Soziale Partizipation im kommunalen Umfeld - Beispiele zur Förderung von zivilgesellschaftlichen Sorgekulturen - IHS Kärnten

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Soziale Partizipation im kommunalen Umfeld - Beispiele zur Förderung von zivilgesellschaftlichen Sorgekulturen - IHS Kärnten
Soziale Partizipation im kommunalen Umfeld –
     Beispiele zur Förderung von
     zivilgesellschaftlichen Sorgekulturen
     Gabriele Hagendorfer-Jauk
      Kärntner Perspektiven
      12. September 2019
      Konzerthaus Klagenfurt, Mozartsaal
      Mag.a (FH) Dr.in phil. Gabriele Hagendorfer-Jauk, IARA Fachhochschule Kärnten, Department
      ISAC
      g.hagendorfer@fh-kaernten.at

www.iara.ac.at
Soziale Partizipation im kommunalen Umfeld - Beispiele zur Förderung von zivilgesellschaftlichen Sorgekulturen - IHS Kärnten
Inhalte
 Bedeutung und Begrifflichkeiten zivilgesellschaftlichen Engagements
 Ehrenamtliches Engagement in älteren Generationen
   Motive und Möglichkeiten zur Schaffung teilhabefreundlicher
    Gelegenheitsstrukturen
   Gesundheitsfördernde Effekte freiwilligen Engagements im Alter
   Soziale Bedeutung von freiwilligem Engagement
 Förderung von zivilgesellschaftlichen Sorgekulturen
   Community Capacity Building – Kapazitätsentwicklung im kommunalen Umfeld
   Caring Communities – Sorgende Gemeinden
   Demenzfreundliche Gemeinden als Beispiel zivilgesellschaftlicher Sorgekultur
 Lernerfahrungen und offene Fragen

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Soziale Partizipation im kommunalen Umfeld - Beispiele zur Förderung von zivilgesellschaftlichen Sorgekulturen - IHS Kärnten
Bedeutung und Begrifflichkeiten (Hofer & Pass, 2015)
 Freiwilliges Engagement als wesentliche Säule des sozialen und
  gesellschaftlichen Zusammenhalts
 Ehrenamt: freiwillige Übernahme einer Funktion, die unentgeltlich im Rahmen
  von Vereinen, Institutionen etc. ausgeübt wird
 Freiwilligentätigkeit breiter gefasst: freiwillig und unentgeltlich erbrachte
  Leistung von Personen, die nicht dem eigenen Haushalt angehören
   Formelle Freiwilligentätigkeit - im Rahmen von Organisationen
   Informelle Freiwilligentätigkeit – auf privater Basis, z.B. Nachbarschaftshilfe
 Beteiligungsquote: Anteil der in der Freiwilligenarbeit Tätigen an der
  Gesamtbevölkerung
 Beteiligungsstruktur: Zusammensetzung der Freiwilligen nach
  Bevölkerungssegmenten
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Soziale Partizipation im kommunalen Umfeld - Beispiele zur Förderung von zivilgesellschaftlichen Sorgekulturen - IHS Kärnten
Ehrenamtliches Engagement älterer Menschen (IFES, 2016)
 46% der Männer und Frauen ab 15 Jahren sind österreichweit in der
  Freiwilligenarbeit tätig (31% formellem, 30% informellen Freiwilligenbereich, 15%
  beides)
 Im Bundesländervergleich liegen Kärnten, Salzburg und Vorarlberg etwas unter
  dem Schnitt – Gesamtquote Kärnten 31% (22% formell, 14% informell)
 Neben Bildung, Geschlecht, Gesundheitszustand, sozialem Netzwerk hat auch
  das Alter Einfluss auf das ehrenamtliche Engagement
 Die höchste Beteiligungsquote wird in der Altersgruppe 60 – 69 Jahre
  beobachtet - Gesamtquote von 57%,
 Eine deutliche Abnahme der Freiwilligentätigkeit tritt erst ab dem 80.
  Lebensjahr ein, jede/r Vierte 80-Jährige ist freiwillig tätig

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Soziale Partizipation im kommunalen Umfeld - Beispiele zur Förderung von zivilgesellschaftlichen Sorgekulturen - IHS Kärnten
Gründe und Motive für Beteiligung (IFES, 2016; Kruse, 2017)
 Sowohl altruistische Motive als auch eine Steigerung des eigenen
  Wohlbefindens durch das Engagement
 Hauptgründe für Pensionist/innen (>80% Zustimmung):
   Es hilft mir aktiv zu bleiben
   Es macht mir Spaß
   Ich möchte etwas Nützliches für das Gemeinwohl beitragen
 Zentrales Motiv der Mitverantwortung – inneres Bedürfnis nach einem
  mitverantwortlichen Leben auch im hohen Alter
 Generali Altersstudie 2017: 25% der 80 – 85-Jährigen gaben an, das
  Engagement aufgrund ihres Alters aufgegeben zu haben
 Teilhabefreundliche Gelegenheitsstrukturen (emotional intime Kontexte,
  mobilitätsförderliche Bedingungen)
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Soziale Partizipation im kommunalen Umfeld - Beispiele zur Förderung von zivilgesellschaftlichen Sorgekulturen - IHS Kärnten
Gesundheitsfördernde Effekte im Alter (Pass & Hofer, 2015b)
 Wissenschaftliche Studien zeigen einen positiven Zusammenhang zwischen
  Freiwilligenengagement und Gesundheit

 Hohe Werte hinsichtlich Steigerung des Wohlbefindens, solange Engagement
  im richtigen Ausmaß ausgeübt wird

 Bei über 65-Jährigen zeigt sich positiver Effekt vor allem in
   Sinnerfüllung

   Weniger Verzweiflung und Depression

   Sterblichkeit vermindert

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Soziale Partizipation im kommunalen Umfeld - Beispiele zur Förderung von zivilgesellschaftlichen Sorgekulturen - IHS Kärnten
Soziale Bedeutung von freiwilligem Engagement (More-Hollerweger, 2015)
 Nutzen, der für Freiwillige selbst entsteht als gesellschaftlicher Mehrwert
 Einbindung in Gemeinschaften und sozialer Rückhalt
 Aufbruch traditioneller Netzwerke – freiwilliges Engagement als
  potentielle Alternative
 Integration gesellschaftlicher Randgruppen
 Aktive Beteiligung im Sinne der Selbsthilfe

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Soziale Partizipation im kommunalen Umfeld - Beispiele zur Förderung von zivilgesellschaftlichen Sorgekulturen - IHS Kärnten
Förderung von zivilgesellschaftlichen Sorgekulturen
  Community Capacity Building – Kapazitätsentwicklung im
   kommunalen Umfeld
  Caring Communities – Sorgende Gemeinden
  Demenzfreundliche Gemeinden als Beispiel sorgender
   Gemeinschaften

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Soziale Partizipation im kommunalen Umfeld - Beispiele zur Förderung von zivilgesellschaftlichen Sorgekulturen - IHS Kärnten
Community Capacity Building (Chaskin et al.)
   Aufklärung, Information und Aktivierung des Engagements 
    Empowerment und Partizipation  Kapazitätsentwicklung in der
    Gemeinde/Gemeinschaft/Nachbarschaft
   Community Capacity umfasst
    Vorhandene Ressourcen in der Gemeinde (Fähigkeiten und Fertigkeiten der
     Gemeindemitglieder)
    Beziehungsnetzwerke (formal-institutionell, informell, emotional)
    Leadership
    Unterstützung partizipativer Prozesse

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Soziale Partizipation im kommunalen Umfeld - Beispiele zur Förderung von zivilgesellschaftlichen Sorgekulturen - IHS Kärnten
Sorgende Gemeinden – Caring Communities (Heimerl & Plunger, 2018)
 Stärkung zivilgesellschaftlicher Mitgestaltung und
  Verantwortungsübernahme
 „Ziel sorgender Gemeinden ist es viel mehr, Krankheit, Sterben und Tod
  als natürliche Prozesse in die Gesellschaft zu integrieren und vulnerable
  Hochaltrige und von Demenz betroffene Menschen in ihren
  Lebensumwelten zu unterstützen und zu betreuen.“
    Förderung von bürgerschaftlicher Beteiligung
    Ausbildung und Koordination von Freiwilligen
    Empowerment Betroffener wird verknüpft mit zivilgesellschafltichem Engagement
     und Zusammenwirken von informellen und professionellen Hilfesystemen

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Demenzfreundliche Lebenswelten/Kommunen (Aktion Demenz Vorarlberg)
 „Eine „Demenzfreundliche Gemeinde“ ist eine Gemeinde, in der es sich
  mit und für Menschen mit Demenz und ihre Familien gut leben lässt.
 Durch Aufklärungsarbeit, gezielte Aktionen und Veranstaltungen,
  Austausch zwischen den Generationen und Professionen,
  nachbarschaftliche Hilfe und bürgerschaftliches Engagement wird es
  gelingen, solche Demenzfreundlichen Gemeinden zu schaffen.
 Es geht darum, zu eigenen kreativen und passgenauen Ideen
  anzuregen und zu verdeutlichen, dass Gemeinden, die sich der
  Herausforderung Demenz stellen, an einer lebenswerteren Zukunft für
  alle Bürgerinnen und Bürger arbeiten“.

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Beispielansatz in Kärnten
Demenzfreundliche Modellgemeinde Moosburg
                                            Projektlaufzeit :
                                            01.02.2018 – 31.01.2020
                                            Förderung/Partner:
                                            • Fonds Gesundes
                                               Österreich/Praxisprojekt
                                            • Amt der Kärntner
                                               Landesregierung
                                            • Marktgemeinde
                                               Moosburg
                                            • FH Kärnten
                                            • Aktion Demenz
                                               Moosburg

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Offenes Bürgerforum
„Lebenswert Altwerden in meiner Gemeinde – was ist für mich wichtig?“
27.04.2018, Karolinger Saal

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Offenes Bürgerforum
 Zentrale Themen:
o Respekt & Würde
o Soziales Miteinander und
     Nachbarschaftshilfe
     Begegnung der Generationen
o Aktivitäten und Angebote
     Sich mit eigenen Ideen und Talenten einbringen
o Versorgung
o Demenz und Kreativität

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1., 2. Kärntner Demenzmarsch …
Wir bewegen uns gemeinsam – gemeinsam bewegen wir!
Lauf mit, sei dabei!

Samstag, 25. Mai 2019, 09:30 - 15:00 Uhr
 1.300 m Staffellauf, Nordic Walking, Einzelwertung, Kinderlauf - mit
  Rundenzählung
 Gemeinsam für eine großen Rundenzahl zur Förderung des Weiterbestehens
  des SeniorInnen Demenzcafés und des Generationencafés

Zahlreiche Informationsstände
Demenz erleben – Demenz verstehen – Dementisch handeln

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Ehrenamtliche Demenzbegleitung
 Koordinationsservice Demenzbegleitung
• Pool an Begleiterinnen und Begleitern für Menschen mit Demenz –
  Schulungen inkl. Praxisstunden für ehrenamtliche Demenzbegleitung
• Vermittlung von Unterstützung für Menschen mit Demenz und deren
  Betreuungspersonen
• Aktive Förderung von Engagement und Nutzungsmöglichkeit
• Fachliche Beratung bei Fragestellungen der verschiedensten Art
• Tragfähige Netzwerke für gemeinsames Engagement

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SeniorInnen-Demenzcafé
„Griaß enk die Madln, servas die Buam“
• Bewegung, körperliches Training
• Gedächtnis- und Konzentration
• emotionale Aufmunterung
• Erinnerungsarbeit
• Übungen zur Erhaltung der
Alltagsfunktionen
• Wahrnehmung mit allen Sinnen
• Musik und Kreativität
GEMEINSCHAFT „Das ist das angenehme. Da darf man so sein wie man ist“

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Sozialwissenschaftliche Begleitung
 Evaluationsansatz der Community-based participatory research (CBPR)
 Basierend auf der Grundhaltung der Aktionsforschung – Rückmeldung
  und Diskussion der Ergebnisse aus der Bürgerbeteiligung fließen in
  Projektgestaltung
     Befragung der Interventionsteilnehmer/innen der Schulungs- und
      Entlastungsmaßnahmen/
     Aktivierende BewohnerInnenbefragung: Wie nehmen BürgerInnen laufende
      Aktivitäten zur Entwicklung einer demenzfreundlichen Lebensumwelt wahr, wie
      nutzen sie sie und wie schätzen sie sie ein. Wie steht es um ihre Mitwirkungs- und
      Mitgestaltungsbereitschaft und Wünsche an weiteren Angeboten.
     Stakeholderworkshop/Zukunftskonferenz: Einschätzung Kapazitätsentwicklung
      und Weiterführung
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Lessons Learned und offene Fragen
   Förderung von Partizipation braucht Zeit und Durchhaltevermögen
   Nicht die Schaffung von sorgenden Gemeinden sondern Anknüpfen an bereits
    immer dagewesene Sorgestrukturen (Vereinen, Kulturinitiativen, Nachbarschaften,
    Betriebe, Institutionen)
   Förderung sozialer Partizipation braucht InitiatorInnen/MultiplikatorInnen, die die
    Gesellschaft in ihrer ganzen Vielfalt ansprechen
   Jedes Vorhaben zunächst inklusiv denken
   Wie gelingt es die Last der Sorge gerechter zu verteilen? In der Familie, der
    Gemeinde, zwischen den Geschlechtern?
   Wie erreicht man die Gemeinden in ihrer Vielfältigkeit, mit ihren unterschiedlichen
    Bevölkerungsgruppen, Communities, Generationen?
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Und im Klartext…
 „Meine Mutter ist z.B. einmal, sie wollte immer nach Hause gehen, sie hat da in
  M. W., da war sie zuhause, sie hat halt immer gesagt... "Du Mama, wir können
  da jetzt nicht gehen", da hat sie immer gesagt: "Ich weiß schon, ich komme
  über den See", und ist dann wirklich einmal bis zum See hinuntergegangen.
  Jeder andere wahrscheinlich, der sie gesehen hat, es haben sie ja viele
  gesehen, die haben sie ja gehen lassen. Nur ein Bekannter, der eben seine
  Mutter auch betreut hat mit dieser Erkrankung, hat gewusst, also da stimmt
  etwas nicht und hat meine Mutter eben dann nach Hause gebracht. Und das
  ist, denke ich mir, wie wichtig das ist, dass man eben die Bevölkerung
  sensibilisiert, aufmerksam macht und jetzt, wie wir das eben machen, schult
  und ja, das war meine Erfahrung und darum bin ich auch bereit und muss
  sagen, dass Engagement von euch allen hat mich so fasziniert, dass ich sage,
  ich mache da gerne mit.“ (IA3)

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ProjektpartnerInnen

                      Folie 21
Information

      https://blog.fh‐kaernten.at/
      demenzfreundliche‐modellgemeinden/

                                           Folie 22
„Man kann Teilhabe und Mitbestimmung nicht
erzwingen, aber man kann für ein Klima sorgen,
                        das darauf hinwirkt…“

[Bröckling U (2008). Empowerment: Fallstricke der Bemächtigung. Prävention 1: 2–6]

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Literatur

   Heimerl, K. & Plunger, P. (2018). Sorgende Gemeinden – Demenzfreundliche Kommunen Ansätze für eine
    gemeinsame Gestaltung gerechter Lebensbedingungen im Alter. In: Fonds Gesundes Österreich (Hrsg.)
    Sammelband Faire Chancen gesund zu altern. Beiträge zur Förderung gesundheitlicher Chancengerechtigkeit
    älterer Menschen in Österreich. Wien: FGÖ, 193 – 204.
   Chaskin, R.J., Brown, P., Venkatesh, S., Vidal, A. (2001). Building Community Capacity. Walter de Gruyter, New York.
   Hofer, B. & Pass C. (2015). Was ist Freiwilligenarbeit bzw. freiwilliges Engagement. In: BMASK (Hrsg.) Bericht zur Lage
    und zu den Perspektiven des Freiwilligen Engagements in Österreich (2. Freiwilligenbericht). Wien: BMASK, S. 1-16.
   IFES Institut für empirische Sozialforschung GmbH (2016). Freiwilligenengagement. Bevölkerungsbefragung 2016.
    Studienbericht, Wien.
   Kruse, A. (2017). Engagement. In: Generali Deutschland AG (Hrsg.): Generali Altersstudie 2017. Wie ältere Menschen
    in Deutschland denken und leben. Berlin: Springer Verlag, S. 86 – 87.
   More-Hollerweger, E. (2015). Soziale Bedeutung von freiwilligem Engagement und Freiwilligenorganisationen. In:
    BMASK (Hrsg.) Bericht zur Lage und zu den Perspektiven des Freiwilligen Engagements in Österreich (2.
    Freiwilligenbericht). Wien: BMASK, S. 145 -146.
   Pass C. & Hofer, B. (2015). Gesundheitsfördernde Effekte des freiwilligen Engagements im Alter. In: BMASK (Hrsg.)
    Bericht zur Lage und zu den Perspektiven des Freiwilligen Engagements in Österreich (2. Freiwilligenbericht). Wien:
    BMASK, S. 157-159.

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