Sprachrohr für geflüchtete Menschen und MigrantInnen
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Die Zeitung des NeuLand e.V. www.neulandzeitung.com Ausgabe 1/2017 Kultur verstehen Wann ist ein Nein ein Nein? Seite 10 Ankommen Wie Träume wahr werden Seite 14 Schwerpunkt Zwei junge Jesidinnen rütteln auf Seite 7 Sprachrohr für geflüchtete Menschen und MigrantInnen
2 www.neulandzeitung.com Liebe Leserinnen und Leser, die Themen Flucht und Migration sind seit Jahren aus politischen Debatten, den Medien oder aus persönlichen Gesprächen nicht mehr wegzudenken. Es ist das erklärte Ziel von NeuLand, auch den Menschen, die hierher geflohen oder migriert sind, eine Stimme zu geben. Dank dieser Stimmen sind Neu- Land-Autoren nicht mehr nur „Flüchtlinge“ und „Migranten“, sondern werden zu Menschen mit Gesichtern und Geschichten – und damit zu Gesprächspartnern auf Augenhöhe. Denn: Um in Kontakt treten zu können, um durch Kommunikation Verständnis und Nähe zu ermöglichen, ist sichtbar sein und gesehen werden für beide Seiten unerlässlich. Beim Lesen dieser 4. Ausgabe können Sie die Herausforderungen der Flucht nach- vollziehen und miterleben, wie anstrengend, schwierig, aber auch freudvoll es sein kann, hier anzukommen. Als Schwerpunkt in dieser Ausgabe finden Sie zwei Artikel von zwei jungen Frauen, in denen sie das Schicksal ihrer jesidischen Freunde und Verwandten schildern. Von IS-Terroristen verfolgt und misshandelt, nehmen viele von ihnen den Weg nach Deutschland auf sich. Im Anschluss an diesen Schwerpunkt lesen Sie, was es in Deutschland zu entdecken gibt, wenn man den langen Prozess des Ankommens durchlaufen hat. Was ist anders als in der eigenen Heimat? Wie kann ich das Verhalten der anderen deuten? Wie löse ich Probleme und wie verwirkliche ich meine Träume? Antworten auf diese Fragen finden Sie im letzten Teil dieser Ausgabe. Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre. Susanne Brandl, Raphael Müller-Hotop und das NeuLand-Team Die Autoren dieser Ausgabe Adnan Albash Deutsch-Klasse München Dunia Barrera Masiullah Harres Munkhjin Tsogt Samra Alabdo Schirin Mirza Khalaf Sultan Mirza Khalaf Du? Valeria Vairo Sirin Iimaan H., Dawit Deutschkurs Mallersdorf
3 Ausgabe 1/2017 STARKE STIMMEN ALLER ART Fotos: Caro Poullain Unsere dritte Lesung am 05. März 2017 war wieder ein großes Vergnügen. Umrahmt von der im Köşk ausgestellten Kunst, erleb- ten die Anwesenden wie fünf NeuLand-Autoren ihre Artikel zum Leben erweckten, zwischendrin gab es musikalische Einlagen mit syrischen Klängen bis hin zu Rap aus Ghana. Wir danken ganz herzlich allen, die diese Veranstaltung verwirklicht haben. Ganz besonders möchten wir den NeuLand-Autoren Munkhjin Tsogt, Gregory Awiey Goc, Adnan Albash, Bilal Sharif und James Tugume danken. Außerdem gilt unser besonderer Dank den vielen Musikern, die den Abend so wunderbar bereichert ha- ben: Die Band Arabiska mit Samra Alabdo, Abdo Hmidan, Ibrahim Senjab und Nabil Nissan, Hassan Alasadi mit seiner Gitarre und der Rapper Pa Modou. Außerdem geht noch ein Dank an das Köşk-Team: Es war großartig bei euch!
4 www.neulandzeitung.com Mein Weg Erinnerungen an den gefährlichen Weg nach Deutschland (Teil IV) Autor: Iimaan H., Somalia Illustration: Elena Buono Dies ist Teil IV von Iimaan H.‘s Geschäftsstelle der UN einen Fluchtbericht. Teil I, II & III sind Flüchtlingsausweis zu bekom- auf www.neulandzeitung.com men, den auch die libyschen zu finden. Am Ende des Teil III Soldaten respektierten. Zusam- beschrieb der NeuLand-Autor men mit drei Landsleuten fuhr wie sein Versuch über das Mit- ich mit einem Taxi in die Nähe telmeer zu kommen zunächst der Grenze zwischen Libyen scheiterte und er dann - zurück und Tunesien. Wieder wurden in Tripolis - völlig mittellos und wir von Milizionären gefangen ohne Papiere ins Gefängnis kam. genommen, die an der Grenze Insgesamt hat Iimaan Der folgende Bericht bezieht sich kontrollierten. Wir verstän- innerhalb von vier Jahren auf den Zeitraum April 2014 bis digten uns, dass wir in einem ungefähr 10.000 Kilome- August 2016. unübersichtlichen Gelände ter zurückgelegt. abspringen wollten, denn das Fahrttempo war im Wüsten- sand nur gering. Als wir davon M rannten, wurde einer meiner it mir waren da noch Begleiter, der ein verletztes Bein einige Somalier ge- hatte, erschossen. Die Grenz- fangen. Libyer sind soldaten nahmen uns wieder gegenüber Somaliern misstrau- mit, ließen uns aber nach ei- fahrt stehen mussten. Nach lan- gewiesen, wo ich darauf warte, isch, weil sie diese für unzuver- nigen Stunden laufen, weil wir gen Stunden nahm uns ein itali- dass mir Asyl gewährt wird. lässig halten und annehmen, sagten, wir wollten nach Euro- enisches Schiff auf und brachte Meine Flucht dauerte insgesamt dass sie, wann immer möglich, pa und nicht in Libyen bleiben. uns nach Sizilien. Insgesamt zwei Jahre und kostete mich fliehen. Sie erlauben also So- dauerte die Fahrt 24 Stunden. und meine Familie etwa 3000 maliern nicht, das Gefängnis Endlich Europa Aber das Wichtigste hatte ich Dollar. Zwei Monate verbrachte zu verlassen, um Geld zum erreicht: Ich lebte noch und ich in Gefängnissen in Libyen. Freikauf verdienen zu können. Schließlich kam ich doch nach war in Europa. Mein Ziel war Seit ich eine Berufsintegrati- Als aber zwei Männer für Re- Tunesien. Dort blieb ich drei Schweden, weil dort ein Bruder onsschule besuchen kann, wird novierungsarbeiten an Türen Monate. Gelegentlich fand ich von mir lebt. mir das Warten leichter. Ich und Fenstern gesucht wurden, Arbeit, zum Beispiel half ich, Ich schlief einige Nächte im komme sehr gerne dorthin, um nutzte ich diese Chance und Container abzuladen, um nicht Freien unter Brücken, hatte zu lernen. Wenn ich den Schul- bot mich als Fachmann an. Der zu verhungern. Mein Ziel war Hunger und nichts zu essen. besuch erfolgreich abschließe, „Arbeitgeber“ war ganz zufällig immer noch die Fahrt über das Ein Landsmann half mir mit hoffe ich einen Ausbildungs- der Offizier, der uns gefangen Meer nach Italien. Dazu musste dem Zug von Bologna aus nach platz zu finden. Im August hat hatte. Mit mir zusammen mel- ich nach Libyen zurückkehren. Deutschland zu gelangen. Im mich übrigens mein Bruder aus dete sich ein Mann aus Ghana. Inzwischen hatte mein Bruder Zug gab mir ein Ehepaar aus Schweden besucht. Wir arbeiteten zuverlässig und in Somalia mit großer Mühe Deutschland ein wenig Geld gut, so dass mir der Offizier die 600 Dollar zusammen gebracht, und Essen. Schließlich erreich- Freiheit versprach. Auf diese damit ich eine Überfahrt be- te ich den Hauptbahnhof Mün- Weise kamen wir nach 45 Ta- zahlen konnte. Ich suchte und chen. Dort erklärte mir ein gen tatsächlich frei. fand eine weitere Gelegenheit, Somalier, wie man zur Bayern- Weil ich nur einen vorläufigen auf einem Schlauchboot das kaserne kommen kann. Dort Ausweis der UN in Tripolis Meer zu überqueren. Diesmal blieb ich vom Mai bis zu 15. hatte, wollte ich nach Tune- war das Boot so voll, dass wir Juni 2015. Schließlich wurde sien gehen, um dort bei der zum Teil während der Über- mir ein Platz in Ebersberg zu-
5 Ausgabe 1/2017 Mein Ankommen in Deutschland Autorin: Samra Alabdo, Syrien Illustration: Antje Krüger Der Weg nach Deutschland ist für die meisten Geflüchteten nur eine erste Etappe. Auch um hier wirklich „anzukommen“, muss man schwierige Wege zurücklegen und über sich hinauswachsen. E in Jahr habe ich gebraucht, um mich hier wohl zu fühlen. Weg zum Einleben und Integrieren. Außerdem habe ich mich im- Ich erinnere mich noch an meinen Anfang, als ich nach mer wie eine fremde Person in diesem Land gefühlt und ich gehör- Deutschland geflüchtet bin. Damals habe ich mich plötzlich te nicht dazu. Ich musste gegen diese Gefühle und diese Schwierig- in einem neuen Land, einer neuen Kultur wieder gefunden, wo keiten kämpfen und nicht aufgeben. alles ganz schwierig für mich war. Besonders als ich versucht habe, mit den Leuten Kontakt aufzunehmen. Es war nicht so einfach, wie Ausgehend von dieser Überzeugung fing ich an, mein Leben zu ich gedacht habe, weil ich unter vielen Problemen gelitten habe. verändern und habe die deutsche Sprache bis Stufe B1 alleine ge- lernt. Heute lerne ich in einer Sprachenschule weiter und ich werde Vor allem waren es die falschen Dokumente, die ich als ID von der versuchen, einen Studienplatz an der Universität zu bekommen. Stadt bekommen hatte. In meinen Unterlagen wurde geschrieben, Eigentlich ist es nicht einfach, in Deutschland anzukommen und dass ich verheiratet bin und zwei Kinder habe. Ich war zwei Mona- braucht viel Mühe. Ich weiß jedoch, dass ich mich bemühen werde te damit beschäftigt, um diesen Fehler korrigieren zu lassen. und beharrlich sein werde. Inzwischen habe ich viele nette Freun- de gefunden, die mir ohne zu zögern viel geholfen haben. Ich weiß, Ich musste auch in einer großen Turnhalle mit etwa 300 Leuten dass es viel Arbeit kostet, um Erfolg zu haben und es viele Schwie- bleiben. Dort gab es keine Möglichkeit, Deutsch zu lernen oder rigkeiten zu bewältigen gibt. Aber dies macht mich fleißig und mich zuhause zu fühlen. nicht verzweifelt. Das Wetter in Deutschland fand ich unglaublich. Man erlebte alles Jetzt, in diesem Moment, liegen nur noch wenige Schritte zwi- an einem einzigen Tag: Es scheint die Sonne, es regnet und schen mir und meinem Traum und ich sehe, dass meine Wünsche schneit manchmal gleichzeitig. Dies waren die Steine auf meinem für die Zukunft richtig sind.
6 www.neulandzeitung.com Mein erster Eindruck Erste Texte einer Alphabetisierung-Klasse, unterrichtet von Valeria Vairo (siehe Seite 7) Mein Name ist Dalil, ich komme aus Syrien und bin Ich kom me aus hier in S 32 Jahre alt. Als ich nach Deutsc yrien, ich bin Deutschland gekommen bin, ne Frau hland a u lleine, habe ich gedacht, dass ich viele in Syrie nd meine To me Ich bin 2014 al n gebli chter s i- lein nach Schwierigkeiten finde. Aber Begegn eben. M ind Deutschland ge un ein kommen. Es hier habe ich viele nette Leute mit dem g in Deutsch e erste war Herbst und gefunden, sie haben uns viel H elferk la nd war für mich war uns fre es sehr kalt. So geholfen, beim Deutsch lernen undlich reis, sie habe fort haben uns haben begrüß n viele Leute geho und Arbeit finden. Ich werde zu tu lfen. Ich bin getrun sammen gege nd wir ein Jahr alleine ihre Hilfe nicht vergessen, wir ke ss geblieben und sind jetzt eine Familie. Dalil Camp n. Ich lebe in en und habe meiner Fa und es einem milie geholfen, einer M. (Syrien) es gibt ist nich sie hat mich na mit m dapest im t einfac ch zwei Jahren Ich b i n Bu und Sc mer sehr lau h, erreicht. Heute ie von om- hlägere te ien und Musik leben wir hier Famil ünchen gek die nicht s ch ich in München un d ich mache M nach ort haben w ir (Syrien lafen. Abdul K kann einen Deutsch . D n d sind ) ader M kurs. Später me n n troffe fah- u Onkel . möchte ich eine Arbeit finden. Poliz e i ge rg ge m it meinem nach Mohammed, Y. tarnbe wir Ich bin em Cousin , Syrien nach S dort haben aus und m ein ommen . d ren un t. Viele Leu n te t s ch la nd gek urden n be De u en w h gewo lferkreis h a Münch H e l l e waren Hier in nt, sie sind dem n. A ren wir get ch Hamburg r h o l fe A.M. uns ge t. Haitham e it e r na h bin h ie et w sehr n n und ic h r ie n) gefahre . Ich hoffe, ic (Sy li e b e n r. geb wiede ie bald n) ich komme au s treffe s Ich bin Rita, T. (S ie y r h bin allein e n ac h Khaled dem Irak. Ic aus gefah re n , m ei n m me ch- Als ich in Deuts chland mit mei Deutschland ko uts ner un d se ine Verwandt en n i und ch De in Familie angeko mmen bin, hatte Man n Als a n a es mein Kind Fieb in Münch en . in R h bin , weil in von - er. Wir sind so waren schon ich h b Ic en. I c n b h fort men bi n , ha be i me . Ich gefa ins Krankenha us gefahren. D ich angekom s de m Ir ak Syr gekom g gibt chland eg- ein Arzt gekom ort ist te au e men und hat m sehr viele Leu Ein land en Kri Deuts ste Beg r mit Sohn geholfen. einem d aus Sy ri en gesehen. i Syr n nach eine er and w vier a Das Krankenha un später ko n nte ich e l schön, sauber un us war paar Stunden i W und m sc be f r lings- h ü d organisiert. Ic . Je tzt habe eut a mich sicher ge h habe meinen Man n treff en hier ren g in D . Ich h Flücht ich kümmert man fühlt. In Deuts chland und ich bin u n e i m be ich ein Kind, er Fa milie n Poli r z n e ine etzt ha rbeit. . Gesundheit de sich sehr viel um die mit mei n de ate i hnt. J ine A ani A r Menschen. Ic in München n e h liebe h. Rit a. F. (I rak) Mo r gewo r und eden. R Deutschland un d ich hoffe, dass sehr glücklic n) lag Zimm r zuf i e e r Sohn eine gute mein Ali H. (Syrie Zukunft in Deu Illustration: Antje Krüger Moh am m ad ein bin seh haben kann. A hmed Z. (Syrien) tschland Ich ien) r (Sy Ich w o imme llte schon r nac fahre h Eur n op in De . Ich bin je a utsch tzt Deut land, sc le eine g h und ich rne ute A wi l l Ich k rbeit an fi zeich n sehr gu nden. n t Syrie en und ha n b gearb als Dekor e in eitet. ateur Was uns in München sehr gefällt (Asmeret T. Ali H M . (Syr ohamma Was uns in München weniger gefällt (Asmeret T. ien) d aus Eritrea, Roget B. und Afaf. B aus Syrien) aus Eritrea, Roget B. und Afaf. B aus Syrien) Die Leute sind nett. Eine Wohnung zu finden ist sehr schwer. Die Schule ist gut. Wir leben außerhalb der Stadt und müssen lange Die Lehrerin ist sehr nett und sehr gut. gehen, um einen Supermarkt zu erreichen. Das Krankenhaus ist gut. Zur Schule fahre ich zwei Stunden hin und zurück. Die Polizei kommt schnell. Ich habe keine Arbeit. Ich kann Deutsch lernen. Ich lebe seit zwei Jahren in einem Camp, jetzt mit Ich mag das Bier. sechs Frauen in einem Zimmer.
7 Ausgabe 1/2017 Meine Helden Aus dem Leben der Deutschlehrerin Valeria Vairo (2. v.l.u.; Journalistin und Buchutorin) E inige junge Männer aus und komischen Grimassen. ganz bei Null anfangen und es zeichnete ein Gesicht an die Ta- Syrien, eine junge Dame Ich kannte meine Aufgabe vor war nicht einfach. Kopfschmer- fel, dem alle Haare vom Kopf aus Eritrea, eine aus dem dem Kurs – zumindest theore- zen, Nacken- und Handkrämp- abstanden und das ganz schiefe Irak und eine aus Syrien, das tisch: Ich sollte den Gästen aus fe waren die ersten Feinde, die Augen hatte. Darunter schrieb waren die Teilnehmer meiner anderen Ländern das deutsche sie bei den ungewohnten ersten ich meinen Namen. Wir muss- ersten Deutsch-Klasse in Mün- Alphabet beibringen und na- Schreibübungen überwinden ten alle herzhaft lachen, dann chen. türlich einfache Strukturen und mussten, ich habe ihnen mit waren wir alle wieder bereit, Wörter der Sprache, die in ih- Fingerjoga und Gymnastik da- neu anzufangen. Als ich vor ungefähr acht Mo- rem Gastland gesprochen wird. gegen geholfen. Dann kamen naten das erste Mal in die Klas- Mir wurde aber erst in diesem die Buchstaben, die im Deut- Über alle Schwierigkeiten und se hineinging, fühlte ich mich Moment klar, was das bedeute- schen gemeinerweise auch Probleme haben wir stets ver- eingeschüchtert von den vielen te. noch groß und klein sein kön- sucht zu sprechen und das schwarzen Augen, die mich nen und die alle auf einer Linie Schönste war, dass die Sätze anschauten und die etwas von Mir stockte der Atem und ich stehen sollen, sogar von links mit der Zeit mit immer weniger mir zu erwarten schienen. Ich ging gedanklich zurück in die nach rechts und von oben nach Gesten unterstrichen werden lächelte sie an und sagte „Gu- Zeit, als ich an der Mailänder unten! Und das alles sollten sie mussten, da sie immer mehr ten Tag“, dann wanderte mein Universität Deutsch studiert lernen mit der Sorge um die Fa- deutsche Wörter enthielten. Blick sofort in die Runde auf hatte, jedoch unter ganz ande- milie, die sich aus Aleppo nicht der Suche nach einem erwi- ren Bedingungen. Zum einen meldete, den Mitbewohnern, Inzwischen können meine Hel- derten Lächeln und ich wurde konnte ich schon schreiben, die in der Nacht laute Musik den einfache Sätze schreiben, nicht enttäuscht. „Guten Tag“, zum anderen sprach ich schon spielten und dem Warten auf sogar 20 Minuten lang ohne antworteten sie. Ich war er- mehrere Sprachen und dann das Geld vom Amt, das manch- Krämpfe in den Händen oder leichtert. Wir hatten die ersten hatte ich eine Familie, eine mal nicht kam. Dazu die Woh- Kopfschmerzen zu bekommen. zwei Wörter auf Deutsch ausge- Wohnung und ein ziemlich ein- nungssuche, die nicht geklappt Natürlich machen sie Fehler tauscht, einer Sprache, die für faches Leben. Ich konnte mich hatte und die Tatsache, dass sie und die Buchstaben tanzen auf uns alle eine Fremdsprache ist. voll und ganz auf die neu zu all das in einer Sprache bewäl- der Linie und manchmal sind Ich bin nämlich auch eine Aus- erlernende Sprache konzentrie- tigen sollten, die sie noch nicht sie zu groß oder zu klein oder länderin, eine Italienerin. ren. Und trotz allem weiß ich, kannten. ziemlich schief, aber glauben welche Mühe es mich gekostet Sie mir, wenn ich an die ersten Mehr als das konnte ich am hat, eine Sprache wie Deutsch Es gab Tage, an denen meine Tagen denke, wird mein Herz Anfang nicht erwarten, weil zu lernen. Deutsch ist eine Helden zu überfordert waren, von Zufriedenheit übermannt. keiner meiner Schüler Deutsch schwere Sprache, das habe ich Fortschritte im Unterricht zu Ich bin stolz, dass meine Helden sprechen oder schreiben konn- am eigenen Leib erlebt. machen - und ich auch. Einmal auf ihrem schweren Lebensweg te und ich kein Wort Arabisch. atmete ich in so einer Situation ein Stück weiter gekommen Die erste Kommunikation zwi- Mit meinen Helden, ja, ich tief ein, riss mich zusammen sind und dass ich sie ein Stück schen uns bestand nur aus Lä- nenne sie so, weil sie für mich und stand von meinem Stuhl auf ihrem Weg begleiten durfte! cheln, Nicken, Gestikulieren echte Helden sind, musste ich auf. Alle schauten auf mich. Ich
8 www.neulandzeitung.com SCHWERPUNKT Das Schicksal der Jesiden Für die folgenden zwei Texte sollten Sie sich Zeit nehmen. Diese Geschichten liest man nicht einfach zwischendurch. Zu grau- sam sind die Geschehnisse, von denen die jesidischen AutorInnen erzählen. Die Redaktion hat lange diskutiert und überlegt, ob die beiden Texte im Sinne von NeuLand publizierbar sind. Denn NeuLand will vor allem Nähe schaffen und Ängste nehmen. Aber es geht auch um Verständnis. Es geht auch darum, zu verstehen, was die Jesiden erleiden mussten und noch müssen, wie es ihnen jetzt geht und wie sie ihre Traumata verarbeiten. Die jungen AutorInnen schreiben aus ihrer Perspektive, sie schildern ihre persönlichen Erfahrungen. Autorin: Sirin, Irak M eine Kindheit ist noch ben waren einfach zu tief und Die Frauen hatten sie zu ihren mit einem Boot weiter gereist. nicht lange her und zu breit. Später wurden auch Frauen gemacht und als Skla- Danach kamen wir mit vielen doch verschwimmen Pakete in unserer Nähe abge- vinnen gehalten anderen in einen großen LKW, viele Erinnerungen. Ich war 16 worfen und wir hatten wieder der sehr dunkel war. Es hat da- Jahre alt, als der sogenannte ‚Is- etwas zu trinken – und Tuben Im Lager hörten wir dann, rin gestunken und ich hatte das lamische Staat‘ unser Dorf im wie Zahnpasta. Doch durch dass die Menschen aus unse- Gefühl, ich muss ersticken. In August 2014 angegriffen hat. diese Creme hatten wir auf ein- rem Nachbardorf nicht fliehen einem Wald wurden wir dann Wir hatten viel von ihm gehört, mal keinen Hunger mehr. konnten. Der IS hatte sie ge- aus dem Auto gelassen. Sie seit er zwei Monate zuvor die zwungen, entweder den musli- sagten uns auf Arabisch, dass Menschen in Mossul überfallen Ein paar Tage haben wir dann mischen Glauben anzunehmen wir in Deutschland seien und hatte, und wir wussten, was uns noch gewartet. Immer wie- oder zu sterben. Man hat spä- in welche Richtung wir lau- erwarten würde. Als die ersten der hörten wir auch Schüsse ter Gräber mit vielen Leichen fen sollten. Kurze Zeit später Schüsse fielen, machten wir uns in unserer Nähe und sahen gefunden. Es waren aber nur kam die Polizei. Wir hatten alle auf den Weg in die Berge. Das Flugzeuge und kurz danach Männer und Jungen darin. Die große Angst, denn die Polizei ganze Dorf rannte um sein Le- große schwarze Säulen, die bis Frauen und Mädchen hatte der in der Heimat ist nicht immer ben, auch mein Papa und vier zum Himmel reichten, sowie IS mitgenommen und sie zu freundlich. meiner Geschwister. Mama und laute Knallgeräusche. Es war ihren Frauen gemacht und als meine älteste Schwester waren so schlimm. Einerseits war es Sklavinnen gehalten. Die Frauen und Männer in nicht dabei, denn sie waren im immer so still, weil niemand Uniform waren wirklich nett. Nachbardorf, wo meine Tante sprach. Nur wir beteten zu Gott In dem Lager gab es keine Be- Sie brachten uns in eine gro- ein Kind erwartete. und Tawsi Melek (dem obersten schäftigung, wir hatten kei- ße Halle, wir bekamen heißen Engel im jesidischen Glauben). ne Schule, die Kleinen hatten Tee und etwas zu essen. Eine Kinder versuchten Gras und Aber andererseits war es dann nichts zu spielen. Dabei ging es nette Dame gab mir ein Tele- die Rinde von den Bäumen zu auch wieder so unendlich laut, uns noch gut, denn die Lager fon und so konnte ich meinem essen wenn die Mütter und Groß- waren voll und davor hausten Vater sagen, dass wir Deutsch- mütter ihren Schmerz über die Menschen im Dreck der Straße, land erreicht haben. Er wein- Wir liefen einen ganzen Tag verstorbenen Kinder bewein- weil sie keinen Platz gefunden te vor Glück, hatte aber leider durch die sengende Hitze, bis ten. Papa versuchte über unser hatten. Sie bekamen auch nichts noch immer nichts von meiner wir unsere heiligen Berge er- Telefon immer wieder Mama zu essen. Manchmal habe ich Schwester und Mama gehört. reichten. Hier waren wir wirk- und meine Schwester zu errei- einer Freundin, die dort lebte, lich sehr, sehr lange. Es war so chen – leider vergeblich. Ir- etwas von meinen wenigen Sa- Mein Bruder will ein berühm- unerträglich heiß und wir hat- gendwann sagte man uns, dass chen abgegeben. ter Fußballprofi werden ten nichts zu trinken, nichts zu wir dann aufbrechen könnten. essen. Nachts war es, ich weiß Wir kamen, in Begleitung von Mein Bruder und ich konnten Nach zwei Wochen konnten nicht warum, immer so unend- kurdischen und jesidischen nach Deutschland flüchten mein Bruder und ich endlich zu lich kalt. Ich habe Kinder gese- Kämpfern, über die Rückseite unserem Onkel nach Nieder- hen, die versucht haben Gras der Berge und Syrien zurück Papa entschied sich dann, sachsen reisen. Es ist eine klei- und die Rinde von Bäumen zu in unsere Gebiete. In der Nähe mich und einen Bruder nach ne Stadt, in der wir jetzt leben. essen. Manche haben sich da- von Dohuk wurden wir in Zel- Deutschland zu schicken. Dort Wir gehen beide endlich wieder nach übergeben, einige sind ten untergebracht. Wir hatten lebt seit 2007 ein Onkel von zur Schule. Es ist schwer, gleich danach gestorben. Irgendwann Decken und auch ein wenig zu uns. Papa hat sich dafür sehr zwei neue Sprachen zu lernen. hörten wir Hubschrauber. Ich essen und zu trinken. Es war viel Geld von Leuten geliehen Ich will neben Deutsch und hatte so etwas vorher noch nie zwar eng und wir waren zu siebt und er weiß bis heute nicht, wie Englisch aber auch noch schnell gesehen. Sie warfen Pakete ab, in diesem kleinen Zelt, aber an- er das zurückzahlen soll. Französisch lernen. Ich will stu- wir versuchten diese zu errei- dere waren sogar zu zehnt un- dieren und dann als Anwältin chen, aber es war unmöglich, tergebracht. Wir sind dann in die Türkei in meiner Heimat für Gerech- dorthin zu gelangen. Die Grä- gebracht worden und von dort tigkeit sorgen. Mein Bruder
9 Ausgabe 1/2017 ne Ahnung von Politik. Was ich aber weiß, ist, dass wir immer Probleme in der Heimat hatten, weil wir Jesiden sind. Jetzt höre ich, dass Deutschland wieder Jesiden in den Irak schickt, weil sie dort sicher sind. Das macht mich unendlich traurig, denn obwohl ich jung bin, weiß ich – das stimmt einfach nicht! Der schönste Tag in meinem Leben Ich höre oft: „Da habt ihr zwei aber Glück gehabt. Ihr habt es nach Deutschland geschafft.“ Illustration: Antje Krüger Haben wir Glück gehabt? Ich wollte nicht nach Deutschland, ich möchte mein altes Leben spielt jeden Tag Fußball. Er will Mama, Papa und meine ande- ich mich nicht mehr an ihre zurück. Mit meinen Eltern, später Profi werden und viel ren Geschwister fehlen mir so Stimmen erinnern. Ich habe meinen Geschwistern. Ich bin Geld verdienen. „Dann kann sehr Angst sie zu vergessen. Jeden gerne sieben Kilometer zu Fuß Papa seine Schulden bezahlen“, Tag suche ich im Internet, ob zur Schule gegangen. Ich war sagt er, „und wir können Mama Ich bin jeden Tag sehr trau- Menschen dem IS entkommen zufrieden. Ist es wirklich Glück, und Sozan freikaufen.“ rig, denke jeden Tag an Mama sind. Ich hoffe immer, wenn ich von seiner Familie getrennt zu und frage mich, wie es ihr wohl davon höre und habe immer sein, nicht zu wissen, ob Mut- Mein Onkel und meine Tante geht. Aber mein Bruder und ich wieder Angst, wenn von neuen ter und Schwester noch leben? sind sehr nett, aber ich weiß, leben jetzt hier und wir müssen Massengräbern die Rede ist. Ich weiß, anderen geht es noch sie haben selbst genug Sorgen uns zurecht finden. An einem sehr viel schlechter. Das macht und Probleme. Ich will ihnen Wochenende waren wir mit der Wir fliegen zum Mond und es nicht besser. Ich bewunde- keine Last sein, aber wie kann evangelischen Kirche an der können wirklich meine Mama re die Mädchen, die ich in Ba- ich das ändern? Ich helfe so viel Nordsee. Nach unserer Flucht und meine Schwester nicht be- den-Württemberg getroffen ich kann im Haushalt. Ich lerne war es erst das zweite Mal, dass freien? habe. Ich weiß jetzt, was sie viel und gehe selten raus. Oft ich so viel Wasser gesehen habe. erlebt haben und wie stark sie arbeite ich auch im Imbiss von Ich glaube, ich möchte schwim- Ich habe in der Schule viel von sind. Dass sie weitermachen. einem Freund meines Onkels. men lernen. den Menschenrechten gehört. Ich weiß nicht, ob ich auch so Das Geld spare ich, damit Papa Aber was nützt ein Blatt Pa- stark bin. bald wirklich keine Probleme Die Mädchen in meiner Klas- pier, wenn es nichts gilt? Ich mehr wegen der Schulden bei se sind wirklich nett, doch ir- höre immer wieder, dass es gut Ich muss es sein, für meinen den Schleppern hat. gendwie gehöre ich nicht dazu. ist, dass die UN den Genozid Bruder und Papa und die ande- Ich sehne mich nach meiner anerkannt hat. Das kann sein, ren, die sich auf mich verlassen. Deutschland ist wirklich sehr alten Schule, hier waren sogar ich weiß es nicht. Meine Mama Papa sagt, wenn Mama und So- schön, vor allem so sauber. Ich mehrere Klassen unterschied- kommt dadurch nicht frei, mei- zan wieder da sind, wollen sie habe eine Klassenfahrt in den licher Stufen in einen Raum. ne Schwestern werden dadurch auch nach Deutschland kom- Schwarzwald gemacht und hier Die Lehrer waren viel strenger, nicht satt. Kann die Welt wirk- men. Das wäre der schönste Tag auch viele Jesidinnen getroffen, aber irgendwie hatte ich jeden lich nicht mehr helfen? Wir in meinem Leben. die vom IS gefangen genom- Tag Spaß. Hier bin ich meistens fliegen zum Mond und können men wurden. Sie haben mir traurig, manchmal möchte ich wirklich meine Mama und mei- von ihrem Schicksal erzählt, weinen – habe aber keine Trä- ne Schwester nicht befreien? ich konnte den schlimmen Ge- nen mehr. schichten kaum zuhören. Eine Ich habe Verwandte, die in muss ich aber erzählen, weil Ich vermisse meinen Papa und Griechenland in Zelten leben. die Welt sie erfahren soll: Eini- die drei Geschwister im Lager. Sie sind in den Bergen ohne ge Frauen hatten mehrere Tage Wir telefonieren oft über das Heizung und ohne Strom. Sie nichts zu essen bekommen. Da- Internet. Papa ist in der kur- frieren und sie haben Hunger. nach wurde ihnen ein großes zen Zeit so alt geworden. Jeden Sie wurden von arabisch spre- Mahl mit viel Fleisch bereitet. Tag und vor allem jede Nacht, chenden Männern geschlagen. Als sie dies aufgegessen hatten wenn ich nicht schlafen kann, Eine kleine Cousine (9 Jahre alt) wurde ihnen erzählt: „Ihr habt vermisse ich meine Mama und wurde mit Steinen beworfen, gerade eure Kinder gegessen.“ Sozan. Ich habe Angst, dass ich weil sie angeblich ungläubig ist. Was haben wir diesen Leuten, irgendwann nicht mehr weiß, In der Schule habe ich gelernt, die sich als gläubige Menschen wie sie ausgesehen haben. Wir wofür die EU steht. Aber wofür sehen, getan? Was kann so et- haben nicht einmal mehr Bil- steht sie wirklich? Ich bin ein was rechtfertigen? der von ihnen. Manchmal kann kleines Mädchen und habe kei-
10 www.neulandzeitung.com SCHWERPUNKT „Es gibt viele, denen es viel schlechter geht“ Autoren: Schirin Mirza Khalaf und Sultan Mirza Khalaf, Irak I ch bin Schirin und komme nach Griechenland kommen. alles ist seit dem 3. August 2014 ihnen, wenn sie nicht zu uns aus dem Irak, aus Schingal. Aber sie sind zwischen der passiert und es läuft immer kommen können. Alles, was Ich bin 16 Jahre alt und bin Türkei und Griechenland er- noch so. Manche Frauen und wir machen wollen, ist, ihnen seit zwei Jahren in Deutsch- trunken. Es wurden 15 Leichen Mädchen sind wieder frei und zu zeigen, dass das Leben wei- land. Ich bin zu Fuß hierher gefunden. Diese wurden in den sind nach Deutschland gekom- tergehen muss. Es gibt viele, de- gekommen, weil ich vor der Irak zurückgeschickt. Acht sind men. Aber es sind immer noch nen es besser als anderen geht, Terrorgruppe IS geflüchtet bin. immer noch vermisst. Eine ungefähr 3.000 Frauen und weil sie ihre Ehre nicht verloren Ich bin ohne meine Mutter, nur Tochter meiner Schwester ist Kinder in der Gefangenschaft haben. Die Frauen, die nicht mit meinen Geschwistern ge- zu uns gekommen. Sie hat jetzt des IS und die Männer vom IS vergewaltigt wurden, helfen mit flüchtet. Ich war ein Jahr lang nur uns und ihren Vater. Kei- machen alles, was sie wollen mit uns den anderen Frauen und ohne meine Mutter in Deutsch- nen Bruder, keine Schwester, unseren Frauen und Kindern. Mädchen. Sie brauchen unsere land. Ich habe in dieser Zeit erst keine Mutter, niemanden außer Die Frauen werden von drei bis Hilfe. verstanden, was es heißt, ohne uns. fünf Männern vergewaltigt. Ich Mutter zu sein. Früher war habe persönlich mit den Frauen meine Mutter immer bei mir. Uns ging es sehr schlecht. Wir geredet, die vergewaltigt wur- Ich wusste nicht, was für ein haben gesagt, wir schaffen das den. Wenn sie „Nein“ gesagt Gefühl es ist, wenn man ohne nicht, wir können damit nicht haben, wurden sie geschlagen Mutter lebt. Dann ist meine mehr klarkommen. Wir waren und dazu gezwungen, gefügig Mutter nach einem Jahr nach monatelang nicht mehr normal, zu sein. Deutschland gekommen. Gott wir waren nur am Weinen. Wir sei Dank ist meine Mutter wie- dachten, es kann nicht schlim- Denen, die nach Deutschland der bei mir! mer werden. Aber nein, es gibt gekommen sind (ohne Vater, viele, denen es schlechter geht. Mutter oder Geschwister), ver- Aber drei meiner Schwestern, Zum Beispiel meiner Cousine suchen wir (meine Mutter, mei- die verheiratet sind, sind im- und Nadja Murad - und noch ne Geschwister und ich) zu hel- mer noch mit ihren Kindern tausenden Frauen und Mäd- fen. Wir telefonieren mit ihnen, und Männern im Irak. Auch ein chen aus dem Irak. Sie wurden sie besuchen uns, wir besuchen Bruder von mir ist mit seiner vergewaltigt, geschlagen, als sie. Wir machen alles, was wir Frau und seinen Kindern noch Putzfrau benutzt. Sie wurden können, um sie glücklich zu se- dort. Eine meiner Schwestern zum Heiraten gezwungen. Sie hen, um sie nicht alleine zu las- wollte mit ihrer Familie nach haben keine Familien mehr. sen. Immer, wenn wir Jesiden Deutschland kommen. Sie Mutter, Vater, Bruder und On- ein Fest haben, rufen wir sie wollten zuerst mit dem Boot kel wurden umgebracht. Das an. Wir reden stundenlang mit Die Jesiden sind eine religiöse Minderheit und werden ethnisch den Kurden zugeordnet. Neben ihrer weltweiten Vertei- lung in der Diaspora, lebte bis 2014 etwa die Hälfte aller Jesiden in der Nineve-Ebene im Nordirak am Sinjar-Gebirge. Im August 2014 überfiel der sogenannte IS die jesidischen Dörfer im Nordirak, entführte Frauen und Kinder, die Män- ner richtete er vor ihren Augen hin. Die Vereinten Nationen veröffentlichten zum Massaker an den Jesiden, das sie einem Völkermord gleichsetzen, vorläufige Zahlen: mindestens 5.000 Jesiden wurden getötet, bis zu 7.000 entführt und etwa 430.000 Menschen aus dem Sinjar sind auf der Flucht. Die JesidInnen, die dem IS entkommen konnten, berichten von unvorstellbaren Qualen, die ihnen von den IS-Kämpfern zugefügt wurden. (Quelle: Gesellschaft für bedrohte Völker)
11 Ausgabe 1/2017 Sage nicht vielleicht, wenn du eigentlich Nein sagen willst! Autor: Adnan Albash, Syrien Illustration: Antje Krüger nicht nochmal und dann sage dung nicht anzunehmen. Ich ich mir, ich hätte „ja“ sagen sol- sage eine der Möglichkeiten: len. „Inschaallah“, wenn Gott will, Manche empfinden meine oder „Bdeklek“, ich rufe dich an Gastfreundschaft als Belastung und sage dir Bescheid. Der Sy- und manche sagen mir direkt, rer versteht hier sofort, dass ich dass sie das nicht möchten oder nicht komme, die Deutschen nicht akzeptieren können. Mei- wissen das noch nicht. Aber D ne Mitbewohnerin zum Bei- was mache ich, wenn ich noch ieser Satz ist vielleicht etwas besonders Aufwendiges spiel sagte mir immer, dass sie einmal am Tag des Geburtstags der wichtigste Satz, den machen muss. Es ist für mich sich bei ihren Kollegen darüber gefragt werde, ob ich kommen die Syrer in Deutsch- nicht nur eine Herausforde- beschwert, dass ihr Mitbewoh- werde? Dann werde ich plötz- land als erstes verstehen und rung, ja eigentlich kaum mög- ner (also ich) sie dick machen lich krank oder jemand ist sehr lernen sollten. lich, „nein“ zu sagen, sondern möchte. Sie könne mein sehr krank geworden und ich muss Ich kann sagen, dass es so et- ich kann auch meine Meinung leckeres Essen nicht abschla- leider bei ihm bleiben. Obwohl was wie ‚nein‘ in unserer Kultur nicht ehrlich sagen, wenn mich gen, so sagte sie immer, dass sie ich jetzt in Deutschland bin und nicht gibt. Ich weiß nicht, wa- jemand fragt, wie es mir geht das jedoch dick mache. Außer- obwohl ich mehr Kontakt mit rum es so schwierig für mich oder wie ich sein Essen oder dem meint ein „Nein“ bei den Deutschen als mit Syrern habe, ist, „nein“ zu sagen oder etwas seine Kleidung finde. Ich habe Deutschen wirklich „Nein“ und ist es für mich immer schwie- abzusagen, wenn mich jemand das an mir nicht bemerkt, als nicht etwas anderes, hier kann rig, so direkt wie ein Deutscher zu irgendetwas einladen möch- ich in Syrien war; ich habe den man nicht widersprechen oder zu antworten. te. Ich weiß auch nicht, wie ich Unterschied erst hier gesehen, nochmal versuchen, die Mei- das definieren soll. Hat das et- als ich die Deutschen ken- nung des Deutschen zu ändern. Ich weiß nicht; es gibt etwas was mit Höflichkeit oder mit nengelernt habe. Man braucht Aber im Vergleich zu den Deut- in mir, was das nicht lernen Schüchternheit zu tun? nicht so viel zu erklären, um zu schen sagen wir niemals „nein“, möchte. beweisen, dass die Deutschen auch wenn wir das wirklich sa- Ich werde immer noch mei- Notlüge sehr direkt sind. gen möchten. ne Wörter („Inschaallah“ und Man braucht einem Deutschen „Bdeklek“) benutzen. Ich werde Ehrlich gesagt, ich weiß es etwas nicht ein- oder zweimal Das syrische/arabische „Nein“ dir mein Essen zwei- und drei- nicht. Ich komme immer zu ei- zum Trinken oder zum Essen und viermal anbieten. Ich wer- ner Notlüge, um mich vor dem anbieten, wenn er bereits beim Anstatt „Nein“ sagen wir „In- de auch immer sagen, dass dei- „Nein“-Sagen zu drücken. ersten Mal „nein“ sagte. Ich schaallah“, das bedeutet: Wenn ne Kleidung sehr schön ist und Ich erinnere mich an mein Ver- finde es manchmal unhöflich, Gott will. dass du auch schön aussiehst, halten, als ich nach Deutschland dass sie so ein starkes Nein sa- Oder wir sagen „Bdeklek“, und auch wenn ich das nicht finde. gekommen bin, wenn die Leute gen, aber manchmal verstehe das bedeutet: Ich rufe dich an mich fragten, ob ich etwas trin- ich das. und sage dir Bescheid; es wird Liebe Deutsche, falls ihr unsere ken möchte und ob ich etwas aber nicht angerufen und es Meinung zu irgendetwas wis- Bestimmtes trinken möchte. Gastfreundschaft wird nicht Bescheid gegeben. sen wollt, solltet ihr uns eure Heute muss ich darüber lachen, Ein kleines Beispiel: Jemand Fragen mehrmals stellen, weil aber ich habe immer so etwas In Syrien fragt der Gastgeber hat Geburtstag und lädt mich die erste Antwort nur aus ara- geantwortet wie: „Wie du möch- öfter, ob jemand etwas essen ein, ich möchte nicht hingehen, bischen Komplimenten und test.“ oder: „Mir ist es egal!“. Es oder trinken möchte. Ich fin- weil ich müde bin oder weil ich arabischer Höflichkeit besteht. könnte mir egal sein, denn ich de es manchmal nicht nett, keine Lust darauf habe oder Und wer die Araber kennt, trinke und esse ja fast alles, aber dass die Deutschen nur einmal weil ich etwas anderes Wich- weiß ganz genau, wie schön ich habe das immer gesagt, weil fragen, ob ich etwas trinken tiges machen muss. Hier kann unsere Worte sind und was für ich vielleicht nicht wollte, dass möchte. Ich sage zuerst „nein ich nicht absagen, weil ich es Schleimer wir sind. jemand durch meinen Wunsch danke“, aber sie fragen mich unhöflich finde, seine Einla-
12 www.neulandzeitung.com KUNST KOMMT NACH DEUTSCHLAND Autorin und Fotografin: Dunia Barrera, Spanien, info@duniabarrera.com Dunia Barrera ist Fotografin, kommt ursprünglich aus Madrid und lebt in München. Sie beschäftigt sich gerade mit dem Thema Heimat. Sie sagt: „Für mich kann ‚Zu Hause‘ so viele Sachen sein. Licht, Luft, Farben, Bewegung, Musik... Und das ist, was ich mit meiner Kamera suche.“ September 2007. Wenn ich nicht da bin, vermisse Jetzt vor 10 Jahren. ich München: Genug, um München als meine Ruhe. Heimat zu empfinden? Den Wind beim Fahrradfahren. Ja, aber… Gemischte Gefühle. Saubere Luft. Noch eine spannende Bezie- So ein Gefühl, nirgendwo da zu hung. sein. Wenn ich da bin, vermisse ich Nicht mehr aus Madrid. Kleinigkeiten von meinem Ge- Noch nicht in München. burtsort Madrid: Leute, die laut Aus meiner persönlichen Heimat im Bus reden. zu kommen. Lachende Gesichter. Luft, Licht, lachende Gesichter. Geräusche in Cafés. Was ist „zu Hause“ für uns? Autorin: Dunia Barrera, Spanien Seit ich ein Kind war, wollte ich immer Dozentin werden. Nachdem mein Opa sagte, dass Lehrer verhungern, habe ich Werbung an der Universität angefangen. Natürlich bringt das Leben dich genau dahin, wo du hin willst, und nach einigen Jahren bin ich an der Uni Dozentin geworden. Inzwischen habe ich Fotografie studiert und ein Master in Madrid absolviert. Ich denke, beide Berufe sind nicht so weit auseinander. Ich denke, Dozenten haben vieles aus der Künstlerwelt. Ich bin spezialisiert darauf, anderen Fremdspra- chen beizubringen - Englisch und Spanisch zu lehren ist meine Leidenschaft. Mich interessieren Menschen. 1998 habe ich ein persönliches Kunst-Projekt angefangen: Mode und Musik zu fotografieren. Ich finde es sehr spannend, wenn Menschen eine ganz bestimmte Zeit lieben und diese Liebe leben - egal ob sie jetzt im Jahr 2017 leben. Die Begeisterung für die 50´s oder 60´s ist so präsent, dass sich ihr ganzes Leben darum herum bewegt. Dieses Projekt hat mich durch ganz Europa gebracht, und ich war mit verschiedenen Ausstellungen beschäftigt. Ab 2007 habe ich mich mehr für das Interkulturelle interessiert. Es könnte natürlich daran liegen, dass ich selber aus Spanien nach Deutschland kam und alles aus einer anderen Perspektive sah. So entstand mein neues Projekt, mit dem ich mich gerade beschäftige: „ Was ist zu Hause für uns?“. Ich hatte das Glück, meine beiden Leidenschaften zu kombinieren, in ein paar Workshops über Fotografie und Interkulturalität. Eine neue spannende Tür, wo ich Stereotypen brechen kann und Kreativität aufwachen darf. Für mich kann „zu Hause“ so viele Sachen sein: Licht, Luft, Farben, Bewegung, Musik... Und das ist, was ich mit meiner Kamera suche.
13 Ausgabe 1/2017 DAS FREMDE LAND Die vier NeuLand-Autoren sind als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Sie leben aktuell in Mallersdorf und besuchen gemeinsam einen Deutschkurs. In der 2. Ausgabe der NeuLand-Zeitung haben sie den Artikel „Was bedeutet eigentlich Afghani“ von Parastu entdeckt. Von diesem Artikel inspiriert, haben Sie sich entschlossen, ihre aktuellen Hoffnungen und Ängste niederzuschreiben. Autoren: Mostafa Jafari, Ahmad Mohammadi, Reza Khodadadi, Mahmud Saidi, Iran W ir haben den Be- richt von Parastu in der zweiten Ausga- be von NeuLand mit großem Interesse gelesen. Auch unsere Leben sicher und frei. Wir sind minderjährig und werden vom Jugendamt be- treut. Wir gehen zur Schule und machen Praktika in verschiede- den nachgehen? Werden wir, wenn wir volljäh- rig sind, als Asylberechtigte anerkannt? Oder werden wir nach Afghanistan geschickt, Eltern sind vor dem Krieg in nen Betrieben. Wir wollen so in ein Land, das uns fremd ist, Afghanistan in den Iran ge- viel lernen und haben große ein Land, in dem Willkür, Ge- flohen. Auch wir sind im Iran Träume. walt und Terror herrschen? Wie geboren, waren also „Afgha- Werden sie wahr werden? Kön- könnten wir dort leben? Wir ni“ wie Parastu. Es ist uns dort nen wir uns hier in diesem haben doch keine Chance dort! sehr schlecht ergangen, und friedlichen Land ein gutes Le- Das sind unsere Ängste!!! wir haben Diskriminierung ben aufbauen? Können wir eine und Gewalt erlebt. Wir sind gute Ausbildung bekommen, aus dem Land, das wir hassen, einen Beruf ausüben, Geld ver- geflüchtet. Die Flucht war lang dienen und irgendwann eine und sehr gefährlich. Nun leben Familie gründen? Können wir wir in Niederbayern und fühlen unseren Hobbys wie Fußball uns zum ersten Mal in unserem spielen, Musik machen in Frie- Nadim im Neuland Zuhause oder Zwischenwelt? Ziele und Zweifel im Neuland Nadim ist eine Kunstfigur, die der Zeichner Masiullah Harres (Afghanistan) geschaffen hat. Nadim versucht, sich auf die Menschen und Werte in Deutschland einzulassen. „Nadim im Neuland“ ist eine Bilderserie. In der nächs- ten NeuLand-Ausgabe reflektiert Nadim ein neues Thema.
14 www.neulandzeitung.com Illustration: Antje Krüger Alt sein Autor: Iimaan H., Somalia Respekt vor alten E s gibt bei uns in Soma- Somalia wurden mein Opa und lia eine kurze Geschich- meine Oma bis zu ihrem Tod te über Vater und Sohn: zu Hause bei uns gepflegt und Menschen Der Vater ist blind und der Sohn muss ihn immer führen. Der Sohn hat nie Zeit für sich respektiert. Ich habe nachgedacht und Autor: Dawit, Eritrea selbst, da beschließt er, den Va- mich informiert: In Somalia ter loszuwerden. Er lässt den leben die meisten Menschen in Vater, als sie auf einem Weg Großfamilien auf dem Land. In I n Eritrea leben die jungen den alten Menschen umgehen. sind, in einen Abgrund stür- Deutschland dagegen leben die und die alten Menschen zu- Das ist wirklich sehr schwer für zen, sodass der Vater stirbt. Der meisten in kleinen Familien. sammen in einer Familie. mich zu verstehen. Sohn lebt fröhlich weiter, bis er Beide Partner arbeiten und die Das hat viele Vorteile. Die jun- selbst alt und blind wird. Doch Großeltern leben oft in einer gen Menschen können sich um In Eritrea haben wir großen Re- auch sein Sohn findet seinen anderen Stadt. Die Menschen ihre Eltern kümmern. Gehen spekt vor den alten Menschen, Vater lästig und lässt ihn eben- werden in Deutschland oft sehr die Jungen zur Arbeit, können denn sie haben schon viel falls in ein Wasserloch stürzen, alt und dement. Mein Eindruck die Großeltern auf ihre Enkel Erfahrung im Leben sammeln sodass auch dieser Vater stirbt. war allerdings, dass die Leute aufpassen. können. im Heim gut versorgt waren: Mit dem Problem der Pflege Das Essen war in Ordnung, sie In Deutschland werden alte alter Leute hatte ich während wurden mit Respekt behandelt. Leute häufig im Altersheim meines Praktikums im Senio- Die Pfleger haben mit ihnen ge- betreut, weil ihre Kinder keine renheim zu tun. Ich war sehr redet, gespielt, gekocht usw. Zeit haben, sich um sie zu küm- erstaunt, dass die Menschen mern. Ich habe ein Praktikum ihre alten, verwirrten Angehö- Aber vielleicht ist es für Men- als Altenpfleger gemacht. Da- rigen ins Heim abschieben. schen immer ein bisschen trau- bei habe ich bemerkt, dass vie- rig, sehr alt und nicht mehr le Betreuer sehr respektlos mit In meiner eigenen Familie in selbständig zu sein.
15 Ausgabe 1/2017 Wie ich meine Träume in Deutschland verwirkliche Autorin: Munkhjin Tsogt, Mongolei A ls ich nach Deutschland gespräch wurde sehr schnell wichtiges Ding erlernen. Als und „vielfältig“ machen möch- gekommen bin, gab es beendet. erstes kommt das Aufhören ten. Viertens müssen wir mit keine Freunde, keine mit Jammern. Man muss auf- dem Kritisieren aufhören. Wir Bekanntschaften, keine Netz- Die Nachbarn hören mit dem Jammern und können nicht auf einmal das werke. Ich war orientierungslos Beschweren. Besonders wir, die System oder das Management, in jeder Hinsicht. Ich konnte Alle waren weg, irgendwo weg. Migranten und Menschen mit oder das Verhalten des Vor- mich weder richtig in der Stadt Aber meine Nachbarn waren Fluchterfahrungen, brauchen gesetzten ändern. Das heißt, orientieren, noch konnte ich da, sie sind immer noch da. viel mehr Energie jeden Tag, wenn wir diesen Zustand stän- mich richtig in der Gesellschaft Aber sie haben wenige Be- damit wir erfolgreich Deutsch dig kritisieren, dann haben wir orientieren. Außerdem war es merkungen mir gegenüber ge- lernen und uns erfolgreich in keine Zeit, uns auf die wichti- sehr schwierig für mich, mich macht, dass ich mit ihnen spre- die Gesellschaft integrieren. gen Dingen zu konzentrieren. auf die Menschen einzustellen. chen darf oder etwas fragen Wenn wir jammern, haben wir Und zeitgleich können wir mit Besonders auf die Deutschen. darf. Es gab ein paar meiner keine Zeit für einen Plan für den anderen eine gesellschaft- Was sollte ich mit ihnen spre- Nachbarn, die sich mehr Zeit morgen. Wenn viele „Morgen“ liche Aufklärungsarbeit an- chen, und worüber musste ich genommen haben, mit mir zu vorbei sind, wird eines Ta- fangen, so dass wir das ganze erzählen, dass ich richtig zu ih- sprechen. Eine Nachbarsfrau ges schon ein Jahr vorbei sein. System ändern können. Aber nen passen konnte? Jeden Tag war sehr nett, aber sie hat sich Zweitens muss man aufhören als einzelne Personen können mit vollem Stress. über alles beschwert. Beson- mit dem Vergleichen. „Ich wir das System, den Status quo ders über das Wetter. Für mich habe ein Wohnheim mit vielen nicht ändern. Und die Zeit geht Suche nach Kontakten war das Wetter in Deutschland Menschen“, „ich habe eine klei- verloren mit dem Kampf, den kein Thema, worüber ich mich ne Wohnung“, „ich habe sehr wir allein nicht gewinnen. Wir Auf der anderen Seite mochte beschweren wollte. Ich kom- schlechte Nachbarn in meinem sollten aufhören, mit den vier ich unbedingt mit jemandem me schließlich aus der kältes- Nebenzimmer“, oder „ich habe Dingen: Jammern, Vegleichen, sprechen. Aber es gab keine ten Hauptstadt der Welt! Mein eine sehr schlechte Deutschleh- Konkurrieren, und Kritisieren. Personen - weder Migranten anderer Nachbar war sehr nett rerin“ etc.. Es ist immer so, dass aus der Mongolei noch Deut- aber... Wenn ich zum Beispiel ich immer das Schlechte habe Dann öffnen sich mehr Türen sche, Einheimische, mit denen damals gesagt hätte, dass ich je- oder bekomme oder mir alles ich reden konnte. Sie waren alle den Tag viel Deutsch lerne, hät- Schlechte zugewiesen wurde. Aber wir sollten proaktiv sein. so beschäftigt mit etwas, mit et- te sie gesagt „Ja, ja, Migranten Dieses Vergleichen macht die Das heißt: Initiative ergreifen. was sehr Wichtigem. Ich habe müssen sehr gut Deutsch ler- Menschen blind, ihre Mög- Seien Sie besser: Finden Sie die nichts Wichtiges getan, ich hat- nen“. Sie wollte nichts Böses sa- lichkeiten und Chancen zu se- Lösung der Dinge, nicht die te Zeit, aber alle anderen hatten gen, aber wenn man jeden Tag hen und zu ergreifen. Drittens Hindernisse der Dinge. Über- gar keine Zeit für mich. sehr fleißig Deutsch lernt, dann kommt die andere Gewohnheit legen Sie, was die Lösungen hört man so eine Antwort. Da- des Konkurrierens. Im Wett- und Wege sind, über die wir die Panik am Telefon mit entsteht noch mehr Druck bewerb zu sein ist immer gut, heutigen schlechten Situatio- und noch mehr Stress hinsicht- wurde mir von meinen Eltern nen ändern können. Wenn Sie Eines Tages habe ich eine Tele- lich der Frage, wie ich hier zu gesagt und ich bin so erzogen, einen beruflichen Traum ha- fonnummer von einer mongo- Deutschland passe. Aber ja, dass ich mit den anderen kon- ben, recherchieren Sie und ver- lischen Frau bekommen, die in zum Glück ist dieses Beispiel kurrieren musste. Aber es hilft wenden Sie auf diese Thematik München wohnt. Und den Zet- von 2013. Ich bin schon vier uns nicht besonders, wenn wir mehr Zeit und Energie. Dann tel, auf dem die Telefonnummer Jahre in Deutschland. uns entwickeln möchten. Jeder öffnen sich mehr Türen, Mög- stand, habe ich ein paar Tage Mensch ist anders und unser lichkeiten und Sie treffen Men- mit mir herumgetragen und Der Weg zum Traum Leben ist einzigartig mit ver- schen, die Ihnen helfen oder Sie einmal habe ich versucht, sie schiedenen Sachen. Wenn wir unterstützen auf Ihrem Weg zur zu erreichen. Statt der Stimme Jetzt möchte ich erklären, wie konkurrieren, vergessen wir Verwirklichung Ihrer Träume. der Frau habe ich eine männli- man seine Träume in Deutsch- unsere Besonderheit, die wir Gute und spannende Reise. che Stimme gehört. Ich bekam land verwirklicht. Mann muss sehr benötigen, wenn wir hier sofort Panik und das Telefon- vier Dinge verlernen und ein unser neues Heimatland „bunt“
16 www.neulandzeitung.com Danksagung Unser Dank gilt zuallererst Herrn Wühr und dem Heribert Wühr Verlag Straubing sowie allen weiteren Spendern, welche uns den Druck dieser 4. Ausgabe ermöglicht haben. Außerdem danken wir der Seidlvilla, die uns regelmäßig kostenfrei ihre Räumlichkeiten für Redaktionstreffen zur Verfügung stellt. Zudem bedanken wir uns bei allen anderen Spendern und Mitgliedern, denn ohne die regelmäßige finanzielle Unterstützung gäbe es weder eine Zeitung noch andere bereichernde Aktionen wie Lesungen oder Autorentref- fen. Mit Spenden können wir Möglichkeiten der Begegnung und Raum für Kontakt und Dialog anbieten. Dafür bedanken wir uns von ganzem Herzen! Es freut uns, dass wir so viele Menschen mit unserem Projekt begeistern können. NeuLand unterstützen MITGLIEDSCHAFT te vor der Veröffentlichung. Melden Sie sich einfach bei Führen Sie Interviews mit uns, damit wir Ihre Mithilfe Über eine Vereinsmitglied- geflüchteten Menschen und organisieren können. schaft können Sie NeuLand MigrantInnen. e.V. regelmäßig finanziell SPENDEN unterstützen und unsere ÜBERSETZER WERDEN Arbeit langfristig fördern. Ob kleine oder große Spen- Der Mitgliedsbeitrag um- Sie beherrschen eine im de, wir freuen uns über fasst jährlich wahlweise 50 Flüchtlingskontext relevan- jeden Beitrag. NeuLand Euro oder 20 Euro. Schrei- te Fremdsprache? Werden e.V. ist ein gemeinnütziger ben Sie uns einfach, wenn Sie Übersetzer für Neu- Verein und jede Spende Sie Mitglied werden möch- Land! Begleiten Sie Migran- daher steuerlich absetzbar. ten! tInnen und Geflüchtete bei Die Spendenbescheinigung ihrem Schreibprozess und wird elektronisch versandt, SPONSORING übersetzen Sie ihre Beiträge bitte geben Sie hierfür Ihre ins Deutsche. E-Mail-Adresse sowie die Unterstützen Sie uns im Be- Postanschrift im Verwen- reich Sponsoring, PR und ZEITUNG VERTEILEN dungszweck an. Öffentlichkeitsarbeit sowie Layout und Webdesign. Sie haben ein Geschäft oder NeuLand e.V. ein Büro, eine Praxis oder Kontonr.: 1566 8014 REDAKTEUR WERDEN sind Mitarbeiter in einem BLZ: 700 20 270 Geschäft oder Unterneh- IBAN: DE46 700 202 7000 Motivieren Sie Geflüchtete men, das Publikumsver- 1566 8014 zum Schreiben, gewinnen kehr hat, einen Wartebe- BIC: HYVEDEMMXXX Sie sie als Autoren. Redigie- reich, oder interessierte Verwendungszweck: ren und lektorieren Sie Tex- Kunden oder Mitarbeiter? Name und Emailadresse IMPRESSUM HERAUSGEBER: NeuLand e.V., Valleystraße 29, 81371 München • VERTRETEN DURCH Susanne Brandl, Vorsitzende, und Raphael Müller-Hotop, stellv. Vorsitzender • KONTAKT: neuland-zeitung@web.de • VEREINSREGISTEREINTRAG: Eintrag beim Amtsgericht München, Vereinsregisternummer VR 206290 REDAKTION/ TEAM: Adnan Albash, Susanne Brandl, Simon Brandl, Tobias Göppel, Andrea Göppner, Gudrun Hackenberg, Karin John, Dimitri Kloster, Raphael Müller Hotop, Caro Poullain, Julian Roos, Anneliese Schickl, Natalie Schwebel, Martina Schwingenstein, Ulrich Schwingenstein, Natalie Sharp, Anlis Spitzauer, Martina Tollkühn, Eva Treu, James Tugume, Matthias Weiß. • Außenredaktion an der Berufsschule zur Berufsintegration in der Balanstraße: Matthias Weiß, So- phie Borsdorf, Tobias Verbeck, Marion Gross, Hermann Göb, Eva Gahl, Bea Lammert • SCHLUSSREDAKTION: Susanne Brandl, Raphael-Müller-Hotop, Martina Schwingenstein, Martina Tollkühn (V.i.S.d.P.) • ILLUSTRATIONEN: Elena Buono (elenabuono.com), Naseef G., Masiullah Harres, Antje Krüger (antje-krueger. de) LOGO: Rita Kocherscheidt (rita.kocherscheidt@gmail.com) • ONLINE (www.neulandzeitung.com): Dimitri Kloster, www.facebook.com/neulandzeitung: Caro Poullain, Adnan Albash • FOTOS: Caro Poullain • LAYOUT: Friederike Krüger • DRUCKEREI/ TRANSPORT: mafraprint Prag
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