Spektrum Dermatologie - wissenswert, kompakt, anregend
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KALEIDOSKOP Kompass Dermatol 2020;8:37–40 DOI: 10.1159/000505251 Spektrum Dermatologie – wissenswert, kompakt, anregend Am Lehrstuhl für Kognitive Systeme entwickelt Gordon Cheng künstliche Haut für humanoide Roboter und menschenähnliche Maschinen, die taktile Rückmeldung bei Annäherung und Berührung gibt. © Astrid Eckert / TUM Technische Universität München | Roboter mit künstlicher Haut Ein Team der Technischen Universität Mün- sicherer im Umgang mit Menschen sind und Punkten Kontakt mit einer Person und muss chen (TUM) hat ein von biologischen Vorbil- Unfälle aktiv vermeiden können. aus diesen komplexen Informationen sehr dern inspiriertes System aus künstlicher Das größte Hindernis bei der Entwicklung schnell die richtigen Bewegungen und den Haut und Steuerungsalgorithmen entwi- von Roboterhaut war bislang Rechenkapazi- passenden Kraftaufwand berechnen. ckelt. Dadurch konnte erstmals ein men- tät. Will man die Daten aus Sensoren in Das Roboterhaut-System von Gordon Cheng schengroßer autonomer Roboter großflä- künstlicher Haut permanent auswerten, ist zudem besonders robust und variabel. Da chig mit künstlicher Haut versehen werden. werden schnell Grenzen deutlich. Um dieses die Haut nicht aus einem Stück, sondern aus Die von Prof. Gordon Cheng, Professor für Problem zu lösen, haben Gordon Cheng Zellen besteht, ist sie auch dann noch funk- Kognitive Systeme an der TUM, und seinem und sein Team einen NeuroEngineering-An- tionstüchtig, wenn einzelne Zellen ausfallen. Team entwickelte künstliche Haut setzt sich satz gewählt. Sie überwachen Hautzellen «Unser System ist darauf ausgerichtet, prob- aus sechseckigen Zellen zusammen, die nicht permanent, sondern nutzen ein soge- lemlos und schnell mit allen möglichen Ro- etwa die Größe einer 2-Euro-Münze haben. nanntes ereignisbasiertes System. So lässt botertypen zu funktionieren», sagt Gordon Jede ist mit einem Mikroprozessor und Sen- sich der Rechenaufwand um bis zu 90% re- Cheng. «Jetzt arbeiten wir daran, kleinere soren ausgestattet, die Berührung, Be- duzieren. Hautzellen zu entwerfen, die in Zukunft in schleunigung, Annäherung und Tempera- Durch die künstliche Haut ist der Roboter H-1 größeren Mengen hergestellt werden kön- tur messen. Durch solche künstliche Haut in der Lage, einen Menschen sicher zu umar- nen.» können Roboter ihre Umwelt viel detaillier- men. Das ist weniger trivial als es klingt: Ro- ter und feinfühliger wahrnehmen. Das hilft boter können Kräfte ausüben, die Menschen ihnen nicht nur dabei, sich sicher zu bewe- schwer verletzen würden. Bei Umarmungen gen. Es sorgt auch dafür, dass die Maschinen hat ein Roboter an vielen verschiedenen http://www.tum.de information@karger.com © 2020 S. Karger GmbH, Freiburg www.karger.com/kkd
Helmholtz Zentrum München | Faszien liefern Bausatz für mobiles Narbengewebe Ein Team des Helmholtz Zentrums Mün- Mit dieser Studie konnten die Forschenden chen hat herausgefunden, dass Narben aus nachweisen, dass Narben auch aus bereits Teilen des Bindegewebes – der Faszie – ge- vorhandenem tiefliegendem Matrixgelee bildet werden. Diese und weitere Erkennt- gebildet werden, welches von Wächter-Fi- nisse erbrachten eine völlig neue Sichtwei- broblasten zur offenen Wunde transpor- se auf Vorgänge der Wundheilung und tiert wird. Diese neuartigen Ergebnisse wi- führte darüber hinaus zu neuem Wissen im dersprechen den bisherigen Paradigmen Bereich Narbenbildung und Fascia-Matrix. der Wundheilung. Beide Bereiche sind wichtig für die Erfor- Das neue Wissen, dass die Faszie einer der schung narbenloser Hautregeneration und Ursprünge von Narben ist und die Entde- zur Vorbeugung von Fibrose. Die Ergebnis- ckung neuer Mechanismen der Wundhei- se wurden im Journal Nature veröffentlicht. lung, bieten Möglichkeiten für neuartige Das Team um Dr. Yuval Rinkevich, Gruppen- Therapien, um beispielsweise pathologi- leiter für Regenerationsbiologie am Institut Faszienzellen (grün), die mit ihrer umliegenden Matrix sche fibrotische Reaktionen einzudämmen für Lungenbiologie und -erkrankungen des (magenta) zu den offenen Hautwunden wandern. und eine regenerative Heilung für verschie- Chimäre Transplantate zur Untersuchung des Einflus- Helmholtz Zentrums München, wusste, denste medizinische Situationen zu indu- ses der subkutanen Faszie (rot) und der Hautzellen dass alle Narben von einer Fibroblastenlinie (grün) während des Wundheilungs-/Narbenprozes- zieren. stammen, die das Engrailed-1-Gen expri- ses. © Helmholtz Zentrum München/Donovan Correa Donovan Correa-Gallegos, Doktorand am miert, und dass diese nicht nur in der Haut, Gallegos Helmholtz Zentrum München und erster sondern auch in der Faszie vorkommt. Des- Mitautor der Studie, kommentiert weiter- halb erforschten sie, ob tatsächlich die Fas- die Forscher fest, dass keine Matrix in Wun- hin: «Unsere neuen Erkenntnisse stellen die zie der Ursprung von Fibroblasten sein den eingearbeitet wurde und nur anorma- traditionelle Sichtweise auf das körpereige- könnte. Die Wissenschaftlerinnen und Wis- le, mit gesundheitlichen Nachteilen ver- ne Bindegewebsmatrixsystem in Frage und senschaftler beobachteten daraufhin, dass bundene Narben gebildet wurden. re-konfigurieren es. Dies kann neue biologi- die Ablation von Fascia-Zellen zu kleineren Die Ergebnisse des Teams deuten weiterhin sche Konzepte anstoßen, um weitreichen- Narben führte. darauf hin, dass Charakteristika spezifischer de Aspekte von Narbenerkrankungen zu Das Team verwendete die Technik der so- Wunden durch manipulierte Bewegung beleuchten.» genannten genetischen Ablation, eine Me- der Faszie beeinflusst werden. Nachteilige thode die in ausgesuchten Zellen zur Apo- Merkmale, beispielsweise Wulstbildungen, ptose führt. Dadurch wurden die Fascia-Fi- könnten durch gezieltes Eingreifen so ver- broblasten ausgelöscht. Als Resultat stellten hindert werden. http://www.helmholtz-muenchen.de Technische Universität Graz | L’Oréal Österreich Stipendium für TU Graz-Forscherin Katrin Unger Katrin Unger, PhD-Studentin an der TU stoff mit einer Auflösung dünner als ein Graz, entwickelt Tattoo-Sensoren, die den menschliches Haar auf leeres Tattoo-Papier, Säuregehalt der Haut messen. Dafür erhielt wie man es von Kindertattoos kennt. Auf sie Anfang November 2019 das mit 25 000 diese Kunststoff-Elektroden wird anschlie- Euro dotierte L’Oreal Österreich Stipendium ßend ein Polymer-Gel im Vakuum che- «For Women in Science». misch aufgedampft. Katrin Unger ist seit dem Abschluss ihres Die aufgedampfte Gel-Schicht reagiert auf Physikstudiums Teil der Arbeitsgruppe von den pH-Wert der Flüssigkeit, die sie umgibt. Anna Maria Coclite am Institut für Festkör- Unger erklärt: «Je nachdem, in welchem pH- Katrin Unger beschäftigt sich an der TU Graz mit Poly- perphysik. Milieu sich das Gel befindet, absorbiert es mermaterialien und entwickelt entfernbare Tattoo- Sensoren zur Bestimmung des Säuregehalts der Haut Mithilfe eines Tintenstrahldruckers druckt mehr oder weniger Flüssigkeit, oder im Fall © Lunghammer – TU Graz Unger elektrische Leiterbahnen aus Kunst- des Tattoo-Sensors abgesonderten 38 Kompass Dermatol 2020;8:37–40 DOI: 10.1159/000505251
Schweiß, und ändert damit die elektrischen viele verschiedene Analyte, die auf das Sig- Katrin Unger verknüpft in ihrem Projekt die Eigenschaften des Sensors.» Dieser liefert nal einwirken können und damit die ein- Arbeit von Anna Maria Coclite, die für ihren dann Rückschlüsse auf den Zustand der deutige Zuweisung zu einem pH-Wert er- Forschungsansatz zur Herstellung smarter Haut. Ungers Tattoo-Sensoren sollen helfen, schweren. Aktuelle Herausforderungen in künstlicher Haut 2016 den ERC-Starting diese pH-Veränderungen über längere Zeit- Ungers Forschungsarbeit sind die Verbes- Grant erhielt, mit jenem der Arbeitsgruppe räume zu diagnostizieren. Und das, ohne serung des Signals der Elektroden und der rund um Francesco Greco, der gedruckte den Träger oder die Trägerin zu stören: auf- Haftung der unterschiedlichen Schichten. Tattoo-Elektroden zur medizinischen Diag- grund ihrer Beschaffenheit bewegen sich Für eine exakte Messung darf es keine Ab- nostik entwickelt. die Tattoos flexibel mit der Haut mit. lation vom Tattoo zu den Elektroden, von Der Weg in die Anwendung ist allerdings dort zum Hydrogel oder vom Gel zur Haut noch ein weiter. Schweiß beinhaltet sehr geben. www.tugraz.at Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn | Warum Beta-Blocker Hautentzündungen verursachen Bei manchen Patienten können Beta-Blo- Reihe von Prozessen in der Zelle. Als ein Re- cker eine entzündliche Schuppenflechte sultat schüttet sie unter anderem Entzün- auslösen oder verstärken. Wissenschaftler dungsbotenstoffe aus, vor allem das so ge- der Universität Bonn und der Freien Univer- nannte Interleukin-23, das hauptsächlich sität Berlin haben nun eine mögliche Ursa- von Immunzellen abgesondert wird. Folge che dafür gefunden. Ihre Ergebnisse sind in davon sind die beobachteten Hautproble- der Fachzeitschrift Autophagy erschienen. me.» Demnach können Beta-Blocker augen- Wie diese Prozesse auf molekularer Ebene scheinlich den Abbau defekter Zellbe- genau zusammenhängen, wollen die For- standteile stören. Im Gegenzug setzen die scher nun weiter untersuchen. Schon jetzt Zellen dann Botenstoffe frei, die immunver- deuten ihre Ergebnisse aber darauf hin, mittelte entzündliche Reaktionen auslösen. Propranolol stört die Autophagie und aktiviert ent- dass die entzündlichen Effekte vor allem In diese Richtungen deuten zumindest Ex- zündliche Signalkaskaden in Immunzellen: Sichtbar bei fettlöslichen Beta-Blockern auftreten. Es sind blau der Zellkern, rot ein Autophagie-Marker und perimente mit Zellkulturen. Die Wissen- grün ein bei Entzündung aktiviertes Protein. © Gerrit gibt auch Substanzen, die weniger gut schaftler hatten dabei einen Wirkstoff na- Müller/Freie Universität Berlin membrangängig sind. «Wir haben sie in un- mens Propranolol unter die Lupe genom- seren Zellkulturen getestet», betont der men. Unabhängig vom eigentlichen Pharmakologe. «Die Interleukin-23-Aus- Wirkmechanismus, der Blockade von Beta- branen durchqueren. Der zweite Punkt schüttung war bei ihnen deutlich geringer rezeptoren, verdankt er seine entzün- sorgt dagegen dafür, dass Propranolol sich als nach Propranolol-Gabe.» dungsfördernden Nebenwirkungen ver- in saurer Umgebung positiv auflädt. In die- Diese Ergebnisse müssen aber noch bei le- mutlich der Kombination zweier Eigen- sem Zustand kann die Substanz dann nicht benden Organismen verifiziert werden. schaften: «Propranolol ist fettlöslich und mehr durch die Membran zurück. zugleich leicht alkalisch», erklärt Prof. Dr. Mit der Zeit häuft sich immer mehr Propra- Günther Weindl vom Pharmazeutischen In- nolol im Lysosom an. «Und dieser Prozess stitut der Universität Bonn. Dank seiner stört augenscheinlich die Autophagie», Fettlöslichkeit kann der Wirkstoff Biomem- sagt Weindl. «Das wiederum verändert eine http://www.uni-bonn.de Kompass Dermatol 2020;8:37–40 39 DOI: 10.1159/000505251
FZI Forschungszentrum Informatik | Forschung an KI-gestützter Tumordiagnostik ten Tumordiagnostik gearbeitet: Das Ver- jekt insbesondere die Entwicklung der Da- bundprojekt trägt durch den Einsatz quan- ten- und Modell-Managementplattform. titativer bildgebender Verfahren sowie «Ziel ist dann, durch quantitative bildge- künstlicher Intelligenz (KI) zur intelligenten bende Verfahren und die verbesserten KI- Diagnostik von Hauttumoren bei. Modelle die digitale medizinische Diagnos- Doch kann künstliche Intelligenz dabei hel- tik von Hauttumoren auf eine neue Stufe zu fen, Hauttumore zu diagnostizieren? Ja, heben», so Becker. sagt Christoph Becker, Leiter des Projektes Das Projekt wird gefördert vom Ministerium Intelligente Diagnostik am FZI: «Wo große für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Ba- Datenmengen im Einsatz sind, bietet künst- den-Württemberg. Beteiligt sind folgende liche Intelligenz einen erheblichen Mehr- Institute: FZI Forschungszentrum Informatik, wert. Schon heute wird im Bereich der Dia- Institut für Lasertechnologien in der Medizin gnostik mit KI gearbeitet. Dabei werden und Meßtechnik an der Universität Ulm, Intelligente Diagnostik © Pixabay zehntausende digitale Fotos klassifiziert, Hahn-Schickard-Institut Villingen-Schwen- um anschließend einen Diagnosevorschlag ningen, Hahn-Schickard-Institut Stuttgart auf Basis eines neuen Bildes vornehmen zu und NMI Naturwissenschaftliches und Medi- Das Projektvorhaben «Intelligente Diagnos- können.» zinisches Institut an der Universität Tübingen. tik» unter Leitung des FZI Forschungszent- Im Rahmen des Verbundforschungsprojek- rum Informatik erhält 1,7 Mio. Euro Landes- tes sollen nun gezielt Daten gesammelt förderung. In den nächsten 18 Monaten und Modelle trainiert werden, um die KI- wird an verschiedenen Standorten in Ba- gestützte Erkennung maligner Melanome den-Württemberg somit an der intelligen- auszuweiten. Das FZI verantwortet im Pro- www.fzi.de 40 Kompass Dermatol 2020;8:37–40 DOI: 10.1159/000505251
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