"Leaving no one behind"? - Deutschlands Beitrag zur Verbesserung der globalen Kinder- und Müttergesundheit - Save the Children Deutschland

 
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„Leaving no one behind“?
Deutschlands Beitrag zur Verbesserung
der globalen Kinder- und Müttergesundheit

Dezember 2017
„Leaving no one behind“?
Deutschlands Beitrag zur Verbesserung
der globalen Kinder- und Müttergesundheit

Inhalt
Executive Summary                                                                                     4

1. Einleitung                                                                                         5

2. K inder- und Müttergesundheit in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit: Ziele und Konzepte     6

3. Inwieweit entsprechen die deutschen Investitionen und Aktivitäten zur Förderung von Kinder-
    und Müttergesundheit der Rhetorik der Bundesregierung?                                            8

4. K ohärenzprüfung und Handlungsempfehlungen                                                       20

5. Anhänge                                                                                           24

                                                                                                           3
Executive Summary                                          Es wird empfohlen, dass die Bundesregierung                 1. Einleitung                                                             Ein weiteres Unterziel von SDG 3 ist die Erreichung
                                                               folgende Maßnahmen umsetzt:                                                                                                           universeller Gesundheitsversorgung (Universal
    Diese Studie untersucht das Engagement der deut-                                                                        Diese Studie untersucht das Engagement der deut-                         Health Coverage, UHC). UHC beinhaltet die finan-
    schen Bundesregierung im Bereich der globa-                1. Angesichts ihrer Wirtschaftskraft sollte die Bundes-      schen Bundesregierung im Bereich der globa-                              zielle Risikoabsicherung im Krankheitsfall (Schutz vor
    len Kinder- und Müttergesundheit und entwi-                   regierung einen größeren Beitrag dazu leisten, die        len Kinder- und Müttergesundheit und entwi-                              katastrophalen Gesundheitsausgaben, die zur Armut
    ckelt Handlungsempfehlungen, um den deutschen                 jährliche Finanzierungslücke für Kinder- und Mütter-      ckelt Handlungsempfehlungen, um den bundes-                              führen), den Zugang zu hochwertiger gesundheitli-
    Beitrag weiter zu stärken. Sie zeigt, dass die Bundes-        gesundheit zu schließen, die 2015 auf mehr als 33 Mil-    deutschen Beitrag in diesem Bereich weiter zu stär-                      cher Grundversorgung, sowie den Zugang zu sicheren,
    regierung Kinder- und Müttergesundheit als einen              liarden USD geschätzt wurde. Die Bundesregierung          ken. Die Förderung von Kinder- und Müttergesundheit                      wirksamen, hochwertigen und bezahlbaren unentbehr-
    Schwerpunkt innerhalb der globalen Gesundheitspoli-           sollte das von der WHO empfohlene Finanzierungs-          ist ein Ziel der Bundesregierung in der gesundheits-                     lichen Medikamenten und Impfstoffen für die gesamte
    tik ausweist und sich insbesondere seit der Ebola-Krise       ziel annehmen und mindestens 0,1 % des Brutto-            bezogenen Entwicklungszusammenarbeit (EZ).1 Fort-                        Bevölkerung.7 Alle Menschen sollen Zugang zu Gesund-
    in Westafrika stärker denn je für globale Gesundheit          nationaleinkommens (BNE) für gesundheits-                 schritte in der Kinder- und Müttergesundheit sind drin-                  heitsversorgung haben und „niemand soll zurück-
    engagiert. Allerdings zeigt die Studie auch auf, dass         bezogene ODA aufwenden. So würde die Bundes-              gend geboten. Denn trotz substanzieller Fortschritte                     gelassen werden“ („Leaving No One Behind“).
    eine Lücke zwischen der öffentlichen Rhetorik                 regierung ihrer Verantwortung als größte europä-          seit der Jahrtausendwende starben im Jahr 2016 welt-                     Die Förderung universeller Gesundheitsversorgung
    zur Kinder- und Müttergesundheit und den Inves-               ische Wirtschaftskraft nachkommen.                       weit immer noch 5,6 Millionen Kinder unter fünf Jahren                    durch die Stärkung von Gesundheitssystemen wird von
    titionen der Bundesregierung besteht. Nicht immer                                                                       an vermeidbaren Krankheiten, rund die Hälfte (46 %)                      der Bundesregierung als ein Schwerpunkt angesehen –
    ist das Handeln der Bundesregierung kohärent mit der       2. Die Bundesregierung sollte ihre neue Führungsrolle        davon waren Neugeborene. Für einen großen Teil                           hierbei wird auch argumentiert, dass durch Projekte
    Rhetorik:                                                     in der Gesundheitspolitik dazu nutzen, Kinder- und       (30 %) davon waren Komplikationen in der Schwanger-                       in diesem Bereich Kinder- und Müttergesundheit eben-
                                                                  Müttergesundheit auf der globalen Agenda weiter           schaft und bei der Geburt verantwortlich.2 2015 star-                    falls gefördert werden soll. Die Studie untersucht die-
    •   Die Bundesregierung ist noch immer weit davon             zu priorisieren. Der Schwerpunkt sollte darauf lie-       ben außerdem über 300.000 Frauen und Mädchen an                          sen Nexus.
        entfernt, das von der Weltgesundheitsorganisation         gen, universellen Zugang zu Gesundheitsver-               diesen Komplikationen3. Man spricht daher auch vom
        (WHO) empfohlene Finanzierungsziel zu erreichen,          sorgung für alle zu schaffen – für jedes Kind und        „Unfinished Business“ der Millenniums-Entwick-                            Zunächst wird analysiert, wie die Bundesregierung das
        nämlich 0,1 % des Bruttonationaleinkommens für            jede Mutter, um niemanden zurückzulassen.                 lungsziele (Millennium Development Goals, MDGs),                         Thema Kinder- und Müttergesundheit strategisch posi-
        gesundheitsbezogene öffentliche Entwicklungshilfe                                                                   da die Ziele für Kinder- und Müttergesundheit nicht                      tioniert, welche Ziele sie sich selbst gesetzt hat, und
        (Official Development Assistance, ODA) aufzuwen-       3. Die Bundesregierung sollte die GFF zur Unterstüt-         erreicht wurden.4                                                        inwieweit das Thema in öffentlichen Aussagen als Prio-
        den. Um dieses Ziel zu erreichen, müsste Deutsch-         zung von Every Women Every Child (EWEC) finan-                                                                                     rität beschrieben wird. Darauf basierend wird anschlie-
        land die gesundheitsbezogene ODA mehr als ver-            ziell unterstützen.                                       In der Agenda 2030 mit ihren 17 nachhaltigen Ent-                        ßend untersucht, inwieweit sich die Investitionen der
        dreifachen.                                                                                                         wicklungszielen – den Sustainable Development Goals                      Bundesregierung mit der öffentlichen Rhetorik decken.
    •   Obwohl sich die Bundesregierung öffentlich für ein     4. Die Impfallianz Gavi trägt erfolgreich zur glo-           (SDGs) – spielt Kinder- und Müttergesundheit daher                       Vor diesem Hintergrund wird das deutsche Engage-
        stärkeres multilaterales System einsetzt, wird wei-       balen Gesundheit bei und bedarf fortlaufender             weiterhin eine wichtige Rolle. 5 Laut SDG 3 soll bis 2030                ment zur Förderung von Kinder- und Müttergesund-
        terhin ein vergleichsweise hoher Anteil der ODA-          Unterstützung. Die Bundesregierung sollte ihren          „ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters                        heit bewertet und verschiedene Handlungsoptionen ent-
        Mittel für Gesundheit (54 %) und Kinder- und Müt-         Verpflichtungen gegenüber Gavi und auch dem               gewährleistet und ihr Wohlergehen gefördert werden“.                     wickelt, die darauf abzielen, das Engagement der Bun-
        tergesundheit (68 %) bilateral bereitgestellt. Die        Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberku-         Zentrale Unterziele sind die weltweite Müttersterblich-                   desregierung weiter zu stärken.
        Global Financing Facility (GFF) zur Unterstützung         lose und Malaria (der Globale Fonds) nachkommen           keit auf unter 70 je 100.000 Lebendgeburten zu senken
        von Every Women Every Child (EWEC) wird bislang           und ihre Beiträge bei den nächsten Wiederauffül-          (Unterziel 3.1), vermeidbare Todesfälle bei Neugebore- Zur Entwicklung der Studie wurde ein Methodenmix
        überhaupt nicht unterstützt.                              lungskonferenzen erhöhen.                                 nen und Kindern unter fünf Jahren zu beenden, mit dem angewandt, der Dokumentenanalyse, Datenbankaus-
    •   Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jah-                                                                     von allen Ländern zu verfolgenden Ziel, die Sterblichkeit wertungen und semi-strukturierte Interviews umfasste:
        ren mehrfach auf die wichtige Bedeutung der Welt-      5. Im Sinne einer kohärenteren globalen Gesund-              bei Neugeborenen mindestens auf 12 je 1.000 Lebendge-
        gesundheitsorganisation in der globalen Gesund-           heitspolitik sollte die Bundesregierung ihre Bei-         burten und bei Kindern unter fünf Jahren mindestens auf • Grundsatz- und Positionspapiere der Bundesregie-
        heitspolitik hingewiesen. Als sechstgrößter Geber         träge zur WHO im Jahr 2018 substanziell erhö-             25 je 1.000 Lebendgeburten zu senken (Unterziel 3.2).6       rung wurden analysiert und in Bezug auf Kinder-
        bleibt Deutschland aber hinter den Erwartungen            hen, damit die Organisation ihre technischen und                                                                       und Müttergesundheit hin untersucht.
        zurück. Nur 3 % der deutschen ODA im Gesund-              normativen Funktionen effektiver ausüben kann.
        heitsbereich kommen der WHO zu Gute.                                                                               1	Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. (2009). Sektorkonzept „Gesundheit in der deutschen
                                                                                                                              Entwicklungspolitik“ (BMZ KONZEPTE 183); Bundesministerium für Gesundheit. (2013). Globale Gesundheitsstrategie.
    •   Die Studie legt außerdem nahe, dass es ein Poten-      6. Die Bundesregierung sollte sicherstellen, dass die
                                                                                                                           2	UNICEF. (2017). Levels & Trends in Child Mortality.
        zial gibt, Kinder- und Müttergesundheit in bilatera-      Verbesserung von Kinder- und Müttergesund-
                                                                                                                           3   Weltgesundheitsorganisation. (2016). Maternal mortality Fact sheet.
        len Projekten zur Gesundheitssystemstärkung und           heit in bilateralen Projekten zur Gesundheits-
                                                                                                                           4	Vereinte Nationen. (2015). Millenniums-Entwicklungsziele Bericht.
        zur Erreichung einer universellen Gesundheitsver-         systemstärkung und zur Erreichung einer universel-
                                                                                                                           5 Siehe: Ziele für nachhaltige Entwicklung, Vereinte Nationen. Sustainable Develoment Goals.
        sorgung besser zu verankern.                              len Gesundheitsversorgung als explizites Ziel ver-
                                                                                                                           6 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. (o.D.). Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung.
                                                                  ankert ist.                                              7   Siehe: Ziel 3 für nachhaltige Entwicklung: Gesundheit und Wohlergehen, Vereinte Nationen. Sustainable Development Goals.

4                                                                                                                                                                                                                                                              5
•   Neun Interviews mit Vertretern der Zivilgesell-                      gung bereitgestellt wird, die sich bedarfsgerecht an           schutz und Krisenprävention.11 Dem Globalen Fonds                          entstanden ist.13 Das erste von insgesamt fünf Prinzi-
        schaft, der Bundesregierung, Parlamentariern,                        den wichtigsten Gesundheitsproblemen der Menschen              zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria                           pien der Joint Vision lautet: „Leaving no one behind:
        Durchführungsorganisationen und internationalen                      orientiert“. Als eine „Wirkung“ wird zudem angestrebt,         (der Globale Fonds) wird in diesem Schwerpunktbe-                          a commitment to equity, non-discrimination and
        Gesundheitsexperten wurden geführt, um das bun-                      den „Zugang zu Gesundheitsversorgung insbesondere              reich eine besondere Rolle zugeschrieben. Mütter und                       human-rights based approaches“.14 Das Papier hat den
        desdeutsche Engagement zu bewerten, und um eine                      für arme und benachteiligte Gruppen“ zu verbessern.            Kinder als wichtige Gruppen in der deutschen EZ wer-                       Grundstein für eine globale UHC-Strategie mit Fokus
        Einschätzung zu Deutschlands Engagement für Kin-                     Der Zugang zu Gesundheitsversorgung für alle Men-              den nicht explizit hervorgehoben.                                          auf Gesundheitssystemstärkung gelegt und im Rahmen
        der- und Müttergesundheit zu erhalten.                               schen wird somit deutlich als Ziel formuliert.                                                                                            der UHC2030-Partnerschaft sowie des G20-Gesund-
    •   Für die finanzielle Analyse wurde die Datenbank                                                                                     Im November 2016 kündigte Bundesentwicklungsmi-                            heitsministertreffens die Debatte um universelle soziale
        des Development Assistance Committee der                            Ein weiteres zentrales Dokument ist das Konzept-                nister Müller einen Marshallplan mit Afrika an, des-                       Absicherung im Krankheitsfall beeinflusst. In der Joint
        OECD (OECD DAC) genutzt, um Schwerpunkte                            papier „Globale Gesundheitspolitik gestalten –                  sen Eckpunkte im Februar 2017 veröffentlicht wurden.                       Vision werden Mütter und Kinder als Teil der vulnera-
        und Trends in der gesundheitsbezogenen öffentli-                    gemeinsam handeln – Verantwortung wahrneh-                      Im Marshallplan verschreibt sich die Bundesregierung                       belsten Gruppen genannt. Als einer der federführen-
        chen Entwicklungshilfe (Official Development Assi-                  men“ von 2013, entwickelt unter Führung des Bundes-             auch dem Ziel, Afrika bei der notwendigen Sicherstel-                      den Partner der UHC2030-Allianz hat sich die Bundes-
        stance, ODA) und für den Bereich Kinder- und Müt-                   ministeriums für Gesundheit (BMG). Im Konzeptpapier             lung von Angeboten für Gesundheit und leistungsfä-                         regierung dazu verpflichtet, UHC durch die Stärkung
        tergesundheit aufzuzeigen. Darüber hinaus wurden                    erklärt die Bundesregierung neben der Stärkung von              hige Sicherungssysteme zu unterstützen. Außerdem                           von Gesundheitssystemen voranzutreiben.
        Haushaltsdokumente und andere veröffentlichte                       Gesundheitssystemen die Reduzierung der Mütter- und             erwähnt Deutschland explizit das Ziel „Wir lassen
        Dokumente zu Investitionen für Kinder- und Müt-                     Kindersterblichkeit als eines der Ziele ihrer bilateralen       niemanden zurück“ und betont dabei seine Mitver-                           Den thematischen Fokus auf Gesundheit hat Deutsch-
        tergesundheit untersucht. Bereits existierende Stu-                 Gesundheits-EZ. Laut diesem Konzeptpapier betrach-              antwortung gegenüber den am wenigsten entwickel-                           land zu einem prominenten Gipfelthema während
        dien wurden ebenfalls analysiert, um die Effektivität               tet die Bundesregierung Gesundheitssystemstärkung               ten Ländern, auch im Bereich der Gesundheitsversor-                        der deutschen G7-Präsidentschaft 2015 und
        der von der Bundesregierung unterstützten Initiati-                 und die universelle soziale Absicherung im Krankheits-          gung. Auch verweist der Marshallplan auf die Eigen-                        der G20-Präsidentschaft 2017 gemacht. In der
        ven zu bewerten.                                                    fall als Querschnittsthema, das die Grundvorausset-             verantwortung der afrikanischen Länder und                                 G7-Abschlusserklärung und der folgenden Erklärung
                                                                            zung für weitere Fortschritte in der Mütter- und Kin-           macht explizit klar, dass diese gemäß dem Abuja-Ziel                       der G7-Gesundheitsminister im September 2015 wurde
    2. K inder- und Müttergesundheit in der                                dergesundheit darstellt.9 Innerhalb der Gesundheits-            15 % ihres Staatsbudgets für Gesundheit bereitstellen                      auch auf Mütter- und Kindergesundheit verwiesen.
                                                                            systemstärkung betont das Konzeptpapier, dass die               sollten.12 Auch sollen sie die Gesundheitsversorgung für                   Während der G7-Präsidentschaft war Deutschland
        deutschen Entwicklungszusammenarbeit:                               Bundesregierung einen besonderen Fokus auf Maß-                 Frauen und Mädchen sicherstellen.                                          auch Gastgeber der Wiederauffüllungskonferenz der
       Ziele und Konzepte                                                   nahmen im Bereich der Kinder- und Müttergesundheit,                                                                                        Impfallianz Gavi, bei der 7,5 Milliarden USD neue Finan-
                                                                            HIV / Aids-Bekämpfung sowie sexuelle und reproduktive            Für den Bereich Gesundheitssystemstärkung und sozi-                       zierung für Gavi mobilisiert wurden.15 In seiner Eröff-
    Die Leitlinien des bundesdeutschen Engagements in der                   Gesundheit und Rechte legt. Besonders die universelle            ale Absicherung im Krankheitsfall hat die Bundesregie-                    nungsrede zur Gavi-Auffüllungskonferenz sagte Bun-
    gesundheitsbezogenen Entwicklungszusammenarbeit                         Absicherung im Krankheitsfall wird hervorgehoben.                rung auch zur Entwicklung eines globalen Konzeptpa-                       desentwicklungsminister Müller:
    ergeben sich aus dem Sektorkonzept „Gesundheit                          Auch in ihrem Engagement für selbstbestimmte Famili-             piers beigetragen. So wurde während des SDG-Gipfels
    in der deutschen Entwicklungspolitik“ aus dem                           enplanung adressiert die Bundesregierung Mütter- und             im September 2015 durch Deutschland zunächst die „ Aber die Millenniumsentwicklungsziele wurden nicht voll-
    Jahr 2009 des Bundesministeriums für wirtschaftliche                    Kindersterblichkeit als Folge von ungewollten Schwan-            Initiative Healthy Systems – Healthy Lives ange- kommen und ausreichend erreicht. Die Kindersterblichkeit
    Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Als Schwer-                       gerschaften und mangelnder Vorsorge und Betreuung                schoben, die darauf abzielt, einen internationalen und   sank zum Beispiel nur um knapp die Hälfte statt wie ange-
    punktthemen definiert das BMZ-Sektorkonzept8                            während der Schwangerschaft.10 Dabei nimmt die Bun-              nationalen Dialog zur Gesundheitssystemstärkung zu       strebt um zwei Drittel. Bei der Müttersterblichkeit gab es nur
    die Stärkung von Gesundheitssystemen, sexuelle und                      desregierung auch die Partnerländer in die Pflicht, in           fördern und das internationale Engagement dafür zu eine Verringerung um 45 Prozent statt um 75 Prozent. Was
    reproduktive Gesundheit sowie die Bekämpfung über-                      dem es die Verantwortung aller Länder, „das Recht auf            festigen. Eines der Ergebnisse dieser Initiative war das wir noch nicht geschafft haben, wollen wir jetzt nicht nur so
    tragbarer Infektionskrankheiten und HIV / Aids. Unter                   Gesundheit zu achten, zu schützen und zu gewährlei-              durch die Bundesregierung während der 70. Weltge- schnell wie möglich erreichen.Wir wollen uns mit den Sustai-
    sexueller und reproduktiver Gesundheit wird explizit                    sten“, fordert.                                                  sundheitsversammlung der Weltgesundheitsorganisa- nable Development Goals neue, noch ehrgeizigere Ziele für
    die Verbesserung der Kinder- und Müttergesund-                                                                                           tion (WHO) im Mai 2017 vorgestellte Konzeptpapier die nächsten 15 Jahre setzen.“
    heit genannt. Im BMZ-Sektorkonzept wird der Begriff                      Der Koalitionsvertrag von 2013 greift Gesund-                  „Healthy systems for universal health coverage
    Universal Health Coverage (UHC) zwar nicht aus-                          heit ebenfalls auf und nennt diese einen thematischen          – a joint vision for healthy lives“ (Joint Vision), das
    drücklich erwähnt, allerdings wird darauf hingewiesen,                   Schwerpunkt der Regierungsarbeit neben Landwirt-                in einem breiten internationalen Konsultationsprozess
    dass eine „für alle zugängliche, fair finanzierte präven-                schaft, Geschlechtergerechtigkeit, Bildung, Klima-
    tive, kurative und rehabilitative Gesundheitsversor-                                                                                    11 Bundesregierung. (2013). Deutschlands Zukunft gestalten. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode.
                                                                                                                                            12 Weltgesundheitsorganisation. (2011). The Abuja Declaration: Ten Years On.
    8	Zum Zeitpunkt der Recherche für diese Studie war das Sektorkonzept von 2009 das aktuellste Dokument. Das Bundesministerium für       13 UHC2030. (2017, 15. Mai). A vision for health system performance and policy [Pressemeldung].
       wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung aktualisiert zurzeit das Konzept. In einer vorliegenden „Skizze“ werden Kinder- und
                                                                                                                                            14	Die anderen vier Prinzipien sind: Transparency and accountability for results; Evidence-based national strategies and leadership; Making
       Müttergesundheit und UHC als Schwerpunkte ausgewiesen.
                                                                                                                                                health systems everybody’s business, with engagement of citizens, communities, civil society and private sector; International cooperation
    9 Bundesministerium für Gesundheit. (2013). Globale Gesundheitsstrategie.                                                                   based on mutual learning across countries and development effectiveness principles.
    10 Ebd.                                                                                                                                 15 GAVI, die Impfallianz. Gavi pledging conference January 2015.

6                                                                                                                                                                                                                                                                                            7
Auch Bundeskanzlerin Merkel äußerte sich im Rah-                      sich der Fokus auf Pandemiebekämpfung, Gesundheits-          Abbildung 1: Die 10 größten ODA-Geber im Bereich Gesundheit in Millionen USD, 2015
    men der Gavi-Wiederauffüllungskonferenz und wenige                    systemstärkung und universeller sozialer Absicherung
    Tage zuvor in einer Rede zur 15. Jahreskonferenz des                  im Krankheitsfall als Voraussetzung für schnelle Reak-       10.000       9.399
    Rates für Nachhaltige Entwicklung zur Kinder- und                     tionsfähigkeit in globalen Gesundheitskrisen wieder.
    Müttergesundheit:                                                                                                                   8.000
                                                                          3. I nwieweit entsprechen die deutschen
    „Wir wissen ja, bei der Umsetzung der bisherigen Millenni-
      umentwicklungsziele gibt es Licht und Schatten.Wir hinken
                                                                              Investitionen und Aktivitäten zur Förde-                  6.000

      zum Beispiel bei der Mütter-Kinder-Gesundheit der Zielvor-              rung von Kinder- und Müttergesundheit
                                                                                                                                        4.000
      gabe deutlich hinterher.“                                               der Rhetorik der Bundesregierung?                                                   3.045

                                                                                                                                        2.000                                    957
    Auf der Gavi-Wiederauffüllungskonferenz betonte                       Die zuvor diskutierten Ziele und öffentlichen Aussagen                                                              837           784           762          683           585          508           496
    Bundeskanzlerin Merkel:                                               zu Kinder- und Müttergesundheit werden in diesem Teil
                                                                                                                                              0
                                                                          den Investitionen und Aktivitäten der Bundesregierung
                                                                                                                                                     USA     Großbritannien Deutschland        EU          Japan       Frankreich    Kanada       Norwegen     Schweden     Niederlande
    „Gemeinsam haben wir bereits einiges erreicht. Die Zahl der          gegenübergestellt.
      Menschen, die heute weltweit an Malaria, Tuberkulose oder                                                                        Quelle: OECD DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015
      HIV / Aids sterben, konnte im Vergleich zu vor 15 oder 20           3.1 D ie gesundheitsbezogenen ODA-Beiträge der
     Jahren halbiert werden. Das gilt ebenso für das Risiko, dass              Bundesregierung
      Kleinkinder ihre ersten Jahre nicht überleben, und für das                                                                       Abbildung 2: ODA-Ausgaben im Bereich Gesundheit als Prozentsatz an der gesamten ODA, 2015
      Risiko, dass Mütter an den Folgen von Schwangerschaft und           Internationale Gesundheitspolitik wird von der Bun-
      Geburt sterben. Auch diese Risiken sind gesunken. Diese Fort-       desregierung als Schwerpunktthema angesehen. Die                         30,0 %
      schritte sind ganz sicher auch mit der Arbeit von Gavi verbun-      gesundheitsbezogene ODA Deutschlands ist ein                 30 %
      den. Sie sind Folge der erfolgreichen Arbeit der Globalen Impf-     wesentlicher Indikator, um die deutschen Beträge zur         25 %
      allianz Gavi und des Globalen Fonds zur Bekämpfung von              globalen Gesundheit zu beurteilen. Im Jahr 2015 war
                                                                                                                                       20 %                      16,5 %        16,0 %
      Aids, Tuberkulose und Malaria – des GFATM. Doch bei allen           Deutschland im Gesundheitsbereich der drittgrößte                                                                  13,8 %
      erfreulichen Fortschritten gibt es noch zahlreiche Herausfor-       Geber unter den Geberländern des Entwicklungshilfe-          15 %
                                                                                                                                                                                                           8,6 %
      derungen. Weltweit sterben jährlich noch ca. 290.000 Frauen         ausschusses (DAC) der OECD, mit 957 Millionen USD            10 %                                                                              7,2 %        7,0 %
                                                                                                                                                                                                                                                    5,4 %        5,3 %         4,9 %
      während der Schwangerschaft oder Geburt. Für junge Frauen           gesundheitsbezogenen ODA-Ausgaben (Abbildung 1).              5%
      zählen Schwangerschaft und Geburt sogar zu den Hauptto-             Dies entspricht weniger als 5 % der gesamten deut-
                                                                                                                                          0
      desursachen.“                                                       schen ODA im Jahr 2015, womit Deutschland somit
                                                                                                                                                     USA     Großbritannien    Kanada       Norwegen    Niederlande    Schweden     Frankreich       EU           Japan     Deutschland
                                                                          klar unter dem DAC-Durchschnitt von 9 % für den
    Deutschland trug das Thema Gesundheit weiter in                       Bereich Gesundheit liegt.                                    Quelle: OECD DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015
    seine G20-Präsidentschaft und erreichte, dass sich
    die G20-Gesundheitsminister zum ersten Mal in die-                    Deutschland ist damit außerdem das Schlusslicht der
    sem Rahmen exklusiv trafen, um die Bedeutung von                      Gruppe der 10 größten Geber für Gesundheit (Abbil-           des Bruttonationaleinkommens für gesundheitsbezo-                              Dieser Aspekt wurde in den vergangenen Jahren von
    Gesundheit weiter zu stärken. Durch die Erfahrungen                   dung 2).16                                                   gene ODA aufzuwenden. Dieses Ziel wurde 2015 von                               den Oppositionsparteien und der Zivilgesellschaft häu-
    der Ebola-Krise lag der Fokus stark auf Pandemieprä-                                                                               Norwegen, Großbritannien und Schweden erreicht                                 fig kritisiert.18 Denn angesichts ihrer Wirtschaftskraft
    vention und der Bedeutung von starken Gesundheits-                    2001 empfahl die von der WHO eingesetzte Kommis-             bzw. übertroffen. Auch im Vergleich zu anderen gro-                            sollte die Bundesregierung deutlich stärker dazu bei-
    systemen sowie auf dem Thema Antibiotikaresistenzen.                  sion für Makroökonomie und Gesundheit, dass Länder           ßen Geberländern – wie den Niederlanden, den Ver-                              tragen, die jährliche Finanzierungslücke für Mütter- und
    Die G20-Abschlusserklärung der Gesundheitsminister                    mit hohem Einkommen wenigstens 0,1 % ihres Brutto-           einigten Staaten und Kanada – schneidet Deutschland                            Kindergesundheit zu schließen, die 2015 auf mehr als
    hob weiterhin die WHO als wichtige koordinierende                     nationaleinkommens (BNE) für gesundheitsbezogene             schlechter ab und bleibt insofern hinter seinen Möglich-                       33 Milliarden USD geschätzt wurde.19
    Institution hervor und bekräftigte die Bedeutung von                  ODA bereitstellen sollten.17 Deutschland gab in 2015         keiten (Abbildung 3).
    Gesundheitssystemstärkung. Auch in der Abschluss-                     0,03 % des BNE für gesundheitsbezogene EZ aus
    erklärung der G20-Staats- und Regierungschefs findet                  und bleibt damit unter der WHO-Empfehlung, 0,1 %
                                                                                                                                       18	Uwe Kekeritz. (2017, 10. Juli). Frauen- und Kindergesundheit müssen stärker in den Fokus der Entwicklungspolitik [Pressemeldung]; Rüppel.
    16	Wenn die Ausgaben für die Versorgung von Geflüchteten innerhalb Deutschlands aus der Gesamt-ODA in 2015 rausgerechnet werden       (2016): Deutschlands Beiträge für die globale Gesundheit und HIV-Bewältigung im Kontext der Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungs-
        würden, steigt der Anteil der gesundheitsbezogenen EZ auf 5,7 %.                                                                   ziele; Deutsches Ärzteblatt. (2017, 10. Juli). Deutschlands Rolle in der globalen Gesundheitspolitik; Epo Entwicklungspolitik Online. (2017, 10.
    17	Weltgesundheitsorganisation, WHO Commission on Macroeconomics. (2001). Macroeconomics and health: investing in health for          Juli). Gesundheit auf der Agenda der G20 Save the Children fordert Investitionen in WHO.
        economic development.                                                                                                          19 Global Financing Facility in Support of Every Woman Every Child. (2015). Business Plan.

8                                                                                                                                                                                                                                                                                             9
Abbildung 3: ODA-Ausgaben im Bereich Gesundheit als Prozentsatz des Bruttonationaleinkommens, 2015                                            Abbildung 4: Bilaterale und multilaterale ODA-Ausgaben Deutschlands im Bereich Gesundheit als Prozentsatz, 2015

                                                                                                                                                    1000
                  0,14 %
     0,14 %                                                                                                                                                                                                 529                                440
                                0,12 %                                                                                                                                  471
                                                                                                                                                     800
     0,12 %
                                              0,10 %
     0,10 %                                                                                                                                          600
                                                            0,07 %                                                                                                      6,4 %
     0,08 %                                                                                                                                                                                                5,9 %                                                              Multilaterale ODA

     0,06 %                                                               0,05 %      0,05 %                                                         400                                                                                       4,8 %                          Bilaterale ODA

     0,04 %                                                                                     0,03 %        0,03 %       0,03 %
                                                                                                                                       0,02 %        200                                                                                                                      Gesundheitsbezogene ODA
     0,02 %                                                                                                                                                                                                                                                                   als Prozentsatz der
                                                                                                                                                                        435                                 442                                517
                                                                                                                                                                                                                                                                              gesamten ODA-Ausgaben
     0,00 %                                                                                                                                            0
                 Norwegen Großbritannien Schweden        Niederlande       USA       Kanada    Australien   Frankreich   Deutschland   Japan                            2013                               2014                                2015

     Quelle: OECD DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015                                                                        Quelle: OECD DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015

     Auch in den Interviews, die für diese Studie geführt                          Dass die multilateralen Ausgaben der Bundesregierung             3.2 D eutschlands ODA-Beiträge zur Förderung globaler                         52 % der gesamten gesundheitsbezogenen EZ.
     wurden, wurde die WHO-Empfehlung mehrfach expli-                              unter dem DAC-Durchschnitt liegen, ist nicht kohärent                 Kinder- und Müttergesundheit                                              Dies entspricht 0,01 % des Bruttoinlandsprodukts. Im
     zit angesprochen – zum Beispiel kommentierten zwei                            mit den Aussagen der Bundesregierung, die sich öffent-                                                                                          internationalen Vergleich sind Deutschlands Beiträge
     Interviewpartner wie folgt:                                                   lich für ein stärkeres multilaterales System einsetzt.           Zur Kalkulation der ODA-Ausgaben für Kinder- und                               insofern gering – unter den 10 größten Gebernatio-
                                                                                   Zuletzt machte sich Bundeskanzlerin Merkel auf dem               Müttergesundheit wurde die Muskoka-Methode ange-                               nen rangiert Deutschland als Schlusslicht auf dem
     „ Mütter- und Kindergesundheit wird in vielen Projekten auf-                 G20-Gipfel in Hamburg für den Multilateralismus stark:           wendet.21 Die Gesundheitsausgaben der Bundesregie-                             letzten bzw. vorletzten Platz (Abbildungen 6–7).
       gegriffen und das Thema hat an Bedeutung gewonnen. Die                                                                                       rung für Kinder- und Müttergesundheit beliefen sich in
       Bundesregierung kommt jedoch ihrer Verpflichtung nicht   „ Das macht den Kern des Treffens der G20 aus: Nur gemein-                         2015 auf geschätzte 501 Millionen USD (Abbildung 5) –
       nach: Es ist wichtig, dass Deutschland – wie von der WHO   sam können wir etwas bewegen. Den Multilateralismus zu
       empfohlen – 0,1 % des BNE für gesundheitsbezogene EZ       stärken, das ist der Gedanke, der sich daher wie ein roter
       ausgibt.“                                                  Faden durch die Gipfelerklärung zieht, an der wir arbeiten.                       Abbildung 5: ODA-Ausgaben für Mütter- und Kindergesundheit in Millionen USD, 2015
                                                                  Genau dieser Gedanke liegt auch dem Motto unserer deut-
     „Das Thema globale Gesundheit ist nicht sehr ausgeprägt in   schen G20-Präsidentschaft und des Gipfels zugrunde, näm-                          6.000       5.508
      der aktuellen deutschen EZ. Deutschland muss mehr Gel- lich: Eine vernetzte Welt gestalten.“ 20
      der geben und sein Engagement ausbauen.“                                                                                                      5.000

     Im Jahr 2015 wurden 54 % (517 Millionen USD) der                                                                                               4.000
     gesamten ODA-Leistungen für Gesundheit bilate-
     ral bereitgestellt. Zudem gab Deutschland 440 Millio-                                                                                          3.000
                                                                                                                                                                                2.146
     nen USD (46 %) seiner ODA-Leistungen für Gesund-
                                                                                                                                                    2.000
     heit an multilaterale Organisationen und
     Partnerschaften, womit Deutschland unter
                                                                                                                                                    1.000                                     501          472           443           431             429         390
     dem DAC-Durchschnitt von 55 % liegt (Abbil-                                                                                                                                                                                                                                354            312
     dung 4). Die wichtigsten multilateralen Empfän-                                                                                                    0
     ger im Jahr 2015 waren der Globale Fonds und Gavi                                                                                                           USA      Großbritannien   Deutschland     EU           Japan       Norwegen      Frankreich     Kanada      Niederlande   Schweden
     (siehe Abb. 10 auf Seite 14 für weitere Details).
                                                                                                                                                    Quelle: OECD DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015. Kalkuliert basierend auf der Muskoka-Methode.

     20	Die Bundeskanzlerin. (2017). Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Merkel zum Europäischen Rat am 22. und 23. Juni 2017 in Brüssel und
         zum G-20-Gipfel am 7. und 8. Juli 2017 in Hamburg.                                                                                         21	Muskoka G8. Methodology for Calculating Baselines and Commitments: G8 Member Spending on Maternal, Newborn and Child Health.

10                                                                                                                                                                                                                                                                                                      11
Abbildung 6: O DA-Ausgaben für Mütter- und Kindergesundheit als Prozentsatz der gesamten ODA                                                        Etwa ein Drittel der deutschen ODA für Kinder-                                 stellt damit mehr bilateral bereit. Insgesamt beliefen
                  im Gesundheitsbereich, 2015                                                                                                             und Müttergesundheit wird multilateral bereit-                                 sich Deutschlands multilaterale Beiträge in 2015 auf
                                                                                                                                                          gestellt (32 %) und gut zwei Drittel bilateral (68 %).                         178 Millionen USD (Abbildung 9). Wie bereits bei der
     80 %
                                                                                                                                                          Im Durchschnitt stellten die zehn größten Geber 43 %                           gesamten gesundheitsbezogenen ODA aufgezeigt, gibt
                 74 %
                               71 %          70 %                                                                                                         multilateral und 57 % bilateral bereit (Abbildung 8). Im                       es auch eine deutliche Diskrepanz zwischen der öffent-
     70 %                                                                                                                                                 Vergleich zu anderen Geberstaaten setzt Deutschland                            lichen Rhetorik zu multilateralen Instrumenten und
                                                           61 %
                                                                         59 %
                                                                                       57 %                                                               insofern weniger auf multilaterale Instrumente und                             deren Finanzierung.
     60 %                                                                                            56 %          56 %          56 %
                                                                                                                                               52 %
     50 %
                                                                                                                                                          Abbildung 8: Bilaterale und multilaterale ODA-Ausgaben für Mütter- und Kindergesundheit als Prozentsatz, 2015
     40 %

     30 %                                                                                                                                                 100 %
                                                                                                                                                                      19 %                                      22 %
     20 %                                                                                                                                                                                          32 %                                                                 30 %
                                                                                                                                                           80 %                                                                                                                       39 %
                                                                                                                                                                                      50 %                                                                47 %
     10 %                                                                                                                                                                                                                     62 %                                                               59 %
                                                                                                                                                                                                                                            70 %
                                                                                                                                                           60 %
      0%
              Norwegen     Niederlande Großbritannien Schweden            USA         Kanada         Japan          EU        Frankreich    Deutschland
                                                                                                                                                           40 %       81 %                                      78 %
     Quelle: OECD DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015. Kalkuliert basierend auf der Muskoka-Methode.                                                                        68 %                                                                 70 %
                                                                                                                                                                                                                                                                                      61 %
                                                                                                                                                                                      50 %                                                                53 %
                                                                                                                                                           20 %                                                               38 %                                                               41 %
                                                                                                                                                                                                                                            30 %
     Abbildung 7: ODA-Ausgaben für Mütter- und Kindergesundheit als Prozentsatz des Bruttonationaleinkommens, 2015
                                                                                                                                                            0%

     0,12 %     0,11 %                                                                                                                                                 USA     Großbritannien Deutschland        EU         Norwegen     Frankreich       Japan        Kanada      Niederlande   Schweden

                                                                                                                                                                          Bilateral           Multilateral
     0,10 %
                              0,08 %                                                                                                                      Quelle: OECD DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015. Kalkuliert basierend auf der Muskoka-Methode.
     0,08 %
                                            0,06 %
     0,06 %                                               0,05 %
                                                                                                                                                          Abbildung 9: Multilaterale ODA-Ausgaben für Mütter- und Kindergesundheit in Millionen USD, 2015
     0,04 %                                                             0,03 %        0,03 %
                                                                                                    0,02 %        0,02 %                                  1.200       1.102
                                                                                                                                                                                      1.019
     0,02 %                                                                                                                     0,01 %        0,01 %
                                                                                                                                                          1.000

     0,00 %
                                                                                                                                                           800
              Norwegen Großbritannien Schweden          Niederlande       USA         Kanada      Frankreich     Australien   Deutschland     Japan
                                                                                                                                                           600
     Quelle: OECD DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015. Kalkuliert basierend auf der Muskoka-Methode.

                                                                                                                                                           400                                      316          293
                                                                                                                                                                                                                               220           198           178           152
                                                                                                                                                           200                                                                                                                        129          119

                                                                                                                                                             0
                                                                                                                                                                  Großbritannien      USA       Frankreich    Norwegen        Japan       Schweden    Deutschland Niederlande        Kanada        EU

                                                                                                                                                          Quelle: OECD DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015. Kalkuliert basierend auf der Muskoka-Methode.

12                                                                                                                                                                                                                                                                                                          13
Die größten multilateralen Empfänger Deutsch- •                               Deutschland ist außerdem der viertgrößte staatliche              Initiativen: Die allgemeinen Beiträge für das Kinder- schen ODA im Gesundheitsbereich der WHO zu Gute
     lands sind der Globale Fonds und Gavi sowie die glo-                          Geber des Globalen Fonds und hat auf der Fünf-                   hilfswerk UNICEF betrugen 2015 9,4 Millionen USD.25 – angesichts ihrer großen Bedeutung und gegenwärti-
     bale Kampagne zur Ausrottung der Kinderlähmung                                ten Globalen Fonds-Wiederauffüllungskonferenz in                 Zusätzlich wurden 49,4 Millionen USD in zweckgebun- gen Unterfinanzierung ein geringer Betrag.
     (Global Polio Eradication Initiative, GPEI), siehe auch                       Montreal (September 2016) angekündigt, dass es                   denen Mitteln („earmarked funding“) für acht Projekte
     Abbildung 10:                                                                 für die Förderperiode 2017–2019 800 Millio-                      bereitgestellt. Eines dieser Projekte hatte einen direk- Die gegenwärtigen finanziellen Beiträge zur WHO
                                                                                   nen EUR an den Globalen Fonds geben wird. Dies                   ten Gesundheitsfokus – nämlich die Bekämpfung von        stehen im Widerspruch zu öffentlichen Stellung-
     •   Gavi trägt durch Immunisierung zur Kinderge-                              ist ein erheblicher Anstieg gegenüber der im Jahr                Ebola in Subsahara-Afrika.                               nahmen der Bundesregierung, in denen die Bedeu-
         sundheit bei. Deutschland hat im Januar 2015 eine                         2014 von Deutschland getätigten Finanzierungszu-                                                                          tung der WHO hervorgehoben wird. In der Abschlusser-
         erfolgreiche Wiederauffüllungskonferenz für                               sage von 655 Millionen USD. Obwohl das Mandat                    2016 war Deutschland darüber hinaus der sechstgrößte     klärung des G20-Gesundheitsministertreffens im Rah-
         Gavi gehalten und sich dazu verpflichtet, 720 Mil-                        des Globalen Fonds auf die drei großen Infektions-               Beitragszahler der WHO. Insgesamt wurden 72 Millio- men der deutschen G20-Präsidentschaft wird die wich-
         lionen USD (600 Millionen EUR) an Direkt-                                 krankheiten abzielt, trägt der Globale Fonds auch                nen USD an die WHO 2016 ausgezahlt. Die Zuwendun- tige Rolle der WHO als dafür eigens von den Vereinten
         finanzierung zwischen 2016 und 2020 bereit-                               zur Förderung von Kinder- und Müttergesundheit                   gen setzen sich aus Pflichtbeiträgen (32 Millionen USD) Nationen eingesetzte Sonderorganisation für Gesund-
         zustellen, was eine deutliche Steigerung gegenüber                        bei (z.B. durch Malariabekämpfung).22 Der Globale                und zweckgebundenen, freiwilligen Beiträgen (40 Mil- heit betont und die internationale Gemeinschaft dazu
         der vorherigen Finanzierung darstellte (insgesamt                         Fonds selbst schätzt, dass 55–60 % seiner Investitio-            lionen USD) zusammen. Während die Pflichtbeiträge aufgefordert, die WHO sowohl finanziell, als auch per-
         208 Millionen USD zwischen 2006 und 2015). Insge-                         nen Frauen und Mädchen zugutekommen.23                           im Jahr 2017 stagnieren und für die Jahre 2018 und 2019 sonell uneingeschränkt zu unterstützen, damit sie ihren
         samt ist Deutschland damit der fünftgrößte Geber                                                                                           voraussichtlich um lediglich 3 % ansteigen werden, wird Aufgaben in vollem Umfang nachkommen kann.28
         von Gavi.                                                            Hinsichtlich der Effektivität von Gavi und dem Glo-                   für das derzeitige Zweijahresbudget (2016–2017) ein
     •   Weiterhin hat Deutschland sich verpflichtet, GPEI                    balen Fonds kommt eine Studie des „Department for                     Anstieg der freiwilligen Beiträge erwartet. Dies ist vor Im Rahmen seiner Eröffnungsrede beim G20-Gesund-
         152 Millionen USD für den Zeitraum 2013 bis 2017                     International Development“ (DFID) zu dem Schluss,                     allem auf höhere freiwillige Beiträge des BMG im Jahr heitsministertreffen verwies Hermann Gröhe, Bun-
         bereitzustellen. Die Mittel für GPEI kommen auf                      dass beide Partnerschaften wichtige Ergebnisse erzielt                2017 zurückzuführen. Mit den zusätzlichen Zahlungen desminister für Gesundheit, auf den zentralen Stel-
         bilateralem Wege Afghanistan und Nigeria zu                          haben und eine rundum starke organisatorische Wirk-                   (voraussichtlich 26 Millionen USD) will das BMG unter lenwert der WHO und die Bereitschaft der Bundes-
         Gute (beide Länder erhalten jährlich 15 Millionen                    samkeit demonstrieren.24 Gavi und der Globale Fonds                   anderem Gesundheitssysteme, die schnellere Reaktion regierung, diese zu unterstützen:
         USD). Das BMZ hat dieses Versprechen mit 15 Mil-                     machten etwa ein Drittel der gesundheitsbezogenen                     auf Krankheitsausbrüche sowie den Kampf gegen Anti-
         lionen USD für Pakistan für den Zeitraum 2016 bis                    ODA Deutschlands in 2015 aus. Über Gavi, GPEI und                     biotikaresistenzen unterstützen. Spezifische Zuwendun- „Wirksames und abgestimmtes weltweites Handeln setzt
         2018 erweitert.                                                      den Globalen Fonds hinaus unterstützt Deutschland                     gen für Kinder- und Müttergesundheit beliefen sich 2016 starke internationale Organisationen voraus.Wir setzen uns
                                                                              eine Reihe weiterer multilateraler Organisationen und                 auf etwa 21 Millionen USD. Zuwendungen zur Poliobe- deshalb für eine Stärkung der Vereinten Nationen und der
                                                                                                                                                    kämpfung machen einen Großteil dieser Beiträge aus.26 WHO im Besonderen ein.“

     Abbildung 10: Deutschlands internationale Zusagen im Bereich Gesundheit in Millionen USD                                                      Die Effektivität der WHO wird von mehreren gro-                            Deutschland ist darüber hinaus – neben Japan und der
                                                                                                                                                    ßen Geberländern seit einigen Jahren kritisch beur-                        Europäischen Kommission – ein finanzieller Unterstüt-
                        Der Globale Fonds (2017–2019)                                                998
                                                                                                                                                    teilt. Allerdings ist sie – wie eine Vielzahl von Studien                  zer der UHC2030-Partnerschaft, die aus der Inter-
                                                                                                                                                    belegt – eine sehr wichtige, wenn nicht unentbehrliche                     national Health Partnership Plus entstanden ist und sich
     Sonderprogramm Gesundheit in Afrika (2016–2019)                                         796                                                    Organisation, um Kohärenz in der globalen Gesund-                          für die Erreichung von UHC durch Gesundheitssystem-
                                                                                                                                                    heitspolitik herzustellen und andere zentrale Funktio-                     stärkung einsetzt.29
                                      Gavi (2016–2020)                                 720                                                          nen zu gewährleisten.27 Auch kommen nur 3 % der deut-

                                      GPEI (2013–2017)   152
                                                                                                                                                    25	OECD DAC2 table, constant prices (2015 USD millions).
                                                                                                                                                    26	Die Beiträge zu Maternal, Newborn and Child Health (MNCH) sind schwer zu bestimmen, da einige Mikrodaten der Weltgesundheitsorga-
     Quelle: Bundesregierung. In Millionen USD.                                                                                                          nisation (WHO) nicht sehr detailliert sind. Mit einbezogen sind alle Beiträge zum FWC Cluster, Beiträge zu Polio / GPEI und der Großteil der
                                                                                                                                                         Beiträge zu HIS (Gesundheitssysteme), sofern die Verbindung zu MNCH nicht sehr unwahrscheinlich ist. Die Analyse ergibt, dass der Großteil
                                                                                                                                                         der MNCH-relevanten Mittel für die Poliobekämpfung zur Verfügung gestellt wurde (19 Millionen USD von 21 Millionen USD in 2016).
                                                                                                                                                         Des Weiteren arbeitet die WHO mit einem Zweijahresbudget. Im letzten Biennium wurde im ersten Jahr (2014) deutlich mehr an die WHO
                                                                                                                                                         ausgezahlt als im zweiten Jahr (2015). Zwar sind die freiwilligen Beiträge im Jahr 2016 geringer als im Jahr 2014, jedoch wird im derzeitigen
                                                                                                                                                         Biennium dennoch eine Erhöhung erwartet, da das BMG zusätzliche Zahlungen für 2017 in Aussicht gestellt hat.
     22	S EEK Development. (2013). Thematic Review of Global Fund’s Contribution to MDGs 4 & 5 Commissioned by the Technical Evaluation            27	Yamey. (2002). WHO in 2002: Why does the world still need WHO? BMJ: British Medical Journal, 325(7375), 1294; Schafferhoff et al. (2015).
         Reference Group; Yan, Bendavid & Korenromp. (2016). Antiretroviral treatment scale-up and tuberculosis mortality in high TB / HIV burden       Rethinking the global health system. Royal Institute of International affairs; Brot für die Welt. (2017). Quo vadis, WHO? Vor welchen Heraus-
         countries: An econometric analysis. PloS one, 11(8), e0160481.                                                                                 forderungen die Weltgesundheitsorganisation steht und wie Deutschland zu ihrer Stärkung beitragen kann.
     23	Der Globale Fonds schätzt zudem, dass 40 % seiner Ausgaben der Stärkung von Gesundheitssystemen dienen. Siehe: The Global Fund. (2015).    28	Bundesministerium für Gesundheit. (2017). Berliner Erklärung der G20 Gesundheitsministerinnen und -minister „Gemeinsam Gesundheit
         Investment Case for the Global Fund’s 2017-2019 Replenishment. The Right Side of the Tipping Point For AIDS, Tuberculosis and Malaria.         global gestalten“.
     24	Department for International Development. (2016). Methodology for Calculating Baselines and Commitments: G8 Member Spending on             29	„UHC2030 is the global movement to build stronger health systems for universal health coverage.“
         Maternal, Newborn and Child Health.                                                                                                            Für weitere Informationen siehe: https://www.uhc2030.org/

14                                                                                                                                                                                                                                                                                                       15
Neben den großen globalen Gesundheitspartnerschaf-                     Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen zu               3.3 Bilaterale ODA für Kinder- und Müttergesundheit                             Müttergesundheit, die 2010 im Rahmen der G8-Mus-
     ten und den UN-Organisationen ist im Juli 2015 mit                     generieren. Die GFF investiert gegenwärtig in 16 Län-                                                                                          koka-Initiative zur Verbesserung der Kinder- und Müt-
     der Global Financing Facility (GFF) ein neues multi-                   der und grundsätzlich können die 62 einkommens-                Thematische Schwerpunkte in der bilateralen ODA                                 tergesundheit initiiert wurde. Die Initiative, die 2015 um
     laterales Finanzierungsinstrument bei der Weltbank                     schwächsten Länder Finanzmittel von der GFF bean-              für Kinder- und Müttergesundheit                                                weitere vier Jahre bis 2019 verlängert worden ist, ist
     geschaffen worden, das darauf abzielt, Kinder- und                     tragen. Während Deutschland auch durch die generel-                                                                                            Deutschlands Beitrag zur Umsetzung der Global Stra-
     Müttergesundheit zu fördern und die globale Finan-                     len Weltbankbeiträge zur Kinder- und Müttergesund-             Hinsichtlich der thematischen Schwerpunkte der                                  tegy for Women’s, Children’s and Adolescents’ Health
     zierungslücke für diesen Bereich zu reduzieren bzw. zu                 heit beiträgt, beteiligt sich Deutschland bislang noch         bilateralen ODA für Kinder- und Müttergesundheit                                2016–2030 (Global Strategy). Der Ansatz der deut-
     eliminieren (Box 1). 30 Die GFF unterstützt die Every                  nicht an der GFF. Hier besteht demnach Potenzial, die          zeigt sich, dass reproduktive Gesundheit einen kla-                             schen Initiative ist es, eine Verbesserung der Mütter-
     Women Every Child (EWEC)-Initiative des UN-Gene-                       multilateralen Investitionen für Kinder- und Mütter-           ren Schwerpunkt darstellt: 93 Millionen USD werden                              und Neugeborenen-Gesundheit durch Stärkung von
     ralsekretärs und trägt auch dazu bei, Finanzmittel von                 gesundheit weiter zu erhöhen.                                  für reproduktive Gesundheit und zusätzlich 11 Millionen                         Gesundheitssystemen zu erreichen. In 31 Partnerlän-
                                                                                                                                           USD für Familienplanung ausgegeben. Somit wer-                                  dern unterstützt Deutschland die Ausbildung von Kran-
                                                                                                                                           den 31 % der ODA für Kinder- und Müttergesundheit                               kenhauspersonal, verbesserten Zugang zu reprodukti-
     Box 1: Global Financing Facility zur Unterstützung von Every Woman Every Child                                                        für reproduktive Gesundheit bereitgestellt (Abbildung                           ven Gesundheitsdiensten, Zugang und Information zu
                                                                                                                                           11). Die Bereitstellung dieser Mittel ist Teil der BMZ-                         Verhütungsmitteln und sexuelle Aufklärung.31
                                                                                                                                           Initiative Selbstbestimmte Familienplanung und
         Die Global Financing Facility (GFF) ist ein multilaterales Finanzierungsinstrument, das unter der
         Leitung der Partnerländer verschiedene Akteure im Bereich reproduktiver, Mütter-, Neugeborenen-,
         Kinder-, und Jugendgesundheit sowie Ernährung (RMNCAH+N) zusammenbringt, um die Anstrengungen                                     Abbildung 11: Größte Sektoren in den deutschen bilateralen ODA-Ausgaben im Bereich Mütter- und Kinder-
         gegen die Sterblichkeit durch vermeidbare Krankheiten zu forcieren und die Gesundheit und das Wohler-                                            gesundheit in Millionen USD, 2015
         gehen von Kindern und Müttern zu verbessern. Durch die GFF soll die Finanzierungslücke von über
         33 Milliarden USD im Bereich RMNCAH+N geschlossen werden. Die GFF ist untermauert durch die
                                                                                                                                                            Reproduktive Gesundheit (Reproductive health care)                                                                       93
         Prinzipien der International Health Partnership (IHP+) und zielt darauf ab, die Fragmentierung im Bereich
         RMNCAH+N durch bereits existierende Strukturen und Prozesse zu beheben.
                                                                                                                                                                                Basisernährung (Basic nutrition)                                                51
         Die Investitionen der GFF folgen dem Modell „Smart-Scaled-Sustainable“. Das heißt, dass in der Finanzie-
         rung evidenzbasierte Interventionen priorisiert und ergebnisorientiert umgesetzt werden (Smart). Des                                                            Bekämpfung von Infektionskrankheiten
                                                                                                                                                                                                                                                         39
                                                                                                                                                                                  (Infectious disease control)
         Weiteren soll die Finanzierung skaliert werden durch zusätzliche Ressourcenmobilisierung aus inländi-
         schen, internationalen sowie öffentlichen und privaten Mitteln (Scaled). Vor allem soll durch die GFF                                                           Grundlegende Gesundheitsinfrastruktur
                                                                                                                                                                                   (Basic health infrastructure)                                    33
        „domestic financing“ mobilisiert werden, in dem die GFF-Mittel an Erhöhungen von Regierungsmitteln für
         Gesundheit gekoppelt werden und von diesen abhängen. Die Herausforderungen für Partnerländer in                                                        Gesundheitspolitik und Verwaltungsmanagement
                                                                                                                                                                                                                                               30
                                                                                                                                                                    (Health policy, Administrative management)
         ihrem Übergang von niedrigem zu mittlerem Einkommen sollen in der Finanzierung berücksichtigt werden,
                                                                                                                                                                  Wasserversorgung und Abwassermanagement
         um Nachhaltigkeit zu gewährleisten und Zugang zu grundlegenden Gesundheitsdiensten für jede Mutter                                                                (Basic water supply and sanitation)
                                                                                                                                                                                                                                          20
         und jedes Kind sicherzustellen (Sustainable).
                                                                                                                                               Eindämmung von sexuell übertragbaren Infektionen inkl. HIV / Aids
         Das Ziel der GFF ist es, die Aktivitäten aller Akteure wie Geberländer, bilaterale und private Geber                                                                                                                        16
                                                                                                                                                                              (STD control including HIV / AIDS)
         sowie internationale Organisationen zu koordinieren, um einen gemeinsamen Investitionsansatz
         (Investment Case) für die Partnerländer zu etablieren. Der Investment Case, worin die Ziele für das                                                  Medizinische Grundversorgung (Basic health care)                      14

         jeweilige Land im Bereich RMNCAH+N festgelegt werden, wird für einen Zeitraum von drei bis fünf
                                                                                                                                                                              Familienplanung (Family planning)                11
         Jahren festgelegt und gemeinsam mit dem Partnerland sowie mit der nationalen Gesundheitsstrategie
         abgestimmt. Gemeinsam mit den Partnerländern entwickelt der GFF einen Finanzierungsplan und eine
                                                                                                                                                                 Gesundheitsdienstleistungen (Medical services)           4
         Finanzierungsstrategie.
         Das Modell sieht eine enge Zusammenarbeit zwischen GFF und den Gesundheits- und Finanzministerien
                                                                                                                                                                                                 Andere (Other)                      16
         der Partnerländer vor. Dazu kommt komplementäre finanzielle Unterstützung durch multilaterale Orga-
         nisationen, wie den Globalen Fonds, UN, Gavi und durch bilaterale Entwicklungsorganisationen. Über                                Quelle: OECD, DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015. Kalkuliert basierend auf der Muskoka-Methode.
         den GFF-Trustfund sind Geberländer wie Kanada, Norwegen und Großbritannien sowie private Geber
         wie die Bill & Melinda Gates-Stiftung involviert.

                                                                                                                                           31	Die Ziele der Initiative sind es, das Wissen über und die Akzeptanz von modernen Familienplanungsmethoden zu steigern, den Zugang
                                                                                                                                               zu modernen Familienplanungsmethoden und Dienstleistungen zu verbessern und die Zahl der medizinisch professionell begleiteten
     30	Die GFF schätzt, dass 2015 33,3 Milliarden USD notwendig gewesen wären, um Frauen, Kinder und Jugendliche in den 62-GFF Ländern       Geburten zu erhöhen. Siehe: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. (2016). BMZ Initiative on Rights-Based
         mit Gesundheitsdienstleistungen zu erreichen.                                                                                         Family Planning and Maternal Health.

16                                                                                                                                                                                                                                                                                        17
Basisernährung liegt an zweiter Stelle und verdeut-                       Hinsichtlich der Gesundheitssystemstärkung stellt sich       Abbildung 12: B ilaterale ODA-Ausgaben für Mütter- und Kindergesundheit nach Region in Prozent, 2015
      licht, dass Deutschland seinen Verpflichtungen gegen-                     weiterhin die Frage, inwieweit solche Projekte auch Kin-
      über der Nutrition for Growth Initiative nachkommt                        der- und Müttergesundheit zugutekommen. Um dies
                                                                                                                                                            259             113         323              220           202            138              114         1.043        4.489         352
     (260 Millionen USD für 2013–2020). 2015 wurden etwa                        zu analysieren, wurde eine tiefergehende Analyse der
                                                                                                                                             100 %                         0,1 %       0,7 %                                         0,9 %                                      0,3 %        2,4 %
     19 % der Mittel für Kinder- und Müttergesundheit im                        größten Projekte im Gesundheitsbereich durchgeführt:                                                                    6,5 %
                                                                                                                                              90 %                                                                                   22,7 %
      Rahmen von Programmen zur Gesundheitssystem-                              Die Ausrichtung der 10 größten bilateralen Gesund-                                                     31,3 %
                                                                                                                                              80 %
      stärkung ausgegeben (kalkuliert basierend auf ODA                         heitsprojekte der Bundesregierung in den Jahren 2013,                                                                   35,1 %        54,1 %         4,9 %       47,4 %            46,3 %
                                                                                                                                                                                                                                                                                53,2 %
                                                                                                                                              70 %                         57,8 %                                                    5,2 % 0,6 %
      für Basic Health Infrastructure und Health Policy and                     2014 und 2015 wurde anhand von OECD-Daten ana-                             67,5 %                                                                                                                            63,1 %
                                                                                                                                              60 %                                     17,6 %                                                 2,2 %
     Administrative Management; siehe Abbildung 11). In                         lysiert. Insgesamt handelt es sich um 23 Projekte. 33                                                                   7,0 %                                          0,6 %
                                                                                                                                              50 %                                                                                                                               1,1 %
      den nächsten Jahren wird sich dieser Anteil vermutlich                    Die Analyse zeigt, dass viele der deutschen bilatera-                                                                                 2,6 %                           10,3 % 0,1 % 20,1 %
                                                                                                                                              40 %                         3,6 %                                      3,7 %
     weiter erhöhen, denn durch das Sonderprogramm                              len Gesundheitsprojekte auf Gesundheitssystemstär-                                                                                                                     1,2 %              0,1 % 13,2 %
                                                                                                                                                                           6,8 %                        39,8 %                 0,5 % 63,5 %                  0,2 %
                                                                                                                                              30 %          2,4 %                      37,8 %                                                                       5,7 %        4,7 % 0,2 % 8,6 %
     „Gesundheit in Afrika“ sollen zusätzliche 600 Millio-                      kung ausgerichtet sind, beispielsweise in Bangladesch                                      3,7 %
                                                                                                                                                           16,8 %          14,0 %                                                                                                      0,2 %
      nen EUR (796 Millionen USD) für bilaterale Gesund-                        oder China. Insgesamt haben aber nur 9 der 23 größ-           20 %                                                                    39,1 %                          40,2 %                                 13,5 %
                                                                                                                                                                                       2,6 %                                                                       27,8 %       27,2 %              3,4 %
      heitssystemstärkungs-Programme in Afrika zwischen                         ten Projekte einen eindeutigen Bezug zu Mütter- und           10 %          6,3 %                      2,3 %            4,1 % 0,8 %                                                                                 0,3 %
                                                                                                                                                                        14,0 %                                                                                                               5,3 %
                                                                                                                                                            6,9 % 0,1 %                7,6 %            5,3 % 1,3 %
     2016 und 2019 ausgegeben werden. Dadurch wer-                              Kindergesundheit, wovon aber acht dieser bilateralen           0%                                                                                                                                                   3,4 %

      den die jährlichen bilateralen Gesundheitsausgaben in                     Mittelflüsse durch Gavi und GPEI geleitet werden. Dies                     Kanada        Frankreich Deutschland         Japan    Niederlande Norwegen             Schweden Großbritannien        USA          EU
     Afrika fast verdoppelt.                                                    bedeutet, dass sich ein eindeutiger Nexus zwischen
                                                                                der Gesundheitssystemstärkung und einer Ver-                                        Subsahara Afrika            MENA-Region                       Lateinamerika und Karibik                 Regional

     Dass ein Fokus auf Gesundheitssystemstärkung liegt,                        besserung der Mütter- und Kindergesundheit                                          EU                          Asien                             Ozeanien                                  Nicht Zugewiesene
     wird von den Interviewpartnern gewürdigt, da Inves-                        anhand der vorhandenen Daten nicht klar herausstel-
                                                                                                                                             Quelle: OECD, DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015. Kalkuliert basierend auf der Muskoka-Methode.
     titionen in Gesundheitssysteme dringend nötig sind.                        len lässt. Ob dies daran liegt, dass die Projekte Kinder-
     Eine WHO-Studie aus dem Jahr 2017 zeigt, dass 75 %                         und Müttergesundheit nicht explizit adressieren, oder
     der geschätzten Kosten zur Erreichung von SDG3 bis                         daran, dass die Projektbeschreibungen in der OECD-
     2030 für die Stärkung von Gesundheitssystemen ver-                         Datenbank unzureichend sind, lässt sich nicht abschlie-      Abbildung 13: Bilaterale ODA-Ausgaben für Mütter- und Kindergesundheit nach Einkommensgruppe, 2015
     wendet werden müssen (die verbliebenen 25 % werden                         ßend beurteilen. In Zukunft sollte die Bundesregierung
     für krankheitsspezifische Programme benötigt). 32 Die                      deshalb sicherstellen, dass Projekte zur Gesundheits-                       261             113         323              223           202            138              114         1.044        4.489         353
     für diese Studie befragten Experten lobten die Bundes-                     systemstärkung einen klaren programmatischen Fokus           100 %
                                                                                                                                                                                                        6,6 %
                                                                                                                                                                                                                                                                                             13,1 %
     regierung insofern für den Fokus auf Gesundheitssy-                        auf Kinder- und Müttergesundheit haben und diesen in          90 %         19,7 %                      18,9 %
                                                                                                                                                                                                        11,1 %
                                                                                                                                                                                                                                                                   33,5 %       32,2 %       7,1 %
     steme. Einige von ihnen mahnten aber auch an, dass die                     der Berichterstattung auch deutlich machen.                   80 %          1,2 %          38,0 %
                                                                                                                                                                                       13,6 %                                                         51,8 %
     Stärkung der Systeme vor allem zur Verbesserung von                                                                                      70 %         15,3 %                                                     61,8 %         66,3 %                        1,9 %                     28,0 %
                                                                                                                                                                                                                                                                                5,3 %
     Mütter- und Neugeborenengesundheit beiträgt, wäh-                          Regionaler und Länderfokus der bilateralen ODA für Kinder-    60 %                         3,0 %
                                                                                                                                                                                       19,9 %
                                                                                                                                                                                                        42,1 %
                                                                                                                                                                           7,7 %                                                                                   22,8 %       15,3 %
     rend Kindergesundheit andere Investitionen benötige:                       und Müttergesundheit                                          50 %                                                                                                    0,7 %
                                                                                                                                                                                                                                                      1,5 %
                                                                                                                                              40 %
                                                                                                                                                                                                                      2,9 %
     „Dass Deutschland Gesundheitssystemstärkung als Schwer-                    Im Jahr 2015 lag der regionale Fokus eher auf                              63,8 %                                                                    2,8 %
                                                                                                                                              30 %
                                                                                                                                                                           51,3 %      47,6 %                                        10,1 %                                     47,2 %       51,8 %
                                                                                                                                                                                                                                                      46,0 %
      punktthema gewählt hat, ist wirklich lobenswert, weil es ein              Asien als auf Subsahara-Afrika: 38 % der bilate-              20 %                                                      40,2 %        35,4 %
                                                                                                                                                                                                                                                                   41,9 %

     Thema ist, das wenig Sichtbarkeit bietet und einen langen                  ralen Mittel für Kinder- und Müttergesundheit gingen          10 %                                                                                   20,8 %
      Atem fordert. Aber die Systemstärkung ist vor allem                       nach Asien und 31 % nach Subsahara-Afrika (Abbildung           0%
      für Mütter- und Neugeborenengesundheit wich-                              12). Durch das im Jahr 2015 angekündigte Sonderpro-                        Kanada        Frankreich Deutschland         Japan    Niederlande Norwegen             Schweden Großbritannien        USA          EU
      tig – für Kindergesundheit gibt Deutschland aber noch zu                  gramm „Gesundheit in Afrika“ wird Deutschland zwi-
      wenig Geld und das ‚unfinished business‘ bleibt.“                         schen 2016 und 2019 zusätzliche 600 Millionen EUR                              Länder mit mittlerem Einkommen                                     Länder mit niedrigem Einkommen
                                                                                                                                                               (oberer Bereich, UMICs)                                            (LICs)
                                                                                (796 Millionen USD) für bilaterale Gesundheitssystem-
     Angemahnt wurde daher, die Mittel für Kinder- und                          stärkungs-Programme in Afrika ausgeben, wodurch die                            Länder mit niedrigem bis mittlerem Einkommen
                                                                                                                                                                                                                                  nicht Zugewiesene
                                                                                                                                                               (unterer Bereich, LMICs)
     Müttergesundheit insgesamt zu erhöhen und in diesem                        jährlichen bilateralen Gesundheitsausgaben in Afrika
     Kontext dafür zu sorgen, dass auch Kindergesundheit                        fast verdoppelt werden.                                      Quelle: OECD, DAC, Bruttoauszahlungen. In Millionen USD, Preise von 2015. Kalkuliert basierend auf der Muskoka-Methode.

     hinreichend gefördert wird. Als Beispiel wurden hier
     Investitionen in die GFF genannt.

     32	Stenberg et al. (2017). Financing transformative health systems towards achievement of the health Sustainable Development Goals:
         a model for projected resource needs in 67 low-income and middle-income countries. The Lancet Global Health, 5(9), e875-e887.
     33	Es handelt sich um 23 und nicht 30 Projekte, weil einige Projekte in den untersuchten Jahren fortgeführt wurden.

18                                                                                                                                                                                                                                                                                                          19
Abbildung 13 zeigt darüber hinaus die Verteilung der                     4. K ohärenzprüfung und Handlungs-                            lene Finanzierungsziel zu erreichen, nämlich 0,1 %        kung verbessert werden – dies ist ein wesentliches
     ODA-Mittel nach Einkommensgruppen im Jahr 2015.                              empfehlungen                                               des BNE für gesundheitsbezogene ODA aufzuwen-             Argument der Bundesregierung. Die Analyse der
     Demnach gingen 48 % der deutschen ODA für Kin-                                                                                          den. Des Weiteren wird nur etwa die Hälfte der            30 größten bilateralen Gesundheitsprojekte im Zeit-
     der- und Müttergesundheit in die ärmsten Länder                                                                                         gesundheitsbezogenen ODA-Mittel der Bundes-               raum 2013–2015 legt allerdings nahe, dass es ein
     (low-income countries). Dies ist ein höherer Wert als                    Die Studie hat gezeigt, dass die Bundesregierung Kin-          regierung zur Verbesserung von Kinder- und Müt-           Potenzial dafür gibt, Kinder- und Müttergesundheit
     der DAC-Durchschnitt, der bei 45 % lag. Die Top 6-                       der- und Müttergesundheit in ihren Strategien und              tergesundheit eingesetzt – dagegen stellen Norwe-         in Projekten zur Gesundheitssystemstärkung und
     Empfängerländer waren Jemen, China, Indien, Malawi,                      Konzepten als einen Schwerpunkt innerhalb der glo-             gen, das Vereinigte Königreich und die Niederlande        zur Erreichung einer universellen Gesundheitsver-
     Tansania und Bangladesch – wobei Malawi und Tansa-                       balen Gesundheitspolitik betrachtet. In ihren Konzept-         mehr als 70 % ihrer Gesundheits-ODA für Kinder-           sorgung besser zu verankern.
     nia auf der Liste der deutschen Schwerpunktländer für                    papieren verweist die Bundesregierung dabei auch auf           und Müttergesundheit zur Verfügung. Gleichzei-
     Gesundheit stehen (Gesundheit ist derzeit ein Schwer-                    den Nexus zwischen der Förderung von universeller              tig gibt es eine enorme jährliche Finanzierungslücke   Insgesamt gibt es also erhebliche Diskrepanzen zwi-
     punktthema der deutschen bilateralen Zusammenar-                         Gesundheitsversorgung durch Gesundheitssystemstär-             für Mütter- und Kindergesundheit (etwa 33 Milliar-     schen der öffentlichen Rhetorik der Bundesregie-
     beit in zwölf Ländern, von denen fünf in Subsahara-                      kung und der Verbesserung der globalen Kinder- und             den USD pro Jahr) und die Bundesregierung sollte       rung und ihren Investitionen für Kinder- und Mütter-
     Afrika liegen).34 Diese beiden Staaten sind auch die ein-                Müttergesundheit. Auch in öffentlichen Statements der          angesichts ihrer Wirtschaftskraft einen größeren       gesundheit. Die Bundesregierung sollte ihren Worten
     zigen geförderten Länder der Top 6-Liste mit niedrig-                    Bundesregierung – zum Beispiel in Reden von Bundes-            Beitrag zur Schließung dieser Lücke leisten. Die       Taten folgen lassen und die aufgezeigten Handlungslü-
     sten Einkommen. 2015 erhielten die 12 Schwerpunktlän-                    kanzlerin Merkel und Entwicklungsminister Müller –             Bundesregierung kann ihrer Führungsrolle für glo-      cken schließen. Dadurch könnte sie stärker dazu bei-
     der 23 % der gesamten deutschen ODA für Kinder- und                      wird der globalen Kinder- und Müttergesundheit ein             bale Gesundheit nur dann gerecht werden, wenn          tragen, Fortschritte bei der Gesundheit von Kindern
     Müttergesundheit.                                                        hoher Stellenwert eingeräumt.                                  sie neben politischen Absichtserklärungen die Finan-   und Müttern zu erzielen und das „unfinished business“
                                                                                                                                             zierung für globale Gesundheit weiter ausbaut und      der Millenniumentwicklungsziele wie im UHC-Konzept
     Die tiefergehende Analyse der größten Projekte                           Tatsächlich hat sich die Bundesregierung seit der Ebola-       ihrer Verantwortung als größte europäische Wirt-       vorgesehen zu beenden, damit alle Menschen abgesi-
     im Gesundheitsbereich (2013–2015) zeigt, dass die                        Krise in Westafrika stärker denn je für globale Gesund-        schaftskraft nachkommt.                                chert sind, Zugang zu Gesundheitsversorgung haben
     jeweils 10 höchsten bilateralen Mittelflüsse in den Jah-                 heit engagiert und zunehmend eine Führungsrolle für        •   Obwohl sich die Bundesregierung öffentlich für ein     und „niemand zurückgelassen“ wird („Leave no one
     ren 2013, 2014 und 2015 an insgesamt 23 Projekte in                      globale Gesundheit übernommen. Sowohl bei der                  stärkeres multilaterales System einsetzt, wird wei-    behind“).
     acht Ländern gingen. Sie machen 36 % der gesamten                        G7-Präsidentschaft 2015 als auch bei der G20-Präsi-            terhin ein vergleichsweise hoher Anteil der ODA-
     bilateralen Gesundheitsmittel der Bundesregierung für                    dentschaft 2017 wurde globale Gesundheit zu einem              Mittel für Gesundheit (54 %) und Kinder- und Müt-      Basierend auf diesen Ergebnissen wird empfohlen,
     diesen Zeitraum aus. Die drei größten Empfänger sind                     Schwerpunktthema gemacht. In 2015 trat Bundeskanz-             tergesundheit (68 %) bilateral bereitgestellt. Die     dass die Bundesregierung die folgenden Maßnahmen
     dabei Jemen (circa 22 %), China (circa 18 %) und Indien                  lerin Merkel außerdem als Schirmherrin der Wieder-             Global Financing Facility zur Unterstützung von        umsetzt:
     (circa 14 %). Von den acht Ländern sind fünf Niedrig-                    auffüllungskonferenz von Gavi in Berlin auf, bei der           Every Women Every Child wird bislang überhaupt
     einkommensländer (Jemen, Bangladesch, Tansania,                          mehr als 7,5 Milliarden USD mobilisiert werden konn-           nicht von der Bundesregierung unterstützt.             1. Erhöhung der gesundheitsbezogenen ODA auf
     Afghanistan, Kenia), zwei Länder weisen ein niedriges                    ten. Diese neue Führungsrolle ist angesichts der gro-      •   Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jah-           0,1 % des Bruttonationaleinkommens (BNE):
     mittleres Einkommen vor (Nigeria, Indien) und ein Land                   ßen Bedeutung von Gesundheit für die Erreichung der            ren mehrfach auf die wichtige Bedeutung der WHO           Die Bundesregierung sollte das von der WHO emp-
     (China) sogar ein gehobenes mittleres Einkommen.                         17 SDGs sehr zu begrüßen.                                      zur Koordinierung der globalen Gesundheitspolitik         fohlene Finanzierungsziel annehmen und 0,1 % des
                                                                                                                                             hingewiesen. Zuletzt wurde in der Abschlusserklä-         BNE für gesundheitsbezogene ODA aufwenden.
     Der Global Strategy Progress Report (GSPR) verweist auf Allerdings zeigt die Studie auch auf, dass eine Lücke zwi-                      rung des G20-Gesundheitsministertreffens im Rah-          Auch wenn die Empfehlung nicht in die Agenda 2030
     12 Länder, die am dringendsten Unterstützung benö- schen der öffentlichen Rhetorik zur Kinder- und Mütter-                              men der deutschen G20-Präsidentschaft die wich-           übernommen wurde, sollte die Bundesregierung der
     tigen. 35 Hier gibt es allerdings gegenwärtig auch nur gesundheit und den Investitionen der Bundesregierung                             tige Rolle der WHO betont und die internationale          WHO-Empfehlung bis 2020 nachkommen und ihre
     wenig Überlappung mit den größten Empfängern deut- besteht. Nicht immer ist das Handeln der Bundesregie-                                Gemeinschaft dazu aufgefordert, die WHO sowohl            gesundheitsbezogene ODA verdreifachen. Diese
     scher bilateraler ODA für Kinder- und Müttergesund- rung kohärent mit der öffentlichen Rhetorik:                                        finanziell als auch personell uneingeschränkt zu          Erhöhung stellt eine wesentliche Grundlage dafür
     heit – der Jemen ist der einzige der 12 Staaten auf                                                                                     unterstützen, damit sie ihren Aufgaben in vollem          dar, Kinder- und Müttergesundheit sowie globale
     der GSPR-Liste, der substanziell von Deutschland im • Zwar ist die Bundesregierung weltweit der dritt-                                  Umfang nachkommen kann. Als lediglich sechst-             Gesundheit insgesamt stärker zu fördern.
     Bereich Kinder- und Müttergesundheit gefördert wird.        größte Geber für globale Gesundheit – gemessen                              größter Geber bleibt Deutschland bisher hinter den
                                                                 an der Wirtschaftskraft der Bundesrepublik und im                           Erwartungen als einer der Vorreiter im globalen        2. Führungsrolle für Kinder- und Müttergesund-
                                                                 Verhältnis zur Gesamt-ODA fällt der bundesdeut-                             Gesundheitsbereich zurück. Nur 3 % der deutschen          heit: Die Bundesregierung hat sich im Rahmen ihrer
                                                                 sche Beitrag für globale Gesundheit jedoch eher                             ODA im Gesundheitsbereich kommen der WHO zu               G7- und G20-Präsidentschaft erheblich für globale
                                                                 gering aus. Die Bundesregierung ist immer noch                              Gute – ein geringer Betrag angesichts ihrer großen        Gesundheit eingesetzt. Zukünftig sollte die Bundes-
                                                                 weit davon entfernt, dass von der WHO empfoh-                               Bedeutung und gegenwärtigen Unterfinanzierung.            regierung ihre Führungsrolle dazu nutzen, um Kin-
                                                                                                                                         •   Bilateral soll Kinder- und Müttergesundheit insbe-        der- und Müttergesundheit auf der internationalen
     34 Burundi, Kambodscha, Kenia, Kirgisien, Malawi, Nepal, Pakistan, Südafrika, Tadschikistan, Tansania, Ukraine, Usbekistan.             sondere durch Projekte zur Gesundheitssystemstär-         Agenda und im Rahmen von UHC weiter zu posi-
     35	Every Woman Every Child. (2017). Global Strategy for Women’s, Children’s and Adolescents’ Health 2017 Progress Report.

20                                                                                                                                                                                                                                                           21
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