SO HEIZEN DIE LANDESHAUPTSTÄDTE - GLOBAL 2000 Klimareport
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INHALT Zusammenfassung der Ergebnisse .................................................................................. 3 Bedeutung der Raumwärme in Österreich ..................................................................... 11 Heizen in Städten – heute & morgen .............................................................................. 12 Wien ...................................................................................................................................... 14 Graz ...................................................................................................................................... 19 Linz ....................................................................................................................................... 22 Salzburg ............................................................................................................................... 25 Innsbruck ............................................................................................................................. 28 Klagenfurt ........................................................................................................................... 30 St. Pölten ............................................................................................................................. 33 Bregenz ................................................................................................................................ 36 Eisenstadt ........................................................................................................................... 40 IMPRESSUM Medieninhaberin, Eigentümerin und Verlegerin: Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000, Neustiftgasse 36, 1070 Wien, Tel. (01) 812 57 30, E-Mail: office@global2000.at, www.global2000.at, ZVR: 593514598, Autoren: Johannes Wahlmüller und Maximilian Hejda, Redaktion: Carin Unterkircher, Layout: Alexandra Lechner, Cover: indigo_design_shutterstock 2 GLOBAL 2000 – KLIMAREPORT
ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE Städte spielen eine Schlüsselrolle beim Klimaschutz. Fast Die Stadt Graz erarbeitet derzeit einen Klimaschutz- zwei Drittel der österreichischen Bevölkerung wohnen in plan, ein Zwischenstand nennt das Ziel, bis 2040 die Städten oder urbanen Räumen. Gleichzeitig sind Städte Treibhausgasemissionen auf 1 t CO2 pro Grazer:in zu noch immer sehr stark von fossiler Energie abhängig. Die reduzieren. Für das Ziel Klimaneutralität 2040 ist jedoch Wärmeversorgung erfolgt zum großen Teil durch Gashei- ein vollständiger Ausstieg aus fossiler Energie erforder- zungen oder Fernwärme, die wiederum zu einem großen lich. In Linz hat der wiedergewählte Bürgermeister Klaus Teil mit klimaschädlichem Erdgas betrieben wird. Viele Luger die „klimaneutrale Industriestadt“ als neues Leitbild Menschen auf engem Raum, unterschiedliche Nutzungs- ausgegeben. Als Zielhorizont wird die Klimaneutralität formen und unterschiedliche Interessen haben von jeher 2040 festgelegt. Auch hier soll eine detaillierte Strategie ein hohes Maß an Planung, Koordinierung und Interessen- erarbeitet werden, mit der dieses Ziel dann beschlossen ausgleich auf städtischem Boden erfordert. Das ist auch werden soll. bei der Umsetzung der Energiewende so. Dennoch gibt es kaum Untersuchungen darüber, wie Österreichs Städte bei Salzburg hat derzeit kein Ziel zum mittelfristigen Aus- der Umsetzung der Energiewende liegen und ob die Stadt- stieg aus fossiler Energie formuliert, sondern nur für Teil- politik planvoll und koordiniert an diese Herausforderung bereiche. Ein Ziel ist es, die Fernwärmeaufbringung bis herangeht. Die vorliegende Studie widmet sich diesem 2040 zur Hälfte aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. Thema und zeigt, dass insbesondere beim Ausstieg aus Das ist allerdings unambitioniert, denn bis 2040 sollte klimaschädlichem Erdgas eine große Aufgabe bevorsteht. fossile Energie nicht mehr eingesetzt werden. Allerdings wird in Salzburg derzeit ein neuer Klimaschutzzielpfad Die Tabelle ab Seite 8 soll einen groben Überblick über entwickelt. Innsbruck strebt das auch in der Tiroler Lan- die Ergebnisse des vorliegenden Reports geben. Darin despolitik verankerte Ziel der Energieautonomie 2050 an. wurden die Klimaziele, Strategien, Programme und Inst- Bis dahin will man eine 100 % erneuerbare Energiever- rumente aller Landeshauptstädte sowie deren Energieträ- sorgung erreichen. germix in der Raum- und Fernwärme aufgelistet und ei- ner groben Bewertung unterzogen. Gibt es ein Klimaziel, Klagenfurt will die Treibhausgasemissionen bis 2040 um das den Vorgaben des Bundes (Klimaneutralität 2040) 90 % reduzieren und den Anteil erneuerbarer Energien entspricht (grün) oder ist es hierfür nicht ausreichend auf 100 % steigern und gehört damit zu den Städten mit bzw. erst im Entstehen (gelb) oder gibt es überhaupt kein den ambitionierteren Klimazielen. In St. Pölten werden klares und absolutes Klimaziel (rot)? Ist derzeit ein Stra- derzeit keine langfristigen Ziele verfolgt. Diese sollen nun tegieprozess mit einer neuen Ausrichtung in Gange (gelb) allerdings im Rahmen des Projekts „STP2030“ definiert oder gibt es keine aktuelle bzw. umfassende Strategie werden. Bregenz hat 2021 den Klimanotstand ausgeru- (rot)? Wie fossil sind die Raumwärmeversorgung bzw. fen und will die städtische Verwaltung und Tochtergesell- die Fernwärmeerzeugung noch (dunkel- bis hellrot)? schaften bis 2030 klimaneutral machen. Ein Ziel für die gesamte Stadt gibt es jedoch nicht. Eisenstadt wiederum erklärt, dass es eine Klimamusterstadt werden will. Ein Ausstieg aus fossiler Energie klares Ziel, bis wann fossile Energieträger in der Stadt bis 2040 als neues Ziel ersetzt werden sollen, gibt es auch hier nicht. Alle Landeshauptstädte setzen sich in unterschiedlicher In Summe zeigt sich, dass einzelne Landeshauptstädte Form Klimaziele: (Wien und Klagenfurt) bereits ambitionierte Klimaziele Die Stadt Wien setzt sich das Ziel 2040 klimaneutral zu verfolgen, die mit dem Pariser Klimaschutzabkommen werden, bis dahin soll klimaschädliches Erdgas aus der vereinbar sind. Die restlichen Städte haben noch Nach- Wärmeversorgung verschwunden und die Fernwärme holbedarf. Derzeit werden allerdings vielerorts Ziel- frei von fossiler Energie sein. Wien gehört damit zu den setzungen überarbeitet. Aus Sicht von GLOBAL 2000 Städten mit den ambitioniertesten Klimazielen, die mit sollten sich alle Landeshauptstädte das Ziel setzen, bis einer Klimastrategie untermauert sind. Allerdings steht 2040 eine Wärmeversorgung frei von fossilen Energien ein detailliertes Wärmekonzept noch aus. zu erreichen. KLIMAREPORT – GLOBAL 2000 3
Strategien und Maßnahmen diesen Programmen und Strategien (siehe Graz, Wien, der Landeshauptstädte Klagenfurt). Einige der Pläne haben allerdings teilweise zu wenig Substanz, um Ausgangspunkte für wirksame Aufbauend auf diese Ziele haben die Landeshauptstädte Aktivitäten zu werden oder wurden politisch nicht ausrei- unterschiedliche Programme und Maßnahmenpläne aus- chend verfolgt (siehe Linz, Eisenstadt, Innsbruck), andere gearbeitet. In Wien gibt es die aktuelle Smart Klima City Programme werden nicht oder nur zum Teil umgesetzt Strategie, die vorsieht, dass in Zukunft Geothermie und (siehe Salzburg, Bregenz). Es ist somit entscheidend, Wärmepumpen einen großen Teil der Wärmeversorgung dass die jetzt in Entwicklung befindlichen Strategien mit liefern sollen. Allerdings werden derzeit immer noch Neu- wirksamen Maßnahmen und Monitoringkonzepten hin- bauten mit Gasheizungen errichtet, was den gesetzten terlegt werden, damit die Umsetzung vorankommt. Klimazielen entgegensteht. In Graz befindet sich derzeit ein Klimaschutzplan in Aus- Wärmeversorgung Österreichs arbeitung. Zu erwarten ist die Zielsetzung, die Fernwär- Landeshauptstädte fossil geprägt me von 80.000 auf 100.000 Wohnungen auszuweiten. Effektiv zeigte sich die Arbeitsgruppe „Wärmeversorgung Die Wärmeversorgung der österreichischen Landes- Graz 2020/2030“, die viele Projekte auf Schiene ge- hauptstädte ist noch sehr stark von fossilen Energieträ- bracht hat, wie die Abwärmenutzung der Papierfabrik gern geprägt, wobei Erdgas die Hauptrolle spielt. Fern- Sapi. In Linz gibt es verschiedene Programme, wie die wärme spielt in fast allen Städten außer Eisenstadt und Agenda 21 oder ein Energieeffizienzprogramm aus dem Bregenz eine große Rolle, allerdings wird auch diese sehr Jahr 2012, allerdings keine kohärente mit Maßnahmen häufig zu einem großen Anteil durch fossile Energieträger ausgestattete strategische Umsetzung der Klimaziele. und hier wiederum vor allem durch Erdgas hergestellt. In Salzburg wurde der Smart City Salzburg Masterplan 2025 erstellt, der jedoch nur zum Teil umgesetzt wurde. In Wien wird der Wärmebedarf der Haushalte zu 57 % Wichtige Teile, wie eine Erhöhung der Sanierungsrate durch Erdgas und zu 30 % durch Fernwärme gedeckt, die auf 3 % oder die Umstellung kommunaler Gebäude auf allerdings ebenfalls zu 65 % aus fossiler Energie her- klimafreundliche Heizenergie wurden nicht oder nicht gestellt wird, hauptsächlich aus Erdgas. In den letzten vollständig umgesetzt. Jahren wurden in Wien 25.000 neue Erdgasheizungen installiert, was den Klimazielen klar entgegensteht. In Innsbruck haben die Kommunalbetriebe einige Maß- nahmen, wie die Umstellung von Erdgasheizungen In Graz geht der Wärmebedarf der Haushalte zu etwa auf Fernwärme, vorgesehen. Es gibt auch eine Förder- 18 % auf klimaschädliches Erdgas, zu 8 % auf Heizöl und schiene für klimafreundliche Heizgeräte und thermische zu 48 % auf Fernwärme zurück, wobei die Datenlage auf Sanierungsmaßnahmen. Klagenfurt hat eine Smart City Schätzungen beruht. Die Fernwärme wird zu 78 % aus Strategie, die unter anderem vorsieht, die Sanierungsrate Erdgas hergestellt. Allerdings ist es gelungen, den Anteil anzuheben und ein Nahwärmenetz (Anergienetz) zur der Abwärme aus Industrieanlagen, wie der Papierfab- Seewassernutzung zu errichten. In St. Pölten gibt es ein rik Sapi, auf 20 % zu steigern. Große Projekte wie „Big Energieleitbild, das die Förderung von Wärmepumpen solar“, die Solarthermie in großem Stil einsetzen sollten, vorsieht. Weiters wurde im Rahmen des Energiekon- wurden bis dato aber nicht realisiert. zeptes eine Fernwärmeleitung nach Dürnrohr errichtet. In Bregenz gibt es einen Aktionsplan mit verschiedenen In Linz beträgt der Anteil von Erdgas 19 % und jener Maßnahmen, wie der Senkung des Raumwärmebedarfs der Fernwärme 59 %, allerdings auf Basis der gesam- kommunaler Gebäude um 25 % bis 2020. Allerdings ten beheizten Fläche. Auf Haushalte bezogen, liegt der wurden die Ziele meist verfehlt. Der Raumwärmebedarf Anteil jener mit Fernwärmeanschluss bereits bei etwa kommunaler Gebäude wurde um 20 % gesenkt, das 72 %. Fernwärme wird auch in Linz zu einem großen Teil Ziel, die Solarthermie um 1.000 m² pro Jahr auszubauen, aus Erdgas erzeugt. 51 % der Fernwärme kommen aus wurde verfehlt. Anstatt zu sinken, sind die Treibhausgas- Heizkraftwerken, die mit Erdgas betrieben werden. Der emissionen gestiegen. Ölheizungen werden immer noch Rest stammt aus Abfallverbrennung (26 %), Biomasse durch klimaschädliche Gasheizungen getauscht. In Eisen- (12 %) und Abwärme (11 %). Auffällig ist, dass in Linz stadt wurde eine „Klimaschutzoffensive“ beschlossen, die der Anteil der Abwärme an der Fernwärmeerzeugung nur vorsieht, erneuerbare Energieträger „nach Möglichkeit“ halb so hoch ist wie in Graz, obwohl Linz als bedeutende einzusetzen. Genauere Definitionen fehlen. Industriestadt hohe Potenziale zur Nutzung von Abwär- me aufweist. In Summe zeigt sich, dass alle Landeshauptstädte Stra- tegien und Maßnahmenpläne entwickelt haben. Viele In Salzburg wird die Wärmeversorgung der Haushalte sinnvolle Klimaschutzprojekte nahmen ihren Anfang in mit Fernwärme (33 %), Erdgas (30 %), Heizöl (18 %) und 4 GLOBAL 2000 – KLIMAREPORT
Biomasse (11 %) sichergestellt. Salzburg hat damit als Für Eisenstadt stehen keine Daten bezüglich des Wär- eine der wenigen Landeshauptstädte noch einen sehr mebedarfs zur Verfügung, allerdings werden 76 % der hohen Ölheizungsanteil und wie viele andere Städte auch Wohngebäude mit fossiler Energie beheizt, wobei Gas einen hohen Erdgas-Anteil. Die Fernwärme wird zum mit 64 % klar dominiert. Ölheizungen machen 12 % aus. Großteil von zwei fossilen Groß-Heizwerken, die mit Erd- Der Rest heizt mit einer ineffizienten Stromheizung (10 %), gas und Öl befeuert werden, bestritten. 71 % der Fern- mit erneuerbaren Energien (11 %) oder mit Fernwärme, wärme in Salzburg sind nach wie vor fossil, 19 % werden die allerdings nur einen verschwindend geringen Anteil aus Abwärme, 10 % aus Biomasse gewonnen. Fossile hat (2 %). Energie stellt also den Hauptteil der Wärmeversorgung. Neben der Art der Heizung ist die thermische Sanie- In Innsbruck hat der Wärmebedarf der Wohngebäude rung der Gebäude erforderlich, aber bis dato noch nicht einen Anteil von 30 % am Gesamtenergiebedarf und ist im ausreichenden Ausmaß berücksichtigt. Anders als somit der größte Energieverbraucher der Stadt. Laut der beim Energieverbrauch existieren kaum Daten über den letzten Erhebung im Jahr 2015 hat Innsbruck dabei mit thermischen Zustand der Gebäude oder den sanierungs- etwa 43 % den höchsten Heizöl-Anteil unter allen Lan- würdigen Bestand. In Wien lag die Sanierungsrate 2018 deshauptstädten, etwa 29 % gehen auf klimaschädliches bei 1 % und damit deutlich unter dem österreichischen Erdgas und etwa 10 % auf elektrischen Strom zurück. Schnitt von 1,4 % und weit weg von der notwendigen Die Fernwärme kommt auf etwa 9 % und erneuerbare Sanierungsrate von 3 %. Energieträger (Biomasse, Solarthermie, Wärmepumpen) gemeinsam auf etwa 8 %. Über 80 % der Wärmeversor- Die Landeshauptstädte Graz, Salzburg und Bregenz gung Innsbrucks sollten daher dringend einem System- haben sich das Ziel gesetzt, die Sanierungsrate auf 3 % wechsel unterzogen werden. Die regelmäßige Erhebung anzuheben. Der aktuelle Stand ist nicht bekannt, ange- aktueller Daten sollte ebenso rasch eingeführt werden. sichts einer durchschnittlichen Sanierungsrate in Öster- reich von 1,4 % dürfte man aber auch in Graz, Salzburg In Klagenfurt liegt der Anteil fossiler Energieträger am und Bregenz weit davon entfernt sein. Klagenfurt hat Wärmebedarf der Haushalte bei 47 %, wobei 43 % auf sich eine Sanierungsrate von 2 %, Innsbruck von 1,3 % Heizöl und 4 % auf Erdgas zurückgehen. 35 % des Wär- zum Ziel gesetzt, auch dort wird der aktuelle Stand nicht mebedarfs wird durch Fernwärme und 18 % durch Bio- erhoben. In Linz, St. Pölten und Eisenstadt sind keine masse gedeckt. Klagenfurt gehört damit zu den wenigen Ziele in diesem Bereich bekannt. Städten, die einen hohen Anteil an Ölheizungen haben. Die Fernwärmeerzeugung in Klagenfurt erfolgt zu 81 % Da die Gebäudesanierung ein essenzieller und entschei- aus Biomasse und zu 19 % aus Erdgas. Damit ist Klagen- dender Hebel des Klimaschutzes und der städtischen furt eine Ausnahme unter den Landeshauptstädten, weil Energieversorgung ist, zeigt die Analyse, dass hier mas- die Fernwärmeversorgung zum Großteil aus erneuerbarer siver Handlungsbedarf besteht, sowohl bei der Erhebung Energie besteht. Dennoch ist der Anteil an fossiler Ener- von Daten als auch bei der Planung und Durchführung gie insgesamt noch sehr hoch. von konkreten Sanierungsmaßnahmen, die in Abstim- mung mit der Umstellung der Heizsysteme passieren In St. Pölten wird der Wärmebedarf der Haushalte zu sollten. Alle Städte sollten zudem Ausstiegspläne aus 36 % durch fossile Energieträger gedeckt, wobei 33 % fossilen Heizungen und der Fernwärme erarbeiten. Dazu auf Erdgas und 3 % auf Heizöl zurückgehen. Die Fern- gehört es auch, den städtischen Energieversorger, sofern wärme hat einen Anteil von 46 %, Biomasse einen Anteil vorhanden, in die Klimaschutzbemühungen einzubinden von 18 %. Die Fernwärmeerzeugung beruht auch in St. und in die Pflicht zu nehmen. Pölten zu einem großen Teil auf fossiler Energie. 41 % der Fernwärme werden mit klimaschädlichem Erdgas bestritten. Treibhausgasemissionen In Bregenz haben fossile Energieträger einen Anteil von Starke Unterschiede zeigen die Landeshauptstädte auch 86 % am Wärmebedarf der Haushalte. Gas hat einen bei der Entwicklung der Treibhausgasemissionen. So sind Anteil von 75 %, Öl einen Anteil von 11 %. Bregenz ist in Wien die Treibhausgasemissionen im Raumwärme- somit die Landeshauptstadt mit dem höchsten Anteil bereich zwar im Zeitraum von 2010 bis 2019 um 12 % fossiler Energie beim Heizen. Nur ein Anteil von 11 % gesunken, das ist aber weniger als im österreichischen des Wärmebedarfs wird durch erneuerbare Energieträger Durchschnitt, wo eine Reduktion um 21 % erreicht wer- gedeckt. Fernwärme gibt es in Bregenz keine. Der Wär- den konnte. In den letzten Jahren (seit 2014) stagnierten mebedarf der Haushalte ist in den letzten zehn Jahren die Emissionen im Raumwärmebereich, während sie in merklich gestiegen (+16 %), was dementsprechend auch der Energieerzeugung, wozu auch die Fernwärmepro- den Gasverbrauch nach oben getrieben hat. duktion gehört, sogar deutlich angestiegen sind. Etwa KLIMAREPORT – GLOBAL 2000 5
ein Viertel der Gesamtemissionen Wiens entsteht bei der Handlungsempfehlungen Bereitstellung von Raumwärme. Ein Blick auf die Klimapolitik der Landeshauptstädte im In Graz spielt die Wärmeversorgung für die Grazer Wärmebereich zeigt, dass es sehr unterschiedliche Aus- Emissionen eine wesentliche Rolle, genaue Daten für prägungen gibt, der Handlungsbedarf in allen Städten diesen Bereich sind aber nicht ersichtlich. In Linz sind die aber sehr hoch ist. Folgende Handlungsempfehlungen Treibhausgasemissionen der Haushalte zwischen 2010 sollte eine moderne klimafreundliche Stadtpolitik jeden- und 2017 um 19 % und jene der Heizwerke um 32 % falls berücksichtigen: gesunken. Letztere sind allerdings seit 2014 wieder im Anstieg. In Salzburg sind die Treibhausgasemissionen • Das Ziel, bis 2040 frei von fossiler Energie im Wärme- für die Bereitstellung von Wärme in den Haushalten seit bereich zu werden, sollte in allen Landeshauptstädten 2010 zwar um 7 % gesunken, die Emissionen der Fern- gesetzt werden. Das ist die Voraussetzung für die Er- wärme sind aber gestiegen. Den größten Anteil an den reichung von Klimaneutralität 2040. Emissionen hat derzeit klimaschädliches Erdgas. In Klagenfurt wurden die CO2-Emissionen im Raumwär- • Der Ausstieg aus fossiler Energie bis 2040 und die Mo- mebereich zwischen 2011 und 2018 um 44 % gesenkt, dernisierung des Gebäudebestands durch thermische noch immer ist aber ein großer Teil der Wärmeversor- Sanierungen sollten in allen Städten Teil der Planungs- gung fossil, insbesondere Ölheizungen sind ein großes prozesse werden. Es braucht einen klaren Plan für den Thema. In St. Pölten sind die gesamten CO2-Emis- Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen und einen Ausstieg sionen zwischen 2005 und 2020 um 25 % gesunken. aus fossiler Fernwärme in allen Städten. Die Emissionen der Haushalte wurden dabei mehr als halbiert (−58 %). In Bregenz sind die Treibhausgasemis- • Die städtischen Energieversorger sollten von der sionen in der Wärmeversorgung gestiegen. Etwa 40 % Kommunalpolitik stärker als Klimaschutz-Zugpferd der Emissionen entstammen der Raumwärmeversorgung. eingesetzt werden. Sie können als Kompetenzzentrum Innsbruck und Eisenstadt sind die einzigen Landes- agieren, wichtige Investitionen planen und damit eine hauptstädte, für die keine Daten bekannt sind und wo entscheidende Rolle bei der Umsetzung der Wärme- somit kein Überblick über die Entwicklung der Treibhaus- wende spielen. Dafür ist es aber auch notwendig, gasemissionen besteht. vielerorts Umdenkprozesse einzuleiten und veraltete Denkmuster zu überwinden. Ein Blick auf die Entwicklung der Treibhausgasemis- sionen in den Landeshauptstädten zeigt, dass es starke • Weiters braucht es fundierte Klima- und Energiestra- Unterschiede gibt. Während im langfristigen Vergleich tegien, die mit konkreten Maßnahmen und Projekten Klagenfurt eine starke Reduktion vorweisen kann, einige hinterlegt sind. Städte leichte und mittlere Reduktionen erreichen (Wien, St. Pölten, Salzburg), gibt es auch Städte, die in den • Die Erhebung von aktuellem Datenmaterial ist die letzten Jahren Anstiege im gesamten Wärmebereich oder Grundlage für solide Entscheidungen. In den meis- in Teilbereichen wie der Fernwärme verzeichnen (Wien, ten Städten besteht hier Nachholbedarf, in manchen Salzburg, Bregenz). Innsbruck und Eisenstadt haben Städten kann von einer veralteten und mangelhaften keinen Überblick über ihre Treibhausgasemissionen und Datenlage gesprochen werden. können entsprechende Daten auch auf Nachfrage nicht liefern. In Graz gibt es zwar eine Erhebung der aktuellen • Landes- und bundespolitische Initiativen können und Treibhausgasemissionen, aber keine Daten zur langfristi- müssen diese Bemühungen unterstützen. Die Städte gen Entwicklung. können aber ihrerseits der Antrieb für diese Entwick- lung sein, indem sie die eigenen Spielräume nutzen und Rahmenbedingungen auf landes- und bundespoliti- scher Ebene einfordern. 6 GLOBAL 2000 – KLIMAREPORT
Landeshauptstädte: Wärmebedarf der Haushalte 100 % 90 % 80 % 70 % 60 % Relative Anteile der Energieträger 50 % Fossile Brennstoffe Strom* 40 % Fernwärme Erneuerbare Energien 30 % Sonstige 20 % 10 % * Klagenfurt, St. Pölten und Bregenz exkl. Stromheizungen Von Linz und Eisenstadt sind Wien Graz Salzburg Innsbruck Klagenfurt St. Pölten Bregenz keine vergleichbaren Daten (2020) (2015) (2019) (2015) (2018)* (2020)* (2018)* bekannt. Datenquellen: Statistik Austria (2021), Wegener Center (2019), Stadt Salzburg (2021), Stadt Innsbruck (2016), Stadt Klagenfurt (2021), Stadt St. Pölten (2021), Stadt Bregenz (2021) Landeshauptstädte: Fernwärmeerzeugung 100 % 90 % 80 % 70 % 60 % Relative Anteile der Energieträger 50 % Fossile Brennstoffe 40 % Abfall/Reststoffe Alternative Quellen 30 % (erneuerbar, Abwärme) 20 % 10 % * In Eisenstadt sind nur 3 % der Gebäude an das Fern wärmenetz angeschlossen. Wien Graz Linz Innsbruck St. Pölten In Bregenz gibt es kein Salzburg Klagenfurt Eisenstadt* Fernwärmenetz. Datenquellen: Statistik Austria (2021), Stadt Graz (2021), LINZ AG (2021), Salzburg AG (o. J.), Stadt Innsbruck (2021), Stadt Klagenfurt (2021), Stadt St. Pölten (2021), Energie Burgenland (2021) KLIMAREPORT – GLOBAL 2000 7
Strategien, Programme, Instrumente Absolutes Klimaziel Energieträgermix – Energieträgermix – mit Relevanz für den Gebäude-/ bis 2040 bzw. 2050 Raumwärme + Warmwasser Fernwärme Raumwärmebereich Wien Klimaneutralität 2040 • Smart Klima City Strategie und Klima-Fahrplan mit Teilzie- gesamter Raumwärmebedarf Fernwärmeerzeugung (2020) len und Maßnahmen für den Raumwärmebereich im Entwurf (2020) fossil: 65 % (Erdgas: 63 %) • Dekarbonisierungskonzept für die Wärmeversorgung in fossil: 46 % (Erdgas: 42 %) Abfälle: 19 % Ausarbeitung Strom: 10 % erneuerbar 16 % Fernwärme: 40 % • Energieraumpläne als Instrumente zur Reduktion von fos- erneuerbar: 4 % silen Heizsystemen in Neubauten zwar positiv, aber ausbau- fähig Wärmebedarf der Haushalte (2020) • als Bundesland hat Wien den Vorteil, dass jährlich Daten durch die Statistik Austria und das Umweltbundesamt fossil: 59 % (Erdgas: 57 %) erhoben werden Strom: 8 % Fernwärme 30 % erneuerbar: 3 % Graz Reduktion der THG-Emissio- • Klimaschutz-Plan als umfassende Strategie in Ausarbeitung Wärmebedarf der Haushalte Fernwärmeerzeugung nen auf 1 t CO2-e pro Kopf (2015) (Ø 2017-19) bis 2040 und Kompensation • Arbeitsgruppe Wärmeversorgung für ein emissionsarmes der Restemissionen¹ Fernwärmesystem zeigt erste Erfolge, aber hat noch viel fossil: 28 % (Erdgas: 18 %, Öl: 8 %) Erdgas: 78 % zu tun Strom: 19 % Abwärme: 20 % Fernwärme: 48 % erneuerbar: 2 % • negativ: Datenlage (nur Abschätzung des Wärmebedarfs erneuerbar: 5 % von 2015) Linz Klimaneutralität 2040² • zwar Handlungskonzept mit Teilziel für die Fernwärme, gesamte beheizte Fläche (2019) Fernwärmeerzeugung (2020) aber noch keine umfassende Strategie mit Maßnahmen zur Zielerreichung vorhanden fossil: 21 % (Erdgas: 19 %) fossil 51 % (v.a. Erdgas) Strom (inkl. WP): 16 % Abfall + Klärschlamm: 26 % • Erarbeitung eines Klimaneutralitätskonzepts wurde nun Fernwärme: 59 % Abwärme: 11 % angekündigt Biomasse: 1 % Biomasse: 12 % unbekannt: 3 % • jährliches THG-Monitoring, aber wenige Daten zur Wärme versorgung 1 In einem Zwischenbericht zum Klimaschutz-Plan als zukünftige Zielausrichtung angekündigt 2 Stadtratsbeschluss vom Jänner 2022, aber noch keine detaillierte Definition 8 GLOBAL 2000 – KLIMAREPORT
Strategien, Programme, Instrumente Absolutes Klimaziel Energieträgermix – Energieträgermix – mit Relevanz für den Gebäude-/ bis 2040 bzw. 2050 Raumwärme + Warmwasser Fernwärme Raumwärmebereich Salzburg keines • Smart City Salzburg Masterplan 2025 mit Teilzielen im Wärmebedarf der Haushalte Fernwärmeerzeugung (2021) Gebäude- bzw. Raumwärmebereich, allerdings bisher wenig (2019) umgesetzt fossil: 71 % (v.a. Erdgas) fossil: 48 % (Erdgas: 30 %, Öl: 18 %) Abwärme: 19 % • Klimaschutzzielpfad zwar in Ausarbeitung, aber vorerst Strom: 5 % Biomasse: 10 % eher als Monitoring-Instrument und nicht als Ziel/Strategie Fernwärme: 33 % vorgesehen erneuerbar: 14 % • positiv: Energieberichte mit jährlichen Daten (THG, Wärme) Innsbruck Energieautonomie 2050 • keine umfassende Strategie mit Maßnahmen zur Ziel Wärmebedarf der Haushalte Fernwärmeerzeugung (2021) •R eduktion des Energie erreichung vorhanden, nur Szenarien mit Maßnahmen (2015) verbrauchs um 25,8 % vorschlägen fossil: 40 % •S teigerung des Anteils fossil: 73 % (Öl: 43 %, Erdgas: 29 %) alternativ: 60 % erneuerbarer Energien • sehr schlechte Datenlage (nur Energieflussbild für 2015) Strom: 10 % auf 100 % Fernwärme: 9 % • positiv: Innsbrucker Kommunalbetriebe wollen bis 2030 erneuerbar: 8 % klimaneutral sein und haben ein Maßnahmenpaket vorgelegt Klagenfurt • -90 % THG-Emissionen • Smart City Strategie mit Teilzielen und Maßnahmen für den gesamter Raumwärmebedarf Fernwärmeerzeugung (2018) bis 2040 (ggü. 2011) Raumwärmebereich vorhanden (2018, exkl. Industrie, exkl. • 100 % erneuerbare Energie Stromheizungen) Erdgas: 19 % bis 2040 • Umsetzung eines Maßnahmenkatalogs von 2014 (SEAP) Biomasse: 81 % hat zu positiver Entwicklung im Raumwärmebereich geführt fossil: 37 % (Öl: 31 %) Fernwärme: 41 % • Energie- und THG-Bilanzen für 2011 und 2018 Biomasse: 22 % Wärmebedarf der Haushalte (2018, exkl. Stromheizungen) fossil: 47 % (Heizöl: 43 %) Fernwärme: 35 % Biomasse: 18 % KLIMAREPORT – GLOBAL 2000 9
Strategien, Programme, Instrumente Absolutes Klimaziel Energieträgermix – Energieträgermix – mit Relevanz für den Gebäude-/ bis 2040 bzw. 2050 Raumwärme + Warmwasser Fernwärme Raumwärmebereich St. Pölten keines • keine aktuelle Strategie vorhanden Wärmebedarf der Haushalte Fernwärmeerzeugung (2021) (2020, exkl. Stromheizungen) • positiv: Umsetzung des Energieleitbilds und -konzepts Erdgas: 41 % von 2009 mit Maßnahmen v.a. für die Fernwärme hat zu fossil: 36 % (Erdgas: 33 %) Abfall: 59 % THG-Reduktionen geführt Fernwärme: 46 % Biomasse: 18 % • Energie- und THG-Bilanzen für 2005 und 2020 vorhanden Bregenz klimaneutrale Stadtver- • Klima- und Energiestrategie 2030 wurde nicht veröffent- Wärmebedarf der Haushalte keine Fernwärme waltung bis 2030, aber kein licht, aber vermutlich keine weitreichenden Teilziele und (2018, exkl. Stromheizungen) gesamtstädtisches Ziel Maßnahmen fossil: 86 % (Erdgas: 75 %, Öl: 11 %) • Teilziele der Energiestrategie 2020 wurden größtenteils erneuerbar: 11 % verfehlt Sonstige: 3 % • Energie- und THG-Bilanzen für 2008, 2013 und 2018 vorhanden Eisenstadt keines • Stadtentwicklungsplan sieht zwar Ausbau der Fernwärme Heizsysteme in Wohngebäuden Fernwärmeerzeugung (2021) vor, aber stellt keine Strategie mit konkreten Maßnahmen (2021) dar 100 % Biomasse fossil: 76 % (Erdgas: 64 %, Öl: 12 %) (aber nur 3 % der Gebäude mit • Eisenstädter Klimaschutzoffensive ist inhaltsleer Strom: 10 % Fernwärmeanschluss) erneuerbar: 11 % • Daten bezüglich der Heizsysteme in Gebäuden vorhanden Fernwärme: 2 % 10 GLOBAL 2000 – KLIMAREPORT
BEDEUTUNG DER RAUM- WÄRME IN ÖSTERREICH Die Wärmeversorgung ist ein Schlüsselfaktor für eine er folgreiche Energiewende. Raumwärme (inkl. Warmwas- Österreich: Energiebedarf für ser und Klimatisierung) ist in Österreich für fast ein Drittel (32 %) des Gesamtenergieverbrauchs verantwortlich³. Raumklima und Warmwasser Der Anteil fossiler Heizsysteme liegt bei knapp 40 %, der Anteil erneuerbarer Systeme bei 31 %. Der Rest geht auf elektrischen Strom und Fernwärme zurück. Letztere wird in Österreich etwa zur Hälfte (52 %) aus erneuerbaren Quellen erzeugt⁴. 7% 14 % Der Großteil des Raumwärmebedarfs geht auf Privat- haushalte (69 %) und den Dienstleistungssektor (20 %) zurück. Aufgrund des immer noch sehr hohen Anteils an 24 % fossilen Energieträgern ist dieser auch die Hauptursache für Treibhausgasemissionen von Gebäuden. Der Gebäu- 342 PJ 25 % desektor ist in Österreich für 17 % der Gesamtemissio- nen (ohne EH⁵) verantwortlich⁶. Mit 8 Mio. t CO2 konnte der Wert im Vergleich zu 1990 zwar um über ein Drittel reduziert werden, seit 2014 sind die Emissionen aber 19 % nicht weiter gesunken. 10 % Thermische Sanierung und Heizkesseltausch sind Maß- nahmen, durch die die Emissionen im Gebäudesektor weiter gesenkt werden können. Allerdings werden in Österreich viel zu wenige Gebäude thermisch saniert. Heizöl Die Sanierungsrate liegt mit 1,4 % weit weg von den Erdgas erforderlichen 3 %⁷. Seit 2010 ist die Sanierungstätig- Strom keit stark zurückgegangen. Im Jahr 2020 wurde nur etwa Fernwärme die Hälfte des Volumens von 2010 saniert⁸. Außerdem Bioenergie müssen Öl- und Gasheizungen durch erneuerbare Syste- me (z.B. Wärmepumpe, Solaranlage, Pelletheizung) oder Umgebungswärme einen Fernwärmeanschluss ersetzt werden. Gleichzeitig muss aber auch die Fernwärmeerzeugung aus alternati- Datenquelle: Statistik Austria (2021) ven Quellen kontinuierlich steigen. 3 Statistik Austria (2021): Nutzenergieanalyse (Anm.: inkl. Warmwasser der Privathaushalte, das in der Nutzenergieanalyse der Statistik Austria unter Prozesswärme subsumiert ist) 4 Statistik Austria (2021): Energiebilanzen 5 EH = Emissionshandel. Im EU-Emissionshandel sind große Anlagen von Industrie- und Energiewirtschaft erfasst. 6 Umweltbundesamt (2021): Nahzeitprognose der österreichischen Treibhausgas-Emissionen für 2020 7 Umweltbundesamt (2020): Definition und Messung der thermisch-energetischen Sanierungsrate in Österreich 8 IIBW & FV Steine-Keramik (2021): Wohnbauförderung in Österreich 2020 KLIMAREPORT – GLOBAL 2000 11
HEIZEN IN STÄDTEN – HEUTE & MORGEN Die Relevanz der Städte für den Klimaschutz zeigt sich Wo kein Fernwärmeausbau möglich ist, können städtische schon daran, dass 62 % der österreichischen Bevölke- Einfamilienhäuser auf erneuerbare Einzelheizsysteme (z.B. rung ihren Hauptwohnsitz in urbanen bzw. suburbanen Wärmepumpe) umgerüstet werden. Schwieriger ge- Gebieten haben⁹. Wiederum die Hälfte davon lebt in dicht staltet sich dies für mehrgeschoßige Wohnbauten ohne besiedelten Gebieten, also in einer der sechs Großstädte Zentralheizsystem. In diesem Fall bietet sich entweder (>100.000 EW). Dazu zählen neben Wien auch die die Möglichkeit, die Leitungen in Lüftungsschächten und Landeshauptstädte Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck und kalten Rauchfängen zu verlegen, oder aber es muss ein Klagenfurt. Die übrigen Landeshauptstädte St. Pölten, zentrales Rohrsystem eingestemmt werden. Als Anreiz für Bregenz und Eisenstadt zählen laut Statistik zu den die Umrüstung braucht es neben Förderungen auch drin- Städten mit mittlerer Siedlungsdichte. Insgesamt gibt gend gesetzliche Rahmenbedingungen für den Ausstieg es in Österreich 87 Gemeinden mit mindestens 10.000 aus klimaschädlichem Erdgas. Nur so kann sichergestellt gemeldeten Personen¹⁰. Vor allem die kleineren Landes- werden, dass alle Gebäude, die derzeit noch mit fossiler hauptstädte stehen somit exemplarisch für einen relevan- Energie beheizt werden, in den nächsten 18 Jahren einmal ten Städtetyp, der in Österreich sehr häufig vorkommt. einer thermisch-energetischen Ertüchtigung unterzogen werden. Hinsichtlich Klimaschutz haben städtische Gebiete auf- grund der kurzen Wege und der geringen Höhenunter- Einen Schritt in die richtige Richtung machen das Kli- schiede zwar einen Vorteil, wenn es um die Bereitstellung maschutzministerium (BMK) und die Österreichische klimafreundlicher Mobilität im innerstädtischen Verkehr Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) mit ihrer Leit- geht, aufgrund der geringen und dicht bebauten Fläche initiative „Die klimaneutrale Stadt“, die österreichische besteht allerdings ein Nachteil in der Verfügbarkeit von Städte bei der Umsetzung von Maßnahmen in Richtung erneuerbaren Energien für die Strom- und Wärme- Klimaneutralität unterstützen soll. Einen Teilbereich dieser erzeugung. Gute Planung und entsprechende politische Initiative stellt die „Fit4UrbanMission“ dar, welche neun Vorgaben, sind daher für eine koordinierte Umsetzung Städte, darunter sieben Landeshauptstädte¹¹, auf eine von Klimaschutzmaßnahmen gerade für den städtischen mögliche Teilnahme an der EU-Mission „100 klimaneu Bereich essenziell. trale Städte bis 2030“ vorbereiten will. Die Bereitstellung von Raumwärme erfolgt in Städten derzeit überwiegend durch Erdgas und durch Fernwär- Methode me. Letztere kann aus fossilen und erneuerbaren Quellen sowie Abwärme stammen. Der Ausbau der Fernwärme Diese Studie hat das Ziel zu untersuchen, wie weit die aus erneuerbaren Quellen und die verstärkte Nutzung Landeshauptstädte Österreichs schon auf dem Weg der von Abwärme gelten derzeit als die aussichtsreichsten Energie- bzw. Wärmewende sind. Werden Ziele im Ein- Lösungen für die städtische Wärmewende. Möglichkeiten klang mit den klimawissenschaftlichen Empfehlungen ge- hierfür bestehen in der verstärkten Nutzung von bioge- setzt? Werden ausreichend Maßnahmen zur Umsetzung nen Reststoffen, gewerblicher Abwärme, Großwärme- ergriffen? Gibt es klare Strategien und ein Monitoring zur pumpen, Solar- oder Geothermie. Erneuerbares Gas darf Umsetzung? auf Grund der geringen Verfügbarkeit in der Raumwärme hingegen nur eine untergeordnete Rolle spielen (z.B. Dazu hat GLOBAL 2000 einerseits öffentlich zugängliche Spitzenlastabdeckung). Daten und Dokumente ausgewertet. Da deren Verfüg- 9 Statistik Austria (2021): Grad der Urbanisierung - Paket Bevölkerungsstand 2021 10 Wikipedia (2021): Liste der Städte in Österreich 11 Bregenz und Eisenstadt sind nicht an der Initiative beteiligt. 12 GLOBAL 2000 – KLIMAREPORT
barkeit jedoch sehr eingeschränkt ist, wurden auch Fra- und wenn möglich die Entwicklung der Wärmeversor- gebögen an die jeweiligen Stadtregierungen verschickt. gung dargestellt. Die Analyse soll einen Überblick über den Stand der Um- setzung der Wärmewende in den Landeshauptstädten Da die Datenlage in den einzelnen Landeshauptstädten geben und sich auf die wesentlichen Aspekte konzentrie- sehr unterschiedlich ist und auch auf unterschiedliche ren. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit der Erhebungsmethoden zurückgegriffen wird, ist es leider Abbildung jeglicher einzelner Initiativen in dem Bereich. schwierig, direkte quantitative Vergleiche zwischen den Städten zu ziehen. Ein qualitativer Vergleich ist aber In jedem Kapitel wird auf die Klimaziele der jeweiligen möglich und es können durchaus Aussagen darüber Stadt und auf ihre Programme bzw. Instrumente im gemacht werden, welche Städte bei der Forcierung der Gebäude- bzw. Raumwärmebereich eingegangen. Energie- bzw. Wärmewende bereits ambitionierter vor- Anhand der öffentlich verfügbaren bzw. der von den gehen und welche hier noch großen Aufholbedarf haben. Städten zur Verfügung gestellten Daten wird der Stand KLIMAREPORT – GLOBAL 2000 13
WIEN Smart Klima City Strategie Bevölkerungsstand 2020¹² 1.914.743 Die Smart Klima City Strategie soll die Umsetzung des Ziels der Klimaneutralität bis 2040 in den verschiedenen Bereichen konkretisieren. In einem Entwurf¹⁸ wurden Entwicklung 2010-2020 +12 % folgende für den Gebäude- bzw. Raumwärmebereich relevanten Ziele formuliert: • gänzlicher Ausstieg aus der fossilen Wärmeversorgung bis 2040 Klimaziele • Senkung des Endenergieverbrauchs pro Kopf für Hei- zen, Kühlen und Warmwasser in Gebäuden um 20 % Laut dem Koalitionsabkommen¹³ der Wiener Stadtregie- bis 2030 und um 30 % bis 2040 rung soll Klimaneutralität bis 2040 erreicht werden. Im • Senkung der CO2-Emissionen pro Kopf für Heizen, Küh- Jänner 2022 wurde ein Entwurf¹⁴ für einen entsprechen- len und Warmwasser in Gebäuden um 55 % bis 2030 den Fahrplan vorgestellt. Darin ist festgelegt, dass fossile und auf null bis 2040 Energie in der Wärmeversorgung bis 2040 nicht mehr • Steigerung der erneuerbaren bzw. dekarbonisierten eingesetzt werden soll. Ab 2021 wurde ein verbleibendes Energieerzeugung bis 2030 auf das Dreifache und bis Treibhausgasbudget von 60 Mio. t CO₂-e festgelegt. Bis 2040 auf das Sechsfache gegenüber 2005 2030 sollen die Pro-Kopf-Emissionen um 55 % gegen- über 2005 gesenkt werden und der Energieverbrauch soll Wiener Klima-Fahrplan bis 2030 zur Hälfte und bis 2040 vollständig aus erneu- Der Entwurf¹⁹ für den Klima-Fahrplan, der im Jänner erbaren und dekarbonisierten Quellen gedeckt werden. 2022 präsentiert wurde, enthält neben den neuen Ziel- setzungen der Smart Klima City Strategie auch ein Maß- nahmenplan zur Zielerreichung. So soll beispielsweise Strategien, Programme, ein gesetzlicher Rahmen für den Ausstieg aus fossilen Instrumente Heizsystemen geschaffen werden (EWG, Energieraum- planung). Für thermische Sanierung und Kesseltausch soll Klimaschutzprogramm (KliP II)¹⁵ es Förder-, Pilot- und Begleitprogramme geben. Die Stadt Die im Jahr 2009 beschlossenen zweiten Klimaschutz- selbst und ihre Unternehmen sollen als Vorbild fungieren programm (KliP II) für 2020 gesteckten Ziele wurden und deren Gebäude bereits früher durch erneuerbare nur zum Teil erreicht. So konnten zwar die Pro-Kopf- Energieträger beheizt werden. Im Bereich der Fernwärme Emissionen u.a. auch aufgrund des starken Bevölke- sollen eine Netzerweiterung und eine Erschließung bzw. rungswachstums stärker als geplant reduziert werden¹⁶, Einbindung von Tiefengeothermie, Großwärmepumpen die Erhöhung des Fernwärmeanteils auf 50 % ist jedoch und Wärmespeichern erfolgen. „Erneuerbares Gas“ soll nicht im vorgesehenen Ausmaß gelungen. Zwischen lediglich zur Spitzenlastabdeckung in KWK-Anlagen ge- 2010 und 2020 ist deren Anteil am Energiebedarf für nutzt werden, nicht aber für Heizung und Warmwasser. Raumklima und Warmwasser von 37 % auf lediglich 40 % gestiegen¹⁷. Ein weiteres Ziel im Raumwärme- Wiener Wärme und Kälte 2040 bereich war die Verringerung der CO2-Emissionen für Gemäß dem Koalitionsabkommen und den für den Heizung, Warmwasser und Kälte durch die Veränderung Wärmebereich angekündigten Zielen wird derzeit ein des Energieträgermixes. Wie die aktuellen Daten (siehe Konzept für die Dekarbonisierung der Wärme- und Kälte- unten) zeigen, kam es hier in den letzten 10 Jahren versorgung bis 2040 erarbeitet, welches bis Ende 2022 allerdings zu keinen großen Veränderungen. fertiggestellt werden soll. Eine entsprechende Studie mit 12 Statistik Austria (2021): Bevölkerungsstand 13 SPÖ & NEOS (2020): Die Fortschrittskoalition für Wien 14 Stadt Wien (2022): Wiener Klima-Fahrplan - Unser Weg zur klimagerechten Stadt (Entwurf) 15 Stadt Wien (2009): Klimaschutzprogramm der Stadt Wien - Fortschreibung 2010-2020 16 Stadt Wien (2019): Fortschrittsbericht über die Umsetzung des Klimaschutzprogramms (KliP) der Stadt Wien 17 Statistik Austria (2021): Nutzenergieanalyse(KliP) der Stadt Wien 18 Stadt Wien (2021): Smart Klima City Strategie Wien - Der Weg zur Klimamusterstadt (Entwurf) 19 Stadt Wien (2022): Wiener Klima-Fahrplan - Unser Weg zur klimagerechten Stadt (Entwurf) 14 GLOBAL 2000 – KLIMAREPORT
Szenarien für die Dekarbonisierung des Wiener Energie- Wärmeversorgung Wiens systems bis 2040²⁰ wurde von der Wien Energie bereits veröffentlicht. Diese sieht im Bereich der Wärmeversor- Energiebedarf für Raumklima gung vor, dass bis 2040 ein vollständiger Ausstieg aus und Warmwasser²² Erdgas auch in Bestandsgebäuden erforderlich ist und Im Jahr 2020 betrug der Energiebedarf für Raumklima dass „erneuerbares Gas“ entsprechend den politischen und Warmwasser in Wien knappe 55 PJ. Das sind 44 % Vorgaben in der Wärmeversorgung weitestgehend nicht des gesamten Energiebedarfs der Stadt. In 10 Jahren ist zum Einsatz kommen soll. Möglichkeiten werden in der der Bedarf für Raumklima und Warmwasser um 10 % Umstellung fossiler Heizsysteme auf Wärmepumpen (−6,4 PJ) gesunken, was vor allem mit einer Reduktion oder Fernwärme gesehen. Gleichzeitig kann die Dekarbo- des Erdgasverbrauchs um 16 % (−4,5 PJ) einherging. nisierung der Fernwärme durch die Nutzung von Tiefen- Heute werden 42 % der Energie in Form von Erdgas und geothermie, (Groß-)Wärmepumpen und Wärmespeicher 40 % in Form von Fernwärme verbraucht. 10 % gehen erfolgen. auf elektrischen Strom, 4 % auf Heizöl und 4 % auf die direkte Nutzung von erneuerbarer Energie (Biomasse, Klimaschutz-Gebiete Umgebungswärme) zurück. (WrBO § 2b Energieraumpläne)²¹ Mit der Novellierung der Wiener Bauordnung im Jahr 61 % der Energie für Raumklima und Warmwasser wird 2018 wurde der Gemeinderat ermächtigt, Klimaschutz- von Privathaushalten und 36 % im Dienstleistungssek- Gebiete (im Gesetz „Energieraumpläne“ genannt) zu tor verbraucht. Die restlichen 3 % gehen auf das Konto verordnen. In einem solchen Gebiet müssen Neubauten von Industrie und Landwirtschaft. Während im Dienst- mit einem erneuerbaren Heizsystem oder mit Fernwärme leistungssektor bereits 57 % der Energie in Form von ausgestattet werden. Die Verordnungen werden be- Fernwärme und nur 18 % in Form von Erdgas verbraucht zirksweise erarbeitet. Für 8 Bezirke wurden bereits 2020 wird, gehen bei den Haushalten nur 30 % des Verbrauchs Energieraumpläne beschlossen. Die restlichen Bezirke auf Fernwärme und immer noch 57 % auf Erdgas zurück. hätten ursprünglich bis Ende 2021 folgen sollen. Diese Heizöl ist hingegen im Dienstleistungssektor mit einem Frist wurde allerdings um ein Jahr nach hinten verscho- Anteil von 8 % noch stärker verbreitet als bei Haushalten. ben. Bis Ende 2022 sollen sich dann 8 von 10 Neubauten in einem solchen Klimaschutz-Gebiet befinden. Wien: Energiebedarf für Raumklima und Warmwasser (2020) 64.000 64.000 56.000 56.000 48.000 48.000 40.000 40.000 Kohle Heizöl 32.000 32.000 Erdgas 24.000 24.000 Strom Terajoule (TJ) Fernwärme 16.000 16.000 Erneuerbare Energien 8.000 8.000 0 0 2010 2010 2011 2012 2011 2012 2013 2013 2014 2014 2015 2016 2017 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2018 2019 2020 Datenquelle: Statistik Austria (2021) 25.000 20 Wien Energie (2021): Szenarien für die Dekarbonisierung des Wiener Energiesystems bis 2040 21 Stadt Wien (o. J.): Klimaschutz-Gebiete - Energieraumpläne für Wien (wien.gv.at) 22 Statistik Austria (2021): Nutzenergieanalyse (Anm.: inkl. Warmwasser der Privathaushalte, 20.000 das in der Nutzenergieanalyse der Statistik Austria unter Prozesswärme subsumiert ist) 15.000 KLIMAREPORT – GLOBAL 2000 15 10.000
Wien: Energiebedarf für Raumklima und Warmwasser (2020) 100 % 2% 8% 90 % 18 % 80 % 70 % 57 % 13 % 60 % Heizöl Relative Anteile der Energieträger Erdgas 50 % Strom 40 % Fernwärme 8% Erneuerbare Energien 57 % 30 % 20 % 30 % 10 % 3% 4% Privathaushalte Dienstleistungssektor Datenquelle: Statistik Austria (2021) Wien: Heizsysteme in Privathaushalten 100 % 1% 1% 3% 3% 1% 3% 90 % 80 % 46 % 46 % 46 % 49 % 50 % 47 % 70 % 60 % Kohleheizungen Relative Anteile der Heizsysteme Ölheizungen 50 % 5% 4% 6% Gasheizungen 6% 5% 7% Stromheizungen 40 % Fernwärmeanschluss 30 % Erneuerbare Systeme 44 % 44 % 45 % 43 % 20 % 38 % 41 % 10 % 1% 2% 3% 2% 2% 2% 09/10 11/12 13/14 15/16 17/18 19/20 Datenquelle: Statistik Austria (2021) 16 GLOBAL 2000 – KLIMAREPORT
2.500 2.000 1.500 1.000 Heizsysteme in Privathaushalten²³ hingegen die Fernwärmeerzeugung aus brennbaren Ab- 49 % der Wiener Haushalte heizen mit Erdgas, 43 % fällen (+4 %-Pkt. auf 19 %). Der Anteil der Fernwärme, 500 mit Fernwärme, 5 % mit elektrischem Strom, 2 % mit die in KWK-Anlagen (fossile Energien, Abfall und Bio- erneuerbaren 0 Systemen (Biomasse, Solar, Wärmepum- masse) erzeugt wird, beträgt heute insgesamt 83 %. pe) und 1 % mit2010 Heizöl.2011 2012an Haushalten Der Anteil 2013 2014mit2015 2016 2017 2018 2019 Fernwärmeanschluss konnte in 10 Jahren um 5 %-Pkt. Thermische Sanierungen²⁵ gesteigert werden, während der Anteil an Gasheizungen Die thermisch-energetische Sanierungsrate lag in Wien um 1 %-Pkt. gesunken ist. Damit wird immer noch die im Jahr 2018 bei 1 % und damit deutlich unter dem Hälfte der Wiener Haushalte mit fossilen Heizsystemen Durchschnittswert der zehn Jahre davor (∅ 2009–2018: beheizt. Da auch die Anzahl der Haushalte insgesamt 1,5 %). Damit liegt man in Wien auch deutlich unter dem gestiegen ist, sind in 10 Jahren sogar über 25.000 Gas- österreichischen Schnitt von 1,4 % (2018) und weit weg heizungen dazugekommen. von der notwendigen Sanierungsrate von 3 %. 3.500 Fernwärmeerzeugung²⁴ 3.000 Treibhausgasemissionen²⁶ Der Anteil der Fernwärmeerzeugung aus fossilen Rohstof- Die gesamten Treibhausgasemissionen Wiens im Non- fen ist 2.500 in 10 Jahren von 70 auf 65 % gesunken. Während EH-Bereich²⁷ sind zwischen 2010 und 2019 um 2,8 % die Nutzung von Erdgas in Heizwerken (−4 %-Pkt. auf auf rd. 6,2 Mio. t CO2-e nur leicht gesunken. Die Pro-Kopf- 2.000 5 %) und Heizöl (−7 %-Pkt. auf 2 %) leicht verringert Emissionen lagen 2019 bei 3,3 t CO2-e (mit EH: 4,6 t). werden konnte, ist die Anwendung von Erdgas in KWK- Die Emissionen im Gebäudesektor konnten im selben 1.500 Anlagen gestiegen (+6 %-Pkt. auf 58 %). Gleichzeitig Zeitraum um rd. 12 % gesenkt werden und haben einen konnte1.000 der Anteil der Fernwärme aus erneuerbaren Anteil von 24 % an den Gesamtemissionen (ohne EH). Quellen nur um 1 %-Pkt. auf 16 % gesteigert werden. Allerdings ist das eine geringere Reduktion als im öster- Seit 2019 hat die Umgebungswärme erstmals einen 500 reichischen Durchschnitt, wo eine Senkung der Emis- nennenswerten Anteil von 2 %. Stärker zugenommen hat sionen im Gebäudebereich um rd. 21 % erreicht werden 0 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Wien: Fernwärmeerzeugung 25.000 25000 20.000 20000 15.000 Öl 15000 Erdgas (HW) Erdgas (KWK) Terajoule (TJ) 10.000 10000 Abfälle Bioenergie 5.000 5000 Umgebungswärme 0 0 2010 2010 2011 2012 2011 2012 2013 2013 2014 2014 2015 2016 2017 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2018 2019 2020 Datenquelle: Statistik Austria (2021) 23 Statistik Austria (2021): Energieeinsatz der Haushalte (Anm.: nur Hauptwohnsitze berücksichtigt) 24 Statistik Austria (2021): Energiebilanzen 25 Umweltbundesamt (2020): Definition und Messung der thermisch-energetischen Sanierungsrate in Österreich 26 Umweltbundesamt (2021): Bundesländer Luftschadstoff-Inventur 1990-2019 27 EH = Emissionshandel. Im EU-Emissionshandel sind große Anlagen von Industrie- und Energiewirtschaft erfasst. Non-EH bezeichnet hingegen die Bereiche außerhalb des Emissionshandelssystems, wie Verkehr, Gebäude, Abfallwirtschaft, Landwirtschaft und F-Gase KLIMAREPORT – GLOBAL 2000 17
500 0 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Wien: Treibhausgasemissionen 3.500 3.500 3.000 3.000 2.500 2.500 2.000 2.000 Energieerzeugung Gebäudesektor 1.500 1.500 Abfallwirtschaft 1.000 1.000 kt CO2e 500 500 00 2010 2010 2011 2011 2012 2012 2013 2013 2014 2014 2015 2015 2016 2016 2017 2017 2018 2018 2019 2019 Datenquelle: Umweltbundesamt (2021) konnte.²⁸ Die Emissionen des Energiesektors, der zwar Kritisch ist zu sehen, dass die Sanierungsrate noch weit dem EH-Bereich zugerechnet wird, zu dem jedoch neben entfernt von der erforderlichen Sanierungsrate von 3 % der Strom- 25000auch die Fernwärmeerzeugung (exkl. Abfall liegt. Eine Verdreifachung der Bemühungen in Wien ist verbrennung) zählt, sind um 16 % geringer als 2010. notwendig. Hier braucht es ein klares Konzept, wie die Sowohl im Gebäude- als auch im Energiesektor nahmen thermische Sanierung vorangetrieben werden kann. Ob- 20000 die Emissionen zwischen 2010 und 2014 ab und stiegen wohl der Ausstieg aus Erdgas ernsthaft diskutiert wird, dann wieder an. Die Emissionen der Abfallwirtschaft darf nicht übersehen werden, dass in Wien auch im Neu- (inkl. Abfallverbrennung 15000 für Fernwärme) blieben konstant. bau noch immer Erdgasheizungen installiert werden. Mit der vollständigen Umsetzung der Energieraumpläne soll erreicht werden, dass 8 von 10 Neubauten ohne Gas- 10000 Kommentar von GLOBAL 2000 heizungen errichtet werden. Die Umsetzung ist derzeit aber noch nicht vollständig und auch ein Anteil von 20 % Positiv sieht 5000GLOBAL 2000, dass die Stadt Wien im Gasheizungen in Neubauten ist nicht länger vertretbar. Koalitionsübereinkommen das ambitionierte Ziel bis 2040 Hier braucht es deutlich stärkere rechtliche Klarstellungen klimaneutral zu werden, verankert hat. Allerdings gilt es in der Bauordnung. 0 dieses Ziel noch in Strategien 2010 und konkrete 2011 2012 2013 2014Umsetzungs- 2015 2016 2017 2018 2019 2020 schritte zu übersetzen. Im Klimafahrplan ist hier vermerkt, Als klare Handlungsempfehlungen für Wien lassen sich dass man erst auf bundespolitische Rahmenbedingungen aus den vorliegenden Ergebnissen somit folgende Schritte warten will. Damit würde man aber wertvolle Zeit verlie- ableiten: ren, denn die Stadt Wien hat die Kompetenzen, die not- • Erstellung eines Sanierungsfahrplans zur Anhebung der wendigen Schritte für den Ausstieg aus fossiler Energie Sanierungsrate auf 3 % im Wärmebereich zu setzen. • Ausarbeitung von Landesgesetzen, insbesondere in der Bauordnung um einen geordneten Ausstieg aus Erdgas Dass es bereits eine Studie zum Ausstieg aus fossilen umzusetzen, anstatt auf Regelungen des Bundes zu Energieträgern der Wien Energie gibt, kann als Schritt warten in die richtige Richtung bewertet werden, ebenso die • Sicherstellung der Finanzierung, unter anderem durch Ankündigung, bis zum Ende des Jahres 2022 ein fertiges Zweckbindung der Wohnbauförderung, um die Leist- Konzept für den Ausstieg aus Öl und Gas im Wärmebe- barkeit und Durchführbarkeit der Wärmewende in Wien reich zu liefern. sicherzustellen 28 Umweltbundesamt (2021): Klimaschutzbericht 2021 18 GLOBAL 2000 – KLIMAREPORT
GRAZ Im November 2020 wurde vom Grazer Gemeinderat ein Bevölkerungsstand 2020²⁹ 290.910 Grundsatzbeschluss zur Erarbeitung eines umfassenden Klimaschutz-Plans gefasst. Dieser ist noch in Bearbeitung und soll voraussichtlich folgende Ziele³¹ beinhalten: Entwicklung 2010-2020 +12 % • Bis 2040 werden im Stadtgebiet Graz die Treibhaus- gasemissionen jährlich 10 % reduziert. Im Jahr 2040 verbleiben somit maximal 1 CO2-e pro Grazer:in an nicht vermeidbaren Restemissionen. Diese sollen Ziele „nachhaltig“ kompensiert werden. • Bis 2030 wird das Haus Graz (Magistrat + Holding) sei- Bereits im Jahr 2008 wurden vom Grazer Gemeinderat in ne Treibhausgasemissionen jährlich um 20 % reduzie- einem Grundsatzbeschluss zur Erarbeitung des Energie- ren. Im Jahr 2030 verbleiben somit maximal ½ t CO2-e masterplans Graz³⁰ folgende Klimaschutzziele definiert: pro Mitarbeiter:in an Restemissionen. Diese sollen • Reduktion des Pro-Kopf-CO2-Ausstoßes auf max. 1 t „nachhaltig“ kompensiert werden. pro Jahr • Reduktion des Energieeinsatzes auf ein Drittel Dieses Ziel würde bei gleichbleibendem Bevölkerungs- • Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien auf 75 % wachstum eine Reduktion der Gesamtemissionen um etwa 75 % gegenüber 2018 bedeuten. Teilziele Evaluierung 2020 Massiver Ausbau der Fernwärme: +20 % Fernwärme- Anzahl mehr als verdoppelt anschlüsse bis 2020 gegenüber 2008 Graz als Solarhauptstadt: 1 m² Sonnenkollektor pro nicht erreicht, kann nur durch Groß-Solaranlage Einwohner:in erreicht werden Verstärkte Nutzung von Abwärme und erneuerbaren 2014 lag der Anteil bei 7 % Energieträgern: 50 % Anteil im Fernwärmesystem bis 2019 lag der Anteil bei 23 % 2030 und 100 % bis 2050 Erhöhung der thermischen Sanierungsrate auf 3 % keine Evaluierung erfolgt bis 2020 -15 % elektrische Warmwasserbereitung und keine Evaluierung erfolgt -10 % Stromheizungen bis 2020 gegenüber 2008 Reduktion des Energieeinsatzes für Wärme in keine Evaluierung erfolgt den Haushalten um 3 % pro Jahr Reduktion der CO2-Emissionen der Haushalte keine Evaluierung erfolgt um 20 % gegenüber 2008 29 Statistik Austria (2021): Bevölkerungsstand 30 Stadt Graz (2008): Aktionsprogramm „Kommunales Energie- und Klimaschutzkonzept Graz 2020 (KEK GRAZ 2020)“ – Grundsatzbeschluss 31 Stadt Graz (o. J.): Klimaschutzplan - Zwischenbericht (Einseiter) KLIMAREPORT – GLOBAL 2000 19
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