"Leaving no one behind"? - Deutschlands Beitrag zur Verbesserung der globalen Kinder- und Müttergesundheit - Save the Children Deutschland
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„Leaving no one behind“? Deutschlands Beitrag zur Verbesserung der globalen Kinder- und Müttergesundheit Dezember 2017
„Leaving no one behind“? Deutschlands Beitrag zur Verbesserung der globalen Kinder- und Müttergesundheit Inhalt Executive Summary 4 1. Einleitung 5 2. K inder- und Müttergesundheit in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit: Ziele und Konzepte 6 3. Inwieweit entsprechen die deutschen Investitionen und Aktivitäten zur Förderung von Kinder- und Müttergesundheit der Rhetorik der Bundesregierung? 8 4. K ohärenzprüfung und Handlungsempfehlungen 20 5. Anhänge 24 3
Executive Summary Es wird empfohlen, dass die Bundesregierung 1. Einleitung Ein weiteres Unterziel von SDG 3 ist die Erreichung folgende Maßnahmen umsetzt: universeller Gesundheitsversorgung (Universal Diese Studie untersucht das Engagement der deut- Diese Studie untersucht das Engagement der deut- Health Coverage, UHC). UHC beinhaltet die finan- schen Bundesregierung im Bereich der globa- 1. Angesichts ihrer Wirtschaftskraft sollte die Bundes- schen Bundesregierung im Bereich der globa- zielle Risikoabsicherung im Krankheitsfall (Schutz vor len Kinder- und Müttergesundheit und entwi- regierung einen größeren Beitrag dazu leisten, die len Kinder- und Müttergesundheit und entwi- katastrophalen Gesundheitsausgaben, die zur Armut ckelt Handlungsempfehlungen, um den deutschen jährliche Finanzierungslücke für Kinder- und Mütter- ckelt Handlungsempfehlungen, um den bundes- führen), den Zugang zu hochwertiger gesundheitli- Beitrag weiter zu stärken. Sie zeigt, dass die Bundes- gesundheit zu schließen, die 2015 auf mehr als 33 Mil- deutschen Beitrag in diesem Bereich weiter zu stär- cher Grundversorgung, sowie den Zugang zu sicheren, regierung Kinder- und Müttergesundheit als einen liarden USD geschätzt wurde. Die Bundesregierung ken. Die Förderung von Kinder- und Müttergesundheit wirksamen, hochwertigen und bezahlbaren unentbehr- Schwerpunkt innerhalb der globalen Gesundheitspoli- sollte das von der WHO empfohlene Finanzierungs- ist ein Ziel der Bundesregierung in der gesundheits- lichen Medikamenten und Impfstoffen für die gesamte tik ausweist und sich insbesondere seit der Ebola-Krise ziel annehmen und mindestens 0,1 % des Brutto- bezogenen Entwicklungszusammenarbeit (EZ).1 Fort- Bevölkerung.7 Alle Menschen sollen Zugang zu Gesund- in Westafrika stärker denn je für globale Gesundheit nationaleinkommens (BNE) für gesundheits- schritte in der Kinder- und Müttergesundheit sind drin- heitsversorgung haben und „niemand soll zurück- engagiert. Allerdings zeigt die Studie auch auf, dass bezogene ODA aufwenden. So würde die Bundes- gend geboten. Denn trotz substanzieller Fortschritte gelassen werden“ („Leaving No One Behind“). eine Lücke zwischen der öffentlichen Rhetorik regierung ihrer Verantwortung als größte europä- seit der Jahrtausendwende starben im Jahr 2016 welt- Die Förderung universeller Gesundheitsversorgung zur Kinder- und Müttergesundheit und den Inves- ische Wirtschaftskraft nachkommen. weit immer noch 5,6 Millionen Kinder unter fünf Jahren durch die Stärkung von Gesundheitssystemen wird von titionen der Bundesregierung besteht. Nicht immer an vermeidbaren Krankheiten, rund die Hälfte (46 %) der Bundesregierung als ein Schwerpunkt angesehen – ist das Handeln der Bundesregierung kohärent mit der 2. Die Bundesregierung sollte ihre neue Führungsrolle davon waren Neugeborene. Für einen großen Teil hierbei wird auch argumentiert, dass durch Projekte Rhetorik: in der Gesundheitspolitik dazu nutzen, Kinder- und (30 %) davon waren Komplikationen in der Schwanger- in diesem Bereich Kinder- und Müttergesundheit eben- Müttergesundheit auf der globalen Agenda weiter schaft und bei der Geburt verantwortlich.2 2015 star- falls gefördert werden soll. Die Studie untersucht die- • Die Bundesregierung ist noch immer weit davon zu priorisieren. Der Schwerpunkt sollte darauf lie- ben außerdem über 300.000 Frauen und Mädchen an sen Nexus. entfernt, das von der Weltgesundheitsorganisation gen, universellen Zugang zu Gesundheitsver- diesen Komplikationen3. Man spricht daher auch vom (WHO) empfohlene Finanzierungsziel zu erreichen, sorgung für alle zu schaffen – für jedes Kind und „Unfinished Business“ der Millenniums-Entwick- Zunächst wird analysiert, wie die Bundesregierung das nämlich 0,1 % des Bruttonationaleinkommens für jede Mutter, um niemanden zurückzulassen. lungsziele (Millennium Development Goals, MDGs), Thema Kinder- und Müttergesundheit strategisch posi- gesundheitsbezogene öffentliche Entwicklungshilfe da die Ziele für Kinder- und Müttergesundheit nicht tioniert, welche Ziele sie sich selbst gesetzt hat, und (Official Development Assistance, ODA) aufzuwen- 3. Die Bundesregierung sollte die GFF zur Unterstüt- erreicht wurden.4 inwieweit das Thema in öffentlichen Aussagen als Prio- den. Um dieses Ziel zu erreichen, müsste Deutsch- zung von Every Women Every Child (EWEC) finan- rität beschrieben wird. Darauf basierend wird anschlie- land die gesundheitsbezogene ODA mehr als ver- ziell unterstützen. In der Agenda 2030 mit ihren 17 nachhaltigen Ent- ßend untersucht, inwieweit sich die Investitionen der dreifachen. wicklungszielen – den Sustainable Development Goals Bundesregierung mit der öffentlichen Rhetorik decken. • Obwohl sich die Bundesregierung öffentlich für ein 4. Die Impfallianz Gavi trägt erfolgreich zur glo- (SDGs) – spielt Kinder- und Müttergesundheit daher Vor diesem Hintergrund wird das deutsche Engage- stärkeres multilaterales System einsetzt, wird wei- balen Gesundheit bei und bedarf fortlaufender weiterhin eine wichtige Rolle. 5 Laut SDG 3 soll bis 2030 ment zur Förderung von Kinder- und Müttergesund- terhin ein vergleichsweise hoher Anteil der ODA- Unterstützung. Die Bundesregierung sollte ihren „ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters heit bewertet und verschiedene Handlungsoptionen ent- Mittel für Gesundheit (54 %) und Kinder- und Müt- Verpflichtungen gegenüber Gavi und auch dem gewährleistet und ihr Wohlergehen gefördert werden“. wickelt, die darauf abzielen, das Engagement der Bun- tergesundheit (68 %) bilateral bereitgestellt. Die Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberku- Zentrale Unterziele sind die weltweite Müttersterblich- desregierung weiter zu stärken. Global Financing Facility (GFF) zur Unterstützung lose und Malaria (der Globale Fonds) nachkommen keit auf unter 70 je 100.000 Lebendgeburten zu senken von Every Women Every Child (EWEC) wird bislang und ihre Beiträge bei den nächsten Wiederauffül- (Unterziel 3.1), vermeidbare Todesfälle bei Neugebore- Zur Entwicklung der Studie wurde ein Methodenmix überhaupt nicht unterstützt. lungskonferenzen erhöhen. nen und Kindern unter fünf Jahren zu beenden, mit dem angewandt, der Dokumentenanalyse, Datenbankaus- • Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jah- von allen Ländern zu verfolgenden Ziel, die Sterblichkeit wertungen und semi-strukturierte Interviews umfasste: ren mehrfach auf die wichtige Bedeutung der Welt- 5. Im Sinne einer kohärenteren globalen Gesund- bei Neugeborenen mindestens auf 12 je 1.000 Lebendge- gesundheitsorganisation in der globalen Gesund- heitspolitik sollte die Bundesregierung ihre Bei- burten und bei Kindern unter fünf Jahren mindestens auf • Grundsatz- und Positionspapiere der Bundesregie- heitspolitik hingewiesen. Als sechstgrößter Geber träge zur WHO im Jahr 2018 substanziell erhö- 25 je 1.000 Lebendgeburten zu senken (Unterziel 3.2).6 rung wurden analysiert und in Bezug auf Kinder- bleibt Deutschland aber hinter den Erwartungen hen, damit die Organisation ihre technischen und und Müttergesundheit hin untersucht. zurück. Nur 3 % der deutschen ODA im Gesund- normativen Funktionen effektiver ausüben kann. heitsbereich kommen der WHO zu Gute. 1 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. (2009). Sektorkonzept „Gesundheit in der deutschen Entwicklungspolitik“ (BMZ KONZEPTE 183); Bundesministerium für Gesundheit. (2013). Globale Gesundheitsstrategie. • Die Studie legt außerdem nahe, dass es ein Poten- 6. Die Bundesregierung sollte sicherstellen, dass die 2 UNICEF. (2017). Levels & Trends in Child Mortality. zial gibt, Kinder- und Müttergesundheit in bilatera- Verbesserung von Kinder- und Müttergesund- 3 Weltgesundheitsorganisation. (2016). Maternal mortality Fact sheet. len Projekten zur Gesundheitssystemstärkung und heit in bilateralen Projekten zur Gesundheits- 4 Vereinte Nationen. (2015). Millenniums-Entwicklungsziele Bericht. zur Erreichung einer universellen Gesundheitsver- systemstärkung und zur Erreichung einer universel- 5 Siehe: Ziele für nachhaltige Entwicklung, Vereinte Nationen. Sustainable Develoment Goals. sorgung besser zu verankern. len Gesundheitsversorgung als explizites Ziel ver- 6 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. (o.D.). Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. ankert ist. 7 Siehe: Ziel 3 für nachhaltige Entwicklung: Gesundheit und Wohlergehen, Vereinte Nationen. Sustainable Development Goals. 4 5
• Neun Interviews mit Vertretern der Zivilgesell- gung bereitgestellt wird, die sich bedarfsgerecht an schutz und Krisenprävention.11 Dem Globalen Fonds entstanden ist.13 Das erste von insgesamt fünf Prinzi- schaft, der Bundesregierung, Parlamentariern, den wichtigsten Gesundheitsproblemen der Menschen zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria pien der Joint Vision lautet: „Leaving no one behind: Durchführungsorganisationen und internationalen orientiert“. Als eine „Wirkung“ wird zudem angestrebt, (der Globale Fonds) wird in diesem Schwerpunktbe- a commitment to equity, non-discrimination and Gesundheitsexperten wurden geführt, um das bun- den „Zugang zu Gesundheitsversorgung insbesondere reich eine besondere Rolle zugeschrieben. Mütter und human-rights based approaches“.14 Das Papier hat den desdeutsche Engagement zu bewerten, und um eine für arme und benachteiligte Gruppen“ zu verbessern. Kinder als wichtige Gruppen in der deutschen EZ wer- Grundstein für eine globale UHC-Strategie mit Fokus Einschätzung zu Deutschlands Engagement für Kin- Der Zugang zu Gesundheitsversorgung für alle Men- den nicht explizit hervorgehoben. auf Gesundheitssystemstärkung gelegt und im Rahmen der- und Müttergesundheit zu erhalten. schen wird somit deutlich als Ziel formuliert. der UHC2030-Partnerschaft sowie des G20-Gesund- • Für die finanzielle Analyse wurde die Datenbank Im November 2016 kündigte Bundesentwicklungsmi- heitsministertreffens die Debatte um universelle soziale des Development Assistance Committee der Ein weiteres zentrales Dokument ist das Konzept- nister Müller einen Marshallplan mit Afrika an, des- Absicherung im Krankheitsfall beeinflusst. In der Joint OECD (OECD DAC) genutzt, um Schwerpunkte papier „Globale Gesundheitspolitik gestalten – sen Eckpunkte im Februar 2017 veröffentlicht wurden. Vision werden Mütter und Kinder als Teil der vulnera- und Trends in der gesundheitsbezogenen öffentli- gemeinsam handeln – Verantwortung wahrneh- Im Marshallplan verschreibt sich die Bundesregierung belsten Gruppen genannt. Als einer der federführen- chen Entwicklungshilfe (Official Development Assi- men“ von 2013, entwickelt unter Führung des Bundes- auch dem Ziel, Afrika bei der notwendigen Sicherstel- den Partner der UHC2030-Allianz hat sich die Bundes- stance, ODA) und für den Bereich Kinder- und Müt- ministeriums für Gesundheit (BMG). Im Konzeptpapier lung von Angeboten für Gesundheit und leistungsfä- regierung dazu verpflichtet, UHC durch die Stärkung tergesundheit aufzuzeigen. Darüber hinaus wurden erklärt die Bundesregierung neben der Stärkung von hige Sicherungssysteme zu unterstützen. Außerdem von Gesundheitssystemen voranzutreiben. Haushaltsdokumente und andere veröffentlichte Gesundheitssystemen die Reduzierung der Mütter- und erwähnt Deutschland explizit das Ziel „Wir lassen Dokumente zu Investitionen für Kinder- und Müt- Kindersterblichkeit als eines der Ziele ihrer bilateralen niemanden zurück“ und betont dabei seine Mitver- Den thematischen Fokus auf Gesundheit hat Deutsch- tergesundheit untersucht. Bereits existierende Stu- Gesundheits-EZ. Laut diesem Konzeptpapier betrach- antwortung gegenüber den am wenigsten entwickel- land zu einem prominenten Gipfelthema während dien wurden ebenfalls analysiert, um die Effektivität tet die Bundesregierung Gesundheitssystemstärkung ten Ländern, auch im Bereich der Gesundheitsversor- der deutschen G7-Präsidentschaft 2015 und der von der Bundesregierung unterstützten Initiati- und die universelle soziale Absicherung im Krankheits- gung. Auch verweist der Marshallplan auf die Eigen- der G20-Präsidentschaft 2017 gemacht. In der ven zu bewerten. fall als Querschnittsthema, das die Grundvorausset- verantwortung der afrikanischen Länder und G7-Abschlusserklärung und der folgenden Erklärung zung für weitere Fortschritte in der Mütter- und Kin- macht explizit klar, dass diese gemäß dem Abuja-Ziel der G7-Gesundheitsminister im September 2015 wurde 2. K inder- und Müttergesundheit in der dergesundheit darstellt.9 Innerhalb der Gesundheits- 15 % ihres Staatsbudgets für Gesundheit bereitstellen auch auf Mütter- und Kindergesundheit verwiesen. systemstärkung betont das Konzeptpapier, dass die sollten.12 Auch sollen sie die Gesundheitsversorgung für Während der G7-Präsidentschaft war Deutschland deutschen Entwicklungszusammenarbeit: Bundesregierung einen besonderen Fokus auf Maß- Frauen und Mädchen sicherstellen. auch Gastgeber der Wiederauffüllungskonferenz der Ziele und Konzepte nahmen im Bereich der Kinder- und Müttergesundheit, Impfallianz Gavi, bei der 7,5 Milliarden USD neue Finan- HIV / Aids-Bekämpfung sowie sexuelle und reproduktive Für den Bereich Gesundheitssystemstärkung und sozi- zierung für Gavi mobilisiert wurden.15 In seiner Eröff- Die Leitlinien des bundesdeutschen Engagements in der Gesundheit und Rechte legt. Besonders die universelle ale Absicherung im Krankheitsfall hat die Bundesregie- nungsrede zur Gavi-Auffüllungskonferenz sagte Bun- gesundheitsbezogenen Entwicklungszusammenarbeit Absicherung im Krankheitsfall wird hervorgehoben. rung auch zur Entwicklung eines globalen Konzeptpa- desentwicklungsminister Müller: ergeben sich aus dem Sektorkonzept „Gesundheit Auch in ihrem Engagement für selbstbestimmte Famili- piers beigetragen. So wurde während des SDG-Gipfels in der deutschen Entwicklungspolitik“ aus dem enplanung adressiert die Bundesregierung Mütter- und im September 2015 durch Deutschland zunächst die „ Aber die Millenniumsentwicklungsziele wurden nicht voll- Jahr 2009 des Bundesministeriums für wirtschaftliche Kindersterblichkeit als Folge von ungewollten Schwan- Initiative Healthy Systems – Healthy Lives ange- kommen und ausreichend erreicht. Die Kindersterblichkeit Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Als Schwer- gerschaften und mangelnder Vorsorge und Betreuung schoben, die darauf abzielt, einen internationalen und sank zum Beispiel nur um knapp die Hälfte statt wie ange- punktthemen definiert das BMZ-Sektorkonzept8 während der Schwangerschaft.10 Dabei nimmt die Bun- nationalen Dialog zur Gesundheitssystemstärkung zu strebt um zwei Drittel. Bei der Müttersterblichkeit gab es nur die Stärkung von Gesundheitssystemen, sexuelle und desregierung auch die Partnerländer in die Pflicht, in fördern und das internationale Engagement dafür zu eine Verringerung um 45 Prozent statt um 75 Prozent. Was reproduktive Gesundheit sowie die Bekämpfung über- dem es die Verantwortung aller Länder, „das Recht auf festigen. Eines der Ergebnisse dieser Initiative war das wir noch nicht geschafft haben, wollen wir jetzt nicht nur so tragbarer Infektionskrankheiten und HIV / Aids. Unter Gesundheit zu achten, zu schützen und zu gewährlei- durch die Bundesregierung während der 70. Weltge- schnell wie möglich erreichen.Wir wollen uns mit den Sustai- sexueller und reproduktiver Gesundheit wird explizit sten“, fordert. sundheitsversammlung der Weltgesundheitsorganisa- nable Development Goals neue, noch ehrgeizigere Ziele für die Verbesserung der Kinder- und Müttergesund- tion (WHO) im Mai 2017 vorgestellte Konzeptpapier die nächsten 15 Jahre setzen.“ heit genannt. Im BMZ-Sektorkonzept wird der Begriff Der Koalitionsvertrag von 2013 greift Gesund- „Healthy systems for universal health coverage Universal Health Coverage (UHC) zwar nicht aus- heit ebenfalls auf und nennt diese einen thematischen – a joint vision for healthy lives“ (Joint Vision), das drücklich erwähnt, allerdings wird darauf hingewiesen, Schwerpunkt der Regierungsarbeit neben Landwirt- in einem breiten internationalen Konsultationsprozess dass eine „für alle zugängliche, fair finanzierte präven- schaft, Geschlechtergerechtigkeit, Bildung, Klima- tive, kurative und rehabilitative Gesundheitsversor- 11 Bundesregierung. (2013). Deutschlands Zukunft gestalten. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode. 12 Weltgesundheitsorganisation. (2011). The Abuja Declaration: Ten Years On. 8 Zum Zeitpunkt der Recherche für diese Studie war das Sektorkonzept von 2009 das aktuellste Dokument. Das Bundesministerium für 13 UHC2030. (2017, 15. Mai). A vision for health system performance and policy [Pressemeldung]. wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung aktualisiert zurzeit das Konzept. In einer vorliegenden „Skizze“ werden Kinder- und 14 Die anderen vier Prinzipien sind: Transparency and accountability for results; Evidence-based national strategies and leadership; Making Müttergesundheit und UHC als Schwerpunkte ausgewiesen. health systems everybody’s business, with engagement of citizens, communities, civil society and private sector; International cooperation 9 Bundesministerium für Gesundheit. (2013). Globale Gesundheitsstrategie. based on mutual learning across countries and development effectiveness principles. 10 Ebd. 15 GAVI, die Impfallianz. Gavi pledging conference January 2015. 6 7
Auch Bundeskanzlerin Merkel äußerte sich im Rah- sich der Fokus auf Pandemiebekämpfung, Gesundheits- Abbildung 1: Die 10 größten ODA-Geber im Bereich Gesundheit in Millionen USD, 2015 men der Gavi-Wiederauffüllungskonferenz und wenige systemstärkung und universeller sozialer Absicherung Tage zuvor in einer Rede zur 15. Jahreskonferenz des im Krankheitsfall als Voraussetzung für schnelle Reak- 10.000 9.399 Rates für Nachhaltige Entwicklung zur Kinder- und tionsfähigkeit in globalen Gesundheitskrisen wieder. Müttergesundheit: 8.000 3. I nwieweit entsprechen die deutschen „Wir wissen ja, bei der Umsetzung der bisherigen Millenni- umentwicklungsziele gibt es Licht und Schatten.Wir hinken Investitionen und Aktivitäten zur Förde- 6.000 zum Beispiel bei der Mütter-Kinder-Gesundheit der Zielvor- rung von Kinder- und Müttergesundheit 4.000 gabe deutlich hinterher.“ der Rhetorik der Bundesregierung? 3.045 2.000 957 Auf der Gavi-Wiederauffüllungskonferenz betonte Die zuvor diskutierten Ziele und öffentlichen Aussagen 837 784 762 683 585 508 496 Bundeskanzlerin Merkel: zu Kinder- und Müttergesundheit werden in diesem Teil 0 den Investitionen und Aktivitäten der Bundesregierung USA Großbritannien Deutschland EU Japan Frankreich Kanada Norwegen Schweden Niederlande „Gemeinsam haben wir bereits einiges erreicht. Die Zahl der gegenübergestellt. Menschen, die heute weltweit an Malaria, Tuberkulose oder Quelle: OECD DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015 HIV / Aids sterben, konnte im Vergleich zu vor 15 oder 20 3.1 D ie gesundheitsbezogenen ODA-Beiträge der Jahren halbiert werden. Das gilt ebenso für das Risiko, dass Bundesregierung Kleinkinder ihre ersten Jahre nicht überleben, und für das Abbildung 2: ODA-Ausgaben im Bereich Gesundheit als Prozentsatz an der gesamten ODA, 2015 Risiko, dass Mütter an den Folgen von Schwangerschaft und Internationale Gesundheitspolitik wird von der Bun- Geburt sterben. Auch diese Risiken sind gesunken. Diese Fort- desregierung als Schwerpunktthema angesehen. Die 30,0 % schritte sind ganz sicher auch mit der Arbeit von Gavi verbun- gesundheitsbezogene ODA Deutschlands ist ein 30 % den. Sie sind Folge der erfolgreichen Arbeit der Globalen Impf- wesentlicher Indikator, um die deutschen Beträge zur 25 % allianz Gavi und des Globalen Fonds zur Bekämpfung von globalen Gesundheit zu beurteilen. Im Jahr 2015 war 20 % 16,5 % 16,0 % Aids, Tuberkulose und Malaria – des GFATM. Doch bei allen Deutschland im Gesundheitsbereich der drittgrößte 13,8 % erfreulichen Fortschritten gibt es noch zahlreiche Herausfor- Geber unter den Geberländern des Entwicklungshilfe- 15 % 8,6 % derungen. Weltweit sterben jährlich noch ca. 290.000 Frauen ausschusses (DAC) der OECD, mit 957 Millionen USD 10 % 7,2 % 7,0 % 5,4 % 5,3 % 4,9 % während der Schwangerschaft oder Geburt. Für junge Frauen gesundheitsbezogenen ODA-Ausgaben (Abbildung 1). 5% zählen Schwangerschaft und Geburt sogar zu den Hauptto- Dies entspricht weniger als 5 % der gesamten deut- 0 desursachen.“ schen ODA im Jahr 2015, womit Deutschland somit USA Großbritannien Kanada Norwegen Niederlande Schweden Frankreich EU Japan Deutschland klar unter dem DAC-Durchschnitt von 9 % für den Deutschland trug das Thema Gesundheit weiter in Bereich Gesundheit liegt. Quelle: OECD DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015 seine G20-Präsidentschaft und erreichte, dass sich die G20-Gesundheitsminister zum ersten Mal in die- Deutschland ist damit außerdem das Schlusslicht der sem Rahmen exklusiv trafen, um die Bedeutung von Gruppe der 10 größten Geber für Gesundheit (Abbil- des Bruttonationaleinkommens für gesundheitsbezo- Dieser Aspekt wurde in den vergangenen Jahren von Gesundheit weiter zu stärken. Durch die Erfahrungen dung 2).16 gene ODA aufzuwenden. Dieses Ziel wurde 2015 von den Oppositionsparteien und der Zivilgesellschaft häu- der Ebola-Krise lag der Fokus stark auf Pandemieprä- Norwegen, Großbritannien und Schweden erreicht fig kritisiert.18 Denn angesichts ihrer Wirtschaftskraft vention und der Bedeutung von starken Gesundheits- 2001 empfahl die von der WHO eingesetzte Kommis- bzw. übertroffen. Auch im Vergleich zu anderen gro- sollte die Bundesregierung deutlich stärker dazu bei- systemen sowie auf dem Thema Antibiotikaresistenzen. sion für Makroökonomie und Gesundheit, dass Länder ßen Geberländern – wie den Niederlanden, den Ver- tragen, die jährliche Finanzierungslücke für Mütter- und Die G20-Abschlusserklärung der Gesundheitsminister mit hohem Einkommen wenigstens 0,1 % ihres Brutto- einigten Staaten und Kanada – schneidet Deutschland Kindergesundheit zu schließen, die 2015 auf mehr als hob weiterhin die WHO als wichtige koordinierende nationaleinkommens (BNE) für gesundheitsbezogene schlechter ab und bleibt insofern hinter seinen Möglich- 33 Milliarden USD geschätzt wurde.19 Institution hervor und bekräftigte die Bedeutung von ODA bereitstellen sollten.17 Deutschland gab in 2015 keiten (Abbildung 3). Gesundheitssystemstärkung. Auch in der Abschluss- 0,03 % des BNE für gesundheitsbezogene EZ aus erklärung der G20-Staats- und Regierungschefs findet und bleibt damit unter der WHO-Empfehlung, 0,1 % 18 Uwe Kekeritz. (2017, 10. Juli). Frauen- und Kindergesundheit müssen stärker in den Fokus der Entwicklungspolitik [Pressemeldung]; Rüppel. 16 Wenn die Ausgaben für die Versorgung von Geflüchteten innerhalb Deutschlands aus der Gesamt-ODA in 2015 rausgerechnet werden (2016): Deutschlands Beiträge für die globale Gesundheit und HIV-Bewältigung im Kontext der Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungs- würden, steigt der Anteil der gesundheitsbezogenen EZ auf 5,7 %. ziele; Deutsches Ärzteblatt. (2017, 10. Juli). Deutschlands Rolle in der globalen Gesundheitspolitik; Epo Entwicklungspolitik Online. (2017, 10. 17 Weltgesundheitsorganisation, WHO Commission on Macroeconomics. (2001). Macroeconomics and health: investing in health for Juli). Gesundheit auf der Agenda der G20 Save the Children fordert Investitionen in WHO. economic development. 19 Global Financing Facility in Support of Every Woman Every Child. (2015). Business Plan. 8 9
Abbildung 3: ODA-Ausgaben im Bereich Gesundheit als Prozentsatz des Bruttonationaleinkommens, 2015 Abbildung 4: Bilaterale und multilaterale ODA-Ausgaben Deutschlands im Bereich Gesundheit als Prozentsatz, 2015 1000 0,14 % 0,14 % 529 440 0,12 % 471 800 0,12 % 0,10 % 0,10 % 600 0,07 % 6,4 % 0,08 % 5,9 % Multilaterale ODA 0,06 % 0,05 % 0,05 % 400 4,8 % Bilaterale ODA 0,04 % 0,03 % 0,03 % 0,03 % 0,02 % 200 Gesundheitsbezogene ODA 0,02 % als Prozentsatz der 435 442 517 gesamten ODA-Ausgaben 0,00 % 0 Norwegen Großbritannien Schweden Niederlande USA Kanada Australien Frankreich Deutschland Japan 2013 2014 2015 Quelle: OECD DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015 Quelle: OECD DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015 Auch in den Interviews, die für diese Studie geführt Dass die multilateralen Ausgaben der Bundesregierung 3.2 D eutschlands ODA-Beiträge zur Förderung globaler 52 % der gesamten gesundheitsbezogenen EZ. wurden, wurde die WHO-Empfehlung mehrfach expli- unter dem DAC-Durchschnitt liegen, ist nicht kohärent Kinder- und Müttergesundheit Dies entspricht 0,01 % des Bruttoinlandsprodukts. Im zit angesprochen – zum Beispiel kommentierten zwei mit den Aussagen der Bundesregierung, die sich öffent- internationalen Vergleich sind Deutschlands Beiträge Interviewpartner wie folgt: lich für ein stärkeres multilaterales System einsetzt. Zur Kalkulation der ODA-Ausgaben für Kinder- und insofern gering – unter den 10 größten Gebernatio- Zuletzt machte sich Bundeskanzlerin Merkel auf dem Müttergesundheit wurde die Muskoka-Methode ange- nen rangiert Deutschland als Schlusslicht auf dem „ Mütter- und Kindergesundheit wird in vielen Projekten auf- G20-Gipfel in Hamburg für den Multilateralismus stark: wendet.21 Die Gesundheitsausgaben der Bundesregie- letzten bzw. vorletzten Platz (Abbildungen 6–7). gegriffen und das Thema hat an Bedeutung gewonnen. Die rung für Kinder- und Müttergesundheit beliefen sich in Bundesregierung kommt jedoch ihrer Verpflichtung nicht „ Das macht den Kern des Treffens der G20 aus: Nur gemein- 2015 auf geschätzte 501 Millionen USD (Abbildung 5) – nach: Es ist wichtig, dass Deutschland – wie von der WHO sam können wir etwas bewegen. Den Multilateralismus zu empfohlen – 0,1 % des BNE für gesundheitsbezogene EZ stärken, das ist der Gedanke, der sich daher wie ein roter ausgibt.“ Faden durch die Gipfelerklärung zieht, an der wir arbeiten. Abbildung 5: ODA-Ausgaben für Mütter- und Kindergesundheit in Millionen USD, 2015 Genau dieser Gedanke liegt auch dem Motto unserer deut- „Das Thema globale Gesundheit ist nicht sehr ausgeprägt in schen G20-Präsidentschaft und des Gipfels zugrunde, näm- 6.000 5.508 der aktuellen deutschen EZ. Deutschland muss mehr Gel- lich: Eine vernetzte Welt gestalten.“ 20 der geben und sein Engagement ausbauen.“ 5.000 Im Jahr 2015 wurden 54 % (517 Millionen USD) der 4.000 gesamten ODA-Leistungen für Gesundheit bilate- ral bereitgestellt. Zudem gab Deutschland 440 Millio- 3.000 2.146 nen USD (46 %) seiner ODA-Leistungen für Gesund- 2.000 heit an multilaterale Organisationen und Partnerschaften, womit Deutschland unter 1.000 501 472 443 431 429 390 dem DAC-Durchschnitt von 55 % liegt (Abbil- 354 312 dung 4). Die wichtigsten multilateralen Empfän- 0 ger im Jahr 2015 waren der Globale Fonds und Gavi USA Großbritannien Deutschland EU Japan Norwegen Frankreich Kanada Niederlande Schweden (siehe Abb. 10 auf Seite 14 für weitere Details). Quelle: OECD DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015. Kalkuliert basierend auf der Muskoka-Methode. 20 Die Bundeskanzlerin. (2017). Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Merkel zum Europäischen Rat am 22. und 23. Juni 2017 in Brüssel und zum G-20-Gipfel am 7. und 8. Juli 2017 in Hamburg. 21 Muskoka G8. Methodology for Calculating Baselines and Commitments: G8 Member Spending on Maternal, Newborn and Child Health. 10 11
Abbildung 6: O DA-Ausgaben für Mütter- und Kindergesundheit als Prozentsatz der gesamten ODA Etwa ein Drittel der deutschen ODA für Kinder- stellt damit mehr bilateral bereit. Insgesamt beliefen im Gesundheitsbereich, 2015 und Müttergesundheit wird multilateral bereit- sich Deutschlands multilaterale Beiträge in 2015 auf gestellt (32 %) und gut zwei Drittel bilateral (68 %). 178 Millionen USD (Abbildung 9). Wie bereits bei der 80 % Im Durchschnitt stellten die zehn größten Geber 43 % gesamten gesundheitsbezogenen ODA aufgezeigt, gibt 74 % 71 % 70 % multilateral und 57 % bilateral bereit (Abbildung 8). Im es auch eine deutliche Diskrepanz zwischen der öffent- 70 % Vergleich zu anderen Geberstaaten setzt Deutschland lichen Rhetorik zu multilateralen Instrumenten und 61 % 59 % 57 % insofern weniger auf multilaterale Instrumente und deren Finanzierung. 60 % 56 % 56 % 56 % 52 % 50 % Abbildung 8: Bilaterale und multilaterale ODA-Ausgaben für Mütter- und Kindergesundheit als Prozentsatz, 2015 40 % 30 % 100 % 19 % 22 % 20 % 32 % 30 % 80 % 39 % 50 % 47 % 10 % 62 % 59 % 70 % 60 % 0% Norwegen Niederlande Großbritannien Schweden USA Kanada Japan EU Frankreich Deutschland 40 % 81 % 78 % Quelle: OECD DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015. Kalkuliert basierend auf der Muskoka-Methode. 68 % 70 % 61 % 50 % 53 % 20 % 38 % 41 % 30 % Abbildung 7: ODA-Ausgaben für Mütter- und Kindergesundheit als Prozentsatz des Bruttonationaleinkommens, 2015 0% 0,12 % 0,11 % USA Großbritannien Deutschland EU Norwegen Frankreich Japan Kanada Niederlande Schweden Bilateral Multilateral 0,10 % 0,08 % Quelle: OECD DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015. Kalkuliert basierend auf der Muskoka-Methode. 0,08 % 0,06 % 0,06 % 0,05 % Abbildung 9: Multilaterale ODA-Ausgaben für Mütter- und Kindergesundheit in Millionen USD, 2015 0,04 % 0,03 % 0,03 % 0,02 % 0,02 % 1.200 1.102 1.019 0,02 % 0,01 % 0,01 % 1.000 0,00 % 800 Norwegen Großbritannien Schweden Niederlande USA Kanada Frankreich Australien Deutschland Japan 600 Quelle: OECD DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015. Kalkuliert basierend auf der Muskoka-Methode. 400 316 293 220 198 178 152 200 129 119 0 Großbritannien USA Frankreich Norwegen Japan Schweden Deutschland Niederlande Kanada EU Quelle: OECD DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015. Kalkuliert basierend auf der Muskoka-Methode. 12 13
Die größten multilateralen Empfänger Deutsch- • Deutschland ist außerdem der viertgrößte staatliche Initiativen: Die allgemeinen Beiträge für das Kinder- schen ODA im Gesundheitsbereich der WHO zu Gute lands sind der Globale Fonds und Gavi sowie die glo- Geber des Globalen Fonds und hat auf der Fünf- hilfswerk UNICEF betrugen 2015 9,4 Millionen USD.25 – angesichts ihrer großen Bedeutung und gegenwärti- bale Kampagne zur Ausrottung der Kinderlähmung ten Globalen Fonds-Wiederauffüllungskonferenz in Zusätzlich wurden 49,4 Millionen USD in zweckgebun- gen Unterfinanzierung ein geringer Betrag. (Global Polio Eradication Initiative, GPEI), siehe auch Montreal (September 2016) angekündigt, dass es denen Mitteln („earmarked funding“) für acht Projekte Abbildung 10: für die Förderperiode 2017–2019 800 Millio- bereitgestellt. Eines dieser Projekte hatte einen direk- Die gegenwärtigen finanziellen Beiträge zur WHO nen EUR an den Globalen Fonds geben wird. Dies ten Gesundheitsfokus – nämlich die Bekämpfung von stehen im Widerspruch zu öffentlichen Stellung- • Gavi trägt durch Immunisierung zur Kinderge- ist ein erheblicher Anstieg gegenüber der im Jahr Ebola in Subsahara-Afrika. nahmen der Bundesregierung, in denen die Bedeu- sundheit bei. Deutschland hat im Januar 2015 eine 2014 von Deutschland getätigten Finanzierungszu- tung der WHO hervorgehoben wird. In der Abschlusser- erfolgreiche Wiederauffüllungskonferenz für sage von 655 Millionen USD. Obwohl das Mandat 2016 war Deutschland darüber hinaus der sechstgrößte klärung des G20-Gesundheitsministertreffens im Rah- Gavi gehalten und sich dazu verpflichtet, 720 Mil- des Globalen Fonds auf die drei großen Infektions- Beitragszahler der WHO. Insgesamt wurden 72 Millio- men der deutschen G20-Präsidentschaft wird die wich- lionen USD (600 Millionen EUR) an Direkt- krankheiten abzielt, trägt der Globale Fonds auch nen USD an die WHO 2016 ausgezahlt. Die Zuwendun- tige Rolle der WHO als dafür eigens von den Vereinten finanzierung zwischen 2016 und 2020 bereit- zur Förderung von Kinder- und Müttergesundheit gen setzen sich aus Pflichtbeiträgen (32 Millionen USD) Nationen eingesetzte Sonderorganisation für Gesund- zustellen, was eine deutliche Steigerung gegenüber bei (z.B. durch Malariabekämpfung).22 Der Globale und zweckgebundenen, freiwilligen Beiträgen (40 Mil- heit betont und die internationale Gemeinschaft dazu der vorherigen Finanzierung darstellte (insgesamt Fonds selbst schätzt, dass 55–60 % seiner Investitio- lionen USD) zusammen. Während die Pflichtbeiträge aufgefordert, die WHO sowohl finanziell, als auch per- 208 Millionen USD zwischen 2006 und 2015). Insge- nen Frauen und Mädchen zugutekommen.23 im Jahr 2017 stagnieren und für die Jahre 2018 und 2019 sonell uneingeschränkt zu unterstützen, damit sie ihren samt ist Deutschland damit der fünftgrößte Geber voraussichtlich um lediglich 3 % ansteigen werden, wird Aufgaben in vollem Umfang nachkommen kann.28 von Gavi. Hinsichtlich der Effektivität von Gavi und dem Glo- für das derzeitige Zweijahresbudget (2016–2017) ein • Weiterhin hat Deutschland sich verpflichtet, GPEI balen Fonds kommt eine Studie des „Department for Anstieg der freiwilligen Beiträge erwartet. Dies ist vor Im Rahmen seiner Eröffnungsrede beim G20-Gesund- 152 Millionen USD für den Zeitraum 2013 bis 2017 International Development“ (DFID) zu dem Schluss, allem auf höhere freiwillige Beiträge des BMG im Jahr heitsministertreffen verwies Hermann Gröhe, Bun- bereitzustellen. Die Mittel für GPEI kommen auf dass beide Partnerschaften wichtige Ergebnisse erzielt 2017 zurückzuführen. Mit den zusätzlichen Zahlungen desminister für Gesundheit, auf den zentralen Stel- bilateralem Wege Afghanistan und Nigeria zu haben und eine rundum starke organisatorische Wirk- (voraussichtlich 26 Millionen USD) will das BMG unter lenwert der WHO und die Bereitschaft der Bundes- Gute (beide Länder erhalten jährlich 15 Millionen samkeit demonstrieren.24 Gavi und der Globale Fonds anderem Gesundheitssysteme, die schnellere Reaktion regierung, diese zu unterstützen: USD). Das BMZ hat dieses Versprechen mit 15 Mil- machten etwa ein Drittel der gesundheitsbezogenen auf Krankheitsausbrüche sowie den Kampf gegen Anti- lionen USD für Pakistan für den Zeitraum 2016 bis ODA Deutschlands in 2015 aus. Über Gavi, GPEI und biotikaresistenzen unterstützen. Spezifische Zuwendun- „Wirksames und abgestimmtes weltweites Handeln setzt 2018 erweitert. den Globalen Fonds hinaus unterstützt Deutschland gen für Kinder- und Müttergesundheit beliefen sich 2016 starke internationale Organisationen voraus.Wir setzen uns eine Reihe weiterer multilateraler Organisationen und auf etwa 21 Millionen USD. Zuwendungen zur Poliobe- deshalb für eine Stärkung der Vereinten Nationen und der kämpfung machen einen Großteil dieser Beiträge aus.26 WHO im Besonderen ein.“ Abbildung 10: Deutschlands internationale Zusagen im Bereich Gesundheit in Millionen USD Die Effektivität der WHO wird von mehreren gro- Deutschland ist darüber hinaus – neben Japan und der ßen Geberländern seit einigen Jahren kritisch beur- Europäischen Kommission – ein finanzieller Unterstüt- Der Globale Fonds (2017–2019) 998 teilt. Allerdings ist sie – wie eine Vielzahl von Studien zer der UHC2030-Partnerschaft, die aus der Inter- belegt – eine sehr wichtige, wenn nicht unentbehrliche national Health Partnership Plus entstanden ist und sich Sonderprogramm Gesundheit in Afrika (2016–2019) 796 Organisation, um Kohärenz in der globalen Gesund- für die Erreichung von UHC durch Gesundheitssystem- heitspolitik herzustellen und andere zentrale Funktio- stärkung einsetzt.29 Gavi (2016–2020) 720 nen zu gewährleisten.27 Auch kommen nur 3 % der deut- GPEI (2013–2017) 152 25 OECD DAC2 table, constant prices (2015 USD millions). 26 Die Beiträge zu Maternal, Newborn and Child Health (MNCH) sind schwer zu bestimmen, da einige Mikrodaten der Weltgesundheitsorga- Quelle: Bundesregierung. In Millionen USD. nisation (WHO) nicht sehr detailliert sind. Mit einbezogen sind alle Beiträge zum FWC Cluster, Beiträge zu Polio / GPEI und der Großteil der Beiträge zu HIS (Gesundheitssysteme), sofern die Verbindung zu MNCH nicht sehr unwahrscheinlich ist. Die Analyse ergibt, dass der Großteil der MNCH-relevanten Mittel für die Poliobekämpfung zur Verfügung gestellt wurde (19 Millionen USD von 21 Millionen USD in 2016). Des Weiteren arbeitet die WHO mit einem Zweijahresbudget. Im letzten Biennium wurde im ersten Jahr (2014) deutlich mehr an die WHO ausgezahlt als im zweiten Jahr (2015). Zwar sind die freiwilligen Beiträge im Jahr 2016 geringer als im Jahr 2014, jedoch wird im derzeitigen Biennium dennoch eine Erhöhung erwartet, da das BMG zusätzliche Zahlungen für 2017 in Aussicht gestellt hat. 22 S EEK Development. (2013). Thematic Review of Global Fund’s Contribution to MDGs 4 & 5 Commissioned by the Technical Evaluation 27 Yamey. (2002). WHO in 2002: Why does the world still need WHO? BMJ: British Medical Journal, 325(7375), 1294; Schafferhoff et al. (2015). Reference Group; Yan, Bendavid & Korenromp. (2016). Antiretroviral treatment scale-up and tuberculosis mortality in high TB / HIV burden Rethinking the global health system. Royal Institute of International affairs; Brot für die Welt. (2017). Quo vadis, WHO? Vor welchen Heraus- countries: An econometric analysis. PloS one, 11(8), e0160481. forderungen die Weltgesundheitsorganisation steht und wie Deutschland zu ihrer Stärkung beitragen kann. 23 Der Globale Fonds schätzt zudem, dass 40 % seiner Ausgaben der Stärkung von Gesundheitssystemen dienen. Siehe: The Global Fund. (2015). 28 Bundesministerium für Gesundheit. (2017). Berliner Erklärung der G20 Gesundheitsministerinnen und -minister „Gemeinsam Gesundheit Investment Case for the Global Fund’s 2017-2019 Replenishment. The Right Side of the Tipping Point For AIDS, Tuberculosis and Malaria. global gestalten“. 24 Department for International Development. (2016). Methodology for Calculating Baselines and Commitments: G8 Member Spending on 29 „UHC2030 is the global movement to build stronger health systems for universal health coverage.“ Maternal, Newborn and Child Health. Für weitere Informationen siehe: https://www.uhc2030.org/ 14 15
Neben den großen globalen Gesundheitspartnerschaf- Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen zu 3.3 Bilaterale ODA für Kinder- und Müttergesundheit Müttergesundheit, die 2010 im Rahmen der G8-Mus- ten und den UN-Organisationen ist im Juli 2015 mit generieren. Die GFF investiert gegenwärtig in 16 Län- koka-Initiative zur Verbesserung der Kinder- und Müt- der Global Financing Facility (GFF) ein neues multi- der und grundsätzlich können die 62 einkommens- Thematische Schwerpunkte in der bilateralen ODA tergesundheit initiiert wurde. Die Initiative, die 2015 um laterales Finanzierungsinstrument bei der Weltbank schwächsten Länder Finanzmittel von der GFF bean- für Kinder- und Müttergesundheit weitere vier Jahre bis 2019 verlängert worden ist, ist geschaffen worden, das darauf abzielt, Kinder- und tragen. Während Deutschland auch durch die generel- Deutschlands Beitrag zur Umsetzung der Global Stra- Müttergesundheit zu fördern und die globale Finan- len Weltbankbeiträge zur Kinder- und Müttergesund- Hinsichtlich der thematischen Schwerpunkte der tegy for Women’s, Children’s and Adolescents’ Health zierungslücke für diesen Bereich zu reduzieren bzw. zu heit beiträgt, beteiligt sich Deutschland bislang noch bilateralen ODA für Kinder- und Müttergesundheit 2016–2030 (Global Strategy). Der Ansatz der deut- eliminieren (Box 1). 30 Die GFF unterstützt die Every nicht an der GFF. Hier besteht demnach Potenzial, die zeigt sich, dass reproduktive Gesundheit einen kla- schen Initiative ist es, eine Verbesserung der Mütter- Women Every Child (EWEC)-Initiative des UN-Gene- multilateralen Investitionen für Kinder- und Mütter- ren Schwerpunkt darstellt: 93 Millionen USD werden und Neugeborenen-Gesundheit durch Stärkung von ralsekretärs und trägt auch dazu bei, Finanzmittel von gesundheit weiter zu erhöhen. für reproduktive Gesundheit und zusätzlich 11 Millionen Gesundheitssystemen zu erreichen. In 31 Partnerlän- USD für Familienplanung ausgegeben. Somit wer- dern unterstützt Deutschland die Ausbildung von Kran- den 31 % der ODA für Kinder- und Müttergesundheit kenhauspersonal, verbesserten Zugang zu reprodukti- Box 1: Global Financing Facility zur Unterstützung von Every Woman Every Child für reproduktive Gesundheit bereitgestellt (Abbildung ven Gesundheitsdiensten, Zugang und Information zu 11). Die Bereitstellung dieser Mittel ist Teil der BMZ- Verhütungsmitteln und sexuelle Aufklärung.31 Initiative Selbstbestimmte Familienplanung und Die Global Financing Facility (GFF) ist ein multilaterales Finanzierungsinstrument, das unter der Leitung der Partnerländer verschiedene Akteure im Bereich reproduktiver, Mütter-, Neugeborenen-, Kinder-, und Jugendgesundheit sowie Ernährung (RMNCAH+N) zusammenbringt, um die Anstrengungen Abbildung 11: Größte Sektoren in den deutschen bilateralen ODA-Ausgaben im Bereich Mütter- und Kinder- gegen die Sterblichkeit durch vermeidbare Krankheiten zu forcieren und die Gesundheit und das Wohler- gesundheit in Millionen USD, 2015 gehen von Kindern und Müttern zu verbessern. Durch die GFF soll die Finanzierungslücke von über 33 Milliarden USD im Bereich RMNCAH+N geschlossen werden. Die GFF ist untermauert durch die Reproduktive Gesundheit (Reproductive health care) 93 Prinzipien der International Health Partnership (IHP+) und zielt darauf ab, die Fragmentierung im Bereich RMNCAH+N durch bereits existierende Strukturen und Prozesse zu beheben. Basisernährung (Basic nutrition) 51 Die Investitionen der GFF folgen dem Modell „Smart-Scaled-Sustainable“. Das heißt, dass in der Finanzie- rung evidenzbasierte Interventionen priorisiert und ergebnisorientiert umgesetzt werden (Smart). Des Bekämpfung von Infektionskrankheiten 39 (Infectious disease control) Weiteren soll die Finanzierung skaliert werden durch zusätzliche Ressourcenmobilisierung aus inländi- schen, internationalen sowie öffentlichen und privaten Mitteln (Scaled). Vor allem soll durch die GFF Grundlegende Gesundheitsinfrastruktur (Basic health infrastructure) 33 „domestic financing“ mobilisiert werden, in dem die GFF-Mittel an Erhöhungen von Regierungsmitteln für Gesundheit gekoppelt werden und von diesen abhängen. Die Herausforderungen für Partnerländer in Gesundheitspolitik und Verwaltungsmanagement 30 (Health policy, Administrative management) ihrem Übergang von niedrigem zu mittlerem Einkommen sollen in der Finanzierung berücksichtigt werden, Wasserversorgung und Abwassermanagement um Nachhaltigkeit zu gewährleisten und Zugang zu grundlegenden Gesundheitsdiensten für jede Mutter (Basic water supply and sanitation) 20 und jedes Kind sicherzustellen (Sustainable). Eindämmung von sexuell übertragbaren Infektionen inkl. HIV / Aids Das Ziel der GFF ist es, die Aktivitäten aller Akteure wie Geberländer, bilaterale und private Geber 16 (STD control including HIV / AIDS) sowie internationale Organisationen zu koordinieren, um einen gemeinsamen Investitionsansatz (Investment Case) für die Partnerländer zu etablieren. Der Investment Case, worin die Ziele für das Medizinische Grundversorgung (Basic health care) 14 jeweilige Land im Bereich RMNCAH+N festgelegt werden, wird für einen Zeitraum von drei bis fünf Familienplanung (Family planning) 11 Jahren festgelegt und gemeinsam mit dem Partnerland sowie mit der nationalen Gesundheitsstrategie abgestimmt. Gemeinsam mit den Partnerländern entwickelt der GFF einen Finanzierungsplan und eine Gesundheitsdienstleistungen (Medical services) 4 Finanzierungsstrategie. Das Modell sieht eine enge Zusammenarbeit zwischen GFF und den Gesundheits- und Finanzministerien Andere (Other) 16 der Partnerländer vor. Dazu kommt komplementäre finanzielle Unterstützung durch multilaterale Orga- nisationen, wie den Globalen Fonds, UN, Gavi und durch bilaterale Entwicklungsorganisationen. Über Quelle: OECD, DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015. Kalkuliert basierend auf der Muskoka-Methode. den GFF-Trustfund sind Geberländer wie Kanada, Norwegen und Großbritannien sowie private Geber wie die Bill & Melinda Gates-Stiftung involviert. 31 Die Ziele der Initiative sind es, das Wissen über und die Akzeptanz von modernen Familienplanungsmethoden zu steigern, den Zugang zu modernen Familienplanungsmethoden und Dienstleistungen zu verbessern und die Zahl der medizinisch professionell begleiteten 30 Die GFF schätzt, dass 2015 33,3 Milliarden USD notwendig gewesen wären, um Frauen, Kinder und Jugendliche in den 62-GFF Ländern Geburten zu erhöhen. Siehe: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. (2016). BMZ Initiative on Rights-Based mit Gesundheitsdienstleistungen zu erreichen. Family Planning and Maternal Health. 16 17
Basisernährung liegt an zweiter Stelle und verdeut- Hinsichtlich der Gesundheitssystemstärkung stellt sich Abbildung 12: B ilaterale ODA-Ausgaben für Mütter- und Kindergesundheit nach Region in Prozent, 2015 licht, dass Deutschland seinen Verpflichtungen gegen- weiterhin die Frage, inwieweit solche Projekte auch Kin- über der Nutrition for Growth Initiative nachkommt der- und Müttergesundheit zugutekommen. Um dies 259 113 323 220 202 138 114 1.043 4.489 352 (260 Millionen USD für 2013–2020). 2015 wurden etwa zu analysieren, wurde eine tiefergehende Analyse der 100 % 0,1 % 0,7 % 0,9 % 0,3 % 2,4 % 19 % der Mittel für Kinder- und Müttergesundheit im größten Projekte im Gesundheitsbereich durchgeführt: 6,5 % 90 % 22,7 % Rahmen von Programmen zur Gesundheitssystem- Die Ausrichtung der 10 größten bilateralen Gesund- 31,3 % 80 % stärkung ausgegeben (kalkuliert basierend auf ODA heitsprojekte der Bundesregierung in den Jahren 2013, 35,1 % 54,1 % 4,9 % 47,4 % 46,3 % 53,2 % 70 % 57,8 % 5,2 % 0,6 % für Basic Health Infrastructure und Health Policy and 2014 und 2015 wurde anhand von OECD-Daten ana- 67,5 % 63,1 % 60 % 17,6 % 2,2 % Administrative Management; siehe Abbildung 11). In lysiert. Insgesamt handelt es sich um 23 Projekte. 33 7,0 % 0,6 % 50 % 1,1 % den nächsten Jahren wird sich dieser Anteil vermutlich Die Analyse zeigt, dass viele der deutschen bilatera- 2,6 % 10,3 % 0,1 % 20,1 % 40 % 3,6 % 3,7 % weiter erhöhen, denn durch das Sonderprogramm len Gesundheitsprojekte auf Gesundheitssystemstär- 1,2 % 0,1 % 13,2 % 6,8 % 39,8 % 0,5 % 63,5 % 0,2 % 30 % 2,4 % 37,8 % 5,7 % 4,7 % 0,2 % 8,6 % „Gesundheit in Afrika“ sollen zusätzliche 600 Millio- kung ausgerichtet sind, beispielsweise in Bangladesch 3,7 % 16,8 % 14,0 % 0,2 % nen EUR (796 Millionen USD) für bilaterale Gesund- oder China. Insgesamt haben aber nur 9 der 23 größ- 20 % 39,1 % 40,2 % 13,5 % 2,6 % 27,8 % 27,2 % 3,4 % heitssystemstärkungs-Programme in Afrika zwischen ten Projekte einen eindeutigen Bezug zu Mütter- und 10 % 6,3 % 2,3 % 4,1 % 0,8 % 0,3 % 14,0 % 5,3 % 6,9 % 0,1 % 7,6 % 5,3 % 1,3 % 2016 und 2019 ausgegeben werden. Dadurch wer- Kindergesundheit, wovon aber acht dieser bilateralen 0% 3,4 % den die jährlichen bilateralen Gesundheitsausgaben in Mittelflüsse durch Gavi und GPEI geleitet werden. Dies Kanada Frankreich Deutschland Japan Niederlande Norwegen Schweden Großbritannien USA EU Afrika fast verdoppelt. bedeutet, dass sich ein eindeutiger Nexus zwischen der Gesundheitssystemstärkung und einer Ver- Subsahara Afrika MENA-Region Lateinamerika und Karibik Regional Dass ein Fokus auf Gesundheitssystemstärkung liegt, besserung der Mütter- und Kindergesundheit EU Asien Ozeanien Nicht Zugewiesene wird von den Interviewpartnern gewürdigt, da Inves- anhand der vorhandenen Daten nicht klar herausstel- Quelle: OECD, DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015. Kalkuliert basierend auf der Muskoka-Methode. titionen in Gesundheitssysteme dringend nötig sind. len lässt. Ob dies daran liegt, dass die Projekte Kinder- Eine WHO-Studie aus dem Jahr 2017 zeigt, dass 75 % und Müttergesundheit nicht explizit adressieren, oder der geschätzten Kosten zur Erreichung von SDG3 bis daran, dass die Projektbeschreibungen in der OECD- 2030 für die Stärkung von Gesundheitssystemen ver- Datenbank unzureichend sind, lässt sich nicht abschlie- Abbildung 13: Bilaterale ODA-Ausgaben für Mütter- und Kindergesundheit nach Einkommensgruppe, 2015 wendet werden müssen (die verbliebenen 25 % werden ßend beurteilen. In Zukunft sollte die Bundesregierung für krankheitsspezifische Programme benötigt). 32 Die deshalb sicherstellen, dass Projekte zur Gesundheits- 261 113 323 223 202 138 114 1.044 4.489 353 für diese Studie befragten Experten lobten die Bundes- systemstärkung einen klaren programmatischen Fokus 100 % 6,6 % 13,1 % regierung insofern für den Fokus auf Gesundheitssy- auf Kinder- und Müttergesundheit haben und diesen in 90 % 19,7 % 18,9 % 11,1 % 33,5 % 32,2 % 7,1 % steme. Einige von ihnen mahnten aber auch an, dass die der Berichterstattung auch deutlich machen. 80 % 1,2 % 38,0 % 13,6 % 51,8 % Stärkung der Systeme vor allem zur Verbesserung von 70 % 15,3 % 61,8 % 66,3 % 1,9 % 28,0 % 5,3 % Mütter- und Neugeborenengesundheit beiträgt, wäh- Regionaler und Länderfokus der bilateralen ODA für Kinder- 60 % 3,0 % 19,9 % 42,1 % 7,7 % 22,8 % 15,3 % rend Kindergesundheit andere Investitionen benötige: und Müttergesundheit 50 % 0,7 % 1,5 % 40 % 2,9 % „Dass Deutschland Gesundheitssystemstärkung als Schwer- Im Jahr 2015 lag der regionale Fokus eher auf 63,8 % 2,8 % 30 % 51,3 % 47,6 % 10,1 % 47,2 % 51,8 % 46,0 % punktthema gewählt hat, ist wirklich lobenswert, weil es ein Asien als auf Subsahara-Afrika: 38 % der bilate- 20 % 40,2 % 35,4 % 41,9 % Thema ist, das wenig Sichtbarkeit bietet und einen langen ralen Mittel für Kinder- und Müttergesundheit gingen 10 % 20,8 % Atem fordert. Aber die Systemstärkung ist vor allem nach Asien und 31 % nach Subsahara-Afrika (Abbildung 0% für Mütter- und Neugeborenengesundheit wich- 12). Durch das im Jahr 2015 angekündigte Sonderpro- Kanada Frankreich Deutschland Japan Niederlande Norwegen Schweden Großbritannien USA EU tig – für Kindergesundheit gibt Deutschland aber noch zu gramm „Gesundheit in Afrika“ wird Deutschland zwi- wenig Geld und das ‚unfinished business‘ bleibt.“ schen 2016 und 2019 zusätzliche 600 Millionen EUR Länder mit mittlerem Einkommen Länder mit niedrigem Einkommen (oberer Bereich, UMICs) (LICs) (796 Millionen USD) für bilaterale Gesundheitssystem- Angemahnt wurde daher, die Mittel für Kinder- und stärkungs-Programme in Afrika ausgeben, wodurch die Länder mit niedrigem bis mittlerem Einkommen nicht Zugewiesene (unterer Bereich, LMICs) Müttergesundheit insgesamt zu erhöhen und in diesem jährlichen bilateralen Gesundheitsausgaben in Afrika Kontext dafür zu sorgen, dass auch Kindergesundheit fast verdoppelt werden. Quelle: OECD, DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015. Kalkuliert basierend auf der Muskoka-Methode. hinreichend gefördert wird. Als Beispiel wurden hier Investitionen in die GFF genannt. 32 Stenberg et al. (2017). Financing transformative health systems towards achievement of the health Sustainable Development Goals: a model for projected resource needs in 67 low-income and middle-income countries. The Lancet Global Health, 5(9), e875-e887. 33 Es handelt sich um 23 und nicht 30 Projekte, weil einige Projekte in den untersuchten Jahren fortgeführt wurden. 18 19
Abbildung 13 zeigt darüber hinaus die Verteilung der 4. K ohärenzprüfung und Handlungs- lene Finanzierungsziel zu erreichen, nämlich 0,1 % kung verbessert werden – dies ist ein wesentliches ODA-Mittel nach Einkommensgruppen im Jahr 2015. empfehlungen des BNE für gesundheitsbezogene ODA aufzuwen- Argument der Bundesregierung. Die Analyse der Demnach gingen 48 % der deutschen ODA für Kin- den. Des Weiteren wird nur etwa die Hälfte der 30 größten bilateralen Gesundheitsprojekte im Zeit- der- und Müttergesundheit in die ärmsten Länder gesundheitsbezogenen ODA-Mittel der Bundes- raum 2013–2015 legt allerdings nahe, dass es ein (low-income countries). Dies ist ein höherer Wert als Die Studie hat gezeigt, dass die Bundesregierung Kin- regierung zur Verbesserung von Kinder- und Müt- Potenzial dafür gibt, Kinder- und Müttergesundheit der DAC-Durchschnitt, der bei 45 % lag. Die Top 6- der- und Müttergesundheit in ihren Strategien und tergesundheit eingesetzt – dagegen stellen Norwe- in Projekten zur Gesundheitssystemstärkung und Empfängerländer waren Jemen, China, Indien, Malawi, Konzepten als einen Schwerpunkt innerhalb der glo- gen, das Vereinigte Königreich und die Niederlande zur Erreichung einer universellen Gesundheitsver- Tansania und Bangladesch – wobei Malawi und Tansa- balen Gesundheitspolitik betrachtet. In ihren Konzept- mehr als 70 % ihrer Gesundheits-ODA für Kinder- sorgung besser zu verankern. nia auf der Liste der deutschen Schwerpunktländer für papieren verweist die Bundesregierung dabei auch auf und Müttergesundheit zur Verfügung. Gleichzei- Gesundheit stehen (Gesundheit ist derzeit ein Schwer- den Nexus zwischen der Förderung von universeller tig gibt es eine enorme jährliche Finanzierungslücke Insgesamt gibt es also erhebliche Diskrepanzen zwi- punktthema der deutschen bilateralen Zusammenar- Gesundheitsversorgung durch Gesundheitssystemstär- für Mütter- und Kindergesundheit (etwa 33 Milliar- schen der öffentlichen Rhetorik der Bundesregie- beit in zwölf Ländern, von denen fünf in Subsahara- kung und der Verbesserung der globalen Kinder- und den USD pro Jahr) und die Bundesregierung sollte rung und ihren Investitionen für Kinder- und Mütter- Afrika liegen).34 Diese beiden Staaten sind auch die ein- Müttergesundheit. Auch in öffentlichen Statements der angesichts ihrer Wirtschaftskraft einen größeren gesundheit. Die Bundesregierung sollte ihren Worten zigen geförderten Länder der Top 6-Liste mit niedrig- Bundesregierung – zum Beispiel in Reden von Bundes- Beitrag zur Schließung dieser Lücke leisten. Die Taten folgen lassen und die aufgezeigten Handlungslü- sten Einkommen. 2015 erhielten die 12 Schwerpunktlän- kanzlerin Merkel und Entwicklungsminister Müller – Bundesregierung kann ihrer Führungsrolle für glo- cken schließen. Dadurch könnte sie stärker dazu bei- der 23 % der gesamten deutschen ODA für Kinder- und wird der globalen Kinder- und Müttergesundheit ein bale Gesundheit nur dann gerecht werden, wenn tragen, Fortschritte bei der Gesundheit von Kindern Müttergesundheit. hoher Stellenwert eingeräumt. sie neben politischen Absichtserklärungen die Finan- und Müttern zu erzielen und das „unfinished business“ zierung für globale Gesundheit weiter ausbaut und der Millenniumentwicklungsziele wie im UHC-Konzept Die tiefergehende Analyse der größten Projekte Tatsächlich hat sich die Bundesregierung seit der Ebola- ihrer Verantwortung als größte europäische Wirt- vorgesehen zu beenden, damit alle Menschen abgesi- im Gesundheitsbereich (2013–2015) zeigt, dass die Krise in Westafrika stärker denn je für globale Gesund- schaftskraft nachkommt. chert sind, Zugang zu Gesundheitsversorgung haben jeweils 10 höchsten bilateralen Mittelflüsse in den Jah- heit engagiert und zunehmend eine Führungsrolle für • Obwohl sich die Bundesregierung öffentlich für ein und „niemand zurückgelassen“ wird („Leave no one ren 2013, 2014 und 2015 an insgesamt 23 Projekte in globale Gesundheit übernommen. Sowohl bei der stärkeres multilaterales System einsetzt, wird wei- behind“). acht Ländern gingen. Sie machen 36 % der gesamten G7-Präsidentschaft 2015 als auch bei der G20-Präsi- terhin ein vergleichsweise hoher Anteil der ODA- bilateralen Gesundheitsmittel der Bundesregierung für dentschaft 2017 wurde globale Gesundheit zu einem Mittel für Gesundheit (54 %) und Kinder- und Müt- Basierend auf diesen Ergebnissen wird empfohlen, diesen Zeitraum aus. Die drei größten Empfänger sind Schwerpunktthema gemacht. In 2015 trat Bundeskanz- tergesundheit (68 %) bilateral bereitgestellt. Die dass die Bundesregierung die folgenden Maßnahmen dabei Jemen (circa 22 %), China (circa 18 %) und Indien lerin Merkel außerdem als Schirmherrin der Wieder- Global Financing Facility zur Unterstützung von umsetzt: (circa 14 %). Von den acht Ländern sind fünf Niedrig- auffüllungskonferenz von Gavi in Berlin auf, bei der Every Women Every Child wird bislang überhaupt einkommensländer (Jemen, Bangladesch, Tansania, mehr als 7,5 Milliarden USD mobilisiert werden konn- nicht von der Bundesregierung unterstützt. 1. Erhöhung der gesundheitsbezogenen ODA auf Afghanistan, Kenia), zwei Länder weisen ein niedriges ten. Diese neue Führungsrolle ist angesichts der gro- • Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jah- 0,1 % des Bruttonationaleinkommens (BNE): mittleres Einkommen vor (Nigeria, Indien) und ein Land ßen Bedeutung von Gesundheit für die Erreichung der ren mehrfach auf die wichtige Bedeutung der WHO Die Bundesregierung sollte das von der WHO emp- (China) sogar ein gehobenes mittleres Einkommen. 17 SDGs sehr zu begrüßen. zur Koordinierung der globalen Gesundheitspolitik fohlene Finanzierungsziel annehmen und 0,1 % des hingewiesen. Zuletzt wurde in der Abschlusserklä- BNE für gesundheitsbezogene ODA aufwenden. Der Global Strategy Progress Report (GSPR) verweist auf Allerdings zeigt die Studie auch auf, dass eine Lücke zwi- rung des G20-Gesundheitsministertreffens im Rah- Auch wenn die Empfehlung nicht in die Agenda 2030 12 Länder, die am dringendsten Unterstützung benö- schen der öffentlichen Rhetorik zur Kinder- und Mütter- men der deutschen G20-Präsidentschaft die wich- übernommen wurde, sollte die Bundesregierung der tigen. 35 Hier gibt es allerdings gegenwärtig auch nur gesundheit und den Investitionen der Bundesregierung tige Rolle der WHO betont und die internationale WHO-Empfehlung bis 2020 nachkommen und ihre wenig Überlappung mit den größten Empfängern deut- besteht. Nicht immer ist das Handeln der Bundesregie- Gemeinschaft dazu aufgefordert, die WHO sowohl gesundheitsbezogene ODA verdreifachen. Diese scher bilateraler ODA für Kinder- und Müttergesund- rung kohärent mit der öffentlichen Rhetorik: finanziell als auch personell uneingeschränkt zu Erhöhung stellt eine wesentliche Grundlage dafür heit – der Jemen ist der einzige der 12 Staaten auf unterstützen, damit sie ihren Aufgaben in vollem dar, Kinder- und Müttergesundheit sowie globale der GSPR-Liste, der substanziell von Deutschland im • Zwar ist die Bundesregierung weltweit der dritt- Umfang nachkommen kann. Als lediglich sechst- Gesundheit insgesamt stärker zu fördern. Bereich Kinder- und Müttergesundheit gefördert wird. größte Geber für globale Gesundheit – gemessen größter Geber bleibt Deutschland bisher hinter den an der Wirtschaftskraft der Bundesrepublik und im Erwartungen als einer der Vorreiter im globalen 2. Führungsrolle für Kinder- und Müttergesund- Verhältnis zur Gesamt-ODA fällt der bundesdeut- Gesundheitsbereich zurück. Nur 3 % der deutschen heit: Die Bundesregierung hat sich im Rahmen ihrer sche Beitrag für globale Gesundheit jedoch eher ODA im Gesundheitsbereich kommen der WHO zu G7- und G20-Präsidentschaft erheblich für globale gering aus. Die Bundesregierung ist immer noch Gute – ein geringer Betrag angesichts ihrer großen Gesundheit eingesetzt. Zukünftig sollte die Bundes- weit davon entfernt, dass von der WHO empfoh- Bedeutung und gegenwärtigen Unterfinanzierung. regierung ihre Führungsrolle dazu nutzen, um Kin- • Bilateral soll Kinder- und Müttergesundheit insbe- der- und Müttergesundheit auf der internationalen 34 Burundi, Kambodscha, Kenia, Kirgisien, Malawi, Nepal, Pakistan, Südafrika, Tadschikistan, Tansania, Ukraine, Usbekistan. sondere durch Projekte zur Gesundheitssystemstär- Agenda und im Rahmen von UHC weiter zu posi- 35 Every Woman Every Child. (2017). Global Strategy for Women’s, Children’s and Adolescents’ Health 2017 Progress Report. 20 21
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