Sommertörn 2008 Mit der Bontekoe nach England! - Scharendijke-Bruinisse-Vlissingen-Nieuwpoort Calais-Calais-Dover-Ramsgate ...

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Sommertörn 2008 Mit der Bontekoe nach England! - Scharendijke-Bruinisse-Vlissingen-Nieuwpoort Calais-Calais-Dover-Ramsgate ...
Sommertörn 2008
Mit der Bontekoe nach England!
   Scharendijke-Bruinisse-Vlissingen-Nieuwpoort
          Calais-Calais-Dover-Ramsgate
         Ramsgate-Boulogne-Dünkirchen
        Roompot-Willemstad-Scharendijke

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Sommertörn 2008 Mit der Bontekoe nach England! - Scharendijke-Bruinisse-Vlissingen-Nieuwpoort Calais-Calais-Dover-Ramsgate ...
Törnbericht England/Frankreich 2008

Die Vorbereitungen

Nach einem vergeblichen Anlauf im Jahr 2003, der nicht über Calais
hinausging, sollte in diesem Jahr die Passage nach England erneut in Angriff
genommen werden. Die „Bontekoe“ wurde im Winter gründlich überholt, die
Innenausstattung teilweise erneuert, ein neuer Gaskocher eingebaut. Eine neue
Rollreff-Anlage war bereits im vergangenen Jahr unter Sicherheitsaspekten
einbaut worden, sie machte aber in diesem Jahr einige Probleme. Letztlich
wurden kurz vor der Reise noch zwei Rüsteisen im Cockpit angebracht, um
jederzeit für Steuermann und Crew sichere Befestigungsmöglichkeiten für den
Lifebelt zu haben und ein neuer Satz Signalmittel wurde angeschafft. Wenige
Wochen vor dem Start entschloss sich Bruder Björn, ansonsten Surfer, an der
Reise teilzunehmen.

Die Crew

Tilo (Skipper, Autor), 33 Jahre, segelt seit seinem 8. Lebensjahr und macht seit
seinem 12. Lebensjahr jährlich Törns, häufig mit Vater Jürgen.
Jürgen (Bestmann, Navigator, Vater), 67 Jahre, segelt seit 40 Jahren.
Björn, 28 (Moses, Bruder, Sohn), hat zwar ebenfalls eine Segelausbildung
genossen, ist aber seit Jahren begeisterter Surfer.

Das Schiff

„Bontekoe“, 23 Jahre, ist -eine First 24- ein zuverlässiges, kleines Boot mit
hervorragenden Segeleigenschaften, das dazu noch einen gutes Maß an Komfort
für die Schiffsgröße bietet. Unser Vertrauen in unser Boot ist mit diesem Törn
noch einmal gewachsen und wir sprechen Entwerfer Finot und Werft Beneteau
unseren Respekt aus.
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Der Törn

Freitag, 15.08.08 ist unser Anreisetag. Ich muss noch arbeiten, Björn kommt
aus Frankfurt. Am Nachmittag treffen wir in Scharendijke ein, räumen das
Schiff ein, erledigen letzte Arbeiten und legen um 18.35 Uhr ab. Der Wind aus
nordwestlichen Richtungen ist schwach, 2 – 3. Wir nutzen die Bedingungen, um
Björn mit dem Boot vertraut zu machen. Eine Sicherheitseinweisung von A wie
Absperrhahn (Gasleitung) bis S wie Signalmittel folgt, zumal Björn seit langer
Zeit zum ersten Mal wieder mitfährt. Um kurz vor sieben steht der Spinnaker
und zieht uns bis vor den Hafen von Bruinisse, das wir um 21.15 Uhr erreichen.
Leider zu spät für die Schleuse, die bereits geschlossen hat.

Am 2. Tag geht es mit der ersten Schleusung um 7.00 Uhr in den Krammer, um
7.30 Uhr stehen die Segel bei leichtem Wind aus Süd-Süd-Ost. Um 9 Uhr setzen
wir den Spinnaker für eine Stunde bei bis der Wind auffrischt und wir uns vor
der Seelandbrücke entscheiden müssen, wohin es gehen soll. Die
Gezeitenberechnung ergibt, dass der geplante Weg nach Breskens „buitenom“
ungünstig ist und so entschließen wir uns durch das Veersemeer und den Kanal
door Walcheren nach Vlissingen zu fahren. Wir kreuzen mit einigen Schlägen
nach Süden zur Schleuse Zandkreek, die wir um 12.30 Uhr erreichen. Auf der
Kreuz fällt uns ein wunderschöner Oldtimer, ein Gaffelkutter unter französischer
                                                    Flagge auf, der bei dem
                                                    leichten Wind mit Fock,
                                                    Klüver und Gaffeltopsegel
                                                    nicht         nur        ein
                                                    wunderschönes           Bild
                                                    bietet, sondern auch recht
                                                    schnell zu sein scheint.
                                                    Wir schleusen gemeinsam
                                                    und        müssen        im
                                                    Veersemeer kreuzen. Der
                                                    französische        Skipper
                                                    scheint allein an Bord zu
                                                    sein, beherrscht sein Boot
                                                    aber vollendet – ein
                                                    kleines Race entspannt
sich, bei dem Bontekoe nur auf Grund ihrer besseren Höhe zum Wind gleich auf
bleiben kann. Nach einer Stunde trennen sich am Arneplaat unsere Wege.
Jürgen ruft noch ein anerkennendes „beau bateau“ hinüber, der Franzose
antwortet mit freundlichem Winken und einem höflichen „Danke schön“ auf
deutsch. Der Nachmittag vergeht mit der unvermeidlichen Kanalfahrt bei der die
Segel nur gelegentlich ziehen und wir fast eine Stunde vor der Bahnhofsbrücke
in Middleburg warten müssen. Um 19.25 Uhr machen wir fest im Hafen
Vlissingen und setzen die Bordküche in Gang.
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Der Wetterbericht für den 3. Tag hört sich nicht vielversprechend an; Süd-Ost, 3
– 4, später Süd 4 – 5, mit Böen bis 60 km/h und Regen, Wellen 1 m bis 1,6 m.
Wir legen um 7.20 Uhr ab, sind um 7.30 Uhr durch die Schleuse und setzen
noch im Vorhafen Groß und Fock. Zunächst nehmen wir Kurs auf die
gegenüberliegende Küste entlang der Tonnenreihe W 07 bis W 1, wo wir in
Höhe Knokke zum ersten Mal die Gastlandflagge wechseln. Zeebrügge und
Blankenberge ziehen vorbei, vor Ostende reffen wir bei Böen 5 ein und legen
Rettungswesten und Sicherheitsgurte an. Um kurz nach 12 Uhr zieht eine
schwarze Wand hoch, vor der wir Reff 2 einlegen. Bei leichtem Regen sinkt die
Sicht auf ca. 2 – 3. Sm. Gegen 13.30 Uhr bemerkt Björn ein kleines Boot vor
uns, auf dem mehrere Personen winkend Notsignale geben. Das belgische Boot
„Champion“, Boots-Nr. B 53507, hat beim Wasserski einen Motorschaden
erlitten, jedoch besteht wohl keine unmittelbare Gefahr. Mangels anderer
Signalmittel ist per Handy Hilfe herbei beordert worden, jedoch ist keine
aktuelle Position bekannt. Diese können wir aus dem mitlaufenden GPS gerne
geben, sie wird sofort an den Gesprächspartner an Land durchgegeben.
                                               Hilfe ist für etwa 20 Minuten
                                               zugesagt, wir bleiben standby
                                               auf Position und kreuzen nur
                                               unter zweifach gerefftem Groß
                                               um      den     Havaristen.    Auf
                                               Befragen erklärt die Crew,
                                               keinen           Bedarf         an
                                               Nahrungsmitteln      zu     haben,
                                               Originalton: „We still have
                                               enough beer.“ Um 14.18 Uhr
                                               trifft    endlich    das     große
Schlauchboot „Brandaris“ ein, das den Havaristen nach Nieuwpoort schleppt –
leider ein „Hai“ - dies wird sicherlich eine teuere Angelegenheit für die
Mobofahrer. Wir setzten wieder die Fock, können ausreffen und laufen Richtung
Nieuwpoort. Leider wirkt sich unsere standby Aktion negativ aus – inzwischen
ist der Strom gekentert und wir brauchen über 3 Stunden für die restlichen
knapp 7 Sm. Kurz nach 17 Uhr rutschen wir auf chaotischen hohen Wellen in
die Einfahrt nach Nieuwpoort hinein, im Surf bis über 7 Knoten schnell.
Angesichts der steilen Brecher in der Einfahrt, wenden zwei große Motorboote
direkt vor uns im Kanal und fahren wieder zurück. Um 17.42 Uhr machen wir
fest im Hafen der königlichen Segelclubs Nieuwpoort.

Am Montag ist wieder früh ausstehen angesagt, um die günstige Tide
mitzunehmen. Die vorausgesagten 4 – 5, in Böen bis 60 km/h, stellen sich zwar
erst später ein, jedoch haben wir schon früh um 6.30 Uhr guten Segelwind aus
südlichen Richtungen im Kanal. Glücklicherweise noch gerade ein guter
Anlieger, so dass wir zügig vorankommen und um 8.30 Uhr in Höhe der Tonne
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E 8 auf die französische Gastlandflagge wechseln können. Den kniffligen Passe
de Zuydcoote passieren wir noch mit Mitstrom, dann kommt Gegenstrom und
auffrischender Wind aus Südwest um 5 – keine guten Bedingungen für die
Weiterfahrt. Kurz vor 13 Uhr haben wir die Ansteuerung Calais erreicht,
passieren um 14. Uhr die Brücke in den „Port de Plaisance“ von Calais. Um
14.30 Uhr sind wir fest neben der etwa 16 Meter langen „Talofa lee“ aus
Hamburg, die uns mit ihren Aufbauten und einem Cockpitzelt Windschutz
gegen den weiter auffrischenden Südwest bietet. Der Skipper unserer Nachbarn
warnt uns, dass am Dienstag Starkwind um 6 mit Böen um 8 angesagt sind. Dies
bestätigen auch die Voraussagen, die wir im Hafenbüro erhalten und aus dem
Internet holen. Wir beobachten die Wetterentwicklung weiter und nutzen unsere
frühe Ankunft, um uns Calais anzusehen, das leider nach Zerstörungen im
2.Weltkrieg nur wenige sehenswerte Bauten zu bieten hat.

Dienstag ist erwartungsgemäß Hafentag. Wir krängen selbst neben der „Talofa
lee“ am Steg, sie misst Böen bis 9. Wir nutzen die Pause zu weiteren
Besichtigungen und einigen kulinarischen Experimenten (Ergebnis: Omelette
mit Krabben, Zwiebeln und Käse). Gegen 17 Uhr werden wir von einer
estnischen Bavaria 39 touchiert, die den plötzlichen Seitenwind beim Anlegen
nicht richtig eingeschätzt hat. Björn kann geistesgegenwärtig noch ein wenig
abbremsen, „Talofa Lee“ ist schlimmer betroffen, ihre Windfahnensteuerung ist
beschädigt, bei uns gibt es kleine Gelcoat-Schäden. Wir einigen uns an Ort und
Stelle mit dem Skipper über eine Entschädigung, die hoffentlich ausreichen
wird, die Schäden zu beseitigen. Provisorisch decken wir sie mit Rotabond ab.
Am Abend entschädigen wir uns für den ausgefallenen Segeltag mit einem
schönen Muschelessen – richtig französisch.

Die Wettervorhersage für den nächsten Tag hört sich nicht viel freundlicher an
– Wind SW 5, später 5 – 6, Böen 7, Seegang 1,8, später 2,5 m. Wir entschließen
uns dennoch, die erste Brückenöffnung wahrzunehmen, das heißt aufstehen um
5, ablegen um 5.45 Uhr, Brücke passiert um 6.15 Uhr.

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Zunächst müssen wir noch
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                                                 warten und gehen dazu
                                                 rückwärts an eine Boje. Bravo,
                                                 Björn, hat er gut gemacht. Um
                                                 6.40 Uhr setzen wir vor dem
                                                 Hafenausfahrt die Segel. Leider
                                                 lässt die Fock sich nicht
                                                 durchsetzen, sie ist in ihrer Nut
                                                 verklemmt. Ein
                                                 Reparaturversuch scheitert, wir
                                                 setzen die Sturmfock fliegend
                                                 mit dem Spifall. Damit haben
                                                 wir die richtige Besegelung,
                                                 denn mit ihrem kleinen Tuch
läuft Bontekoe 5 – 6 Knoten hoch am Wind trotz Welle schräg von vorn. Der
Wetterbericht stimmt auch sonst – viel Bewölkung, ab und zu Regen und auch
einmal Sonnenschein. Wir laufen nicht direkt auf Dover zu, sondern versuchen
zunächst etwas weiter West zu machen, um das Verkehrstrennungsgebiet
möglichst rechtwinklig zu passieren, außerdem legen wir unseren Kurs so an,
dass wir etwa 1,5 Meilen westlich von Dover unter Land kommen, um ungestört
vom dichten Fährverkehr die Segel bergen und uns beim Port Control anmelden
zu können. Diese Distanz ist nur unter gerefftem
Groß vor etwa 2,5 m hohen Wellen schnell zurückgelegt. Port Control: Green
light for you, come in“ und um 11.56 Uhr passieren wir die Hafeneinfahrt, legen
zunächst am Besucherponton an und klären die Formalitäten. Um 13.10 Uhr
liegen wir fest im Wellington Dock, Tagesweg rund 28 Sm. Der Nachmittag
gehört den touristischen Aktivitäten. Wir chartern ein Taxi und machen eine
Rundfahrt zu den Sehenswürdigkeiten, insbesondere zu den berühmten White
Cliffs. Abends bietet die Bordküche ein interessantes indonesisches Gericht, in
der Hauptsache viel frische Krabben, Zwiebeln, Knoblauch und ähnliche
Spezereien.

Der Donnerstag bringt erstmals wieder Aussicht auf Wetterbesserung mit
längeren sonnigen Abschnitten, allerdings weiterhin SW 5, Böen 6 und Wellen
um 2 m. Die Gezeiten geben einen späten Start voraus, so dass wir morgens
noch eine kurze Sightseeing-Tour mit Besuch des Dovermuseums machen. Dort
ist als große Attraktion der archäologische Fund eines bronzezeitlichen Schiffs
zu sehen. Präsentation und Erläuterungen, aber auch die didaktische
Einbeziehung, insbesondere jugendlicher Besucher, sind durchaus
bemerkenswert. Um kurz vor 1 Uhr melden wir uns bei Port Control ab, werden
aber entgegen unserem Wunsch gebeten, die westliche Ausfahrt zu benutzen, so
dass wir die stark von Fähren benutzte Ostausfahrt auf See passieren müssen.
Prompt kreuzen mindestens 3 Fähren unseren Weg und die chaotische See vor
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der Hafeneinfahrt macht die
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                                                 Dann entbrennt ein heißer
                                                 Wettkampf um den höchsten
                                                 Speed im Surf auf der Welle.
                                                 Jürgen legt zunächst 8,5
                                                 Knoten vor, ich 8,6, Björn
                                                 8,3. Als wir hinter South
                                                 Foreland leicht anluven, wird
                                                 diese Marke noch mehrmals
                                                 „geknackt“, letztlich wird und
                                                 unser Surfer mit 9,5 Knoten
                                                 auf     dem      Speedometer
„Speedking des Tages“ und muss abends einen ausgeben. Durch unsere hohe
Geschwindigkeit sind wir zu früh an der Tonne „Gull“ und müssen die letzten
zwei Seemeilen hoch am Wind bei starkem Querstrom in der Fahrrinne
aufkreuzen. Um 16.10 Uhr passieren wir die Hafenmole, bergen die Segel im
ruhigen Wasser und finden einen halbwegs windgeschützten Liegeplatz. Den
Abend nutzen wir für eine kurze Erkundung von Ramsgate und für die
berühmten fish’n’chips, dazu probieren wir einige englische Biere. Björn, der
einen Teil seines Studiums in England verbracht hat, berät uns sachkundig,
dennoch sind wir nicht böse, abends an Bord die letzten Veltinsdosen zu lenzen.
Zu dem gebackenen Fisch bekommen wir eine Auswahl von einem halben
Dutzend Saucen und natürlich ein Fläschchen. Letzteres findet wenig Beifall.
Unsere Favoriten werden Tartarsauce und eine schwer definierbare dunkle
Sauce, die ein wenig ostasiatisch schmeckt.

Am Freitag, 22.08.08, ist Hafentag angesagt, das Wetter ist sonnig, aber auch
                                            windarm. Björn muss leider
                                            heim, er hat einen Flug ab
                                            London Gatwick gebucht. Wir
                                            fahren mit der Eisenbahn nach
                                            Greenwich und besuchen das
                                            Herzstück      der      britischen
                                            Marinegeschichte      mit      der
                                            nautischen     Akademie,      dem
                                            britischem             Nationalen
                                            Marinemuseum        und       dem
                                            berühmten Observatorium auf
                                            dessen Gelände der Null-
                                            Meridian die Welt in West und
                                            Ost teilt. Eine wunderschöne
                                            Anlage,    ein    hervorragendes
                                            Museum, in dem man als Freund
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maritimer Historie Tage verbringen könnte. Das Museum ist aber nicht nur den
glorreichen Zeiten der Entdecker, königlich legitimierten Piraten und Ostindien-
Fahrer gewidmet, sondern ist durchaus up to date: Unter der Decke hängt ein 49-
footer mit Mylar-Besegelung. Die alten Instrumente, Karten und
Schiffsreliquien fesseln uns einige Stunden, dann ist das Aufnahmevermögen für
diesen Tag erschöpft. Wir wandern durch den herrlichen Park, in dem viele
Leute dem britischen Hobby Picknick im Grünen nachgehen, besuchen noch das
Observatorium, machen das unvermeidliche Foto auf dem Null-Meridian und
bummeln durch Greenwich zurück, wo wir uns noch eine Stärkung in einer
chinesischen Garküche gönnen, bevor Björn seinen Zug nach Gatwick besteigt
und wir nach Ramsgate zurückkehren. Dort sehen wir uns noch ein wenig die
Stadt an und ich fröne meinem Hobby, Leuchttürme und Sonnenuntergänge zu
fotografieren.

Am Samstagmorgen informieren wir uns im Internet eingehend über das
Wetter, weil an diesem Tag die Entscheidung über den weiteren Verlauf des
Törns für die Restcrew fallen muss. Unser Wunschziel ist der Solent, das Mekka
des britischen Yachtsports. Unsere Erfahrungen im Gezeitenrevier haben uns
aber gelehrt, dass größere Entfernungen nur mit gutem Wind und unter Nutzung
der Tidenströme zu schaffen sind. Dazu ist „Bontekoes“ Batteriekapazität zu
klein für eine Nachtfahrt. Drei verschiedene Stationen geben verschiedene
Auskünfte, tendenziell wird aber zunächst mit NW später SW- drehendem
Wind, zunächst 4, später 5 – 6 und mäßiger Welle bei guter Sicht zu rechnen
sein. Wir nutzen den ersten
Mitstrom, legen um 8.20 Uhr ab
und müssen uns wieder mit der
klemmenden Rollfock auseinander
setzen. Um 8.30 Uhr beginnt ein
zügiger Schlag unter Fock und
gerefftem Groß an der Kentküste
entlang, bei dem wir noch einmal
die Dover Cliffs aus nächster Nähe
sehen. Um 11.00 Uhr passieren wir
Dover,       begegnen       natürlich
mehreren       Fährschiffen      und
versuchen, wie gut wir bei
inzwischen         westlich       bis
südwestlichem Wind um 4 in
Richtung Westen vorankommen.
Nach einer Stunde müssen wir
feststellen, dass die erreichbaren Geschwindigkeiten über Grund unser
Wunschziel nicht zulassen, zumal für die nächsten Tage weiter SW 5 – 6
angekündigt ist. Wir fallen ab auf das Feuerschiff Varne, queren das VTG
wieder rechtwinklig bei strahlendem Sonnenschein, passieren das Cap Gris Nez
                                       8
Sommertörn 2008 Mit der Bontekoe nach England! - Scharendijke-Bruinisse-Vlissingen-Nieuwpoort Calais-Calais-Dover-Ramsgate ...
mit Abstand und nehmen Kurs auf Boulogne. Um 16.50 Uhr haben wir die
Leinen fest im Yachthafen, 50,2 Sm auf der Logge. Eine freundliche junge
Französin im Hafenbüro empfiehlt ein gutes Fischrestaurant: „Les Pecheurs
d’Etaples“, in dem wir hervorragende Fischspezialitäten probieren – welch ein
Unterschied zur britischen Küche. Schon während des Essens hören wir aus der
gegenüberliegenden Kirche, einem beeindruckenden spätromanischen
Kalksteinbau die Übertragung kirchlicher Gesänge. Als wir die Kirche ansehen
wollen, erfahren wir, dass das Fischerfest in Boulogne mit einem Umzug der
Schutzheiligen St. Maria durch die Stadt zum Hafen und zurück gefeiert wird.
Wir sehen die Prozession mit Flaggen, historischen Trachten der Fischer und
-frauen und dem großen Marienstandbild an, das von kräftigen jungen Männern
auf den Schultern getragen wird. Das Ganze erinnert uns an die „Semana Santa“
in Andalusien. Danach besichtigen wir in der beginnenden Dämmerung noch
den historischen Stadtkern mit einer hohen Festungsmauer und riesigen Toren
und Türmen.

Die Wettervoraussage ist wenig sonntäglich. Meteofrance kündigt SW - SSW,
4 – 5, Böen bis 70 km/h, Regen und mäßige Sicht an. Wir diskutieren kurz und
können angesichts der Wetterentwicklung nicht, wie geplant weiter nach
Südwesten segeln, erst recht, als wir um 12.10 Uhr den Liegeplatz verlassen und
uns im Hafenkanal Fischer und Segler vor hohen Wellen warnen. Wir sehen uns
die Sache an der Hafeneinfahrt an und stellen fest, dass der Wind schon mit 5 –
6 weht und die Wellenhöhe 2 m weit überschreitet. Da die Wetterentwicklung
für die nächsten Tage keine wesentlichen Änderungen verspricht, entschließen
wir uns, unter Minimalbesegelung = nur zweifach gerefftes Großsegel,
loszufahren. An diesem Tag wird Cap Gris Nez zu unserem kleinen Kap Hoorn.
                                                 SW 6, Böen 7 und Wellen bis
                                                 3,5     m     fordern   vollste
                                                 Konzentration. Wir surfen
                                                 ständig die Wellenberge hinab
                                                 und erreichen mit 9,8 Kn die
                                                 höchste        Geschwindigkeit
                                                 dieser      Reise.    Mehrfach
                                                 wechseln wir uns an der Pinne
                                                 ab, Rudergehen ist hier
                                                 Schwerarbeit. Schon um 14.10
                                                 Uhr haben wir das Cap Gris
                                                 Nez querab, versuchen die
                                                 beeindruckenden         Wellen
                                                 fotografisch                zu
                                                 dokumentieren.       Angesichts
                                                 später nachlassender Wellen
                                                 entschließen wir uns, die
Sände vor Calais weiträumig zu umfahren. Kurz hinter Calais lässt auch der
                                       9
Wind auf 4 – 5 nach und wir rollen die Fock aus, später können wir ausreffen
und passieren nach 47,6 Sm um 19.10 Uhr die Hafeneinfahrt von Dünkirchen.
Im Hafenkanal segeln wir noch bis zum Steg. Kurz hinter Calais haben wir im
Kielwasser eine große blaue Yacht, wie wir später sehen, eine Standfast 41, die
allmählich aufholt und nach über drei Stunden Verfolgung in der Hafeneinfahrt
zu uns aufschließt. Die Holländer aus unserem Nachbarort Brouwershaven
motoren zum Liegeplatz und nehmen dort höflich unsere Leinen an. Wir
unterhalten uns sehr nett mit der jungen Skipperin und ihrem Mitsegler, die uns
recht ungläubig ansehen, als wir ihnen von unserem Törn ab Boulogne
berichten. Unsere Nachbarn schlagen vor, gemeinsam Essen zu gehen und
meinen – das habt Ihr Euch doch verdient, aber wir sind recht müde, machen ein
kurzes Gericht in der Bordküche und beschließen den ereignisreichen Tag mit
einer Flasche Rotwein und einem Zigärrchen.

Für Montag wird Wetterbesserung, teils Sonnenschein und Wind 4 – 5 mit
Böen 60 km/h vorausgesagt – natürlich aus SW, diesmal willkommen. Wir
legen um 6.15 Uhr leise ab und segeln in die Morgendämmerung, die Lichter
von Dünkirchen hinter uns lassend. Mit auffrischendem Wind und zunächst
mitlaufender Tide geht es zügig an der französischen und belgischen Küste
entlang. Vor Zeebrügge entschließen wir uns, weder dorthin (zu nah) noch nach
Breskens (inzwischen im Gegenstrom) zu gehen, sondern außen um die vor
Walcheren liegenden Sände herum direkt zur Roompotsluis zu laufen. Der Wind
steigert sich auf rund 5, später 5 – 6, und treibt uns zügig voran, ebenfalls die
gegen den Strom laufende Welle. Um 15.30 Uhr haben wir die Tonne Botkil
erreicht und laufen raumschots mit Kurs Ost in das Roompot-Fahrwasser ein.
Um 17.56 Uhr liegen wir nach fast 72 Sm vor der Schleuse Roompot fest und
essen schnell eine Portion Pommes mit hollandse Frikandel an der Bude vor der
Schleuse, die unmittelbar danach ihre Türen schließt. Durch unsere großen
Etmale sind wir nur noch eine halbe Tagesreise von unserem Heimathafen
entfernt, möchten aber unseren Törn aber noch nicht beenden. Nach Kontrolle
der Tiden für den nächsten Tag beschließen wir, vor der Schleuse liegen zu
bleiben – Marina-Komfort brauchen wir heute nicht, können aber am nächsten
Morgen ungehindert auslaufen. In der Nacht weht es mit gemessenen 7 Bft. und
die Boote am Steg schwanken im Wellengang. Wir sind froh, im relativ
geschützten Hafen zu liegen

Die Wettermeldung für Dienstag ist zwar positiver, 3 – 4, Böen bis 50 km/h,
weiter aus SW, leider kein Sonnenschein mehr, sondern dichte Bewölkung und
gelegentlich Regen. Wir machen um 9.00 Uhr den Fischern Platz, die vor der
Schleuse anlegen möchten und nehmen noch im Hafen die Segel hoch. Im
Fahrwasser Alde Roompot haben wir eine schöne Begegnung mit zwei
Seehunden, die aber immer dann abtauchen, wenn wir fotografieren wollen.
Wir nehmen Kurs auf die Tonnenstraße durch die Untiefen von Banjaard, segeln
ein wenig um die Wette mit einer X 79, die sich aber stundenlang nicht
                                       10
entscheidend absetzen kann. Der Wind weht weiter mit rund 5 und Böen, so
dass wir bei der steilen Welle wieder ins Surfen kommen, einmal sogar die 9
Knoten überschreiten. Um 14.30 Uhr passieren wir die Schleuse Stellendam und
segeln bei abnehmendem Wind und glattem Wasser das Haringvliet entlang,
passieren die Haringvliet-Brücke und liegen um 19.30 Uhr nach rund 53 Sm im
Hafen Willemstadt fest. Dort suchen wir ein gutes Chinarestaurant auf und
planen den letzten Tag des Törns, denn ich möchte gern die beiden restlichen
Urlaubstage für spätere Aktivitäten einsparen und wir haben auch keine
verlockenden Ziele mehr vor uns.

Der Rest ist schnell erzählt. Am Mittwoch, 27.08.08, laufen wir zunächst unter
Motor zur Volkerak-Schleuse, kreuzen ab 10.30 bei SW 4 das Volkerak auf,
passieren die Schleusen Krammer und Bruinisse und haben bei auffrischendem
Wind um 5 noch eine stramme Kreuz auf dem Grevelingen, bevor wir um 17.32
Uhr nach rund 31 Sm im Heimathafen Scharendijke anlegen. Nach dem
üblichen Törn-Ende-Getüdel machen wir Bontekoe wieder hafenfein und
versprechen ihr, bald wiederzukommen. Am späten Abend kommen wir in
Krefeld an und ich fahre noch nach Geldern. Ein wunderschöner Törn über 410
Sm mit vielen Eindrücken und Erlebnissen ist zu Ende. Wir sind dankbar, dass
alles, auch die Harmonie in der Crew, gut gestimmt hat und freuen uns auf einen
nächsten Törn, gerne wieder zu dritt. Surferbruder Björn hatte seine Heuer für
die kommende Saison schon vor Abmusterung in Greenich bekannt gegeben.

Nachbetrachtung und Statistik

Die kartenmäßige Nachbetrachtung unseres Törns bringt doch einige
Überraschungen: Hatten wir nach Logge 409,5 Seemeilen (Sm) zurückgelegt, so
ergibt die Kartenanalyse 442,4 Sm Gesamtstrecke. Da unsere Logge mehrfach
mit Hilfe des GPS kontrolliert wurde, können wir also davon ausgehen, dass die
konsequente Nutzung des Mitstroms uns runde 33 Sm „geschenkt“ hat. Wir
waren an 13 Tagen unterwegs, haben an diesen Tagen durchschnittlich 33,3 Sm
zurückgelegt. Nimmt man den Anfahrttag, der erst um 18.35 Uhr begann, aus,
sind es sogar rund 36 Sm, ohne Hafentage 43,1 Sm pro Tag. Die
Durchschnittsgeschwindigkeiten sind sicherlich nicht repräsentativ, da wir
Mitstrom genutzt haben, geben aber Auskunft über die Möglichkeiten auch
eines kleinen Schiffs, größere Distanzen im Gezeitenrevier zurückzulegen.
Dabei lag die Durchschnittsgeschwindigkeit an allen Tagen, ausgenommen die
Passage durch den Kanal von Walcheren immer über 4,1 Knoten (Kn), an 5
Tagen über 5 Kn und an 3 Tagen über 6 Kn, absoluter Spitzenwert 6,7 Kn
Tagesdurchschnitt. Die Strecken Richtung Südwest waren natürlich geringer, da
es fast immer am-Wind-Kurse oder Kreuzstrecken waren. Bei der Rückreise ab
Boulogne mit starkem Raumschotswind und Wellenunterstützung wurde die 50
Sm-Marke fast täglich überschritten. Unser Spitzentag mit 76,6 Sm erforderte
allerdings fast 12 Stunden konzentriertes Segeln.
                                      11
Der Törn in Zahlen

                                                                    Reisedauer                     Distanzen in Sm

Tag             von            über                  nach           von    bis    in Std.   unter    mit        Tages-
                                                                                            Segeln   Motor      weg
Fr. 15.08.08    Scharendijke   Grevelingenmer        Bruinisse      1835   2115   02.40     11       0,9        11,9
Sa. 16.08.08    Bruinisse      Veersemeer            Vlissingen     0705   1925   12.20     22,6     6          28,6
So. 17.08.08    Vlissingen     Nordsee               Nieuwpoort     0720   1742   10.22     39,7     1,9        41,6
Mo. 18.08.08    Nieuwpoort     Nordsee               Calais         0637   1435   07.58     45,2     2,0        47,2
Die. 19.08.08   Calais         Hafentag              Calais
Mi. 20.08.08    Calais         Nordsee/Kanal         Dover          0547   1240   06.53     28,9     1,2        30,1
Do. 21.08.08    Dover          Nordsee               Ramsgate       1245   1650   04.05     19,1     1          20,1
Fr. 22.08.08    Ramsgate       Hafentag/Greenwich    Ramsgate
Sa. 23.08.08    Ramsgate       Nordsee/Kanal         Boulogne       0820   1650   08.30     49,1     1,1        50,2
So. 24.08.08    Boulogne       Cap Gris Nez/Calais   Dünkirchen     1110   1930   08.20     49,4     0,9        50,3
Mo. 25.08.08    Dünkirchen     Nordsee/Zeebrügge     Roompot        0615   1756   11.41     75,4     1,2        76,6
Die. 26.08.08   Roompot        Nordsee/Stellendam    Willemstad     0910   1930   10.20     52,8     0,9        53,7
Mi. 27.08.08    Willemstad     Volkerak/Krammer      Scharendijke   1005   1732   07.27     29,0     3,1        32,1
                                                                                            422,2    20,2
                                                                                            Gesamt              442,4

      Route des Törns 2008 „Mit der Bontekoe nach England“

      rot = Hinreise
      gelb = Rückreise

                                                         12
Ausrüstungsliste Bontekoe (VII), 2006

   • Seereling
   • 2 Anker mit Kettenvorlauf und je 30 m Tau
   • Bordelektrik, Beleuchtung, Sumlog und Echolot (Nav-Tex)
   • Fest eingebauter Kompass BEN
   • Handpeilkompass Silva
   • Handwindmesser
   • 2 Ferngläser
   • 1 ESB Radio
   • 1 Marineradio mit gespreiztem SW Bereich
   • Signalmittel. Raketen, Handfackeln, Signalstift, etc.
   • 4 Automaticwesten Secumar
   • 4 Sicherheitsgurte
   • 1 Feststoff-Rettungskragen mit Speed-Abroller für Sicherheitsleine
   • Schlauchboot mit Zubehör
   • Radarreflektor
   • 2 Paddel
   • (Navigation terrestrisch und Kontrolle mit GPS)
   • Karten und Navi-Material siehe besondere Aufstellung
   • Außenbordmotor 8 PS Yamaha PS Mariner, 2 Zündkerzen
   • l Tank 15 l + 5 l Reserve mit bleifreiem Gemisch 1:100, Öl, Spritzen
   • Allgem. Bootszubehör, Reparaturmaterial etc.
   • Werkzeug
   • 1 Großsegel durchgelattet
   • 1 Fock
   • 1 Sturmfock
   • 1 Spinnaker
   • Segelgarn, Nadeln, Ahle, Segelmacherhandschuh
   • Schleppleine und diverse Taue, Festmacher, Leinen
   • 6 Fender
   • Badeleiter klappbar
   • Dichtungsmittel
   • 1 Batterie wartungsfrei
   • 1 Ladegerät
   • 1x 10m Kabel +Adapter
   • D2 Handy +Ladekabel
   • 1 Handscheinwerfer
   • 2 Taschenlampen “Maglite”
   • 2 flammiger Kocher, TÜV –geprüfte Gasanlage
   • 60l Wassertank, 10l Wassertank Reserve

                                        13
Ausrüstungsliste “Bontekoe” (VII), 2008, Navigationsmaterial

Verwendete Karten

   Sportbootkarten Niederlande
   - Nr. 1801 – Nordzeekust
   - Nr. 1803 – Westerschelde
   - Nr. 1805 – Oosterschelde, Veerse Meer en Grevelingen
   - Nr. 1807 – Krammer, Volkerak, Haringvliet, Hollandsch Diep

  Imray-Karten
   - C 1 Thames Estuary
   - C 8 Dover Strait
   - C 9 Beachy Head to Isle of Wight
   - C 30 Harwich to Hoek van Holland and Dover Strait

   BSH – Karten
   - INT 1480 Dunkerque bis Oostende
   -   261 Beachy Head bis Dungeness, Fécamp bis Gris Nez

-Sonstiges Navigationsmaterial

   -   Heft HP 33 des KNMI - Waterstanden en Stromen met stromatlassen
   -   und Gezeitentabellen
   -   Niederländischer „Almanak voor de watersport, Teil 1 und 2
   -   Hafenhandbuch Nordsee
   -   Handbuch Nordsee
   -   Reeds Nautical Almanach
   -   Weitere Fachliteratur seglerischer und navigatorischer Art,

Navigations-Hardware

Zirkel, Dreieck, Jürgens-Navi-Lineal
GPS Magellan 2000
GPS Magellan 310

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