) – Daten zu FuE-Ausgaben, Innovationen sowie Produktivi- gemeinsam ist die gezielte Förderung von zukunftsträch- täts- und Wirtschaftswachstum, um die beschriebenen tigen Branchen und Technologien, der Zusammenarbeit Zusammenhänge für das Bundesland Bayern zu überprü- von Wirtschaft und Wissenschaft sowie der Beschleuni- fen. Im Speziellen handelt es sich bei den FuE-Ausgaben gung und Effizienz des Wissens- und Technologiestrans- um die innerbetrieblichen FuE-Ausgaben sämtlicher Leis- fers. So sollen die Innovations- und Forschungsaktivität tungssektoren über einen Zeitraum von 1995 bis 2005. der Unternehmen in zukunftsträchtigen Branchen erhöht, Als Indikator für Innovationen wird die Anzahl an Patent- die wirtschaftliche Entwicklung regional gefördert und anmeldungen beim EPA nach Prioritätsjahr über einen Zeit- Deutschlands Regionen attraktiv für in- und ausländische raum von 1995 bis 2003 verwendet. Das Bruttoinlands- Unternehmen und Investitionen gemacht werden. Dabei produkt zu laufenden Marktpreisen sowie die Zahl der kommt der schnelleren Überführung von Forschungser- Erwerbspersonen aller Wirtschaftszweige beziehen sich gebnissen in marktfähige Produkte und somit der Berück- auf den Zeitraum von 1995 bis 2005. Aus den jeweiligen sichtigung des Prozesses von der Entstehung bis zur Ver- Zeitreihen können dann die entsprechenden Wachstums- wertung von Ideen eine besondere Rolle zu. raten berechnet werden. Graphisch werden die Daten un- ter Verwendung von Streudiagrammen für die sieben baye- Im Nachfolgenden sollen zunächst erste deskriptive Befun- rischen Regierungsbezirke dargestellt, wobei die Verfüg- de aus Bayern den Zusammenhang zwischen Innovationen, barkeit der Daten den jeweils betrachteten Zeitraum be- technischem Fortschritt und Wirtschaftswachstum verdeut- stimmt. Im Interesse der Übersichtlichkeit wird auf die lichen. Da der Wissens- und Technologietransfer als maß- explizite Bezeichnung des Regierungsbezirkes und der geblich für ein innovationsgetriebenes regionales Wirtschafts- Jahresangabe verzichtet. Zusätzlich ist in jedem Streudia- wachstum erachtet wird und um die Vielschichtigkeit beim gramm das Ergebnis einer einfachen linearen Regression Transfer zu beschreiben, werden im Anschluss die unter- der unabhängigen Variable auf die abhängige Variable und schiedlichen Transferformen und Vermittler im Transferpro- ihrem Gütemaß R2 dargestellt und als Gerade eingezeich- zess am Beispiel Bayerns aufgeführt und deren Bedeutung net – auf eine explizite Interpretation der errechneten Grö- diskutiert. ßen und somit auf eine eingehende Methodendiskussion wird jedoch verzichtet.2 Erste deskriptive Befunde aus Bayern 2 Die gleichzeitige Verwendung von zeitlichen und regionalen Daten ist nicht unumstritten. Die Verwendung der regionalen Daten von Eurostat erlaubt Der vom BMBF (2007) herausgegebene Bericht zur techno- in diesem Zusammenhang lediglich eine Analyse auf der Nuts-2-Ebene. logischen Leistungsfähigkeit Deutschlands zeigt eine posi- Würde man die Daten zeitlich mitteln und eine Cross-sectional-Analyse durchführen, wären die Ergebnisse aufgrund der geringen Fallzahl nur be- dingt aussagefähig. Da in diesem Abschnitt erste empirische Befunde 1 Aktuelle Informationen zur Hightech-Strategie der deutschen Bundesre- den Zusammenhang zwischen FuE-Ausgaben und Wirtschaftswachstum gierung sind abrufbar unter http://hightech-strategie.de bzw. zur Cluster- verdeutlichen sollen und es weniger um einen statistischen Nachweis geht, Offensive Bayerns unter http://www.cluster-bayern.de/. wird die Verwendung von Panel-Daten in den Streudiagrammen bevorzugt. 63. Jahrgang – ifo Schnelldienst 6/2010
28 Forschungsergebnisse Innovationen, technischer Fortschritt und Abb. 2 Wirtschaftswachstum in Bayern Arbeitsproduktivität und Patentanmeldungen in bayerischen Regierungs- bezirken Zunächst ist der Zusammenhang von FuE- Arbeitsproduktivität in Tsd. € Ausgaben und Patentanmeldungen als sicht- 80 bares Ergebnis von Produkt- und Prozessin- novationen und somit das Verhältnis von For- 60 schungsinput zu Forschungsoutput von be- sonderem Interesse. In Abbildung 1 sind die jährlichen Patentanmeldungen je Tausend Er- 40 werbspersonen auf der Ordinate und der An- teil der FuE-Ausgaben zum BIP in Prozent 20 y = 0.1243x + 45.16 auf der Abszisse zwischen 1995 und 2003 2 R = 0.4631 dargestellt. 0 In Abbildung 1 ist eine hohe positive Korre- 0 20 40 60 80 100 120 140 160 Patentanmeldungen je Tsd. Erwerbspersonen lation zwischen Patentanmeldungen je Tau- Quelle: Eurostat; Regionalstatistiken. send Erwerbspersonen und der FuE-Ausga- benquote in Bayern zu erkennen. Regie- rungsbezirke in Bayern mit einer hohen FuE- gehensweise, werden die Indikatoren wieder relativ zur re- Ausgabenquote weisen tendenziell mehr Patentanmeldun- gionalen Leistungsfähigkeit berechnet, um Größeneffekte gen je Tausend Erwerbspersonen auf als Bezirke mit einer einzelner Regionen auszuschließen. Abbildung 2 zeigt die geringeren FuE-Quote über den betrachteten Zeitraum. Oder Arbeitsproduktivität anhand des BIP je Erwerbsperson auf anders ausgedrückt, Regionen, die bezogen auf das er- der Ordinate und die jährlichen Patentanmeldungen je Tau- wirtschafte BIP mehr in Forschung und Entwicklung inves- send Erwerbspersonen auf der Abszisse für die Jahre 1995 tieren, können auch mit einem höheren relativen Output ih- bis 2003. rer Forschungsanstrengung rechnen. Indem Forschungs- input und Forschungsoutput relativ zur Leistungsfähigkeit Idealerweise geht mit Produkt- und Prozessinnovationen bei der jeweiligen Regionen beziffert werden, können auftre- den Unternehmen eine höhere Produktivität der Einsatz- tende Größeneffekte einzelner wirtschaftsstarker Regionen, faktoren bei der Leistungserstellung einher. Das Ergebnis wie beispielsweise in Oberbayern und Mittelfranken, heraus- von mehr und produktiverer Leistungsfähigkeit der Einsatz- gerechnet werden. faktoren ist technischer Fortschritt bei den Unternehmen. In Abbildung 2 ist ein eindeutig positiver Zusammenhang Im nächsten Schritt soll überprüft werden, inwiefern Inno- zwischen Patentanmeldungen je Tausend Erwerbspersonen vationen mit einer höheren Produktivität der Einsatzfakto- auf der einen Seite und der Arbeitsproduktivität stellvertre- ren einer Region einhergehen. Analog zur bisherigen Vor- tend für technischen Fortschritt auf der anderen Seite zu erkennen. Innovative Regionen, die sich durch einen hohen Anteil an Patentanmel- Abb. 1 dungen bezogen auf ihre Erwerbsbevölke- Patentanmeldungen und FuE-Ausgaben in bayerischen Regierungs- rung auszeichnen, haben ein höheres BIP je bezirken Erwerbsperson und sind bei der Leistungs- Patentanmeldungen je Tsd. Erwerbspersonen erstellung produktiver. Eine Erhöhung der Ar- 160 beitsproduktivität führt aber nur dann zu ei- nem Anstieg des Lebensstandards als BIP pro Kopf und somit zu mehr Wohlstand in 120 der Region, wenn sich die Erwerbs- bzw. Ar- beitslosenquote durch technischen Fort- 80 schritt nicht verändert. Somit lässt sich zu- nächst anhand der Abbildungen 1 und 2 ein positiver, sektorenübergreifender Zusam- 40 menhang zwischen Investition in FuE und y = 1781.4x + 30.795 2 R = 0.6494 Produktivität für Bayern und seine Regie- 0 rungsbezirke beobachten. 0 1 2 3 4 5 FuE-Ausgaben/BIP in Prozent Abschließend soll im letzten Schritt der Zu- Quelle: Eurostat; Regionalstatistiken. sammenhang zwischen technischem Fort- ifo Schnelldienst 6/2010 – 63. Jahrgang
Forschungsergebnisse 29 Abb. 3 bundesdeutschen Vergleich am niedrigs- Wirtschafts- und Produktivitätswachstum in bayerischen Regierungs- ten, und der Lebensstandard gemessen als bezirken BIP pro Kopf ist in Bayern unter den Flä- Wachstumsraten in % chenstaaten am höchsten. Während im BIP 8 Bundesdurchschnitt die FuE-Quote bei ca. 2,5% liegt, ist sie in Bayern bei knapp 3% und soll bis zum Jahr 2020 auf 3,6% erhöht 4 werden.4 Gleichzeitig stammt jede vierte Pa- tentanmeldung in Deutschland aus Bayern, und bezogen auf die Erwerbstätigen liegt Bayern damit knapp hinter Baden-Württem- 0 berg bundesweit auf Platz 2. Nach Aussa- y = 0.4294x + 0.0146 ge des bayerischen Wirtschaftsministeri- 2 R = 0.2758 ums sind mehr als 50% der bayerischen In- -4 dustriebeschäftigten in forschungsintensi- -10 -5 0 5 10 ven Hightech-Branchen wie der Informati- Arbeitsproduktivität ons- und Kommunikationstechnik, Biotech- Quelle: Eurostat; Regionalstatistiken. nik sowie Luft- und Raumfahrt beschäftigt und bayerische Standort deshalb beson- schritt und Wirtschaftswachstum analysiert werden, indem ders attraktiv für forschungsintensive Hightech-Unterneh- die Veränderungsraten der Arbeitsproduktivität und des BIP men aus dem Ausland (vgl. StMWIVT 2009). berechnet und in einem Streudiagramm dargestellt wer- den. Abbildung 3 zeigt die Wachstumsrate des BIP in Pro- zent auf der Ordinate und die Wachstumsrate der Arbeits- Wissens- und Technologietransfer in Bayern produktivität in Prozent auf der Abszisse für den Zeitraum von 1996 bis 2005. Die Empfehlungen des Stifterverbands für die deutsche Wis- senschaft (2007) sowie des Wissenschaftsrats (2007) zie- Wie Abbildung 3 zeigt, führt eine Erhöhung der Arbeitspro- len neben der Förderung zukunftsträchtiger Technologien duktivität zu einem Anstieg des BIP: Je höher die Wachs- und der gezielten Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wis- tumsrate der Arbeitsproduktivität in einer Region ist, desto senschaft insbesondere auf die Beschleunigung und Effi- höher ist deren Wirtschaftswachstum. Aus der Zusammen- zienz des Wissens- und Technologietransfers. Ein zügiger schau aller Abbildungen lässt sich festhalten, dass techni- und reibungsloser Transfer von anwendbarem Wissen und scher Fortschritt zu mehr und produktiverer unternehmeri- Technologien aus den Hochschulen in die Industrie stellt ei- scher Tätigkeit in den bayerischen Regierungsbezirken führt, nen entscheidenden Wettbewerbsvorteil für die Region und was sich wiederum positiv auf deren Wirtschaftswachstum ihre Akteure dar. Eine schnellere Marktverwertung von wis- auswirkt. senschaftlichen Erfindungen verkürzt dabei die Unsicherheit bei der Investition in Forschung und Entwicklung und führt Erstes Fazit – innovationsgetriebenes Wirtschafts- im Ergebnis zu höheren Gewinnmargen und Marktanteilen wachstum in Bayern bei den Unternehmen. Die Hochschulen und außeruniver- sitären Forschungseinrichtungen profitieren nicht nur durch Für die bayerischen Regierungsbezirke kann zunächst fest- den erweiterten finanziellen Spielraum; indem sie das eige- gehalten werden, dass sich Investitionen in Forschung und ne Profil schärfen und an Reputation gewinnen, werden sie Entwicklung und die damit einhergehenden Innovationen auch interessanter für Kooperationen auf nationaler und in- positiv auf die Produktivität der Einsatzfaktoren und somit ternationaler Ebene. auf das regionale Wirtschaftswachstum auswirken. Bay- ern hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem be- Ein effizientes System beim Wissens- und Technologietrans- deutenden Wirtschafts- und Innovationsstandort in fer eines Landes basiert maßgeblich auf der Ausrichtung und Deutschland entwickelt:3 Die jährlichen Wachstumsraten Zielsetzung seiner institutionellen Vermittler im Transferpro- des Bruttoinlandsprodukts liegen deutlich über dem Durch- zess. Der Wissenschaftsrat (2007) listet in seinen Empfeh- schnitt in Deutschland, die Arbeitslosenquoten sind ge- lungen zur Interaktion von Wissenschaft und Wirtschaft ei- meinsam mit dem Nachbarland Baden-Württemberg im ne Reihe von Formen und institutionellen Vermittlern auf, de- 3 Sämtliche nachfolgenden Daten sind abrufbar auf der NUTS-1-Ebene bei 4 Die Erhöhung der Zielmarke von 3,0 auf 3,6% in 2020 wurde Mitte des den Eurostat Regionalstatistiken unter Jahres 2008 von der bayerischen Staatsregierung und der bayerischen http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/region_cities/regional_ Wirtschaft im »BayernFIT – Pakt für Innovationen« vereinbart, vgl. statistics/data/main_tables. http://www.bayern.de/BayernFIT. 63. Jahrgang – ifo Schnelldienst 6/2010
30 Forschungsergebnisse nen eine maßgebliche Rolle beim Transferprozess zukommt. lich und administrativ aber unabhängig von ihnen sind. Ih- Bei den Formen diskutiert man neben kooperativer For- re Forschungsaktivitäten können stärker an den Bedürf- schung auch An-Institute und Stiftungsprofessuren sowie nissen und Wünschen der Wirtschaft ausgerichtet wer- die Rolle von Patenten/Lizenzen, Clustern und Spin-Off-Un- den und finden eher in umsatzorientierter Forschungs- ternehmen beim Transferprozess. Unter institutionellen Ver- und Entwicklungsarbeiten statt, als es den Universitäten mittlern sind Transferstellen an den Hochschulen, Patent- möglich wäre. So ist das ifo Institut in München eines der verwertungsagenturen, Ansprechpartner für innovative Un- führenden Wirtschaftsforschungsinstitute Deutschlands ternehmensgründer, Clusterplattformen sowie wirtschafts- und erbringt Dienstleistungen für Forscher, Wirtschaft, nahe Vermittlungseinrichtungen zu nennen. Im Nachfolgen- Staat und Öffentlichkeit, widmet sich der angewandten den werden die wichtigsten Transferformen und -vermittler Wirtschaftsforschung und berät Politik und Öffentlichkeit. in Bayern aufgeführt und deren Bedeutung diskutiert (vgl. Seit 2002 hat das ifo Institut den Status eines An-Insti- BMBF 2008). Die Darstellung der Transferformen erfolgt bei- tuts an der Universität München. Um die Zusammenar- spielhaft anhand der Ludwig-Maximilians-Universität in Mün- beit zwischen der volkswirtschaftlichen Fakultät der LMU chen (LMU) und ist in Tabelle 1 zusammengefasst sowie und dem ifo Institut zu stärken und die Einbindung in die mit den jeweiligen Quellen hinterlegt. Bei der Analyse der internationale Forschungsgemeinschaft zu fördern, wur- Vermittler im Transferprozess werden die institutionellen Ak- de darüber hinaus im Jahr 1999 die Münchner Gesell- teure und Einrichtungen auf Landesebene betrachtet und schaft zur Förderung der Wirtschaftswissenschaften zusammen mit den entsprechenden Quellen in Tabelle 2 auf- (CESifo GmbH) gegründet. Weitere An-Institute der LMU geführt. Die Ausführungen und Angaben in den Tabellen sol- sind das Institut für Anwaltsrecht zur Verknüpfung von Pra- len einen ersten Überblick geben und erheben keinen An- xis und Forschung im Bereich des Anwaltsrechts sowie spruch auf Vollständigkeit. Zusätzliche und weiterführende das Institut für Technik-Theologie-Naturwissenschaften Informationen sind unter der Verwendung der jeweiligen als Plattform des interdisziplinären Dialogs über ethische Quellen abzurufen. Fragen aus Naturwissenschaft und Technik. Formen des Wissens- und Technologietransfers Eine stärkere Interaktion zwischen Unternehmen und Wis- senschaftlern kann auch über gemeinsame Forschungs- Unter kooperativer Forschung wird im Allgemeinen die einrichtungen oder Auftragsforschung und -entwicklung vertraglich festgelegte Zusammenarbeit von Partnern aus erreicht werden. Ersteres wird gemeinsam von öffentlicher Wissenschaft und Wirtschaft verstanden, bei der die ge- Hand und Unternehmen getragen und bietet die Plattform meinsame Verfolgung langfristiger Ziele unter Nutzung für langfristige, zieloffene Kooperationen innerhalb eines der gebündelten Ressourcen im Interesse sämtlicher Part- Forschungsschwerpunktes, während letztere von Unter- ner ist. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) nehmen an externe Auftragnehmer an den Hochschulen weist in ihrem Förder-Ranking 2006 für die LMU Dritt- und Forschungseinrichtungen vergeben werden und zeit- mitteleinnahmen in Höhe von 368,3 Mill. € über einen Zeit- lich sowie inhaltlich an dem Forschungsauftrag ausgerich- raum von 2001 bis 2003 aus, während sich die DFG- tet sind. So gibt es an der LMU eine Vielzahl von zentra- Bewilligungen auf 130,8 Mill. € im Zeitraum von 2002 len wissenschaftlichen sowie fakultätsübergreifenden Ein- bis 2004 beliefen. Die DFG-Bewilligungen nehmen inso- richtungen mit der Zielsetzung einer interdisziplinär aus- fern eine Sonderstellung gegenüber anderen Drittmitteln gerichteten Forschung und Zusammenarbeit mit Wirt- ein, als sie klar auf die Wissenschaft und insbesondere schaftsunternehmen. auf die Hochschulen sowie auf Förderung der Grundla- genforschung in Kooperationen mit Hochschulen oder Stiftungsprofessuren werden auf Wunsch privater Geld- außeruniversitären Forschungseinrichtungen ausgerich- geber und in Absprache mit den Hochschulen eingerich- tet sind.5 Indem man nun die DFG-Bewilligungen in Be- tet und über einen festgelegten Zeitraum privat finanziert zug zu den gesamten Drittmitteleinnahmen setzt, kann und im Anschluss daran von der Hochschule übernom- auf das Verhältnis von Kooperationen innerhalb der Wis- men. Sie ermöglichen über den Stelleninhaber und dem senschaft zu Kooperationen mit der Wirtschaft geschluss- Financier eine zielgerichtete praxisorientierte Forschung folgert werden. und die direkte Interaktion zwischen Wirtschaft und Wis- senschaft. Laut einer vom Stifterverband für die deut- An-Institute sind oftmals das Ergebnis einer gemeinsamen sche Wissenschaft (2009) herausgegebenen Studie »Stif- Initiative von Hochschule und Forschungsinstitut, die räum- tungsprofessuren in Deutschland« können von derzeit 660 lich in der Nähe von Hochschulen etabliert werden, recht- Stiftungsprofessuren in Deutschland 114 exakt dem Bun- 5 Fast 90% aller DFG-Bewilligungen entfallen auf die Hochschulen. Bezo- desland Bayern zugeordnet werden. Damit weist Bay- gen auf die gesamten Drittmitteleinnahmen bei den Hochschulen neh- ern, zusammen mit dem Nachbarland Baden-Württem- men die auf die Hochschulen entfallenden DFG-Mittel im Durchschnitt ei- nen Anteil von 31% ein (vgl. DFG 2006, 38) und stellen den größten Ein- berg (103 Stiftungsprofessuren), die höchste Anzahl an zelposten dar. derzeitigen Stiftungsprofessuren aus. ifo Schnelldienst 6/2010 – 63. Jahrgang
Forschungsergebnisse 31 Patente und Lizenzen stellen einen klassischen Übertra- und ihren unterschiedlichen Interessen und Erwartungen. gungskanal von kommerziell interessanten Erfindungen aus Sie sind die ersten Ansprechpartner für Unternehmen, die den Hochschulen bis zu deren marktfähiger Verwertung in Unterstützung bei konkreten Aufgaben und Forschungspro- Unternehmen dar. Unter der Voraussetzung des Patent- jekten wünschen, aber auch für Wissenschaftler, die pra- schutzes können den Unternehmen Lizenzen zur Weiterent- xisorientiert ihre Forschungsaktivitäten ausweiten möch- wicklung der Erfindung und Steigerung der Verwertbarkeit ten. Neben der primären Vermittlung und Betreuung von Ko- und der ökonomischen Nutzung erstellt werden. Die wis- operationen unterstützen sie die Unternehmensgründungen senschaftlichen Institutionen können durch die Patentver- aus den Hochschulen, geben Hilfestellung bei der Paten- wertung und Lizenzeinnahmen teils signifikante Erträge er- tierung und Verwertung von Erfindungen und stehen den zielen und andere Forschungsbereiche quersubventionie- Hochschulen bei Fördermittelberatung und Messeorganisa- ren: Für den Zeitraum von 2000 bis 2008 wurden von wis- tion zur Seite. So stellen im bayerischen Technologie-Trans- senschaftlichen Institutionen der LMU insgesamt 570 Erfin- ferverbund mehr als 100 Hochschulen, Forschungseinrich- dungen generiert, davon 160 zum Patent angemeldet und tungen sowie öffentliche Institutionen ihre Leistungsange- 53 Lizenzverträge abgeschlossen. bote und Kompetenzen zur Verfügung und sind über das Technologietransfernetz bayernweit miteinander verbunden. Unter dem Begriff Cluster wird im Allgemeinen die regionale Darüber hinaus bietet das Transferportal der bayerischen Vernetzung von Hochschulen und außeruniversitären For- Hochschulen eine systematische Such- und Informations- schungseinrichtungen untereinander und mit der Wirtschaft möglichkeit geeigneter Ansprechpartner für den Transfer- verstanden mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der Ak- bereich. teure und ihrer Region zu stärken. Die räumliche Konzentra- tion der Akteure der Wirtschaft und Wissenschaft innerhalb Patentverwertungsagenturen unterstützen Wissenschaftler einer bestimmten Wertschöpfungskette einer Branche ist der bei der Identifizierung und Bewertung von kommerziell in- entscheidende Standortvorteil im globalen Wettbewerb (vgl. teressanten Erfindungen sowie bei der Anmeldung und Auf- Porter 1990; 1998). Treibende Kraft für den Erfolg und die rechterhaltung von Patenten während der Laufzeit. Dadurch Entwicklung eines Clusters ist ein dynamisches innovatives soll der Transfer von einer wissenschaftlichen Erfindung bis Umfeld, das von den Akteuren durch Wissens- und Tech- zu deren marktfähigen Verwertung begleitet und stimuliert nologietransfer maßgeblich bestimmt und durch den Staat werden. Seit Anfang 2007 ist die Bayerische Patentallianz über günstige Rahmenbedingungen und Infrastrukturmaß- GmbH – hervorgegangen aus der bayerischen Hochschul- nahmen gefördert wird. Cluster sind inzwischen an der LMU patentinitiative »Bayern Patent« des Jahres 2000 – für die in vielfältiger und großer Anzahl umgesetzt: Im Rahmen der Betreuung und Verwertung der Erfindungen aus den baye- Exzellenzinitiative wurden die Cluster Center for Integrated rischen Fachhochschulen und Universitäten zuständig. Bei Protein Science Munich (CIPSM), Munich-Center for Ad- ihrer Arbeit wird sie von Erfindungsberatern an den jeweili- vanced Photonics (MAP) und Nanosystems Initiative Mu- gen Hochschulen unterstützt und begleitet im Moment mehr nich (NIM) sowie Origine and Structure of the Universe und als 16 000 Erfindungen von Wissenschaftlern in Bayern, vor- Cognition for Technical Systems – die letzten beiden zu- rangig in den Bereichen Physik, Chemie, Life Sciences und sammen mit der Technischen Universität München (TUM) – Ingenieurswissenschaften. eingerichtet. Darüber hinaus besteht eine enge Zusammen- arbeit mit den aus der »Cluster-Offensive Bayern« hervorge- Technologie- und Gründerzentren sollen optimale Start- und gangen Clustern in den Branchen- und Technologiefeldern Entwicklungsmöglichkeiten für Gründer junger Unterneh- Nanotechnologie, Biotechnologie, IuK-Technologie, Satelli- men in zukunftsorientierten Branchen bieten. Dabei kommt tennavigation, Medizintechnik sowie Sensorik. der Bereitstellung kostengünstiger und flexibler Räumlich- keiten, einer gemeinsam nutzbaren Infrastruktur sowie um- Schließlich sind Spin-Off-Unternehmen aus den Hochschu- fassender Unterstützungs- und Beratungsleistungen eine len und Forschungseinrichtungen das direkte Ergebnis von besondere Rolle zu. Die Bayerischen Technologie- und Grün- innovativer Forschungsaktivität und Unternehmensgeist jun- derzentren stehen darüber hinaus als Interessensvertreter ger Hochschulabsolventen und wissenschaftlicher Mitarbei- im ständigen Dialog mit der Politik, um die Rahmenbedin- ter. Dabei wird unterstellt, dass Unternehmen, die in der Wis- gungen für Existenzgründungen zu verbessern. Inzwischen senschaft gegründet wurden, im besonderen Maß zum Wis- wurden über 50 solcher Zentren bayernweit eingerichtet, die sens- und Technologietransfer beitragen. Seit 1997 wur- die Gründung von 1 000 Unternehmen und die Schaffung den aus der LMU heraus insgesamt mehr als 80 forschungs- von über 5 000 Arbeitsplätzen begleitet haben. Dabei liegt basierte Spin-Off-Unternehmen gegründet. nach deren eigenen Auskünften die Insolvenzrate bei Unter- nehmen, die innerhalb der Technologie- und Gründerzen- Institutionelle Vermittler beim Technologietransfer tren entstanden sind, in den ersten fünf Jahren zwischen Die Technologietransferstellen an den bayerischen Hoch- 5 und 10% gegenüber einer Insolvenzrate von annähernd schulen vermitteln zwischen Wirtschaft und Wissenschaft 50% bei Unternehmensgründungen außerhalb. 63. Jahrgang – ifo Schnelldienst 6/2010
32 Forschungsergebnisse Tab. 1 a) Formen des Wissens- und Technologietransfers an der LMU München Formen Beschreibung Aufgaben und Ziele Stilisierte Fakten a) Kooperative Forschung Hochschulkooperationen, Verfolgung langfristiger Ziele Drittmitteleinnahmen im Quellen: http://www.uni- Forschungskooperationen, unter Nutzung der gebündel- Zeitraum 2001–2003: muenchen.de/kooperationen; internationale Kooperatio- ten Ressourcen im Interesse 368,3 Mill. € http://www.dfg.de/ranking/ nen, sonstige Kooperationen sämtlicher Partner DFG-Bewilligungen im archiv/ Zeitraum 2002–2004: 130,8 Mill. € b) An-Institute Gemeinsame Initiative von Umsatzorientierte For- Quelle: http://www-futur.uni- Hochschule und For- schungs- und Entwicklungs- regensburg.de/ schungsinstitut arbeit baydat/html/an- institute_lmu.html ifo Institut für Wirtschaftsfor- Dienstleistungen für For- ifo Geschäftsklimaindex, schung e.V.: Gründung 1949 scher, Wirtschaft, Staat und international prämierte Öffentlichkeit Spitzenleistungen in der Forschung, Förderung des Münchner Gesellschaft zur Förderung der Zusammen- wissenschaftlichen Nach- Förderung der Wirtschafts- arbeit zwischen LMU und ifo wuchses, viel beachtete wissenschaft – CESifo sowie Einbindung in die Beiträgen zur Politikdebatte GmbH: Gründung 1999 internationalen Forschungs- gemeinschaft Institut für Anwaltsrecht: Verknüpfung von Praxis und Kostenfreie Seminare, Gründung 1995 Forschung im Bereich des Vortrags- und Diskussions- Anwaltsrechts reihen Institut Technik-Theologie- Förderung des interdis- Publikationen: zweimal Naturwissenschaften e.V. ziplinären Dialogs über jährlich erscheinende Zeit- (TTN): Gründung 1992 ethische Fragen aus Natur- schrift TTN, Buchreihe TTN wissenschaft und Technik c) Gemeinsame For- Träger sind die öffentliche Plattform für langfristige Vielzahl von zentralen wis- schungseinrichtungen Hand und Unternehmen; zieloffene Kooperationen senschaftlichen sowie fakul- Quelle: http://www.uni- Nutzung durch Wissen- innerhalb eines Forschungs- tätsübergreifenden Einrich- muenchen.de/einrichtungen/ schaftler und Unternehmen schwerpunktes tungen an der LMU index.html d) Stiftungsprofessuren Auf Wunsch privater Geld- Praxisorientierte Forschung, Von derzeit 660 Stiftungs- Quelle: http://www. geber und in Absprache mit direkte Interaktion zwischen professuren in Deutschland stifterverband.org/ den Hochschulen über einen Wirtschaft (Financier) und können 114 exakt auf das festgelegten Zeitraum Wissenschaft (Stelleninha- Bundesland Bayern zuge- ber) ordnet werden e) Patente und Lizenzen Übertragungskanal von Erträge durch Patentverwer- Zeitraum 2000–2008: Erfin- Quelle: http://www.uni- kommerziell interessanten tung und Lizenzen, Quer- dungen: 570, Patenanmel- muenchen.de/forschung/ Erfindungen aus den Hoch- subventionierung anderer dungen: 160, Lizenz- wiss_transfer/patentbuero/ schulen bis zur marktfähigen Forschungsbereiche verträge: 53 index.html Verwertung f) Cluster Regionale Vernetzung von Stärkung der Wettbewerbs- Fünf Cluster im Rahmen der Quellen: http://www.uni- Hochschulen und For- fähigkeit der Akteure und Excellenzinitiative muenchen.de/forschung/ schungseinrichtungen un- ihrer Region Cluster in der Nanotechno- projekte/lmu_excellent/ tereinander und mit der logie, Biotechnologie, luK- index.html; Wirtschaft Technologie, Medizintech- http://www.cluster- nik, Satellitennavigation, bayern.de/ Sensorik g) Spin-Off-Unternehmen Direktes Ergebnis von inno- Förderung von Unterneh- Seit 1997 wurden mehr als Quelle: http://www.uni- vativer Forschungsaktivität men mit Innovations- und 80 (forschungsbasierte) muechen.de/forschung/ und Unternehmensgeist Wachstumspotential Spin-Off-Unternehmen wiss_transfer/gruenderbuero/ junger Hochschulabsolven- gegründet netzwerk/spinoff/index.html ten, Mitarbeiter und Profes- soren a) Detailinformationen zu den stilisierten Fakten wurden von der Kontaktstelle für Forschungs- und Technologietransfer (KFT) der Ludwig-Maximilians-Universität München (http://www.uni-muenchen.de/forschung/wiss_transfer/index.html) zur Verfü- gung gestellt. Anmerkungen: Die Ausführungen und Angaben sollen einen Überblick geben und erheben keinen Anspruch auf Vollständig- keit. Zusätzliche und weiterführende Informationen sind unter der Verwendung der jeweiligen Quellen abzurufen. ifo Schnelldienst 6/2010 – 63. Jahrgang
Forschungsergebnisse 33 Bei der Förderung innovativer Unternehmensgründungen und zur Beschleunigung des Wissens- und Technologie- sog. Spin-Off-Unternehmen aus den Hochschulen heraus transfers wird eine Vielzahl von Aktivitäten angeboten: Sym- sind vor allem die beiden bayerischen Förderprogramme posien und Kongresse mit begleitender Ausstellung, Koope- »HOCHSPRUNG« und »FLÜGGE« zu nennen. Während Ers- rationsforen, Cluster-Treffs, Stände auf internationalen teres vor allem im Vorfeld über Möglichkeiten einer Unter- Hightech-Messen und Technologietransferprojekte. nehmensgründung informieren und motivieren möchte, rich- tet sich Letzteres an junge Hochschulabsolventen und Mit- Zweites Fazit – ausgeprägter Wissens- und arbeiter, die mit innovativen Ideen Unternehmen mit Wachs- Technologietransfer in Bayern tumspotential gründen wollen. Rund 100 erfolgreiche Un- ternehmensgründungen mit 1 000 neu geschaffenen Ar- Die Analyse der unterschiedlichen bayerischen Transferfor- beitsplatzen sind mit dem FLÜGGE-Programm bisher un- men und institutionellen Vermittler zeigt, dass dem Wissens- terstützt worden, wobei drei Unternehmen den Weg an die und Technologietransfer eine maßgebliche Rolle für ein in- Börse geschafft haben. novationsgetriebenes regionales Wirtschaftswachstum in Bayern eingeräumt wird. Am Beispiel der LMU lässt sich Clusterinitiativen und deren Plattformen vernetzen die Po- zeigen, dass die vom Wissenschaftsrat (2007) als notwen- tentiale aus Wirtschaft und Wissenschaft in zukunftsträch- dig erachteten Transferformen von der LMU schon seit län- tigen Technologie- und Branchenfeldern. Indem Unterneh- geren umgesetzt sind, um den Transferprozess aktiv mit- men untereinander, aber vor allem auch mit Forschungs- zugestalten. Indem ein zügiger und reibungsloser Transfer einrichtungen der Hochschulen und außeruniversitären In- von anwendbarem Wissen und Technologien aus der LMU stitute kooperieren, werden die Grundlagen für die Entwick- in die Industrie gefördert wird, erweitert die LMU dabei nicht lung neuer Produkte und Produktionsverfahren geschaffen nur ihren finanziellen Spielraum für Forschung (und auch und die Wettbewerbsfähigkeit sämtlicher Akteure gestärkt. Lehre), sondern schärft ihr Profil und gewinnt an Reputati- Die bayerische Staatsregierung hat Anfang 2006, aufbau- on: So ist die LMU immerhin eine von vier deutschen Uni- end auf der High-Tech-Offensive Bayern die »Cluster-Of- versitäten, die 2009 unter den besten 100 Universitäten der fensive Bayern« zum Ausbau von Clustern in 19 definierten Welt aufgeführt werden.6 Dass sich der Wissens- und Tech- Branchen- und Technologiefeldern der bayerischen Wirt- nologietransfer in Bayern nicht nur auf die beiden großen schaft gestartet, um die Innovationsfähigkeit Bayerns zu stär- Münchner Universitäten LMU und TUM beschränkt – ob- ken (vgl. StMWIVT 2009). Nachdem im Rahmen der bishe- wohl beiden eine herausragende Bedeutung zukommt –, rigen High-Tech-Offensive seit Ende 1999 rund 3,1 Mrd. € lässt sich aus der Ausrichtung und Zielsetzung der institu- in Hochschulen und Forschungsinstitutionen, Technologie- tionellen Vermittler im Transferprozess erkennen. Wie in transfer und Unternehmensgründungen investiert wurden, Tabelle 2 dargestellt und diskutiert, hat Bayern landesweit setzt die bayerische Staatsregierung mit ihrer Clusterpolitik ein System zur Förderung des Wissens- und Technologie- konsequent auf die weitere Entwicklung zukunftsträchtiger transfers eingerichtet und mit sämtlichen Akteuren aus Wis- Technologie- und Branchenfelder. Für die Umsetzung stellt senschaft, Wirtschaft und Politik vernetzt sowie an ihren un- der Freistaat Bayern rund 45 Mill. € aus Privatisierungserlö- terschiedlichen Interessen ausgerichtet. Gerade den Be- sen über einen Zeitraum von 2006 bis 2011 zur Verfügung. dürfnissen kleinerer Unternehmen und Hochschulen in Dabei ist zu jedem Cluster eine institutionelle Clusterplatt- strukturschwachen Regionen versucht Bayern über die ziel- form eingerichtet worden, die den Akteuren aus Wirtschaft gerichtete Ausrichtung der institutionellen Vermittler gerecht und Wissenschaft den Austausch von Informationen und zu werden: Die große Anzahl überregionaler Kooperationen Kooperationsgespräche ermöglicht, um Innovationspoten- von Akteuren unterschiedlicher Größe und wirtschaftlicher tiale freizusetzen und Forschungsergebnisse schneller in Bedeutung bestätigt die bayerische Landespolitik dabei in marktfähige Produkte zu überführen. ihren Bemühungen.7 Unter wirtschaftsnahen Vermittlungseinrichtungen sind im Schlussbetrachtung Allgemeinen Beratungsstellen der Industrie- und Handels- kammern, Wirtschaftsverbände und sowie der Arbeitsge- Solange es keine gesicherte Evaluation über den Wissens- meinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) zu und Technologietransfer in den Bundesländern gibt, kann verstehen. Im Vordergrund stehen dabei die Bedürfnisse ins- kein bundesweiter Vergleich hinsichtlich der Effizienz der besondere kleiner und mittlerer Unternehmen hinsichtlich ih- Transferformen und -vermittler gezogen werden. Erste de- rer Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit. Seit 1993 ist die skriptive Befunde aus Bayern zeigen, dass sich Investi- Bayern Innovativ Gesellschaft für Innovationen und Wissens- transfer mbH der Ansprechpartner für die bayerischen Un- ternehmen und stellt ein weltweites Kundennetzwerk mit 6 Das Hochschul-Ranking für 2009 ist abrufbar unter http://www.timeshighereducation.co.uk/. 50 000 Firmen und 500 Instituten in 50 Ländern zur Verfü- 7 Vgl. bayerische Forschungsallianz unter http://www.bayfor.org/ oder Clus- gung. Zur Stärkung der Innovationsaktivität ihrer Kunden ter-Offensive Bayern unter http://www.cluster-bayern.de/. 63. Jahrgang – ifo Schnelldienst 6/2010
34 Forschungsergebnisse Tab. 2 Institutionelle Vermittler beim Transferprozess in Bayern Vermittler Beschreibung Aufgaben und Ziele Stilisierte Fakten a) Technologietransferstellen Ansprechpartner für Unter- Unterstützung bei der Ko- Über 100 TT-Stellen im TT- (TT) an den bayerischen nehmen und Wissenschaft- operationspartnersuche, Netz Bayern Hochschulen und For- ler beim Transferprozess Vermittlung von Know-how- Transferportal der bayeri- schungseinrichtungen Trägern, Beratung im FuE- schen Hochschulen Quellen: http://www.tt-netz- Bereich bayern.de/; http://www-futur.uni- regensburg.de/baydat/ b) Patentverwertungsagen- Gegründet am 1. Januar Betreuung und Verwertung Mehr als 16 000 Erfindun- turen: Bayerische Patental- 2007 von Universität Bayern der Erfindungen aus den gen von Hochschulwissen- lianz GmbH e.V. und Hochschule Bayern bayerischen Hochschulen in schaftlern in Bayern in den Quelle: e.V.; davor »BayernPatent« Zusammenarbeit mit den Bereichen: Physik, Chemie, http://www.bayerische- aus dem Jahr 2000 Erfinderberatern an den Life Sciences, … patentallianz.de/ Hochschulen c) Bayerische Technologie- Wirtschaftspolitisches Ins- Bereitstellung kostengünsti- Über 50 Zentren, über und Gründerzentren trument, um innovative ger und flexibler Räumlich- 1 000 Unternehmen, über Quelle: Unternehmensgründungen keiten, einer gemeinsam 5 000 Arbeitsplätze. Insol- http://www.gruenderzentren- regional zu fördern nutzbaren Infrastruktur venzrate bei ca. 5 bis 10% in bayern.de/ sowie Unterstützungs- und den ersten fünf Jahren Betreuungsleistungen (Vergleich: 50% außerhalb) d) Förderung von Spin-Off- HOCHSPRUNG: Hoch- HOCHSPRUNG informiert Rund 100 erfolgreiche Unternehmen: HOCH- schulProgramm für Unter- und motiviert im Vorfeld über Unternehmensgründungen SPRUNG, FLÜGGE nehmensgründungen seit die Möglichkeiten einer – davon drei an der Börse – Quellen: http://www.hoch- 1999 Unternehmensgründung mit rund 1000 neu geschaf- sprung.de; FLÜGGE: Gegründet 1998 FLÜGGE richtet sich an fenen Arbeitsplätzen http://www.fluegge- als Förderprogramm zum Unternehmensgründer mit bayern.de/ leichteren Übergang in eine einer konkreten innovativen Gründerexistenz Idee e) Clusterinitiativen und Landesweite Vernetzung Forcieren der Netzwerkbil- Cluster in 19 definierten Clusterplattformen: Cluster- der Potentiale aus Wirtschaft dung und Aufbau von Branchen- und Technolo- Offensive Bayern und Wissenschaft, Clustermanagement und giefeldern der bayerischen Quelle: http://www.cluster- Start im Jahr 2006 -plattform Wirtschaft bayern.de/ Schnellere Überführung von 45 Mill. € Förderung für den Forschungsergebnissen in Zeitraum 2006–2011 marktfähige Produkte f) Wirtschaftsnahe Vermitt- Bayern Innovativ Gesell- Kongresse mit begleitender Kundennetzwerk mit 50 000 lungseinrichtungen: Bayern schaft für Innovation und Ausstellung, Kooperations- Firmen und 500 Instituten in Innovativ Wissenstransfer des Frei- foren, Cluster-Treffs, Mes- 50 Ländern Quelle: http://www.bayern- staats Bayern, seit 1993 sestände, Technologie- innovativ.de/ transferprojekte Anmerkungen: Die Ausführungen und Angaben sollen einen Überblick geben und erheben keinen Anspruch auf Vollstän- digkeit. Zusätzliche und weiterführende Informationen sind unter der Verwendung der jeweiligen Quellen abzurufen. Literatur tionen in Forschung und Entwicklung und die damit ein- hergehenden Produkt- und Prozessinnovationen positiv Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Tech- auf die Produktivität und somit auf das regionale Wirt- nologie (StMWIVT) (Hrsg., 2007), Allianz Bayern Innovativ: Netzwerke für Bay- ern, München. schaftswachstum auswirken. Ein durch Innovationen ge- Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Tech- triebenes Wirtschaftswachstum unterstreicht die Bedeu- nologie (StMWIVT) (Hrsg., 2009), Cluster Offensive Bayern – Im Netzwerk tung regionaler Politikmaßnahmen beim Wissens- und zum Erfolg, München. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg., 2007), Bericht Technologietransfer. Die Analyse der Formen und Vermitt- zur technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands 2007, Berlin. ler im Transferprozess am Beispiel Bayern zeigt in die- Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg., 2008), Bun- desbericht Forschung und Innovation 2008, Berlin. sem Zusammenhang, dass Bayern ein landesweites Sys- Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) (Hrsg., 2006): Förder-Ranking tem zur Förderung des Wissens- und Technologietrans- 2006. Institutionen – Regionen – Netzwerke. DFG-Bewilligungen und weite- fers eingerichtet und an den Interessen sämtlicher Ak- re Basisdaten öffentlich geförderter Forschung, Bonn. European Cluster Observatory, (2007), Cluster Policy Report Germany, teure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik ausgerich- http://clusterobservatory.eu/upload/policy_germany_20070628.pdf, 1. Sep- tet hat. Somit wird dem Transferprozess in Bayern eine tember 2009. Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) (Hrsg., 2008). Gutach- maßgebliche Bedeutung für die wirtschaftliche Entwick- ten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit 2008, lung eingeräumt. Berlin. ifo Schnelldienst 6/2010 – 63. Jahrgang
Forschungsergebnisse 35 Feldman, M.P. und R. Florida (1994), »The geographic sources of innovati- on: technological infrastructure and product innovation in the United States«, Annals of the Association of American Geographers 84, 210–229. Griliches, Z. (Hrsg, 1984), R&D, Patents and Productivity, University of Chi- cago Press, Chicago. Hafner, K.A. (2008a), »The Pattern of International Patenting and Technolo- gy Diffusion«, Applied Economics 40, 2819–2837. Hafner, K.A. (2008b), »Cluster und Innovationen – deutsche Branchen und Regionen im nationalen und europäischen Wettbewerb«, ifo Schnell- dienst 61(17), 21–27. Jaffe, A. und M. Trajtenberg (2002), Patents, Citations, and Innovations – A Window in the Knowledge Economy, MIT Press, Cambridge: Keller, W. (2004), »International Technology Diffusion«, Journal of Economic Literature 42(3), 752–782. Porter, M.E. (1990), »The Competitive Advantage of Nations«, Harvard Busi- ness Review 68(2), 73–93. Porter, M.E. (1998), »Clusters and Competition: New Agendas for Compa- nies, Governments, and Institutions«, Harvard Business School Working Paper, Nr. 98-080. Rogers, E.M. (1962), Diffusion of Innovations, Free Press, New York. Schumpeter, J.A. (1911), Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, Berlin. Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (Hrsg., 2007), Innovationsfak- tor Kooperation. Bericht des Stifterverbandes zur Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Hochschulen, Essen, Berlin. Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (Hrsg., 2009). Stiftungspro- fessuren in Deutschland – Zahlen, Erfahrungen, Perspektiven, Essen ,Berlin. Wissenschaftsrat (Hrsg., 2007), Empfehlungen zur Interaktion von Wissen- schaft und Wirtschaft, Oldenburg. 63. Jahrgang – ifo Schnelldienst 6/2010
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